PRISMA_2-19
Informationszeitung der VP Sitzenberg-Reidling, Herbst 2019
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Wer regiert
künftig die Welt: G2 oder G3?
Friedrich Merz ist nach der
Niederlage im Rennen um
den CDU-Vorsitz wieder
zurück auf der politischen
Bühne. Und auf der Suche
nach der Weltpolitikfähigkeit Europas.
Wir sind Zeugen eines Epochenwandels,
eines potenziell ziemlich
gefährlichen noch dazu.
Das erhöht natürlich die Nachfrage
nach Welterklärern und Zeichendeutern,
die die Fähigkeit besitzen,
in diesen unsicheren Zeiten Orientierung
zu geben und Entwicklungen
einzuordnen. Und wenn dann auch
noch ein paar Antworten auf große
Fragen dabei sind: umso besser.
Friedrich Merz ist, jedenfalls für ein
überwiegend bürgerliches Publikum,
so ein Weltenerklärer und Orientierungsgeber.
Der 63-Jährige, der für Blackrock,
den weltgrößten Vermögensverwalter,
arbeitet, war vergangenes Jahr
der Hoffnungsträger des konservativen
Flügels der CDU, als es um die
Nachfolge von Angela Merkel an der
Parteispitze ging. Schließlich machte
zwar, knapp, aber doch, Annegret
Kramp-Karrenbauer das Rennen.
Aber seitdem ist Merz wieder zurück
auf der politischen Bühne. Quasi
in Warteposition. Denn dass er mit
diesem Kapitel abgeschlossen hätte,
diesen Eindruck versucht Merz, der
ehemalige Klubchef und Finanzexperte
der Union, der einst von
Angela Merkel aus der aktiven Politik
gedrängt wurde, erst gar nicht zu
erwecken.
Am Donnerstag, 29. August 2019,
war er als Gastredner, in Diskussion
mit Dr. Dressler, beim Europafrühstück
„Europa in Bewegung“ in
Alpbach zu Gast, das vom Land
Niederösterreich veranstaltet wurde.
Aber zurück zu den gefährlichen
Zeiten des Umbruchs. Die Politik
von US-Präsident Donald Trump
bedeutet für Merz das Ende der
„Pax Americana“ für Europa mit
der – bereits von Merkel ausgesprochen
– Konsequenz, dass Europa
seine Sicherheit in die eigene Hand
nehmen müsse.
Dabei stellt sich für Merz die alles
entscheidende Frage: „Ist Europa
weltpolitikfähig?“ Oder anders
formuliert: Wird diese Weltpolitik
künftig von den G2, also den beiden
Großen USA und China im Alleingang
gestaltet, oder doch von den
G3, also USA, China plus Europa?
Als eine Voraussetzung dafür sieht
Merz, dass künftig Gruppen von
EU-Staaten bei einzelnen wichtigen
Themen vorangehen können. Dies
soll die Dynamik der EU erhöhen.
Rasend optimistisch ist Merz dabei
nicht, angesichts der aktuellen Verfasstheit
der EU. Der Brexit schwächt
die Union militärisch, fehlen werde
aber auch die liberale Stimme
der Briten; das letzte große Projekt
liegt mit dem Airbus mittlerweile
50 Jahre zurück; vor allem aber sieht
er Deutschland derzeit in keiner
Verfassung, bei den notwendigen
Veränderungen in der EU eine Führungsrolle
zu spielen – politisch wie
wirtschaftlich.
„Unterwürfig gegenüber China“
Die Stunde der Wahrheit sieht
Merz im zweiten Halbjahr 2020
gekommen. Dann wird die neue
EU-Kommission voll ihre Arbeit aufgenommen
haben und Deutschland
den Vorsitz in der Union innehaben.
Dann gelte es, die großen Fragen der
EU auf den Tisch zu legen und politische
Lösungen zu erarbeiten. Das
bedeutet für Merz die Notwendigkeit
einer starken deutschen Regierung,
doch das werde schwierig angesichts ➔
Foto: © NLK Reinberger
Prisma Herbst 2019 19