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Das Reinbek-Buch

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Bocks, Berckemeyers, Bergmanns, Ertels, Felix', Giesemanns, Gleisners,<br />

Goldschmidts, Ihnens, Justus', von Kleists, Krauses, Luykens,<br />

Phillipps, Schramms, Schwarz', Tiefenbachers, Voelckers und Westphalens<br />

- Kaufleute, Richter, Offiziere im Ruhestand, die in vermögende<br />

Familien eingeheiratet hatten. Für die Vollständigkeit meiner<br />

Namensliste kann ich ebensowenig bürgen wie für die Schreibweise<br />

aller Namen. Manche der genannten Familien sind in <strong>Reinbek</strong> ausgestorben<br />

oder haben die Stadt längst verlassen, ihre Wohnpaläste stehen<br />

nicht mehr - wie etwa die Villa, die sich der Kaufmann Ihnen nach dem<br />

Vorbild des Schlosses Sanssouci im heutigen Ihnen park baute. Oder sie<br />

wurden anderen Zwecken zugeführt-wie etwa die Villa Do b bertin am<br />

Ende der Kückallee, die der Hamburger Staat als Victor-Gollancz-<br />

Haus für seine Jugendarbeit nutzt.<br />

Es liegt in der Natur dieser exklusiven Bevölkerungsgruppe, daß ich<br />

von ihr kein Sammelporträt schreiben kann, zu vielgestaltig sind die<br />

einzelnen Biographien, der Zuschnitt der Geschäfte und das, was man<br />

gemeinhin »Lebensschicksal« nennt. Unter den Bewohnern des Ziegelkamps<br />

und der Kückallee gab es den Tellerwäscher, der sich zum<br />

Hotelbesitzer in der Reichshauptstadt Berlin hochgearbeitet hatte,<br />

ebenso wie eine angebliche »Inkaprinzessin«. Ein Südfruchthändler<br />

soll sie nach <strong>Reinbek</strong> heimgeführt haben, und ich bin ihr in meiner<br />

Kindheit möglicherweise begegnet. Ich habe da so meine Vermutungen,<br />

will aber nicht zu weit in private Bereiche vordringen.<br />

Um der Delikatesse meines Gegenstandes gerecht zu werden und<br />

um gleichzeitig Ihre Neugier zu befriedigen, will ich hier lediglich zwei<br />

Kaufmannsschicksale skizzieren. Halb führt mir dabei mein Wissen,<br />

halb der Zufall die Hand. Mein Wissen insofern, als es sich bei Adolph<br />

Vorbild für die Villa Ihnen ( oben) war Schloß Sanssouci, das sich der preußische<br />

König Friedrich II. in Potsdam erbauen ließ. Die Villa Dobbertin, inzwischen um<br />

zwei Seitenflügel erweitert, dient heute der Jugendarbeit.<br />

Rudoph Baetcke folgte damit nicht nur seinen Neigungen, sondern<br />

auch seinen Interessen. Inzwischen hatten die Hamburger Großkaufleute<br />

die ländlichen Reize des Umlandes erkannt, von Rissen bis <strong>Reinbek</strong>,<br />

Wentorf, Wohltorf und Aumühle. Sie suchten parkähnliche<br />

Grundstücke für ihre Landhäuser. Denn das war damals der letzte<br />

Schrei: eine Stadtwohnung für den Winter und ein Landhaus für den<br />

Sommer. Erst wer das vorweisen konnte, galt in einschlägigen Kreisen<br />

als wirklich gesellschaftsfähig. Hier hatte nun Baetcke verlockende<br />

Angebote zu machen. Mit seinem Umzug in die <strong>Buch</strong>tallee wollte er<br />

Kaufinteressenten gleich auch praktisch beweisen, daß sich »in der<br />

Wildnis« leben ließ. Denn dort hinten auf dem Ziegelkamp stand noch<br />

kein anderes Haus unter den hochragenden <strong>Buch</strong>en, Linden und Eichen,<br />

und die ganze Gegend bestand nur aus Wald.<br />

Tatsächlich kamen Kücks und Baetckes Angebote den ortsfremden<br />

Grundstücksinteressenten sehr entgegen. Denn das Gebiet, das sich<br />

östlich der Schönningstedter Straße von der Billeniederung den Hang<br />

hinauf bis zur Schönningstedter Feldmark zieht, hatte drei Vorzüge:<br />

Es war landschaftlich von großem Reiz, es bot genügend Raum für eine<br />

großzügige Bebauung, und es war nicht allzu weit von der Bahnstation<br />

entfernt. Denn die Herren oder »Chefs«, wie man sie auch nannte,<br />

hatten ja die Angewohnheit, auch im Sommer jeden Tag nach Hamburg<br />

in ihr Kontor zu fahren. Zwar soll der Kaufmann Völckers dafür<br />

Pferd und Wagen benutzt haben. Aber von vielen seiner Kollegen wird<br />

berichtet, daß sie jeden Morgen zu gewohnter Stunde zu Fuß am <strong>Reinbek</strong>er<br />

Bahnhof erschienen, um den Zug zu nehmen.<br />

Und so zogen sie alle nach <strong>Reinbek</strong> - die Aschs, von Blombergs,

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