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POPSCENE August 08/19

Das total umsonste Popkulturmagazin.

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#gesundesexualität<br />

53<br />

KARMA // ANZEIGE<br />

MÄNNER-<br />

KRANKHEITEN?<br />

Auch wenn kaum einer darüber spricht und es<br />

ein großes Tabu ist. Viele Männer kennen es!<br />

Und damit auch viele Frauen. Eine große Zahl<br />

von Männern hat Probleme mit der Erektion<br />

oder dem Orgasmus.<br />

Die Schwierigkeiten hier können sehr unterschiedlich<br />

aussehen:<br />

Manche haben den Eindruck, sie kommen zu<br />

früh oder können den Orgasmus nicht gut<br />

kontrollieren und kommen dann sehr überraschend.<br />

Andere hingegen kommen gar nicht,<br />

es sei denn, bestimmte Voraussetzungen wie<br />

gedankliche Bilder im Kopf eigenen Kopfkino,<br />

ein Fetisch oder sonst eine gezielte Art der<br />

Stimulanz wird erzeugt. Wieder andere verlieren<br />

irgendwann die Erektion, während ein<br />

Großteil der Männer irgendwann gar keinen<br />

mehr hoch bekommt.<br />

Das ist natürlich etwas, worüber Mann - wenn<br />

überhaupt - nur sehr ungern redet. Was in unseren<br />

Betten und Schlafzimmern nicht so rund<br />

läuft, ist sehr schambesetzt und höchstens ein<br />

Thema beim Hausarzt oder Urologen.<br />

Interessant ist, dass Umfragen zufolge viele<br />

Frauen gar nicht die Probleme dort sehen, wo<br />

die betroffenen Männer es tun. Während für<br />

die Männer solche Probleme sehr stark mit<br />

dem Gefühl "sie/ihn nicht richtig befriedigen<br />

zu können" beziehungsweise "kein richtiger<br />

Mann zu sein" einhergehen, würden sich die<br />

meisten Frauen wünschen, dass der Fokus des<br />

Sexualpartners weniger auf Dauer und Leistungsfähigkeit,<br />

sondern auf Verbindung und<br />

Zärtlichkeit liegt. Und beides ist auch ohne<br />

Erektion für sie möglich.<br />

Dennoch ist es verständlich, dass es sehr belastend<br />

ist, wenn es mit der Sexualität aus<br />

scheinbar unbestimmbaren Gründen nicht<br />

mehr zufriedenstellend läuft.<br />

In manchen Fällen sind tatsächlich organische<br />

Ursachen daran schuld, es können unter<br />

anderem Blutdruck, Gewebeschwäche und<br />

Gefäßanomalien dafür verantwortlich sein.<br />

In den allermeisten Fällen jedoch, handelt es<br />

sich um eine Kombination aus zwei Aspekten.<br />

Zum einen sind es mentale beziehungsweise<br />

psychische Ursachen, die letztlich dazu führen,<br />

dass der Betroffene sich nicht wirklich<br />

in seine Körperempfindung und das Spüren<br />

der psychischen Auswirkungen von Erregung<br />

einlassen kann. Zum anderen sind die Folgen<br />

davon natürlich auch im Muskulären und im<br />

Gewebe zu finden, was heißt, dass die Genitalien<br />

häufig über sehr lange Zeit auf eine bestimmte<br />

Art und Weise genutzt wurden, und<br />

somit ihnen ihr Potenzial und Spielraum nach<br />

und nach genommen wurde.<br />

Ganz konkret heißt das, die Art und Weise<br />

wie wir über Sex denken, was wir glauben,<br />

was guter Sex ist und wie wir uns sexuell<br />

fühlen, bestimmt stark, die Art und Weise<br />

wie wir Sex haben. Da hier nahezu jeder auf<br />

eigene Erfahrung angewiesen ist und gute<br />

Vorbilder beziehungsweise undogmatische,<br />

offene Aufklärung eine absolute Seltenheit<br />

darstellen und, wenn überhaupt, nur gewisse<br />

Erfahrungen und Leistungsberichte im Freundeskreis<br />

übermittelt werden, wird Sex eben<br />

auf eine bestimmte Art und Weise gemacht.<br />

Anfangs erfolgreiches wird wiederholt oder<br />

es wird stetig versucht, bestimmte Ziele zu<br />

erreichen. Somit werden die Genitalien nur<br />

sehr eingeschränkt genutzt und mentale Konditionierung<br />

findet statt. Wir nutzen unsere<br />

körperlichen Möglichkeiten und unsere psychischen<br />

Erregungsspielräume nur sehr eingeschränkt.<br />

Probleme mit der Erektion, frühzeitigem oder<br />

verzögertem Samenerguss sind also ganz klar<br />

ein kulturelles Phänomen mit bedeutender<br />

Tragweite und weniger eine typische Männerkrankheit.<br />

Eine offene und schamfreie Aufklärung kann<br />

hier tatsächlich ein Umdenken und dann Wunder<br />

wirken. Zum einen gilt es zu verstehen,<br />

wie eingeschränkt Sexualität bisher gesehen<br />

und auch gelebt wurde, während zum anderen<br />

bestimmte Selbst-Massagen und Beckenbodentraining<br />

dazu führen können, seinen Genitalbereich<br />

wieder mit mehr Leben zu erfüllen.<br />

Während nach wie vor viele Männer unzufrieden<br />

mit ihrer sexuellen Performance sind, ist<br />

es immer noch eine große Hürde für sie, sich<br />

diesem Thema eigenverantwortlich und konstruktiv<br />

zu widmen. Dabei ist es nicht nur keine<br />

Schande, eine streng vertrauliche Beratung in<br />

Anspruch zu nehmen, sondern auch eine unfassbare<br />

Erlösung, wenn Mann merkt, dass<br />

man sich auch ohne chemische Hilfsmittel<br />

dieser Probleme tatsächlich nachhaltig entledigen<br />

kann.<br />

Das gleiche gilt übrigens auch für Frauen mit<br />

entsprechenden Problemen, worauf ich aber<br />

ein anderes mal genauer eingehen möchte.<br />

Über den Autor Dr. Rouven Gehr<br />

ist Paartherapeut sowie Sexological Bodyworker und arbeitet u.a. als<br />

Sexualtrainer am Institut für Beziehungsentfaltung in Saarbrücken<br />

für das Finden und Begleiten von Wegen zu erfüllten Beziehungen in<br />

Partnerschaft, Sexualität und Persönlichkeit.<br />

beziehungsschule.net | facebook.com/beziehungsmanagement

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