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Rezension zu: Prof. Dr. Friedrich Maier (2019):
„Imperium. Von Augustus zum Algorithmus –
Geschichte einer Ideologie“.
Bad Driburg: Ovid-Verlag. 10 Euro
Prof. Friedrich Maier befasst sich in seinem aktuellen
Werk „Imperium. Von Augustus zum Algorithmus
– Geschichte einer Ideologie“ mit der
römischen Herrschaftspolitik, dem Imperialismus,
und ihren Entwicklungen bis in die Neuzeit. Der
Band reiht sich als letzter Titel in die Essay-Trilogie
„Gegenwart der Antike“ ein.
Der 224 Seiten umfassende Band besteht aus 13
Essays, die jeweils unterschiedliche thematische
Schwerpunkte rund um den römischen Herrschaftsgedanken
beleuchten und dessen historische
Entwicklung nachvollziehen. Dabei werden
zentrale Stellen aus Werken der römischen Literatur
herangezogen, die die Ausführungen stützen
bzw. als ihr Aufhänger fungieren. Am Ende wird
auf die Gegenwart eingegangen, auf den „digitalen“
Imperialismus und seine möglichen Facetten
in der Zukunft.
Die einzelnen Essays sind immer wieder inhaltlich
aufeinander bezogen und greifen zentrale
Gedanken an unterschiedlichen Stellen auf, sodass
ein in sich geschlossenes Bild des von den
Römern begründeten Imperialismus im Wandel
der Zeit entsteht. Diese Herangehensweise bietet
außerdem die Möglichkeit, die Essays nach den
eigenen Interessensschwerpunkten in anderer
Reihenfolge als der dargebotenen zu lesen.
Zu Beginn wird der römische Imperiumsbegriff in
seinen Facetten (Schonung von Besiegten, Vermittlung
von Kultur, aber auch hartes Vorgehen
gegen die, die sich widersetzen) umrissen, wobei
bereits hier auf die zentralen Stellen der Aeneis
verwiesen wird.
Die Darstellung des rächenden Aeneas am Ende
der Aeneis, der sich gegenüber dem besiegten
Turnus in keiner Weise moralisch adäquat verhält
und damit als erster „Römer“ der Geschichte den
Herrschaftsauftrag nur teilweise erfüllen kann,
überzeugt durch plastische Schilderungen und
regt den Leser durch viele Fragen zur eigenen
Auseinandersetzung mit der Problematik des imperialistischen
Herrschaftsmodells an.
Es folgt ein Abriss über das Feindbild der Barbaren
sowie Caesar und seine commentarii, in dem
vor allem auf die sprachlichen und stilistischen
Besonderheiten der Schilderungen dieses „Tatenberichts“
eingegangen wird.
Auf die literarische Darstellung von kritischen
Stimmen zum Imperialismus der Römer wird im
nächsten Essay eingegangen. Über die Darstellung
des Imperialismus unter Augustus in den
nächsten drei Essays gelangt der Autor schließlich
zum Christentum. Das 10. Kapitel beschäftigt
sich mit dem Mittelalter sowie dem von Europa
ausgehenden Kolonialismus, das 11. mit Papst
Franziskus sowie seinem Vorbild, dem Heiligen
Franz von Assisi. Der 12. Essay beinhaltet die Rolle
der Naturwissenschaften als zentrales Element
bei der Unterwerfung der Welt (nicht mehr nur
der Menschen, sondern vielmehr auch der Natur)
sowie Überlegungen zu den Auswirkungen des
technischen Fortschritts.
Der letzte Essay befasst sich mit der Digitalisierung
in der Gegenwart sowie dem digitalen Imperialismus
– also dem Siegeszug der digitalen
Entwicklungen in der ganzen Welt und den damit
verbundenen Gefahren und Veränderungen im
Leben und Denken.
In einer Nachbetrachtung stellt der Autor die Problematik
fehlenden Geschichtswissens und -bewusstseins
in der heutigen Generation und ihre
Ausrichtung auf die Zukunft ohne Kenntnis der
Vergangenheit dar. Er betont die Relevanz von
geschichtlichem Wissen sowie der Kenntnis universaler
Modelle.
Die anschauliche, abwechslungsreiche Sprache
sowie die kurzen und prägnanten Sätze machen
die Lektüre kurzweilig. Zahlreiche Bilder illustrieren
die jeweiligen Ausführungen passend.
Mit seinem aktuellen Buch ist Prof. Maier erneut
ein Werk gelungen, das nicht nur sein großes
Wissen im Bereich der Antike und der heutigen
Zeit erkennen lässt, sondern auch für (Latein-)
lehrer (und alle anderen an der römischen Antike
Interessierten) eine besonders lesenswerte
Lektüre darstellt. Für Lehrer bietet das Buch viele
unterschiedliche Ansätze, wie sie bei den Schülern
Geschichtsbewusstsein und Interesse an
der Geschichte wecken, sie für die Bedeutung
des Vergangenen für Gegenwart und Zukunft
sensibilisieren sowie ein lebendiges Bild der Vergangenheit
im Schüler entstehen lassen können.
Die Verknüpfung von Vergangenheit und Zukunft
Weeber, Karl-Wilhelm: Spectaculum.
Die Erfindung der Show im Antiken Rom,
Herder Verlag, Freiburg i. Br., 2019,
ISBN 978-3-451-38174-4, 368 Seiten,
32,00 €, als e-book 21,99 €
wird an der fortdauernden Bedeutung des Imperialismus
als Grundkonstante besonders nachvollziehbar
und plastisch erfahrbar. Sowohl die
zahlreichen Bilder als auch die lateinischen Texte
bieten Möglichkeiten, die antiken Inhalte im Unterricht
zu aktualisieren und zur Lebenswelt der
Schüler in Bezug zu setzen.
Rosina Ziegenhain 23.09.2019 in: DASIU 2019
(demnächst)
„Auch das Vergnügen des Ritters ist mittlerweile
vom Ohr zu den unsteten Augen und zu nichtigen
Freuden gewandert. (Horaz, epist. II 1,87f.: verum
equitis quoque iam migravit ab aure voluptas
/ omnis ad incertos oculos et gaudia vana). Mit
diesen zwei Versen bringt der Dichter Horaz einen
zentralen Befund auf den Punkt: Die meisten
seiner Landsleute waren ausgesprochene Augenmenschen.“
So beginnt Karl-Wilhelm Weeber sein
neues Buch unter der ersten Kapitelüberschrift:
„Schauen, was gezeigt wird. Eine Einführung in
die römische Augenkunde“, 7ff. „Der Adressat
des literarischen Briefs, in dem Horaz sich von
diesen „hohlen“ Schauvergnügen distanziert, ist
übrigens Augustus. Und es gehört schon einiger
Mut dazu, solche kritische Anmerkungen zum
spectacula-Betrieb seiner Zeit ausgerechnet gegenüber
dem ersten Mann im Staate zu äußern.
Denn auf der einen Seite war Augustus selbst ein
passionierter Zuschauer, der auch an ziemlich
rustikalen Schauveranstaltungen Gefallen fand.
Zu anderen führte er geradezu programmatisch
die politische Tradition der Republik fort, sich der
Gunst des Volkes durch die Ausrichtung öffentlicher
Spiele zu versichern. Er baute dieses Spiele-
„System“ intensiv aus und monopolisierte es in
Rom geradezu für sich als Kaiser.“(10)
Das Phänomen des spectare illustriert Weeber
an einigen Beispielen aus dem öffentlichen und
privaten Raum, betont allerdings, dass es kein
Problem wäre, den Befund auf weitere Bereiche
auszudehnen, was freilich den Rahmen des Buchs
gesprengt hätte. Er wählt folgende Beispiele und
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