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Ausgabe_04_2019

Kundenmagazin der Stadtwerke Erfurt Gruppe, Winterausgabe, Themen in dieser Ausgabe: Mit dem Katerexpress durch den Advent, neu gestaltete Themengärten im egapark, Auf Streife mit dem Polizeichef, Geschenke auf den letzten Drücker, Bücherei Tintenherz, Familienbäcker in Erfurt

Kundenmagazin der Stadtwerke Erfurt Gruppe, Winterausgabe, Themen in dieser Ausgabe: Mit dem Katerexpress durch den Advent, neu gestaltete Themengärten im egapark, Auf Streife mit dem Polizeichef, Geschenke auf den letzten Drücker, Bücherei Tintenherz, Familienbäcker in Erfurt

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Journal<br />

Winter <strong>2019</strong><br />

Das Magazin für unsere Kunden<br />

Zu Besuch<br />

in Valencia<br />

Neue Bahnen<br />

für die EVAG Seite 24<br />

Da blüht<br />

uns was<br />

Neue Themengärten<br />

im egapark Seite 14<br />

Gemütlich<br />

durch den Advent<br />

Mit dem Katerexpress durch die Stadt Seite 29


Inhalt<br />

Rammen, kippen, Ruhe bewahren<br />

Thuringia Bulls School Tour:<br />

Keine Angst vor Inklusion ..................... 8<br />

Keine Lust auf Bahnen zählen<br />

Mit SWIMTAG zur Bädertour starten .... 10<br />

Leidenschaft für Holz und Gestalten<br />

Weihnachtsschau im Felsenkeller........ 12<br />

Paradies für Bücherfreunde<br />

Zu Besuch im „Tintenherz“<br />

auf der Krämerbrücke......................... 18<br />

Geschenke auf den letzten Drücker<br />

Mach es doch einfach selbst –<br />

Schönes zum Fest................................ 22<br />

Sauber feiern in Erfurt<br />

Silvester: Straßenreiniger<br />

im Einsatz............................................30<br />

Auf Streife mit dem Polizeichef<br />

Mit Jürgen Loyen<br />

unterwegs im Revier............................34<br />

Was für ein Theater<br />

Mittendrin: Studio.Box<br />

setzt auf neues Format ........................44<br />

Was ist denn hier passiert?<br />

Wir sehen die Kreuzung Juri-Gagarin-Ring (damals Mao-Tse-Tung-Ring)/<br />

Bahnhofstraße im März 1956. Dort, wo vorher Pflaster war, klafft ein<br />

Loch – bei Straßenbauarbeiten waren Teile der Straße eingebrochen.<br />

Bis 1898 überspannte hier die Augustbrücke die Wilde Gera, dann wurde<br />

das Flussbett zugeschüttet, der Löberring angelegt und das Wasser<br />

in den neuen Flutgraben umgeleitet. 58 Jahre später brach ein Teil der<br />

Brücke ein und sorgte für das auf dem Foto zu sehende Loch. Die Brücke<br />

wurde repariert (statt beseitigt), die Oberfläche verschlossen.<br />

Ihre Stadtwerke im Netz:<br />

www.stadtwerke-erfurt.de<br />

Der Stadtwerke-Blog:<br />

www.swefuererfurt.de<br />

Unsere Facebook-Seite:<br />

www.facebook.com/sweerfurt<br />

Impressum<br />

HERAUSGEBER: SWE Stadtwerke Erfurt GmbH<br />

REDAKTION: Henry Köhlert, Anke Roeder-Eckert,<br />

E-Mail: presse@stadtwerke-erfurt.de, Telefon: 0361 564-1128<br />

BEIRAT: Udo Bauer, Ivo Dierbach, Annett Glase, Anne Griese,<br />

Christine Karpe, Inka Kaufmann, Sabine Lehmann,<br />

Barbara Mörstedt, Hanno Rupp, Anett Schmidt, Anja Kümpfel<br />

REDAKTIONSSCHLUSS: 15.11.<strong>2019</strong><br />

GESTALTUNG: Stefan Waldert, Janet Waldert<br />

TITELBILD: Steve Bauerschmidt<br />

2<br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong> FOTO: STADTARCHIV 3


egapark<br />

egapark<br />

Lichtzauber und<br />

Zauberlichter<br />

Das vierte Mal verzaubert das „Winterleuchten“ den<br />

egapark in ein Winterwunderland. Tausende Lampen<br />

und Lämpchen, Strahler und LED-Lichterketten, Video-<br />

und Audioprojektionen oder Leuchtobjekte sorgen<br />

ab 29. November <strong>2019</strong> für den schönen Schein,<br />

mystische Stimmung und überraschende Entdeckungen<br />

im winterlichen egapark. Aus einem Busch dringt<br />

ein Wispern, an einer Wandfläche zieht eine Videoprojektion<br />

die Besucher in ihren Bann, farbiges Licht<br />

verwandelt Bekanntes geheimnisvoll. Bis 12. Januar<br />

2020 hält der Zauber an. Den Weg durch die winterliche<br />

Lichtausstellung versüßen jahreszeittypische<br />

Speisen und Getränke: Thüringer Bratwurst, Glühwein<br />

& Grog sowie Süßspeisen.<br />

An ausgewählten Wochenenden und Feiertagen im<br />

Ausstellungszeitraum gibt es noch viel mehr zu sehen,<br />

dann können sich die Besucher auf ein buntes<br />

Begleitprogramm freuen.<br />

07.12.<strong>2019</strong> Winterlicher Glühweinspaziergang,<br />

17:30 Uhr, Tickets im Vorverkauf<br />

08.12.<strong>2019</strong> Geschichten in der Winterzeit<br />

„Emil bei den Wikingern“ von Michael Kirchschlager,<br />

Besucherzentrum, 17:30 Uhr und 18:00 Uhr, 6 bis 10<br />

Jahre<br />

14.12.<strong>2019</strong> Winterlicher Glühweinspaziergang<br />

17:30 Uhr, Tickets im Vorverkauf<br />

15.12.<strong>2019</strong> Geschichten in der Winterzeit<br />

„Lesetheater Wolkenzauber“ mit Rolf Barth, 17:30<br />

und 18:30 Uhr, für Kinder von 4 bis 10 Jahren<br />

29.12.<strong>2019</strong> Geschichten in der Winterzeit<br />

„Märchen aus aller Welt“ mit Andreas vom Rothenbarth,<br />

Besucherzentrum, 17:30 Uhr für Mädchen und<br />

18:00 Uhr für Jungen, ab 5 Jahre<br />

01.01.2020 Frau Holle – ein musikalisches Märchen<br />

frech und frei nach Grimm mit Doris Friedmann,<br />

Mainzpavillon, 17:30 Uhr, für Kinder ab 5 Jahre<br />

<strong>04</strong>.01.2020 Winterlicher Glühweinspaziergang<br />

17:30 Uhr, Tickets im Vorverkauf<br />

<strong>04</strong>.01.2020 Ausblicke in den Nachthimmel<br />

Sternwarteturm, 17:30 Uhr<br />

11.01.2020 WinterWonderLand mit einer lebenden<br />

Schneekugel, Feuershows und musikalischem Höhenfeuerwerk,<br />

ab 17:30 Uhr (Feuerwerk: 20:50 Uhr<br />

am Haupteingang)<br />

Öffnungszeiten: So bis Do: 17:00 Uhr bis 20:00 Uhr,<br />

Fr bis Sa: 17:00 Uhr bis 21:00 Uhr. Zugang über den<br />

Besuchershop am Haupteingang. Am 24. und 31. Dezember<br />

ist die Ausstellung geschlossen. Preise: Erwachsene<br />

5 Euro, Kinder (7 bis 16 Jahre) 2 Euro, Kinder<br />

bis 6 Jahre Eintritt frei. Unser Tipp: Während der<br />

Ausstellungszeit ist der egapark-Besuchershop geöffnet.<br />

Hier gibt es vor allem in der Vorweihnachtszeit<br />

schöne Geschenke für Pflanzen- und Gartenfreunde.<br />

FOTO: STEVE BAUERSCHMIDT<br />

4<br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong> 5


SWE FÜR ERFURT<br />

ARENA<br />

Inzwischen erwachsen<br />

Das Erfurter Steigerwaldstadion<br />

Spielen,<br />

passen,<br />

dribbeln<br />

Save the Date<br />

Nicht verpassen: Bald sind wieder Kinderbuchtage.<br />

Vom 6. bis 22. März 2020 verwandelt sich Erfurt in<br />

eine fantastische Welt mit spannenden Geschichten<br />

für große und kleine Kinder.<br />

Wir setzen auf Sportförderung – vom Nachwuchs bis zum Profi. Im Volleyball, Radsport, Fußball und Basketball<br />

ermöglichen wir talentierten Kindern und Jugendlichen optimale Trainingsbedingungen. Unsere Partner<br />

sind das SWE Volley-Team, die Basketball Löwen Erfurt, der RSC Turbine Erfurt e. V. und das Nachwuchsleistungszentrum<br />

des FC RWE. Alle haben mal klein angefangen. Schauen Sie doch mal bei den Heimspielen in der Riethsporthalle<br />

vorbei, schnuppern Sie Atmosphäre, egal, ob bei den Punktspielen von Schwarz-Weiss Erfurt, unserer<br />

Top-Frauenmannschaft im Volleyball, die in diesem Jahr schon zum vierten Mal im Oberhaus der Liga antrat, oder<br />

bei den Basketball Löwen Erfurt, die mit einem kleinen, aber feinen Team in der 2. Basketball Bundesliga ProB spielen.<br />

Schwarz-Weiss Erfurt<br />

14.12.19, 18:00 Uhr<br />

gegen<br />

Ladies in Black Aachen<br />

25.01.20, 18:00 Uhr<br />

gegen<br />

SSC Palmberg Schwerin<br />

01.02.20, 18:00 Uhr<br />

gegen Dresdner SC<br />

22.02.20, 18:00 Uhr<br />

gegen VC Wiesbaden<br />

29.02.20, 18:00 Uhr<br />

gegen<br />

Allianz MTV Stuttgart<br />

14.03.20, 18:00 Uhr<br />

gegen<br />

VfB Suhl LOTTO Thüringen<br />

Basketball Löwen Erfurt<br />

08.12.19, 16:00 Uhr<br />

gegen FC Bayern II<br />

21.12.19, 18:00 Uhr<br />

gegen Depant<br />

GIESSEN 46ers Rackelos<br />

18.01.20, 18:00 Uhr<br />

gegen<br />

TG s.Oliver Würzburg<br />

26.01.20, 16:00 Uhr<br />

gegen EBBECKE<br />

WHITE WINGS Hanau<br />

08.02.20, 18:00 Uhr<br />

gegen BBC Coburg<br />

16.02.20, 16:00 Uhr<br />

gegen MORGENSTERN BIS<br />

Baskets Speyer<br />

FOTOS: ANDREAS HULTSCH (VOLLEYBALL), SUSANN NÜRNBERGER FOTO: STEVE BAUERSCHMIDT<br />

FOTOS: STEVE BAUERCHMIDT, PAUL PHILIPP BRAUN<br />

Die grandiose<br />

Weltraumshow<br />

mit Alexander<br />

Gerst vom<br />

Deutschen<br />

Zentrum für<br />

Luft- und Raumfahrt<br />

war ein<br />

voller Erfolg.<br />

Wer hätte bei den anfänglichen Geburtswehen gedacht,<br />

wie erfolgreich die Arena inzwischen arbeitet – und wie<br />

stolz die Erfurter auf diese Anlage im Süden der Stadt sind.<br />

Von Anfang an dabei: Christian Fothe, Prokurist im Steigerwaldstadion.<br />

Fothe: „Seit der Eröffnung hatten wir 422<br />

Veranstaltungen und liegen damit über unseren Planungen!<br />

Wir sind Spielstätte<br />

vom FC Rot-Weiß Erfurt<br />

und Heimat der<br />

Leichtathletik. Wir sind<br />

Tagungsstätte und haben<br />

viele wiederkehrende<br />

Veranstaltungen<br />

– den Wirtschaftskongress<br />

erwicon, Thüringer<br />

Hochzeitsopening,<br />

Wirtschaftspreisverleihung<br />

der IHK, Thüringen<br />

Gala, Thüringer<br />

Immobilientage, Thüringer<br />

Buchtage, Außenwirtschaftstag<br />

der<br />

Landesentwicklungsgesellschaft<br />

Thüringen. Wir sind ein Wirtschaftsfaktor, der<br />

Erfurt überregional noch bekannter macht.“<br />

Das ist aber noch nicht alles: „Das Steigerwaldstadion ist<br />

eine der Hauptspielstätten der Jugendserie ,Schloss Einstein‘<br />

– eine bessere Werbung für Erfurt kann es kaum geben!“<br />

Auch wenn sich das Geschäft mit den Open Air-Veranstaltungen<br />

langsamer entwickelt als gedacht, so lockte<br />

Herbert Grönemeyer bei seinen beiden Gastspielen 2016<br />

und <strong>2019</strong> rund 50.000 Besucher ins Oval des Stadions.<br />

Die bisherigen Höhepunkte im Stadion? Fothe: „Dazu<br />

gehört das Eröffnungsspiel gegen Borussia Dortmund, die<br />

Deutschen Meisterschaften der Leichtathletik, die Länder-<br />

spiele der DFB-Damen gegen Kanada und Spanien, die unvergleichliche<br />

Raumfahrtshow mit Alexander Gerst.“ Dass<br />

das Steigerwaldstadion mehr ist als nur ein Stadion, beweisen<br />

die vielen Veranstaltungen. Allein im Parksaal finden<br />

bis zu 2.000 Personen Platz. Christian Fothe: „Wir hatten die<br />

Thüringer Bachwochen zu Gast, das Sparkassen-Forum mit<br />

Eckardt von Hirschhausen,<br />

die große Erfurter<br />

Kampfsportnacht ‚Welcome<br />

to the East‘ und<br />

die Thüringer Meisterschaften<br />

der Friseure.<br />

Jazz der Extraklasse<br />

gab es dieser Tage mit<br />

Herbie Hancock. 2020<br />

Jahr findet wieder ein<br />

Spiel der Erfurt Indigos<br />

im Stadion statt.“<br />

Damit nicht genug:<br />

„Im Parksaal wurde der<br />

Deutsche Ärztetag feierlich<br />

eröffnet, war die<br />

Erfurter Herbstlese zu<br />

Gast, feierte der AKC (Anger Karneval Club) seine Tanzgala<br />

und traf sich der Ostkonvent der SPD Deutschland. Das<br />

Steigerwaldstadion ist mittlerweile ein Erfolg und darauf<br />

können die Erfurter stolz sein.“<br />

Ein Partner der Arena war so wie Christian Fothe von Anfang<br />

an dabei – der FC Rot-Weiß Erfurt. Fothe: „Es war keine<br />

einfache Zeit, aber wir standen immer an der Seite des<br />

Vereins. Jetzt sind alle Signale auf einen positiven Neustart<br />

gestellt und wir drücken diesem Traditionsverein alle Daumen.<br />

Denn auch wir sind stolz – darauf, dass der FC Rot-<br />

Weiß Erfurt hier bei uns seine Heimat hat!<br />

<br />

TEXT: HENRY KÖHLERT<br />

Umfrage: Gefällt Ihnen unser Journal?<br />

3<br />

Restaurant-<br />

Gutscheine für<br />

„Caponniere“<br />

Seit diesem Jahr verteilen wir das SWE Journal an alle Erfurter Haushalte – das ist unser erklärtes Ziel.<br />

Viermal im Jahr liegt es in Ihrem Briefkasten. Aber klappt das auch? Und was sagen Sie zum Inhalt?<br />

Wie gefällt Ihnen unsere Mischung aus Reportagen und Geschichten über die Stadt Erfurt und ihre<br />

Menschen? Wie finden Sie unsere Themen rund um die Stadtwerke Erfurt? Was können wir besser<br />

machen? Was würden Sie gern in unserem Magazin lesen? Schenken Sie uns fünf Minuten Ihrer<br />

Zeit und machen Sie bei unserer Befragung mit.<br />

Unter allen Teilnehmern verlosen wir drei Restaurantgutscheine für die<br />

„Caponniere“ im egapark Erfurt im Wert von jeweils 50,00 Euro. Teilnahmeschluss<br />

ist der 20. Januar 2020. Einfach den QR-Code scannen. Aber auch<br />

per www.stadtwerke-erfurt.de/swejournal ist die Teilnahme möglich.<br />

6<br />

Wir sagen Danke!<br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

7


21x1000<br />

Rammen, kippen, Ruhe<br />

bewahren<br />

TEXT: ANKE ROEDER-ECKERT<br />

FOTOS: STEVE BAUERSCHMIDT<br />

RSB Thuringia Bulls School Tour setzt auf Inklusion zum Anfassen<br />

weils anderthalb Stunden probieren die Kids der 5. bis 10.<br />

Klassen es aus. Die Idee, die Bulls in die Geraaue zu holen,<br />

hatte Cornelia Schneider. Die Lehrerin für Deutsch und<br />

Englisch trainiert regelmäßig im Fitness-Studio des Reha-<br />

Sport-Bildung e. V. Elxleben, der Heimstatt des hochkarätigen<br />

Sportvereins. Währenddessen treibt Sven Baum die<br />

Schüler an. „Ihr müsst den Rollstuhl kippen können, auf<br />

zwei Rädern fahren“, sagt er. „Wieso das denn?“, fragt ein<br />

vorwitziger Siebtklässler. „Weil du sonst erschossen bist“,<br />

meint Sven Baum und führt es vor. Mit Leichtigkeit fährt<br />

er über Rampen, Erhöhungen, Unebenheiten. Es sind die<br />

kleinen Stolperfallen, die Rolli-Fahrern das Leben schwer<br />

machen: Kopfsteinpflaster, kleine Treppen, Baustellenkabel.<br />

Dinge, an die man, wenn man gut zu Fuß ist, keinen<br />

Gedanken verschwenden würde. Und schon geht’s los. In<br />

Zweiergruppen nehmen die Schüler die Rollstühle in Besitz.<br />

Einer fährt, der andere ist zur Hilfestellung da. „Ich will kei-<br />

Starkes Team: Marcel Schmidt, Roman Wenzel, Justus Heinrich, Stephanie Robus von der Unfallkasse Thüringen,<br />

Andre Bienek und Sven Baum (v. l.).<br />

Mal ehrlich, am Ende bleibt doch jeder für sich. Rolli-Fahrer<br />

werden schüchtern beäugt, aber in den seltensten Fällen<br />

angesprochen. Zu groß sind die Berührungsängste. Das<br />

muss anders werden, dachte sich das Team der RSB Thuringia<br />

Bulls. Die Rollstuhlbasketballer des Vereins spielen<br />

auf Weltniveau. Jetzt greifen sie auch in Thüringer Schulen<br />

an. Inklusion zum Anfassen ist das Thema – ein Projekt,<br />

das die Stadtwerke Erfurt <strong>2019</strong> im Rahmen der Förderung<br />

21x1000 unterstützen.<br />

Andre Bienek nimmt kein Blatt vor den Mund. „Ich kann<br />

zwar laufen, sieht aber blöd aus.“ Der Basketballer sitzt im<br />

Rollstuhl, er hat Spina bifida, eine sehr seltene angeborene<br />

Fehlbildung der Wirbelsäule. Ganz entspannt stellt er sein<br />

Team vor. Auch Sven Baum gehört dazu. Der 39-Jährige ist<br />

amtierender deutscher Meister in Para-Karate. Er betreut<br />

heute den Alltagsparcours. Einen ganzen Tag lang geht es<br />

in der Regelschule Geraaue um das Leben im Rollstuhl. Jenen<br />

sehen, der sich hier gemütlich durch die Gegend fahren<br />

lässt“, so die Ansage von Sven Baum.<br />

„Auf zwei Rädern fahren ist nicht leicht. Es ist irre schwer,<br />

das Gleichgewicht zu halten“, meint Emily, die schon nach<br />

den ersten Versuchen umkippt. Leon und Noah ergeht es<br />

nicht viel besser. Ein Seil, das ein Kabel simulieren soll, wird<br />

zum unüberwindbaren Hindernis. Ganz schwierig: die Buckelpiste<br />

mit Löchern und Erhebungen aus Holzstücken.<br />

„Ja, die haben wir extra für euch gebaut“, meint Andre Bienek<br />

grinsend. Er kennt keine Gnade.<br />

Ganz schnell kommt die Truppe ins Schwitzen und dabei<br />

hat noch gar keiner richtig gespielt. Denn neben der<br />

Alltagsstrecke stehen heute auch noch Rollstuhlbasketball<br />

und -rugby an. Dafür haben die RSB Thuringia Bulls drei<br />

verschiedene Rollstuhlarten mitgebracht. Die Sportstühle<br />

sind stabiler, man sitzt tiefer, hat ein besseres Gleichgewicht.<br />

Das fällt den Schülern gleich auf. Die Rugbystühle<br />

sorgen für großes Staunen. Sie sind besonders robust und<br />

sogar mit Eisen verstärkt. „Hier ist Rammen angesagt. Erlaubt<br />

ist fast alles. Das macht den Kids den meisten Spaß“,<br />

sagt Marcel Schmidt. Er ist seit 2011 im Verein, spielt selbst<br />

Rugby. „Das ist eigentlich ein Sport für die richtig Behinderten.<br />

Dafür muss man mindestens an drei Gliedmaßen eingeschränkt<br />

sein“, sagt er augenzwinkernd. Bei ihm machen<br />

nicht nur die Beine nicht mit, auch die Hände kann er nicht<br />

richtig bewegen. Erfunden wurde die Sportart in den späten<br />

1970er-Jahren in Kanada. Heute wird sie auf der ganzen<br />

Welt gespielt, ist eine paralympische Spielart. Währenddessen<br />

jagen die Basketballer Roman Wenzel und Justus Heinrich<br />

die Kids übers Basketballfeld, die sich abmühen, den<br />

Ball vom Rollstuhl aus in den Korb zu kriegen.<br />

Berührungsängste abbauen<br />

Beide spielen in der Nachwuchsmannschaft. Andre Bienek<br />

ist bei den ganz Großen dabei. Ursprünglich kommt er aus<br />

dem Ruhrpott. „Ich hatte immer eine Sonderrolle im Sport,<br />

das war echt doof, Schiedsrichter oder so. Nie konnte ich<br />

selber Fußball spielen“, erzählt er. Erst später hat er Sitzvolleyball<br />

für sich entdeckt. Da war er 12. Später wechselte<br />

er zum Rollstuhlbasketball. Seit 2007 ist er Nationalspieler.<br />

Nächstes Jahr ist er bei den Paralympics in Tokio dabei. Bei<br />

allem Erfolg und großer Klappe bleibt er dennoch bescheiden.<br />

„Wir wollen nicht nur an der Spitze mitkämpfen, sondern<br />

auch für ein gemeinsames Miteinander von Menschen<br />

mit und ohne Behinderung sorgen. Inklusion geht alle an.<br />

Dafür müssen wir aufeinander zugehen, Berührungsängste<br />

abbauen. Wie ginge das besser als spielerisch?“, sagt er.<br />

Partner der Thuringia Bulls School Tour ist die Unfallkasse<br />

Thüringen. Auch heute ist Stephanie Robus wieder mit<br />

dabei, macht Fotos, unterhält sich mit Schülern und den<br />

Spielern des RSB. „Pro Schuljahr bieten wir in ganz Thüringen<br />

gemeinsam zehn Aktionstage an, unterstützen mit<br />

Informationsmaterial, helfen bei offenen Fragen“, sagt sie.<br />

21x1000<br />

Rollstuhlrugby macht am meisten Spaß, finden die Kids.<br />

Andre Bienek (links) erklärt, wie man auf zwei Rädern fährt.<br />

Der Alltagsparcours hielt ziemlich viele Hürden bereit.<br />

Jetzt bewerben<br />

Auch 2020 fördern die Stadtwerke Erfurt 21 tolle Ideen aus Bildung, Kultur, Sport, Sozialem und Vorhaben<br />

rund um die Bundesgartenschau 2021, die Erfurt noch schöner machen. Bis 31. Dezember <strong>2019</strong><br />

können sich Vereine, Schulen, Kindergärten mit ihrem Projekt bewerben.<br />

Mehr dazu unter www.stadtwerke-erfurt.de/21x1000.<br />

8 SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong> 9


BÄDER<br />

BÄDER<br />

Christiane Anders ist<br />

Schwimmmeisterin bei der<br />

SWE Bäder GmbH. Sie schwört<br />

auf SWIMTAG. Regelmäßig zieht sie<br />

mit der Trainingshilfe<br />

fürs Handgelenk ihre Bahnen.<br />

Keine Lust auf<br />

Bahnen zählen?<br />

SWIMTAG, die neue Trainingshilfe, misst automatisch alle Daten beim<br />

Schwimmen – jetzt auch in der Roland Matthes Schwimmhalle. Im<br />

Februar 2020 startet die große Bädertour. Jeder kann mitmachen!<br />

Christiane Anders schwört drauf. Regelmäßig zieht<br />

die Schwimmmeisterin ihre Bahnen, egal, ob im Freibad<br />

oder in der Roland Matthes Schwimmhalle. „Ich<br />

sehe zu, dass ich zweimal die Woche ins Wasser<br />

komme. Das tut mir gut. Und dann steht konzentriertes<br />

Schwimmen auf dem Programm. Eine Stunde<br />

lang. Da ist mir SWIMTAG eine große Hilfe“, sagt<br />

die 52-Jährige. Die Rede ist von der neuen Trainingshilfe<br />

für alle, die gern im Wasser unterwegs sind und<br />

keine Lust haben, die Bahnen zu zählen, die sie geschwommen<br />

sind. Klar gibt es viele tolle Modelle, mit<br />

Sicherheit haben Leistungssportler immer ihren eigenen<br />

Fitnesstracker dabei, egal, ob im Wasser oder<br />

an Land.<br />

Aber gerade für Leute, die mehr für ihren eigenen<br />

Körper tun und sich kein eigenes Fitnessarmband<br />

kaufen wollen, ist SWIMTAG genau das Richtige. Es<br />

erfasst die Trainingseinheiten, die Anzahl der Bahnen,<br />

den Schwimmstil, Pausenzeiten und das Tempo.<br />

Sogar die Kalorienzahl und die Schlagfrequenz können<br />

ermittelt werden. Übersichtliche Diagramme und<br />

Statistiken listen das eigene Fitnesslevel auf und zeigen<br />

Bestzeiten an.<br />

Die Technik ist in Deutschland relativ neu. Seit Anfang<br />

des Jahres können auch Erfurter die intelligente<br />

Datenaufzeichnung nutzen. Damit kann man sich voll<br />

und ganz aufs Schwimmen konzentrieren.<br />

Die Armbänder können am Empfang der Roland<br />

Matthes Schwimmhalle ausgeliehen werden. Für die<br />

Mitgliedskarte sind einmalig 10 Euro zu bezahlen und<br />

5 Euro Pfand. Das Ausleihen des Armbandes ist kostenlos.<br />

Blinkt es grün, ist es aktiviert. Schon wenige<br />

Minuten nach dem Schwimmen sind alle Daten auf<br />

dem Online-Benutzerprofil oder direkt in der SWIM-<br />

TAG App einzusehen.<br />

„Wer mitmachen will, braucht nur seine E-Mail-Adresse,<br />

um sich anzumelden. Und schon kann es losgehen“,<br />

sagt Christiane Anders, die regelmäßig zu den<br />

Deutschen Meisterschaften der Schwimmmeister antritt<br />

und jedes Mal mit Medaillen nach Hause kommt.<br />

Auch Janis, unser 15-jähriger Schülerpraktikant,<br />

ist begeistert. Eigentlich war er nur dabei, um mal<br />

zu schauen, wie so ein Interview abläuft und was<br />

man beim Fotoshooting beachten muss. „Hey, damit<br />

schwimmt mein Kumpel auch immer“, sagt er und<br />

lässt sich gleich alles von Christiane Anders erklären.<br />

Das Tolle an SWIMTAG: Man kann auch an Challenges<br />

teilnehmen und gegen andere Schwimmer antreten,<br />

ohne dass man zur gleichen Zeit im Bad sein muss.<br />

SWIMTAG selbst bietet verschiedene Wettkämpfe an,<br />

für jede Leistungsstufe, egal, ob Anfänger oder Leistungsschwimmer.<br />

Dabei geht es immer um virtuelle<br />

Ziele: einmal quer durch die Saale, den Ärmelkanal<br />

oder auch durch den Atlantik. Angebote gibt es viele.<br />

„Wir haben jetzt unsere eigene Challenge und hoffen,<br />

dass viele mitmachen. Ab 1. Februar 2020 können<br />

Schwimmer bei unserer Bädertour mitschwimmen“,<br />

sagt Christiane Anders.<br />

Bis zum 30. Juni 2020 haben die Schwimmer Zeit<br />

für die 20,5 km lange virtuelle Strecke. Sie führt von<br />

der Roland Matthes Schwimmhalle zum Freibad Möbisburg<br />

(6,7 km), von dort bis zum Dreienbrunnenbad<br />

(5,2 km), weiter zum Nordbad (4,1 km) und endet<br />

wieder in der Schwimmhalle im Erfurter Süden<br />

(4,5 km). Jeder Teilnehmer, der die Bäder-Challenge<br />

abschließt, bekommt einen Gutschein für Schwimmen<br />

und Sauna im Wert von 13,80 Euro. „Schließlich<br />

geht es uns um die Gesundheitsförderung und nicht<br />

vorrangig ums Gewinnen“, sagt Christiane Anders.<br />

Mehr Informationen unter:<br />

www.stadtwerke-erfurt.de/swimtag<br />

10<br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

TEXT: ANKE ROEDER-ECKERT FOTOS: STEVE BAUERSCHMIDT<br />

11


Jitka Prokopova:<br />

angehende Holzbildhauerin.<br />

Leidenschaft für<br />

Holz und Gestalten<br />

Kunstwerke aus der Rhön zur Weihnachtsschau in Erfurt<br />

Holz hat seinen ganz eigenen Charakter. Ein Baum speichert<br />

seine Lebensgeschichte im Holz. An der Zahl der<br />

Jahresringe lässt sich das Alter erkennen, an deren Dicke<br />

gute und schlechte Zeiten. Jitka Prokopova fährt mit der<br />

Hand über das helle Lindenholz. Mehrere Teile hat sie zu<br />

einem großen Stück verleimt und dann kreisförmig mit einem<br />

Durchmesser von knapp 1 m ausgesägt. Zwei Öffnungen<br />

in Flügelform durchbrechen die dicke Holzscheibe.<br />

Mit dem Hohleisen hat die angehende Holzbildhauerin<br />

die Oberfläche wellenförmig gestaltet, andere Bereiche<br />

schleift sie mit Sandpapier glatt. Später setzt sie dann mit<br />

Schrift, Farbe und Gold weihnachtliche Akzente. Das Holzkunstwerk<br />

von Jitka Prokopova ist eines von acht Kunstwerken<br />

aus der Staatlichen Berufsfachschule für Holzbildhauer<br />

in Empfertshausen, das in der Weihnachtsschau in<br />

Erfurt in einer der mittelalterlichen Gewölbenischen des<br />

Domkellers gezeigt wird.<br />

„Holzkunst und Traditionen“ ist in diesem Jahr das Thema<br />

der beliebten Ausstellung in der Adventszeit, die direkt<br />

neben dem Erfurter Weihnachtsmarkt mit einzigartigen<br />

Gestaltungen von Floristen und Holzbildhauern und<br />

einer entspannten Atmosphäre einen wohltuenden Ruhepol<br />

zum hektischen Weihnachtsmarkt darstellt.<br />

Mehr als 30.000 Besucher bewundern in jedem Jahr<br />

die Weihnachtsschau, die Empfertshäuser Auszubildenden<br />

sind stolz, dass ein Teil davon in diesem Jahr unter ih-<br />

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Absolventen schließen auch ein Kunst- oder Designstudium<br />

an. Mit den erworbenen umfangreichen theoretischen<br />

Kenntnissen und den handwerklichen Fertigkeiten sind sie<br />

an den Hochschulen gern gesehen. Vielleicht schlägt der<br />

eine oder andere später auch einen ganz anderen Weg<br />

ein. Fred Rottenbach hat seine Selbständigkeit als Keramiker<br />

für den Schulleiterposten an den Nagel gehängt und<br />

diese Entscheidung nie bereut, Lernenden sein Wissen<br />

weiterzugeben, sie künstlerisch zu inspirieren. Auch Jitka<br />

Prokopova könnte sich vorstellen, nach Lehrabschluss<br />

und Erfahrungen in der Praxis, als Lehrerin an die Schule<br />

zurückzukommen und ihre Begeisterung für das künstlerische<br />

Arbeiten mit Holz weiterzugeben.<br />

TEXT: CHRISTINE KARPE FOTOS: PAUL PHILIPP BRAUN<br />

Mehr zu den Holzschnitzern in<br />

Empfertshausen gibt es im Blog<br />

unter www.swefuererfurt.de<br />

Einfach den QR-Code scannen.<br />

Floristen aus dem mitteldeutschen Raum gestalten 24 Nischen<br />

und schaffen den weihnachtlichen Schmuck und Rahmen<br />

– passend zum jeweiligen Kunstobjekt. Geschmückte<br />

Weihnachtsbäume ergänzen die Gestaltung und vermitteln<br />

den Zauber der Weihnachtszeit.<br />

Öffnungszeiten:<br />

26.11. bis 22.12.<strong>2019</strong>: 10:00-20:00 Uhr<br />

23., 25. und 26.12.<strong>2019</strong>: 10:00-18:00 Uhr<br />

24.12.<strong>2019</strong>: 10:00-13:00 Uhr<br />

Eintrittspreise: Erwachsener: 4,50 Euro, ermäßigt: 3,50 Euro,<br />

Kinder bis 6 Jahre: Eintritt frei<br />

www.egapark-erfurt.de<br />

12 SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

13<br />

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ren Händen entstanden ist. Drei Künstler aus den Niederlanden<br />

und Empfertshausen sowie Kunsthandwerker aus<br />

dem Erzgebirge sind ebenfalls mit ihrer Holzkunst beteiligt.<br />

Das Dürerhaus in Erfurt stellt als Leihgabe eine 1,30 m<br />

hohe Pyramide aus Holz zur Verfügung.<br />

In der Werkstatt der Schnitzschule wird der Geist der<br />

Weihnachtszeit geweckt, es wird gestochen, geschliffen<br />

oder koloriert. Die angehende Holzbildhauerin Jitka wollte<br />

schon immer einen kreativen Beruf ergreifen, hat aber<br />

dennoch eine andere Ausbildung begonnen. Als junge<br />

Mutter wollte sie dann ihr Leben neu ordnen und hat sich<br />

mit der Entscheidung für den Beruf des Holzbildhauers –<br />

unterstützt von der Familie – einen Herzenswunsch erfüllt.<br />

Holz ist für die 22-Jährige eine besondere Inspiration. Die<br />

einzigartige Maserung jedes Stückes macht aus schlichten<br />

Gestaltungen ein Kunstwerk. Das vielseitige Material ist<br />

wieder in Mode gekommen, es gibt viele spannende Gestaltungsideen.<br />

Es unter ihren Händen zu formen, macht<br />

Jitka Propokova sichtbar viel Spaß. So wie auch den anderen<br />

mehr als 40 Auszubildenden der Schule. 15 Berufsstarter<br />

beginnen hier in jedem Jahr als Holzbildhauer.<br />

Kunsthandwerk mit Tradition und Zukunft<br />

In der Rhön hat das Gestalten mit Holz eine lange Tradition.<br />

Bereits seit 1878 gibt es die Ausbildung, erzählt Schulleiter<br />

Fred Rottenbach. 1898 wurde dann die Schule am<br />

Ort gegründet. Die ersten Lernenden waren junge Leute<br />

aus der Region, die eine Beschäftigung in den ortsansässigen<br />

Schnitzunternehmen suchten. In den vielen Jahren<br />

ihres Bestehens hat die Einrichtung bekannte Künstler wie<br />

den bereits verstorbenen Jo Jastram oder Friedrich B. Henkel,<br />

jetzt Professor in Dresden, hervorgebracht.<br />

Die Ausbildung an der Schnitzschule geht weit über<br />

das Thema Holzgestaltung hinaus. Aus Ton oder anderen<br />

formbaren Materialien entstehen Plastiken, so lernen die<br />

angehenden Gestalter das Gefühl für Körperproportionen<br />

und -positionen, wichtig für die spätere Arbeit an Holzskulpturen.<br />

Keramik entsteht unter den geschickten Händen<br />

der Auszubildenden. Mit dem Schnitzeisen werden<br />

Schriften in das Holz geschnitten, hier braucht es vor allem<br />

Gefühl für die Faserrichtung. Holzgestaltung ist nicht nur<br />

Handarbeit – drechseln, schleifen, sägen gehören ebenso<br />

dazu, dafür gibt es eigene Werkstätten. Alles wird auf dem<br />

Schulareal gemacht, auch der theoretische Unterricht. Für<br />

die Auszubildenden ein echter Vorteil, mancher von ihnen<br />

hat sich für die drei Jahre eine Unterkunft am Ort gesucht<br />

und profitiert so von den kurzen Wegen. Fred Rottenbach<br />

würde sich noch mehr Bekanntheit in ganz Thüringen und<br />

Bewerber aus anderen Regionen wünschen. Für ihn ist der<br />

Holzbildhauer ein Beruf, der viele Zukunftsperspektiven<br />

eröffnet. Wer seine dreijährige Ausbildung in Vollzeit oder<br />

dualer Form erfolgreich absolviert, kann später innerhalb<br />

eines Jahres einen Meisterabschluss machen und als selbständiger<br />

Kunsthandwerker arbeiten. Aber auch der Bau<br />

von Spielzeugen oder Spielgeräten, die Arbeit in Möbeloder<br />

Restaurationswerkstätten oder die Gestaltung von<br />

Grabmalen sind nach dem Abschluss denkbar. Manche der<br />

d<br />

egapark<br />

Weihnachtsschau im Felsenkeller am Dom<br />

„Holzkunst und Traditionen“<br />

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egapark<br />

Erfurt ist nun offiziell der nächste Gastgeber für das große<br />

Gartenfest, die Bundesgartenschau 2021. Dafür wird<br />

im egapark, auf dem Petersberg und im Norden der<br />

Stadt kräftig gebuddelt, gebaut, gepflanzt – gestaltet.<br />

Die Bundesgartenschau ist ein grandioses Festival der<br />

Blumen, Sorten und Farben. Damit sie die Besucher in aller<br />

Pracht 2021 erfreuen, müssen mehrjährige Pflanzen<br />

rechtzeitig in den Boden. Die optimale Pflanzzeit für die<br />

Stauden reicht vom Herbst bis zum kommenden Frühjahr.<br />

Worauf können sich Pflanzenfreunde bei der BUGA<br />

Erfurt 2021 freuen? Wir stellen drei Bereiche vor:<br />

Blütenpracht in vielen Sorten<br />

Einzigartige Kombination<br />

Auch baulich sind bis zum BUGA-Eröffnungstag auf dem<br />

Petersberg und im egapark noch umfangreiche Arbeiten<br />

geplant. Der 1961 als Internationale Gartenbauausstellung<br />

eröffnete und durch den Landschaftsarchitekten<br />

Reinhold Lingner geplante egapark gilt als einzigartiges<br />

und unumstrittenes Zeitdokument der DDR-Moderne.<br />

Jetzt war Baustart für die Sanierung von Wärmedämmung,<br />

Fenstern, Schallisolation und Farbgebung der<br />

Empfangshalle sowie des Foyers des ehemaligen Empfangsgebäudes.<br />

Es ist in seiner Konstruktion vollständig<br />

erhalten.<br />

Jetzt blüht uns was<br />

Wir gestalten den egapark für die BUGA 2021<br />

Rosen sind das Aushängeschild jeder Gartenschau<br />

und ein besonderer Anziehungspunkt für die Besucher.<br />

Im neuen egapark-Rosengarten werden auf 1.700 m²<br />

Pflanzflächen Rosen und Stauden gezeigt, 200 m² mehr<br />

als bisher. Die Präsentation gliedert sich in verschiedene<br />

Themen: moderne Rosenverwendung, Züchtungen aus<br />

der DDR, Parfümrosen, bienenfreundliche Rosen, Rosen<br />

für den Halbschatten und ein mediterraner Rosengarten.<br />

In Summe werden von ca. 400 unterschiedlichen Sorten<br />

ca. 4.300 Stück Rosen gepflanzt. Umgeben sind diese<br />

von 17.500 Begleitstauden und 20.000 Frühjahrsblühern.<br />

Gepflanzt wird seit November. All das bleibt dauerhaft<br />

im egapark erhalten. Dazu kommen im Zeitraum der<br />

BUGA 2021 temporär 500 m² reine Sortenschau im Rosengarten<br />

und in den Hallenhöfen. Rosen sind auch auf<br />

der Ausstellungsfläche Petersberg ein Thema, dort z. B.<br />

mit dem Rosenwunder der heiligen Elisabeth.<br />

Lilien Die Gattung der Lilien gehört zu den prächtigsten<br />

unter den Blühpflanzen. Im egapark ist den Lilien ein<br />

ganzer Garten gewidmet, der bis zur BUGA 2021 komplett<br />

erneuert und noch viel schöner wird. Auf 800 m²<br />

präsentieren sich Liliensorten. Das neue Gestaltungskonzept<br />

bezieht auch Pflanzen ein, welche die Lilie im<br />

Namen tragen. Der Garten wird in verschiedene Sektionen<br />

geteilt, die Streifenpflanzung beinhaltet unterschiedliche<br />

Farbkonzepte. Kombiniert werden die edlen<br />

Blumen mit niedrigen Bodendeckern und auflockernden<br />

Gräsern. Auf der Insel im Wasserbecken mit den Fontänen<br />

spielt die Lilie im Volksmund eine Rolle. Hier sind<br />

Pflanzen zu sehen, die den Begriff Lilie im Namen tragen<br />

wie die Jakobslilie, aber anderen Pflanzenfamilien<br />

angehören. Dazu kombiniert werden Allium oder Gräser.<br />

Im Inselinneren wechselt die Bepflanzung mit den Jahreszeiten.<br />

Gepflanzt wird im Irisgarten im Frühjahr 2020,<br />

wenn die baulichen Veränderungen abgeschlossen sind.<br />

„Mit diesem Gebäude können<br />

wir jetzt dank der Fördermittel<br />

des Bundes einen weiteren<br />

Bestandteil des denkmalgeschützten<br />

egapark-Ensembles<br />

und damit ein Stück Erfurt-Geschichte<br />

bewahren.“<br />

Besonders engagiert hat sich<br />

dafür die Bundestagsabgeordnete<br />

Antje Tillmann (Foto):<br />

„Unsere intensiven Bemühungen um den Erhalt<br />

des zeitgeschichtlich wertvollen Parkensembles<br />

waren erfolgreich. 278.200 Euro stellt der Bund<br />

aus seinem Denkmalsonderschutzprogramm<br />

bereit, dieselbe Summe steuert der Freistaat<br />

bei“, freute sie sich bei der Übergabe.<br />

Irisgarten Mit der Sanierung des Irisgartens gelingt<br />

es noch vor der BUGA Erfurt 2021, einem Kleinod der<br />

egapark-Themengärten für die BUGA 2021 und darüber<br />

hinaus neue Attraktivität zu verleihen.<br />

Mit der gleichzeitigen Wiederöffnung des Südeingangs<br />

wird die historische Verbindung zum Dendrologischen<br />

Garten und zum Luisenpark wieder hergestellt.<br />

Ausgewählte der ehemals 140 historischen Irissorten<br />

aus der Sammlung Dr. Alexander Steffen sowie weitere<br />

Bartiris-Sorten aus dem Gebiet der ehemaligen DDR<br />

sind noch erhalten und bilden das Leitthema des Gartens.<br />

Sie sind gleichzeitig Teil des Klimawandelgartens,<br />

der Pflanzengesellschaften gewidmet ist, die den zunehmenden<br />

extremen Witterungsverhältnissen standhalten.<br />

Baubeginn war im November <strong>2019</strong>. Möglich ist die Sanierung<br />

des Bereiches durch Fördermittel des Bundes,<br />

die dank des Bemühens des Bundestagsabgeordneten<br />

Carsten Schneider bereitgestellt wurden.<br />

TEXT: CHRISTINE KARPE<br />

FOTO: PAUL PHILIPP BRAUN VISUALISIERUNGEN: KLP, KUMMER, LUBK PARTNER<br />

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SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

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Familienbäcker in Erfurt<br />

Aufgebackene Teiglinge aus dem Supermarkt oder echte, handwerklich gebackene Brötchen? Daran<br />

scheiden sich die Geister. Die SWE hat sich bei ihren Kunden umgesehen, wo noch selbst gebacken<br />

wird, also wo traditionelles Bäckerhandwerk betrieben wird, und eine Auswahl zusammengestellt.<br />

Bäckerei<br />

Konditorei Baum<br />

Seit 30 Jahren gibt es im Ortsteil Gispersleben, Bernauer Straße 17, leckeren Kuchen und „richtiges“<br />

Brot. 1989 übernahm Rüdiger Baum von seinem Vater die Bäckerei. Heute ist er 61 und<br />

seine Tochter wird das Familiengeschäft zur Freude des Vaters weiterführen.<br />

Das Lieblingsstück von<br />

Bäckermeister Oliver Thor<br />

ist der Bienenstich aus<br />

Hefeteig, Mandeln, Sahne,<br />

Zucker, Butter und natürlich<br />

Honig.<br />

Öffnungszeiten:<br />

Montag bis Freitag:<br />

06:00 Uhr – 18:00 Uhr<br />

Samstag:<br />

06:00 Uhr – 11:00 Uhr<br />

Das Lieblingsstück vom Bäckermeister<br />

Rüdiger Baum<br />

ist sein Schmandkuchen aus<br />

Rührteig, Schmand und Eiweißzucker.<br />

Öffnungszeiten:<br />

Montag bis Freitag:<br />

06:30 Uhr – 18:00 Uhr<br />

Samstag:<br />

06:30 Uhr – 18:00 Uhr<br />

Sonntag:<br />

07:30 Uhr – 10:30 Uhr<br />

und 14:00 Uhr – 18:00 Uhr<br />

Bäckerei<br />

Lobenstein<br />

UNSER ERFURT<br />

Das Lieblingsstück vom Bäckermeister<br />

Stefan Lobenstein<br />

ist das Biobrot Willi<br />

35, benannt nach seinem<br />

Großvater, aus dunkler<br />

Roggenmischung, Weizenmehl,<br />

Salz ohne Trennmittel,<br />

Hefe und natürlich<br />

Sauerteig.<br />

Öffnungszeiten:<br />

Montag bis Freitag:<br />

06:00 Uhr – 18:00 Uhr<br />

Samstag:<br />

06:00 Uhr – 12:00 Uhr<br />

Man sieht die Konditorei von der Straßenbahnlinie 3 und 4 in der Windthorststraße und Damaschkestraße. Schon seit 1936 gibt es hier<br />

Torten, Kuchen, Brot und sogar gekochte Eier für unterwegs. 1996 übernahm Stefan Lobenstein die Familienkonditorei, in der man auch<br />

viele Kaffeekannen aus der ganzen Welt bewundern kann – eine kleine Sammelleidenschaft des Meisters.<br />

Eines der Lieblingsstücke<br />

von Bäckermeister André<br />

Helmke ist der Mohnkuchen<br />

aus gemahlenem<br />

Mohn, Gries, Zucker, Zimt,<br />

Rum, Milch, Bittermandeln<br />

und der leckeren Quarkdecke.<br />

Öffnungszeiten:<br />

Montag bis Freitag:<br />

06:00 Uhr – 18:00 Uhr<br />

Samstag:<br />

06:00 Uhr – 12:00 Uhr<br />

16<br />

Bäckerei<br />

Thor<br />

Im Nordwesten Erfurts, im kleinen Ortsteil Alach, Brauhausgasse 20, findet man die Familienbäckerei<br />

Thor. Seit 1972 wird hier gebacken und seit 24 Jahren führt der 45-jährige Oliver<br />

Thor das Familienunternehmen. Familie ist hier wörtlich zu nehmen, man trifft oft Oma,<br />

Vater und Tochter in der Bäckerei an.<br />

Bäckerei<br />

Kreuter<br />

Im Südosten der Stadt, in der Häßlerstraße 48, findet man die Familienbäckerei Kreuter. Seit<br />

1972 bekommt man hier Frühstücksbrötchen, Kuchen und Plätzchen. In der 3. Generation<br />

führt André Helmke die Bäckerei seit 2014.<br />

TEXT: IVO DIERBACH FOTOS: ELENA KAUFMANN<br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong> SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

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KRÄMERBRÜCKE<br />

Liebesbrief von Cornelia Funke, Autorin von „Tintenherz“, an die Buchhandlung.<br />

Ein Traum für<br />

Bücherfreunde<br />

Sybille Oschmann, Bernhard Schmidtmann und Katharina Bucklitsch lieben ihren kleinen Laden.<br />

Hier könnte Bastian in der Unendlichen Geschichte geschmökert<br />

haben, hier hätte Cornelia Funkes Mortimer<br />

das erste Mal Gestalten aus Büchern zum Leben erwecken<br />

können. Die Rede ist von der Buchhandlung „Tintenherz“<br />

auf der Erfurter Krämerbrücke.<br />

Ein Traum für alle Bücherfreunde. Wohin das Auge<br />

reicht, Bücher, Bücher, Bücher. Jedes kleine Eckchen, jede<br />

freie Lücke ist ausgefüllt mit fantastischen Geschichten.<br />

Wo andere mehrere Exemplare im Regal stehen haben, ist<br />

es im „Tintenherz“ nur ein einziges. Für mehr ist kein Platz.<br />

„Wir brauchen einfach jeden Millimeter und schließen jede<br />

Lücke, sowie sie sich auftut“, sagt Bernhard Schmidtmann.<br />

Liebevoll ist das kleine Lädchen ausgestattet. Schon die<br />

Auslagen locken hinein. Allein 15 Minuten brauchen Sybille<br />

Oschmann und Katharina Bucklitsch, um die Schätze<br />

vor der Tür zu drapieren. Doch es lohnt sich. Geradezu<br />

magisch wird man von der Buchhandlung angezogen.<br />

Wer durch die Pforten tritt, lässt alles hinter sich und<br />

taucht in eine Fantasiewelt ein. „Tintenherz“ ist genauso<br />

wie man sich Buchhandlungen vorstellt, die in magischen<br />

Büchern beschrieben werden. Auf den ersten Blick<br />

erschlägt die Fülle. Wer sich Zeit nimmt und farbigen Hinguckern<br />

folgt, wird Wunderbares entdecken, traumhaft<br />

schön illustrierte Bücher, spannende Geschichten, Helden<br />

aus alten Kindertagen. Auch das schöne alte Sofa ist<br />

vollgepackt mit wunderbaren Kleinigkeiten. Hier gibt es<br />

kleine Bumerangs, allerliebste Fingerspielpüppchen, süße<br />

kleine Mitbringsel rund um Erfurt oder märchenhafte Gestalten.<br />

3.000 Bücher präsentiert Bernhard Schmidtmann auf<br />

nur 33 m 2 für große und kleine Büchergucker. Ja, richtig<br />

gelesen. „Wir haben auch Bilderbücher für Erwachsene“,<br />

sagt Katharina Bucklitsch stolz. Die junge Buchhändlerin<br />

arbeitet seit 2012 in dem zauberhaften kleinen Buchladen<br />

auf der Krämerbrücke. Mit sicherer Hand greift sie ins Regal<br />

und zieht „Mama“ heraus, ein großformatiges, grün<br />

gehaltenes Bilderbuch für Frauen, die sich selbst beschenken<br />

möchten. Schließlich zeigt es in wenigen Worten und<br />

traumhaft schönen Bildern, wie es ist, selbst Mama zu<br />

sein, was Frau bewegt, was sie denkt und fühlt...<br />

Ein Paradies für Bücherfreunde. Seltene, ungewöhnliche<br />

Bücher gibt es hier, oft von kleinen Verlagen. Natürlich<br />

auch Bestseller. Wer aber auf der Suche nach etwas<br />

Besonderem ist, das es nicht überall gibt, der wird<br />

hier fündig. „Wir setzen auf das anspruchsvolle Kinderbuch,<br />

es muss nicht immer Hochglanz sein“, sagt Bernhard<br />

Schmidtmann, der von Haus aus Geograf ist und<br />

sein Hobby irgendwann zum Beruf machte. „60 Prozent<br />

So weit das Auge reicht: Bücher, Bücher, Bücher.<br />

unserer Kunden sind Erfurter, die das Besondere schätzen.<br />

Aber auch zur Herbstlese oder in der Weihnachtszeit<br />

kommen viele Gäste zu uns, viele sind Stammkunden“,<br />

freut er sich und erzählt von einer Begegnung der<br />

anderen Art. Eines Tages stolzierte ein entrüsteter älterer<br />

Herr in den Buchladen. Schön sei die Buchhandlung<br />

ohne Frage, atmosphärisch dicht und wunderbar. Wie<br />

aber könne er sich erdreisten, sie „Tintenherz“ zu nennen.<br />

Ob er nicht wisse, dass es ein wunderbares Buch<br />

von Cornelia Funke sei. Mit wenigen Worten konnte er<br />

dessen Unmut entkräften und den alten Mann spontan<br />

zum Freund machen. Bernhard Schmidtmann griff einfach<br />

in die Schublade, in der er einen seiner größten<br />

Schätze aufbewahrt: einen handgeschriebenen Gruß von<br />

Cornelia Funke persönlich, die sich bedankt, dass ihre<br />

Bücher geehrt und glücklich sind, in einem so schönen<br />

Buchladen in Erfurt stehen zu können...<br />

Wie sich später herausstellte, war der Herr ihr früherer<br />

Deutschlehrer am Gymnasium und einer ihrer größten<br />

Fans.<br />

TEXT: ANKE ROEDER-ECKERT<br />

FOTOS: STEVE BAUERSCHMIDT<br />

18 SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong> SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

19


UNSER ERFURT<br />

UNSER ERFURT<br />

Beim<br />

FÄRBEN gibt es<br />

kein Vielleicht<br />

Hinter den Kulissen des Erfurter<br />

Dürerhauses können Neugierige<br />

ihr blaues Wunder erleben.<br />

Früher gab es viele Dürerhäuser in Deutschland, um die 80 Manufakturen, in denen<br />

Goldschmiede, Maler oder Keramiker arbeiteten. Heute sind es nur noch drei, eins<br />

davon steht in Erfurt. 1923 wurde es gegründet, erzählt Kris Wezyk, während er an<br />

der Eingangstür Tücher, Taschen und Schals in Blaudruck arrangiert. Es ist noch ruhig,<br />

kurz vor 10 Uhr. Wenige Leute sind in der Schlösserstraße unterwegs. Doch nur<br />

wenige Minuten später sind die ersten Kunden da. Eine ältere Dame möchte einen<br />

Holzengel kaufen, ein Geschenk für das Enkelchen. Eine junge Frau geht zielstrebig<br />

zur Schmuckvitrine, lässt sich Ohrringe zeigen. Wer denkt, dass nur Touristen<br />

ins Erfurter Dürerhaus kommen, täuscht sich. „Wir haben viele Stammkunden aus<br />

Erfurt, die Kunst und Kunsthandwerk aus Thüringen zu schätzen wissen“, sagt Kris<br />

Wezyk. Aber auch aus Berlin, München oder Hamburg kommen die Leute. Manch<br />

einer nimmt sogar den Umweg über Erfurt auf sich, wenn er von Berlin aus nach<br />

Braunschweig will, erzählt der 50-Jährige.<br />

Blaudrucke sind seine Spezialität, genauso wie waidgefärbte Stoffe, Tischdecken,<br />

Tücher in allen Größen und Schattierungen. Während die einen den Blaudruck verteufeln<br />

und nur auf das Waid setzen, kombiniert Kris Wezyk beide Techniken allzu<br />

gern. Seine Loops changieren in edlen Blautönen. „Sie sind sehr gefragt, vor allem<br />

bei Männern. Den letzten Schal im Bauhausdesign hab ich direkt vom Hals weg verkauft,<br />

erzählt er. Die meiste Zeit des Tages verbringt er in der Werkstatt, im Blauen<br />

Keller, wie er sagt. Dort entstehen die tiefblauen Drucke, die<br />

ihm regelrecht aus den Händen gerissen werden. Erst recht,<br />

seit die Blaudruckwerkstatt mit der Urkunde „Immaterielles<br />

Weltkulturerbe“ ausgezeichnet wurde. Die alte Handwerkstradition<br />

ist ihm sehr wichtig. Er möchte sie unbedingt für die<br />

Nachwelt erhalten und auch die Jugend dafür begeistern. Regelmäßig<br />

bietet er Workshops für Kinder an. Ganze Schulklassen<br />

gehen im Blauen Keller ein und aus. Während die einen<br />

das Blaue Wunder mit eigenen Augen erleben, spielen<br />

die anderen am Geraufer, das nur wenige Schritte von der<br />

Gera entfernt liegt. Denn die Werkstatt ist klein.<br />

Jeder Handgriff sitzt. Egal, ob er den Papp – eine geheime<br />

Mischung aus Gummi arabicum, Ton und Kupfer – per Druckstock<br />

aufträgt oder die Stoffe in der Küppe versenkt. Der Färbebottich,<br />

der 6 m³ Flüssigkeit fasst, ist 2 m tief in den Boden<br />

eingelassen. So kann der Blaudrucker auch überdimensionale<br />

Stoffbahnen aus Batist oder Baumwolle färben. Ein Färbevorgang<br />

dauert drei Stunden. „Ich experimentiere gern, mit<br />

Stoffen und Mustern. Trotzdem muss man entschlossen sein.<br />

Beim Färben gibt es kein Vielleicht“, sagt Kris Wezyk.<br />

Dass er von Haus aus Baupolier ist und lange Zeit im Tiefbau<br />

arbeitete, mag man nicht glauben, wenn man ihm zuschaut.<br />

Und doch ist es so. „So weit ist es gar nicht voneinander<br />

entfernt“, meint er. „Ich verbinde einfach nur Handwerk<br />

und Kunst“, sagt er schmunzelnd, gibt aber zu, dass es wohl<br />

doch nicht ganz so einfach war. In der Nähe von Greiz hat<br />

er einen dreimonatigen Crashkurs bei einer versierten Blaudruckerin<br />

gemacht. Die alte Dame führte ihn akribisch in die<br />

alte Handwerkskunst ein, die seit dem Mittelalter für Wohlstand<br />

in europäischen Handelsstädten sorgte. Von ihr hat er<br />

einen Großteil seiner Druckstöcke, mit denen er den Papp,<br />

eine grünliche Masse, die für die weißen Muster sorgt, auf<br />

dem später mit Indigo gefärbten blauen Stoff aufträgt. „Man<br />

nennt es auch Reservetechnik“, erklärt er.<br />

Handwerkskunst aus Thüringen<br />

400 bis 500 der Mustervorlagen nennt er sein eigen, eine davon<br />

ist von 1794. Das gute Stück ist aus Holz und wird noch<br />

immer benutzt. „Wir lassen gerade eine Kopie aus Messing<br />

herstellen, damit das alte Modell nicht irgendwann auseinanderbricht“,<br />

sagt er.<br />

Wer sich im Erfurter Dürerhaus umschaut, kommt ins Staunen.<br />

„Wir bieten hier nicht nur Textilien in Blaudruck oder<br />

Waidfärbung an, sondern auch Keramik und Schmuck“, erzählt<br />

er. Neben der traditionellen Bürgeler Keramik in<br />

dunklem Blau und klassischem weißem Muster stehen farbenfrohe<br />

Tassen und Teller im Regel, auch aus Bürgel, nur<br />

von der jungen Generation, erklärt er.<br />

„Wir sind ein Team von fünf Leuten und alle brennen für<br />

den Laden“, sagt er und zählt auf: Maria, die im Blauen Keller<br />

Tücher und Tischwäsche näht, die drei Damen im Verkauf<br />

oder Mario Seyfarth, ein passionierter Goldschmied, der auch<br />

Kris mit seiner Leidenschaft für fein ziselierten Schmuck angesteckt<br />

hat. <br />

TEXT: ANKE ROEDER-ECKERT FOTOS: STEVE BAUERSCHMIDT<br />

Kris Wezyk am<br />

Färbebottich.<br />

Kris Wezyk mit einer riesigen Tischdecke in Bauhausdesign.<br />

Früher gab es viele Dürerhäuser in Deutschland, heute<br />

sind es nur noch drei. Eins davon steht in Erfurt.<br />

20<br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong> 21


GUT ZU WISSEN<br />

FÜR KINDER<br />

GESCHENKE<br />

auf den letzten<br />

Drücker<br />

TEXT: ANKE ROEDER-ECKERT<br />

FOTOS: STEVE BAUERSCHMIDT<br />

Chelsea hat viele Ideen,<br />

wenn es um kreative<br />

Geschenke geht.<br />

Jedes Jahr das gleiche Thema, was schenke ich meinen<br />

Lieben? Für Geschenke auf den letzten Drücker<br />

eignet sich die Bäderwertkarte, die in beiden<br />

Schwimmhallen und allen vier Freibädern eingelöst<br />

werden kann. Aber auch Mobilitätsgutscheine<br />

für Touren mit Bus und Bahn sind gern gesehen.<br />

Auch das neue Wimmelbuch der EVAG (mehr dazu<br />

auf Seite 38) ist ein schönes Mitbringsel. Wer es kreativer<br />

liebt, sollte auf einzigartige Geschenke setzen.<br />

Dinge, die von Herzen und nicht aus dem Kaufhaus<br />

kommen. Zugegeben, dafür braucht es etwas<br />

mehr Zeit. Wie wäre es mit einem selbst genähten<br />

Kirschkernkissen oder der persönlich zusammengestellten<br />

Lieblingsbackmischung in einem tollen Glas?<br />

Oder der selbst gemachten Herzschmerz-Schokolade<br />

mit Nüssen oder getrockneten Früchten? Ideen<br />

gibt es viele, wir zeigen Ihnen ein paar:<br />

Mehr dazu im Blog unter:<br />

www.swefuererfurt.de<br />

Einfach den QR-Code scannen.<br />

TEXT: CHRISTINE KARPE FOTOS: PAUL PHILIPP BRAUN, ADOBE STOCK (HINTERGRUND)<br />

Altglas-<br />

Upcycling<br />

Bastelidee<br />

für Kinder<br />

Warum denn immer gleich die schönen alten Wein-,<br />

Sekt- und Likörflaschen wegwerfen? Wir zeigen euch,<br />

wie ihr daraus ein tolles Geschenk oder eine coole<br />

Lichterflasche für die dunkle Jahreszeit basteln könnt.<br />

In verschiedenen Bastelläden, in Möbelmärkten<br />

oder online gibt es die Lichterketten mit Batterie<br />

im Flaschenkorken zu kaufen. So müsst ihr euch<br />

keine Gedanken um die Verkabelung machen, son-<br />

Jetzt<br />

kommt die<br />

Gestaltung.<br />

Schriften<br />

aufmalen<br />

oder bildlich<br />

Motive<br />

umsetzen.<br />

1. 2.<br />

Schön geformte<br />

Flasche<br />

aussuchen.<br />

Glasmalfarben,<br />

-stifte,<br />

eventuell<br />

Schablonen<br />

bereitlegen.<br />

3. 4.<br />

dern könnt euch voll und ganz auf die Auswahl der<br />

Flasche und deren Gestaltung konzentrieren. Oder<br />

ihr besucht das BeAwi-Kreativcafe, dort könnt ihr<br />

Leuchtflaschen basteln und noch viele andere<br />

schöne Geschenke passend zur nahenden Weihnachtszeit<br />

gestalten.<br />

Wie entsteht nun eine Licht- oder Leuchtflasche?<br />

Einfach unserer Schritt-für-Schritt-Anleitung folgen:<br />

Zum<br />

Schluss: die<br />

Lichterkette<br />

in<br />

die Flasche<br />

fädeln, Batterie<br />

einlegen<br />

und – es<br />

leuchtet!<br />

Jeanette Münzberg<br />

hat viele tolle<br />

Bastelideen, nicht<br />

nur für Kinder.<br />

BeAwi Kreativcafe,<br />

Moritzstraße 18a,<br />

99084 Erfurt, Telefon<br />

0361 – 43028819<br />

Mit einem<br />

kleinen mit Farbe<br />

getränkten<br />

Schwamm Flasche<br />

flächig betupfen.<br />

Besonders schön<br />

wirken halbtransparente<br />

Farben<br />

oder Farbverläufe.<br />

Farbe gut trocknen<br />

lassen.<br />

22<br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

23


EVAG<br />

EVAG<br />

Todo hecho a mano *<br />

*<br />

Alles Handarbeit<br />

Hochkonzentriert<br />

arbeitet Schweißer<br />

Victor Valera an der<br />

ersten „Caja“ (Wagenteil)<br />

einer Straßenbahn<br />

für Erfurt.<br />

Produktionsstart für Straßenbahnen in Valencia<br />

Kurze, trockene Hammerschläge auf Stahl dröhnen durch<br />

die gewaltige Halle, immer wieder kreischt eine Flex, tausende<br />

winzige Funken blitzen kurz auf und verglühen genauso<br />

schnell wieder, zarte blaue Dunstschleier hinterlassend. Ein<br />

Schweißer, geschützt durch schweren Helm und Spezialanzug,<br />

arbeitet an einem Stück Stahl, das blaue Licht, das von<br />

seinem Gerät ausgeht und das trotz der Hitze so kalt aussieht,<br />

spiegelt sich in seinem getönten Visier. Der leicht muffige<br />

Geruch von bearbeitetem Stahl, der ein wenig an den<br />

Geruch von Blut erinnert, wabert durch die Halle.<br />

Hier, wenige Meter vom Mittelmeer und fast 2.000 Kilometer<br />

von der Gera entfernt, spielt Handarbeit („hecho a<br />

mano“ auf Spanisch) noch eine große Rolle. Denn auf dem<br />

Gelände des Schweizer Unternehmens Stadler werden Lokomotiven<br />

und Straßenbahnen gebaut, und die gibt es nicht<br />

von der Stange. „Wir sind keine Autofabrik, wo die Teile am<br />

Fließband hergestellt werden. Straßenbahnen zu bauen, ist<br />

wie Flugzeuge zu fertigen – da gibt es ganz viel Handarbeit,<br />

da spielen Roboter nur eine geringe Rolle“, sagt Jose<br />

Alhambra, technischer Leiter von Straßenbahnprojekten bei<br />

Stadler.<br />

Und das gilt auch und vor allem für die 14 Straßenbahnen,<br />

die von Stadler für Erfurt gebaut werden. Spätestens zum<br />

Start der BUGA im April 2021 sollen die Trams fertig sein.<br />

Tranvia heißt Straßenbahn auf Spanisch, Tramlink heißt die<br />

Modellreihe, die Erfurt bestellt hat.<br />

Und auch hier gibt’s Unterschiede, kein Auftrag ist gleich:<br />

„Jede Stadt hat naturgemäß andere Ansprüche an unsere<br />

Bahnen, wir müssen sie nach den Bedürfnissen der Kunden<br />

bauen“, sagt Alhambra. So auch Erfurt: „Die Altstadt<br />

ist eng, hat viele Kurven. Also muss der Wendekreis stimmen,<br />

der Tramlink für Erfurt kann enge Gleisbögen mit einem<br />

Mindestradius von 18 Metern durchfahren.“ Und dann<br />

die Herausforderung mit den alten Brücken in der Stadt: „Die<br />

Tramlinks haben eine hochfeste und extrem leichte Stahlkonstruktion,<br />

die Achslast darf nicht mehr als zehn Tonnen<br />

betragen.“ Mindestens eine Tonne weniger als üblich.<br />

Die Frauen und Männer, die seit dem Produktionsstart vor<br />

wenigen Tagen an den Erfurter Bahnen Hand anlegen, fangen<br />

quasi bei Null an. Alhambra: „Es ist wie ein großer Modellbaukasten,<br />

bei dem man die mehr als 1.000 Teile, aus denen<br />

eine unserer Straßenbahnen besteht, Schritt für Schritt<br />

zusammenbaut.“ Viele Teile kommen aus dem Großraum von<br />

Valencia, das meiste allerdings ist „Made in Europe“: „Wir<br />

So sehen die neuen Tramlinks aus, die ab 2021 durch Erfurt rollen werden.<br />

FOTO: EVAG, FOTOMONTAGE: DÖLLMANN Design + Architektur ZT<br />

24<br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong> 25


EVAG<br />

EVAG<br />

Projektleiter Jose Alhambra erklärt Journal-Reporter Henry Köhlert den ersten Wagenkasten, der zurzeit in Valencia<br />

gebaut wird. Rund 1,5 Monate dauert es, dann ist der Kasten fertig und der nächste Produktionsschritt kann beginnen.<br />

Teresa Albelda Garcia (Foto Mitte) ist Ingenieurin, sie arbeitet an der Fahrwerkentwicklung. Eine Halle weiter besprechen<br />

Juan Carlos Garcia (links) und Victor Valera die nächsten Arbeitsschritte am Wagenkasten.<br />

achten darauf, dass bei unseren Bahnen hohe Qualität verbaut<br />

wird – wir haben in der Branche einen sehr guten Ruf<br />

und wollen ihn natürlich behalten“, sagt Alhambra.<br />

So kommt der Stahl (Duplex Edelstahl, sehr fest – extrem<br />

korrosionsbeständig) von einem finnischen Unternehmen,<br />

die Motoren (pro Wagen sind es sechs mit je 100 Kilowatt<br />

Leistung) werden in Österreich gebaut. Die Sitze für<br />

die Passagiere kommen aus Nördlingen (Bayern), der Fahrersitz<br />

ist eine Spezialanfertigung aus der Schweiz. Die elektrische<br />

Steuerung kommt aus Düsseldorf, die Stromabnehmer<br />

sind ebenfalls „Made in Germany“. Rund 4 Millionen<br />

Euro kostet ein Tramlink (inklusive Ersatzteilpaket und<br />

Spezialwerkzeug). Die Wagen sind erheblich länger (42,5<br />

m) als die Bahnen, die zurzeit in Erfurt unterwegs sind<br />

(ca. 30 m). Die Straßenbahnen mit metrischer Spurweite<br />

(1 m) sind behindertengerecht (100 Prozent Niederflurbauweise),<br />

haben besonders viele Sitzplätze (102 pro Zug). Insgesamt<br />

finden 248 Fahrgäste in den Wagen Platz. Durch fünf<br />

Doppel- und zwei Einzeltüren können die Fahrgäste ein- und<br />

aussteigen.<br />

Platz für 248 Fahrgäste<br />

Alhambra: „Weitere Vorteile unserer Bahnen sind Einsparungen<br />

beim Energieverbrauch und geringere Wartungskosten<br />

für Fahrzeug und Gleis. Sie fahren zum Beispiel sanfter<br />

durch Gleisbögen, das bedeutet weniger Verschleiß an<br />

Rädern und Gleisen.“ Gut für Anwohner und Fahrgäste: Die<br />

Bahnen sind besonders geräuscharm unterwegs.<br />

Die Spanier sind stolz auf ihren Tramlink, der als Prototyp<br />

seit 2011 in Valencia seine Runden dreht: „Unser Unternehmen<br />

wächst, das Interesse an unseren Fahrzeugen ist<br />

Ein Foto von 1946: Es zeigt fast fertige Dampflokomotiven 2600 RENFE in der<br />

Montagehalle (damals noch mitten in Valencia).<br />

groß. Und wir wissen, was wir tun – immerhin werden in Valencia<br />

seit fast 120 Jahren Lokomotiven und Schienenfahrzeuge<br />

gebaut.“ Stadler hat den Betrieb 2015 übernommen:<br />

„Wir sind schon vor 30 Jahren von der Innenstadt Valencias,<br />

wo wir fast 90 Jahre ansässig waren, an den Rand der<br />

Stadt gezogen. Hier haben wir mehr Platz, können weiter<br />

expandieren.“<br />

Die Gegend, in denen die Erfurter Straßenbahnen entwickelt<br />

und produziert werden, ist ganz anders als die in der<br />

Mitte Thüringens. Rund um die Stadt herum liegen von der<br />

Sonne verwöhnte Berge, an fast 300 Tagen scheint sie hier.<br />

Das Licht ist irgendwie klarer, die Luft duftet nach Meer und<br />

den Kräutern des Südens. An der einen Seite des Geländes<br />

von Stadler ist das Mittelmeer (nur getrennt durch eine Autobahn),<br />

an der anderen<br />

Seite gibt es jede Menge<br />

Obst- und Gemüsefelder<br />

– Orangen (angeblich<br />

die besten Spaniens!),<br />

Clementinen, Artischocken,<br />

verschiedene Salate<br />

und Zwiebeln. Im Süden<br />

der Stadt wächst in einem<br />

großen Süßwassergebiet<br />

Reis, kein Wunder, dass<br />

die Paella Nationalgericht<br />

der Region ist.<br />

Doch für die Schönheit<br />

der Gegend haben die Ingenieure<br />

und Handwerker<br />

während des Jobs kaum einen<br />

Blick. Sie arbeiten entweder von 6 Uhr (Schichtbeginn) bis<br />

14 Uhr oder von 14 bis 22 Uhr in einer der rund 17 m hohen<br />

und bis zu 170 m langen Hallen. Alhambra: „Unser Vorteil<br />

liegt darin, dass wir unsere Züge hier im Werk komplett<br />

zusammenbauen. Das bedeutet, dass Probleme und Herausforderungen<br />

zum Beispiel nicht über Videokonferenzen<br />

gelöst werden müssen, wir brauchen dafür nur von der einen<br />

in die andere Halle zu gehen. Wir kennen uns seit Jahren,<br />

vertrauen uns.“<br />

Die Montagehallen von Stadler liegen am Mittelmeer.<br />

Handarbeit als Qualitätsmerkmal<br />

In der ersten Halle werden zum Beispiel die Fahrwerke<br />

nach den Plänen der Kollegen aus dem Verwaltungsgebäude<br />

gefertigt, eine Halle weiter, die Montagehalle, werden<br />

die Wagenkästen („Cajas“) aus verschiedenen Stahlteilen<br />

zusammengeschweißt – größtenteils mit der Hand.<br />

„Manche Dinge kann ein Mensch einfach besser als die Maschine“,<br />

sagt Alhambra. Die einzelnen Produktionsstätten<br />

in der Halle sind mit großen roten Plastikvorhängen abgehängt:<br />

„Damit die Kollegen bei ihrer Arbeit nicht abgelenkt<br />

werden, aber auch, damit zum Beispiel Unbeteiligte<br />

beim Arbeiten mit der Flex nicht die Funken ins Gesicht<br />

bekommen.“<br />

Zurzeit werden hier<br />

die ersten „Cajas“ für<br />

Erfurt zusammengeschweißt<br />

– neben denen,<br />

die zeitgleich für Lugano<br />

(Schweiz) hergestellt<br />

werden. Alhambra: „Auch<br />

da werden bald unsere<br />

Tramlinks fahren, wie<br />

jetzt schon in Chemnitz,<br />

Rostock oder in Gmunden,<br />

Österreich.“<br />

Das vom Freistaat Thüringen<br />

geförderte Vorhaben<br />

wurde durch Mittel<br />

der Europäischen Union<br />

im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung<br />

(EFRE) kofinanziert.<br />

TEXT: HENRY KÖHLERT FOTOS: STADLER VALENCIA F. SIGNES (1),<br />

ALTHEA MEDIA (3), M. BERG (2)<br />

Noch mehr Eindrücke aus Valencia<br />

gibt es hier. Einfach den QR-Code<br />

scannen oder unter www.stadtwerke-erfurt.de/swejournal<br />

nachsehen.<br />

26<br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong> SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

27


AUSBILDUNG<br />

Ausbildungs- und Studienangebote der Stadtwerke Erfurt Gruppe 2020<br />

28<br />

An mir müsst ihr vorbei<br />

Ausbildungsangebote (m/w/d) ab 01.08.2020<br />

• Gärtner FR Zierpflanzenbau<br />

• Fachangestellter für Bäderbetriebe<br />

• Berufskraftfahrer<br />

• Fachkraft für Wasserversorgungstechnik<br />

• Mechatroniker<br />

FOTO: STEVE BAUERSCHMIDT<br />

Eigentlich studiert Lisa-Marie<br />

Erfurt Business Administration<br />

an der FH in Erfurt, inzwischen<br />

im 5. Semester. Bei den Stadtwerken<br />

Erfurt holt sie sich das<br />

praktische Rüstzeug. Für künftige<br />

Azubis hat sie ein paar Tipps<br />

parat.<br />

„Sechs Monate arbeite ich als Praktikantin im<br />

Bereich ,Ausbildung‘ und hab einen spannenden<br />

Job. Ich bereite nicht nur die Eignungstests<br />

der potenziellen Azubis vor, sondern führe sie<br />

auch mit den Bewerbern durch. Zweieinhalb<br />

Stunden lang gilt es, Fragen aus verschiedenen<br />

Bereichen zu beantworten. Aber Angst<br />

muss niemand haben. Vielmehr gilt es, Ruhe<br />

zu bewahren und tief durchzuatmen. Geprüft<br />

werden Allgemeinwissen sowie Mathe- und<br />

Deutschkenntnisse der Bewerber. Wir stellen<br />

aber auch fachspezifische Fragen, die sich<br />

je nach Ausbildungsberuf unterscheiden. Wer<br />

sich für einen technischen Ausbildungsberuf<br />

interessiert, sollte sich also nicht wundern,<br />

wenn es um Fragen aus den Bereichen Physik<br />

und Technik geht. Wer Gärtner werden möchte,<br />

sollte sich in Biologie gut auskennen.<br />

Es schadet auch nicht, einige Fakten über<br />

den Wunschberuf und die Stadtwerke Erfurt<br />

Gruppe im Hinterkopf zu haben. Bewerber mit<br />

guten Ergebnissen können sich über eine Einladung<br />

zum Vorstellungsgespräch freuen.“<br />

Mehr Informationen unter:<br />

www.stadtwerke-erfurt.de/<br />

ausbildung<br />

• Elektroniker für Betriebstechnik<br />

• Kraftfahrzeugmechatroniker<br />

• Gleisbauer<br />

• Fachkraft im Fahrbetrieb<br />

Duale Studienangebote (m/w/d) ab 01.10.2020<br />

• Wirtschaftsinformatik (Bachelor of Science)<br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

Gemütlich<br />

durch den Advent<br />

Sie möchten sich im Vorweihnachtstrubel<br />

entspannen und trotzdem durch<br />

die Stadt bummeln, das vorweihnachtliche<br />

Flair genießen? Wie wäre es mit einer<br />

gemütlichen Tour mit unserem Katerexpress<br />

und einem aromatischen<br />

Glühwein?<br />

Lassen Sie den Weihnachtsstress<br />

einfach hinter sich und genießen Sie<br />

den Lichterzauber bei einer Fahrt mit<br />

der historischen Straßenbahn durch<br />

die Stadt. Der Wagen 190, Katerexpress<br />

genannt, ist ein historisches Unikat.<br />

Gebaut wurde der Gothaer Gelenktriebwagen<br />

vom Typ G4 bereits im Jahr<br />

1967 im VEB Waggonbau Gotha. Viele<br />

Jahre war er im Gothaer Linienverkehr<br />

auf den Schienen unterwegs. Heute<br />

ist die historische Straßenbahn ein<br />

Oldtimer mit Vollkomfort. Seit dem<br />

Umbau im Jahr 2003 bietet der Katerexpress<br />

31 Sitzplätze an gemütlichen<br />

2er-, 3er- und 4er-Tischen.<br />

Der Katerexpress fährt in der Adventszeit<br />

immer Mittwoch bis Samstag<br />

um 16:00, 17:00, 18:00 und 19:00 Uhr an<br />

der Haltestelle „Stadtrundfahrt“, Domplatz<br />

Süd, direkt gegenüber vom Weihnachtsmarkt.<br />

Tickets gibt es im Vorverkauf für<br />

14 Euro im EVAG-Mobilitätszentrum am<br />

Anger und im Ticketshop Thüringen.<br />

Mit etwas Glück gibt es auch Restkarten<br />

direkt an der Haltestelle.<br />

Weihnachts- und Silvesterverkehr<br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

FOTO: STEVE BAUERSCHMIDT<br />

dd<br />

Azubiticket<br />

Thüringen<br />

Es geht weiter! Nach einem<br />

Jahr Pilotbetrieb wird es das<br />

thüringenweit nutzbare Ticket<br />

auch 2020 wieder geben.<br />

Für Auszubildende ist<br />

es zum unschlagbaren Preis<br />

von 50 Euro pro Monat zu<br />

haben und erleichtert vieles,<br />

den Weg von der Arbeit<br />

nach Hause oder zur Berufsschule,<br />

die oft in einem<br />

anderen Ort liegt. Die Differenz<br />

zum gesamten Abo-<br />

Preis übernimmt der Freistaat<br />

Thüringen.<br />

Das Abo lohnt sich für<br />

alle Azubis, die wegen Ausbildung<br />

oder Schule weite<br />

Wege auf sich nehmen und<br />

durch mehrere Tarifzonen<br />

pendeln müssen. Es ist im<br />

gesamten VMT-Verbundgebiet<br />

und in den Nahverkehrszügen<br />

in Thüringen<br />

gültig.<br />

Mehr dazu unter:<br />

www.evag-erfurt.de<br />

d<br />

Zu Weihnachten, Silvester und Neujahr möchten<br />

alle gemeinsam feiern, egal, ob mit Familie<br />

oder Freunden. Und natürlich möchte man auch<br />

das eine oder andere Gläschen trinken und entspannt<br />

nach Hause kommen. Deshalb sind die<br />

Kollegen der EVAG auch in diesem Jahr wieder<br />

im Dienst, um die Erfurter sicher nach Hause zu<br />

bringen, egal, ob per Stadtbahn oder Bus.<br />

Die EVAG stellt sich – wie jedes Jahr – darauf<br />

ein und passt den Fahrplan an. Heiligabend<br />

fahren alle Stadtbahn- und Bus-Linien bis 17:00<br />

Uhr wie Samstag und anschließend mit veränderten<br />

Fahrplänen. Silvester verkehren alle<br />

Stadtbahn-Linien wie Samstag. Nach einer Betriebspause<br />

fahren die Stadtbahn-Linien nach<br />

Sonderfahrplan im 20-Minuten-Takt mit Angerkreuzung<br />

von 00:50 bis 02:30 Uhr. Nach 01:00<br />

Uhr gibt es auf den Bus-Linien 10, 30, 43, 51,<br />

60 und 90 zusätzliche Fahrten in die Ortsteile.<br />

Neujahr fahren die Stadtbahn-Linien zwischen<br />

03:00 und 07:00 Uhr nach einem Sonderfahrplan.<br />

Er liegt in den Fahrzeugen und im EVAG-<br />

Mobilitätszentrum am Anger aus und ist unter<br />

www.evag-erfurt.de einsehbar.<br />

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EVAG<br />

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29


UMWELT<br />

UMWELT<br />

Sauber feiern<br />

Sauber feiern<br />

Erfurt ist schön. Hier lässt es sich gut feiern. Das wird<br />

auch gemacht. Man denke da an das Krämerbrückenfest,<br />

den Karneval, den Weihnachtsmarkt und<br />

und und … Nicht nur die Erfurter wissen das. Zu Tausenden<br />

kommen Gäste, um zusammen mit den Erfurtern Kultur<br />

zu genießen, um Musik zu hören oder einfach nur am<br />

Straßenrand den Karnevalsumzug anzuschauen. Wo viele<br />

Menschen sich versammeln, entsteht Müll, viel Müll.<br />

Die Thüringer Landeshauptstadt möchte aber auch<br />

nach großen Events ansehnlich bleiben, attraktiv für Einwohner<br />

und Besucher. Dass das so bleibt, dafür sorgen<br />

Menschen wie Pascal Graf. Der 22-Jährige arbeitet in der<br />

Straßenreinigung, einer Abteilung der SWE Stadtwirtschaft<br />

GmbH. Er gehört zu den 48 Saubermännern, die<br />

ganz in Orange gekleidet, oft unbeachtet im Trubel, den<br />

Abfall in den Straßen beseitigen. Sein Chef ist Thomas<br />

Niehoff, er hält die Fäden zusammen. „Stadtfeste sind logistische<br />

Herausforderungen für die Straßenreinigung“,<br />

gibt der Abteilungsleiter zu bedenken. Dazu gehören Absprachen<br />

mit den Veranstaltern, Ämtern und den Kollegen<br />

der Entsorgung. Wie viele Abfallgefäße müssen extra<br />

bestellt werden? Wo kommen sie hin? Wann werden<br />

sie gestellt und wann werden diese geleert? Dazu kommt<br />

noch die Reinigung der Straßen und Bürgersteige. Arbeiten<br />

im Hintergrund, die Stadtfestbesucher nur mitbekommen,<br />

wenn etwas nicht funktioniert.<br />

den gröbsten Schmutz. Die beliebten Raketenbatterien<br />

müssen alle per Hand eingesammelt werden. Diese sperrigen<br />

Pappkisten kann keine Kehrmaschine einsaugen. Irgendwie<br />

herrscht Silvester so eine Art Müllanarchie. Viele<br />

denken, dass es O.K. ist, den eigenen Knallermüll einfach<br />

liegenzulassen, auf Plätzen, auf Gehwegen, auf Straßen.<br />

So der Eindruck nicht nur bei Saubermännern der Erfurter<br />

Straßenreinigung.<br />

Aber es gibt ja orangegekleidete Männer wie Pascal<br />

Graf, die machen das schon weg. Sie mögen Teamarbeit<br />

und sind auf diese angewiesen, freuen sich aber auch<br />

über Erfurter Bürger, welche die schöne thüringische<br />

Hauptstadt sauber halten.<br />

TEXT: IVO DIERBACH FOTOS: ELENA KAUFMANN<br />

Saubermänner tanzen auf jedem Fest<br />

Sauber<br />

feiern in Erfurt<br />

Pascal Graf<br />

und Sandro<br />

Fischer mit<br />

dem Kehrfahrzeug<br />

auf dem<br />

Domplatz.<br />

TEXT: HANNES SCHAUERHAMMER<br />

FOTOS: STEVE BAUERSCHMIDT<br />

Dank gibt es für diese Arbeit selten. Ein großes Event<br />

ist da eine Ausnahme: der Karnevalumzug mit mehr als<br />

10.000 Besuchern. Der Müll ist nicht zu übersehen, aber<br />

auch nicht die Straßenreinigung. Sie stellt die letzten Wagen<br />

im Umzug. Es ist zwar – aufgrund des weit verbreiteten<br />

Einweggeschirrs – eines der dreckigsten Erfurter Feste,<br />

aber trotzdem auch das schönste für Pascal Graf: „Die<br />

Stimmung unter den Kollegen ist gut. Uns wird sehr oft<br />

gedankt. Hier bekommen wir die meiste Anerkennung.“<br />

Über 10 Tonnen närrischen Abfall kehren Pascal Graf und<br />

seine Kollegen bis in die Abendstunden zusammen. Diese<br />

Abfallmengen werden nur noch vom Neujahrsfest übertroffen.<br />

Dieses Fest ist wiederum nicht sonderlich beliebt<br />

bei Pascal. Lange Silvester feiern kann er nicht, wenn er<br />

mit 20 Kollegen eingeteilt ist, die wichtigsten Plätze der<br />

Stadt vom Silvestermüll zu reinigen. Beginn ist jedes Jahr<br />

4 Uhr früh auf dem Domplatz. Silvester verwandelt diesen<br />

großen Platz in der Innenstadt in einen Müllplatz. Überall<br />

Flaschen und die immer mehr beliebten Raketenbatterien,<br />

dazwischen Partyleute, die angeheitert Slalom zwischen<br />

dem Müll laufen. „Wenn es nach mir geht, sollte<br />

Feuerwerk in der Innenstadt verboten werden. Wir hätten<br />

ein Müllproblem weniger“, sagt Pascal Graf. Bis 10 Uhr<br />

am ersten Tag des Jahres brauchen die Saubermänner für<br />

Einsatz im Karneval – das Lieblingsfest der Saubermänner.<br />

Pascal Graf bei der Arbeit.<br />

30<br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

31


GUT ZU WISSEN<br />

Frostschutz für den<br />

Wasserzähler<br />

Damit der Wasserzähler auch<br />

in der kalten Jahreszeit ordentlich<br />

funktioniert, muss<br />

er vor Frost geschützt werden.<br />

Die Messeinrichtung ist<br />

Eigentum des Wasserversorgers,<br />

zu den vertraglichen<br />

Pflichten des Kunden gehört<br />

aber der sorgsame Umgang<br />

damit und auch der Schutz<br />

vor Frost.<br />

Nachzulesen ist das in der<br />

Verordnung über Allgemeine<br />

Bedingungen für die Versorgung<br />

mit Wasser (AVBWasserV).<br />

Die ThüWa Thüringen-<br />

Wasser GmbH setzt in ihrem<br />

Versorgungsgebiet Nasszähler<br />

ein. Das Zählwerk dieser<br />

Messeinrichtungen steht unter<br />

Wasser. Bei Temperaturen<br />

unter 0°C kann es durch den<br />

Frost zerstört werden. Das<br />

Zählerglas zerplatzt.<br />

Schon wenige Handgriffe<br />

bewahren den Wasserzähler<br />

vorm „Zerfrieren“. Befindet<br />

er sich nicht ohnehin in<br />

einem frostfreien Raum, dann<br />

schützt ihn eine Verpackung,<br />

z. B. aus Schaumstoff oder<br />

ähnlich wärmendem Material.<br />

Der Grundstückseigentümer<br />

erspart sich damit die<br />

Kosten für das Installieren eines<br />

neuen Zählers und auch<br />

eine Verbrauchsschätzung für<br />

die nächste Wasserrechnung.<br />

Hier riecht es nach Gas! Wie kann das sein?<br />

Bei dem normalen Erdgas, das die Stadtwerke<br />

Erfurt geliefert bekommen und den Kunden bereitstellen,<br />

eigentlich gar nicht, sagte uns der<br />

Leiter des Bereiches Gasnetz, Andreas Huhn.<br />

Im Gegensatz zum viele Jahre genutzten<br />

Stadtgas ist Erdgas nahezu geruchslos. Man<br />

riecht nicht das Gas, sondern ein Odorierungsmittel,<br />

erklärt der Fachmann. Als Odorierung<br />

wird der Zusatz kleinster Mengen geruchsintensiver<br />

Substanzen bezeichnet, die Gasen beigemengt<br />

werden und für den Verbraucher keinen<br />

signifikanten Eigengeruch haben. Also das<br />

Gegenteil zum bekannten Deodorant des täglichen<br />

Bedarfs.<br />

Dem geruchsneutralen Brennstoff Erdgas einen<br />

markanten Duft zu verleihen, ist die wichtige<br />

Sicherheitsmaßnahme in den öffentlichen<br />

Gasnetzen, damit der Kunde über den beigemischten<br />

Geruch Lecks oder defekte Anlagen<br />

schnell bemerken kann. Verwendet werden dafür<br />

üblicherweise leichtflüchtige, typisch riechende<br />

organische Schwefelverbindungen,<br />

deren Geruch an faule Eier erinnert. In Erfurt<br />

werden zurzeit zwei ähnlich riechende Stoffe in<br />

das Gas geimpft.<br />

Im Kernstadtbereich ist es THT (Tetrahydrothiophen),<br />

was nach zwei faulen Eiern riecht,<br />

und in den Ortsteilen ein Mercaptan mit dem<br />

Namen Scentinel® E-, mit dem Geruch drei fauler<br />

Eier.<br />

„Die Stadtwerke Erfurt wollen diese Odoranten<br />

vereinheitlichen und planen, das THT durch<br />

TEXTE: CHRISTINE KARPE FOTOS: ADOBE STOCK<br />

das Mercaptan – also zwei durch drei faule Eier –<br />

abzulösen. Dabei wollen wir auch gleich mal<br />

die Dichtigkeit aller Kundenanlagen testen und<br />

möglichweise auch wieder einige Kunden für<br />

den typischen Erfurter Gasgeruch sensibilisieren.<br />

Denn bei einem langsam entstehenden,<br />

anfangs noch kleinen Gasleck besteht u. a. auch<br />

das Problem, dass sich der Hausbewohner an<br />

den Geruch des Odorierungszusatzes gewöhnt<br />

und die drohende Gefahr nicht erkennt“, erklärt<br />

Andreas Huhn.<br />

Deshalb wird bei der Umstellung auf einen<br />

einheitlichen Geruchsstoff gleich mal die Beimischung<br />

für eine kurze Zeit erhöht. Man spricht<br />

dann von einer sogenannten Stoßodorierung,<br />

erklärt der Gasfachmann. Wichtiger Hinweis<br />

vom Experten: Ein Anruf bei der Störungsstelle<br />

der Erfurter Stadtwerke ist bei einer Geruchswahrnehmung<br />

von faulen Eiern immer erforderlich,<br />

um die Gefahrenquelle im Haus an der<br />

Installationsanlage durch die Fachleute der<br />

SWE Netz GmbH lokalisieren zu lassen. Bei stärkerem<br />

und anhaltendem Gasgeruch ist Gefahr<br />

im Verzug und die Kunden müssen schnellstmöglich<br />

handeln:<br />

☛ Kein offenes Feuer oder Licht!<br />

☛ Gasabsperreinrichtungen<br />

schließen!<br />

☛ Mitbewohner warnen!<br />

☛ Sofort lüften!<br />

☛ 0361 564-3333 von außerhalb<br />

des Hauses anrufen!<br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

Eine eisige Stimmung gibt es wieder bis zum<br />

5. Januar im Garten des Kaisersaals. Eine<br />

200 m² Open-Air-Eisfläche bietet Platz für<br />

schlittern, glennern und Pirouetten<br />

drehen! Wer keine eigenen Schlittschuhe<br />

hat, kann diese auch ausleihen.<br />

Selbstverständlich gibt es auch<br />

zahlreiche Events wie Disko und<br />

Feuerwerk, um für die richtige Eisstimmung<br />

zu sorgen. Für die Pausen<br />

zwischendurch lockt ein Mini-Weihnachtsmarkt<br />

mit Glühwein<br />

und süßen Verlockungen. Natürlich<br />

ist die SWE Energie GmbH mit<br />

Überraschungen dabei.<br />

ÖFFNUNGSZEITEN:<br />

Geöffnet: 26.11.<strong>2019</strong>-05.01.2020<br />

Schließtage: 24.12., 25.12., 31.12., 01.01.<br />

Sonntag bis Donnerstag: 12:00 Uhr-21:00 Uhr<br />

Freitag bis Samstag: 12:00 Uhr-22:00 Uhr<br />

PREISE:<br />

Eintritt zur SWE Eiswelt: frei<br />

Eisbahnnutzung (p. P.):<br />

Erwachsene: 4,00 Euro<br />

Kinder bis 14 Jahre: 3,00 Euro<br />

Studenten: 3,00 Euro<br />

Schulklassen: 2,00 Euro<br />

10er-Karte Erwachsene: 35,00 Euro<br />

10er-Karte Kinder: 25,00 Euro<br />

Familienkarte (max. 2 Erwachsene und 3 Kinder): 11,00 Euro<br />

VERLEIHGEBÜHREN:<br />

Schlittschuhe: 3,00 Euro<br />

Schulklassen: 2,00 Euro<br />

Vereine: 2,00 Euro<br />

Mittwoch ist Familientag:<br />

Eislaufen und Verleih 0,50 Euro günstiger!<br />

FOTO: KOWO<br />

ALLE JAHRE WIEDER<br />

SWE Eiswelt<br />

TEXTE: IVO DIERBACH FOTO: MERLIN MANAGEMENT<br />

GUT ZU WISSEN<br />

Parkplätze für Fahrräder<br />

Fahrräder brauchen nicht nur Platz auf der Straße. Fahrräder<br />

brauchen auch Parkplätze. Die Landeshauptstadt baut<br />

deshalb über ihr kommunales Unternehmen KoWo 526 sichere<br />

Radabstellplätze und eine Fahrradwerkstatt. Dies ist<br />

ein weiterer Schritt, um Erfurt fahrradfreundlicher zu machen.<br />

Das entwickelte Konzept stellt sicher, dass sich die<br />

Radabstellanlagen in unmittelbarer Nähe zu den Wohngebäuden<br />

befinden und welche Art der Anlage jeweils die<br />

geeignetste ist – Fahrradbügel, Fahrradbügel mit Überdachung,<br />

Fahrradeinhausungen oder abschließbare Boxen.<br />

Bis 2022 sollen die Radparkplätze errichtet und in Betrieb<br />

genommen sein.<br />

33


UNSER ERFURT<br />

UNSER ERFURT<br />

Auf Streife<br />

mit dem<br />

Polizeichef<br />

Kaum eine deutsche Großstadt bietet so schöne<br />

Streifengänge wie Erfurt (hier die Waagegasse). Die<br />

beiden Oberkommissare Torsten Laufer (links) und<br />

Julia Neumann (rechts) sowie Polizeichef Jürgen Loyen<br />

kennen ihr Revier, wissen: Erfurt ist nicht nur liebenswert<br />

– es lebt sich hier auch sicher.<br />

Verbrecher haben es in Erfurt schwer. Es gibt kaum eine<br />

deutsche Großstadt, wo Missetaten so oft aufgedeckt<br />

werden wie hier. Seit Jahren über 60 Prozent Aufklärungsquote<br />

– davon können vergleichbare Städte wie Kassel,<br />

Mainz, Chemnitz & Co. nur träumen.<br />

Es gibt 538 gute Gründe dafür, denn genauso viele Polizisten<br />

verrichten ihren Dienst in der Landeshauptstadt<br />

Erfurt. Jürgen Loyen ist seit neun Jahren ihr Chef, ein gebürtiger<br />

Sauerländer, und schwärmt von der Stadt, die er<br />

gerne durchstreift. „Erfurt ist absolut liebenswürdig, auf<br />

seine Art einzigartig. Und Erfurt ist und bleibt eine sichere<br />

Stadt, auch wenn die Herausforderungen an die Polizei,<br />

dass das so bleibt, ständig zunehmen.“<br />

Die Zahl der Straftaten in Erfurt stieg von 22.659 im Jahr<br />

2017 auf 24.074 (2018), Angriffe auf Vollstreckungsbeamte<br />

von 130 auf 188. „Noch vor zehn Jahren hatten wir im<br />

Kontext der inneren Sicherheit sozusagen Friedenszeiten,<br />

auch wenn die Belastung für die Erfurter Polizei schon da<br />

sehr hoch war. Doch seit einiger Zeit und bei sinkendem<br />

Personalbestand muss jede größere Veranstaltung hinsichtlich<br />

eines möglichen Anschlagsfalls bewertet werden.<br />

Bei Vorliegen konkreter Bedrohungen müssen gefährdete<br />

Objekte polizeilich bewacht werden. Dann nehmen wir<br />

noch die Fußballspiele oder große Volksfeste hinzu. Und<br />

wenn größere Veranstaltungen polizeilich begleitet werden<br />

müssen, fehlen uns Polizeibeamte für die Erfüllung<br />

anderer polizeilicher Kernaufgaben in der Gefahrenabwehr,<br />

Strafverfolgung oder einfach nur für den täglichen<br />

Bürgerkontakt“, sagt der leitende Polizeidirektor.<br />

Täglicher Bürgerkontakt, das passt zum Stichwort Anger.<br />

„Es gab ein großes Echo, als ich vor drei Jahren über<br />

die hohe Kriminalitätsbelastung am Anger sprach“, sagt<br />

Loyen. „Obwohl es doch klar sein musste, dass an Orten<br />

mit vielen Menschen zwangsläufig mehr passieren muss,<br />

als in Kleinkleckersdorf, wo sich Hase und Igel gute Nacht<br />

sagen. Eines ist klar: Der unbeteiligte, über den Anger fla-<br />

34<br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong> 35


STICHWORT<br />

UNSER ERFURT<br />

Die Polizei hat ihre Präsenz auf dem Anger verstärkt. Ziel ist es,<br />

das „subjektive Sicherheitsempfinden der Bürger“ zu erhöhen.<br />

nierende Tourist oder Einheimische wird mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

nicht Opfer einer Straftat.“<br />

Loyen weiter: „Von vielen Bürgern, die sich damals an<br />

die Polizei wandten, kam die Aussage, man könne sich<br />

nicht mehr allein über den Anger bewegen, schon gar<br />

nicht als Frau. Oder: Schon mehrfach seien auf dem Anger<br />

Bürger überfallen und ausgeraubt worden. Aber: Die geäußerten<br />

Ängste entsprachen nicht unserer polizeilichen<br />

Erkenntnislage, sondern waren nach unserem Dafürhalten<br />

Ausdruck einer subjektiv empfundenen Unsicherheit.<br />

Wenn die Polizei das nicht ernst nimmt, kann es dazu führen,<br />

dass Menschen ihr Verhalten ändern und bestimmte<br />

Orte meiden. Fakt ist, dass die Wahrscheinlichkeit, in Erfurt<br />

Opfer einer Straftat zu werden, deutlich geringer ist,<br />

als viele Menschen zu wissen meinen.“<br />

Mehr Polizei an bestimmte Orte<br />

Gemeinsam mit der Bereitschaftspolizei wurde die Präsenz<br />

dort erhöht, wo manche Bürger sich nicht mehr sicher<br />

fühlten: „Dies wurde von vielen positiv wahrgenommen<br />

und wirkte sich deutlich auf das subjektive Sicherheitsempfinden<br />

aus.“ Doch nicht nur mehr Polizei hilft: „Die<br />

Stadt setzt beispielsweise auf veränderte Beleuchtungskonzepte<br />

und Grünschnittarbeiten in Parkanlagen, so werden<br />

dunkle Ecken vermieden und das Sicherheitsgefühl<br />

wird gestärkt.“<br />

Wenn Loyen durch Erfurt geht, egal, ob privat oder<br />

dienstlich, dann stößt er an so vielen Ecken auf etwas,<br />

das bei manchen Bürgern ebenfalls das Sicherheitsgefühl<br />

empfindlich stört – Graffitis. „Die können mitunter künstlerisch<br />

wertvoll sein und sollten durchaus ihren Platz in der<br />

öffentlichen Wahrnehmung haben. Meiner Meinung nach<br />

jedoch driften viele Graffitis in Schmierereien ab und verschandeln<br />

das Stadtbild. Und wenn sich in manchen Gegenden<br />

der Eindruck von Verwahrlosung entfaltet, ist hier<br />

ein Ansatz für die Entstehung von Kriminalität gegeben.<br />

Und ganz nebenbei: Egal, ob kunstvoll oder nicht, das Bemalen<br />

von Wänden anderer ist und bleibt Sachbeschädigung.“<br />

„Wichtig bei der Bekämpfung der Schmierereien ist“, so<br />

Loyen weiter, „dass legale Sprayer Räume und Objekte,<br />

sogenannte Wall of Fames, brauchen, bei denen sie sich<br />

kreativ entfalten können. Illegale Sprayer müssen schnell<br />

festgestellt und ihre Taten konsequent strafrechtlich verfolgt<br />

werden. Darüber hinaus müssen Graffitis durch Bedienstete<br />

der Stadt und auch durch Privateigentümer<br />

beseitigt werden. Letztgenannte können finanzielle Unterstützung<br />

bei der Stadt beantragen. Die Stadt hat wiederum<br />

ein Graffiti-Mobil, also eine Reinigungsmaschine,<br />

um schnell sauber zu machen.“<br />

Eine Sache, die die Polizei seit Neuestem in fast allen<br />

Stadtteilen beschäftigt: E-Scooter. Loyen: „Gerade in<br />

den Abend- und Nachtstunden scheint die Nutzung des<br />

E-Scooters unter Alkohol ein attraktiver Freizeitspaß zu<br />

sein. Leider blenden einige alkoholisierte Rollerfahrer aus,<br />

dass der E-Scooter als Kraftfahrzeug gilt, das heißt, die<br />

Strafen sind vergleichbar empfindlich, als wären die Rollerfahrer<br />

unter Alkohol mit einem PKW gefahren. Seit Juni<br />

bis Mitte Oktober <strong>2019</strong> haben meine Kollegen 140-mal<br />

Fahrer von E-Scootern unter Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln<br />

festgestellt.“<br />

Prävention muss früher beginnen<br />

Doch nicht nur am Lenker oder am Steuer – der Drogenkonsum<br />

und die damit oft verbundene Drogenkriminalität<br />

sind für Erfurt eine steigende Herausforderung. Loyen:<br />

„60 Prozent der einschlägigen Straftaten wie Sachbeschädigung,<br />

Fahrraddiebstahl, Ladendiebstahl, Kelleraufbrüche,<br />

Einbrüche in Firmen und Geschäfte werden durch nur<br />

wenige Täter begangen. Die überaus meisten der uns in<br />

diesen Deliktfeldern bekannten Straftäter sind Drogenkonsumenten.“<br />

Und weiter: „Beängstigend ist, dass unser verfügbares<br />

Personal seit Jahren spürbar sinkt. Den Kontrolldruck bei<br />

der Rauschgiftkriminalität dennoch aufrechtzuerhalten,<br />

lässt sich personell kaum noch realisieren. Dennoch haben<br />

Solche Schmierereien (wie hier auf der Schlösserstraße,<br />

Höhe C&A) verschandeln unzählige Wände<br />

in Erfurt. Polizeichef Jürgen Loyen nennt für das Jahr<br />

2018 genau 579 Fälle von Sachbeschädigungen durch<br />

Graffiti, Aufklärungsquote immerhin 42,8 Prozent.<br />

wir seit Jahren trotz sinkender Kontrolldichte deutliche<br />

Steigerungsraten bei der Feststellung von Drogendelikten.<br />

Einer der Gründe: Weil der Drogenkonsum weit verbreitet<br />

ist, ist es für uns vergleichsweise einfach, Rauschgiftdelikte<br />

festzustellen.“<br />

Loyen: „Mittlerweile steht ein Drittel der festgestellten<br />

Verstöße im Stadtgebiet in Verbindung mit Crystal Meth.<br />

Die Droge macht sofort abhängig und führt oft zum körperlichen<br />

und geistigen Verfall der Konsumenten.“ Die<br />

Auswirkungen auf die Gesellschaft sind kaum abzuschätzen.<br />

Zum Schluss eine ganz wichtige Erkenntnis von Erfurts<br />

ranghöchstem Polizisten zum Thema Sucht: „Mit der Strafverfolgung<br />

allein bekommen wir das Problem nicht in den<br />

Griff, das haben die letzten Jahrzehnte gezeigt. Wir müssen<br />

viel intensiver, viel früher präventiv wirken. Wir dürfen<br />

uns nicht erst um Kinder und Jugendliche kümmern, die<br />

ihre ersten Drogenerfahrungen gesammelt haben. Prävention<br />

muss früher beginnen, muss auch die Eltern und<br />

Lehrer einbeziehen und muss Konzepte bereithalten für<br />

diejenigen, die in die Abhängigkeit rutschen oder schon<br />

gerutscht sind.“<br />

TEXT: HENRY KÖHLERT FOTOS: JACOB SCHRÖTER<br />

36 SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong> SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

37


EVAG<br />

Bei der EVAG<br />

wimmelt es<br />

Busse und Stadtbahnen beherrschen das Erfurter Straßenbild. Tausende Erfurter<br />

fahren täglich zum Einkaufen oder ins Kino, zur Arbeit oder in die Schule. Werktags<br />

sind es über 150.000, die mit den Erfurter Verkehrsbetrieben unterwegs sind. Jetzt<br />

gibt es ein Wimmelbuch, das nicht nur für Kleinkinder, sondern auch für Erwachsene<br />

interessant ist: Es zeigt die Arbeit hinter den Kulissen der EVAG.<br />

Farbenfroher Blick auf den Domplatz.<br />

Auch am Flughafen gibt es viel zu entdecken.<br />

Gezeichnet hat es Kai von Kindleben. Der Illustrator ist<br />

kein unbeschriebenes Blatt. Schon die Wartburg setzte<br />

er für den Sutton Verlag in Szene, erweckte Stülpner-Karl,<br />

den Robin Hood des Erzgebirges, fotografisch<br />

und erzählerisch zu neuem Leben. Aber auch ein Erfurt-Wimmelbuch<br />

mit wunderbaren Stadtansichten gibt<br />

es von ihm.<br />

Die Vergangenheit hat es Kai von Kindleben angetan,<br />

was nicht nur sein Künstlername zeigt. Beim Barockfest<br />

in Gotha war er regelmäßig als Regisseur zugange, organisierte<br />

lange Jahre das „Dinner for One auf Goth’sch“.<br />

In einem kleinen Atelier in der Nähe der alten Residenzstadt<br />

Gotha entwirft er grafische Geschichten. Während<br />

andere inzwischen vermehrt auf den Computer setzen,<br />

schwört Kai von Kindleben auf Tinte und Papier. Seine<br />

Wimmelbilder entstehen am Schreibtisch, mit direktem<br />

Blick auf den kleinen idyllischen Garten. Die ersten Entwürfe<br />

mit Bleistift, danach Tinte. Für die Koloration setzt<br />

er sich an den Computer.<br />

Viel kann man auf seinen Wimmelbildern entdecken.<br />

Wer sich Zeit nimmt, verfällt ins Grübeln, kommt gar ins<br />

Schmunzeln. Vieles erschließt sich erst auf den zweiten<br />

Blick. Da ist die Schildkröte am Erfurter Flughafen, die<br />

den Fußgängerüberweg sehr, sehr gemächlich überquert,<br />

oder die neue Erfurter Demonstrationskultur, die<br />

Kai von Kindleben ebenso in Szene setzte wie die Buswerkstatt<br />

der EVAG, die Baustelle Andreasstraße, die den<br />

Erfurtern viel Geduld abverlangte, oder den Tag der offenen<br />

Tür der Erfurter Verkehrsbetriebe, der jedes Mal<br />

aufs Neue Tausende ans Urbicher Kreuz lockt.<br />

Auf manchen Bildern der neun Motive sind über 300<br />

Personen zu sehen. „Das kann man nicht auf einmal<br />

zeichnen. Jeden Tag kommen ein paar Figuren dazu.<br />

Schließlich soll jede anders aussehen. Was wirklich zeitraubend<br />

ist, sind die Perspektiven. Schließlich soll viel zu<br />

entdecken sein, da muss man genau überlegen, wie man<br />

das Sujet anlegt“, sagt er. So kam er auch auf die Idee,<br />

das Verwaltungsgebäude der EVAG aufzuschneiden und<br />

die Arbeit der Mitarbeiter auf sechs Etagen zu zeigen.<br />

Eingeweihte entdecken auf seinen Bildern hier und da<br />

Figuren, Charakterköpfe, die es wirklich gibt.<br />

Kleine Geschichten zum Schmunzeln<br />

Viel Geduld und Liebe zum Detail hat Kai von Kindleben<br />

in das Buch „Die Erfurter Straßenbahnen und Busse<br />

wimmeln“ gesteckt. Entstanden ist ein wunderbarer<br />

Blick hinter die Kulissen. Viele Gespräche gingen dem<br />

Werk voraus. Bewaffnet mit Stift und Fotoapparat, besuchte<br />

der Illustrator die Buswerkstatt und die Verwaltung,<br />

schaute am Domplatz vorbei, um die Atmosphäre<br />

in sich aufzunehmen. Die Einblicke bei der EVAG möchte<br />

er nicht missen. „Da bekommt man einen ganz anderen<br />

Blick. Wann kann man den Kollegen schon mal<br />

in der Werkstatt zuschauen oder unter eine Straßenbahn<br />

blicken? Das war auch gut so, denn bei der Technik<br />

muss alles ganz gerade und exakt sein. Die kleinen<br />

Kai von Kindleben hat<br />

das Wimmelbuch<br />

gezeichnet.<br />

Geschichten, die Betrachter zum Schmunzeln bringen,<br />

muss man jedoch selbst finden. Da hilft nur, ganz genau<br />

hinzuschauen“, sagt er und erzählt vom Flughafen, der<br />

ihm das größte Kopfzerbrechen bereitete. Drei Tage lang<br />

feilte er an der Konzeption, baute dann die Perspektive<br />

auf. „Aber so ist das nun mal. Manche Motive stehen<br />

nach vier Tagen, für andere brauche ich bis zu vier Wochen“,<br />

sagt Kai von Kindleben, der sich alles selbst angeeignet<br />

hat. Schon als Kind hat er gern gemalt. „Die<br />

Leute mochten meine Bilder, da habe ich einfach weitergemacht.<br />

Die ersten Jahre waren schwer, viel Arbeit<br />

für wenig Geld“, erinnert er sich zurück. Aber es hat sich<br />

gelohnt. Heute ist er ein gefragter Autor, Fotograf und<br />

Illustrator. Und auch das nächste Projekt liegt schon in<br />

der Schublade. Worum es geht, kann er leider nicht verraten.<br />

Nur so viel: Es ist etwas Historisches.<br />

Das EVAG-Wimmelbuch gibt es zum Preis von 14,99<br />

Euro im EVAG-Mobilitätszentrum und in den Erfurter<br />

Buchhandlungen.<br />

TEXT: ANKE ROEDER-ECKERT FOTOS: STEVE BAUERSCHMIDT<br />

ILLUSTRATIONEN: KAI VON KINDLEBEN<br />

38<br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong> 39


BUGA 2021 BUGA 2021<br />

„Haages sind<br />

immer<br />

sesshaft<br />

gewesen...“<br />

Die älteste Kakteengärtnerei<br />

der Welt kommt aus Erfurt<br />

Blick ins Gewächshaus.<br />

Ulrich Haage führt<br />

die Kakteendynastie<br />

in der 5. Generation.<br />

Der Kauf eines Kaktus‘ kann eine Lebensentscheidung sein. Manche<br />

der Pflanzen erreichen das Alter eines Menschen, andere begleiten<br />

sogar zwei oder mehr Generationen einer Familie. 200 Jahre<br />

ist das älteste Exemplar in den Gewächshäusern von „Kakteen<br />

Haage“ in der Erfurter Blumenstraße. Es geht auf Alexander von<br />

Humboldt zurück, der auch in Erfurt weilte. Inhaber Ulrich Haage,<br />

die fünfte Generation nach Firmengründer Friedrich Adolph Haage,<br />

präsentiert das betagte Exemplar stolz den Besuchern, gewürzt<br />

mit einer unterhaltsamen Geschichte vom Urahn, der die<br />

Kakteendynastie begründete. Der 49-jährige Firmeninhaber lebt<br />

die Leidenschaft für die stacheligen Gewächse wie auch die Tradition<br />

seiner Familie, die seit dem 17. Jahrhundert dem Gärtnerberuf<br />

verbunden ist. Nach kurzem Gespräch ist er bereits mittendrin<br />

in der Familienhistorie. Urahn Friedrich August erhielt Anfang des<br />

19. Jahrhunderts seine Ausbildung am Dresdner Hof beim kurfürstlichen<br />

Hofgärtner, auf diese Zeit ist die erste Verbindung zu<br />

Kakteen datiert. Der junge Friedrich Adolph übernahm die Pflege<br />

der fürstlichen Kakteensammlung in der Hofgärtnerei. Der König<br />

wünschte, dass die frostgeschädigte „Königin der Nacht“ auf einem<br />

dieser Feste blüht und dem jungen Haage gelang diese Sensation<br />

dank intensiver Pflege. Zurück in Erfurt hat der Begründer<br />

der Kakteendynastie als Dank für seine Arbeit am Hofe einen<br />

wertvollen Steckling der „Königin der Nacht“ im Gepäck.<br />

Die von ihm gegründete kleine Handels- und Samengärtnerei<br />

entwickelt sich trotz anfänglicher Rückschläge bald zu einem bedeutenden<br />

Gartenbauunternehmen. Durch wechselvolle Zeiten<br />

haben die Haages ihre Firma sicher mit Geschäftssinn, Leidenschaft<br />

und Begeisterung geleitet, sodass Erfurt heute die älteste<br />

Kakteengärtnerei der Welt vorweisen kann.<br />

Neun Mitarbeiter beschäftigt der Kakteenfachmann in den Gewächshäusern.<br />

Zwei Auszubildende gehören seit September zum<br />

Team, darauf ist Ulrich Haage in Zeiten des Bewerbermangels<br />

stolz. Er hat sich bewusst für Leute entschieden, die keinen geradlinigen<br />

Lebenslauf aufweisen können. Beide sind aber mit Begeisterung<br />

für die stacheligen Exoten bei der Sache, das zählt für ihn.<br />

3.000 verschiedene Arten und ca. 2.500 Sorten gehören<br />

heute zum Sortiment der Haages, die ihre Pflanzen<br />

vor Ort und auch online verkaufen. 70 bis 80 Prozent der<br />

Pflanzen in den Erfurter Gewächshäusern werden aus Samen<br />

gezogen. Ulrich Haage ist nicht nur Gärtner, sondern<br />

durch und durch Marketingexperte, das hat er neben dem<br />

Gartenbau studiert. So hat er sich mit ungewöhnlichen<br />

Ideen, z. B. mit dem Kakteenessen oder einem Instawalk,<br />

neue Interessenten und damit auch Kunden erschlossen.<br />

Kakteenliebhaber sind nicht nur Auskenner, die Jahrzehnte<br />

Exoten kultivieren und sogar für Ulrich Haage noch so<br />

manchen Tipp parat haben. Junge Familien, Frauen – die<br />

Kundschaft und die Nachfrage haben sich geändert. Der<br />

Erfurter versucht, die Wünsche aller Kundengruppen zu<br />

bedienen.<br />

Erfurt-Fan und Botschafter<br />

Hat Gartenbau in Erfurt eine Zukunft? Ganz klares „Ja“<br />

von Ulrich Haage, auch aus dem Wissen heraus, dass seine<br />

Vorfahren die Firma am Laufen gehalten haben, in guten<br />

und in schlechten Zeiten. Seit 19<strong>04</strong> findet sich der<br />

Firmensitz in der verlängerten Blumenstraße, am Rande<br />

der Stadt. Ulrich Haage ist hier geboren. Für ihn als Erfurter<br />

Unternehmer ist es selbstverständlich, dass er eng<br />

mit anderen einheimischen Firmen zusammenarbeitet,<br />

seinen Strom z. B. von den Erfurter Stadtwerken bezieht.<br />

Der Kakteengärtner ist Erfurt-Botschafter und schwärmt:<br />

„Die Stadt ist wunderschön, ich bin dankbar, dass dieses<br />

Kleinod so erhalten werden konnte.“<br />

Genauso begeistert wie von seiner Heimatstadt ist er<br />

vom entstehenden Wüsten- und Urwaldhaus Danakil im<br />

egapark. Als die Idee vorgestellt wurde, war er fasziniert<br />

von der Szenografie, der Suche nach dem Wasser, die<br />

ein einzigartiges Besuchererlebnis ermöglicht. Mit seinem<br />

fachlichen Know-how hat er die egapark-Gärtner für<br />

den Umzug des wertvollen Kakteenbestandes vom alten<br />

Haus in ein Zwischenquartier und jetzt in das Danakil beraten.<br />

Bevor der erste egapark-Kaktus ausgegraben wurde,<br />

hat Ulrich Haage Technik und Ablauf des Umzuges im<br />

eigenen Haus an jahrzehntealten Säulenkakteen getestet.<br />

Nun stehen die egapark-Pflanzen im neuen Haus und<br />

Ulrich Haage freut sich auf die BUGA Erfurt 2021, weil er<br />

und alle anderen Erfurter Gärtner zeigen können, was an<br />

Wissen und Können in ihnen steckt. Und die Geschichte<br />

seines Berufsstandes in Erfurt wird öffentlich aufgearbeitet.<br />

Haages kommen darin sicher oft vor.<br />

TEXT: CHRISTINE KARPE FOTOS: STEVE BAUERSCHMIDT<br />

Informationen zur Kakteengärtnerei:<br />

www.kakteen-haage.de<br />

Mehr zu Ulrich Haage:<br />

www.buga2021blog.de<br />

40<br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong> SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong> 41


ENERGIE<br />

ENERGIE<br />

Ganz schön abgehoben<br />

Wer kennt das nicht? Man<br />

plant eine neue Anschaffung<br />

und es muss Platz geschaffen<br />

werden. In unserem Heizkraftwerk<br />

(GuD) musste ein<br />

Schornstein aus Stahl weichen:<br />

30 Tonnen schwer,<br />

37 m hoch. Er gehörte zu einem<br />

Heißwassererzeuger, der<br />

Platz für eine neue Dampfturbine<br />

macht, damit unsere<br />

GuD-Anlage noch effizienter<br />

und flexibler wird.<br />

Gesprengt wurde nicht,<br />

ein Schweißer zerteilte den<br />

Schornstein in zwei Teile.<br />

Ein Schwerlastkran hob die<br />

Schornsteinteile weg.<br />

STROM?<br />

Ist doch<br />

kinderleicht!<br />

Zwei Schülerinnen mit dem Lernheft<br />

„Wir erforschen Energie!“.<br />

Hier sind Profis am Werk: Mit geschickten Händen werden<br />

die dünnen Kabel zuerst fachmännisch abisoliert und<br />

dann von einem Pol der Batterie zum Schalter, von dort zu<br />

einem kleinen Lämpchen in einer Kunststofffassung geführt,<br />

dann weiter zu einem Schalter und dann wieder zum<br />

zweiten Pol der Stromquelle zurück. Bäng!! – Das Licht ist<br />

an. Eine Aufgabe im neuen Lernheft „Wir erforschen Energie!“<br />

haben die Grundschüler aus der Steigerwaldschule<br />

damit erfüllt. Während eine Gruppe Schaltungen baut,<br />

beschäftigt sich eine andere mit dem Zeichnen einer einfachen<br />

Schaltung im Arbeitsheft. Das bietet auf 24 farbigen<br />

und sehr anschaulich gestalteten Seiten Grundwissen<br />

zum Thema Strom für Grundschüler an. Fotos, Zeichnungen,<br />

erklärende Texte – so einfach lernt man, einen Stromkreis<br />

aufzubauen. Weitere Kapitel widmen sich der Stromerzeugung,<br />

Kraftwerksarten, alternativen Energiequellen<br />

und auch dem sicheren Umgang mit Strom.<br />

Das Lernheft ist ein Gemeinschaftsprojekt der SWE<br />

Schulkommunikation der Stadtwerke Erfurt, der Klassenlehrerin<br />

Katrin Lange und der Fachleiterin des Studienseminars<br />

Werken, Simone Otto. Sie gibt in dieser Funktion ihr<br />

Wissen an angehende Lehrer weiter. Wie schnell und sicher<br />

Schüler den Stromkreislauf verstehen, weiß sie aus ihrer<br />

Berufspraxis, sie unterrichtet Werken an der Steigerwaldgrundschule.<br />

Im Werkunterricht fehlte bisher ein praxisorientiertes<br />

Lernheft mit Regionalbezug. Aus diesem<br />

Grund entwickelte Simone Otto mit ihrer Kollegin Annett<br />

Glase von der SWE Schulkommunikation genau solch ein<br />

Bildungsmaterial. „Jetzt ist der Lernbereich Strom noch<br />

besser auf den Punkt gebracht“, erzählt die erfahrene Pädagogin<br />

und ergänzt, „die Schüler erarbeiten sich Themengebiete<br />

selbstständig und wer noch mehr wissen möchte,<br />

kann weiterforschen, wenn noch Zeit im Unterricht bleibt.“<br />

Weil man mit dem Heft allein nicht praktisch arbeiten<br />

kann, packen die Stadtwerke Erfurt zu dieser Unterrichtseinheit<br />

noch ein Technikpaket: Batterie, Kabel, Lämpchen,<br />

Schalter und andere nützliche Dinge wie Bleistifte, Schere<br />

oder einen Abisolierer.<br />

Am Ende der Stunde haben alle Schüler eine funktionstüchtige<br />

Schaltung gebaut. Simone Otto und ihre Kollegin<br />

mussten nur wenig helfen, im fachmännischen Gespräch<br />

haben die Grundschüler Fehler selbst erkannt und behoben.<br />

Strom ist eben doch ganz einfach.<br />

Ihr Fazit: „Unsere Kinder sind die Fachkräfte von Morgen.<br />

Sie für Technik zu begeistern, ist ein wesentliches Anliegen<br />

des Werkunterrichtes in der Grundschule. Mit diesem Material<br />

unterstützen uns die Stadtwerke dabei sehr.“<br />

TEXT: CHRISTINE KARPE FOTOS: STEVE BAUERSCHMIDT<br />

Strom kann so spannend sein.<br />

FOTO: PAUL-RUBEN MUNDTHAL<br />

42<br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

43


THEATER ERFURT<br />

Was für ein Theater<br />

So nah sind sich Zuschauer<br />

und Künstler nur in der Studio.Box.<br />

Larissa Wieczorek<br />

(oben rechts) ist Dramaturgin<br />

und Produktionsleiterin,<br />

sie freut sich über die neuen<br />

Möglichkeiten, die sich allen<br />

Beteiligten in dieser einzigartigen<br />

Theaterwelt bieten.<br />

K<br />

ontaktscheue Menschen sollten diesen 13x13 m großen<br />

Raum tunlichst meiden. Könnte nämlich sein,<br />

dass sie auf einmal mittendrin sind, statt außen vor.<br />

Plötzlich Teil eines Stückes, nur einen Hauch von dem Geschehen,<br />

das mitten um sie herum geschieht, entfernt.<br />

„Studio.Box“ heißt das Projekt des Theater Erfurt und<br />

es ist (Musik-)Theater der anderen Art – Zuschauer erleben<br />

es direkter, näher, lebendiger. „Hier ist Schluss mit der<br />

gewohnten Trennung zwischen Publikum und Darstellern!<br />

Alle befinden sich gemeinsam in einer rundum gestalteten<br />

Raumbühne. Die Studio.Box fungiert als Bühne, Galerie,<br />

Tanzlokal, Konzertzimmer, Installationsobjekt oder Gesprächsforum“,<br />

sagt Dramaturgin und Produktionsleiterin<br />

Larissa Wieczorek.<br />

Während bei „normalen Theaterstücken“, also dem<br />

klassischen Frontaltheater, der Zuschauer klar von den<br />

Künstlern getrennt ist und sein Blick sich meist nach vorne<br />

Richtung Bühne wendet, ist die Kunst in der Box rund-<br />

um erlebbar – die Zuschauer sitzen immer mitten im Bühnenbild.<br />

Clubtheater-Atmosphäre<br />

Wieczorek: „So entstehen Spielflächen für unerwartete<br />

und intensive Theatererlebnisse, die man aus unterschiedlichsten<br />

Positionen und Perspektiven erleben<br />

kann.“ In Clubtheater-Atmosphäre gibt’s hier Kinderoper,<br />

Musical, Minimal-Music-Kammeroper, experimentelles<br />

Musiktheater, aber auch Künstlergespräche beim Late<br />

Night Talk, Theaterabende mit traditionell-unkonventionellen<br />

Musik- und Darstellungsformen, Konzerte in gemütlichem<br />

Ambiente und Mottopartys zum Feiern in passender<br />

Kostümierung. „In der Studio.Box ist alles echt und<br />

live“, sagt die Dramaturgin.<br />

Beispiele?<br />

Zum Spielzeitauftakt verwandelte sich die Studio.Box in<br />

eine Badelandschaft mit Fabelwesen – „Poolkonzert“ hieß<br />

das Erlebnis für die Zuschauer, die am Poolrand Platz nehmen<br />

und der Musik von vier Musikerinnen lauschen konnten.<br />

In „Die große Wörterfabrik“, einer Kammeroper von<br />

Martin Zels (nicht nur) für Kinder, muss man sich Wörter<br />

kaufen und schlucken, bevor man sie aussprechen kann.<br />

Die Zuschauer sind nur wenige Armlängen von den Musikern<br />

entfernt, die hier auch Schauspieler sind.<br />

Oder die vertonten „Kafka-Fragmente“ für Sopran und<br />

Violine von György Kurtág – ein einzigartiges Musik/Literatur-Erlebnis<br />

ab April 2020. Lieber Lust auf ein „Picknickkonzert“<br />

mit Kammermusik von Beethoven und<br />

das Ganze in Wald-Atmosphäre? Dann schon mal den<br />

15. Dezember vormerken …<br />

„In der Strafkolonie“, einer Kammeroper von Philip Glass,<br />

durchwandeln die Zuschauer, wie „Besucher“ das Geschehen<br />

betrachtend, das imaginäre Gefangenenlager, das sie<br />

sich mit den Darstellern teilen. „Wir haben nach Stücken<br />

gesucht, die viele Varianten bieten, mit den räumlichen<br />

Möglichkeiten zu spielen, die unsere Studio.Box aufweist“,<br />

sagt Larissa Wieczorek. Was hier passiert, ist durchschaubarer<br />

als das althergebrachte Illusionstheater, es lässt aber<br />

viel Spiel mit der Fantasie zu. „Es ist eben totales Theater!<br />

Das Zusammenspiel verschiedenster sinnlicher Erfahrungen<br />

und aller musischen, darstellerischen, performativen<br />

und bildenden Künste.“<br />

Herausforderung für Künstler<br />

Ein Theater, das nicht nur die Zuschauer fesseln soll<br />

– auch für die Darsteller bedeutet die Studio.Box eine Herausforderung.<br />

Wieczorek: „Beim herkömmlichen Theater<br />

sehen die Darsteller die Zuschauer nicht oder nur kaum –<br />

hier sind sie ihnen sehr nahe. Die Interaktion ist unmittelbar<br />

und real. Und die Zuschauer erleben die Darsteller aus<br />

unterschiedlichsten Perspektiven, was natürlich auch Einfluss<br />

auf das Spiel hat.“<br />

TEXT: HENRY KÖHLERT<br />

FOTOS: LUTZ EDELHOFF/THEATER ERFURT<br />

44<br />

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UNSER ERFURT<br />

Fernando Blumenthal ist von Haus<br />

aus selbst Schauspieler. Sein Glück<br />

hat er in der Regie gefunden.<br />

Katrin Heinke, Ulf Annel,<br />

Beatrice Thron und Andreas<br />

Pflug haben jeden Tag Spaß,<br />

sogar auf Arbeit.<br />

Auch Scherze<br />

müssen gut geplant sein<br />

Techniker Stefan<br />

Raabe setzt alles ins<br />

rechte Licht.<br />

TEXT: ANKE ROEDER-ECKERT FOTOS: STEVE BAUERSCHMIDT<br />

40 Jahre „Die Arche“: Kabarett ist eine Wissenschaft für sich<br />

Wenn Ulf Annel, Beatrice Thron, Katrin Heinke und<br />

Andreas Pflug auf der Bühne stehen, hat es eine Leichtigkeit,<br />

der die große Ernsthaftigkeit scheinbar abgeht.<br />

Alles sieht aus wie ein großes, fröhliches Spiel. Doch<br />

falsch gedacht! Jeder Gag, jede Pointe ist akribisch geplant.<br />

„Schließlich entsteht Humor erst durch die ernsthafte<br />

Betrachtung der Dinge“, sagt Fernando Blumenthal,<br />

Regisseur des Ganzen, und erzählt schnell mal einen<br />

Witz, wie sein Beruf einst entstanden ist.<br />

Jedes Programm ist harte Arbeit. „Es ist ja nicht so,<br />

dass wir ein Stück spielen und dann überlegen, was<br />

könnten wir denn jetzt mal machen?“, erklärt Ulf Annel.<br />

Schon lange vorher setzt sich das Team zusammen,<br />

schaut sich in die Augen, diskutiert aktuelle Themen,<br />

streitet für das eine Sujet, verwirft das andere, überspitzt,<br />

um die Leute durch die Wandlung ins Absurde<br />

zum Nachdenken zu bringen. „Das macht schon Spaß“,<br />

sagt Andreas Pflug, der mit Annel zu den alten<br />

Hasen der „Arche“ zählt, die Mensch und Gesellschaft<br />

seit 40 Jahren aufs Korn nimmt.<br />

Das Ensemble ist groß, viele Programme<br />

laufen mit freien Künstlern, z. B. mit<br />

Katrin Heinke, die auch am Theater<br />

Erfurt spielt, oder Julia Maronde<br />

und Dominique Wand.<br />

„Aber alles nicht ohne un-<br />

ser Team hier vor Ort, so Annel. „Ohne Viola Weiß wären<br />

wir aufgeschmissen. Sie ist unsere Chaosbeseitigerin“,<br />

sagt er und fügt hinzu: „Wenn sie was sagt,<br />

hören alle zu.“ Aber auch die beiden Techniker Enrico<br />

Sobetzki und Stefan Raabe wollen die Kabarettisten<br />

nicht missen. Sie sorgen nicht nur für die richtige Beleuchtung<br />

und guten Ton, sondern haben ein Händchen<br />

für das perfekte Bühnenbild. Nicht zu vergessen Harald<br />

Richter, mit dem „Die Arche“ einen hoch engagierten<br />

Geschäftsführer hat.<br />

Im Schnitt beginnt die Arbeit am nächsten Stück schon<br />

ein halbes Jahr vorher. „Wenn wir noch mit dem einen<br />

Stück Premiere haben, arbeiten wir schon am nächsten“,<br />

sagt Annel. Nur so erklärt sich, dass es „Die Arche“<br />

auf zwei bis drei Premieren im Jahr schafft. Die eigentliche<br />

Probezeit hingegen ist vergleichsweise kurz. Sechs,<br />

höchstens sieben Wochen. Zur Vorpremiere – im Schnitt<br />

wenige Tage vor der 1. Aufführung – ist das Textheft in<br />

der Regel noch nicht zu 100 Prozent fertig. Das ist auch<br />

gut so, denn die Vorpremiere ist ein Test. Wie reagiert<br />

das Publikum aufs Programm? Was ist wirklich witzig,<br />

was geht gar nicht? Erst danach wird das Textbuch in die<br />

reine Form gegossen, was so viel heißt wie „schon wieder<br />

Text lernen“. Viel wird auch gestrichen. Aber auch<br />

das sehen die Kabarettisten eher gelassen, getreu dem<br />

Motto: Was gestrichen ist, kann nicht durchfallen.<br />

„Beim Texten sind wir selbst schon gnadenlos, manchmal<br />

ist es eine richtige Zerreißprobe“, sagt Ulf Annel.<br />

„Schließlich muss das Programm nicht nur uns gefallen,<br />

sondern vor allem dem Publikum“, meint er. So wird<br />

um jede Zeile gefochten. Das ist manchmal bitter, wissen<br />

Ulf Annel und Andreas Pflug aus Erfahrung. Die beiden<br />

schreiben große Teile des Programms selbst. Der<br />

„Rest“ – und das ist immerhin fast die Hälfte – kommt<br />

von Autoren, mit denen „Die Arche“ teilweise seit Jahrzehnten<br />

zusammenarbeitet. Nicht nur aus Leipzig oder<br />

Dresden, sondern auch aus Köln und Münster. „Nur so<br />

kommt der westdeutsche Blick mit rein, ein Agieren im<br />

ostdeutschen Tunnel bringt ja keinem was“, so Annel<br />

und verweist darauf, dass auch viele Gäste aus den alten<br />

Bundesländern im Publikum sitzen. Überhaupt ist<br />

jeder Abend eine Überraschung, findet Beatrice Thron.<br />

„Den einen Abend kommen die Leute aus dem Lachen<br />

nicht mehr heraus, den nächsten herrscht fast eisige Stille,<br />

die man nur durch Improvisation wieder aufbrechen<br />

kann“, erzählt sie.<br />

Das neueste Programm? „Seid Netz zueinander!“.<br />

Es widmet sich nicht nur den Doppeldeutigkeiten<br />

der Digitalisierung. Ein Programm<br />

zwischen sozialem, Einkaufs- oder<br />

Stromnetz. Mehr dazu unter www.kabarett-diearche.de<br />

Techniker<br />

Enrico Sobetzki<br />

hat die Technik<br />

voll im Griff.<br />

Wenn Viola Weiss<br />

spricht, hören alle zu.<br />

Sie bringt Ordnung ins<br />

kreative Chaos.<br />

46 SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong> SWE-Journal <strong>04</strong>_<strong>2019</strong><br />

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Termine von Dezember bis März<br />

egapark-Highlights<br />

Winterleuchten<br />

bis 12.01.2020, egapark, Freigelände<br />

Florales zur Weihnachtszeit<br />

bis 26.12.<strong>2019</strong>, Felsenkeller am Domplatz<br />

Winterlicher Glühweinspaziergang<br />

durch eine bunte Lichterwelt<br />

07.12, 14.12.<strong>2019</strong>, <strong>04</strong>.01.2020, 17:30 Uhr,<br />

egapark, Tickets im Vorverkauf im Besucherzentrum<br />

„Emil bei den Wikingern“ – Geschichten<br />

in der Winterzeit<br />

08.12.<strong>2019</strong>, 17:30, 18:00 Uhr, egapark, Besucherzentrum,<br />

für Kinder von 6 bis 10 Jahren<br />

„Lesetheater Wolkenzauber“ – Geschichten<br />

in der Winterzeit<br />

15.12.<strong>2019</strong>, 17:30, 18:30 Uhr, egapark, Besucherzentrum,<br />

für Kinder von 4 bis 10 Jahren<br />

„Märchen aus aller Welt“ – Geschichten in<br />

der Winterzeit<br />

29.12.<strong>2019</strong>, egapark, Besucherzentrum,<br />

17:30 Uhr für Mädchen, 18:30 Uhr für Jungen,<br />

Frau Holle – musikalisches Märchen frech<br />

und frei nach Grimm<br />

01.02.2020, 17:30 Uhr, Mainzpavillon, für Kinder<br />

ab 5 Jahre<br />

Ausblicke in den Nachthimmel<br />

<strong>04</strong>.01.2020, 17:30 Uhr, Sternwarteturm<br />

WinterWonderLand mit Feuershows und<br />

Höhenfeuerwerk<br />

11.01.2020, ab 17:30 Uhr, Philippswiese und<br />

Haupteingang<br />

Auf einen Blick: Mit der App<br />

SWE FÜR ERFURT bestens<br />

informiert – alle Veranstaltungen<br />

in und um Erfurt jetzt mit<br />

neuen Funktionen<br />

Tierische Weihnachtsbescherung<br />

07.12.<strong>2019</strong>, 10:00 bis 16:00 Uhr, im Tierheim<br />

Andreasried, Hinter der Rennbahn 14<br />

Kinderkarneval mit Karneval Klub<br />

Helau Erfurt e. V.<br />

02.02.2020, 13:33 Uhr, Atrium der Stadtwerke<br />

Erfurt (Eintrittskarten über den Verein<br />

erhältlich)<br />

Erfurter Kinderbuchtage<br />

06.-22.03.2020, Buchhandlung Peterknecht<br />

und viele Orte in der Stadt<br />

SWE Eiswelt im Kaisersaalgarten<br />

26.11.<strong>2019</strong>-05.01.2020<br />

Schließtage: 24.12., 25.12., 31.12., 01.01.<br />

Sonntag-Donnerstag: 12:00-21:00 Uhr,<br />

Freitag-Samstag: 12:00-22:00 Uhr<br />

Automobilmesse Erfurt<br />

30.01.2020-02.02.2020, Messe Erfurt<br />

Als Heimvorteil für Strom- und Gaskunden<br />

verlost die SWE Energie GmbH 50x2<br />

Eintrittskarten. Die Teilnahme ist über die App<br />

SWE für Erfurt vom 06.01.-19.01.2020 möglich.<br />

Bäder<br />

Thüringer Meisterschaft im Finswimming<br />

18.01.2020, 07:00-20:00 Uhr,<br />

Roland Matthes Schwimmhalle<br />

Thüringer Meisterschaft Lange Strecke<br />

22.02.2020, Roland Matthes Schwimmhalle<br />

Nicht verpassen!<br />

Katerexpress-Tour – Erfurt und<br />

Glühwein genießen<br />

<strong>04</strong>.-07.12., 11.-14.12., 18.-21.12.<strong>2019</strong>, jeweils<br />

16:00, 17:00, 18:00 und 19:00 Uhr<br />

Abfahrt: Haltestelle Stadtrundfahrt, Domplatz<br />

Süd, Tickets gibt es im Vorverkauf für 14 Euro<br />

im EVAG-Mobilitätszentrum am Anger<br />

Stöbermarkt/Kleidermarkt im Stöberhaus<br />

07.12.<strong>2019</strong>, 08:00-14:00 Uhr<br />

Weihnachtsbasar<br />

bis 24.12.<strong>2019</strong>, alles für ein frohes Fest,<br />

Stöberhaus<br />

Berufsmesse der Integrierten<br />

Gesamtschule Johannesplatz<br />

13.01.2020, Aula, SWE Ausbildung am Start<br />

Berufsinformationsmesse Arnstadt<br />

25.01.2020, in der Karl-Liebknecht-Straße 27,<br />

Arnstadt, SWE Ausbildung am Start<br />

Erfurter Faschingsumzug<br />

23.02.<strong>2019</strong>, 13:00 Uhr, Domplatz<br />

Tag der Berufe<br />

<strong>04</strong>.03.2020, ab 14:00 Uhr an verschiedenen<br />

Standorten der Stadtwerke Erfurt Gruppe<br />

vocatium Erfurt<br />

28.-29.<strong>04</strong>.2020, Steigerwaldstadion<br />

SWE Ausbildung am Start<br />

Kontakte<br />

■ SWE HAUPTSITZ<br />

Magdeburger Allee 34, Erfurt<br />

■ VERSORGUNG<br />

Kommunales Dienstleistungszentrum<br />

An-, Um- und Abmeldungen Gas, Strom und<br />

Wasser, Telefon: 0361 564-1010<br />

Störungsnummern<br />

Strom 0361 564-1000<br />

Wärme 0361 564-3000<br />

Erdgas 0361 564-3333<br />

Wasser 0361 51113<br />

Entsorgung<br />

Kundendienst<br />

Telefon: 0361 564-3455<br />

■ MOBILITÄT<br />

EVAG-Mobilitätszentrum<br />

am Anger: Beratung, Verkauf<br />

und Information<br />

Fahrplan und Tarifauskünfte<br />

Telefon: 0361 19449<br />

Kundenbetreuung<br />

Telefon: 0361 564-4644<br />

■ FREIZEIT<br />

egapark Erfurt<br />

Besucherservice<br />

Telefon: 0361 564-3737<br />

Bäder<br />

Telefon: 0361 564-3532

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