LEBE_134
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Lebensschutz<br />
Aktuelles zum Lebensschutz<br />
Ein Impuls, den Dr. Egon Falser, Miglied im Zentralkreis der<br />
BEWEGUNG FÜR DAS <strong>LEBE</strong>N - SÜDTIROL bei der diesjährigen<br />
Vollversammlung gehalten hat.<br />
Dr. Egon Falser<br />
1. Abtreibung<br />
Betrachten wir zunächst die theoretischen<br />
Grundlagen. Es gibt zwei wichtige<br />
Prinzipien: Erstes Prinzip: Es gibt in<br />
sich schlechte Handlungen, die immer<br />
und unter allen Umständen verboten<br />
sind. Es bedeutet, dass weder eine gute<br />
Absicht, noch besonders dramatische<br />
Umstände oder geänderte zivilisatorische<br />
oder soziale Verhältnisse eine<br />
Handlung, die in sich schlecht ist, rechtfertigen<br />
können. Der Zweck heiligt also<br />
nicht die Mittel!<br />
Das zweite Prinzip lautet: Die absichtliche<br />
Tötung eines Unschuldigen ist<br />
immer unerlaubt, weil es eine in sich<br />
schlechte Handlung ist. Aus diesen<br />
zwei Prinzipien folgt im Grunde der<br />
ganze Lebensschutz, nämlich, dass es<br />
verboten ist ein ungeborenes Kind zu<br />
töten, oder dass es verboten ist, einen<br />
Schwerkranken zu töten, und zwar<br />
ganz unabhängig von der Absicht, die<br />
verfolgt wird. Ein kleines Beispiel zur<br />
Illustration: Ist es erlaubt, um das Leben<br />
der Mutter zu retten, ein Kind abzutreiben?<br />
Nein, denn es wäre eine absichtliche<br />
Tötung, eine direkte Tötung.<br />
Es gibt im menschlichen Leben immer<br />
wieder Handlungen, die eine gute und<br />
eine schlechte Folge zugleich haben.<br />
Zum Beispiel: Eine schwangere Frau hat<br />
Embryo in der 9. Schwangerschaftswoche<br />
Krebs. Sie kann vielleicht nicht warten,<br />
bis das Kind zur Welt gekommen ist, sondern<br />
muss den Tumor gleich behandeln<br />
lassen. Im Verlauf dieser Behandlung<br />
stirbt ihr ungeborenes Kind. Man<br />
spricht dann vom Voluntarium indirectum,<br />
vom indirekt Gewollten. Unter bestimmten<br />
Bedingungen, die gleichzeitig<br />
erfüllt sein müssen, kann das erlaubt<br />
sein. Die Bedingungen lauten: Das<br />
Objekt muss in sich gut oder wenigstens<br />
indifferent sein; die gute Wirkung<br />
darf nicht eine Folge der schlechten<br />
Wirkung sein; die Absicht darf nicht auf<br />
die schlechte Wirkung gerichtet sein;<br />
um die Handlung mit zweierlei Wirkung<br />
anzuwenden muss es einen verhältnismäßigen<br />
Grund geben. Nur wenn alle<br />
diese Bedingungen gegeben sind, darf,<br />
um bei unserem Beispiel zu bleiben, die<br />
schwangere Frau den Tumor behandeln<br />
lassen.<br />
Betrachten wir sodann die Situation<br />
der Abtreibung in Italien, die durch das<br />
Gesetz 194/1978 geregelt wird und<br />
schauen wir, wie dieses Gesetz umgesetzt<br />
wird. Gesetz 194 besagt, dass eine<br />
Frau in einer öffentlichen Einrichtung,<br />
das heißt einem Krankenhaus<br />
oder einem konventionierten<br />
Polyambulatorium innerhalb der ersten<br />
90 Tage der Schwangerschaft ihr Kind<br />
abtreiben lassen darf, wenn sie Gründe<br />
vorbringt, nach denen die Fortführung<br />
der Schwangerschaft, die Geburt oder<br />
die Mutterschaft eine ernste Gefahr<br />
für ihre physische oder psychische<br />
Gesundheit darstellen würde, hinsichtlich<br />
ihres Gesundheitszustandes,<br />
ihrer wirtschaftlichen, sozialen oder<br />
familiären Bedingungen, oder hinsichtlich<br />
der Umstände unter denen<br />
die Empfängnis erfolgte, oder hinsichtlich<br />
der Prognosen zu Anomalien<br />
oder Fehlformationen des ungeborenen<br />
Kindes (Art. 4). Nach Art. 6 ist die<br />
Abtreibung, hauptsächlich aus Gründen<br />
schwererer Krankheiten, auch nach<br />
den ersten 90 Tagen noch erlaubt. Der<br />
Gynäkologe kann die Mitwirkung aus<br />
Gewissensgründen verweigern, nicht<br />
aber, wenn das Leben der Frau unmittelbar<br />
in Gefahr ist (Art. 9). Der Vater hat<br />
nach Art. 5 dieses Gesetzes nebenbei<br />
keine Rechte, kann sich also nicht der<br />
Abtreibung widersetzen.<br />
Wie schaut es nun mit der Umsetzung<br />
dieses Gesetzes aus? Anfangs gab es<br />
in Italien pro Jahr ungefähr 200.000<br />
Abtreibungen, seit Mitte der 90er Jahre<br />
sind es ungefähr 100.000-120.000<br />
Abtreibungen jährlich. In den letzten<br />
Jahren sind die Abtreibungszahlen, die<br />
nur die chirurgischen Abtreibungen<br />
umfassen, ein bisschen zurückgegangen,<br />
auf ca. 90.000, weil die medikamentöse<br />
Abtreibung unkontrolliert immer<br />
mehr zunimmt. 90.000, das ist immer<br />
noch eine erschreckend hohe Zahl,<br />
denn sie bedeutet, dass zum Beispiel<br />
im Jahr 2015 auf 100 geborene Kinder<br />
19 Kinder abgetrieben worden sind.<br />
Das nächste Problem, das wir ins<br />
Auge fassen müssen, sind die medikamentösen<br />
Abtreibungen mittels der<br />
Abtreibungspille RU-486. Im Jahr 2009<br />
wurde die Abtreibungspille in Italien<br />
eingeführt. Sie kann bis zur siebten<br />
Schwangerschaftswoche eingesetzt<br />
werden. Die schwangere Frau, an der die<br />
Abtreibungspille angewandt wird, muss<br />
drei Tage im Krankenhaus verbringen,<br />
da das abgetriebene Kind meist erst<br />
nach zwei oder drei Tagen ausgeschieden<br />
wird. Im Piemont und in der Emilia<br />
Romagna wurde diese Pflicht eines<br />
dreitägigen Krankenhausaufenthaltes<br />
kürzlich abgeschafft, so dass die Frau<br />
nur mehr ambulant im Rahmen des<br />
Day Hospital betreut wird, und nach<br />
8 <strong>LEBE</strong> <strong>134</strong>/2017