solitaire factory - Museum der immateriellen Werte
Kunstprojekt seit 1992
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Die Fragebögen selbst boten keinerlei Lösungen; Punktevergabe und pseudowissenschaftliche Auswertungen waren vollkommen<br />
willkürlich und hatten einzig den Sinn, die teilweise recht humorvollen Fragen mit <strong>der</strong> scheinbaren Ernsthaftigkeit einer seriösen<br />
demoskopischen Erhebung zu kombinieren. Dies führte dazu, dass die beteiligten Person sich sehr intensiv mit den angebotenen<br />
Begriffen auseinan<strong>der</strong>zusetzen. Eben diesen Prozess zu forcieren, sah <strong>solitaire</strong> <strong>factory</strong> in diesem Zusammenhang als das<br />
eigentliche Kunstwerk an. Sowohl die Fragebögen als auch die illustrierenden Fotografien und Objekte bildeten die Kulisse für den<br />
tatsächlichen künstlerischen Prozess, welcher sich letztlich in den Köpfen o<strong>der</strong> den Herzen <strong>der</strong> Beteiligten abspielte.<br />
Der Arbeit mit dem Mittel <strong>der</strong> Befragung kam zugute, dass die Bereitschaft, sich an <strong>der</strong>artigen Aktionen zu beteiligen, kurz nach<br />
<strong>der</strong> Vereinigung <strong>der</strong> beiden deutschen Staaten gerade im Osten Deutschlands noch sehr hoch war. Die Möglichkeit, seine eigene<br />
Meinung sagen zu können, war nach dem Zusammenbruch <strong>der</strong> DDR eine neue und interessante Erfahrung. Fragebögen boten in<br />
dieser Zeit die Illusion einer Partizipation an gesellschaftlichen Entwicklungen. Die Erkenntnis, dass die Umfragen <strong>der</strong> diversen<br />
Markt- und Meinungsforschungsinstitute nur darauf abzielten, die Ansichten <strong>der</strong> Menschen für die Analyse neuer Absatzmärkte<br />
bzw. für parteipolitische Interessen zu nutzen, ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Spätestens Mitte <strong>der</strong> 90er Jahre wurden<br />
Fragebogenaktionen mit großem Misstrauen betrachtet und in <strong>der</strong> Regel gemieden.<br />
Der dadaistische Ansatz dieser frühen <strong>solitaire</strong>-<strong>factory</strong>-Projekte und die Präsenz <strong>der</strong> Künstler vor Ort als Ansprech- und Diskussionspartner<br />
sorgten jedoch bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern stets für eine entspannte Atmosphäre. Die Gespräche, die<br />
sich während <strong>der</strong> Befragungen zwischen den Beteiligten entwickelten, waren für die Künstlergruppe <strong>der</strong> wichtigste Teil <strong>der</strong> Aktionen.<br />
Das eigentliche Ausfüllen <strong>der</strong> Fragebögen, welche ohnehin kaum eine sinnvolle Auswertung zuließen, war in diesem Kontext<br />
nur <strong>der</strong> Einstieg in einen Diskurs zu verschiedenen Themen.<br />
Insofern war das „<strong>Museum</strong> <strong>der</strong> <strong>immateriellen</strong> <strong>Werte</strong>“ in <strong>der</strong> Regel selbst ein immaterielles Kunstwerk, das nur während <strong>der</strong> Dauer<br />
<strong>der</strong> Aktionen exisiterte.