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PolFHa Extra - Das Niedersächsische Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG) 2019

Das Niedersächsische Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG) 2019 – Die wichtigsten Neuerungen Ende Mai 2019 trat das neue NPOG in Kraft. Prof. Dr. J. Roggenkamp und PHK K. König - beide ausgewiesene Experten für das Nds. Polizeirecht, haben Ihnen die wichtigsten Neuregelungen für den Polizeidienst zusammengestellt und eine erste Einordnung vorgenommen.

Das Niedersächsische Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG) 2019 – Die wichtigsten Neuerungen
Ende Mai 2019 trat das neue NPOG in Kraft. Prof. Dr. J. Roggenkamp und PHK K. König - beide ausgewiesene Experten für das Nds. Polizeirecht, haben Ihnen die wichtigsten Neuregelungen für den Polizeidienst zusammengestellt und eine erste Einordnung vorgenommen.

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<strong>Das</strong> Nds. <strong>Polizei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Ordnungsbehördengesetz</strong> <strong>2019</strong><br />

a. Gr<strong>und</strong>sätzliche Umgestaltungsarbeiten<br />

Im Rahmen der Novellierung sind Regelungen zum<br />

Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung<br />

nunmehr „vor die Klammer gezogen“ in § 33 <strong>NPOG</strong>,<br />

Regelungen zur Datenerhebung bei Berufsgeheimnisträgern<br />

in § 31 <strong>NPOG</strong> zu finden. Sowohl Telekommunikationsüberwachung<br />

(§ 33a), Einsatz des IMSI-Catchers<br />

(§ 33b), längerfristige Observation (§ 34) sowie<br />

die verdeckten Datenerhebungsbefugnisse mittels<br />

technischer Hilfsmittel bzw. VE oder VP nach §§ 35,<br />

36 <strong>und</strong> 36a sind erweitert worden. Die Maßnahmen<br />

dürfen nun auch im Vorfeld sog. terroristischer Straftaten<br />

(<strong>und</strong> teilweise auch im Vorfeld „schwerer organisierter<br />

Gewalttaten“) eingesetzt werden.<br />

b. Online-Durchsuchung (§ 33d <strong>NPOG</strong>)<br />

Ein Novum im <strong>NPOG</strong> ist die Zulässigkeit der<br />

Durchführung der hochumstrittenen Maßnahme der<br />

heimlichen Online-Durchsuchung (in § 33d als „Verdeckter<br />

Eingriff in informationstechnische Systeme“<br />

bezeichnet). Hierbei handelt es sich nicht etwa, wie<br />

die Bezeichnung suggerieren mag, um eine punktuelle<br />

Durchsuchungshandlung im Online-Bereich,<br />

sondern vielmehr um eine Befugnis ein „informationstechnisches<br />

System“ (z.B. Smartphone, Laptop)<br />

mit technischen Mitteln (sog. Trojanersoftware) verdeckt<br />

zu infiltrieren <strong>und</strong> durch Datenerhebung aus<br />

diesem heimlich auszuforschen <strong>und</strong> zu überwachen.<br />

Diese Ausforschung kann sich über viele Monate erstrecken,<br />

vgl. § 33d Abs. 3 i.V.m. § 33a Abs. 5 Satz 2<br />

<strong>und</strong> 3 <strong>NPOG</strong>. 24) Die Maßnahme stellt einen schwerwiegenden<br />

Eingriff in das aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m.<br />

Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf Gewährleistung<br />

der Integrität <strong>und</strong> Vertraulichkeit informationstechnischer<br />

Systeme (auch „Computergr<strong>und</strong>recht“<br />

genannt) dar <strong>und</strong> bedarf selbstredend einer richterlichen<br />

Anordnung, die erweiterten Anforderungen<br />

entsprechen muss.<br />

c. Quellen-Telekommunikationsüberwachung<br />

(§ 33a Abs. 2 <strong>NPOG</strong>)<br />

Die nunmehr nach § 33a Abs. 2 <strong>NPOG</strong> zulässige<br />

Quellen-Telekommunikationsüberwachung („Quellen-TKÜ“)<br />

ist technisch gesehen ebenfalls eine Online-Durchsuchung,<br />

bei welcher jedoch sichergestellt<br />

werden muss, dass die Überwachung auf die „laufende<br />

Telekommunikation“ beschränkt ist. Ziel der<br />

Maßnahme ist die Ermöglichung des Mitlesens <strong>und</strong><br />

Mithörens verschlüsselter laufender Kommunikation<br />

(z.B. über Messenger wie WhatsApp oder Signal).<br />

Hierfür müssen sämtliche Kommunikationsinhalte<br />

vor der Verschlüsselung bzw. nach der Entschlüsselung<br />

ausgeleitet werden. Technisch wird das durch<br />

einen Zugriff auf ein informationstechnisches System<br />

der Zielperson (der „Quelle“ der Telekommunikati-<br />

24) Ausführlich Roggenkamp, in: Saipa, <strong>NPOG</strong>-Kommentar (i.E.), § 33d.<br />

on) realisiert. Typische „Zielsysteme“ sind auch hier<br />

Smartphones oder PCs. 25) Die Durchführung einer<br />

Quellen-TKÜ ist nur zulässig, wenn eine herkömmliche<br />

TKÜ (§ 33a Abs. 1 <strong>NPOG</strong>) „nicht ausreichend ist,<br />

um die Überwachung <strong>und</strong> Aufzeichnung der Telekommunikation<br />

in unverschlüsselter Form zu gewährleisten“.<br />

Sie bedarf ebenfalls gr<strong>und</strong>sätzlich einer richterlichen<br />

Anordnung.<br />

d. Auskunftsverlangen bei Telemediendiensteanbietern<br />

(§ 33c Abs. 1 <strong>NPOG</strong>)<br />

Mit dem novellierten § 33c Abs. 1 <strong>NPOG</strong> existiert<br />

nunmehr auch eine Ermächtigungsgr<strong>und</strong>lage<br />

für Auskunftsverlangen gegenüber sog. Telemediendiensteanbietern<br />

im Sinne des Telemediengesetzes<br />

(TMG). <strong>Das</strong> sind insbesondere Internetplattformen<br />

wie eBay oder Soziale Netzwerke wie Facebook. Zudem<br />

findet der § 33c Abs. 1 <strong>NPOG</strong> Anwendung bei<br />

so genannten Over-the-Top-Diensten wie Whatsapp<br />

oder Webmaildiensten, die nicht als Telekommunikationsdienste<br />

im Sinne des TKG gelten 26) .<br />

e. Handyortung gefährdeter Personen<br />

(§ 33c Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3 <strong>NPOG</strong>)<br />

Vereinfacht wurde die praktisch hochrelevante<br />

„schlichte“ Handyortung gefährdeter Personen. <strong>Das</strong><br />

auf die „Standortdaten eines mobilen Anschlusses“<br />

beschränkte Auskunftsverlangen gegenüber einem<br />

Telekommunikationsdiensteanbieter kann nunmehr<br />

auf § 33c Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3 <strong>NPOG</strong> (vorher<br />

§ 33a Abs. 6 i.V.m. Abs. 1, 2 Nr. 3 Nds. SOG) gestützt<br />

werden. Es ist immer noch eine schriftliche <strong>und</strong> mit<br />

„wesentlichen Gründen“ versehene Anordnung erforderlich.<br />

Die Maßnahme steht aber nicht mehr<br />

unter Behördenleitervorbehalt, kann also „unmittelbar“<br />

angeordnet werden.<br />

9. Elektroimpulsgerät (§ 69 Abs. 4 <strong>NPOG</strong>)<br />

In § 69 Abs. 4 <strong>NPOG</strong> wurde das Elektroimpulsgerät<br />

(sog. „Taser“), bei dem es sich bei genauerer<br />

Betrachtung um ein Distanz-Elektroimpulsgerät handelt,<br />

in den Katalog der abschließend aufgezählten,<br />

zugelassenen Waffen aufgenommen. Dieses Einsatzmittel<br />

wurde in mehreren B<strong>und</strong>esländern erfolgreich<br />

erprobt, ist aber dennoch nicht unumstritten.<br />

In Niedersachsen verfügt bislang nur das Spezialeinsatzkommando<br />

(SEK) über diese Waffen. Für deren<br />

Einsatz bedarf es einer ausdrücklichen gesetzlichen<br />

Regelung, die nunmehr geschaffen wurde. Außerhalb<br />

des SEK wird der Taser in Niedersachsen aber<br />

weiterhin bis auf Weiteres keine Verwendung im <strong>Polizei</strong>dienst<br />

finden, weil der zulässige Einsatz des Tasers<br />

per Erlass des Innenministeriums den Beamten des<br />

25) Ausführlich Roggenkamp, in: Saipa, <strong>NPOG</strong>-Kommentar (i.E.), § 33a,<br />

4.<br />

26) Vgl. EuGH, Urteil vom 13.6.<strong>2019</strong> – Rs. C-193/18 – Gmail.<br />

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