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6_2019 Leseprobe

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www.biogas.org Fachverband Biogas e.V. | ZKZ 50073 | 22. Jahrgang 6_<strong>2019</strong><br />

BI<br />

GAS Journal<br />

Das Fachmagazin der Biogas-Branche<br />

Riesenweizengras: ein ökonomischer<br />

Vergleich S. 66<br />

Malaysia: Gute Aussichten<br />

für Biogas S. 98<br />

Recht: Flexibilisierung<br />

von BHKW S. 124<br />

Innovationen<br />

Titelthema:<br />

Adressfeld


Titelthema: Innovationen<br />

INHALT<br />

BIOGAS JOURNAL | 6_<strong>2019</strong><br />

46<br />

TITELFOTO: DIERK JENSEN I FOTOS: WELTEC-BIOPOWER GMBH, CARMEN RUDOLPH, FACHVERBAND BIOGAS E.V.<br />

EDITORIAL<br />

3 Bio-Gas, nie war es so wertvoll wie heute<br />

Von Dr. Claudius da Costa Gomez,<br />

Hauptgeschäftsführer des<br />

Fachverbandes Biogas e.V.<br />

26 Messeneuheiten<br />

42 „Wir kochen nicht!“<br />

Von Dierk Jensen<br />

46 Problemlöser für Nährstoffüberschüsse<br />

Von Dipl.-Ing. agr. (FH)<br />

Martin Bensmann<br />

AKTUELLES<br />

6 Meldungen<br />

8 Termine<br />

10 Biogas-Kids<br />

12 Klimaschutz durch CO 2<br />

-Bepreisung<br />

monetarisieren<br />

Von Dipl.-Journ. Wolfgang Rudolph<br />

18 Modell einer Strohauktion entwickeln<br />

Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

22 Flexibler Betrieb fordert Biogas-BHKW<br />

Von Thomas Gaul<br />

POLITIK<br />

36 Biogas wieder auf dem Vormarsch:<br />

Erste Schritte im Klimapaket der<br />

Bundesregierung geschafft<br />

Von Sandra Rostek und Dr. Guido Ehrhardt<br />

40 CDU-Initiative zu Infrastrukturbeschleunigung<br />

– geplanter Angriff<br />

aufs Völkerrecht?<br />

Von Heinz Wraneschitz<br />

50 Kohlenstoffspeicherung generiert<br />

Einnahmen durch Humusbildung<br />

Von Bernward Janzing<br />

PRAXIS<br />

56 Kiestrocknung mit Plus fürs Klima<br />

Von Dipl.-Journ. Wolfgang Rudolph<br />

62 Gezielte Fütterung: Gesammelte<br />

Erfahrungen<br />

Von Dipl.-Ing. · Dipl.-Journ. Martina Bräsel<br />

66 Riesenweizengras – ein interessantes<br />

Substrat<br />

Von Dr. Michael Dickeduisberg<br />

70 Strom und Wärme aus der Kloschüssel<br />

Von Klaus Sieg<br />

74 Anlagen des Monats: September & Oktober<br />

4


BIOGAS JOURNAL | 6_<strong>2019</strong><br />

INHALT<br />

56 74<br />

INTERNATIONAL<br />

75 AK Sicherheit<br />

Vorsicht beim Umgang mit<br />

Ammoniumsulfatlösung (ASL)<br />

Von Phillip Berns<br />

76 Von Wangen in die Welt<br />

Von Christian Dany<br />

WISSENSCHAFT<br />

80 Mikroplastik drastisch reduzieren<br />

Von Dipl.-Ing. · Dipl.-Journ. Martina Bräsel<br />

84 Biogas und hochwertige Extraktstoffe<br />

aus Reststoffen der Gemüse- und<br />

Obstproduktion<br />

Von Dr. Stefan Dröge<br />

und Marie-Caroline Jonville<br />

Beilagenhinweis: Das Biogas Journal enthält<br />

Beilagen der Firmen agrikomp, CarboTech AC,<br />

greentec, Oesterle, ONERGYS, SaM-Power<br />

und UNION Instruments.<br />

Frankreich<br />

92 Biogasbranche in Unruhe<br />

Von Dipl.-Ing · Dipl.-Journ. Martina Bräsel<br />

Malaysia<br />

98 Gute Aussichten für Biogas<br />

Interviewer: Dipl.-Ing. agr. (FH)<br />

Martin Bensmann<br />

China<br />

102 Analyse der Strategien und Normen<br />

hinsichtlich Biomethan in China<br />

Von Jingyue Hou<br />

VERBAND<br />

Aus der Geschäftsstelle<br />

106 Das „Klimapäckchen“ und seine Folgen<br />

Von Dr. Stefan Rauh und<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Manuel Maciejczyk<br />

110 Was macht eigentlich die Task Force<br />

Verbändeintegration?<br />

Von Dr. Claudius da Costa Gomez<br />

112 Aus den Regionalbüros<br />

116 Dialogprozess Gas 2030<br />

Von Dr. Simone Peter, BEE<br />

118 EU-Düngeprodukt-Verordnung<br />

Prinzipien für die CE-Kennzeichnung<br />

festgelegt<br />

Von Dipl.-Ing. Mathias Hartel<br />

120 TRAS 120 den Betreibern nicht<br />

„überstülpen“!<br />

Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Manuel Maciejczyk<br />

RECHT<br />

124 Flexibilisierung von Satelliten-Standorten<br />

und Biomethan-BHKW<br />

Von Dr. Hartwig von Bredow<br />

und Burkhard Hoffmann<br />

128 Schiedsspruch zum Flex-Zubau bei<br />

Satelliten-BHKW und Votum zur Aufspaltung<br />

einer Anlage veröffentlicht<br />

Von Elena Richter<br />

130 Impressum<br />

5


AKTUELLES<br />

BIOGAS JOURNAL | 6_<strong>2019</strong><br />

Modell einer Strohauktion<br />

entwickeln<br />

FOTO: ADOBE STOCK_ZHAO JIANKANG<br />

Ende August fand im nordrhein-westfälischen Heiden bereits zum vierten Mal die sogenannte<br />

Strohtagung statt. Dabei ging es nicht ausschließlich um diesen Reststoff als<br />

Energiequelle. In zwei Highlight-Vorträgen ging es beispielsweise um die Spurenelementversorgung<br />

mit Nickel und Wolfram sowie um die Optimierung von Membranen in der<br />

Ultrafiltration.<br />

Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Mit der Frage, ob die Einführung einer<br />

Strohmarktplattform in Deutschland<br />

sinnvoll ist, beschäftigen sich Anja Mertens<br />

und Alexandra Pfeiffer vom Deutschen<br />

Biomasseforschungszentrum<br />

(DBFZ) in Leipzig. Dabei schauen sie auch auf andere<br />

Länder, wie zum Beispiel Dänemark, und untersuchen<br />

die Frage, ob deren Marktmodell auf Deutschland übertragbar<br />

ist. In dem skandinavischen Land wird Stroh<br />

seit Mitte der 1980er Jahre in großen Mengen als<br />

Energieressource genutzt. „Für die Strohbeschaffung<br />

für große Strohkraftwerke wurde Anfang der 2000er<br />

Jahre ein Strohauktionsmodell eingeführt“, berichtete<br />

Mertens.<br />

Das dänische Strohauktionsmodell sei eine modifizierte<br />

Version des bekannten Beschaffungsinstruments<br />

„Electronic Reverse Auction“ (eRA). Dabei handele es<br />

sich um eine Methode des strategischen Einkaufs, der<br />

in den 1990er Jahren in den USA entwickelt wurde.<br />

Die Auktion sei internetbasiert und beschaffungsseitig<br />

initiiert. Sie findet in Echtzeit statt. „Im dänischen<br />

Auktionsmodell definiert der Käufer die Qualitätsanforderungen<br />

in der eRA. Die Lieferanten reagieren auf eine<br />

Ausschreibung und bieten das Produkt Stroh zu einem<br />

möglichst niedrigen Preis an. Dabei fällt der Preis im<br />

Laufe der Auktion. In der Theorie schafft dies eine neutrale,<br />

anonymisierte und distanzierte Beziehung zwischen<br />

Käufer und Verkäufer“, verdeutlichte Mertens.<br />

Der Strohmarkt in Deutschland sei eine Nische und<br />

eher regional definiert sowie durch schwankende<br />

Marktpreise gekennzeichnet. Pfeiffer: „Basierend<br />

auf den gewonnenen Daten in Deutschland würde die<br />

Mehrheit der wirtschaftlichen Akteure mit einem hohen<br />

Strohbedarf ein zentralisiertes anstatt eines dezentralen<br />

Einkaufsmodells bevorzugen. Darüber hinaus wünschen<br />

sich die Shareholder, dass ein Auktionsmodell<br />

von einem unabhängigen Dritten verwaltet wird, wie<br />

zum Beispiel einem Handelsverband.“ Das ermögliche<br />

einer breiteren Vielfalt an Käufern und Verkäufern den<br />

Zugang zum Strohmarkt.<br />

Fazit der beiden Wissenschaftlerinnen: Eine direkte<br />

Übertragung des dänischen Auktionsmodells auf<br />

Deutschland ist nicht möglich. Jedoch könne ein<br />

geeignetes Auktionsmodell den zugrundeliegenden<br />

18


BIOGAS JOURNAL | 6_<strong>2019</strong><br />

AKTUELLES<br />

„Spurenelemente, die nicht komplexiert<br />

sind, können leicht als homöopathische<br />

Dosen im Fermenter verbleiben“<br />

Mechanismus eines zentralisierten eRA nutzen. Sie<br />

empfehlen, in einem nächsten Schritt ausgewählte<br />

Strohkäufer und -verkäufer in einer Modellregion in<br />

Deutschland einzubinden, um eine Beta-Version eines<br />

zentralen Auktionsmodells zu entwicklen.<br />

„Wer Biogas nicht erzeugt, der handelt ökologisch fahrlässig“,<br />

sagte Prof. Dr. Paul Scherer von der Hochschule<br />

für Angewandte Wissenschaften in Hamburg zu Beginn<br />

seines Vortrages. Er referierte auf der Tagung über die<br />

Dosierung von Spurenelementen wie Nickel und Wolfram<br />

in Gärprozessen. „Spurenelemente, die nicht komplexiert<br />

sind, können leicht als homöopathische Dosen<br />

im Fermenter verbleiben, da sie ausgefällt werden und<br />

Mikroorganismen nur die gelösten, aktiven Ionen aufnehmen<br />

können“, betonte der Wissenschaftler.<br />

Zur Ermittlung des Spurenelementbedarfs werde in der<br />

Regel der gesamte Inhalt einer Substratprobe per Säureaufschluss<br />

analysiert. Egal, ob es bioverfügbare oder<br />

gebundene Ionen sind, sodass diese meist limitiert<br />

oder gar nicht verfügbar sind. Das neue sowohl im Labor<br />

als auch im Großmaßstab getestete Konzept ergebe<br />

per Direktanalysen der gelösten und damit bioverfügbaren<br />

Ionen ein sofortiges Bild über die für die Mikroorganismen<br />

bioverfügbare, aktive Ionenkonzentration.<br />

Als Messinstrument kann grundsätzlich eine hochauflösende<br />

Variante der gängigen Spektroskopie mit induktiv<br />

gekoppeltem Plasma und Massenspektrometer<br />

(ICP-MS-Analytik) sowie die an der HAW adaptierte<br />

Röntgen-Fluoreszenz-Spektroskopie (TXRF) zum Einsatz<br />

kommen. In den über drei Jahre laufenden Konti-<br />

Laborreaktoren mit Stroh stellten Scherer und Doktorand<br />

Sebastian Antonczyk fest, dass sehr niedrige, sich<br />

an der Nachweisgrenze befindende Nickelmengen (< 1<br />

Mikrogramm/L) in Abhängigkeit von der Verweilzeit und<br />

der organischen Raumbelastung mit bis zu 6.000 Milligramm<br />

pro Liter hohe organische Fettsäurewerte einstellten.<br />

Die sukzessive Zugabe von Nickel reduzierte<br />

laut Scherer die Fettsäuren nicht. Erst eine zusätzliche<br />

Wolframzugabe im gleichen Konzentrationsbereich wie<br />

Nickel habe eine drastische Abnahme der Fettsäuren<br />

und eine drastische Zunahme der Zellzahlen für Methanbildner<br />

bewirkt.<br />

Die Zuführung von Spurenelementen und die Direktanalyse<br />

der gelösten Ionen wurden ferner in einer konventionellen<br />

Hofbiogasanlage in Seth (Biogas Seth GmbH<br />

& Co.KG, Schleswig-Holstein) mit einer installierten<br />

elektrischen Leistung von 190 Kilowatt mit drei par-<br />

Prof. Dr. Paul Scherer<br />

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19


AKTUELLES<br />

BIOGAS JOURNAL | 6_<strong>2019</strong><br />

allel betriebenen Fermentern im Rahmen eines FNRgeförderten<br />

Forschungsprojektes über drei Jahre mittels<br />

TXRF an der HAW erfolgreich überwacht (FNR-FKZ<br />

22011710). Im 115 m³ Testfermenter wurde im laufenden<br />

Betrieb die Temperatur ohne Leistungseinbußen<br />

bis auf 59 Grad Celsius (Optimum 56 bis 57 °C) erhöht.<br />

Gleichzeitig wurde eine Pasteurisierung des Inputmaterials<br />

und sogar eine Trocknung der Gärreste erreicht.<br />

Extrem kurze Verweilzeiten von 11,5 Tagen und eine<br />

extrem hohe Raumbelastung von 14 Kilogramm organische<br />

Trockensubstanz pro Kubikmeter Fermentervolumen<br />

und Tag konnten im Dauerbetrieb bei voller<br />

Leistung realisiert werden. Es wurden jede Woche die<br />

kurzkettigen Fettsäuren quantifiziert, die immer wieder<br />

in Richtung 4.000 bis 7.000 Milligramm pro Liter<br />

pendelten. Der 115 Kubikmeter Referenzfermenter<br />

wurde mit 53 Grad Celsius gefahren. Bei der Futterzusammensetzung<br />

von 70 Prozent Gülle sowie 30 Prozent<br />

Mais- und Grassilage wurde für gelöstes Nickel die<br />

Schwellenkonzentration im Bereich von 0,05 bis 0,1<br />

Milligramm pro Liter ermittelt.<br />

Nickel senkt Fettsäurekonzentration<br />

„Da über die Milchviehfütterung kein Nickel (da im<br />

Futter nicht enthalten, weil nicht zugelassen) über den<br />

Verdauungstrakt in die Gülle gelangen konnte, war dieses<br />

Spurenelement im Gärsubstrat auch nur schwach<br />

vorhanden. Aufgrund der Zugabe von Nickel ging die<br />

Fettsäurekonzentration wegen der kurzen Verweilzeit<br />

bereits innerhalb einer Woche nachhaltig zurück“, erklärte<br />

Scherer.<br />

Der Zusatz von Wolfram mag, nach Scherers Worten,<br />

überraschen, da die meisten Biogasanlagen bei Raumbelastungen<br />

von 3 bis 5 gefahren werden. Bei diesen<br />

Belastungen und bei mesophil (bis 41 °C) etabliert sich<br />

eine völlig andere Methanflora mit Acetatverwertung,<br />

die kein Wolfram benötigt. Bei höheren Raumbelastungen<br />

und thermophil müssen H 2<br />

-CO 2<br />

-verwertende<br />

Methanbildner das CO 2<br />

erst durch ein Wolfram-Molybdänenzym<br />

in Ameisensäure einbinden und benötigen<br />

daher dieses Spurenelement.<br />

Die Kontifermentation von Stroh im Laborfermenter<br />

mit einer praxisnahen Mischkultur habe zum ersten<br />

Mal offenbart, dass eine hohe Beladungsrate für eine<br />

mesophile als auch eine thermophile Betriebsweise<br />

gelöste Wolframionen von >100 Mikrogramm pro Liter<br />

erfordere, ebenso wie >100 Mikrogramm pro Liter gelöste<br />

Nickelionen, wenn die Fettsäuren sinnvollerweise<br />


Titelthema: Innovationen<br />

PRAXIS / TITEL<br />

BIOGAS JOURNAL | 6_<strong>2019</strong><br />

Problemlöser für Nährstoffüberschüsse<br />

FOTOS: WELTEC-BIOPOWER GMBH<br />

Nebeneinander aufgereiht,<br />

von links: unbehandelte<br />

Schweinegülle,<br />

abgetrennte Feststoffe,<br />

Filtrat nach dem Siebband<br />

und schließlich<br />

klares Wasser, das nach<br />

der letzten Reinigungsstufe,<br />

der Umkehrosmose,<br />

entsteht und in<br />

den Vorfluter eingeleitet<br />

werden darf.<br />

Die stationäre Wirtschaftsdüngeraufbereitung kann unter bestimmten Voraussetzungen<br />

ökonomisch eine interessante Alternative zum Transport von unbehandeltem Dünger sein.<br />

Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

In Ysselsteyn, nur wenige Kilometer nordwestlich<br />

von Venlo (Niederlande) wurde 2016 auf der „grünen<br />

Wiese“ eine Anlage zur Komplettaufbereitung<br />

von Wirtschaftsdünger errichtet. Eine Kooperation<br />

von Landwirten, die unter dem Namen Merensteyn<br />

B.V. firmiert, hat dort in die Errichtung einer sogenannten<br />

„Kumac-Anlage“ investiert. Geliefert hat die Anlage<br />

die deutsche Weltec-Biopower GmbH aus Vechta,<br />

die auch als Hersteller von Biogasanlagen bekannt ist.<br />

„Entwickelt wurde diese Art der Wirtschaftsdünger-<br />

Aufbereitung in 2007 von einem ehemaligen Mitarbeiter<br />

unserer Muttergesellschaft WEDA Dammann & Westerkamp<br />

GmbH. Ende 2016 hat Weltec-Biopower die<br />

Lizenz übernommen und baut und vertreibt seitdem die<br />

Kumac-Anlagen“, erläutert Produktmanager Thomas<br />

Sextro. Der Entwickler betreut inzwischen die Anlagen<br />

in den Niederlanden. Insgesamt sind dort zwölf Kumac-<br />

Anlagen in Betrieb, eine davon auf einer Biogasanlage.<br />

In Belgien sind es drei, wovon zwei an Biogasanlagen<br />

Gärdünger aufbereiten.<br />

„Hier in Ysselsteyn wird nur Schweinegülle verarbeitet.<br />

An zwei Tagen pro Woche darf der Standort nicht beliefert<br />

oder Dünger abgeholt werden, da sich in der Nachbarschaft<br />

ein Pilzzuchtbetrieb befindet. Die komplette<br />

Güllelogistik wird per Lkw erledigt“, erklärt Sextro. Die<br />

anliefernden Tankwagen werden gewogen und pumpen<br />

anschließend in eines der drei gasdicht verschlossenen<br />

Erdbecken, die als aufnehmende Lagerbehältnisse fungieren.<br />

Ein runder Lagerbehälter dient als Speicher für<br />

das flüssige Düngerkonzentrat.<br />

180.000 Tonnen Schweinegülle pro Jahr mit einem<br />

durchschnittlichen Trockensubstanzgehalt von 6 Prozent<br />

verarbeitet die Kumac-Anlage an dem Standort.<br />

Übrig bleiben 55 Prozent reines Wasser, dass in einen<br />

Graben eingeleitet wird. Außerdem produziert die Anlagen<br />

aus der Ausgangsmenge einen Anteil von 25 Prozent<br />

an Feststoffen und etwa 20 Prozent an flüssigem<br />

Nährstoffkonzentrat. Ab 70.000 Tonnen Jahresdurchsatzmenge<br />

lohnt sich eine Kumac-Linie.<br />

Funktionsweise<br />

Und so funktioniert es: Die Schweinegülle wird aus den<br />

Erdbecken über einen sogenannten Mazerator, der zur<br />

Zerkleinerung des Materials und zur Störstoffabtrennung<br />

dient, in einen 25 Kubikmeter fassenden Mischbehälter<br />

in der Technikhalle (20 x 45 Meter) gepumpt.<br />

In diesem Mischbehälter werden Schwefelsäure und<br />

Eisensulfat in einer bestimmten Menge in die Schweinegülle<br />

eindosiert. Mit der Schwefelsäure wird der pH-<br />

Wert eingestellt und mit dem Eisensulfat der Phosphor<br />

ausgefällt. Von der fertigen Mischung werden in regelmäßigen<br />

Intervallen die Turmmischer vor den Siebbandpressen<br />

befüllt. In das Substrat im Turmmischer<br />

wird ein Flockungsmittel (Polymer) dosiert. Das Polymer<br />

wird als Pulver angeliefert. Auf der Anlage wird es<br />

mit Prozesswasser verflüssigt. „Durch die Zugabe des<br />

Polymers flocken die feinsten Bestandteile und lassen<br />

sich so leichter von der Flüssigkeit abscheiden. Ein alternatives<br />

Flockungsmittel auf Kartoffelstärkebasis haben<br />

wir erfolgreich getestet. Jedoch ist dessen Einsatz<br />

derzeit wirtschaftlich leider noch nicht darstellbar“,<br />

macht Sextro aufmerksam. Die fertige Mixtur verlässt<br />

die Turmmischer und gelangt auf die Siebbandpressen,<br />

wo ihr die Flüssigkeit entzogen wird. Die beiden<br />

46


BIOGAS JOURNAL | 6_<strong>2019</strong><br />

PRAXIS / TITEL<br />

Thomas Sextro, Produktmanager<br />

bei der Weltec-Biopower GmbH,<br />

vor einer von drei Umkehrosmoseanlagen.<br />

FOTO: MARTIN BENSMANN<br />

umlaufenden Siebbänder werden<br />

über Rollen und Walzen<br />

geführt. Das Substrat wird zwischen<br />

den beiden Bändern, die<br />

flüssigkeitsdurchlässig sind,<br />

eingeschlossen. Während der<br />

Führung über die Walzen und<br />

Rollen nimmt der Druck auf die<br />

Siebbänder stetig zu, was die<br />

Entwässerung erhöht. Die Siebbänder<br />

werden an einer Stelle<br />

regelmäßig mit Prozesswasser<br />

gespült. Das Filtrat wird unter<br />

der Presse in einer offenen Bodenwanne<br />

aufgefangen.<br />

Hygienisierung des Feststoffs<br />

Der Feststoff verlässt mit etwa 30 Prozent TS-Gehalt an einem<br />

Ende die Presse. Er wird thermisch per Strahlungswärme mittels<br />

Infrarotstrahlern in offenen Förderschneckenwannen behandelt,<br />

dabei hygienisiert und anschließend dem Lagerraum zugeführt.<br />

Pro Stunde kann jede Siebbandpresse etwa 12,5 Kubikmeter<br />

Schweinegülle entwässern. Die Standzeit der Siebbänder gibt<br />

Sextro mit einem Jahr an. Zweite Reinigungsstufe nach den Siebbandpressen<br />

ist das Flotationsbecken. Es wird gespeist mit dem<br />

Filtrat aus den offenen Bodenwannen.<br />

„Das Filtrat wird in das Flotationsbecken gepumpt. Das Prozesswasser<br />

wird mit Druckluft versetzt und anschließend von unten in<br />

das Flotationsbecken eingebracht. Durch die Entspannung steigen<br />

Luftbläschen auf, an denen sich Schwebeteilchen anlagern, die an<br />

der Oberfläche mit einem kontinuierlich laufenden Schiebesystem<br />

abgetragen werden können. Schwimm- und Sinkschichten werden<br />

in den Mischbehälter gepumpt. Am Ende der Flotationsstufe<br />

nimmt ein Speichertank das Filtrat aus dieser Reinigungsstufe<br />

auf“, beschreibt Sextro das Verfahren weiter.<br />

Die dritte Reinigungsstufe stellt ein Papierbandfilter dar, wovon<br />

hier vier parallel in Betrieb sind. Die Filter arbeiten vollautomatisch<br />

mit Durchflussmessung. Sie reinigen das Filtrat, das die<br />

Flotationsstufe verlässt. Das Filterband ist zu einer Rolle aufgerollt,<br />

die an einer Seite des Geräts eingesetzt ist. Es wird von dort<br />

durch das Gerät durchgeführt und nimmt dabei feinste Partikel<br />

aus dem Filtrat auf. Am anderen Ende des Papierbandfilters wird<br />

der beaufschlagte Papierfilter aufgerollt. Je nach Beschaffenheit<br />

des Filtrats reicht eine Papierrolle für acht bis zehn Tage. Es ist der<br />

einzige Abfallstoff, der anfällt.<br />

Viel Phosphor und Stickstoff im Feststoff<br />

Als letzter Verfahrensschritt folgt die dreistufige Umkehrosmose<br />

mit sich anschließendem Ionentauscher. „In der ersten Stufe der<br />

Umkehrosmose gewinnen wir das Nährstoffkonzentrat. Alles was<br />

in der zweiten und dritten Stufe abgetrennt wird, führen wir noch<br />

einmal der ersten Stufe zur Behandlung zu. Nahezu 100 Prozent<br />

der Phosphors befindet sich im Feststoff. Das Nährstoffkonzentrat<br />

47


PRAXIS / TITEL<br />

BIOGAS JOURNAL | 6_<strong>2019</strong><br />

Blick auf die beiden Siebbandpressen.<br />

Davor stehen die blauen Turmmischer.<br />

Siebbandpresse in der Seitenansicht. Sehr gut sind die Rollen und Walzen<br />

zu sehen, über die die beiden Bänder geführt werden. Dabei wird der Dung<br />

mit steigendem Druck entwässert. In der Wanne unter der Presse sammelt<br />

sich die abgepresste Flüssigkeit.<br />

Am Ende der beiden Siebbandpressen<br />

wird der Feststoff ausgetragen.<br />

Zweite Reinigungsstufe nach den Siebbandpressen<br />

ist das Flotationsbecken.<br />

Es wird gespeist mit dem Filtrat aus den<br />

offenen Bodenwannen.<br />

Vier solcher Papierfilteranlagen kommen auf<br />

der Anlage in Ysselsteyn zum Einsatz.<br />

Die Umkehrosmose arbeitet dreistufig. Hiervon<br />

sind insgesamt drei in Betrieb.<br />

Die getrockneten und hygienisierten Feststoffe<br />

werden in einer Halle bis zum Abtransport gelagert.<br />

ist somit frei von Phosphor. Und 70 Prozent<br />

des Stickstoffs sind ebenfalls im Feststoff<br />

gebunden“, betont Sexto. Die Membranen<br />

in der Umkehrosmose müssen nach einem<br />

Jahr Betriebseinsatz ausgetauscht werden.<br />

Der Ionentauscher nimmt die klare, gereinigte<br />

Flüssigkeit der Umkehrosmose auf<br />

und entmineralisiert sie sozusagen. In der<br />

Sauberes Wasser wird in die Natur entlassen.<br />

Umkehrosmose und beim Ionentauscher<br />

finden mehrere kontinuierliche Leitfähigkeitsmessungen<br />

statt, um die Reinheit<br />

des abzuscheidenden klaren Wassers gewährleisten<br />

zu können. Denn es ist ganz<br />

wichtig, dass die Einleitwerte eingehalten<br />

werden. Am Ende bleibt reines Wasser<br />

übrig, das zum Beispiel in den Vorfluter<br />

FOTOS: WELTEC-BIOPOWER GMBH<br />

eingeleitet werden kann. Das gewonnene<br />

Nährstoffkonzentrat verlässt die Anlage als<br />

Flüssigdünger, der in der Landwirtschaft<br />

eingesetzt wird.<br />

Die gesamte Kumac-Anlage wird mit elektrischer<br />

Energie betrieben. Sie hat einen<br />

Strombedarf von 12 Kilowattstunden pro<br />

Kubikmeter. Wärme muss nicht separat bereitgestellt<br />

werden. Die Betriebskosten für<br />

diese Anlage inklusive Polymer, Stromkosten,<br />

Wartung und Instandhaltung gibt Sextro<br />

mit 6 bis 7 Euro pro Kubikmeter an. Am<br />

Wochenende läuft die Anlage auch ohne<br />

Personal. Ein bis eineinhalb Vollzeitarbeitskräfte<br />

seien für diese Anlagengröße einzuplanen.<br />

In Kürze soll auch in Deutschland<br />

die erste Kumac-Anlage in Betrieb gehen.<br />

Autor<br />

Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />

Redakteur Biogas Journal<br />

Fachverband Biogas e.V.<br />

0 54 09/90 69 426<br />

martin.bensmann@biogas.org<br />

48


INTERNATIONAL<br />

BIOGAS JOURNAL | 6_<strong>2019</strong><br />

Den französischen Betreibern Vincent<br />

(links) und Yannick Utard bereitet vor<br />

allem die Verwendung von Maisstroh<br />

immer wieder auch Anlagenprobleme.<br />

FRANKREICH<br />

Biogasbranche in Unruhe<br />

Paris<br />

Frankreich fördert seit einigen Jahren verstärkt den Ausbau Erneuerbarer<br />

Energien. Ein neuer Gesetzentwurf will die ambitionierten<br />

Zielvorgaben nun deutlich nach unten revidieren. Vor allem die<br />

Kosten für Biomethananlagen sollen drastisch sinken.<br />

Von Dipl.-Ing. · Dipl.-Journ. Martina Bräsel<br />

Deutsche Biogasanlagenbauer konzentrieren<br />

sich auf ausländische Märkte und versuchen,<br />

durch die Internationalisierung ihrer<br />

Geschäfte neue Absatzmärkte zu gewinnen.<br />

Vor allem Frankreich ist als Absatzmarkt interessant,<br />

denn La Grande Nation arbeitet forciert am<br />

Ausbau Erneuerbarer Energien. Allerdings gibt es einige<br />

Besonderheiten, die den deutschen Energiemarkt<br />

vom französischen unterscheiden.<br />

Bislang ist im Nachbarland die Energiegewinnung aus<br />

Biogas noch nicht sehr verbreitet. Um das zu ändern,<br />

wurde im Jahr 2015 im Rahmen einer neuen Energiewendegesetzgebung<br />

die Förderung ausgebaut, die<br />

Einspeisevergütung angehoben und ein zusätzliches<br />

Auktionssystem eingeführt. Die seitdem sehr attraktiven<br />

Rahmenbedingungen könnten sich allerdings bald<br />

verschlechtern. Der aktuelle Entwurf der Programmplanung<br />

für Energie (programmation pluriannuelle de<br />

l’énergie, PPE) sorgt für Unruhe in der Branche, denn<br />

drastische Einsparungen sind vorgesehen.<br />

Deutlicher Unterschied beim Energiemix<br />

„Der Stand der Energieversorgung ist in beiden Ländern<br />

sehr unterschiedlich“, erklärt Lena Müller-Lohse.<br />

In Deutschland würde Biogas vor allem für die Stromproduktion<br />

genutzt, in Frankreich hingegen präferiert<br />

zu Biomethan umgewandelt und ins Erdgasnetz eingespeist.<br />

Die DFBEW-Referentin für Bioenergien (siehe<br />

Kasten) erklärt warum: „Der französische Strom<br />

wird vorwiegend aus Atomenergie erzeugt, während in<br />

Deutschland der Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung<br />

nur bei 11,7 Prozent liegt und bis 2022 auf<br />

null sinken soll“, so die Fachfrau.<br />

Im Nachbarland beträgt der Anteil der Kernkraft an der<br />

Stromerzeugung hingegen stattliche 72 Prozent. Im internationalen<br />

Vergleich führte Frankreich 2018 vor der<br />

Slowakei (55 Prozent) die Spitze in diesem Segment<br />

an. Die französische Bruttostromerzeugung belief sich<br />

im Jahr 2017 insgesamt auf etwa 530 Terawattstunden<br />

(TWh), 18,1 Prozent davon wurden aus Erneuerbaren<br />

Energien produziert.<br />

92


BIOGAS JOURNAL | 6_<strong>2019</strong><br />

INTERNATIONAL<br />

Biogasfördertechnik<br />

60m³ Feststoffeintrag<br />

FOTOS: MARTINA BRÄSEL<br />

In Frankreich, wie hier in Scherwiller, wird Biogas zum größten Teil zu Biomethan aufbereitet.<br />

Derzeit liegt der Biomethananteil im Netz bei unter 0,1 Prozent. Vorgesehen war, den französischen<br />

Gaskonsum bis 2030 zu 10 Prozent mit „grünem Gas“ zu decken.<br />

Feststoffeintrag in Edelstahlbauweise,<br />

die neue Schubboden-Generation:<br />

• echte wasserdichte Bodenwanne<br />

• geringer Stromverbrauch<br />

• einfacher Aufbau / geringe Ladehöhe<br />

• für alle stapelbaren Biomassen (bis 100% Mist)<br />

• effi zienter Vorschub bei schwierigen Substraten<br />

• hohe Austragsleistung auch bei Restmengen<br />

• Standardgrößen: 40m³, 60m³, 75m³, 100m³<br />

Die Stromproduktion aus Biogas betrug<br />

knapp 2 TWh. „Das ist ein Anteil von<br />

nicht einmal 0,5 Prozent an der gesamten<br />

Stromproduktion“, so Müller-Lohse.<br />

In Deutschland wurden im gleichen Jahr<br />

rund 650 TWh Strom erzeugt. 33 Prozent<br />

davon stammten aus Erneuerbaren Energien.<br />

Biogas hatte 2017 einen Anteil von 4,5<br />

Prozent an der gesamten Stromproduktion.<br />

Andere Voraussetzungen<br />

Während in Frankreich der Zubau von<br />

Biogasanlagen stetig zunimmt, werden in<br />

Das DFBEW<br />

Das Deutsch-französische Büro für die Energiewende<br />

(DFBEW) wurde 2006 auf Initiative der Regierungen<br />

beider Länder gegründet. Die Aufgabe<br />

der unabhängigen Informationsplattform ist,<br />

den Informationsfluss zwischen den Stakeholdern<br />

der Energiewende zu vereinfachen und zu<br />

intensivieren.<br />

Es gibt jeweils ein Büro in Berlin und Paris. Die<br />

Arbeit des 14-köpfigen Teams wird zur einen<br />

Hälfte aus öffentlichen Geldern und zum anderen<br />

aus Mitgliedsbeiträgen bezahlt. Zu den rund 200<br />

Mitgliedern zählen zum Beispiel Projektentwickler,<br />

Anlagenhersteller, Gutachterbüros, Direktvermarkter,<br />

Energieversorger, Netzbetreiber, Banken<br />

und Forschungseinrichtungen.<br />

Deutschland kaum Neuanlagen installiert.<br />

Der Fokus liegt vielmehr auf dem Leistungszubau<br />

bestehender Anlagen, mithilfe<br />

dessen Biogasanlagen flexibel genutzt<br />

werden können. Biogasanlagen werden<br />

in Deutschland bereits seit rund 30 Jahren<br />

gebaut. Ende 2018 gab es insgesamt<br />

mehr als 9.400 von ihnen im Land. Die<br />

gesamte elektrische Leistung der meist<br />

landwirtschaftlichen Anlagen beträgt mehr<br />

als 4.900 Megawatt installierte elektrische<br />

Leistung (MW el<br />

).<br />

Dies entspricht einem Anstieg der installierten<br />

elektrischen Leistung um 403 MW<br />

im Vergleich zum Vorjahr. Sieben Anlagen<br />

gingen 2018 vom Netz. Gerade einmal 113<br />

Biogasanlagen wurden im vergangenen Jahr<br />

in Deutschland gebaut. Zu Spitzenzeiten<br />

waren es deutlich mehr, 2011 entstanden<br />

über 1.500 Neuanlagen. Der Fachverband<br />

Biogas geht von einem weiteren Rückgang<br />

des Neubaus um 20 Prozent aus.<br />

Ende 2017 waren bei unserem französischen<br />

Nachbarn rund 600 Biogasanlagen<br />

installiert, bis zum Jahr 2020 sollen<br />

es 1.000 Anlagen werden. „Französische<br />

Biogasanlagen teilen sich in drei Kategorien<br />

auf: Methanisierungs-, Hausmüllverwertungs-<br />

und Klärgasanlagen“, erklärt<br />

die Referentin. Rund 70 Prozent von ihnen<br />

seien Methanisierungsanlagen. Ab<br />

einer installierten Leistung von über 300<br />

Kilowatt müssten die Anlagen in der Regel<br />

Biomethan erzeugen und anschließend in<br />

93<br />

FSE Pico<br />

Den Pico bieten wir in den Größen<br />

12m³ bis 16m³ an.<br />

Er verfügt über eine Austragsschnecke, zwei Auflockerungsschnecken<br />

und überzeugt damit durch<br />

die gering benötigte Gesamtantriebskraft von nur<br />

11,5 KW.<br />

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Dieses reduziert die Bildung von Schwimm- und<br />

Sinkschichten im Fermenter. Selbst schwierige<br />

Feststoffe wie Putenkot, Rindermist und langfaserige<br />

Stoffe sind für die MaCBox kein Problem.<br />

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INTERNATIONAL<br />

BIOGAS JOURNAL | 6_<strong>2019</strong><br />

Das Potenzial für die Biomethanerzeugung ist in Frankreich wegen der zahlreichen biologischen Abfallstoffe<br />

sehr hoch. Mit einem Gesamtwert der landwirtschaftlichen Produktion von 72,6 Milliarden Euro (2017) ist<br />

La Grande Nation der größte Agrarproduzent der EU.<br />

das Erdgasnetz einspeisen. „Daher ist der Zuwachs im<br />

Bereich der Biomethan-Einspeisung in das Erdgasnetz<br />

wesentlich größer als die Nutzung von Biogas für die<br />

Stromerzeugung“, verdeutlicht die Fachfrau.<br />

Biomethan bevorzugt<br />

In Deutschland wurden 2017 nur drei Biomethan-<br />

Anlagen neu installiert. „Ende 2017 speisten 196<br />

Anlagen insgesamt etwa 9,3 TWh Biomethan in das<br />

Erdgasnetz ein“, weiß die Expertin. Der Anteil am<br />

Erdgasverbrauch liege bei knapp einem Prozent. „Anders<br />

als in Frankreich gibt es in Deutschland keinen<br />

Anspruch auf eine Förderung, wenn Biomethan in das<br />

Gasnetz eingespeist wird“, erklärt Müller Lohse. Stattdessen<br />

müssten Erzeuger dieses<br />

selbst vermarkten. Das Potenzial für<br />

die Biomethanerzeugung ist in unserem<br />

Nachbarland, dank der zahlreichen<br />

biologischen Abfallstoffe,<br />

sehr hoch. Mit einem Gesamtwert<br />

der landwirtschaftlichen Produktion<br />

von 72,6 Milliarden Euro (2017) ist<br />

La Grande Nation der größte Agrarproduzent<br />

der EU. Mit deutlichem<br />

Abstand folgt Deutschland mit einem<br />

Produktionswert von 56,2 Milliarden<br />

Euro.<br />

Die biologischen Abfälle werden bisher<br />

aber nur zu einem Teil genutzt.<br />

Um dies zu ändern, werden als<br />

Substrate hauptsächlich tierische<br />

Exkremente und Abfälle verwendet.<br />

Um die erste Hürde, den Subventionszuschlag,<br />

für den Bau der Anlage<br />

zu meistern, darf der Einsatz<br />

von nachwachsenden Rohstoffen<br />

15 Prozent nicht überschreiten. Der Nachteil ist, dass<br />

faserige Rohstoffe, wie Grassilage und Strohmist, eine<br />

geringere Energieausbeute haben und eine ausgeklügelte,<br />

oft teurere Anlagentechnik verlangen.<br />

„Dies ist mit hohen Kosten verbunden und französische<br />

Banken investieren derzeit noch zögerlich in die<br />

Biogasbranche“, weiß die Referentin. Der Zeitrahmen<br />

der Projektabwicklung würde momentan aufgrund der<br />

Komplexität des Verfahrens zwischen eineinhalb und<br />

sechs Jahren dauern.<br />

Planungsunsicherheiten<br />

„Viele französische Landwirte zeigen Interesse an<br />

einer Biogasanlage“, weiß Simone Besgen von der<br />

94


BIOGAS JOURNAL | 6_<strong>2019</strong><br />

INTERNATIONAL<br />

Firma Rytec. Ein Problem sei<br />

aber die Planungsunsicherheit<br />

bezüglich der Einspeisevergütung,<br />

Genehmigung und Förderung,<br />

die sich ständig ändern<br />

könnten. Das deutsche Unternehmen<br />

ist auf den französischen<br />

Markt ausgerichtet und<br />

vor allem in Lothringen und im<br />

Elsass aktiv. Eine BGA realisierte<br />

die Firma Rytec im Mai<br />

2018 in Scherwiller für die Gesellschaft<br />

„SAS Méthaniseur<br />

de deux Vallées“.<br />

„Es ist nicht klar, wie hoch die<br />

Vergütung in der Zukunft sein<br />

wird“, bestätigt auch Anlagenbetreiber<br />

Bernhard Winterhalter,<br />

Präsident der Gesellschaft,<br />

doch er ist sich sicher: „Die<br />

Landwirte hier sind begeistert<br />

von Biogasanlagen und würden<br />

gerne welche bauen“. Die aktuelle Planungsunsicherheit<br />

beruht vor allem auf der Überarbeitung der zuständigen<br />

Gesetze: „Das französische Energiewendegesetz<br />

dient als Rahmengesetz für die französische Energiewende<br />

und enthält verbindliche Ziele und Vorgaben“,<br />

erklärt Müller-Lohse.<br />

In der mehrjährigen Programmplanung für Energie<br />

(PPE) seien für jede Branche spezifische Ausbauvolumen<br />

festgeschrieben. Weil das französische Energiewendegesetz<br />

alle fünf Jahre eine Überarbeitung<br />

der PPE vorsieht, erschien im Januar <strong>2019</strong> ein neuer<br />

Entwurf. Er will die ambitionierten Zielvorgaben nun<br />

deutlich nach unten revidieren. Vor allem die Kosten<br />

für Biomethananlagen sollen drastisch sinken.<br />

Anders als in Frankreich gibt es in Deutschland keinen Anspruch auf eine Förderung, wenn<br />

Biomethan in das Gasnetz eingespeist wird. Nur wenige Anlagen kommen deshalb jährlich<br />

hinzu. Eine der rund 200 Biomethan-Anlagen gehört zum Bioenergiedorf Müden (Aller).<br />

Ziele reduziert<br />

Das erklärte Ziel war eigentlich, den französischen<br />

Gaskonsum bis 2030 zu 10 Prozent mit „grünem<br />

Gas“ zu decken. „Derzeit liegt der Biomethananteil<br />

im Netz bei unter 0,1 Prozent“, verdeutlicht Müller-<br />

Lohse. Die 2016 verabschiedete PPE hatte als Ziel<br />

für das Jahr 2018 eine Biomethanproduktion in<br />

Höhe von 1,7 TWh vorgesehen. Für das Jahr 2023<br />

sollte eine Steigerung auf 8 TWh erfolgen. „Dieses<br />

zweite Ziel wurde im aktuellen Entwurf der PPE, der<br />

Anfang <strong>2019</strong> veröffentlicht wurde, auf 6 TWh reduziert“,<br />

weiß die Referentin. Die Gesamtleistung der<br />

Biogasanlagen soll laut PPE 2016 im Jahr 2023 mindestens<br />

237 MW betragen. Ende September 2018<br />

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INTERNATIONAL<br />

BIOGAS JOURNAL | 6_<strong>2019</strong><br />

speisten 67 Anlagen Biomethan in das Erdgasnetz<br />

ein. Gemeinsam haben diese Anlagen eine jährliche<br />

Produktionskapazität von 1.048 Gigawattstunden<br />

(GWh). „Es gibt zudem viele Projekte, die nur darauf<br />

warten, zu starten“, so Müller-Lohse. Die Kapazität<br />

der 556 Projekte, die sich zum gleichen Zeitpunkt<br />

in der Warteschleife befanden, belief sich auf mehr<br />

als 12 TWh/Jahr. „Wenn die Produktionskosten nicht<br />

gesenkt werden können, wird das Ziel für 2030 von<br />

10 Prozent laut aktuellem Entwurf auf 7 Prozent abgesenkt“,<br />

betont Müller-Lohse.<br />

In Frankreich werden als Substrate hauptsächlich tierische Exkremente und Abfälle verwendet.<br />

Um die erste Hürde, den Subventionszuschlag, für den Bau der Anlage zu meistern, darf der<br />

Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen 15 Prozent nicht überschreiten.<br />

Biomethanproduktion: Realisierte Erzeugung und Zielsetzung<br />

für 2018 und 2023<br />

Quelle: SDES Darstellung: DFBEW<br />

Drastische Kosteneinsparung vorgesehen<br />

„Die Branche ist in Aufregung, weil eigentlich eine<br />

Erhöhung der Ziele und keine Absenkung erwartet<br />

wurde“, ergänzt die Kennerin der Branche. Die<br />

Förderung sehe zwar noch immer sehr gut aus, die<br />

Kosten für die Biomethan-Produktion müssten zukünftig<br />

aber enorm gesenkt werden. Derzeit würden<br />

die Gestehungskosten bei etwa 100 Euro pro Megawattstunde<br />

liegen. Laut Entwurf soll der maximale<br />

Einspeisetarif bis zum Jahr 2023 auf 87 Euro pro<br />

Megawattstunde (EUR/MWh) und bis 2028 sogar auf<br />

80 EUR/MWh sinken.<br />

„Das Volumen der Ausschreibungsrunden, das bald<br />

ebenfalls für Anlagen, die Biomethan in das Erdgasnetz<br />

einspeisen, eingeführt werden soll, wird dementsprechend<br />

angepasst“, so die Expertin. Gelänge<br />

es, die Kosten zu senken, stünde ein größeres Ausschreibungsvolumen<br />

zur Verfügung als ohne Einsparungen.<br />

„Es wird gerade viel darüber diskutiert, ob<br />

diese drastische Reduzierung überhaupt möglich<br />

ist“, so die Expertin.<br />

Die Kritiker mahnen, dass die Vorteile der Technologie<br />

ebenfalls zu Buche schlagen müssten. So wird<br />

das französische Biogas im Sinne der Kreislaufwirtschaft<br />

ausschließlich aus Reststoffen gewonnen, ist<br />

also auch eine nachhaltige Müllverarbeitung. Auch<br />

die Senkung der Nitratbelastung in den Böden, die<br />

Klimaentlastung und die Verwertung des Gärproduktes<br />

als Dünger blieben bislang unberücksichtigt. Es<br />

bleibt also spannend. Die endgültige Version der<br />

PPE wird voraussichtlich Ende des Jahres veröffentlicht.<br />

Faserige Rohstoffe, wie Grassilage und Mist, haben eine geringere Energieausbeute<br />

und verlangen eine ausgeklügelte, oft teurere Anlagentechnik.<br />

Autorin<br />

Dipl.-Ing. · Dipl.-Journ. Martina Bräsel<br />

Freie Journalistin<br />

Hohlgraben 27 · 71701 Schwieberdingen<br />

0 71 50/9 21 87 72<br />

braesel@mb-saj.de<br />

www.mb-saj.de<br />

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