Leseprobe: Moderne Kunst verstehen - Vom Impressionismus ins 21. Jahrhundert

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102 Fluxus 2 Fluxus (lat. für fließend) steht für eine interdisziplinäre internationale Künstlergruppe, die bei radikalen Aktionen kooperierte. Die Beteiligten wollten die Grenzen zwischen Kunst und Leben auflösen und, in den Worten ihres führenden Theoretikers George Maciunas, „lebende Kunst“ schaffen. 1 DICK HIGGINS (1938–98), ALISON KNOWLES (*1933), GEORGE MACIUNAS (1931–78), YOKO ONO (*1933), BEN VAUTIER (*1935) 3 4 Fluxfeste, intermedia, lebende Kunst, interdisziplinär, Performances Maciunas prägte den Begriff Fluxus 1961 für eine internationale Gemeinschaft von Künstlern, Designern, Autoren, Musikern und politischen Aktivisten, die bei experimentellen Projekten zusammenarbeiteten. Zum breiten Spektrum gehörten die in Tokio geborene Performancekünstlerin Yoko C Ono, der deutsche Konzeptkünstler Joseph Beuys, der koreanisch-amerikanische Wegbereiter der Videokunst Nam June Paik, die New Yorker Buchkünstlerin Alison Knowles sowie die Avantgarde-Komponisten George Brecht und Dick Higgins sowie der Dichter Emmett Williams, allesamt Amerikaner. Keiner der Genannten beschränkte sich in seiner Arbeit auf ein Medium oder eine Disziplin. Der Begriff Fluxus sollte dieses „Fließen“ der Beteiligten zwischen verschiedenen For men der Kunstausübung und die ständig wechselnde Zusammensetzung der Gemeinschaft widerspiegeln. Higgins erfand das Wort „intermedia“ für die sich allen Klassifizierungen entziehenden Fluxus- Aktivitäten. Beispiele sind Brechts Score/Performance-Stück Tropfenmusik (1962), bei dem von einer Leiter herab Wasser in eine Wanne gegossen wurde, Aktionen von Ono, die Text und Klangarbeiten einschlossen, und Fluxus- Editionen, d.h. ge meinsame Publikationen vieler Künstler mit integrierten Kunstobjekten.
Fluxus 103 von Briefumschlägen, Briefmarken und Postkarten, die Künstler gestaltet hatten. Es fällt schwer, das Kollektiv unter einen einzigen „...ismus“ zu fassen. Maciunas sah An - fang der 1960er-Jahre im Experimentieren mit einer großen Vielfalt von Medien eine Verbindung zum Neo-Dadaismus. Doch Fluxus verband die ältere Bewegung mit der neu aufkommenden Performancekunst und – in der Ablehnung der Kommerzialisierung und der Neudefinition dessen, was ein Kunstwerk sein kann – auch mit der Konzeptkunst. Dieser Radikalismus sorgte dafür, dass Fluxus wäh rend der 1970er- Jahre und danach seinen Einfluss behielt. HAUPTWERKE im Fogg Museum, Harvard Art Museums, Cambridge, Massachusetts Die Heterogenität der Bewegung spiegelte ihren zentralen, von Maciunas formulierten Grundsatz: „Alles kann Kunst sein und jeder kann sie ausüben.“ Fluxus-Projekte wollten nicht nur die Grenzen dessen erweitern, was als Kunst durchgehen konnte, sondern diese ganz auslöschen, sodass Kunst und Leben eins wurden. Ihre Arbeiten enthielten Sozialkritik, und Maciunas hatte den Anspruch, seine Botschaft allen Leuten verständlich zu machen. Damit sie ein breites Publikum erreichten, waren die Arbeiten so einfach wie Selbstgemachtes. Performances und Klangwerke wurden auf sog. Fluxfesten oder Fluxkonzerten aufgeführt. Viele Aktionen und Kompositionen entstanden per Zufall, ein Hinweis auf den Einfluss des Neo-Dadaisten John Cage, der als Erster Musik dem Zufall überlassen hatte. Gemäß ihrer Überzeugung, dass Kunst Leben und keine Ware sei, weigerten sich einige Fluxus-Künstler, ihre Arbeiten zu verkaufen: Die Franzosen Robert Filliou und Ben Vautier praktizierten z.B. Mail Art, den freien Austausch per Post A Fluxfest, 1967, VERSCHIEDENE KÜNSTLER Fluxfeste waren die Projekte der Gruppe mit der größten öffentlichen Aufmerksamkeit. Die Künstler wünschten sich eine große Beteiligung und schlossen Bündnisse außerhalb der Kunstwelt. In dem hier beworbenen Event tat sich Fluxus mit Vertretern der Gegenkultur im San Francisco der 1960er-Jahre zusammen. Das Plakat hat Ida Griffin ent wor - fen, die Partnerin des psychedelischen Künstlers Rick Griffin. 8 Flux Year Box 2, um 1968, VERSCHIEDENE KÜNSTLER Der Inhalt dieser in beschränkter Stückzahl produzierten Kiste zeigt die Vielfalt, Verspieltheit und kooperative Art von Fluxus. Die von Künstlern aus dem Kollektiv beigesteuerten Gegenstände sind Requisiten für Aktionen, von Spielkarten und Streichhölzern bis zu Arzneien und Saatgut. WEITERE WERKE im Fogg Museum, Harvard Art Museums Fluxkit, 1964, DICK HIGGINS Bean Rolls, 1964, ALISON KNOWLES Fluxus 3 newspaper eVenTs for the pRicE of $1 No.7 February1, 1966, 1964, GEORGE MACIUNAS Grapefruit, 1964, YOKO ONO Die Entscheidung des Postboten, 1964, BEN VAUTIER 9 0 Futurismus, Dadaismus, Neo-Dadaismus, Konzeptkunst, Performancekunst Impressionismus, Neo-Impressionismus, Schule von Paris, Abstrakter Expressionismus, Kitchen Sink Realism
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Seite 5 und 6: 4 Inhalt DIE GEBURT DER MODERNEN KU
Seite 7: 6 Einführung 4 Stärker als alles
Seite 11 und 12: Prozesskunst 105 HAUPTWERK im Whitn
Seite 13: Bildnachweis 157 S. 2 (Detail), 75

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