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Hilfe für Osteuropa e.V. - Jahresbericht 2017

Tätigkeitsbericht unseres Osteuropahilfe-Vereins für 2018

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Ein kleiner Engel kam,<br />

lächelte und kehrte wieder um<br />

<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2017</strong><br />

Ursula Honeck


Gewöhnlich beginnen meine Berichte mit einem<br />

Rückblick auf Aktivitäten und Vorkommnissen,<br />

die sich zum Jahresbeginn ereignet haben. Dieses<br />

mal möchte ich kurz ins Jahr 2016 zurückkehren<br />

und über den letzten Moldavientransport<br />

schreiben, der am 14. Dezember mit einem<br />

ziemlich maroden 40-Tonner-LKW nach Moldavien<br />

startet. Der junge Fahrer zeigt sich überrascht<br />

über die vielen Transportdokumente , da<br />

er zuvor noch nie mit einer Tour nach Moldavien<br />

beauftragt wurde. Nach Absprache mit den Empfängern<br />

und der Spedition vereinbarten wir den<br />

Grenzübertritt zum 19. Dezember.<br />

Umsonst wartet Pater Igor, der Verantwortliche<br />

<strong>für</strong> die Zollpapiere, auf einen Anruf des Fahrers<br />

von der Grenze. Durch die Spedition ist zu erfahren,<br />

daß der LKW anscheinend noch wegen einer<br />

kleinen Reparatur eine Werkstatt aufsuchen<br />

mußte. Am 20. Dezember kommt er dann in Chisinau<br />

an und muß stundenlang im Zollhof stehen.<br />

Andere LKW stehen schon seit mindestens<br />

einer Woche, und nichts bewegt sich. Die Spedition<br />

ruft mich an und sagt, daß der LKW nicht<br />

abgefertigt würde, warum weiß kein Mensch.<br />

Das Problem ist nur, daß wir laut Vertrag nach<br />

24 Stunden <strong>für</strong> jede Stunde, in welcher der LKW<br />

nicht abgefertigt wird 240,- € Standgeld bezahlen<br />

müssen. Von hier aus kann ich wenig machen,<br />

einfach nur warten, hoffen und endlos über<br />

drei Ecken telefonieren. Spät am Nachmittag erfahre<br />

ich, daß der LKW nach Orhei zum dortigen<br />

Zoll weiterfahren<br />

darf. Wieder ruft<br />

mich der Spediteur<br />

mehrmals<br />

an, daß sich auch<br />

dort nichts bewegt.<br />

Er macht<br />

mir Druck, weil er<br />

dem Fahrer versprochen<br />

hatte,<br />

daß er Weihnachten<br />

bei seiner Familie<br />

sein wird,<br />

wenn nicht, wolle<br />

der Chauffeur<br />

kündigen. Wieder dauert es eine ganze Nacht<br />

und fast einen Tag, bis der LKW endlich gegen<br />

Abend entladen werden kann. Es würde zu weit<br />

führen, hier über die vielen Telefonate mit unserer<br />

Dolmetscherin in Rumänien zu berichten.<br />

Wie man uns später sagt, seien die Computersysteme<br />

beim Zoll ausgefallen, daher die langen<br />

Wartezeiten. Passiert das etwa des öfteren?<br />

Man berichtet uns von LKW, die sogar drei Wochen<br />

im Zollhof stehen und auf Abfertigung warten.<br />

Gleich nach dem Abladen in Orhei fährt das<br />

Speditionsfahrzeug in vier Stunden nach Edinet<br />

zum dortigen Kreiskrankenhaus, wo es kurz vor<br />

Mitternacht ankommt und das Entladen bis in<br />

die Morgenstunden dauert. Man muß sich vorstellen,<br />

daß in Moldavien kein Gabelstapler zur<br />

Verfügung steht, sondern alles mit Hand abgeladen<br />

werden muß. Die Freude über die Hilfsgüter,<br />

besonders über das neue Artroscopiegerät ist<br />

groß, doch leider sucht man in der Verpackung<br />

umsonst nach einem wichtigen Lichtkabel. Bei<br />

Durchsicht der umfangreichen Lieferpapiere<br />

wurde die Bestellung offensichtlich vergessen.<br />

Das Kabel wird sofort bestellt und von der deutschen<br />

Firma an<br />

die Niederlassung<br />

in Chisinau geschickt.<br />

Dort hat<br />

man es aber offensichtlich<br />

nicht<br />

eilig mit der Installation,<br />

so daß es<br />

Ende März wird,<br />

bis das Gerät<br />

endlich in Betrieb<br />

genommen werden<br />

kann. Wäre<br />

es schneller gegangen,<br />

wenn wir<br />

das Gerät in Chisinau gekauft hätten? Es ist anzunehmen.<br />

Die Geschäftsleitung ist sauer und<br />

reagiert dementsprechend. Es wäre <strong>für</strong> uns um<br />

einiges teurer geworden, jeder will ja daran verdienen,<br />

nicht nur der Zwischenhändler sondern<br />

auch der Fiskus. Wir sollten zusätzlich noch 20%<br />

Mehrwertsteuer bezahlen, die wir nicht erstattet


ekommen hätten.<br />

Nach viel Aufregung verabschiedet sich das<br />

Jahr 2016 und es bleibt die Hoffnung , daß unsere<br />

vor der Tür stehende Inforeise nach Moldavien<br />

etwas entspannter über die Bühne gehen<br />

wird. Mitte Januar ist eigentlich damit zu rechnen,<br />

daß der Reiseverkehr mit Bahn und Flugzeug<br />

im Winter nicht unbedingt planmäßig ablaufen<br />

wird. Für den 16. Januar ist starker Schneefall<br />

angesagt, daher entschließe ich mich, schon am<br />

15. Januar mit dem Zug zu meinem Bruder nach<br />

Karlsruhe zu fahren. Somit wäre über die Hälfte<br />

der Entfernung Todtnau – Frankfurt hinter mir.<br />

Auch in Moldavien hat es in den vergangenen<br />

Wochen viel geschneit, doch davon sieht man<br />

zumindest in Chisinau nicht mehr viel. Nicht<br />

etwa, weil die Straßen und Wege inzwischen<br />

vom Schnee gesäubert wurden, sondern weil<br />

inzwischen alles festgefahren und festgetreten<br />

ist und sich überall eine gefährliche Eisschicht<br />

gebildet hat. Streugut gibt es offensichtlich nicht.<br />

Gusti, unsere Dolmetscherin aus Rumänien treffen<br />

wir am Ende der Stadt. Sie war, wie jedesmal<br />

mit einem kleinen Bus aus Rumänien gekommen<br />

und steht nun mit Wintermantel, Hut und Tasche<br />

an der üblichen Haltestelle. Zusätzlich zu den<br />

warmen Winterstiefeln hätten wir am besten<br />

noch sogenannte Schuhkrallen (Eis-Spikes) mitnehmen<br />

sollen. Ohne fremde <strong>Hilfe</strong> können wir in<br />

Orhei den hohen Geländewagen der Episcopie<br />

kaum verlassen. Die vereisten Wege und Straßen<br />

machen uns einen ordentlichen Strich durch<br />

unser Programm. Pater Igor, der uns üblicherweise<br />

zu den Patenfamilien in Orhei und nach<br />

Bolohan chauffiert, hat sich wegen einem am<br />

Boden festgefrorenen Eimer, den er aufheben<br />

wollte, einen Bandscheibenvorfall zugezogen,<br />

kann sich kaum bewegen, und schon gar nicht<br />

mit dem Auto fahren. Es bleibt uns nichts anderes<br />

übrig, als die Zeit zu nutzen, um Gespräche<br />

zu führen, den vergangenen Transport zu besprechen,<br />

die Patenschaftsgelder zu übergeben<br />

und Papiere zu erledigen. Pater Igor verspricht<br />

uns Bilder von der Verteilung der Patengelder zu<br />

senden, was auch wunderbar klappt. Natürlich<br />

nehmen wir am nächsten Morgen an der heiligen<br />

Messe zu Ehren des Heiligen Antonius in der orthodoxen<br />

Kirche teil, zu der wir nur mit <strong>Hilfe</strong> über<br />

den abschüssigen, vereisten Pfarrhof gelangen<br />

können. Es ist beeindruckend, wieviel Gläubige<br />

trotz der nicht ungefährlichen Wegstrecken in<br />

die Kirche gekommen sind.<br />

Gottlob ist am nächsten morgen die Straße in<br />

Richtung Edinet nicht mit Eis oder Schnee bedeckt,<br />

sonst hätten wir noch mehr Herzklopfen bei<br />

der Fahrweise des jungen Priesters bekommen.<br />

Im Bischoffsitz in Edinet haben wir die Gelegenheit<br />

ein gewisses „Örtchen“ aufzusuchen, aber<br />

übernachten ist nicht möglich, da die Heizung,<br />

wie schon seit langem nicht mehr funktioniert<br />

und auch sonst, bedingt durch fehlende kompetente<br />

Leute<br />

eine ordentliche<br />

Unterbringung<br />

von<br />

Gästen nicht<br />

möglich sein<br />

kann. Wir<br />

fahren zum<br />

Kreiskrankenhaus<br />

und können<br />

auch dort<br />

nur, bedingt<br />

durch das<br />

Glatteis, mit<br />

einer gewissen<br />

Vorsicht<br />

die Wege<br />

begehen.<br />

Man zeigt<br />

uns, u.a. den<br />

Operationssaal,<br />

wo in einer Ecke das noch nicht funktionstüchtige<br />

Arthroskopiegerät steht. In Krankenzimmern<br />

stehen von uns gebrachte Betten, und<br />

in den Schränken sieht man Klinikbedarf der<br />

Fa. Hartmann und vieles mehr. Auch zeigt man<br />

uns andere Räume, spricht von vielen Dingen,<br />

<strong>für</strong> welche dringende Unterstützung notwendig<br />

wäre. Wir notieren alles, aber versprechen kön-


nen wir nichts. Wir fahren zurück nach Orhei und<br />

übernachten dort. Bevor wir am nächsten Tag<br />

nach Chisinau aufbrechen, begeben wir uns auf<br />

den Pfarrhof, wo das Weihwasser aus großen<br />

Tonnen an unzählige Gläubige ausgeteilt wird<br />

. Es ist der Tag der Taufe Christi. Das Weihwasser<br />

ist in den großen Behältern zum Teil gefroren,<br />

und ich denke, daß bei der Unmenge an<br />

Leuten und der Kälte, der ein oder andere auch<br />

verfrorene Zehen mit nach Hause bringen wird.<br />

In Chisinau beziehen wir unser Domizil gegenüber<br />

der Republikanischen Klinik. Schon bald<br />

beginnt unser Programm in Chisinau . Treffen<br />

mit Sascha und Dascha, den beiden Ärzten, die<br />

als Studenten in unserem Gesundheitszentrum<br />

in Todtnau volontiert haben. Inzwischen haben<br />

sie Nachwuchs bekommen und wir treffen in einem<br />

winzigen Appartement eine total glückliche<br />

Familie und werden gastfreundschaftlich bewirtet.<br />

Sascha begleitet uns zu Ana Kalasnikov,<br />

dem von Geburt an gelähmten Mädchen, die<br />

uns mit großer Freude empfängt. Schon seit vielen<br />

Jahren kennen wir uns und haben vor Jahren<br />

eine Patin in Todtnau gefunden, die dieses<br />

Mädchen (inzwischen junge Frau) kontinuierlich<br />

unterstützt.<br />

Natürlich ist ein Besuch in Moldavien nicht möglich,<br />

ohne die Familie von Semion Durlesteanu<br />

zu treffen. Für alle, die diesen Bericht zum ersten<br />

mal in der Hand haben, möchte ich diesbezüglich<br />

ein paar kurze Informationen geben. Mit<br />

zweieinhalb Jahren ist Semion an Leukämie erkrankt.<br />

Die Eltern, beide Rechtsanwälte, haben<br />

alles verkauft, um die Behandlungskosten in<br />

Moskau bezahlen zu können. Die Mutter hat ihre<br />

Arbeit aufgegeben und war mehr als ein ganzes<br />

Jahr lang bei Semion in einer Kinderkrebsklinik<br />

in Moskau. Sie hat viele Kinder sterben sehen,<br />

viele Mütter trösten müssen und viele Ängste<br />

um ihren kleinen Semion ausgestanden. Eines<br />

Tages sagte der Kleine: „Mama weine nicht, der<br />

liebe Gott sendet mir bestimmt jemanden, der<br />

mir helfen kann“. Genau an diesem Tag haben<br />

wir zugesagt, daß wir eine Hilfsaktion starten<br />

werden. Wir haben es geschafft und er hat es<br />

geschafft. Er ist inzwischen 18 Jahre alt und<br />

seine Eltern haben mit Freunden nach Semions<br />

Genesung selbst eine Hilfsorganisation <strong>für</strong> Behinderte<br />

gegründet. Ein weiteres Sorgenkind ist<br />

der inzwischen 6 Jahre alte Alexander, der mit<br />

einem Herzfehler geboren wurde. Mit unserer<br />

<strong>Hilfe</strong> wurde er in Kiev operiert, aber leider blieb,<br />

bedingt durch Sauerstoffmangel auf der langen<br />

Reise im Krankenwagen, eine Beeinträchtigung<br />

der Hirnfunktion zurück. Dank dem unermüdlichen<br />

Bemühen, besonders der Großeltern,<br />

können wir bei den Besuchen jedes mal einen<br />

kleinen Fortschritt in der Entwicklung feststellen.<br />

Nach einer halben Stunde wartet bereits ein Taxi<br />

vor dem Wohnblock, um uns zu einer Kirche zu<br />

bringen, wo wir uns mit allen Paten aus Chisinau<br />

zur Geldübergabe treffen werden. Auch vor<br />

dem Wohnblock ist es gefährlich glatt und Alexei<br />

(Opa vom kleinen Alexander) bemüht sich ,<br />

Gusti, Gunther und mich unbeschadet ins Taxi<br />

zu setzen. Die Aktentasche von Gunther legt<br />

er in den Kofferraum, damit wir zu Dritt auf der<br />

Rückbank des nicht allzu großen Autos genügend<br />

Platz haben. Mit Ungeduld werden wir von<br />

den vielen Paten erwartet und man begrüßt uns<br />

freudig. – Doch wo ist die Aktentasche mit den<br />

ganzen Unterlagen und dem Geld (über 2.500 €)<br />

? Ich kann mich entsinnen, daß wir alle gleichzeitig<br />

blaß wurden und Schweißperlen auf der<br />

Stirn sichtbar wurden. Niemand hat daran gedacht,<br />

die Tasche aus dem Kofferraum zu nehmen.<br />

Alexei sucht auf seinem Handy nach der<br />

zuletzt gewählten Nummer und erreicht die zuständige<br />

Taxizentrale. In einer riesigen Stadt mit<br />

unzähligen Taxis nach eben diesem Fahrzeug<br />

mit einer vergessenen Aktentasche im Koffer-


aum zu suchen, ist fast wie das mit der Nadel<br />

im Heuhaufen. Um die Paten etwas abzulenken<br />

und zu beruhigen, erzähle ich von unsrer Organisation,<br />

von der Familie, den Enkeln, Haustieren<br />

u.v.m. Verstohlen schaue ich immer wieder auf<br />

die Wanduhr, eine Stunde war schon vergangen<br />

und wir hatten noch keine Nachricht, ob man<br />

den Taxifahrer ausfindig machen konnte. So viele<br />

Stoßgebete, wie an diesem Morgen habe ich<br />

schon lange nicht mehr zum Himmel geschickt.<br />

Das letzte mal, so kann ich mich erinnern, war<br />

es in Haiti, als Andrea beim Fotografieren ihren<br />

Bauchbeutel mit Flugkarten, Geld und Ausweisen<br />

verloren hatte. Das Geld war weg, aber die<br />

übrigen Dokumente bekamen wir gottlob wieder.<br />

Endlich die gute Nachricht, der Fahrer hat sich<br />

bei der Zentrale gemeldet und ist nun auf dem<br />

Weg zur Kirche. Nicht einen Cent möchte er<br />

als Belohnung annehmen, er meint es sei doch<br />

selbstverständlich Dinge, die einem nicht gehören,<br />

zurückzugeben. Er möchte ehrlich sein und<br />

sich nicht bereichern. Ein Dankschreiben geht<br />

umgehend an das Taxiunternehmen, in dem der<br />

ehrliche Taxifahrer namentlich genannt wird.<br />

Trotz gutem Ausgang sitzt uns der Schreck noch<br />

lange in den Knochen. Im „Pro Umanitas“- Büro<br />

und bei einem kleinen Mittagessen werden mit<br />

Vladimir Nadkrenicinii noch einige Papiere erledigt<br />

und über Aktivitäten der Stiftung gesprochen,<br />

bevor wir uns mit Dr. Manolache, dem<br />

Herzchirurgen im Republikanischen Klinikum<br />

treffen. Geändert habe sich nicht viel. Wie immer<br />

fehle es an medizinischem Verbrauchsmaterial<br />

<strong>für</strong> die Eingriffe im Operationssaal. Noch an diesem<br />

Abend unterschreiben wir einen Vertrag mit<br />

der Fa. „Tehnomedica“ und überweisen nach<br />

unserer Rückkehr einen Geldbetrag <strong>für</strong> den Einkauf<br />

der benötigten Artikel. Bei dieser Fa. haben<br />

wir in den vergangenen Jahren schon einiges an<br />

Medicalprodukten und Herzklappen eingekauft<br />

und nur gute Erfahrungen gemacht.<br />

Es beginnt zu schneien, als uns Sascha um 4.45<br />

Uhr zum Flughafen bringt. Gusti kann noch etwas<br />

schlafen, ihr Bus fährt erst ein paar Stunden<br />

später. Auf dem Weg zu einem Taxistand rutscht<br />

sie auf einer mit Neuschnee bedeckten Eisplatte<br />

aus und fällt auf den Hinterkopf. Ihre Kopfbedeckung<br />

bewahrt sie gottlob vor Schlimmerem.<br />

Schon bald sehen wir uns am 25.März , anlässlich<br />

der 26.Jahreshauptversammlung in Todtnau<br />

wieder. Auch die Ehrenmitglieder aus Moldavien<br />

waren eingeladen, und Episcop Nicodim<br />

(Pater Joan ) reist bereits am 22. März mit zwei<br />

Priestern an. Einen Termin <strong>für</strong> eine Jahreshauptversammlung<br />

zu finden, wenn in der Orthodoxen<br />

Kirche mal keine Fastenzeit vorgeschrieben ist,<br />

kann man fast nicht mit unseren terminlichen<br />

Möglichkeiten unter einen Hut bringen. Zu dieser<br />

Zeit sind wir mitten in den Vorbereitungen <strong>für</strong><br />

den Frühjahrstransport nach Rumänien. Daher<br />

ist es nicht so einfach den Wünschen der orthodoxen<br />

Priester gerecht zu werden. Mitunter wird<br />

aber ein „Auge“ zugedrückt, man ist ja schließlich<br />

auf Reisen und gegen etwas Öl im Salat<br />

oder ein Glas Bier ist ja nichts einzuwenden.<br />

Die wenigen Wochen bis zu unserem Start vergehen<br />

wie im Flug. Sachspenden müssen abgeholt<br />

und verarbeitet werden und der Computer<br />

sowie das Telefon sind ständig in Betrieb.<br />

Sogar einen Tag vor<br />

dem Beladen der beiden<br />

LKW werden durch unsre<br />

treuen Helfer noch<br />

Lebensmittel in Bayern<br />

abgeholt. Die Abholung<br />

und das Beladen<br />

läuft, Dank der guten<br />

Vorbereitung, wie am<br />

„Schnürchen“. Wir haben<br />

das Glück von der<br />

Fa. Winterhalter (Spedition<br />

und Reiseunternehmen<br />

aus Oberried) zum<br />

wiederholten Mal eine<br />

Zugmaschine unentgeltlich zur Verfügung gestellt<br />

zu bekommen. Auch die Verleihfirma Kohrs<br />

aus Endingen und Paccarleasing kommen uns<br />

preislich sehr entgegen.<br />

Bei strahlendem Sonnenschein werden vor der<br />

Lagerhalle im Beisein vieler Besucher am Mittwochnachmittag<br />

die beiden Fahrzeuge, das Begleitfahrzeug<br />

und die Mannschaft mit dem ökumenischen<br />

Segen beider Kirchen verabschiedet.<br />

Fast pünktlich starten wir um 3.00 nachts in


Richtung <strong>Osteuropa</strong>. In<br />

LKW 1 – Florian Beck<br />

und Erich Steck / in<br />

LKW 2 – Markus Albrecht<br />

und Thomas Honeck<br />

- im Begleitfahrzeug<br />

Gunther Köllner,<br />

Josef Schneider, Erika<br />

Schneider und Ursula<br />

Honeck. In der Morgendämmerung<br />

erreichen<br />

wir den Bodensee und schimpfen im Begleitbus<br />

darüber, daß die Erdbeerbauern soviel Düngemittel<br />

verwenden, daß man es auch durch die<br />

geschlossenen Fensterscheiben riecht. Es wird<br />

nicht besser und unsere Be<strong>für</strong>chtung, daß es<br />

sich bei dem Geruch, auch um ein verschmortes<br />

Kabel handeln könnte, bewahrheitet sich. Das<br />

Kühlgerät <strong>für</strong> unseren Proviant war auf Erhitzen<br />

und nicht auf Kühlen gestellt. Nun gut, beim<br />

ersten Halt esse ich eben verflüssigte, warme<br />

Schinkensülze statt gekühlte. Eine warme Mahlzeit<br />

am Tag soll ja gesund sein, ob es schmeckt<br />

oder nicht. Es ist eine lange Fahrt bis zu unserem<br />

ersten Ziel in Ungarn kurz vor der rumänischen<br />

Grenze. Die Zimmer <strong>für</strong> die Begleitmannschaft<br />

sind reserviert, aber die Küche ist zu dieser späten<br />

Stunde bereits geschlossen. Dennoch genießen<br />

wir noch unser „Feierabendbier“, bevor<br />

wir alle todmüde in die Federn bzw. in die Koje<br />

sinken. Der Grenzübertritt nach Rumänien geht<br />

problemlos über die Bühne. An einer Tankstelle<br />

am Ende von Tirgu-Mures treffen wir uns kurz<br />

mit Marga, der 2. Vorsitzenden des deutschen<br />

Forums und ihrem Mann zur Geldübergabe <strong>für</strong><br />

das Forum. Wie alljährlich ist diese Zuwendung<br />

<strong>für</strong> den Kauf von Lebensmitteln, die zu Weihnachten<br />

an bedürftige Forumsmitglieder verteilt<br />

werden, gedacht. Marga berichtet uns kurz über<br />

schlimme Zustände,<br />

die in diesem Land immer<br />

noch zu beklagen<br />

sind, besonders im Gesundheitswesen.<br />

Nach<br />

langer Fahrt erreichen<br />

wir Piatra-Neamt und<br />

erwarten Gusti, die uns<br />

am Ortseingang abholen<br />

möchte. Dan sollte<br />

die beiden LKW danach<br />

zu einem bewachten Areal begleiten. Nicht ungeduldig<br />

werden, wir sind schließlich in Rumänien,<br />

sage ich mir, als nach einer halben Stunde<br />

immer noch niemand am Ortseingang erscheint.<br />

Egal, irgendwann treffen wir uns alle im Forum,<br />

werden liebevoll begrüßt und vorzüglich bewirtet.<br />

Das Ausladen der Hilfsgüter am nächsten Morgen<br />

ist eine Knochenarbeit. Trotz Gabelstapler<br />

werden viele Hände gebraucht, aber auch Personen,<br />

die die Verteilung in die da<strong>für</strong> vorgesehenen<br />

Räumlichkeiten der „Alten Schule“ in Savinesti<br />

koordinieren, damit man auch nach dem<br />

Abladen noch findet, was man sucht. So hatte<br />

mir Susi, ein Vorstandsmitglied von HFO <strong>für</strong> ihren<br />

Patensohn ein Fahrrad mitgegeben. Es war<br />

rundum bezeichnet, und trotzdem war es bei<br />

aller Aufmerksamkeit verschwunden. Nach langem<br />

Suchen wurde es in einem Holzschopf bei<br />

den anderen Fahrrädern gefunden und konnte<br />

übergeben werden. Die „Alte Schule“ ist ein Gebäude<br />

der Stiftung <strong>für</strong> gemeinnützige soziale Zusammenarbeit,<br />

welcher Priester Petru Munteanu<br />

als Präsident vorsteht. Dazu gehört auch das<br />

Sozialzentrum, wo unter Anderem täglich über<br />

80 Kinder aus sozialschwachen Familien unentgeltlich<br />

verköstigt werden. HFO leistet hier in Zusammenarbeit<br />

mit der Stiftung von Gusti (AUUH)<br />

finanzielle und materielle Unterstützung.<br />

Bevor sich die LKW-Mannschaft wieder auf den<br />

Heimweg begibt, hat jeder noch die Gelegenheit,<br />

an einer schlichten, aber eindrucksvollen Heiligen<br />

Messe in Talpa in der katholischen Kirche<br />

teilzunehmen. Priester Petrisor bewirtet uns, wie<br />

immer mit einem guten Mittagessen und wünscht<br />

uns Gottes Segen <strong>für</strong> den langen Heimweg. Die<br />

beiden LKW starten nach einigen kleinen Hindernissen<br />

um 4.00 Uhr in der Früh in Richtung<br />

Heimat.<br />

Das Programm der noch verbliebenen Mannschaft<br />

beginnt am nächsten morgen mit einem<br />

Besuch im Dorf Dragomiresti mit Pater Mihai,


der uns zu Patenfamilien und Bedürftigen führt.<br />

Die Eindrücke über die Lebensverhältnisse sind<br />

besonders <strong>für</strong> die Neulinge sehr bedrückend .<br />

Selbst bei Erika, die ihre Kindheit in Rumänien<br />

auf dem Land verbracht hat und dann mit ihren<br />

Eltern nach Deutschland ausgewandert ist, spürt<br />

man Betroffenheit und Erschütterung. Ich hatte<br />

in meinem letzten Bericht schon ausführlich über<br />

die teilweise unglaublichen Zustände auf den<br />

Dörfern geschrieben.<br />

Am Vormittag beginnen wir mit der Austeilung<br />

der Patenpakete und des Patengeldes.<br />

Im Kindergarten Nr. 12 in Piatra Neamt sind um<br />

die Mittagszeit nur wenige Kinder anzutreffen,<br />

da die meisten Erzieherinnen an einer Fortbildung<br />

teilnehmen. Aber wir werden trotzdem<br />

von einigen Kindern herzlich empfangen. Am<br />

Nachmittag geht die Verteilung der Patenpakete<br />

und des Geldes weiter und schon bald ist es<br />

Abend. Frau Dr. Hancu lädt uns herzlich zum Essen<br />

ein, als Dankeschön <strong>für</strong> unsere jahrelange<br />

Unterstützung ihrer Stiftung <strong>für</strong> Demenzkranke<br />

und alte Menschen. In der „Alten Schule“ in Savinesti<br />

treffen wir am nächsten morgen viele Behinderte,<br />

die wir schon seit Jahren kennen. Sie<br />

kommen teilweise von weither, um Rollstühle,<br />

Ersatzteile und Inkontinenzartikel abzuholen. Mit<br />

Rollstühlen wird es in Zukunft schwierig werden,<br />

weil wir in Deutschland keine Möglichkeit mehr<br />

haben, diese <strong>für</strong> <strong>Osteuropa</strong> zu bekommen. Das<br />

Verschrotten der gebrauchten Roll- und Nachtstühle<br />

bringt immerhin etwas Geld in die armen<br />

Krankenkassen. Warum sollte man etwas weg<br />

geben, das noch Geld bringen kann? Der Tag<br />

endet mit Besuchen bei Patenfamilien in Savinesti<br />

und Slobozia. Über jedes einzelne Erlebnis<br />

zu berichten, würde einfach zu weit führen,<br />

aber jede Begegnung trifft uns Mitten ins Herz<br />

und wird uns alle noch lange beschäftigen und<br />

begleiten.<br />

Donnerstagmorgen heißt es Abschied nehmen,<br />

es liegt noch ein langer Weg vor uns. Gunther<br />

macht den Vorschlag, daß wir eine andere Strecke<br />

fahren sollten, die zwar 200 km länger ist als<br />

die übliche, aber durch mehrere Autobahnabschnitte<br />

könne man zwei Stunden einsparen .<br />

Die sicher gut durchdachte Rechnung geht nicht<br />

auf, da wir mit viel mehr Verkehr rechnen mußten<br />

und zudem der Anschluß zur Autobahn wegen<br />

der vielen Baustellen nicht früh genug zu finden<br />

war. Wir kommen aber noch bei Helligkeit in unserer<br />

Pension in Ungarn an und fühlen uns bald<br />

der Heimat etwas näher. Freitagabend treffen<br />

wir, wie geplant in Todtnau ein und sind dankbar,<br />

daß die weite Reise ohne Schaden verlaufen ist.<br />

Wir waren eine tolle Mannschaft und alles hat<br />

prima geklappt. Erika, Beppo und mein Bruder<br />

haben mir die doch recht anstrengende Autofahrerei<br />

abgenommen, was ich so richtig genossen<br />

habe. Ich konnte schlafen, lesen, mit Erika plaudern<br />

oder einfach meinen Gedanken freien Lauf<br />

lassen.<br />

Zuhause wartet schon wieder eine Menge Arbeit<br />

auf mich. Transportabrechnung, Arbeit in<br />

der Lagerhalle, Buchhaltungsvorbereitung <strong>für</strong><br />

das Gesundheitszentrum zum Quartalswechsel,<br />

Dankbriefe und Patenbilder zur Verteilung richten,<br />

Spendenbescheinigungen schreiben. Erika<br />

übernimmt einen großen Teil der Übersetzungen<br />

der Briefe, wo<strong>für</strong> ihr Gusti und ich sehr dankbar<br />

sind. Das „Frühlingsfest“ am Pfingstsonntag in<br />

der Lagerhalle organisiert schon seit jeher unsere<br />

Kassiererin Christa Bernauer, sodaß ich das<br />

gelungene Fest und das Zusammensein mit unseren<br />

fleißigen Helfern und Gästen unbeschwert<br />

erleben kann. Im Nu steht das Städtlifest vor der<br />

Tür und wiederum ist eine Menge an Vorbereitungen<br />

zu erledigen. Diese Arbeit ist weniger<br />

anstrengend als das lange Stehen und Gehen


auf dem Pflaster in unserer Hütte auf dem Marktplatz.<br />

Ja, man spürt das Älterwerden, besonders<br />

in den Gelenken.<br />

Es bleiben nur noch wenige Tage bis zu unsrer<br />

Inforeise nach Moldavien, die vom 24. Juli bis<br />

29. Juli geplant war. Ende Juli ist es auch in Moldavien<br />

sehr gewittrig und heiß. Schon vor dem<br />

Abflug in Frankfurt bekommen wir die derzeitigen<br />

Wetterkapriolen zu spüren. Wir warten sehr<br />

lange und können dann endlich nach einer halbstündigen<br />

Busfahrt das moldavische Flugzeug<br />

besteigen. Es regnet was vom Himmel kommen<br />

kann. Wir sind bis zum Einsteigen „etwas“<br />

durchnässt und sitzen nochmal eine gefühlte<br />

Ewigkeit im Flugzeug bis zum Start. Es macht<br />

einem einfach unruhig, wenn man nicht gesagt<br />

bekommt, warum das Flugzeug nicht planmäßig<br />

starten kann. Ein junger Mann, der sich neben<br />

mich setzt, erzählt etwas genervt, daß er eigentlich<br />

am frühen Morgen von München aus nach<br />

Chisinau fliegen wollte, aber das Flugzeug kurz<br />

nach dem Start wieder umkehren mußte, weil<br />

ein großer Vogel ins Triebwerk geflogen sei. So<br />

mußte eine Ersatzmaschine, die aus Irland kam<br />

erst nach München und dann nach Frankfurt<br />

fliegen, um zumindest einen Teil der Passagiere<br />

aufnehmen zu können. So ist das Flugzeug<br />

bis auf den letzten Platz besetzt, und mit viel Rückenwind<br />

kommt es nur eineinhalb Stunden später<br />

in Chisinau an. Der Kleinbus aus Rumänien<br />

mit Gusti an Bord hat durch längere Wartezeiten<br />

an der Grenze auch etwas Verspätung, sodaß<br />

das Treffen irgendwie passt. Vladimir Nadkrenicinii,<br />

unsere Kontaktperson in Chisinau, ist während<br />

unseres Aufenthaltes leider nicht im Land,<br />

hat aber, wie immer das Programm bestens<br />

vorbereitet. Pater Igor hat sich inzwischen von<br />

seinem Bandscheibenvorfall wieder erholt, sodaß<br />

wir die Besuche bei allen Paten in Orhei und<br />

Momente. Dem kleinen an Leukämie erkrankten<br />

Eugen Sergiu Popescu geht es besser als das<br />

letzte mal und er hofft bald wieder in die Schule<br />

gehen zu können. Alle freuen sich über unseren<br />

Besuch und über die mitgebrachte Zuwendung.<br />

Die Geschichten von zwei Männern sind<br />

besonders traurig. Wir besuchen Sergiu Prodan,<br />

schätzungsweise 40 Jahre alt, in seinem kleinen<br />

heruntergekommenen Häuschen, das er alleine<br />

bewohnt. Er hat eine Autoimunerkrankung und<br />

die ganze Körper- und Gesichtshaut ist von einer<br />

entstellenden Schuppenflechte befallen, die ihm<br />

das Leben zur Hölle macht. Alle Dorfbewohner<br />

meiden ihn, da sie glauben, daß er eine ansteckende<br />

Krankheit hat. Er hat kein Geld <strong>für</strong> Lebensmittel<br />

und schon garnicht <strong>für</strong> Medikamente.<br />

Seine Tränen bei der Übergabe des Couverts<br />

läßt auch bei uns Tränen in die Augen steigen.<br />

Cociorva Ion, etwa 50 Jahre alt, hat durch eine<br />

Thrombose ein Bein verloren. Seine Frau hat<br />

ihn verlassen und seine Kindern kümmern sich<br />

nur sehr selten um ihn. Auch <strong>für</strong> ihn konnten wir<br />

einen Paten finden, der ihn mit etwas Geld unterstützt,<br />

wo<strong>für</strong> er unheimlich dankbar ist. Pater<br />

in Bolohan durchführen können. Wie jedesmal<br />

erlebt man freudige, aber auch erschütternde<br />

Igor schämt sich fast, als er uns bittet noch eine<br />

alte Frau zu besuchen, die auf unsere <strong>Hilfe</strong> hofft.<br />

Auch sie bewohnt ein winziges Häuschen (man<br />

kann die miserablen Wohnverhältnisse einfach<br />

nicht beschreiben) und wartet ganz aufgeregt in<br />

einem alten Sessel sitzend, auf unseren Besuch.<br />

Die Beine sind mit Tüchern bedeckt, sie schämt


sich, uns ihre offenen Beine zu zeigen. Sie hat<br />

kein Geld <strong>für</strong> eine Behandlung oder <strong>für</strong> Medikamente.<br />

Eine Nachbarin schaut ein wenig nach<br />

ihr. Wir geben Pater Igor einen Geldbetrag und<br />

er wird sich um das weitere kümmern. Natürlich<br />

würden wir uns freuen, jemanden zu finden der<br />

sie unterstützt. Es gehen mir viele Gedanken<br />

durch den Kopf und ich frage mich, warum die<br />

meisten Leute am liebsten nur Kinder unterstützen<br />

möchten. Mir liegen auch alte und kranke<br />

Menschen am Herzen. Diese Menschen haben<br />

meist auch einmal Kinder unter nicht einfachen<br />

Bedingungen großgezogen. Die Kinder sind weg<br />

und die Alten und Kranken bleiben alleine. Auch<br />

sie verdienen es , daß man sich ihrer annimmt.<br />

Endlich können wir das installierte Artroskopiegerät<br />

im Kreiskrankenhaus von Edinet besichtigen.<br />

Im Moment sei es sehr ruhig auf den einzelnen<br />

Stationen. Nur im Notfall geht man ins<br />

Krankenhaus. Die Leute bleiben im Sommer<br />

lieber zu Hause, um ihren kleinen Gemüsegarten<br />

zu bestellen und das Geflügel zu versorgen,<br />

damit man das Jahr über etwas zu essen hat. In<br />

den einzelnen Krankenzimmern ist es unerträglich<br />

heiß, weil keine Vorhänge an den Fenstern<br />

sind und die Sonne unerbittlich durch die Scheiben<br />

brennt. Auf der Entbindungsstation liegt auf<br />

einem Bett ein winziger Säugling eingewickelt<br />

in eine Decke. Er wurde zu Hause geboren und<br />

einfach nicht ernährt. Er sei nach einiger Zeit total<br />

ausgetrocknet und halbtot ins Krankenhaus<br />

gebracht worden. Die offensichtlich noch minderjährige<br />

Mutter war nicht in der Lage, die gefährliche<br />

Situation einzuschätzen. Ob das kleine<br />

Erdenkind überleben wird , ist ungewiss, sagt<br />

uns die Ärztin. Wenn ja, ist es fraglich, was aus<br />

dem Leben dieses Kindes werden kann, wenn<br />

die Mutter nicht mal weiß, daß ein Kind Nahrung<br />

bekommen muß. Vielleicht würde es ihm besser<br />

gehen, wenn er als kleiner Engel in eine andere<br />

Welt käme, aber das liegt nicht in unseren Händen.<br />

Traurig verlassen wir die Klinik, bitten noch<br />

um eine Bedarfsliste <strong>für</strong> den nächsten Transport<br />

und kehren nach Orhei zurück.<br />

Der Programmablauf unseres anschließenden<br />

Aufenthaltes in Chisinau entspricht in etwa dem<br />

vom Januar, allerdings mit ein paar Ausnahmen.<br />

Es ist fast unerträglich heiß und der gelb-orange<br />

Himmel verspricht nichts Gutes. Nach Besuchen<br />

bei dem kleinen Alexander , bei Ana und einem<br />

Treffen mit Familie Durlesteanu machen wir uns<br />

auf den Weg zu unserem Übernachtungsquartier.<br />

Unser gewohntes Domizil in der Schwesternschule<br />

ist derzeit wegen Renovierungsarbeiten<br />

nicht verfügbar, so daß wir Zimmer in einem<br />

Hotel beziehen müssen. Vladimir Nadkrenicinii,<br />

unser Ansprechpartner in Chisinau, hatte <strong>für</strong> uns<br />

als Vertreter einer humanitären Hilfsorganisation<br />

aus Deutschland einen moderaten Übernachtungspreis<br />

vereinbart. Gewöhnlich bezahlt man<br />

<strong>für</strong> eine Übernachtung in der Stadtmitte etwa<br />

soviel, wie bei uns in einem „Firstclass Hotel“.<br />

Noch am Abend fängt es an, heftig zu gewittern.<br />

Dank meiner Ohrstöpsel, die ich unterwegs immer<br />

bei mir habe, kann ich einigermaßen gut<br />

schlafen. Am nächsten Morgen höre ich nach<br />

dem Entfernen dieser excellenten Schlafhilfen<br />

Starkregen gegen die Fenster prasseln und tosende<br />

Geräusche wie von einem Gebirgsbach.<br />

Ich schaue aus dem Fenster und tatsächlich hat<br />

sich die Straße in einen Bach verwandelt. Im<br />

Januar hätten wir Spikes gebrauchen können<br />

und jetzt Gummistiefel und Regencape, aber<br />

wir haben gottlob einen Regenschirm dabei. Mit<br />

sportlichem Elan überspringen wir mit unseren<br />

Sandalen die tiefen Pfützen und die immer noch<br />

beachtlichen Regenmassen, die die Straßen hinunter<br />

fließen und erreichen mit ziemlich nassen<br />

Füßen die Kirche, wo wir schon von den hiesigen<br />

Paten erwartet werden. Dieses mal fahren wir<br />

nicht mit einem Taxi und Gunther hütet seine Aktentasche<br />

wie seinen Augapfel. Alle Paten, bis<br />

auf ein paar Kinder und einer erkrankten Frau,<br />

sind anwesend und freuen sich unheimlich über<br />

das Wiedersehen und die kontinuierliche und<br />

notwendige Unterstützung. Der Tag endet nach<br />

Erledigung allerlei Papiere im Büro von „Pro Umanitas“,<br />

Einladung zu einem kleinen Mittagessen<br />

und einem Treffen mit Dr. Manolache, dem<br />

Herzchirurgen.<br />

Sascha chauffiert uns am nächsten Morgen in<br />

aller „Herrgottsfrühe“ zum Flughafen und Gus-


ti besteigt, wie gewohnt einen Kleinbus, der sie<br />

hoffentlich gesund nach Hause bringen wird.<br />

Obwohl wir erst Ende Juli haben, ist mein Terminkalender<br />

schon wieder voll mit zu erledigenden<br />

Arbeiten. Dazu gehören auch schon Vorbereitungen<br />

<strong>für</strong> den Herbsttransport nach Rumänien,<br />

der <strong>für</strong> den 17. Oktober geplant ist. Statt am 22.<br />

August zu einer einwöchigen Pilgerreise (wie im<br />

vergangenen Jahr) nach Medjugorie aufzubrechen,<br />

entscheide ich auf ärztliche Empfehlung,<br />

die Reise abzusagen und mich „unters Messer“<br />

zu legen. Es war mir klar, daß ich nach einer<br />

Hüftgelenksoperation einige Wochen brauchen<br />

würde, um wieder wie gewohnt im Lager und im<br />

Büro arbeiten zu können. Den Transporttermin<br />

können wir einhalten, aber eine Inforeise nach<br />

Rumänien kommt natürlich diesen Herbst nicht<br />

in Frage. Beppo Schneider und Erich Steck<br />

überbringen neben ca. 11 Tonnen Hilfsgütern<br />

auch die Patenpakete und Geldzuwendungen.<br />

Nach knapp einer Woche kehren sie unbeschadet<br />

wieder heim und alles hat bestens geklappt.<br />

Für diesen Transport bekamen wir wieder unentgeltlich<br />

eine Zugmaschine der Fa. Winterhalter<br />

Behörden und den Zoll zur Genehmigung gesendet<br />

werden müssen. Wie oft habe ich schon<br />

gesagt, daß ich keine Transporte mehr nach<br />

Moldavien schicken möchte, weil ich die Be<strong>für</strong>chtung<br />

habe, es nicht mehr zu schaffen. Dann<br />

denke ich wieder an die schlimmen Lebensbedingungen<br />

vor allem in den Dörfern und habe die<br />

vielen Bedürftigen und Kranken vor meinen Augen,<br />

die ich einfach nicht im Stich lassen kann<br />

und möchte. Ich habe bisher immer wieder <strong>Hilfe</strong><br />

und Kraft bekommen, die mich ermutigten, weiterzumachen.<br />

Auch die Hoffnung bleibt, daß einmal<br />

jüngere Menschen motiviert werden, diese<br />

Arbeit zu übernehmen, denn Bedürftige wird es<br />

immer geben, aber die Arbeitskraft der schon seit<br />

fast Zweijahrzehnten aktiven Mitarbeiter wird immer<br />

weniger werden, das ist leider die Tatsache.<br />

So möchte ich auch dieses mal zum Ende meines<br />

Berichtes nicht versäumen allen treuen Helfern,<br />

Spendern, Unterstützern, Firmen und meiner<br />

Familie von Herzen zu danken, ohne deren<br />

<strong>Hilfe</strong> die Bewältigung dieser großen Aufgabe<br />

nicht zu meistern gewesen wäre und in Zukunft<br />

nicht zu meistern sein wird.<br />

Ursula Honeck<br />

November <strong>2017</strong><br />

(Spedition- und Reiseunternehmen) aus Oberried<br />

zur Verfügung gestellt. Auch das Fuhrunternehmen<br />

Kohrs aus Endingen setzte alle Hebel in<br />

Bewegung, um uns einen passenden Auflieger<br />

mitgeben zu können.<br />

So langsam neigt sich das Jahr dem Ende zu,<br />

aber zunächst heißt es den Weihnachtsmarkt<br />

wieder erfolgreich „über die Bühne“ zu bringen<br />

und den Transport, der am 13. Dezember nach<br />

Moldavien starten soll, fertig vorzubereiten. Am<br />

Schlimmsten sind immer die vielen Papiere , die<br />

alle in Übersetzung mit Angaben von Gewicht,<br />

Volumen und Wert mindestens zwei Wochen vor<br />

dem Transport im Vorfeld an die moldavischen


Wir danken unseren unermüdlichen Helfern, den großzügigen Spendern<br />

und all unseren Mitgliedern <strong>für</strong> ihr Engagement<br />

zum Wohle derer, die jeden Tag vergeblich auf einen<br />

Engel warten, der ihnen etwas Hoffnung bringt.<br />

Titelbild mit freundlicher Genehmigung von<br />

Susi Braunsberger / 25.10.<strong>2017</strong>


<strong>Hilfe</strong> <strong>für</strong> <strong>Osteuropa</strong><br />

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