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#gesundesexualität<br />
53<br />
KARMA // ANZEIGE<br />
MÄNNER-<br />
KRANKHEITEN?<br />
Auch wenn kaum einer darüber spricht und es<br />
ein großes Tabu ist. Viele Männer kennen es!<br />
Und damit auch viele Frauen. Eine große Zahl<br />
von Männern hat Probleme mit der Erektion<br />
oder dem Orgasmus.<br />
Die Schwierigkeiten hier können sehr unterschiedlich<br />
aussehen:<br />
Manche haben den Eindruck, sie kommen zu<br />
früh oder können den Orgasmus nicht gut<br />
kontrollieren und kommen dann sehr überraschend.<br />
Andere hingegen kommen gar nicht,<br />
es sei denn, bestimmte Voraussetzungen wie<br />
gedankliche Bilder im Kopf eigenen Kopfkino,<br />
ein Fetisch oder sonst eine gezielte Art der<br />
Stimulanz wird erzeugt. Wieder andere verlieren<br />
irgendwann die Erektion, während ein<br />
Großteil der Männer irgendwann gar keinen<br />
mehr hoch bekommt.<br />
Das ist natürlich etwas, worüber Mann - wenn<br />
überhaupt - nur sehr ungern redet. Was in unseren<br />
Betten und Schlafzimmern nicht so rund<br />
läuft, ist sehr schambesetzt und höchstens ein<br />
Thema beim Hausarzt oder Urologen.<br />
Interessant ist, dass Umfragen zufolge viele<br />
Frauen gar nicht die Probleme dort sehen, wo<br />
die betroffenen Männer es tun. Während für<br />
die Männer solche Probleme sehr stark mit<br />
dem Gefühl "sie/ihn nicht richtig befriedigen<br />
zu können" beziehungsweise "kein richtiger<br />
Mann zu sein" einhergehen, würden sich die<br />
meisten Frauen wünschen, dass der Fokus des<br />
Sexualpartners weniger auf Dauer und Leistungsfähigkeit,<br />
sondern auf Verbindung und<br />
Zärtlichkeit liegt. Und beides ist auch ohne<br />
Erektion für sie möglich.<br />
Dennoch ist es verständlich, dass es sehr belastend<br />
ist, wenn es mit der Sexualität aus<br />
scheinbar unbestimmbaren Gründen nicht<br />
mehr zufriedenstellend läuft.<br />
In manchen Fällen sind tatsächlich organische<br />
Ursachen daran schuld, es können unter<br />
anderem Blutdruck, Gewebeschwäche und<br />
Gefäßanomalien dafür verantwortlich sein.<br />
In den allermeisten Fällen jedoch, handelt es<br />
sich um eine Kombination aus zwei Aspekten.<br />
Zum einen sind es mentale beziehungsweise<br />
psychische Ursachen, die letztlich dazu führen,<br />
dass der Betroffene sich nicht wirklich<br />
in seine Körperempfindung und das Spüren<br />
der psychischen Auswirkungen von Erregung<br />
einlassen kann. Zum anderen sind die Folgen<br />
davon natürlich auch im Muskulären und im<br />
Gewebe zu finden, was heißt, dass die Genitalien<br />
häufig über sehr lange Zeit auf eine bestimmte<br />
Art und Weise genutzt wurden, und<br />
somit ihnen ihr Potenzial und Spielraum nach<br />
und nach genommen wurde.<br />
Ganz konkret heißt das, die Art und Weise<br />
wie wir über Sex denken, was wir glauben,<br />
was guter Sex ist und wie wir uns sexuell<br />
fühlen, bestimmt stark, die Art und Weise<br />
wie wir Sex haben. Da hier nahezu jeder auf<br />
eigene Erfahrung angewiesen ist und gute<br />
Vorbilder beziehungsweise undogmatische,<br />
offene Aufklärung eine absolute Seltenheit<br />
darstellen und, wenn überhaupt, nur gewisse<br />
Erfahrungen und Leistungsberichte im Freundeskreis<br />
übermittelt werden, wird Sex eben<br />
auf eine bestimmte Art und Weise gemacht.<br />
Anfangs erfolgreiches wird wiederholt oder<br />
es wird stetig versucht, bestimmte Ziele zu<br />
erreichen. Somit werden die Genitalien nur<br />
sehr eingeschränkt genutzt und mentale Konditionierung<br />
findet statt. Wir nutzen unsere<br />
körperlichen Möglichkeiten und unsere psychischen<br />
Erregungsspielräume nur sehr eingeschränkt.<br />
Probleme mit der Erektion, frühzeitigem oder<br />
verzögertem Samenerguss sind also ganz klar<br />
ein kulturelles Phänomen mit bedeutender<br />
Tragweite und weniger eine typische Männerkrankheit.<br />
Eine offene und schamfreie Aufklärung kann<br />
hier tatsächlich ein Umdenken und dann Wunder<br />
wirken. Zum einen gilt es zu verstehen,<br />
wie eingeschränkt Sexualität bisher gesehen<br />
und auch gelebt wurde, während zum anderen<br />
bestimmte Selbst-Massagen und Beckenbodentraining<br />
dazu führen können, seinen Genitalbereich<br />
wieder mit mehr Leben zu erfüllen.<br />
Während nach wie vor viele Männer unzufrieden<br />
mit ihrer sexuellen Performance sind, ist<br />
es immer noch eine große Hürde für sie, sich<br />
diesem Thema eigenverantwortlich und konstruktiv<br />
zu widmen. Dabei ist es nicht nur keine<br />
Schande, eine streng vertrauliche Beratung in<br />
Anspruch zu nehmen, sondern auch eine unfassbare<br />
Erlösung, wenn Mann merkt, dass<br />
man sich auch ohne chemische Hilfsmittel<br />
dieser Probleme tatsächlich nachhaltig entledigen<br />
kann.<br />
Das gleiche gilt übrigens auch für Frauen mit<br />
entsprechenden Problemen, worauf ich aber<br />
ein anderes mal genauer eingehen möchte.<br />
Über den Autor Dr. Rouven Gehr<br />
ist Paartherapeut sowie Sexological Bodyworker und arbeitet u.a. als<br />
Sexualtrainer am Institut für Beziehungsentfaltung in Saarbrücken<br />
für das Finden und Begleiten von Wegen zu erfüllten Beziehungen in<br />
Partnerschaft, Sexualität und Persönlichkeit.<br />
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