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Funktionen der Architektur

ISBN 978-3-86859-585-7

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<strong>Funktionen</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Architektur</strong>


<strong>Funktionen</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Architektur</strong><br />

KATHARINA WERESCH


Inhalt<br />

Einleitung13<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätten und die<br />

Verhäuslichung <strong>der</strong> Kindheit 17<br />

Wohnungsbau im Wandel<br />

<strong>der</strong> Familienstrukturen 135<br />

Bauten für Wohnen und<br />

Leben im Alter im Kontext<br />

demografischer Verän<strong>der</strong>ungen 243<br />

Schlussbetrachtung351<br />

Anhang<br />

Anmerkungen354<br />

Bildnachweis360<br />

Literaturverzeichnis364<br />

Inhalt


Einleitung<br />

Diese Publikation verfolgt das Ziel, <strong>Funktionen</strong> <strong>der</strong> <strong>Architektur</strong> aus mehreren<br />

Perspektiven und Dimensionen zu erforschen. 1 Sie legt zugrunde, dass <strong>Architektur</strong><br />

die gesellschaftlichen Verhältnisse in <strong>der</strong> jeweiligen Zeit in gebauten<br />

Raum transformiert. Als Transformation wird die gestalterische Umformung<br />

von Wissen, Bauprogrammen, bautechnischen und sozialwissenschaftlichen<br />

Erkenntnissen in architektonischen Raum definiert. <strong>Architektur</strong> ist demzufolge<br />

ein symbolischer Ausdruck <strong>der</strong> Gesellschaft, da sie <strong>der</strong>en <strong>Funktionen</strong> in<br />

Materie, Raum und Orte umsetzt. 2<br />

Die Wahrnehmung und das Erkennen <strong>der</strong> räumlichen Symbole erlernen<br />

die Gesellschaftsmitglie<strong>der</strong> in ihrer individuellen Zivilisierung. Eine Kirche,<br />

eine Synagoge o<strong>der</strong> eine Moschee beispielsweise rufen im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

an<strong>der</strong>e Empfindungen hervor als im 21. Jahrhun<strong>der</strong>t, bei Katholiken an<strong>der</strong>e<br />

als bei Protestanten, Juden o<strong>der</strong> Muslimen, und bei Achtzigjährigen an<strong>der</strong>e<br />

als bei Zwanzigjährigen.<br />

Jede architektonische Form, jedes architektonische Merkmal löst<br />

erlernte Reaktionen beim Wahrnehmenden aus, die wie<strong>der</strong>um sein Verhalten<br />

beeinflussen. Die vorliegende Forschungsarbeit untersucht die genannten<br />

Prozesse anhand dreier Nutzungstypen und Lebensbereiche: Der erste Teil<br />

behandelt die Kindheit und skizziert <strong>der</strong>en gesellschaftliche Wandlung seit<br />

über 100 Jahren sowie ihre architektonische Verräumlichung und analysiert<br />

die heutigen Kin<strong>der</strong>tagesstätten. Im zweiten Teil werden die Entwicklung<br />

des Wohnens und des Wohnungsbaus bis zum neuen Mehrgenerationenwohnen<br />

im jahrhun<strong>der</strong>telangen Wandel <strong>der</strong> Familienstrukturen und <strong>der</strong>en<br />

Materialisierung in <strong>Architektur</strong> dargestellt sowie gegenwärtige Wohnanlagen<br />

untersucht. Der dritte Teil skizziert die Wandlung <strong>der</strong> Verhaltens- und Empfindungsstandards<br />

gegenüber dem Alter seit dem Mittelalter, zeigt <strong>der</strong>en architektonische<br />

Transformation und stellt Altenwohnanlagen und institutionalisierte<br />

Pflegeheime im 21. Jahrhun<strong>der</strong>t vor.<br />

Die gegenwärtige <strong>Architektur</strong> <strong>der</strong> drei Lebensbereiche wird anhand <strong>der</strong><br />

Fachliteratur analysiert. Zur Überprüfung ihrer Funktionalität führten Studierende<br />

unter <strong>der</strong> Leitung <strong>der</strong> Verfasserin in Hun<strong>der</strong>ten von Gebäuden teilnehmende<br />

Beobachtungen und Nutzerbefragungen durch.<br />

Kritik<br />

Die <strong>Architektur</strong> leistet die notwendige Transformation häufig nicht in dem<br />

erfor<strong>der</strong>lichen Maße. Sie bietet nicht selten funktional ungeeignete Umgebungen<br />

für die motorische und kognitive Entwicklung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, die individualisierten<br />

familiären Wohnverhältnisse o<strong>der</strong> die kommunikations- und<br />

bewegungsorientierten Bedürfnisse im Alter. Die Untersuchung dokumentiert<br />

in den folgenden Kapiteln, dass sich zwischen <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Architektur</strong><br />

und den wissenschaftlichen Erkenntnissen verschiedener Disziplinen eine<br />

Einleitung<br />

13


Kin<strong>der</strong>tagesstätten und die<br />

Verhäuslichung <strong>der</strong> Kindheit<br />

18<br />

Die heutigen Bautypen für Kin<strong>der</strong>tagesstätten entstehen<br />

als architektonischer Ausdruck langfristiger Zivilisationsprozesse.<br />

Die Lebensphase <strong>der</strong> Kindheit ist seit ungefähr<br />

100 Jahren zunehmend einem gesellschaftlich bedingten,<br />

sozialen und räumlichen Wandel unterworfen, den<br />

die Verfasserin als Prozess <strong>der</strong> Verhäuslichung <strong>der</strong> Kindheit<br />

bezeichnet. Der Begriff Verhäuslichung, ursprünglich<br />

von Peter R. Gleichmann 1 geprägt, bezeichnet den über<br />

Jahrhun<strong>der</strong>te andauernden Prozess <strong>der</strong> allmählichen Verlagerung<br />

von Lebensvollzügen in Gebäude, in denen sich<br />

die Nutzungen unter zunehmen<strong>der</strong> gesellschaftlicher Kontrolle<br />

und Steuerung immer weiter ausdifferenzieren. Die<br />

<strong>Architektur</strong> <strong>der</strong> Bauten beziehungsweise <strong>der</strong> Freiräume für<br />

Kin<strong>der</strong> symbolisiert diesen gesellschaftlichen Wandel. Die<br />

räumlichen Symbole werden von den Gesellschaftsmitglie<strong>der</strong>n<br />

verstanden und lösen Wahrnehmungs- und Verhaltensreaktionen<br />

bei jedem einzelnen von ihnen aus. Sie<br />

unterscheiden sich schichten-, alters- und geschlechtsspezifisch.<br />

Für Architekten bedeutet <strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> Verhäuslichung<br />

<strong>der</strong> Kindheit, dass die Bauaufgabe Kin<strong>der</strong>tagesstätte<br />

zunehmend vom dynamischen gesellschaftlichen<br />

Wandel <strong>der</strong> Kindheit geprägt und die architektonische<br />

Kreativität mit ebendiesem Wandel konfrontiert wird. Sie<br />

transformieren ihn in symbolische Formen <strong>der</strong> <strong>Architektur</strong>.<br />

Der erste Teil dieses Kapitels stellt einleitend die Wandlung<br />

<strong>der</strong> Verhaltens- und Empfindungsstandards hinsichtlich <strong>der</strong><br />

Kindheit im Verlauf des Zivilisationsprozesses skizzenartig<br />

vor. Im Hauptteil, <strong>der</strong> die Entwicklung des 20. und 21. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

behandelt, wird anhand von Kin<strong>der</strong>tagesstätten


gezeigt, wie die gesellschaftlichen Wandlungen in Bautypen,<br />

<strong>Architektur</strong>formen, Grundrissen, Materialien sowie<br />

<strong>Funktionen</strong> und Gestaltungen zum Ausdruck kommen. Die<br />

Bedürfnisse von Kin<strong>der</strong>n von <strong>der</strong> Geburt bis zum Alter von<br />

6 Jahren werden als Grundlagen <strong>der</strong> Planung anhand verschiedener<br />

Wissenschaftsdisziplinen erarbeitet.<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätten und die<br />

Verhäuslichung <strong>der</strong> Kindheit<br />

Zur Erforschung <strong>der</strong> Geschichte zieht die Verfasserin zeitgenössische<br />

Quellen heran. Für die Gegenwart wendet<br />

sie verschiedene Methoden an, die sowohl architektonische<br />

und soziologische Fachliteratur, demografische Statistiken<br />

als auch empirische Untersuchungen von Kin<strong>der</strong>tagesstätten<br />

zugrunde legen. Zu diesem Zweck hat die<br />

Autorin im Verlauf <strong>der</strong> vergangenen 20 Jahre zusammen<br />

mit Studierenden Dutzende von Kin<strong>der</strong>tagesstätten empirisch<br />

untersucht, indem teilnehmende Beobachtungen<br />

<strong>der</strong> Raumnutzungen und <strong>der</strong> Verhaltensweisen stattfanden<br />

und Interviews mit den Kin<strong>der</strong>n, den Betreuern, <strong>der</strong><br />

Leitung und den Eltern durchgeführt wurden. Die Erkenntnisse<br />

dieser empirischen Untersuchung fließen an den entsprechenden<br />

Stellen zusammengefasst ein. Gebäude- und<br />

Freiraumangebote sollten die am gesellschaftlichen Wandel<br />

reflektierten kindlichen Bedürfnisse erfüllen und <strong>der</strong><br />

Entwicklung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> för<strong>der</strong>lich sein. Das Ziel besteht<br />

darin, ein neues gesellschaftliches Verständnis für das kindgerechte<br />

Bauen zu ermöglichen und Orientierungswissen<br />

zur Verfügung zu stellen.<br />

19


Kin<strong>der</strong>tagesstätten und die<br />

Verhäuslichung <strong>der</strong> Kindheit<br />

Die Entwicklung <strong>der</strong> Kindheit<br />

und <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>räume bis<br />

in die 1950er Jahre –<br />

eine zivilisatorische Skizze<br />

Kindheit und Kin<strong>der</strong>räume in <strong>der</strong> bäuerlichen<br />

Gesellschaft<br />

20<br />

Bis ins 19. Jahrhun<strong>der</strong>t existiert für die große Mehrheit <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

keine Kindheit im heutigen Sinne. Die Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bauern und Handwerker<br />

sind vollkommen in das Leben <strong>der</strong> Erwachsenen eingeglie<strong>der</strong>t, bei nahezu<br />

allen Lebensvorgängen gegenwärtig und in die Produktionsgemeinschaft<br />

integriert. Die Kin<strong>der</strong> in bescheideneren ländlichen Verhältnissen verrichten<br />

von klein auf eine Fülle von Arbeiten und stellen Erzeugnisse her, wodurch<br />

ihnen kindliches Spiel und regelmäßiger Schulbesuch versagt bleiben. 2 Das<br />

gemeinschaftliche Zusammenleben in großen bäuerlichen Produktionsfamilien<br />

bietet den Kin<strong>der</strong>n kein Zuhause, wie wir es heute kennen. Ein Haushalt<br />

umfasst bei Bauern, Handwerkern o<strong>der</strong> Gewerbetreibenden viele Personen:<br />

Hauseltern, Verwandte, Gesellen, Knechte und Mägde. Der Schweizer Schriftsteller<br />

Ulrich Bräker (1735–1798) beschreibt in seiner Autobiografie als einer<br />

<strong>der</strong> wenigen schreibenden Menschen aus <strong>der</strong> Schicht <strong>der</strong> einfachen Bauern<br />

diese Verhältnisse in seiner Lebensgeschichte des Armen Mannes im Tockenburg<br />

(1789):<br />

„Es kam alle zwei Jahre geflissentlich ein Kind: Tischgänger genug,<br />

aber darum noch keine Arbeiter […]. Wir sollten anfangen, Winterszeit<br />

etwas zu verdienen. Mein Vater probierte aller Gattung Gespunst:<br />

Flachs, Hanf, Seiden, Wollen, Baumwollen; auch lehrte er uns letztre<br />

kämbeln, Strümpfstricken und <strong>der</strong>gleichen. Aber keins warf damals viel<br />

Lohn ab. Man schmälerte uns den Tisch, meist Milch und Milch, ließ uns<br />

lumpen und lempen, um zu sparen […].“ 3<br />

Die Worte „Tischgänger“ und „Arbeiter“ und die sich daraus abzuleitende<br />

Bedeutung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> kann man an <strong>der</strong> Tischordnung in <strong>der</strong> damaligen bäuerlichen<br />

Gesellschaft ablesen: An <strong>der</strong> Fensterseite sitzen <strong>der</strong> Reihe nach <strong>der</strong><br />

Großknecht, <strong>der</strong> Pferdeknecht, zweiter und dritter Ochsenknecht, Kleinknecht,<br />

Schulte und Junge, ihnen gegenüber die Großdirn und die Lüttdirn. 4<br />

Mädchen und Kin<strong>der</strong> müssen bei Tisch stehen: „Die zwischenmenschlichen<br />

Beziehungen waren weitgehend auf den Nutzen reduziert, den die Mitglie<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Hausgemeinschaft für die Wirtschaft besaßen. Als nutzlose Esser wurden<br />

nur die Kleinkin<strong>der</strong> und die ganz Alten geduldet.“ 5 Das Leben <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> ist


geprägt von <strong>der</strong> Arbeit in Haus, Hof, Stall und auf dem Feld. Kaum jemand<br />

kümmert sich um sie und sie verfügen selten über eigene Räume o<strong>der</strong> Raumanteile.<br />

Herrscht Mangel an Essen, schicken die Eltern sie teils schon mit unter<br />

10 Jahren als Knechte und Mägde auf an<strong>der</strong>e Höfe. Die Hausgemeinschaft<br />

nutzt die zur Verfügung stehenden Menschen und Güter maximal aus. Die<br />

Einführung <strong>der</strong> allgemeinen Schulpflicht in Deutschland seit Anfang des 19.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts än<strong>der</strong>t daran wenig. „Zu wichtig war für die Eltern ihre Mitarbeit<br />

in <strong>der</strong> Bauernwirtschaft und <strong>der</strong> Wert des Lernens und Lesens kaum verstehbar.“<br />

6 Bis zur Industrialisierung gehören rund 80 Prozent <strong>der</strong> Familien dem<br />

Bauernstand an. Neben ihrer Funktion als Arbeitskräfte dienen die Kin<strong>der</strong> den<br />

Eltern bis zum Ersten Weltkrieg zudem als finanzielle Absicherung im Alter.<br />

Für das eigene ökonomische Überleben im Alter bedarf es möglichst vieler<br />

gesun<strong>der</strong> und arbeitstüchtiger Nachkommen. Infolgedessen genießen nur die<br />

ältesten Söhne als Erben des Hofes o<strong>der</strong> Betriebes einen hohen Stellenwert.<br />

Die Kindheit erfährt bis zum 20. Jahrhun<strong>der</strong>t keine Wertschätzung als<br />

eigener Entwicklungsstatus. Die kurze Charakterisierung <strong>der</strong> Kindheit in<br />

<strong>der</strong> bäuerlichen Gesellschaft stellt die langfristig erworbenen Verhaltensund<br />

Empfindungsstandards im Verhältnis von Eltern und Kin<strong>der</strong>n und <strong>der</strong>en<br />

Raumzuordnungen dar. Unsere gegenwärtigen Gefühle und Verhaltensweisen<br />

gegenüber Kin<strong>der</strong>n, die wir als so selbstverständlich o<strong>der</strong> gar als biologisch<br />

angeboren empfinden, sind ein Ergebnis des Zivilisierungsprozesses<br />

zwischen Eltern und Kin<strong>der</strong>n seit dem Ersten Weltkrieg. Unsere Fähigkeit zu<br />

Empathie und Einfühlung in die kindliche Welt ist weniger als 100 Jahre alt.<br />

Diese Erkenntnis ist aus <strong>der</strong> gegenwärtigen psychogenetischen Strukturierung<br />

<strong>der</strong> Menschen in Deutschland schwer zu erfassen und nachzuvollziehen.<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätten und die<br />

Verhäuslichung <strong>der</strong> Kindheit<br />

Kindheit und Kin<strong>der</strong>räume in <strong>der</strong><br />

Industriearbeiterschaft<br />

Die Industrialisierung, die in Deutschland im frühen 19. Jahrhun<strong>der</strong>t beginnt,<br />

verän<strong>der</strong>t die Organisation <strong>der</strong> Arbeit und entsprechend <strong>der</strong> Familien sowie<br />

<strong>der</strong> Kindheit grundlegend. Die ärmeren Landbewohner wan<strong>der</strong>n aufgrund<br />

erhoffter Arbeits- und Verdienstchancen in Massen in die Städte, wodurch<br />

die Arbeiterschaft Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts in Deutschland die bei Weitem<br />

größte Bevölkerungsgruppe bildet. Die Arbeit verlagert sich aus den bäuerlichen<br />

Höfen und <strong>der</strong>en großfamiliärer Einheit in die städtischen industriellen<br />

Produktionsstätten, die häufig weit entfernt von den Wohngebieten liegen<br />

und deshalb mit <strong>der</strong> weitgehenden räumlichen Trennung <strong>der</strong> Eltern von ihren<br />

Kin<strong>der</strong>n einhergehen. 7<br />

Verhaltensstandards und Familienräume in den ersten Mietskasernen<br />

Als Folge <strong>der</strong> massiven Stadtwan<strong>der</strong>ung ländlicher Bevölkerungsgruppen<br />

wächst beispielsweise die Berliner Bevölkerung im Zeitraum von 1862 bis<br />

1900 von 568.000 auf 1,9 Millionen Einwohner, 8 mit dem Ergebnis dramatischer<br />

Verknappung des Wohnraumes für Arbeiter. Die Menschen hausen<br />

unter „unmenschlichen Bedingungen“ in unhygienischen Wohnungen, teilweise<br />

leben bis zu 20 Personen in einem Raum. 9 Die Stuben <strong>der</strong> ersten Miets- 21


Kin<strong>der</strong>tagesstätten und die<br />

Verhäuslichung <strong>der</strong> Kindheit<br />

4 Galerie in <strong>der</strong><br />

Wil<strong>der</strong>spin Infant School,<br />

England, um 1835<br />

24<br />

Alkohol o<strong>der</strong> Drogen ruhiggestellt o<strong>der</strong> als sogenannte Halte-, Zieh- o<strong>der</strong><br />

Kostkin<strong>der</strong> gegen Geld bei an<strong>der</strong>en Arbeiterinnen, häufig alten Frauen, untergebracht.<br />

Die Nutzung von Kin<strong>der</strong>gärten wäre für Arbeiterfamilien we<strong>der</strong><br />

erschwinglich noch verständlich gewesen. Etwas ältere Kin<strong>der</strong> verbringen –<br />

soweit sie nicht arbeiten o<strong>der</strong> zur Schule gehen – ihre Tage unbeaufsichtigt<br />

mit Gleichaltrigen auf den Straßen <strong>der</strong> Arbeiterwohngebiete. 14<br />

Die ganztägige Arbeit <strong>der</strong> Mütter und <strong>der</strong> Zwang, bis zu 15 Kin<strong>der</strong> gebären<br />

zu müssen, erzeugen keine günstigen Voraussetzungen für die Herausbildung<br />

einer angenehmen Familienatmosphäre o<strong>der</strong> gar einer umsorgten<br />

Kindheit. Die Eltern bringen den Kin<strong>der</strong>n wenig Empathie entgegen, eine<br />

enge gefühlsmäßige Bindung zwischen ihnen, und vor allem zwischen Kind<br />

und Vater, kommt selten zustande. 15 Philippe Ariès behauptet in seiner groß<br />

angelegten Studie über die Kindheit, man habe in den ersten Jahren keine<br />

emotionale Beziehung zu den Kin<strong>der</strong>n aufgebaut, weil man täglich mit ihrem<br />

Tode rechnen musste. 16 Tatsächlich war die Kin<strong>der</strong>sterblichkeit hoch, bis zu<br />

30 Prozent sterben im ersten Lebensjahr an Unterernährung. 17 Diese Empfindungsstandards<br />

sind heutzutage kaum vorstellbar.<br />

Zum Vergleich lohnt ein Blick auf das Mutterland <strong>der</strong> Industrialisierung:<br />

In England entstehen bereits ab Ende des 18. und verstärkt zu Beginn des<br />

19. Jahrhun<strong>der</strong>ts Bewahranstalten für kleine Kin<strong>der</strong> erwerbsarbeiten<strong>der</strong> Mütter,<br />

die von den Betrieben selbst, von kirchlichen o<strong>der</strong> wohltätigen Institutionen<br />

eingerichtet werden. Das Personal ist unausgebildet, die Räume sind<br />

in <strong>der</strong> Regel beengt und dürftig. Es handelt sich häufig um ein Schulzimmer<br />

mit Lehrerpult, Tischen und Bänken für 150 Zöglinge im Kleinkindalter, denen<br />

Benehmen, Stillsitzen und etwas Wissen beigebracht werden soll, während<br />

es jedoch primär um ihre Aufbewahrung geht. Einen Garten gibt es nicht.<br />

In Deutschland entstehen Bewahranstalten ab etwa 1830. 1835 entwickelt<br />

<strong>der</strong> Sozialreformer Theodor Fliedner (1800–1864) die Kleinkin<strong>der</strong>schulen, die<br />

neben <strong>der</strong> körperlichen und geistigen Entwicklung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> vor allem ihre<br />

sittlich-religiöse Erziehung in den Mittelpunkt stellen, für die große Masse <strong>der</strong><br />

Arbeiterkin<strong>der</strong> stehen sie nicht zur Verfügung.


5 Adlige Familie<br />

Landgraf Moritz von<br />

Hessen-Kassel<br />

(1572–1632) mit<br />

seiner Familie<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätten und die<br />

Verhäuslichung <strong>der</strong> Kindheit<br />

Kindheit und Kin<strong>der</strong>räume des Adels<br />

und des Bürgertums<br />

Der Adel behandelt Kin<strong>der</strong> wie kleine Erwachsene – in Kleidung und Frisur, in<br />

<strong>der</strong> Einübung <strong>der</strong> zukünftigen Rolle sowie dem Verhalten. Sie leben räumlich<br />

getrennt von den Eltern, bewohnen eigene Trakte im Schloss, nutzen Möbel<br />

für Erwachsene, werden von Ammen und Gouvernanten betreut und pflegen<br />

wenig Kontakt zu ihren Eltern. Die Orte und Räume <strong>der</strong> Erziehung sind je<br />

nach Reichtum und Prestige in separaten Schlosstrakten o<strong>der</strong> gar eigenen<br />

Bauten untergebracht und weisen in <strong>der</strong> Regel eine räumliche Distanz zu den<br />

Räumen <strong>der</strong> Eltern auf.<br />

Verhaltens- und Empfindungsstandards in Bezug auf die Kin<strong>der</strong><br />

Die adlige Mutter entwickelt ihren Kin<strong>der</strong>n gegenüber eine psychische Distanz,<br />

die in <strong>der</strong> räumlichen Distanz ihren Ausdruck findet. Die höfischen Empfindungsstandards<br />

entsprechen nicht dem bürgerlichen Familienideal mit<br />

seiner Vorstellung von mütterlicher Erziehung, das uns heute so selbstverständlich<br />

erscheint. Im Bürgertum und Großbürgertum des 18. und 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

lebt <strong>der</strong> Nachwuchs auch in räumlicher und psychischer Distanz zu<br />

seinen Eltern, weil diese die machthabende adlige Gesellschaft nachahmen.<br />

Da ihre Gebäude kleiner sind, reduzieren sich die Entfernungen: Kin<strong>der</strong> halten<br />

sich mit den Erzieherinnen im Obergeschoss auf, <strong>der</strong>en Räume neben<br />

den Kin<strong>der</strong>zimmern liegen. Kleine Kin<strong>der</strong> dürfen die Gesellschaftsräume nur<br />

nach Auffor<strong>der</strong>ung betreten. Im Großbürgertum, das seine Verhaltensstandards<br />

dem adligen Vorbild nachempfindet, hält sich diese psychische und<br />

räumliche Distanz bis weit ins 20. Jahrhun<strong>der</strong>t.<br />

Unsere heutigen Erwartungen an mütterliche Fürsorge und Zuneigung,<br />

die wir inzwischen als normal und unerlässlich – gewissermaßen angeboren<br />

– betrachten, ist ein Ergebnis des im 19. und 20. Jahrhun<strong>der</strong>t stattfindenden<br />

gesellschaftlichen Wandels im Bürgertum. Der Prozess wird durch<br />

25


Kin<strong>der</strong>tagesstätten und die<br />

Verhäuslichung <strong>der</strong> Kindheit<br />

Waldkin<strong>der</strong>garten<br />

Buxtehude e.V.,<br />

Wald Ottensen<br />

67 Auf einem Hügel<br />

verweilen<br />

68 Steinwerkzeug<br />

benutzen<br />

69 Blumen entdecken<br />

70 Sehen und ertasten<br />

von Blättern<br />

71 Balancieren<br />

Wald hinein. 107 In den Regelkin<strong>der</strong>gärten haben wir solcherlei Ruhe und Entspannung<br />

kaum wahrnehmen können, dort sind fast immer Aktionen zu verzeichnen,<br />

die ganz bewusst angeregt und geför<strong>der</strong>t werden. Jedes Kind ist<br />

aufgefor<strong>der</strong>t, sich für eine Aktion zu entschieden und sie mit den entsprechenden<br />

Werkzeugen und Objekten durchzuführen. Im Wald hingegen muss<br />

nichts im Vorfeld entschieden werden. We<strong>der</strong> müssen vorgefertigte Werkzeuge<br />

o<strong>der</strong> Objekte benutzt noch in entsprechend „funktional“ gestalteten<br />

und eingerichteten Räumen, wie Ateliers o<strong>der</strong> Werkräumen, tagtäglich ähnliche<br />

Aktionen vollführt werden.<br />

72


Lernen vom Waldkin<strong>der</strong>garten –<br />

zusammenfassende Erkenntnisse<br />

Die Betreuung und Erziehung innerhalb eines Waldgebietes zeigen einen Prozess<br />

<strong>der</strong> Enthäuslichung in einer fortschreitend verhäuslichten Kindheit. Der<br />

Waldkin<strong>der</strong>garten stellt einen neuen „anti-architektonischen“ Ort 108 als Erziehungsangebot<br />

für Kin<strong>der</strong> im Alter von 3 bis 6 Jahren dar. Er materialisiert und<br />

symbolisiert die Erkenntnisse über motorische, psychosoziale und kognitive<br />

kindliche Entwicklung in einem eigenständigen räumlichen Experiment, das<br />

einen Ort, nicht aber ein festes Bauwerk markiert. In Städten gibt es naturgemäß<br />

nicht viele Waldstücke, zudem reicht eine auf wenige Stunden am Vormittag<br />

reduzierte Betreuung für berufstätige Männer und Frauen nicht aus.<br />

Dennoch sind auch in Großstädten wie Hamburg in immer stärkeren Ausmaß<br />

Waldkin<strong>der</strong>gärten zu finden, die Waldstücke in <strong>der</strong> Stadt o<strong>der</strong> am Rand nutzen,<br />

teils mit und teils ohne Bauwagen.<br />

Im Verlaufe <strong>der</strong> letzten Jahre führten Studierende <strong>der</strong> HafenCity Universität<br />

unter Leitung <strong>der</strong> Verfasserin in mindestens 30 Waldkin<strong>der</strong>gärten empirische<br />

Analysen, Beobachtungen und Befragungen durch. Als Ergebnis lässt<br />

sich feststellen, dass <strong>der</strong> Wald eine positive Wirkung auf die Kin<strong>der</strong> ausübt.<br />

Die traditionellen Kin<strong>der</strong>tagesstätten sollten entsprechend <strong>der</strong> gegenwärtigen<br />

Erkenntnisse zur kindlichen Entwicklung folglich eine große und naturorientierte<br />

Fläche mit waldähnlicher Gestaltung erhalten. Das ist wesentlich<br />

bedeutsamer, als Mittel in künstlerisch gestaltete Objekte und Materialien<br />

zu investieren. Bisher reagieren die Kin<strong>der</strong>tagesstätten auf die Bewegungsarmut<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> jedoch, indem sie in nahezu allen Neubauten sogenannte<br />

Bewegungsräume schaffen. Die seit den 1980er Jahren üblichen Mehrzweckräume,<br />

die verschiedene <strong>Funktionen</strong> beinhalteten, wandeln sich nunmehr in<br />

Raumstrukturen mit spezieller Ausrichtung auf Bewegung und sind dementsprechend<br />

mit vielfältigen Objekten ausgestattet, die Bewegung anregen<br />

sollen – wie Klettergerüste, Lianen o<strong>der</strong> Rutschen.<br />

Kin<strong>der</strong>-Kulturzentrum<br />

Nicolai, Dörte Mandrup,<br />

Kolding,<br />

Dänemark, 2008<br />

72 Erschließungsraum<br />

mit Rutsche, Beispiel<br />

eines Bewegungsobjektes<br />

73 Dschungel mit Lianen<br />

74 Spielraum Wolke mit<br />

Bällen<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätten und die<br />

Verhäuslichung <strong>der</strong> Kindheit<br />

73


Kin<strong>der</strong>tagesstätten und die<br />

Verhäuslichung <strong>der</strong> Kindheit<br />

cken, nicht nur auf <strong>der</strong> Straße o<strong>der</strong> in den Gruppen, son<strong>der</strong>n auch im<br />

Kükelhausgarten, Erlebnisfeld <strong>der</strong> Sinne im Kieselgarten, an <strong>der</strong> Sandbucht,<br />

im Affengehege, im dem Sonnenblumengarten <strong>der</strong> Molchwiese,<br />

unterm Kirschbaum im Schaukelwald, am Hasenstall, im Rutschen Hof,<br />

am Brunnenhof, auf dem Matschplatz, am Backhaus, unter <strong>der</strong> Windmühle,<br />

beim Sonnensegel und Mondplatz.“ 221<br />

Der ästhetisch-gestalterische Anspruch des Gebäudes und <strong>der</strong> Räume ist<br />

sehr hoch. Die Räume sind nicht schlicht rechteckig, nicht schlicht aneinan<strong>der</strong>gereiht<br />

und liegen nicht an einem schlichten schmalen Flur. Die Materialität<br />

und die Raumatmosphären sind vielfältig und anregend.<br />

Die Grundrissanlage transformiert die traditionellen Vorstellungen und<br />

Empfindungen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>gartenkin<strong>der</strong> von 3 bis 6 Jahren und fügt im hinteren<br />

Bereich zwei Räume für die Krippenkin<strong>der</strong> hinzu. Das Gebäude richtet<br />

sich gedanklich auf die Elementarkin<strong>der</strong>, also die ehemaligen Kin<strong>der</strong>gartenkin<strong>der</strong>,<br />

aus, die sich immer mehr raumbezogene Fähigkeiten und damit körperliche<br />

und geistige Entfaltungsfreiheit aneignen können und sollten.<br />

Der Grundriss enthält – wie im Kin<strong>der</strong>gartenbau üblich – sechs vergleichbar<br />

große Gruppenräume, die im Erdgeschoss liegen und die jeweils<br />

mit Sitzgruppen, Tischen, Spiel- und Kuschelecken und Sofas ausgestattet<br />

94<br />

83 Entdeckerhaus, plus+<br />

bauplanung GmbH –<br />

Hübner – Forster –<br />

Remes – Hiller, Bremen,<br />

2006, Lageplan


sind. Sie beinhalten Differenzierungs- o<strong>der</strong> Ruheräume sowie Waschbereiche.<br />

Vor den Zugängen befinden sich Gar<strong>der</strong>obennischen und gegenüber<br />

sind an <strong>der</strong> Süd- und Ostseite die Küche, das Büro sowie die Personal-, Lagerund<br />

Technikräume gelegen.<br />

Alle Gruppenräume verfügen über einen direkten Zugang zum Außengelände.<br />

Ein zusätzlicher Raum zwischen Außengelände und Eingangshalle fungiert<br />

als Schmutzschleuse und erleichtert den Schuhwechsel. Der Erschließungsgang<br />

zwischen Gruppenräumen und Dienstleistungsräumen weitet sich<br />

im Zentrum <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagesstätte zu einer großen Eingangs- und Spielhalle<br />

aus, von <strong>der</strong> man über eine Treppe auf die Galerie gelangt, die die Hochebenen<br />

<strong>der</strong> vier für die Elementarkin<strong>der</strong> geplanten Gruppenräume erschließt.<br />

Von diesen kann man dann wie<strong>der</strong>um in die Türme gelangen, sodass prinzipiell<br />

alle Türme allen Gruppen zur Verfügung stehen. Ein Rundlaufprinzip<br />

führt also vom Gruppenraum über die Hochebene und die Galerie durch die<br />

Halle zurück zum Gruppenraum. Die Architekten intendierten jedoch keinen<br />

„freien“, unkontrollierten Zugang von <strong>der</strong> Galerie zu den Gruppenräumen,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Rundlauf sollte nur unter Aufsicht freigegeben werden. 222 Für<br />

die Elementarkin<strong>der</strong> ist dieser intendierte Bewegungsablauf funktional und<br />

räumlich interessant ausgeführt.<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätten und die<br />

Verhäuslichung <strong>der</strong> Kindheit<br />

84 Entdeckerhaus, plus+<br />

bauplanung GmbH –<br />

Hübner – Forster –<br />

Remes – Hiller, Bremen,<br />

2006, Grundriss, eigene<br />

Bearbeitung<br />

95


Kin<strong>der</strong>tagesstätten und die<br />

Verhäuslichung <strong>der</strong> Kindheit<br />

Aktivitäten beobachten und so zur Nachahmung anreget werden können. So<br />

besteht auch die Möglichkeit, dass die Elementarkin<strong>der</strong> Interesse an ihnen<br />

entwickeln, in ihre Raumbereiche gehen und mit ihnen spielen. Sehr gelungene<br />

Beispiele dafür stellen das Kreiselnest und das Entdeckerhaus dar.<br />

In den Großstädten stehen die Betreiber nicht selten vor dem Problem,<br />

keine geeignet großen und bezahlbaren Grundstücke zu finden. Die<br />

städtischen Organe selbst bauen Kin<strong>der</strong>tagesstätten mit Freibereichen auf<br />

Dächern o<strong>der</strong> Terrassen in Obergeschossen, die sehr begrenzt sind und auf<br />

denen mittels grüner, brauner o<strong>der</strong> blauer Kunststoffbeläge Gras, Erde o<strong>der</strong><br />

Wasser nachgeahmt werden soll. An dieser Stelle bedarf es einer generellen<br />

Festlegung durch die Gemeinden o<strong>der</strong> auch durch höhere Instanzen von<br />

klaren Größen- und Ortsvorgaben für einen Garten von mindestens 15 Quadratmetern<br />

pro Kind. Städte sollten Grundstücke für Kin<strong>der</strong>tagesstätten an<br />

den Rän<strong>der</strong>n von Parks und Spielplätzen ausweisen, die von den Betreibern<br />

erworben werden können. Hamburg beispielsweise verfügt über einen rund<br />

150 Hektar großen, 261 zentral gelegenen Stadtpark sowie einen circa 205<br />

Hektar großen, ebenfalls innerstädtisch gelegenen Volkspark, 262 an <strong>der</strong>en<br />

Rän<strong>der</strong>n Grundstücke für Kin<strong>der</strong>tagesstätten vorgesehen werden könnten,<br />

die auch in die Parkfläche selbst hineinragen.<br />

Die institutionalisierte Kindheit benötigt insgesamt mehr gesellschaftliche<br />

Empathie. In den Freiflächen lassen sich weitergehende Nutzungskonzepte<br />

für verschiedene gesellschaftliche Gruppen entwickeln. Beispielsweise<br />

könnten auch Menschen aus Pflegeheimen diese Frei- und Übergangsräume<br />

abwechselnd o<strong>der</strong> gemeinsam nutzen. Zu dieser Art von Freiraumnutzung<br />

haben wir einige gebaute Beispiele empirisch untersucht. Es hat sich gezeigt,<br />

dass Kin<strong>der</strong> und alte Menschen sich zunächst gegenseitig beobachten, allmähliches<br />

Interesse an gemeinsamen Aktivitäten entwickeln und schließlich<br />

gemeinsame Handlungen stattfinden. Für beide Gruppen ergeben sich Vorteile,<br />

die differenziert im zweiten Teil zum Mehrgenerationenwohnen vorgestellt<br />

werden.<br />

Schlussbemerkung<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätten bilden nicht zuletzt auch einen sozialen Ort im Quartier.<br />

Sie verkörpern die Existenz <strong>der</strong> Kindheit und materialisieren das Kindsein.<br />

Der Übergang vom geborgenen Ort des „Innen“ zu <strong>der</strong> öffentlichen Welt des<br />

„Draußen“ erfor<strong>der</strong>t einen räumlichen Schutz durch Abgeschlossenheit. Die<br />

künstlerische Gestaltung <strong>der</strong> <strong>Architektur</strong> und Freibereiche sollte die transformierten<br />

Antworten auf die Bedürfnisse <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Gegenwart in neuen<br />

architektonischen Symbolen zum Ausdruck bringen.<br />

134


Wohnungsbau<br />

im Wandel <strong>der</strong><br />

Familienstrukturen


Wohnungsbau im Wandel<br />

<strong>der</strong> Familienstrukturen<br />

Haus Tugendhat, Mies van<br />

<strong>der</strong> Rohe, Brünn, 1929<br />

11 Ansicht Straßenseite<br />

12 Gartenansicht<br />

sterben im ersten Lebensjahr an Unterernährung. Diesem Wert <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>,<br />

o<strong>der</strong> besser gesagt Unwert, entspricht <strong>der</strong> Raum, er existiert nicht. Kin<strong>der</strong><br />

schlafen, wo sie einen Platz finden, zumeist auf Strohsäcken.<br />

Das gesamte Leben <strong>der</strong> Familie, die eine weit größere Anzahl von Mitglie<strong>der</strong>n<br />

umfasst als die bürgerliche Kernfamilie, findet in den Arbeits- Küchen-<br />

Wohn-Schlafstuben statt und ist Ausdruck <strong>der</strong> „arbeiterlichen″ Familienorganisation.<br />

Sie besteht aus Mann, Frau, Kin<strong>der</strong>n, Großeltern, weiteren Verwandten<br />

und fremden Schlafburschen, an die Bettstellen vermietet werden. Da eine Differenzierung<br />

des Raumes kaum möglich ist, werden sämtliche Lebensbedürfnisse<br />

vor aller Augen verrichtet: die Heimarbeiten <strong>der</strong> Männer, Frauen und Kin<strong>der</strong>,<br />

das Kochen, das Schlafen, <strong>der</strong> Geschlechtsverkehr, das Gebären <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und<br />

das Sterben. Es gibt kaum eine Tabuisierung von Tätigkeiten und wenig auf den<br />

Körper bezogene Scham- o<strong>der</strong> Peinlichkeitsschwellen. Die einzelnen Bewohner<br />

verfügen nicht über eigene Orte o<strong>der</strong> Teilorte.<br />

Wohnen und <strong>Architektur</strong> des Bürgertums und<br />

Kleinhaussiedlungen in den 1920er Jahren<br />

Die Nie<strong>der</strong>lage im Ersten Weltkrieg bringt in Deutschland einen tief greifenden<br />

politischen und gesellschaftlichen Strukturwandel in Gang. Der Sturz des<br />

Kaisers führt zur Entmachtung des herrschenden Adels und zum gesellschaftlichen<br />

Aufrücken von Bürgertum und Arbeiterschicht. Das Bürgertum erfährt<br />

einen unerwarteten und kometenhaften Aufstieg, eine unvorstellbare Ausweitung<br />

seiner Macht und damit auch seiner Empfindungs-, Verhaltens- und<br />

architektonischen Standards. Im Zuge dessen verschärft sich die geschlechterspezifische<br />

Trennung zwischen dem geldverdienenden Mann außer Haus<br />

und <strong>der</strong> haushaltsführenden und kin<strong>der</strong>erziehenden Frau innerhalb des Hauses.<br />

Dementsprechend wandelt sich auch die <strong>Architektur</strong> des Wohnens in<br />

Richtung bürgerlicher Standards. Die Dame repräsentiert in den dafür vorgesehenen<br />

Räumen den Status und das Prestige des arbeitenden Mannes. Die<br />

Villa Tugendhat in Brünn, entworfen 1929 von Ludwig Mies van <strong>der</strong> Rohe, ist in<br />

<strong>der</strong> Baugeschichte als Leuchtturm mo<strong>der</strong>ner bürgerlicher <strong>Architektur</strong> bekannt<br />

geworden und symbolisiert unter an<strong>der</strong>em diese Entwicklung.<br />

In <strong>der</strong> gesamten Repräsentationsetage löst <strong>der</strong> Architekt bislang gültige<br />

Raumstrukturen auf und überführt sie in offene Nutzungsbereiche zum Woh-<br />

144


Haus Tugendhat, Mies<br />

van <strong>der</strong> Rohe, Brünn,<br />

1929<br />

13 Grundriss<br />

Erdgeschoss<br />

14 Wohnraum<br />

15 Wohnbereich<br />

Grundriss Erdgeschoss,<br />

eigene Bearbeitung<br />

Wohnungsbau im Wandel<br />

<strong>der</strong> Familienstrukturen<br />

Haus Tugendhat, Mies van<br />

<strong>der</strong> Rohe, Brünn, 1929<br />

16 Arbeitsplatz des<br />

Hausherrn<br />

17 Arbeitsbereich des<br />

Hausherrn, Grundriss<br />

Erdgeschoss, eigene<br />

Bearbeitung<br />

18 Blick auf Klavier,<br />

Herrenschreibtisch und<br />

Wohntrennwand<br />

145


Europa<br />

Amerika<br />

Asien<br />

Afrika<br />

Australien<br />

Wohnungsbau im Wandel<br />

<strong>der</strong> Familienstrukturen<br />

106 Wohnanlage wagnis-<br />

ART, Domagkpark, bogevischs<br />

buero architekten<br />

& stadtplaner gmbH /<br />

Schindler Hable Architekten<br />

GbR / Auböck +<br />

Karasz Landscape Architects<br />

/ bauchplan GbR,<br />

München, 2016, Lageplan,<br />

eigene Bearbeitung<br />

Hable Architekten, Udo Schindler und Walter Hable, realisiert, die Freianlagen<br />

durch Auböck + Kárász Landscape Architects zusammen mit Bauchplan, Wien.<br />

Bereits 2006 begann <strong>der</strong> partizipative Planungsprozess mit den Bewohnern<br />

in Workshops, in denen bereits in <strong>der</strong> Leistungsphase 0 ein Konzept für das<br />

12.900 Quadratmeter große Grundstück entwickelt wurde. 195 „Das Projekt geht<br />

über die herkömmlichen partizipativen Planungsprozesse im Geschosswohnungsbau<br />

hinaus.“ 196 Die Gruppe plante eine Anlage aus fünf polygonalen, frei<br />

stehenden und unregelmäßig geformten Einzelgebäuden, die sich locker um<br />

zwei Innenhöfe gruppieren. 197 Die fünf Gebäude beinhalten 10.610 Quadratmeter<br />

Wohnfläche, 683 Quadratmeter Gewerbe- und 307 Quadratmeter Gemeinschaftsflächen.<br />

198 Das Ziel besteht auch hier im Schaffen hybri<strong>der</strong> Strukturen,<br />

die Wohnen mit Arbeiten und Freizeit verbinden. Die Häuser sind nach den<br />

fünf Kontinenten benannt und unterscheiden sich farbig: Australien ist orange,<br />

Afrika dunkelblau, Amerika hellblau, Europa grün und Asien gelb gestaltet. 199<br />

220<br />

Gemeinschaftliche Räume und Orte <strong>der</strong> Bewegung<br />

Die Architekten und die am Planungsprozess beteiligten zukünftigen Nutzer<br />

konzipierten vielfältige Orte <strong>der</strong> Kommunikation und Begegnung mit jeweils<br />

unterschiedlichem Öffentlichkeitscharakter. Einige Bereiche sind ausschließlich<br />

den Bewohnern vorbehalten, an<strong>der</strong>e stehen dem gesamten Quartier<br />

offen. Im dritten und vierten Obergeschoss verbinden bis zu 6 Meter breite<br />

Luftbrücken die Gebäude und münden in gemeinschaftliche Terrassen. 200<br />

Die Bewohner <strong>der</strong> Häuser können sich über diese Verbindungen gegenseitig<br />

besuchen. 201 Die Idee zu den Brücken und <strong>der</strong>en terrassenartigen Erweiterungen<br />

sind in den Workshops entstanden und verkörpern für das Projekt und<br />

das Mehrgenerationenwohnen eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung. Sie binden die<br />

Wohnanlage visuell und räumlich zusammen und signalisieren die Gemeinschaftlichkeit<br />

<strong>der</strong> Bewohner, gleichzeitig ermöglichen sie kommunikationserzeugende<br />

Bewegung, erlauben verschiedene Durchblicke, öffnen sich zum


Wohnanlage wagnisART,<br />

Domagkpark, bogevischs<br />

buero architekten &<br />

stadtplaner GmbH /<br />

Schindler Hable Architekten<br />

GbR / Auböck +<br />

Karasz Landscape Architects<br />

/ bauchplan GbR,<br />

München, 2016<br />

107 Fassaden und<br />

Dorfplatz<br />

108 Fassaden und<br />

Dorfplatz<br />

109 Luftbrücken<br />

110 Luftbrücken und<br />

Terrasse<br />

Wohnungsbau im Wandel<br />

<strong>der</strong> Familienstrukturen<br />

221


Die sechs Einpersonenapartments verfügen über je zwei Zimmer, einen<br />

Wohnbereich und eine Essecke, einen Schlafbereich mit Bett und Schrank<br />

sowie ein Bad. In allen Apartments erreicht man das Schlafzimmer über den<br />

Wohnraum, was Flurfläche einspart. Wir haben solche Wohntypologien bei<br />

älteren alleinlebenden Menschen und Singles öfter untersucht und die Menschen<br />

dazu befragt. In <strong>der</strong> Regel verzichten diese lieber auf einen Flur und<br />

streben die hier umgesetzte Grundrisslösung an. Die Zweizimmerwohnungen<br />

verfügen über einen Wohnbereich, eine Essecke, einen Schlafbereich mit<br />

Bett und Schrank sowie ein Bad. Die Pantrys in allen Apartments sind nach<br />

Plan sehr klein und liegen teilweise im Flur o<strong>der</strong> Wohnbereich, werden aber<br />

nach Aussage <strong>der</strong> Architekten nicht von allen genutzt, weil die Bewohner<br />

nicht unbedingt eine eigene Küche benötigen.<br />

Wohnungsbau im Wandel<br />

<strong>der</strong> Familienstrukturen<br />

115 Wohnanlage wagnis-<br />

ART, Domagkpark, bogevischs<br />

buero architekten<br />

& stadtplaner gmbH /<br />

Schindler Hable Architekten<br />

GbR / Auböck +<br />

Karasz Landscape Architects<br />

/ bauchplan GbR,<br />

München, 2016, Strukturplan<br />

Anlage mit Luftbrücken,<br />

Afrika umrandet<br />

230<br />

Das Haus Afrika beinhaltet nach dem Vorabzugsplan von 2013 vier Cluster,<br />

die zwischen 273 und 280 Quadratmeter groß sind und alle auf einer<br />

Ebene liegen. Im ersten Obergeschoss befinden sich fünf Apartments für<br />

acht Personen mit drei Zwei- und zwei Einpersonenwohnungen. Die gemeinschaftliche<br />

Wohnküche weist eine Dreiecksform auf und liegt inmitten <strong>der</strong><br />

Erschließung <strong>der</strong> drei hinteren Wohnungen, was sich ebenfalls als ungünstig<br />

erweist und aus <strong>der</strong> im Partizipationsprozess entwickelten Gebäudeform<br />

resultiert. Im zweiten, dritten und vierten Obergeschoss befinden sich<br />

jeweils fünf Apartments für acht Personen mit einer Drei-, einer Zwei- und<br />

drei größeren Einpersonenwohnungen, <strong>der</strong>en Schlafbereich abgetrennt ist,<br />

sowie eine gemeinschaftliche Essküche und ein Gemeinschaftsraum. Dieser<br />

liegt am an<strong>der</strong>en Ende des Clusters, weist genügend Platz für alle Mitglie<strong>der</strong><br />

auf und ist zum Dorfplatz ausgerichtet. Beim Kommen und Gehen können die<br />

Bewohner einen Blick hineinwerfen und entscheiden, ob sie Kontakt aufnehmen<br />

wollen o<strong>der</strong> nicht. Zudem bietet er die notwendige Ruhe und akustische<br />

Abgeschlossenheit für ein Beisammensein <strong>der</strong> Gemeinschaft.


Wohnanlage wagnisART,<br />

Domagkpark, bogevischs<br />

buero architekten<br />

& stadtplaner gmbH /<br />

Schindler Hable Architekten<br />

GbR / Auböck +<br />

Karasz Landscape Architects<br />

/ bauchplan GbR,<br />

München, 2016<br />

116 Grundriss erstes<br />

Obergeschoss, Afrika<br />

117 Grundriss viertes<br />

Obergeschoss, Afrika<br />

Wohnungsbau im Wandel<br />

<strong>der</strong> Familienstrukturen<br />

231


Wohnungsbau im Wandel<br />

<strong>der</strong> Familienstrukturen<br />

nur die Küche, <strong>der</strong> Essbereich o<strong>der</strong> das Badezimmer liegen. Der Planungsgedanke<br />

bei Laubengängen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Gemeinschaftsräumen besteht darin,<br />

Kommunikation durch zufällige Begegnung zu erzeugen, demzufolge wird die<br />

gesamte Erschließungs- und Zugangsstruktur fast ausnahmslos diesem Prinzip<br />

untergeordnet.<br />

Das verhin<strong>der</strong>t jedoch individuellere Verhaltensformen, die nicht für die<br />

Öffentlichkeit vorgesehen sind, wenn beispielsweise ein Jugendlicher eine<br />

neue Freundschaft nicht den Nachbarn vorführen will. Aber auch Erwachsene<br />

fühlen sich nach unseren empirischen Befragungen nicht immer wohl dabei,<br />

von vielen Augen beobachtet werden zu können. Beim Aufsuchen o<strong>der</strong> Verlassen<br />

ihrer Wohnung sind sie aufgefor<strong>der</strong>t, an mehreren Küchen vorbeizugehen<br />

und zu grüßen, was nicht immer ihren Empfindungen entspricht. Teilnehmende<br />

Beobachtungen zeigen, das Bewohner mehrfach umziehen, bis sie<br />

das Ende des Laubenganges erreichen. Die neuen Kommunikationselemente,<br />

die in dieser Abhandlung am Beispiel <strong>der</strong> Wohnprojekte vorgestellt wurden,<br />

sollten Zwänge vermeiden und immer auch die Möglichkeit bieten, sich bei<br />

Bedarf individuell zu verhalten und seine Wohnung weniger beobachtet o<strong>der</strong><br />

bestenfalls sogar unbeobachtet betreten zu können o<strong>der</strong> in seinem Wohnzimmer<br />

Kommunikationsansprüchen vorbeigehen<strong>der</strong> Mitbewohner nicht<br />

ausgesetzt zu sein. Eine <strong>Architektur</strong>, die <strong>der</strong> gegenwärtigen Individualisierung<br />

zuwi<strong>der</strong> handelt, ist nicht funktional.<br />

Schlussbemerkung<br />

242<br />

Der demografische und familienstrukturelle Wandel führte im Verlauf <strong>der</strong> vergangenen<br />

20 Jahre zu vielfältigen Kombinationen verschiedener Wohnungstypen<br />

unterschiedlicher Größen in einem Gebäude. Diese neue Differenzierung<br />

erzeugt eine Mischung <strong>der</strong> Haushaltsformen, <strong>der</strong> Generationen und <strong>der</strong><br />

Milieus. Die Wohnmodelle sollten aber hinsichtlich <strong>der</strong> neuen Gruppe <strong>der</strong><br />

Alleinerziehenden verbessert und insgesamt weiterentwickelt werden. Funktionsgerechte<br />

Grundrisse für Alleinerziehende mit kleinem Einkommen waren<br />

kaum zu finden.<br />

Für die beson<strong>der</strong>s wichtige körperliche Bewegung sowohl für Kin<strong>der</strong><br />

als auch für ältere Menschen sollte ein interessanter Freiraum für vielfältige<br />

Aktionen angelegt sein. Die Möglichkeit gärtnerischer Tätigkeiten im Garten<br />

o<strong>der</strong> auf erweiterten grünen Terrassen können Kommunikation und Bewegung<br />

zusätzlich för<strong>der</strong>n. Darüber hinaus sollten in <strong>der</strong> näheren Umgebung<br />

Grünflächen und Parks mit großen Spielplätzen Bewegungsräume anbieten.<br />

Die gegenwärtige gesellschaftliche Diskussion über neue Wohnformen für<br />

Jung und Alt, die <strong>der</strong> Bewältigung <strong>der</strong> aus dem demografischen Wandel<br />

resultierenden Problemen dienen, weist insgesamt in die richtige Richtung.<br />

Gemischte Wohnformen bedeuten eine Weiterentwicklung <strong>der</strong> Akzeptanz<br />

und Empathie zwischen den Generationen und begünstigen eine bewusste<br />

gegenseitige Wahrnehmung in gemeinschaftlich genutzten Räumen. Die<br />

generationsübergreifenden Wohnmodelle deuten auf sich entwickelnde<br />

Fähigkeiten von Teilen <strong>der</strong> Bevölkerung zur gegenseitigen Wahrnehmung<br />

und Empathie mit an<strong>der</strong>en Gruppen hin, was Norbert Elias als Kennzeichen<br />

<strong>der</strong> Zivilisierung bezeichnet.


Bauten für<br />

Wohnen und<br />

Leben im Alter im<br />

Kontext demografischer<br />

Verän<strong>der</strong>ungen


Bauten für Wohnen und Leben im Alter im<br />

Kontext demografischer Verän<strong>der</strong>ungen<br />

Die <strong>Architektur</strong> vermeidet durch ihre Grundform einer klassischen italienischen<br />

Villa jede Assoziation mit einem Pflegeheim und symbolisiert vielmehr<br />

ein ganz normales Wohnhaus mit zwei Stockwerken. Die Pflegehausgemeinschaft<br />

in Dießen ist, im Gegensatz zu Altenpflegeheimen, die nach<br />

dem Krankenhaustypus konzipiert und mit Preisen ausgezeichnet sind, nicht<br />

in <strong>der</strong> architektonischen Fachliteratur veröffentlicht. In den traditionellen<br />

Gebäuden erfüllen die Aufenthaltsbereiche nur selten die dringend notwendige<br />

Kommunikationsfunktion. Die Räume bestehen teilweise aus Durchgangsbereichen,<br />

in denen es zieht und <strong>der</strong>en Wände aus schallreflektierenden<br />

Materialien wie Glas bestehen, was angesichts <strong>der</strong> sich reduzierenden<br />

Hörfähigkeit <strong>der</strong> Bewohner Probleme erzeugt. Auch das übliche Parkett o<strong>der</strong><br />

Linoleum bietet in akustischer Dimension weniger gute Bedingungen als Teppich.<br />

Körperlich gebrechliche Menschen, die in Rollstühlen sitzen o<strong>der</strong> sich<br />

nur mühsam bewegen können, benötigen hingegen Aufenthaltsräume mit<br />

geschlossenen, schützenden Wänden im Rücken, vor denen sie in bequemen<br />

Sesseln gemütlich sitzen, mit an<strong>der</strong>en Menschen sprechen o<strong>der</strong> ihre Umgebung<br />

beobachten können. Räume mit Blick auf ein Aktionsfeld, in dem etwas<br />

geschieht, werden nach unseren Untersuchungen am meisten frequentiert,<br />

auch wenn sie architektonisch wenig gestaltet sind. Als unerlässlich erweist<br />

sich eine gute Akustik zur Verständigung untereinan<strong>der</strong>, die Vermeidung von<br />

Zugluft, zu großer Hitzeeinstrahlung sowie spiegelnden Flächen.<br />

Auch das medizinische und gerontologische Wissen über die Demenzkrankheit,<br />

die sich mit <strong>der</strong> steigenden Lebenserwartung in den Industrienationen<br />

ausweitet, materialisiert sich bislang nur selten in <strong>Architektur</strong> und<br />

Freiräumen (vgl. Exkurs zur Demenz ⟶ S. 281–284). Nur wenige Architekten<br />

und Träger beginnen nach <strong>der</strong> Jahrtausendwende spezifische Demenzpflegeheime<br />

zu bauen und diese Krankheit des „hohen“ Alters in <strong>Architektur</strong> und<br />

Freiraum zu transformieren. Die Bedürfnisse Demenzkranker unterscheiden<br />

sich fundamental von denen körperlich Pflegebedürftiger. Sie benötigen<br />

gänzlich an<strong>der</strong>e architektonische Räume, wie im folgenden Kapitel zu Bauten<br />

für Menschen mit Demenz (⟶ S. 281–303) ausführlicher dargestellt.<br />

280


Bauten für Menschen<br />

mit Demenz – ein generelles<br />

Modell für Pflegeheime<br />

Die Wohn- und Lebensformen für Demenzkranke erfor<strong>der</strong>n eine geson<strong>der</strong>te<br />

Erörterung, weil sich die Gruppe mit steigen<strong>der</strong> Lebenserwartung<br />

einer Gesellschaft vergrößert. Ihre architektonischen Bedürfnisse sind bislang<br />

wenig reflektiert und transformieren sich dementsprechend auch nicht<br />

in Raum. Speziell für sie konzipierte Gebäude eignen sich auch bestens für<br />

an<strong>der</strong>e Pflegebedürftige gleich welchen Alters. Umgekehrt sind Pflegeheime,<br />

die nach dem üblichen Stationsprinzip konzipiert sind, für Demenzkranke<br />

vollkommen unfunktional und verursachen große Probleme.<br />

Ab <strong>der</strong> Jahrtausendwende beginnt sich in <strong>der</strong> Gesellschaft die Erkenntnis<br />

durchzusetzen, dass Demenz an<strong>der</strong>e Verlaufsformen und Symptome aufweist<br />

als an<strong>der</strong>e Krankheiten, die im Alter zu Pflegebedürftigkeit führen. Infolgedessen<br />

befassen sich seither einige wenige Architekten und Betreiber mit<br />

<strong>der</strong> Frage, wie eine <strong>Architektur</strong> für diese Erkrankten konzipiert sein müsste;<br />

seit ungefähr 2005 entstehen einzelne spezielle Gebäude, die im Folgenden<br />

als zukünftige <strong>Architektur</strong> für alle Pflegeeinrichtungen vorgestellt und erörtert<br />

werden.<br />

Exkurs: Demenz – Daten und Symptome<br />

Der Begriff Demenz leitet sich von dem lateinischen mens für das Denkvermögen<br />

ab und bedeutet im Sinne von de-mens ohne Verstand. 104 Demenz<br />

ist die häufigste neurologische Erkrankung im Alter, an <strong>der</strong> im Jahr 2016 in<br />

Deutschland sowie in Europa circa 40 Prozent aller über Neunzigjährigen leiden.<br />

105 Die Krankheit führt durch den fortschreitenden Abbau von Neuronen<br />

und Synapsen zu Verän<strong>der</strong>ungen im Gehirn. Sie beginnt im zerebralen Kortex,<br />

von dem aus sie sich später auf große Teile des Gehirns ausweitet. Die für<br />

die Datenübertragung notwendigen Neurotransmitter, werden nicht mehr<br />

ausreichend hergestellt. 106 Das Gehirn verarbeitet die Informationen unzulänglich<br />

und unterliegt einem Vorgang <strong>der</strong> Vereiweißung. Das äußert sich<br />

in einem komplexen Symptombild, das durch einen fortschreitenden Verlust<br />

geistiger Fähigkeiten, Gedächtnis-, Wahrnehmungs- und Denkstörungen,<br />

Desorientiertheit, Persönlichkeitsverän<strong>der</strong>ungen und in <strong>der</strong> Folge all dessen<br />

auch mit körperlichem Abbau geprägt ist. 107 Weitere begleitende Symptome<br />

zeigen sich in Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> emotionalen Kontrolle, des Sozialverhaltens<br />

und <strong>der</strong> Motivation. Die kognitiven Beeinträchtigungen reduzieren die<br />

Alltagskompetenz <strong>der</strong> Betroffenen. 108 Die Pflegebedürftigkeit steigt mit dem<br />

Voranschreiten <strong>der</strong> Erkrankung an. Im Schnitt ziehen die Patienten 2,9 Jahre<br />

Bauten für Wohnen und Leben im Alter im<br />

Kontext demografischer Verän<strong>der</strong>ungen<br />

281


Bauten für Wohnen und Leben im Alter im<br />

Kontext demografischer Verän<strong>der</strong>ungen<br />

70 Multisensorische<br />

Gestaltung, taktile<br />

Wandelemente, Holz<br />

blemen vorbeugt. Wandoberflächen aus unterschiedlichen Materialien wie<br />

Holz, Stein, Stoff, Fliesen, Lehm, Moos o<strong>der</strong> Anteilen aus Stroh weisen eine<br />

angenehme taktile Oberfläche auf, for<strong>der</strong>n zum Anfassen auf und stimulieren<br />

den Tast-, Geruchs- und Sehsinn. Ein Bodenbelag mit warmen o<strong>der</strong> dunkleren<br />

Farbtönen vermittelt zudem ein sicheres Gefühl und suggeriert Trittfestigkeit.<br />

225 Leichte farbliche Unterschiede o<strong>der</strong> materialdifferenzierte Fel<strong>der</strong><br />

im Fußboden können verschiedenartige Wahrnehmungen und Emotionen<br />

beim Gehen erzeugen. Spiegelnde Bodenbeläge lösen hingegen Gefühle von<br />

Glätte und Rutschgefahr aus, schwarze o<strong>der</strong> dunkelgraue Angst vor Tiefen<br />

und Abgründen und auch zu starke Kontraste im Boden können die Menschen<br />

erschrecken und verunsichern. 226<br />

In einigen neueren Pflegeheimen materialisieren sich die Erkenntnisse<br />

und Vorschläge zur Anregung aller Sinne und zu gleichzeitiger Entspannung<br />

in einem sogenannten Snoezelraum. Wie im ersten Teil zu Kin<strong>der</strong>tagesstätten<br />

bereits dargestellt, setzt sich das Kunstwort Snoezelen aus den beiden<br />

nie<strong>der</strong>ländischen Verben snuffelen und doezelen zusammen und bedeutet<br />

dösen, schlummern, schnüffeln o<strong>der</strong> schnuppern. 227 Die entsprechend gestalteten<br />

Räume stimulieren die basalen Sinne, indem unterschiedliche sensorische<br />

Wahrnehmungen erfahren werden. 228 Die Umgebung soll Wohlbefinden<br />

durch „steuerbare multisensorische Reize“ auslösen. 229 Die Räume bestehen<br />

in <strong>der</strong> Regel aus einer Sitz- o<strong>der</strong> Liegelandschaft, beinhalten Grünpflanzen,<br />

„wassergefüllte farbige Glasröhren mit einem Luftperlenspiel o<strong>der</strong> rotierende<br />

Lichtkugeln mit Farbeffekten, Hintergrundmusik und eine Öllampe zum Erzeugen<br />

aromatischer Düfte.“ 230 Die Verfasserin sieht einzelne dieser Maßnahmen<br />

jedoch kritisch, da sie künstlich in einem speziellen Raum erzeugt werden,<br />

den die Pflegeheime in <strong>der</strong> Regel selbst ausstatten.<br />

Die Veröffentlichungen über Pflegeheime in den <strong>Architektur</strong>zeitschriften<br />

zeigen, dass Materialkargheit wie Sichtbeton und Reduktion in <strong>der</strong> <strong>Architektur</strong>welt<br />

als ästhetische Maxime gelten. Für die Zukunft bedarf es einer Wahrnehmungserweiterung<br />

im Hinblick auf die räumlichen <strong>Funktionen</strong> des Altwerdens.<br />

Die <strong>Architektur</strong> des gesamten Gebäudes sollte in allen Einzelteilen die<br />

Anregung sich reduzieren<strong>der</strong> körperlicher und geistiger Fähigkeiten durch<br />

Raum erzeugen.<br />

314


Wasser, Licht und Farbe<br />

Wasser stellt ein beson<strong>der</strong>es Element zur Anregung <strong>der</strong> Sinne und <strong>der</strong> Bewegung<br />

dar, das bei Wohnungsplanungen im nördlichen Europa üblicherweise<br />

nicht verwendet wird. Wasser symbolisiert Bewegung, die man sehen,<br />

hören, spüren und fühlen kann, die beruhigt und besänftigt. Einige Pflegeeinrichtungen<br />

behelfen sich mit Fischaquarien in den Eingangshallen. Natursteine<br />

mit einem Quellbereich o<strong>der</strong> kleine Wasserarkaden in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong><br />

Gemeinschafträume erzeugen Entspannung und verbessern das Raumklima.<br />

In Pflegeheimen, Wohn- und Quartiergrünanlagen benötigen insbeson<strong>der</strong>e<br />

die Gärten Wasserelemente; Beispiele dazu werden im folgenden Kapitel<br />

über Freibereiche und Gärten vorgestellt (⟶ S. 317–325).<br />

Licht und Helligkeit tragen zur Orientierung und damit zur Stressreduktion<br />

bei. Der Lichtbedarf erhöht sich bei älteren Menschen infolge <strong>der</strong> Verschlechterung<br />

<strong>der</strong> Sehleistung. 231 „Ein 60-Jähriger verfügt noch über 74 %,<br />

ein 80-Jähriger nur noch über 47 % <strong>der</strong> Sehschärfe eines 20-Jährigen.“ Da die<br />

Sehschärfe abhängig ist von <strong>der</strong> Beleuchtungsstärke und den vorhandenen<br />

Kontrasten, benötigt ein Siebzigjähriger eine dreifach hellere Leuchtdichte<br />

als ein Zwanzigjähriger, um einen Reiz wahrzunehmen. 232 Licht – im Beson<strong>der</strong>en<br />

das Tageslicht – weist darüber hinaus auch eine biologische Wirkung<br />

auf, indem es den Tag-Nacht-Rhythmus steuert und beispielsweise Depressionen<br />

und Orientierungsstörungen entgegenwirkt. 233 Die Pflegeheime und<br />

Wohnungen benötigen demnach möglichst viel Tageslicht. Dazu bieten sich<br />

auch Lichtlenksysteme an, wobei abends und nachts das gleiche Prinzip gilt:<br />

Die Räume müssen durch sehr viel helles, blendfreies Kunstlicht gleichmäßig<br />

zu erleuchten sein. Eine individuelle Helligkeitssteuerung erlaubt je nach<br />

fortschreitendem Alter bedürfnisgerechte Akzentsetzungen. Die Simulation<br />

des Tageslichtverlaufes beeinflusst beispielsweise den Schlaf-wach-Rhythmus<br />

und das Wohlbefinden <strong>der</strong> Patienten mit Demenz positiv. 234 Architekten<br />

setzen in <strong>der</strong> Regel Kunstlicht in Wohnungen eher sparsam ein und erzeugen<br />

für den Abend unterschiedliche Hell-dunkel-Atmosphären. Dies entspricht<br />

vornehmlich <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong> Planenden, die meist in einem jüngeren<br />

Alter sind. Die Erfüllung <strong>der</strong> <strong>Funktionen</strong> einer alternden Gesellschaft erfor<strong>der</strong>t<br />

eine Umorientierung.<br />

Farben unterstützen die Orientierung und vermitteln dadurch Sicherheit<br />

und Geborgenheit. Forschungsergebnisse aus <strong>der</strong> Farbpsychologie und Kommunikationstheorie<br />

weisen nach, dass die Vorliebe für dunkle Farben und insbeson<strong>der</strong>e<br />

für Schwarz mit dem Alter abnimmt. 235 Ganz generell sprechen<br />

sich die älteren Menschen in unseren empirischen Untersuchungen eher für<br />

helle, sanfte und unaufgeregte Farben aus. Fast alle Pflegeheime, Wohnungen<br />

und Wohnanlagen sind im Innenbereich in hellen Tönen ausgeführt und<br />

entsprechen damit den Vorstellungen. Die Fassaden <strong>der</strong> Wohnanlagen sind<br />

hingegen teilweise in kräftigen Rottönen gestaltet, was von den befragten<br />

Bewohnern ebenfalls als angenehm empfunden wird und auf eine Unterscheidung<br />

von Außen- und Innenraum schließen lässt. In <strong>der</strong> wenigen Literatur zum<br />

Thema „Farben im Alter“ finden sich keine an<strong>der</strong>sgearteten Erkenntnisse.<br />

Das Zusammenwirken von Farbe, Beleuchtung, bildgeben<strong>der</strong> Information<br />

und Wandgestaltung dient als Markierungen und wirkt sich positiv auf 315<br />

Bauten für Wohnen und Leben im Alter im<br />

Kontext demografischer Verän<strong>der</strong>ungen


Pflegeheim Alcácer do<br />

Sal, Aires Mateus<br />

Arquitectos, Lissabon,<br />

Portugal, 2010<br />

71 Außenansicht<br />

72 Innenbereich<br />

Bauten für Wohnen und Leben im Alter im<br />

Kontext demografischer Verän<strong>der</strong>ungen<br />

316<br />

die Stimmung aus. 236 Material, Licht und Farbe sind im Raum untrennbar miteinan<strong>der</strong><br />

verbunden und sollten als fester Bestandteil <strong>der</strong> architektonischen<br />

Komposition geplant und eingesetzt werden, wobei sich die Entwurfsqualität<br />

an <strong>der</strong> integrativen und alle Sinne stimulierenden Gesamtwirkung bemisst. Es<br />

bedarf <strong>der</strong> Entwicklung neuer ästhetischer Empfindungsstandards, um biografische,<br />

sinnesanregende Materialienvielfalt in horizontalen und vertikalen<br />

Elementen und Objekten an verschiedenen Orten in gestaltete Formen zu<br />

bringen und damit eine neue, bislang unbekannte Raumqualität zu erzeugen.<br />

Preisgekrönte und in <strong>der</strong> Fachliteratur veröffentlichte <strong>Architektur</strong>en wie<br />

das Pflegeheim Alcácer do Sal in Portugal materialisieren exakt das Gegenteil<br />

(Abb. 71, 72). Die Architektenwelt befasst sich kaum mit einer funktionalen<br />

Ästhetik für die alternde Gesellschaft. Der Prozess des Alterns scheint im<br />

Sinne von Elias vollständig verdrängt zu sein. Die weiße, reduktionistische<br />

Mo<strong>der</strong>ne dominiert diesen Bautyp noch immer und in immer neuen Variationen,<br />

vollkommen unabhängig von den Nutzungsinhalten. Das Pflegeheim<br />

Alcácer do Sal könnte auch ein Krankenhaus, ein Studentenwohnheim o<strong>der</strong><br />

sogar ein Museum sein; die Raumsymbolik vermittelt vieles. Aus einer rein<br />

kubischen Perspektive sieht es interessant aus, für demenzkranke alte Menschen,<br />

die auch in Portugal einen erheblichen Teil <strong>der</strong> Bewohner von Pflegeheimen<br />

ausmachen, funktioniert die Alltagsnutzung jedoch nicht und dementsprechend<br />

transformiert das Gebäude auch seinen Inhalt nicht adäquat.


Freibereiche und Gärten<br />

In den letzten Jahrzehnten nimmt die Forschung zu den positiven Auswirkungen<br />

von Sinnesanregung und Bewegung in <strong>der</strong> Natur zu, ohne dass diese<br />

Erkenntnisse in den Pflegeheimen o<strong>der</strong> Seniorenwohnanlagen bislang angemessen<br />

berücksichtigt wurden. Der Aufenthalt im Freien führt zur Verbesserung<br />

<strong>der</strong> zeitlichen und räumlichen Orientierung, des Gleichgewichtes, <strong>der</strong><br />

Beweglichkeit, <strong>der</strong> Aufmerksamkeit, <strong>der</strong> Konzentration, <strong>der</strong> Kommunikation,<br />

des Erinnerungsvermögens, des Schlafrhythmus sowie <strong>der</strong> Stimmung und<br />

senkt den Blutdruck. Die Bewegung in <strong>der</strong> Natur erhöht die sozialen Kontakte<br />

und för<strong>der</strong>t die kommunikative Aktivität. Das Gehirn kann im Freien durch<br />

verschiedene Anregungen wachsen, <strong>der</strong> Krankheitsverlauf bei Demenzkranken<br />

sich verlangsamen und das für die Bildung von Vitamin D verantwortliche<br />

Sonnenlicht die kognitiven Fähigkeiten verbessern. 237 Die Wahrnehmung<br />

einer natürlichen Umwelt mit viel Grün und Wasser beeinflusst zudem das<br />

parasympathische Nervensystem, welches organische <strong>Funktionen</strong> wie den<br />

Herz-Kreislauf, die Atmung, die Körpertemperatur sowie die Nieren-, Lungenund<br />

Magenfunktion steuert. Die Natur wirkt sich somit beruhigend auf den<br />

ganzen Organismus aus und stärkt dessen Immunfunktion. Die Verbundenheit<br />

zwischen Mensch und Natur wird deutlich, wenn man den Einfluss <strong>der</strong> Jahreszeiten<br />

auf unsere physiologischen <strong>Funktionen</strong> wie Blutdruck, Herzfrequenz,<br />

Stoffwechsel und Schlafdauer betrachtet. Auch das seelische Erleben kann<br />

sich durch die körperlichen Reaktionen auf die Jahreszeiten verän<strong>der</strong>n und<br />

zeigt sich in Form von Depressionen im Herbst o<strong>der</strong> angenehmen Frühlingsgefühlen.<br />

238 Diese Zusammenhänge dringen allmählich ins Bewusstsein einzelner<br />

gesellschaftlicher Gruppen und führen zur Entstehung erster Sinnesgärten.<br />

Sinnespark Haus Kannen, Gabriele Andreae, Münster, 1994<br />

Den ersten öffentlichen Sinnespark in Deutschland plant die Architektin<br />

Gabriele Andreae 1994 unter Leitung <strong>der</strong> Landschaftsplanerin Ilse Copak.<br />

Der Park umfasst etwa 2 Hektar und ist in Rundlaufflächen angelegt. Er bietet<br />

Erfahrungsstationen, Wahrnehmungen und sinnliches Erleben für jedes<br />

73 Sinnespark Haus<br />

Kannen, Gabriele<br />

Andreae, Münster, 1994,<br />

Gartenplan<br />

Bauten für Wohnen und Leben im Alter im<br />

Kontext demografischer Verän<strong>der</strong>ungen<br />

317


93 Wohnbebauung, f64<br />

architekten, Kempten,<br />

2017, positive klimatische<br />

Ausrichtung: Balkon halb<br />

drinnen, halb draußen<br />

Bauten für Wohnen und Leben im Alter im<br />

Kontext demografischer Verän<strong>der</strong>ungen<br />

Zum Freibereich Balkon<br />

336<br />

Für alte und kranke Menschen, die nicht mehr gut genug gehen können, um<br />

das Haus regelmäßig zu verlassen, stellt <strong>der</strong> Balkon gegen Ende des Lebens<br />

nicht selten den einzig verfügbaren Freibereich dar. Er ist im planerischen<br />

Gedankenschema bei Einpersonen-Altenwohnungen oftmals nur für eine Person<br />

ausgelegt, muss jedoch die Funktion erfüllen, Besuch zum Kaffeetrinken<br />

o<strong>der</strong> Essen empfangen zu können, wofür er fast immer zu klein ist.<br />

Der Balkon erfor<strong>der</strong>t darüber hinaus zwei Klimazonen: eine, die von<br />

Wänden geschützt ist, und eine, die über das Gebäude hinausragt, weil zu<br />

viel Sonneneinstrahlung den Kreislauf belastet und zu viel Wind als unan-


94 Wohnbebauung, f64<br />

architekten, Kempten,<br />

2017, positive klimatische<br />

Ausrichtung: Balkon halb<br />

drinnen, halb draußen<br />

genehm empfunden wird. Obgleich die Alterswohnforscherin Narten diese<br />

Zusammenhänge bereits 1991 nachwies, liegen die Balkone heutzutage fast<br />

ausschließlich als Ganze vor <strong>der</strong> Fassade, sind zumeist nach Süden ohne Sonnenschutz<br />

ausgerichtet und damit ungeeignet.<br />

Die Bewohner nutzen unseren Untersuchungen zufolge solche Balkone<br />

nicht, wodurch ihnen mit steigen<strong>der</strong> Bewegungsunfähigkeit die Möglichkeit<br />

zum Aufenthalt an <strong>der</strong> frischen Luft genommen wird.<br />

Abschließende Bemerkungen<br />

Die optimale Zweizimmerwohnung benötigt für zwei Personen eine Größe<br />

von 59 bis 63 Quadratmetern. Die in <strong>der</strong> Literatur veröffentlichten und von<br />

uns untersuchten Wohnungen in Seniorenwohnanlagen weisen keinen altengerechten<br />

Grundriss auf, <strong>der</strong> alle Bedürfnisse, insbeson<strong>der</strong>e bei steigen<strong>der</strong><br />

Gebrechlichkeit o<strong>der</strong> beginnen<strong>der</strong> Demenz, erfüllt. Ein funktionaler Grundriss<br />

für die Bedürfnisse einer immer älter werdenden Gesellschaft würde kaum<br />

mehr Quadratmeter Grundfläche benötigen und kaum mehr Kosten erzeugen.<br />

Bereits kleine Funktionsverän<strong>der</strong>ungen, neue Raumzuordnungen, Öffnungen<br />

von Wänden o<strong>der</strong> neue Nutzungselemente könnten zur erheblichen<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Lebensqualität beitragen und Gesundheitskosten einsparen.<br />

Die vorgestellte idealtypische Grundrissvariante und Elemente (Abb. 87,<br />

90–94) würde die Befriedigung aller genannten Bedürfnisse beim Altwerden<br />

ermöglichen. Sie kann darüber hinaus körperlichen und geistigen Krankheiten<br />

vorbeugen und die Kommunikation för<strong>der</strong>n.<br />

Die gedanklichen Grundlagen des Planens für die Generation 80plus<br />

fehlt. Die Veröffentlichungen in den <strong>Architektur</strong>zeitschriften über das Bauen<br />

von Seniorenwohnanlagen o<strong>der</strong> betreute Wohnungen reflektieren über Bar-<br />

Bauten für Wohnen und Leben im Alter im<br />

Kontext demografischer Verän<strong>der</strong>ungen<br />

337


Bildnachweis<br />

360<br />

Bildnachweis<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätten<br />

und die Verhäuslichung<br />

<strong>der</strong> Kindheit<br />

1 Geist / Kürvers 1980, S. 104,<br />

Abb. B 32<br />

2 Geist / Kürvers 1980, S. 96,<br />

Abb. B 22<br />

3 Weber-Kellermann 1976,<br />

S. 192, Abb. 207, Foto: Staatsbibliothek<br />

Berlin, St-B 736<br />

4 Cuadra 1996, S. 18; Hemmer<br />

1967, S. 34<br />

5 Weber-Kellermann 1976,<br />

S. 45, Abb. 34<br />

6 Andritzky / Selle 1979, S. 300<br />

7 Aden-Grossmann 2011, S.<br />

30, verän<strong>der</strong>tes Bild; siehe auch<br />

Köhler 2006, S. 35 sowie https://<br />

kin<strong>der</strong>gartenmuseum.de/files/<br />

kin<strong>der</strong>garten<br />

museum/images/geschichte/<br />

Bad_Blankenburg_Kin<strong>der</strong>garten.<br />

jpeg (Aufruf am 27.02.2019)<br />

8 Hemmer 1967, S. 40<br />

9 Voigt et al. 2015, S. 120, Abb. 3<br />

10 Cuadra 1996, S. 20, Abb. 19<br />

11 Dezernat für Kultur und Freizeit<br />

/ Amt für Wissenschaft und<br />

Kunst <strong>der</strong> Stadt Frankfurt am Main<br />

1986, S. 139<br />

12 Dezernat für Kultur und Freizeit<br />

/ Amt für Wissenschaft und<br />

Kunst <strong>der</strong> Stadt Frankfurt am Main<br />

1986, S. 139<br />

13 Dezernat für Kultur und Freizeit<br />

/ Amt für Wissenschaft und<br />

Kunst <strong>der</strong> Stadt Frankfurt am Main<br />

1986, S. 139<br />

14 Dreysse 1987, S. 38<br />

15 Voigt et al. 2015, S. 121,<br />

Abb. 6<br />

16 Hoffmann 1931, S. 123<br />

17 Hoffmann 1931, S. 123<br />

18 Hierl 1992, S. 86<br />

19 Hierl 1992, S. 97<br />

20 Wild 1971, S. 25<br />

21 Wild 1971, S. 16<br />

22 Wild 1971, S. 26<br />

23 Behnisch Architekten<br />

24 Behnisch Architekten<br />

25 Behnisch Architekten<br />

26 Behnisch Architekten<br />

27 Behnisch Architekten<br />

28 Cuadra 1996, S. 37<br />

29 Cuadra 1996, S. 37<br />

30 Funk & Schrö<strong>der</strong><br />

31 Funk & Schrö<strong>der</strong><br />

32 Funk & Schrö<strong>der</strong><br />

33 Funk & Schrö<strong>der</strong><br />

34 Funk & Schrö<strong>der</strong><br />

35 Cuadra 1996, S. 37<br />

36 Funk & Schrö<strong>der</strong><br />

37 Bolles+Wilson<br />

38 Bolles+Wilson<br />

39 Fotografie: Waltraud Krase<br />

40 Bolles+Wilson<br />

41 Bolles+Wilson<br />

42 Bolles+Wilson<br />

43 Fotografie: Waltraud Krase<br />

44 Fotografie: Waltraud Krase<br />

45 Eigene Fotografie<br />

46 Eigene Fotografie<br />

47 Eigene Fotografie<br />

48 Cuadra 1996, S. 65, Abb. 97<br />

49 Cuadra 1996, S. 65, Abb. 96<br />

50 Eigene Fotografie<br />

51 Taschen 2006, S. 233<br />

52 Eigene Fotografie<br />

53 Taschen 2006, S. 243<br />

54 Knaack&Prell Architekten<br />

55 Knaack&Prell Architekten<br />

56 Knaack&Prell Architekten<br />

57 Eigene Fotografie<br />

58 Eigene Fotografie<br />

59 http://www.rki.de/DE/<br />

Content/Gesundheitsmonitoring/<br />

Gesundheitsberichterstattung/<br />

GBEDownloadsF/KiGGS_W1/<br />

kiggs1_fakten_koerp_aktivitaet.<br />

pdf?__blob=publicationFile (Aufruf<br />

am 14.03.2019)<br />

60 http://www.rki.de/DE/<br />

Content/Gesundheitsmonitoring/<br />

Gesundheitsberichterstattung/<br />

GBEDownloadsF/KiGGS_W1/<br />

kiggs1_fakten_koerp_aktivitaet.<br />

pdf?__blob=publicationFile<br />

(Aufruf am 14.03.2019)<br />

61 https://www.forst-sh.de/<br />

einblicke/ansprechpartner/?L=0<br />

(Aufruf am 01.04.2019)<br />

62 Eigene Fotografie<br />

63 Eigene Darstellung von Google<br />

Maps: https://www.google.<br />

com/maps/search/<br />

Waldkin<strong>der</strong>garten+Buxtehude/<br />

@53.451674,9.6756354,796m/<br />

data=!3m1!1e3 (Aufruf am<br />

30.05.2018)<br />

64 Fotografie: Sarah Schönherr<br />

65 Fotografie: Sarah Schönherr<br />

66 Fotografie: Sarah Schönherr<br />

67 Fotografie: Sarah Schönherr<br />

68 Fotografie: Sarah Schönherr<br />

69 Fotografie: Sarah Schönherr<br />

70 Fotografie: Sarah Schönherr<br />

71 Fotografie: Sarah Schönherr<br />

72 Deutsche Bauzeitung<br />

9/2009 S. 40<br />

73 Deutsche Bauzeitung<br />

9/2009 S. 41, Abb. 8<br />

74 Deutsche Bauzeitung<br />

9/2009, S. 39, Abb. 6<br />

75 Fotografie: Frie<strong>der</strong>ike<br />

Grünfeld<br />

76 Statistisches Bundesamt,<br />

https://www.destatis.de/DE/<br />

ZahlenFakten/GesellschaftStaat/<br />

Bevoelkerung/_Grafik/<br />

Zusammengefasste_Geburtenziffer.<br />

png?__blob=poster (Aufruf am<br />

14.03.2019)<br />

77 Statistisches Bundesamt,<br />

https://www.destatis.de/DE/<br />

ZahlenFakten/GesellschaftStaat/<br />

Bevoelkerung/Haushalte<br />

Familien/Tabellen/2_5_Familien.<br />

html (Aufruf am 14.03.2019)<br />

78 BMFSJ 2017, https://<br />

www.bmfsfj.de/blob/119524/<br />

f51728a14e3c91c3d8ea657bb01b<br />

bab0/familienreport-2017-data.<br />

pdf (Aufruf am 14.03.2019)<br />

79 Statistisches Bundesamt,<br />

https://www.destatis.de/DE/<br />

ZahlenFakten/GesellschaftStaat/<br />

Bevoelkerung/Haushalte<br />

Familien/Tabellen/2_5_Familien.<br />

html (Aufruf am 14.03.2019<br />

80 https://www.destatis.de/<br />

DE/ZahlenFakten/Gesellschaft<br />

Staat/Bevoelkerung/Haushalte<br />

Familien/Tabellen/2_5_Familien.<br />

html (Aufruf am 14.03.2019)<br />

81 Statistisches Bundesamt<br />

2018, S. 64, https://www.destatis.<br />

de/DE/Publikationen/<br />

Datenreport/Downloads/<br />

Datenreport2018.pdf?__blob=publicationFile<br />

(Aufruf am<br />

14.03.2019)<br />

82 plus+ bauplanung GmbH –<br />

Hübner – Forster – Remes – Hiller<br />

83 plus+ bauplanung GmbH –<br />

Hübner – Forster – Remes – Hiller<br />

84 plus+ bauplanung GmbH –<br />

Hübner – Forster – Remes – Hiller<br />

85 plus+ bauplanung GmbH –<br />

Hübner – Forster – Remes – Hiller<br />

86 plus+ bauplanung GmbH –<br />

Hübner – Forster – Remes – Hiller<br />

87 plus+ bauplanung GmbH –<br />

Hübner – Forster – Remes – Hiller<br />

88 plus+ bauplanung GmbH –<br />

Hübner – Forster – Remes – Hiller<br />

89 plus+ bauplanung GmbH –<br />

Hübner – Forster – Remes – Hiller<br />

90 https://www.baunetzwissen.<br />

de/mauerwerk/objekte/soziale-einrichtungen/umnutzung<strong>der</strong>-kirche-st-sebastian-inmuenster-zur-kita-3236637/<br />

gallery-1/4 (Aufruf am: 14.03.20.19)<br />

91 https://www.hydroflora.de/<br />

produkte/vertikalebegruenung/mooswaende/<br />

(Aufruf am: 14.03.2019)<br />

92 https://www.competitionline.com/de/projekte/57238<br />

(Aufruf am 14.03.2019)<br />

93 Corporate Communications<br />

bei Beiersdorf<br />

94 kadawittfeldarchitektur,<br />

Hamburg, 2014, https://www.<br />

competitionline.com/de/<br />

projekte/57238 (Aufruf am<br />

14.03.2019)<br />

95 kadawittfeldarchitektur,<br />

https://www.competitionline.<br />

com/de/projekte/57238 (Aufruf<br />

am 14.03.2019)<br />

96 http://www.gat.st/sites/<br />

default/files/Kin<strong>der</strong>tagesstättetroplo-kidsbeiersdorf<br />

lowresde.pdf (Aufruf am<br />

14.03.2019)<br />

97 https://www.competitionline.com/de/projekte/57238<br />

(Aufruf am 14.03.2019)<br />

98 Fotografie: Anna-Lena Albers<br />

99 Fotografie: Anna-Lena Albers<br />

100 kadawittfeldarchitektur,<br />

https://www.competitionline.<br />

com/de/projekte/57238 (Aufruf<br />

am 14.03.2019)<br />

101 Fotografie: Anna-Lena<br />

Albers<br />

102 Fotografie: Anna-Lena<br />

Albers<br />

103 Eigene Fotografie<br />

104 Eigene Fotografie<br />

105 Kraus Schönberg<br />

Architekten<br />

106 Fotografie: Jana Kowitzki<br />

107 Kraus Schönberg<br />

Architekten<br />

108 Fotografie: Jana Kowitzki<br />

109 Kraus Schönberg<br />

Architekten<br />

110 Kraus Schönberg<br />

Architekten<br />

111 Kraus Schönberg<br />

Architekten<br />

112 Fotografie: Jana Kowitzki<br />

113 Fotografie: Jana Kowitzki<br />

114 Fotografie: Jana Kowitzki<br />

115 Fotografie: Jana Kowitzki<br />

116 Fotografie: Jana Kowitzki<br />

117 Fotografie: Jana Kowitzki


Wohnungsbau<br />

im Wandel <strong>der</strong><br />

Familienstrukturen<br />

1 Montclos / Polidori 1996, S. 11;<br />

Fotografie: Robert Polidori<br />

2 Grassnick / Hofrichter 1982,<br />

Bildteil NZ 85, eigene Bearbeitung<br />

3 Peschken et al. 1991, S. 108<br />

4 Barta-Fliedl 2001, Farbtafel<br />

4, 23; Kunsthistorisches Museum<br />

Wien, Inv.-Nr. GG 8785<br />

5 Fröhlich 1974, S. 44, Abb. 59;<br />

Fotografie: Unbekannt<br />

6 Brönner 1994, Abb. 400,<br />

eigene Bearbeitung<br />

7 Asmus 1982, S. 168; Fotografie:<br />

Archiv für Kunst und Geschichte,<br />

Berlin<br />

8 Asmus 1982, S. 153; Fotografie:<br />

Archiv für Kunst und Geschichte,<br />

Berlin<br />

9 Asmus 1982, S. 122; Bildvorlage:<br />

Archiv für Kunst und<br />

Geschichte, Berlin<br />

10 Asmus 1982, S. 88; Bildvorlage:<br />

Archiv für Kunst und<br />

Geschichte, Berlin<br />

11 Schulze 1986, S. 171, Abb. 117;<br />

Fotografie: Mies van <strong>der</strong> Rohe-Archiv<br />

im Museum of Mo<strong>der</strong>n Art,<br />

New York<br />

12 Hammer-Tugendhat /<br />

Tegethoff 1998, S. 77, Abb. 79;<br />

Fotografie: de Sandalo, 1931, im<br />

Besitz <strong>der</strong> Familie<br />

13 Global Architecture 75, EDITA<br />

Tokyo co. Ltd., 1995, S. 46<br />

14 Hammer-Tugendhat / Tegethoff<br />

1998, S. 18, Abb. 27; Fotografie:<br />

Fritz Tugendhat, 1930–1938, im<br />

Besitz <strong>der</strong> Familie<br />

15 Global Architecture 75, EDITA<br />

Tokyo co. Ltd., 1995, S. 46, eigene<br />

Bearbeitung<br />

16 Hammer-Tugendhat /<br />

Tegethoff 1998, S. 17, Abb. 24;<br />

Fotografie: Fritz Tugendhat,<br />

1930–1938, im Besitz <strong>der</strong><br />

Familie<br />

17 Global Architecture 75, EDITA<br />

Tokyo co. Ltd., 1995, S. 46, eigene<br />

Markierung<br />

18 Hammer-Tugendhat / Tegethoff<br />

1998, S. 58, Abb. 62; Foto:<br />

Fritz Tugendhat, 1930–1938, im<br />

Besitz <strong>der</strong> Familie<br />

19 Hammer-Tugendhat / Tegethoff<br />

1998, S. 58, 27; Fotografie:<br />

Fritz Tugendhat, 1930–1938, im<br />

Besitz <strong>der</strong> Familie<br />

20 Global Architecture 57, EDITA<br />

Tokyo co. Ltd., 1995, S. 46, eigene<br />

Bearbeitung<br />

21 Global Architecture 75, EDITA<br />

Tokyo co. Ltd., S. 46, eigene<br />

Bearbeitung<br />

22 Global Architecture 75, EDITA<br />

Tokyo co. Ltd., 1995, S. 47, eigene<br />

Bearbeitung<br />

23 Müller-Wulckow 1929, S. 78;<br />

Fotografie: Unbekannt<br />

24 Müller-Wulckow 1929, S. 121<br />

25 Asmus 1982, S. 145; Bildvorlage:<br />

Archiv für Kunst und<br />

Geschichte, Berlin<br />

26 Ungers 1983, S. 70<br />

27 Kähler 1996, S. 278; Fotografie:<br />

Peter Noever (Hg.): Die Frankfurter<br />

Küche von Grete Schütte<br />

Lihotzky, Berlin 1992<br />

28 Harlan<strong>der</strong> / Fehl 1986, S. 45;<br />

Fotografie: Unbekannt<br />

29 Harlan<strong>der</strong> / Fehl 1986, S. 206<br />

30 Neufert 1936, S. 97, Abb. 7, 8;<br />

S. 99, Abb. 2, 3, 4<br />

31 Neufert 1936, S. 182, Abb. 7;<br />

S. 269, Abb. 1, 2<br />

32 Neufert 1936, S. 161, Abb.<br />

1; S. 168, Abb. 10, 11, 12; S. 178,<br />

Abb. 1, 2<br />

33 Neufert 1936, S. 120, Abb.<br />

11, 12<br />

34 Neufert 1936, S. 161, Abb. 1; S.<br />

160, Abb. 7, 8; S. 215, Abb. 1<br />

35 Pook 1961, S. 75, Abb. 57; Fotografie:<br />

Aenne Heise, Isernhagen<br />

36 Universität Hannover<br />

Diasammlung Lehrstuhl für Wohnungsbau<br />

37 Hafner / Wohn / Rebholz-<br />

Cheves 1998, S. 65, eigene<br />

Bearbeitung<br />

38 Landesarchiv Berlin, Foto<br />

195, 656; Fotografie: Karl Heinz<br />

Schubert<br />

39 Hafner / Wohn / Rebholz-<br />

Chaves 1998, S. 65; Fotografie:<br />

Behörde für Stadtentwicklung<br />

und Wohnen <strong>der</strong> Freien und<br />

Hansestadt Hamburg<br />

40 Ingrid + Peter Hense<br />

41 Ingrid + Peter Hense, eigene<br />

Bearbeitung<br />

42 Ingrid + Peter Hense, eigene<br />

Bearbeitung<br />

43 https://de.statista.com/<br />

statistik/daten/studie/249318/<br />

umfrage/frauenanteile-anhochschulen-in-deutschland/<br />

(Aufruf am 12.02.2019)<br />

44 Fotos aus dem Bestand von<br />

Rob Krier<br />

45 Landesarchiv Berlin, IBA-<br />

Archiv; Fotografie: Reinhard<br />

Görner<br />

46 Eigene Fotografie<br />

47 Eigene Fotografie<br />

48 Bauwelt 11/1983, Heft 42,<br />

S. 1685<br />

49 Bauwelt 11/1983, Heft 42,<br />

S. 1688<br />

50 https://www.destatis.de/<br />

DE/Publikationen/<br />

Datenreport/Downloads/<br />

Datenreport1999.pdf?__blob=<br />

publicationFile (Aufruf am<br />

08.01.2019); https://www.<br />

destatis.de/DE/ZahlenFakten/<br />

Indikatoren/LangeReihen/<br />

Bevoelkerung/lrbev05.html<br />

(Aufruf am 08.01.2019)<br />

51 https://www.destatis.de/<br />

DE/ZahlenFakten/Gesellschaft<br />

Staat/Bevoelkerung/Haushalte<br />

Familien/Tabellen/2_5 Familien.<br />

html, eigene Berechnung (Aufruf<br />

am 08.01.2019)<br />

52 https://www.destatis.de/<br />

DE/ZahlenFakten/Gesellschaft<br />

Staat/Bevoelkerung/Haushalte<br />

Familien/Tabellen/2_5_Familien.<br />

html, eigene Darstellung (Aufruf<br />

am 08.01.2019)<br />

53 https://www-genesis.<br />

destatis.de/genesis/online/<br />

data;sid=D15B108F0B982<br />

56079CE2A6DB129A719.<br />

GO_2_2?levelindex=2&levelid=<br />

1515154695330&downloadname=<br />

12612-0009&operation=<br />

ergebnistabelleDiagramm&<br />

option=diagramm www-genesis.<br />

destatis.de, Tabellencode 12612<br />

(Aufruf am 08.01.2019)<br />

54 https://www.destatis.de/<br />

DE/ZahlenFakten/Gesellschaft<br />

Staat/Bevoelkerung/Haushalte<br />

Familien/Tabellen/2_8_LR_<br />

Familien.html (Aufruf am<br />

22.01.2019)<br />

55 Statistisches Bundesamt,<br />

Datenreport 2018, S. 55<br />

56 Statistisches Bundesamt<br />

2017, Ergebnisse des Mikrozensus,<br />

https://www.destatis.de/DE/<br />

ZahlenFakten/GesellschaftStaat/<br />

Bevoelkerung/Haushalte<br />

Familien/Tabellen/2_5_Familien.<br />

html (Aufruf am 21.01.2019)<br />

57 Sinus Institut<br />

58 Deutsche Bauzeitung<br />

4/2009, S. 42<br />

59 Huke-Schubert Berge Architekten<br />

60 Landeshauptstadt Hannover<br />

2000, S. 8; Fotografie: Karl<br />

Johaentges<br />

61 Landeshauptstadt Hannover.<br />

Expo 2000, Hannover-Kronsberg,<br />

Mensch Natur Technik, S. 114;<br />

Fotografie: Karl Johaentges<br />

62 Landeshauptstadt Hannover.<br />

Expo 2000, Hannover-Kronsberg,<br />

Mensch Natur Technik, S. 119;<br />

Fotografie: Karl Johaentges<br />

63 Wohnungsunternehmen<br />

Gundlach, Hannover<br />

64 Fotografie: Karl Johaentges<br />

65 Hafencity Hamburg GmbH<br />

66 Meyhöfer / Schwarz 2005, S.<br />

12; Fotografie: Unbekannt<br />

67 Meyhöfer / Schwarz 2005, S.<br />

12; Fotografie: Unbekannt<br />

68 Feuerstein / Leeb 2015, S.<br />

120; Fotografie: Unbekannt<br />

69 Meyhöfer / Schwarz 2005<br />

Gesamtanlage Grundriss, S. 21;<br />

Grundriss Wohnung<br />

70 Böge Lindner K2 Architekten<br />

71 Fotografie: Ralf Buscher<br />

72 Fotografie: Ralf Buscher<br />

73 Böge Lindner K2 Architekten<br />

74 Böge Lindner K2 Architekten<br />

75 Böge Lindner K2 Architekten<br />

76 https://www.ibahamburg.de/projekte/<br />

klimaschutzkonzepterneuerbares-wilhelmsburg/<br />

projekt/klimaschutzkonzepterneuerbares-wilhelmsburg.<br />

html (Aufruf am 05.01.2019)<br />

77 hauschild + siegel<br />

architecture<br />

78 hauschild + siegel<br />

architecture<br />

79 hauschild + siegel<br />

architecture<br />

80 hauschild + siegel<br />

architecture<br />

81 hauschild + siegel<br />

architecture<br />

82 hauschild + siegel<br />

architecture<br />

83 hauschild + siegel<br />

architecture<br />

84 hauschild + siegel<br />

architecture<br />

85 hauschild + siegel<br />

architecture<br />

86 hauschild + siegel<br />

architecture<br />

87 hauschild + siegel<br />

architecture<br />

88 Statistisches Bundesamt<br />

2016c<br />

89 Statistisches Bundesamt<br />

2016d, S. 62<br />

90 czerner göttsch architekten<br />

91 czerner göttsch architekten<br />

92 czerner göttsch architekten<br />

93 czerner göttsch architekten<br />

94 https://www.xn--psten<br />

hof-n4a.de/<strong>der</strong>-poestenhof.html<br />

(Aufruf am 29.03.2019); Fotografie:<br />

Unbekannt<br />

95 https://www.dbz.de/artikel/<br />

dbz_Unter_einem_Dach_Mehrgenerationen-wohnen_<br />

Poestenhof_Lemgo_1721649.html<br />

(Aufruf am 29.03.2019);<br />

Fotografie: Christian Eblenkamp<br />

96 http://<strong>der</strong>architektbda.<br />

de/wp-contentuploads/2015/09/<br />

hsd-architekten_Poestenhof_01_<br />

Foto-Christian-Eblenkamp.jpg<br />

(Aufruf am 29.03.2019);<br />

Fotografie: Christian Eblenkamp<br />

97 Deutsche Bauzeitschrift<br />

05/2013, S. 45; Fotografie:<br />

Unbekannt<br />

98 Deutsche Bauzeitschrift<br />

05/2013, S. 40<br />

99 http://www.muellersigrist.ch/arbeiten/bauten/<br />

wohn-und-gewerbesiedlungkalkbreite-zuerich/<br />

(Aufruf am 29.03.2019;<br />

Fotografie: Unbekannt<br />

100 Bauwelt 39/2014, S. 26/27;<br />

Fotografie: Volker Schopp<br />

101 Detail 09/2015, S. 873<br />

102 Bauwelt 39/2014, S. 28/29<br />

103 Bauwelt 39/2014, S. 31<br />

104 Landeshauptstadt<br />

München / Referat für Stadtplanung<br />

und Bauordnungen<br />

2013b, S. 45<br />

105 bogevischs buero<br />

architekten & stadtplaner gmbH<br />

106 bogevischs buero<br />

architekten & stadtplaner gmbH<br />

107 Fotografie: Julia Knop<br />

108 Fotografie: Julia Knop<br />

109 Fotografie: Julia Knop<br />

Anhang<br />

Bildnachweis<br />

361


Dank<br />

Ich bedanke mich bei meinen wissenschaftlichen Mitarbeitern Atilla Cinar (2009–2014)<br />

und Florian Siegert (2010–2015), die an dieser Publikation mitgewirkt haben, für Ihre weitreichenden<br />

Recherchen, Ihre Anregungen und die gemeinsamen inhaltlichen Diskussionen.<br />

Impressum<br />

© 2020 by jovis Verlag GmbH<br />

Das Copyright für die Texte liegt bei <strong>der</strong> Autorin.<br />

Das Copyright für die Abbildungen liegt bei den Fotografen/Inhabern <strong>der</strong> Bildrechte.<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

Umschlagmotive: Entdeckerhaus, plus+ bauplanung GmbH – Hübner – Forster – Remes – Hiller,<br />

Bremen, 2006, Ausschnitt Lageplan mit Grundriss<br />

Wohnanlage wagnisART, Domagkpark, bogevischs buero architekten & stadtplaner gmbH /<br />

Schindler Hable Architekten GbR / Aub.ck + Karasz Landscape Architects / bauchplan GbR,<br />

München, 2016, Ausschnitt Grundriss<br />

Kompetenzzentrum für Menschen mit Demenz, Fed<strong>der</strong>sen Architekten, Nürnberg, 2006,<br />

Ausschnitt Grundriss<br />

Lektorat: Nina Kathalin Bergeest, jovis<br />

Lithografie: Bild1Druck, Berlin<br />

Gedruckt in <strong>der</strong> Europäischen Union<br />

Bibliografische Information <strong>der</strong> Deutschen Nationalbibliothek<br />

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in <strong>der</strong> Deutschen Nationalbibliografie;<br />

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.<br />

jovis Verlag GmbH<br />

Kurfürstenstraße 15/16<br />

10785 Berlin<br />

www.jovis.de<br />

jovis-Bücher sind weltweit im ausgewählten Buchhandel erhältlich. Informationen zu unserem<br />

internationalen Vertrieb erhalten Sie von Ihrem Buchhändler o<strong>der</strong> unter www.jovis.de.<br />

ISBN 978-3-86859-585-7

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