Sport Business Magazin Herbstausgabe 2019
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Klopp ist ein<br />
Top-Performer<br />
Kommentar von Prof. Dr. Kainz<br />
Wenn ich an Jürgen Klopp denke,<br />
kommen mir nicht nur seine sportlichen<br />
Erfolge in den Sinn. Ich erkenne<br />
in ihm viel mehr als nur einen Fußballtrainer,<br />
der eine klare Spielidee und in<br />
diesem Jahr mit dem FC Liverpool beeindruckend<br />
die Champions League gewonnen<br />
hat. Ich sehe in ihm vor allem eine<br />
starke, moderne Führungskraft.<br />
Denn Klopp weist Kompetenzen auf,<br />
mit denen auch Top-Manager in der<br />
Wirtschaft punkten: ergebnisorientiertes<br />
Handeln, Kommunikationsfähigkeit,<br />
Teamfähigkeit,<br />
und ganzheitliches Denken.<br />
Entscheidungsfähigkeit<br />
Er macht auf mich den Eindruck, als<br />
habe er große Lust und großes Interesse<br />
daran, seine Teammitglieder<br />
zu entwickeln. Junge, erfolgshungrige<br />
Spieler integriert er. Top-Talente formt<br />
er zu Stars.<br />
Dabei erkennt Klopp Potenziale seiner<br />
Teammitglieder genauso wie Stärken<br />
und Schwächen im Team, was ihm<br />
ermöglicht, sein Team stärkenorientiert<br />
auszurichten. Das kann auch Veränderungen<br />
an entscheidenden Polen zur<br />
Folge haben. Bei der Auswahl des Personals<br />
achtet er auf sein Gefühl für die<br />
Menschen. Dies hilft ihm bei der Beurteilung,<br />
ob eine Ergänzung im Sinne des<br />
Teamgefüges und der Teamkultur eher<br />
förderlich oder hinderlich ist.<br />
Klopp ist in all den genannten Punkten<br />
ein Top-Performer. Zudem hat er eine<br />
sehr gute Ausstrahlung und wirkt absolut<br />
authentisch. Das kommt nicht nur<br />
bei seinem Arbeitgeber gut an, sondern<br />
auch in der breiten Öffentlichkeit. Seine<br />
stark ausgeprägte Kommunikationskompetenz<br />
hilft ihm bei der positiven<br />
Außendarstellung enorm.<br />
Top-Manager werden Ihnen berichten:<br />
Echt rüber zu kommen, ist alles andere<br />
als einfach. Viele Entscheider lassen<br />
sich daher im Bereich Kommunikation<br />
coachen. Nur die wenigsten Personen<br />
kommunizieren mit Leichtigkeit. Klopp<br />
ist eine dieser wenigen Personen.<br />
Warum es ihm leicht fällt? Weil er es<br />
geschafft hat, trotz aller Aufmerksamkeit<br />
sich selbst und seinen Grundwerten<br />
treu zu bleiben. Die Basis dafür ist<br />
die Akzeptanz für die Person, die man ist.<br />
So lebt Klopp beispielsweise seine Emotionen,<br />
die ihn schon immer ausgemacht<br />
haben, auf dem Fußballplatz aus. Mittlerweile<br />
wird er dafür von vielen Fußballfans<br />
gefeiert. Es gab Zeiten, in denen er<br />
für seine Art auch kritisiert wurde.<br />
Doch Klopp hat sich nicht verändert<br />
– und genau deshalb auch an Führungsstärke<br />
gewonnen. Klopp ist selbst<br />
für Menschen aus der Ferne einschätzbar<br />
und zum größten Teil berechenbar. Damit<br />
bleibt er nicht zuletzt für sein Team und<br />
die Stakeholder des FC Liverpool glaubwürdig<br />
und verlässlich. Egal, auf welchem<br />
Level man sich in der Unternehmenshierarchie<br />
befindet: Die Wichtigkeit<br />
von Authentizität wird im Berufsleben<br />
oft unterschätzt. Da bildet der professionelle<br />
Fußball keine Ausnahme.<br />
Noch einmal kurz zu Klopps Emotionen:<br />
In der Wissenschaft ist belegt,<br />
dass Gefühle der Führungskraft<br />
ansteckend auf die Mitarbeiter wirken.<br />
Emotionale Führung ist keine Gefühlsduselei.<br />
Sie ist im <strong>Sport</strong> insbesondere<br />
vor einem Spiel förderlich, auf das in besonderer<br />
Weise eingeschwungen werden<br />
soll. Dass Team emotional von der<br />
Coaching-Zone aus mitzunehmen, kann<br />
auch während des Spiels eine positive<br />
Wirkung haben.<br />
Allerdings können Gefühle auch hinderlich<br />
sein, vor allem in krisenbehafteten<br />
Situationen und Konflikten, in<br />
denen man selbst Teil des Systems oder<br />
involviert ist. Und auch wenn klare Analysen<br />
gefordert sind, ist der Ausbruch<br />
von Emotionen eher kontraproduktiv.<br />
Doch Klopp scheint den Schalter perfekt<br />
umlegen zu können. Und dies<br />
führt scheinbar und aktuell auch nachweislich<br />
zum Erfolg.<br />
© IFI<br />
Florian Kainz<br />
Direktor Internationales<br />
Fußball Institut<br />
KOMMENTAR<br />
<strong>Sport</strong> <strong>Business</strong> • <strong>Magazin</strong> für Wirtschaft und <strong>Sport</strong> • 21