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25 Bioenergie-Regionen im Porträt - Biobeth

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<strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-<strong>Regionen</strong><br />

<strong>im</strong> <strong>Porträt</strong><br />

Gewinner des Bundeswettbewerbs –<br />

Vorbilder in Sachen <strong>Bioenergie</strong>


2 <strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-regionen <strong>im</strong> porträt<br />

3 <strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-regionen <strong>im</strong> porträt<br />

Vorwort<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

die energiequelle Biomasse eröffnet große Zukunftschancen insbesondere<br />

für den ländlichen raum. gemeinsam mit den anderen<br />

erneuerbaren energien leistet die erzeugung und nutzung von<br />

Biomasse einen maßgeblichen Beitrag zum Kl<strong>im</strong>aschutz. gleichzeitig<br />

verbinden sich mit ihr auch vielfältige positive wirtschaftliche und<br />

soziale Folgen für eine region.<br />

Die Biomassebereitstellung ist dabei nur das erste glied in einer<br />

langen Kette von Dienstleistungen, zu der die Veredelung ebenso<br />

wie am ende die nutzung gehören. Alle Akteure dieser Wertschöpfungskette<br />

können und sollen sich <strong>im</strong> ländlichen raum ansiedeln,<br />

um von kurzen Wegen zu profitieren und vor ort ein max<strong>im</strong>um an<br />

Wertschöpfung und Arbeitsplätzen zu generieren. Voraussetzung<br />

ist, dass die potenziellen partner voneinander wissen, miteinander<br />

in Kontakt treten und kooperieren. Der Wettbewerb <strong>Bioenergie</strong>regionen<br />

des Bundesministeriums für ernährung, Landwirtschaft<br />

und Verbraucherschutz (BmeLV) leistet hierzu einen entscheidenden<br />

Beitrag. ganz bewusst fördern wir in den <strong>25</strong> regionen maßnahmen<br />

zur information, Vernetzung und Qualifizierung. Dadurch sollen<br />

neue und verlängerte regionale <strong>Bioenergie</strong>-Wertschöpfungsketten<br />

ermöglicht werden.<br />

in dieser Broschüre werden ihnen vielfältige und innovative Konzepte<br />

zum Ausbau der <strong>Bioenergie</strong>produktion und –nutzung vorgestellt.<br />

Die projekte beruhen auf Kriterien wie nachhaltigkeit,<br />

effizienzsteigerung und Wissenstransfer, die bei der Auswahl der<br />

<strong>25</strong> Förderprojekte eine entscheidende Rolle gespielt haben.<br />

Ursprünglich hatten sich an dem Wettbewerb insgesamt 210 regionen<br />

beteiligt. Diese überaus große resonanz zeigt, dass die Zeit reif<br />

ist für das thema <strong>Bioenergie</strong> und dass gleichzeitig ein Bedürfnis nach<br />

Vernetzung der Aktivitäten und Austausch der erfahrungen besteht.<br />

ich würde mich freuen, wenn diese Broschüre möglichst viele weitere<br />

regionen, Akteure und interessierte dazu anregt, sich noch mehr auf<br />

die eigenen Stärken und potenziale <strong>im</strong> Bereich <strong>Bioenergie</strong> zu besinnen.<br />

Lassen sie uns die Chancen für eine zukunftsfähige energieversorgung<br />

nutzen.<br />

ihre<br />

ilse Aigner<br />

Bundesministerin für ernährung,<br />

Landwirtschaft und Verbraucherschutz


4 <strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-regionen <strong>im</strong> porträt<br />

5 <strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-regionen <strong>im</strong> porträt<br />

Inhalt<br />

Vorwort<br />

Ausgangslage<br />

Wettbewerb<br />

Wissenschaftliche Begleitforschung<br />

<strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-regionen <strong>im</strong> porträt<br />

Ausblick<br />

<strong>im</strong>pressum<br />

3<br />

6<br />

8<br />

11<br />

15<br />

66<br />

68


6 <strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-regionen <strong>im</strong> porträt 7 <strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-regionen <strong>im</strong> porträt<br />

Ausgangslage<br />

Drei Viertel der in Deutschland benötigten energieträger werden<br />

zurzeit aus dem Ausland <strong>im</strong>portiert. Das ist teuer, und es ist anzunehmen,<br />

dass die preise für erdöl, erdgas und Kohle in Zukunft steigen<br />

werden. Zudem sind die reserven der meisten energieträger endlich<br />

und auf wenige, teilweise politisch unstabile Länder begrenzt.<br />

Anders als fossile energiequellen verursachen Strom, Wärme und<br />

Kraftstoffe aus erneuerbaren energien kaum treibhausgase und sind<br />

fast überall verfügbar. Durch den Ausbau von umweltfreundlichen<br />

energien kann also nicht nur das Kl<strong>im</strong>a geschont werden, sondern<br />

die <strong>im</strong>portabhängigkeit verringert und gleichzeitig die energieversorgung<br />

gesichert werden.<br />

Die europäische Union hat sich darauf geeinigt, die treibhausgasemissionen<br />

bis 2020 gegenüber 1990 um 20 prozent zu senken und<br />

den Anteil an erneuerbarer energie am gesamten europäischen energieverbrauch<br />

auf 20 prozent zu steigern. Die mitgliedsstaaten tragen<br />

mit jeweils individuellen Zielen zur erreichung dieser Vorgaben bei:<br />

So will Deutschland seine treibhausgasemissionen bis 2020 sogar um<br />

40 prozent verringern und den Anteil der erneuerbaren energien am<br />

gesamten endenergieverbrauch auf mindestens 18 prozent erhöhen.<br />

Konkret sollen mindestens 30 prozent erneuerbarer energie an der<br />

Strom- und 14 % an der Wärmebereitstellung erreicht werden. 2009<br />

haben die regenerativen energien <strong>im</strong>merhin schon gut ein Zehntel<br />

des gesamten deutschen endenergieverbrauchs gedeckt – rund 70<br />

prozent dieser energie stammte aus Biomasse. Damit konnten mit<br />

erneuerbaren energien bis ende 2009 107,3 millionen tonnen Co 2<br />

eingespart werden. trotzdem sind die he<strong>im</strong>ischen Biomasseressourcen<br />

bei weitem noch nicht ausgeschöpft. insgesamt verfügt Deutschland<br />

über 17 Mio. Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche, davon<br />

11,8 Mio. Hektar Acker- und 5 Mio. Hektar Grünland und 11 Mio. Hektar<br />

Waldfläche. <strong>im</strong> Jahr 2009 wurden für den energiepflanzenanbau<br />

lediglich ca. 1,7 Mio. Hektar verwendet. Fachstudien weisen darauf<br />

hin, dass 2020 theoretisch 2,5 - 4 Mio. Hektar der Ackerfläche für<br />

stoffliche und energetische nutzung der Biomasse genutzt werden<br />

könnten.<br />

Biomasse ist die vielseitigste erneuerbare energiequelle und kann<br />

als fester, flüssiger oder gasförmiger energieträger in Wärme, Strom<br />

oder Kraftstoff umgewandelt werden. ein großer pluspunkt der<br />

<strong>Bioenergie</strong> ist ihre Speicherfähigkeit – sie kann bei Bedarf abgerufen<br />

werden und ist nicht wie Wind- oder Solarenergie darauf angewiesen,<br />

dass der Wind weht oder die Sonne scheint. Auch finanziell<br />

lohnt es sich, auf <strong>Bioenergie</strong> zu setzen: Die deutlichsten Zuwächse<br />

bei den investitionen in erzeugung erneuerbarer energien liegen<br />

<strong>im</strong> Bereich der Stromerzeugung aus Biomasse. Und schließlich hat<br />

<strong>Bioenergie</strong> nicht nur für den Kl<strong>im</strong>aschutz entscheidende Bedeutung:<br />

Von 300.500 Arbeitsplätzen <strong>im</strong> Bereich der erneuerbaren energien in<br />

2009 trägt die Biomasse mit rund 36 % auch weiterhin einen großen<br />

teil zur Bruttobeschäftigung bei („entwicklung der erneuerbaren<br />

energien in Deutschland <strong>im</strong> Jahr 2009“, märz 2010, BmU).<br />

mit unterschiedlichen maßnahmen ebnet das Bundesministerium<br />

für ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BmeLV)<br />

den Weg für mehr <strong>Bioenergie</strong>. es gilt, neue, bislang ungenutzte<br />

rohstoffpotentiale zu erschließen und die nutzung von Biomasse<br />

in allen drei Bereichen – Wärme, Strom und Kraftstoff – zu erhöhen.<br />

Die wichtigsten instrumente des BmeLV sind hierbei die einflussnahme<br />

bei entsprechenden gesetzesvorhaben und die Förderung von<br />

Forschung und entwicklung entlang der gesamten Bereitstellungskette,<br />

vom Anbau über die Aufbereitung, die Umwandlung bis hin<br />

zum Verbrauch. Aber auch auf Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung<br />

setzt das ministerium, der Bundeswettbewerb <strong>Bioenergie</strong>-regionen<br />

ist ein Beispiel hierfür. Dabei zielen alle Fördermaßnahmen darauf,<br />

dass möglichst nachhaltige und effiziente Anbau-, Aufbereitungs-<br />

und nutzungsverfahren entwickelt werden. Denn Biomasse ist zwar<br />

nachwachsend, die Fläche dennoch nicht unbegrenzt vorhanden –<br />

die Herausforderung ist, sie so sparsam wie möglich einzusetzen.


8 <strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-regionen <strong>im</strong> porträt 9 <strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-regionen <strong>im</strong> porträt<br />

Wettbewerb<br />

Ziele<br />

Der Wettbewerb „<strong>Bioenergie</strong>-regionen“ ist ein instrument, das zur<br />

erfüllung der Kl<strong>im</strong>aschutzziele der Bundesregierung beitragen kann.<br />

Daneben unterstützt das BmeLV weitere regionale maßnahmen wie<br />

die regionale <strong>Bioenergie</strong>-Beratung, den Leitfaden und das internetportal<br />

‚Wege zum <strong>Bioenergie</strong>dorf’ oder den Wettbewerb ‚<strong>Bioenergie</strong>dörfer<br />

2010’. Alle diese sowie zahlreiche weitere instrumente <strong>im</strong><br />

Kontext ‚Ausbau der Biomassenutzung’ sind <strong>im</strong> Aktionsprogramm<br />

„energie für morgen – Chancen für ländliche räume“ des BmeLV<br />

zusammengefasst.<br />

Der Wettbewerb „<strong>Bioenergie</strong>-regionen“ zielt darauf, funktionierende<br />

<strong>Bioenergie</strong>-netzwerke in den regionen zu etablieren. netzwerke<br />

können potenzielle partner, auch investoren, an einen tisch holen,<br />

Wissenstransfer und Weiterbildung initiieren oder bei Konflikten<br />

vermitteln. ganz bewusst fördert das BmeLV mit dem Wettbewerb<br />

keine investitionen in Anlagen und maschinen, denn das wäre relativ<br />

kostenintensiv und würde nur einige wenige projekte begünstigen.<br />

mit funktionierenden netzwerken wird hingegen ein nährboden<br />

geschaffen, auf dem investitionen in der Folge quasi „von selbst gedeihen“<br />

können.<br />

gelingt es, über die netzwerke den Ausbau der <strong>Bioenergie</strong> anzustoßen,<br />

sind regionale Wertschöpfungsketten und neue Arbeitsplätze<br />

die positiven Folgen – für die Bewohner des ländlichen raumes<br />

bedeutet das neue Perspektiven und mehr Lebensqualität. Heute sind<br />

ländliche regionen leider häufig strukturschwach und von Abwanderung<br />

und einem Abbau der infrastruktur geprägt. Dabei sollte die<br />

Bevölkerung so weit wie möglich in die Umbauprozesse mit einbezogen<br />

werden. Bürger, die an sich an entscheidungen und investitionen<br />

beteiligen können, sind eher bereit, Veränderungen zu akzeptieren.<br />

neutrale netzwerke vermögen viel besser als private investoren,<br />

menschen vor ort mit einzubeziehen und zu motivieren.<br />

Deutschland ist ein rohstoffarmes Land. Unser wichtigstes Kapital<br />

ist unser Wissen, unser technologisches Know-how. ein weiteres Ziel<br />

des Wettbewerbes ist es deshalb, das Wissen <strong>im</strong> Bereich <strong>Bioenergie</strong><br />

aufzubauen, die Branche zu stärken und damit letztlich auch exportchancen<br />

zu generieren. nicht zuletzt sollen die <strong>im</strong> Wettbewerb<br />

ausgewählten <strong>Bioenergie</strong>-regionen als Leuchttürme fungieren und<br />

andere regionen motivieren, ebenfalls den Weg in richtung energie-Wende<br />

einzuschlagen.<br />

Bundesministerin Ilse Aigner und Vertreter<br />

der Gewinner-<strong>Regionen</strong> bei der Prämierung<br />

der Sieger<br />

Foto: FNR/Christiane Tessmann<br />

Umsetzung<br />

<strong>im</strong> Februar 2008 wurde der Wettbewerb „<strong>Bioenergie</strong>-regionen“<br />

vom BmeLV ausgelobt und die Fachagentur nachwachsende rohstoffe<br />

e.V. (FNR) mit der Übernahme der Geschäftsstelle betraut.<br />

<strong>im</strong> Laufe eines einjährigen prozesses wählte eine unabhängige Fachjury<br />

unter insgesamt 210 Bewerbern <strong>25</strong> regionen aus. Bewertungsgrundlage<br />

waren die erstellten <strong>Bioenergie</strong>-regionalentwicklungskonzepte.<br />

<strong>im</strong> märz 2009 prämierte schließlich die Bundesministerin<br />

für ernährung, Land wirtschaft und Verbraucherschutz ilse Aigner<br />

die <strong>25</strong> ausgewählten regionen. Diese wer den insgesamt drei Jahre<br />

lang mit jeweils bis zu 400.000 euro bei der Umsetzung ihrer regionalen<br />

entwicklungs konzepte gefördert.<br />

Die Fördermittel sind für den Aufbau von netzwerk- und Kooperationsstrukturen<br />

und das entsprechende personal, für regionalmanagement,<br />

moderation oder Konfliktmanagement, Veranstaltungen<br />

und Öffentlichkeitsarbeit, Qualifizierungsmaßnahmen und Studien<br />

abrufbar. Die projekte werden alle zu unterschiedlichen Anteilen<br />

durch eigen- oder Drittmittel mitfinanziert.<br />

Seit Juni 2009 sind die <strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-regionen dabei, ihre regionalentwicklungskonzepte<br />

umzusetzen. ein großteil der regionen hat<br />

neues personal für die netzwerkarbeit eingestellt, zum teil in eigens<br />

eingerichteten geschäftsstellen oder neu gegründeten gesellschaften.<br />

Die einzelnen regionen gingen dabei mit ganz unterschiedlichen<br />

Ausgangssituationen an den Start: Flächenmäßig reicht das<br />

Spektrum von der Kleinstadt Ludwigsfelde bis zur größten region<br />

mecklenburgische Seenplatte, die aus drei Landkreisen besteht.<br />

manche haben langjährige erfahrung <strong>im</strong> Bereich <strong>Bioenergie</strong> oder<br />

regionalentwicklung, andere nahmen den Wettbewerb zum Anlass,<br />

um die themen Kl<strong>im</strong>aschutz und regenerative energien erstmals<br />

anzugehen. Und auch thematisch sind die projekte sehr breit angelegt.<br />

Sie beinhalten die verschiedensten Biomassearten und Umwandlungstechnologien.<br />

Sowohl die Biogasgewinnung als auch die<br />

Biomasseverbrennung spielen in den meisten Konzepten eine rolle.<br />

Bei den rohstoffen liegt der Schwerpunkt zum einen auf Festbrennstoffen.<br />

Es wird Holz aus dem Forst oder aus Kurzumtriebsplantagen<br />

genutzt. Zum Anderen möchte man neben energiepflanzen stärker<br />

landwirtschaftliche reststoffe, Abfallstoffe, grünschnitt und Landschaftspflegematerial<br />

einsetzen. Das erzeugte Biogas soll nicht nur<br />

in Strom und Wärme umgewandelt, sondern auch ins erdgasnetz eingespeist<br />

oder als Kraftstoff genutzt werden. Viele regionen initiieren<br />

und unterstützen die entstehung von <strong>Bioenergie</strong>dörfern.


10 <strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-regionen <strong>im</strong> porträt 11 <strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-regionen <strong>im</strong> porträt<br />

2. Workshop, September 2009 in Fulda<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region Altmark/<br />

Gerhard Faller-Walzer<br />

Geschäftsstelle<br />

Die bei der Fachagentur nachwachsende rohstoffe e.V. (Fnr) angesiedelte<br />

geschäftsstelle des Wettbewerbs steht den regionen für<br />

fachliche und organisatorische Fragen zur Verfügung. Von hier aus<br />

erfolgen die Koordination des Wettbewerbs, die Auszahlung der<br />

Fördermittel, die Beratung der regionen sowie die organisation von<br />

Veranstaltungen und übergreifender Öffentlichkeitsarbeit. Um alle<br />

Beteiligte zu vernetzen, organisiert die geschäftsstelle regelmäßige<br />

Workshops. Zwei bis drei mal jährlich kommen Vertreter aus den<br />

<strong>Bioenergie</strong>-regionen in einer gastgeber-region zusammen, um sich<br />

über themen wie regionale Wertschöpfung und netzwerke, technik<br />

oder Öffentlichkeitsarbeit zu informieren und auszutauschen.<br />

Auch die <strong>im</strong> Wettbewerb nicht ausgewählten regionen und die breite<br />

Öffentlichkeit bekommen die Chance, sich ausführlich über die<br />

entwicklung in den modellregionen und die damit zusammenhängenden<br />

themen zu informieren. Dazu organisiert die geschäftsstelle<br />

übergreifende Veranstaltungen wie den Fachkongress „<strong>Bioenergie</strong>regionen<br />

– Chancen für ländliche räume“ <strong>im</strong> Jahr 2010.<br />

eine weitere informationsquelle ist die Website www.bioenergie-<br />

regionen.de, eine zentrale plattform sowohl für die regionen selbst<br />

als auch für die Öffentlichkeit. Unter anderem werden hier in einer<br />

Datenbank die projekte der einzelnen regionen vorgestellt. ergänzend<br />

berichtet der newsletter „news <strong>25</strong> – <strong>Bioenergie</strong>-regionen<br />

aktuell“ alle drei monate über neuigkeiten aus den regionen, der<br />

geschäftsstelle und von der Begleitforschung.<br />

Wissenschaftliche Begleitforschung<br />

Die <strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-regionen wurden aus einer Vielzahl von Bewerbern<br />

als modellregionen ausgewählt. Das bedeutet, sie stehen nun<br />

modell: modell für den regionalen Ausbau der <strong>Bioenergie</strong>, modell<br />

für eine stra tegisch ausgerichtete regionalentwicklung anhand von<br />

regionalen entwicklungskonzepten; modell auch für den Umgang<br />

mit der Förderung von regionalentwicklung. Der Wettbewerb und<br />

die <strong>25</strong> regionen werden daher wissenschaftlich begleitet, um für die<br />

Zukunft zu lernen. Dafür sollen prozesse, Wirkungen und erfolge erfasst,<br />

untersucht und bewertet werden. ein entscheidendes produkt<br />

wird der „Leitfaden Bio energie-regionen“ sein, der am ende die ergebnisse<br />

umsetzungsorientiert aufbereitet und für andere regionen<br />

Deutschlands verfügbar machen soll.<br />

Diese wissenschaftliche Begleitforschung ist in zwei Bereiche aufgeteilt.<br />

Mit einer sozialwissenschaftlich ausgerichteten Herangehensweise<br />

untersucht die projektgemeinschaft der politischgesellschaft<br />

lichen Begleitforschung bestehend aus nova-institut<br />

GmbH und SPRINT GbR die regionalen Prozesse und Netzwerke sowie<br />

das Förderinstrumentarium selbst. Die technisch-ökonomische Begleitforschung,<br />

bearbeitet durch das Deutsche BiomasseForschungs-<br />

Zentrum (DBFZ), dagegen untersucht die „harten“ Fakten. Die regionalen<br />

Anteile der <strong>Bioenergie</strong> und die damit verbundenen Stoffströme<br />

werden hier untersucht. Das thema regionale Wertschöpfung ist für<br />

beide Bereiche relevant und wird unter den Aspekten der netzwerkstrukturen<br />

durch die politisch-gesellschaftliche Begleitforschung<br />

sowie unter dem Aspekt der Stoffströme durch die technisch-ökonomische<br />

Begleitforschung bearbeitet.<br />

Politisch-gesellschaftliche Entwicklungs-<br />

und Steuerungsprozesse<br />

Wie hängen netzwerke, Arbeitsplätze und Kl<strong>im</strong>aschutz zusammen –<br />

so lautet vereinfacht gesagt die Frage dieses Begleitforschungsbereichs.<br />

idee des Wettbewerbs ist es, aktive Akteursnetzwerke aufzubauen<br />

und zu pflegen, welche die <strong>Bioenergie</strong>nutzung in der region<br />

voranbringen. Aber funktioniert das auch? Wie sich diese regionalen<br />

netzwerke verändern und entwickeln, und ob diese tatsächlich erfolge<br />

für die <strong>Bioenergie</strong>-regionen bringen, wird zu zeigen sein.<br />

Die elemente dieser Fragestellung werden mit verschiedenen, vor<br />

allem sozialwissenschaftlichen, methoden beleuchtet und die ergebnisse<br />

zusammengeführt. Bereits zu projektbeginn wurde eine erste<br />

netzwerkanalyse in allen <strong>25</strong> regionen durchgeführt, für die insgesamt<br />

etwa 700 telefoninterviews geführt wurden. Anhand dieser<br />

Analyse konnten 8 typen sozialer netzwerke identifiziert werden.


12 <strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-regionen <strong>im</strong> porträt 13 <strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-regionen <strong>im</strong> porträt<br />

Beispiel für ein offenes, über viele Außenkontakte<br />

verfügendes und ein geschlossenes,<br />

auf sich bezogenes Netzwerk.<br />

Durch den Farbcode ist das Arbeitsfeld<br />

des einzelnen Akteurs gekennzeichnet.<br />

Einfarbige Gruppen deuten auf einseitige<br />

Themenwahl, gemischte Gruppen auf<br />

Themenvielfalt hin.<br />

Ansprechpartner<br />

Dirk Schubert<br />

nova-Institut GmbH<br />

Tel: 0228/538 8438<br />

E-Mail: Dirk.Schubert@nova-Institut.de<br />

www.nova-institut.de<br />

Dr. Sebastian Elbe<br />

SPRINT GbR<br />

Tel: 06151/66 77 801<br />

E-Mail: elbe@sprintconsult.de<br />

www.sprintconsult.de<br />

Bislang deuten die ergebnisse darauf hin, dass offene netzwerkstrukturen<br />

(s. Abb.) günstigere Ausgangsbedingungen für Regionalentwicklungsprozesse<br />

bieten.<br />

ob tatsächlich ein Zusammenhang zwischen netzwerkstruktur und<br />

entwicklungserfolg nachweisbar ist, werden die weiteren Untersuchungen<br />

bis zum ende der Förderlaufzeit zeigen.<br />

Mit Hilfe sogenannter Erfolgsfaktoren wurde zudem eine erste<br />

einschätzung der regionalentwicklungsprozesse durch die Akteure<br />

in allen <strong>25</strong> regionen durchgeführt und ausgewertet. Die ergebnisse<br />

dienen über die einbindung in die Selbstevaluierung in den regionen<br />

der gezielten Verbesserung der dortigen prozesse ebenso wie der<br />

Verbesserung des Wettbewerbs als solchem. Beide Analysen werden<br />

kontinuierlich fortgesetzt und mit einer zweiten umfangreichen<br />

erhebung und vergleichenden Auswertung zum ende der Laufzeit<br />

abgeschlossen.<br />

Beispiel einer schematisiertenWertschöpfungskette<br />

für Biogas mit<br />

Spezifizierungen der einzelnenWertschöpfungsstufen<br />

sowie möglichen<br />

Kennzahlen, die für eine<br />

Erhebung herangezogen<br />

werden können.<br />

<strong>im</strong> nächsten Schritt steht die Durchführung sogenannter „Fokusgruppen“<br />

an. Hier soll das Expertenwissen aus der Begleitforschung<br />

gezielt mit dem praktischen erfahrungswissen der regionalen<br />

Akteure zusammengeführt und weiterentwickelt werden. in diesem<br />

Zusammenhang hat die Begleitforschung für die regionen bereits<br />

weiterführende informationen über das management von <strong>Bioenergie</strong>-regionen<br />

und über Qualifizierungsmöglichkeiten in einem<br />

Leitfaden aufbereitet und zur Verfügung gestellt. Die Fokusgruppen<br />

werden fünf themenfelder vom Konfliktmanagement bis zur Verstetigung<br />

der prozesse über die Förderlaufzeit hinaus bearbeiten.<br />

Technisch-ökonomische Aspekte<br />

<strong>im</strong> mittelpunkt der Forschungsarbeiten stehen die Bewertung der<br />

technischen Aspekte und die Untersuchung der regionalen Biomasse-Wertschöpfungsketten.<br />

Ziel ist es, festzustellen, wie sich die energetische<br />

<strong>Bioenergie</strong>nutzung in den regionen innerhalb der projektlaufzeit<br />

weiterentwickelt und welche effekte dies auf die regionale<br />

Wertschöpfung hat.<br />

Zu Beginn des Wettbewerbs hat das team des DBFZ die regionalen<br />

Konzepte ausgewertet. Die technischen ideen und planungen der<br />

regionen wurden anhand verschiedener Kriterien wie Umwandlungsart,<br />

neuheitsgrad und rohstoffeinsatz eingeordnet und evaluiert.<br />

Um Aussagen darüber treffen zu können, welche Wirkung die<br />

regionalen Biomasse-netzwerke auf die entwicklung der <strong>Bioenergie</strong>nutzung<br />

haben können, wird die Umsetzung der Konzepte über den<br />

gesamten Wettbewerbsverlauf beobachtet.


14 <strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-regionen <strong>im</strong> porträt<br />

Ansprechpartner/-in<br />

Deutsches BiomasseForschungs<br />

Zentrum gemeinnützige GmbH (DBFZ)<br />

Torgauer Straße 116<br />

04347 Leipzig<br />

www.dbfz.de<br />

Dr. Daniela Thrän<br />

Tel.: 03 41/24 34-435<br />

E-Mail: daniela.thraen@dbfz.de<br />

Thilo Seidenberger<br />

Tel: 03 41/24 34-461<br />

E-Mail: thilo.seidenberger@dbfz.de<br />

Ruth Offermann<br />

Tel.: 03 41/24 34-453<br />

E-Mail: ruth.offermann@dbfz.de<br />

Die erste Grafik zeigt ein Beispiel für regionale<br />

Stoffströme bei verhältnismäßig<br />

geringen <strong>Bioenergie</strong>aktivitäten innerhalb<br />

des Netzwerks. Das zweite Bild zeigt hingegen<br />

Stoffströme einer Region bei stärkeren<br />

regionalen <strong>Bioenergie</strong>aktivitäten<br />

des Netzwerks.<br />

neben den technischen untersucht das DBFZ auch ökonomische<br />

„<strong>Bioenergie</strong>aktivitäten“ der regionen. ein Kernthema der Forschungsarbeit<br />

stellt hierbei die Analyse bioenergiebezogener<br />

regionaler Wertschöpfung innerhalb der netzwerkaktivitäten dar.<br />

Dazu werden die einzelnen Stufen z. B. einer regionalen Biogas-<br />

Wertschöpfungskette erfasst. Die Basis bilden dabei Befragungen<br />

des regionalmanagement über vorhandene Wertschöpfungsstufen<br />

und den geplanten Ausbau der Wertschöpfungsketten, die sich<br />

vom rohstoffproduzierenden Landwirt bis hin zum Wärmekunden<br />

erstrecken. Die beteiligten <strong>Bioenergie</strong>anlagenbetreiber und Brennstoffproduzenten<br />

werden nach in- und output befragt und auf diese<br />

Weise die Stoffflüsse erfasst. Mit Hilfe dieser Stoffstromanalyse<br />

können rückschlüsse auf die regionale Wertschöpfung gezogen<br />

werden. Die entwicklung der Anlagenbestände und Stoffströme wird<br />

während des gesamten Förderzeitraums verfolgt. Die Auswirkungen<br />

der geförderten netzwerke und kommunikativen maßnahmen auf<br />

den tatsächlichen Ausbau der <strong>Bioenergie</strong> können auf diese Weise<br />

abgeschätzt werden.<br />

<strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-<strong>Regionen</strong> <strong>im</strong> <strong>Porträt</strong><br />

Auf den folgenden Seiten stellen sich die<br />

gewinner des Wettbewerbs „<strong>Bioenergie</strong>regionen“<br />

vor. Alle texte wurden von Journalisten<br />

aus den jeweiligen regionen verfasst.<br />

Zur orientierung und zum Vergleich dienen<br />

Steckbriefe mit den wichtigsten Daten und<br />

Ansprechpartnern aus den regionen.<br />

Lesen Sie über <strong>25</strong> deutsche regionen auf<br />

dem Weg hin zur energieunabhängigkeit<br />

und besserer Lebensqualität.<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region Nordfriesland Nord 16<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region Burg-St. Michaelisdonn<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

18<br />

„natürlich rügen“ – Voller energie<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

20<br />

mecklenburger Seenplatte 22<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region Wendland-Elbetal 24<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region Südoldenburg 26<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region Weserbergland plus 28<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region Altmark 30<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Landkreis märkisch-oderland 32<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region Ludwigsfelde 34<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region Kulturland Kreis-Höxter 36<br />

• BioEnergieDialog Oberberg Rheinerft 38<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region Eifel (Koop. NRW/RLP)<br />

• naturkraft-region<br />

40<br />

Hersfeld-Rotenburg/Schwalm-Eder 42<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region Mittelhessen 44<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region Jena-Saale-Holzland 46<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region Thüringer Vogtland<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

48<br />

Sächsische Schweiz-osterzgebirge 50<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region Cochem-Zell 52<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region Bayreuth 54<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region Straubing-Bogen 56<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region Oberland 58<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region Achental<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

60<br />

Hohenlohe-Odenwald-Tauber 62<br />

• <strong>Bioenergie</strong>-Region Bodensee 64


16 <strong>Bioenergie</strong>-region norDFrieSLAnD norD<br />

Verschiedene erneuerbare Energieträger<br />

kombinieren: Windenergie und Biomasse.<br />

Foto: A. Birresborn<br />

Regionalmanager Dr. Torsten Schmidt-<br />

Baum (r.) be<strong>im</strong> Abst<strong>im</strong>mungsgespräch.<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Bau einer Biogasanlage.<br />

Foto: A. Birresborn<br />

20 Jahre Kompetenz in<br />

Sachen Erneuerbare<br />

Windkraft-Region Nordfriesland Nord will<br />

Deutschlands Erneuerbare-Energien-<br />

Region Nr. 1 werden<br />

in der Windenergie war sie Vorreiter, jetzt hat sich die Aktivregion<br />

nordfriesland nord aufgemacht, Deutschlands „erneuerbare-energien-Region<br />

Nr. 1“ – soll heißen: „Nullemissions-Region bis zum Jahr<br />

2015“ – zu werden. ein ehrgeiziges Ziel, für das man hier, <strong>im</strong> äußersten<br />

Nordwesten Schleswig-Holsteins, seit Jahrzehnten Vorarbeit<br />

geleistet hat und nun mit der Anerkennung als <strong>Bioenergie</strong>-region<br />

belohnt wurde.<br />

Die <strong>Bioenergie</strong>-region nordfriesland nord ist geprägt von gegensätzen:<br />

raue Küstenlandschaft und liebliche geesthügel, bäuerliche<br />

Baukultur in beschaulichen Dörfern und Windenergie-Hightech, die<br />

menschen traditionsbewusst und zugleich bereit, unerschlossene<br />

wirtschaftliche Chancen zu erkennen und zu ergreifen. Der tourismus,<br />

vor allem aber die erneuerbaren energien haben die Landwirtschaft<br />

als zentrale einkommensquelle abgelöst oder bieten zumindest<br />

ein stabiles zweites Standbein.<br />

Die bundesweit ersten Windkraftanlagen wurden hier bereits ende<br />

der 1980er errichtet, und von Beginn an kam mehrheitlich das modell<br />

des Bürgerwindparks zur Anwendung. Das heißt, die menschen<br />

vor ort haben – als gesellschafter – teil, sowohl an der erzeugung von<br />

Co 2 -freiem Strom, als auch an den daraus resultierenden erlösen.<br />

17 <strong>Bioenergie</strong>-region norDFrieSLAnD norD<br />

„Für viele in unserer gemeinde ist die Windenergie zur bedeutenden<br />

erwerbsquelle geworden, die die einkommensschwankungen in der<br />

Landwirtschaft ausgleicht“, erklärt der Bürgermeister der reußenköge<br />

Johannes Volquardsen.<br />

Vielleicht haben diese positiven erfahrungen mit der Windenergie<br />

der region mut gemacht, das rollenmodell als „erneuerbare-energie-Region<br />

Nr. 1“ für sich zu entwerfen. „Wir haben die Kompetenz,<br />

und wir haben das Know-how“, ist der <strong>Bioenergie</strong>-projektmanager<br />

Dr. torsten Schmidt-Baum überzeugt. Beharrlich werden weitere<br />

potenziale <strong>im</strong> Bereich erneuerbare erschlossen, in der photovoltaik<br />

und vor allem in der <strong>Bioenergie</strong>.<br />

ein Beispiel ist die hochmoderne Biogasanlage in dem zur gemeinde<br />

Bordelum gehörenden Dorf Dörpum. Sie erzeugt nicht nur Strom,<br />

sondern auch Fernwärme für 90 Prozent der Dörpumer Haushalte.<br />

Auch andere Biogasanlagen wie „rAn“ – benannt nach den Dörfern<br />

rodenäs, Aventoft und neukirchen – sorgen mit Fernwärmekonzepten<br />

dafür, dass die menschen unabhängig werden von fossilen<br />

energiequellen. Und die gesamte Wertschöpfung von der Substratlieferung<br />

über den Stromerlös bis zum Verkauf der Wärme bleibt in der<br />

Hand der örtlichen Betreiber.<br />

insgesamt sind in nordfriesland nord rund 35 Biogasanlagen in Betrieb<br />

und weitere geplant. Angesichts dieser Dichte bleiben Konflikte<br />

nicht aus. Aber in der mit demokratischen Beteiligungsprozessen erfahrenen<br />

Aktivregion ist man überzeugt, diese probleme bewältigen<br />

zu können, indem man alle Beteiligten an einen tisch holt. „gemeinsam<br />

vielleicht sogar modellhafte Lösungen zu finden ist eine Herausforderung,<br />

der wir uns stellen“, so projektmanager Schmidt-Baum.<br />

Schließlich soll die entwicklung der <strong>Bioenergie</strong> nachhaltig gestaltet<br />

und dabei die vorhandenen potenziale ausgeschöpft werden. Verfahren<br />

zu entwickeln, um auch Stoffe wie gärreste, Abfälle und Stroh zu<br />

verwertbarer Biomasse zu machen, ist Aufgabe der Forschung. ein<br />

Glück, dass es der <strong>Bioenergie</strong>-Region nicht an Kontakten zu Hochschulen<br />

mangelt, etwa zum Fachbereich Biotechnologie-Verfahrenstechnik<br />

der FH Flensburg.<br />

Auch Handlungsfeldern wie dem Energiesparen widmet sich die<br />

<strong>Bioenergie</strong>-region. mit Christoph Brockmann etwa arbeitet ein Liegenschaftsmanager<br />

und energieberater <strong>im</strong> Amt Bredstedt-Land am<br />

energie-Controlling für rund 100 öffentliche Liegenschaften, das die<br />

Basis bilden soll für ein umfassendes Sparkonzept. Und an weiteren,<br />

auf praktizierten Kl<strong>im</strong>aschutz und dezentrale energieversorgung<br />

ausgerichteten projekten mangelt es nicht in nordfriesland nord. So<br />

sollen Wind-, Solar- und Biogasanlagen als Stromtankstellen für den<br />

Betrieb von elektromobilen hergerichtet werden. Die genossenschaft<br />

ee4mobile mit dem Ziel, die transformation der idee in ein wirtschaftlich<br />

tragfähiges modell zu sichern, wurde gegründet.<br />

Heike Wells, Freie Journalistin, Husum<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region Nordfriesland Nord<br />

Bundesland: Schleswig-Holstein<br />

Landkreise: Nordfriesland<br />

(Ämter Mittleres Nordfriesland und Südtondern,<br />

Gemeinde Reußenköge)<br />

Größe: 900 km2 Einwohnerzahl: 60.000<br />

Flächennutzung: Waldanteil von nur ca. 4,3 %<br />

(Land SH ca. 10 %), 42 % Ackerland, 31 % Grünland<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

ca. 33 Biogasanlagen, weitere 5 beantragt,<br />

3 Holzhackschnitzelheizanlagen<br />

Langfristige Ziele:<br />

Reduzierung des CO -Ausstoßes bis zum Jahr<br />

2<br />

2013 um 15.000 t/Jahr <strong>im</strong> Wettbewerbszeitraum<br />

Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen in<br />

der Schlüsselbranche „Erneuerbare Energien“<br />

Förderung der Kompetenz der Akteure als zentrale<br />

Schlüsselqualifikation<br />

Aufbau regionaler Netzwerke und Wirtschaftskreisläufe<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Biogas, Holzhackschnitzel<br />

Strategien:<br />

Im Schulterschluss mit allen Beteiligten – Landwirtschaft,<br />

Unternehmen, Verwaltung, Naturschutz<br />

und allen Menschen in der Region – arbeiten<br />

wir an Lösungen für eventuelle Konflikte,<br />

an der Opt<strong>im</strong>ierung der Anlagen und an neuen<br />

Anbaumethoden, am Transfer wissenschaftlicher<br />

Ergebnisse an die Praktiker vor Ort.<br />

Leitprojekte:<br />

Versorgung städtischer Liegenschaften in Niebüll<br />

über ein Nahwärmenetz<br />

Reduzierung von Erdgasverbrauch und Schadgasemmissionen<br />

durch Abwärmenutzung aus<br />

Biogas-BHKW über kommunales Nahwärmenetz<br />

in Leck<br />

100%ig autarke Energieversorgung des Ortsteiles<br />

Dörpum, Gemeinde Bordelum<br />

Ansprechpartner<br />

Name: Dr. Torsten Schmidt-Baum<br />

Institution: LAG AktivRegion Nordfriesland Nord<br />

Anschrift: Marktstraße 7-9, <strong>25</strong>917 Leck<br />

Tel.: 04661-601-572<br />

Fax: 04661-601-570<br />

E-Mail: t.schmidt-baum@aktivregion-nfnord.de<br />

Homepage: www.aktivregion-nf-nord.de


18 BIOENERGIE-REGION BURG-ST. MICHAELISDONN<br />

Projektleiter der <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Andreas de Vries und Bürgermeister<br />

St. Michaelisdonn Volker Nielsen (r.).<br />

Foto: Julia Janssen/<strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Treibsel-Ernte: Mitarbeiter des Landesamtes<br />

für Küstenschutz laden nach Winterstürmen<br />

angelandete Treibselmassen<br />

auf. Foto: Beate Meißner<br />

Geschäftsführer der Biogasanlage<br />

St. Michaelisdonn Broder Schütt<br />

(Mitte, zeigend) mit einer<br />

Besuchergruppe.<br />

Foto: Hermann Böttiger<br />

David und der<br />

Energiemüll aus dem Meer<br />

Wie und womit eine Gemeinde an der<br />

Nordseeküste sich selbst versorgen will<br />

Für touristen, Bürgermeister und Deichschützer bildet der Unrat ein<br />

ärgernis: reste von krautigen pflanzen und Algen, gras, Kleinholz,<br />

reet, Schilf verschandeln die Strände und gefährden die Küstenschutzanlagen.<br />

treibsel nennt man das Zeug. rund 22.000 tonnen<br />

davon werden jährlich an nordseeküste und elbe angeschwemmt.<br />

Bislang wird es abgefahren, von müll gesäubert, fein gehäckselt und<br />

dann wieder auf die Deiche und ins Vorland geblasen. Damit soll nun<br />

Schluss sein. „Das ist wertvolle Biomasse, die wir für die energieproduktion<br />

nutzen wollen“, sagt Andreas de Vries. Der 47-Jährige leitet<br />

die noch jungfräulichen Gemeindewerke St. Michel Energie GmbH.<br />

Vor einem Jahr gegründet, gewinnen sie langsam Konturen: gerade<br />

haben die Kommunalpolitiker des 3.600 einwohner zählenden ländlichen<br />

Zentralorts beschlossen, den 2011 mit der E.ON Hanse endenden<br />

Konzessionsvertrag für Strom nicht zu erneuern, stattdessen den<br />

Netzbetrieb in die Hände der Gemeindewerke zu geben. Nach fast 90<br />

Jahren eine Zäsur und ein mutiger Schritt.<br />

David gegen goliath – der Bürgermeister von St. michaelisdonn,<br />

Volker nielsen, hat keine Angst vor den schwierigen Verhandlungen<br />

zum netzkauf. „Die energieversorgung war einmal originäre Aufgabe<br />

der Kommunen, jetzt haben wir die Chance, diese Kompetenz<br />

zurückzuerobern“, sagt er selbstbewusst. Und weil Wind und fruchtbare<br />

Böden der geest- und marschlandschaft reichlich vorhanden<br />

sind und auch die Sonne hier häufiger scheint als anderswo, will sich<br />

die gemeinde spätestens ab dem Jahr 2038 zu 100 prozent aus erneuerbaren<br />

energien versorgen.<br />

19 <strong>Bioenergie</strong>-region BURG-ST. MICHAELISDONN<br />

ein ehrgeiziges projekt, aber die Voraussetzungen sind da, denn<br />

bereits jetzt wird in dem ort in einem mix unterschiedlicher technologien<br />

– Windkraft, photovoltaik, Biomasse – kräftig erneuerbare<br />

energie produziert, be<strong>im</strong> Strom schon jetzt mehr, als man selbst<br />

verbraucht. Hauptsächlich profitieren jedoch wenige Betreibergesellschaften<br />

und der e.on-Konzern. Die Wertschöpfung geht an der<br />

region vorbei.<br />

ein team aus politik, Verwaltung und ortsansässigen Fachbetrieben<br />

für erneuerbare energien will das ändern, die neuen gemeindewerke<br />

sollen den prozess vorantreiben. gemeinsam bewarb man sich be<strong>im</strong><br />

Bundeswettbewerb <strong>Bioenergie</strong>-regionen und gehört nun zu den<br />

<strong>25</strong> geförderten Projekten.<br />

Zu den ersten Schritten des <strong>Bioenergie</strong>-netzwerkes zählt die Umsteuerung<br />

bei der Wärmeversorgung der rund 1.660 Haushalte. Sie<br />

soll künftig auf der grundlage der Biogaserzeugung aus reststoffen<br />

erfolgen. Für die erste Ausbaustufe kann auf die Abwärme der bereits<br />

seit 1996 bestehenden Biogasanlage der BEA Dithmarschen GmbH<br />

zurückgegriffen werden. geschäftsführer Broder Schütt freut sich,<br />

dass die Wärme endlich genutzt wird. „Wir stehen gewehr bei Fuß“,<br />

sagt er. Bereits <strong>im</strong> Sommer 2010 sollen die Bagger anrücken, um die<br />

rohre für den ersten Abschnitt eines nahwärmenetzes in die erde zu<br />

verlegen.<br />

Aber weil die Anlage, in der gülle sowie Speiseabfälle verarbeitet<br />

werden, den Wärmebedarf allein nicht decken kann, ist die errichtung<br />

mindestens einer weiteren Biogasanlage geplant. Außer mit<br />

treibsel könnte diese mit anderer, bislang ungenutzter Biomasse beschickt<br />

werden: grünschnitt von naturschutzflächen, Weg-, Straßen-<br />

und grabenrändern, Kompost von privathaushalten sowie gemüse-<br />

und Kohlresten – schließlich gehört Dithmarschen zu den größten<br />

Kohlanbaugebieten europas. generell gilt: Der landwirtschaftlichen<br />

Futter- und nahrungsmittelproduktion soll keine Konkurrenz gemacht<br />

werden. Auch wirtschaftlich erscheint die nutzung pflanzlicher<br />

Abfall- und reststoffe angesichts steigender preise für klassische<br />

Substrate wie mais mittlerweile lukrativ.<br />

Allerdings stellen treibsel & Co die Anlagentechnik aufgrund ihrer<br />

inhomogenen Zusammensetzung vor große Herausforderungen.<br />

„nach Jahren der Forschung und umfangreichen testläufen ist mittlerweile<br />

der Durchbruch gelungen“, sagt Professor Urban Hellmut<br />

vom Kompetenzzentrum Biomassenutzung Schleswig-Holstein, das<br />

die Dithmarscher wissenschaftlich unterstützt und berät. So hat zum<br />

Beispiel die Hanseatische Umwelt GmbH aus Sandhagen bei Rostock<br />

ein spezielles Vergärungsverfahren entwickelt, mit dem sich die<br />

heterogenen Zell- und Faserstoffe aufschließen und zu einer homogenen<br />

Biomasse transformieren lassen. Das Unternehmen prüft derzeit<br />

die errichtung einer pilotanlage in Dithmarschen, Baubeginn noch<br />

2010. Als einsatzstoff hat es sich die treibselmassen an nord- und ostsee<br />

in einer Vereinbarung mit der Kieler Landesregierung langfristig<br />

gesichert.<br />

Funktioniert das Verfahren der Sandhagener, hätten sie tatsächlich<br />

das geschafft, wovon viele träumen: müll in energie zu verwandeln.<br />

Hermann Böttiger, Journalist, Meldorf<br />

Bundesland: Schleswig-Holstein<br />

Landkreise: Amt Burg-St. Michaelisdonn und<br />

Stadt Brunsbüttel <strong>im</strong> Kreis<br />

Dithmarschen<br />

Größe: 218 km2 <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Burg-St. Michaelisdonn<br />

Einwohnerzahl: ca. 30.000<br />

Flächennutzung: 40 % Ackerland,<br />

40 % Dauergrünland<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

erst 1 Biogasanlage<br />

Langfristige Ziele:<br />

Versorgung der Region mit Energie zu 100 %<br />

aus erneuerbaren Quellen bis spätestens 2038.<br />

Etablierung regionaler Wertschöpfung in den Bereichen<br />

Strom, Wärme und Mobilität.<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Wind, Biomasse<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

Umsetzung von Leitprojekte ausgehend von einer<br />

Pilotgemeinde, Gründung von Gemeindewerken<br />

1. Biomassepotenzialanalyse (Schwerpunkt Reststoffe,<br />

Landschaftspflege etc.)<br />

2. Wärmenetz<br />

3. Energiespeicherung (Opt<strong>im</strong>ale Energiebereitstellung<br />

durch zeitlichen Ausgleich zwischen<br />

Erzeugung und Verwendung).<br />

4. Stromnetzübernahme (vollständige dezentrale<br />

Stromversorgung)<br />

Ansprechpartner<br />

Name: Volker Nielsen<br />

Institution: Bürgermeister Gemeinde<br />

St. Michaelisdonn<br />

Anschrift: Poststr. 4, <strong>25</strong>693 St. Michaelisdonn<br />

Tel.: 0171/380 39 47<br />

Fax: 048 53/80 02 50<br />

E-Mail: nielsen@st-michaelisdonn.de<br />

Homepage: www.energieregion-stmichaelisdonn.de


20 BIOENERGIE-REGION „NATÜRLICH RÜGEN“ – VOLLER ENERGIE<br />

Kl<strong>im</strong>a-Erlebnisbauernhof Kliewe<br />

Foto: Holger Vonberg<br />

Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft<br />

Uwe Ambrosat, Landrätin von<br />

Rügen Kerstin Kassner, Projektleiterin<br />

Dr. Sarah Gehrig und Projektkoordinator<br />

Dominique Diederich (v.l.).<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Nachbarinsel Hiddensee.<br />

Foto: Tourismuszentrale/Dieter Lindemann<br />

Natürlich Rügen –<br />

Voller Energie<br />

Wie sich ein Urlaubsparadies zur Vorzeigeregion<br />

für erneuerbare Energien<br />

wandelt<br />

Blauer H<strong>im</strong>mel, weiße Kreidefelsen, gelbe Rapsfelder, grüne Buchenwälder,<br />

glockenklares ostseewasser, gesunde Luft und kilometerlange<br />

Sandstrände: Deutschlands größte insel wirbt mit natur pur<br />

und hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem bundesweit<br />

herausragenden tourismusziel entwickelt. Wer nach rügen fährt,<br />

möchte keine rauchenden Schlote oder riesige industrieanlagen sehen,<br />

sondern möchte die Sonne, ein erfrischendes Bad in der ostsee<br />

und die Weite des ländlich geprägten inselwestens abseits der Urlauberströme<br />

genießen.<br />

Kein Licht ohne Schatten: ende 2008 lebten knapp 70.000 menschen<br />

auf der insel. <strong>im</strong> Jahr 2020 werden es wohl nur noch knapp 60.000<br />

sein. Während die Jugend auf der Suche nach Arbeit und perspek tive<br />

die insel verlässt, wird sie von Senioren aus der gesamten Bundesrepublik<br />

als gesunder Altersruhesitz entdeckt. etwa die halbe insel<br />

steht unter besonderem Schutz mit zwei nationalparks, einem Biosphärenreservat,<br />

<strong>25</strong> naturschutz- und drei Landschaftsschutzgebieten.<br />

Während Landwirtschaft und Fischerei einst die dominierenden<br />

Wirtschaftszweige auf Deutschlands größter insel waren, ist es heute<br />

der tourismus. etwa 13.000 rüganer (44 prozent aller Beschäftigten)<br />

21 <strong>Bioenergie</strong>-region „NATÜRLICH RÜGEN“ – VOLLER ENERGIE<br />

arbeiten in dieser Branche. Hohe Saisonabhängigkeit und ein niedriges<br />

Arbeitseinkommen sind charakteristisch für diesen Arbeitsmarkt.<br />

Mehr als eine Million Gäste pro Jahr und Übernachtungszahlen von<br />

rund sieben millionen sprechen für die Urlaubsregion rügen. Damit<br />

verbunden sind aber auch große Verkehrsprobleme, Umweltbelastungen<br />

sowie ver- und entsorgungstechnische Herausforderungen.<br />

Kilometerlange Staus in der Hauptreisezeit <strong>im</strong> Sommer gehören auch<br />

nach dem Bau der zweiten rügenbrücke zur normalität. Dazu kommen<br />

parkplatzprobleme, riesige müllmengen, erhöhter Wasserverbrauch<br />

in den Sommermonaten und erheblicher elektroenergiebedarf.<br />

nachhaltige Lösungen sind gefragt. gelingt die Umsetzung des<br />

regionalen entwicklungskonzeptes (reK) „natürlich rügen – Voller<br />

energie“, kann rügen sich als europäische Vorzeigeregion für erneuerbare<br />

energien etablieren. Unzählige mosaiksteine aber sind nötig,<br />

bis dieses Bild zusammengefügt ist.<br />

Zwei Beispiele: Der Bauernhof Kliewe mit Ferienwohnungen und<br />

Hofladen <strong>im</strong> Westen der Insel wird sich zu einem Kl<strong>im</strong>a-Erlebnisbauernhof<br />

weiterentwickeln. Der Bauernhof mit Blockheizkraftwerk,<br />

geothermie und Solaranlagen als Lernort, Schwerpunkt: „Kl<strong>im</strong>a und<br />

Zukunftsenergien“. „Wir müssen uns einfach mit dem Kl<strong>im</strong>a wandeln“,<br />

so Holger Kliewe. Das will auch Till Jaich, Marina-Betreiber<br />

aus Lauterbach. Bei der erweiterung seiner Wasserferienwelt rügen<br />

mit pfahlbauten und schw<strong>im</strong>menden Ferienhäusern setzt er auf ein<br />

nahwärme-Versorgungsnetz mit Wärmepufferspeicher, gespeist<br />

durch ein mit rapsöl befeuertes Blockheizkraftwerk. 160 tonnen<br />

Kohlendioxid will der Unternehmer pro Jahr sparen, ökologisch und<br />

ökonomisch pluspunkte sammeln und weiter an <strong>im</strong>age gewinnen.<br />

Als Wassersportler weiß Jaich, wie wichtig Leuchttürme sind. Sie<br />

senden Signale zur orientierung weithin sichtbar übers meer. Auch<br />

andere rügener Leuchtturmprojekte haben eine solche Wirkung: die<br />

Umstellung des rügener personennahverkehrs auf den Biogasbetrieb,<br />

die Verbesserung der regionalen Kreisläufe bei der Abfallverwertung<br />

oder das neue Energiekonzept von Rügens Schwesterinsel Hiddensee.<br />

Allein die jährlich nutzbare Biomasse in diesem rund 300 Hektar großen<br />

FFH-Gebiet könnte 22 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs von<br />

Hiddensee decken. „Uns muss es gelingen, diese Ideen wirkungsvoll<br />

als marketinginstrument einzusetzen. <strong>Bioenergie</strong> ist der Schlüssel zur<br />

Schaffung regionaler Wertschöpfung, weil sowohl das gewerbe, die<br />

Land- und Forstwirtschaft als auch die Bürger profitieren können“,<br />

sagte thomas Wuitschik vom tourismusverband rügen e.V. auf dem<br />

3. Kl<strong>im</strong>atag am 05. Februar 2010 in Bergen.<br />

rügen ist der einzige Landkreis in Deutschland, dessen Kreisgrenze<br />

auch gleichzeitig Küstenlinie ist. ein ensemble einzigartiger natur.<br />

ideale Voraussetzung für eine modellregion, die knapp 1.000 Quadratkilometer<br />

groß ist. Jeder kann helfen, unsere Kl<strong>im</strong>aziele anzusteuern,<br />

rügen als <strong>Bioenergie</strong>region für einhe<strong>im</strong>ische und touristen<br />

erlebbar zu machen. Handwerksbetriebe, Energieunternehmen,<br />

tourismusanbieter, Landwirte, Kommunen und Schulen sitzen mit<br />

<strong>im</strong> Boot.<br />

Holger Vonberg, Freier Journalist, Dranske<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region Rügen<br />

Bundesland: Mecklenburg-Vorpommern<br />

Landkreise: Rügen<br />

Größe: 977 km²<br />

Einwohnerzahl: 68.872 (Stand: 31.12.2008)<br />

Flächennutzung:<br />

17 % Wald, 69 % Landwirtschaftsfläche, davon<br />

11 % Dauergrünland<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

5 bestehende Biogasanlagen, 1 weitere <strong>im</strong> Bau,<br />

sowie 1-2 Biogasanlagen in der Planungsphase<br />

Langfristige Ziele:<br />

energetische Verwertung von Biomasse zur<br />

Deckung von 1/3 des Pr<strong>im</strong>ärenergiebedarfs der<br />

Region bis 2020<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Biogas, Reststoffe/Landschaftspflegematerial/<br />

Treibsel, Holz, Rapsöl<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

Senkung des Wärmebedarfs und verstärkte Nutzung<br />

von <strong>Bioenergie</strong> in Verbindung mit anderen<br />

erneuerbaren Energien Entwicklung intelligenter<br />

Verwertungslösungen für alle regional anfallenden<br />

Biomasseströme Verringerung des Individualverkehrs<br />

und Umstellung des ÖPNV mit<br />

Biotreibsstoffen aus regionaler Biomasse Kompetenzentwicklung<br />

und Qualifizierungsmaßnahmen<br />

Nachhaltigen Tourismus Erneuerbare Energien als<br />

Marketingstrategie der Insel Rügen<br />

Ansprechpartner/-in<br />

Name: Dr. Sarah Gehrig,<br />

Dominique Diederich<br />

Institution: <strong>Bioenergie</strong>region Rügen<br />

Tel.: 0151/54 40 51 35<br />

Fax: 0511/35 77 16 19<br />

E-Mail: info@ruegen-voller-energie.de<br />

Homepage: www.ruegen-voller-energie.de


22 BIOENERGIE-REGION MECKLENBURGISCHE SEENPLATTE<br />

Anlagenwart Hans-Werner Krey und<br />

Landwirt Jochen Mewes an der Biogasanlage<br />

Rechlin. An die 10.000 Tonnen der<br />

Kolben liefert der Landwirt <strong>im</strong> Jahr als<br />

erneuerbare Energie.<br />

Foto: Susanne Müller<br />

Projektleiter Falk Roloff-Ahrend hält<br />

die Fäden zwischen den Einzelprojekten<br />

zusammen.<br />

Foto: Susanne Müller<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Garten zwischen den<br />

Metropolen<br />

Regional statt global in der Region<br />

Mecklenburgische Seenplatte<br />

„Wir haben uns von der globalisierung gelöst“, sagt Landwirt<br />

Andreas tornow vom gutswerk in Varchentin, einem 200-Seelen-<br />

ort mit viel Wald, Feld und Flur. Der Biomassehof verknüpft gutsprägende<br />

traditionen mit moderner Landwirtschaft und innovativer<br />

technologie. traktoren fahren hier mit rapsöl. Der raps wächst auf<br />

dem eigenen Acker, die Ölmühle steht vor der Haustür. Eichen aus<br />

dem umliegenden Wald verbrennen <strong>im</strong> Holzvergaser. Das gibt Strom<br />

und Wärme und spart 20.000 Liter Heizöl <strong>im</strong> Jahr.<br />

Landwirte schaffen regionale Kreisläufe, sind mehr und mehr auch<br />

energiewirte. magere Sandböden und fallende preise auf dem nahrungsmittelmarkt<br />

bringen konventionelle Bauern in existenznöte.<br />

Da können nachwachsende rohstoffe der rettungsanker sein. <strong>im</strong><br />

ergebnis: eine beinah autarke energieversorgung. Umsatzplus, zusätzliche<br />

Arbeitsplätze, mehr Steuern. Kommunale Unabhängigkeit.<br />

Die <strong>Bioenergie</strong>region mecklenburgische Seenplatte ist dafür paradebeispiel:<br />

Es ist das platte Land zwischen den Metropolen Hamburg,<br />

Stettin, Berlin. Strukturschwach mit faszinierenden Landschaften.<br />

ein garten zum erholen, zur selbstbesinnenden Zuflucht, für hochwertige<br />

landwirtschaftliche produkte, für erneuerbare energien, ort<br />

des Lernens und entdeckens.<br />

Aus Schwäche wird Stärke. Weil die initiatoren rund um die Seenplatte<br />

– Stadtwerke Neustrelitz GmbH, ARGE <strong>Bioenergie</strong> Bollewick<br />

gbr, müritz Biomassehof gbr und Kompetenzzentrum regiostrom<br />

Ivenack GmbH – Leistungsfähigkeit und Funktionalität des ländli-<br />

23 <strong>Bioenergie</strong>-region MECKLENBURGISCHE SEENPLATTE<br />

chen raumes erkannt haben. Sie nutzen ihn, entwickeln ihn weiter.<br />

„Wir schaffen regionale Wertschöpfung und zeigen berufliche<br />

perspektiven auf, um den trend des Bevölkerungsrückganges zu<br />

durchbrechen“, sagt Falk roloff-Ahrend. Als projektleiter der initiative<br />

<strong>Bioenergie</strong>region hält er die Fäden zwischen den einzelprojekten<br />

zusammen. Durch Vernetzen und multiplizieren soll ein kommunal-<br />

und bürgerbest<strong>im</strong>mtes Versorgungswerk entstehen.<br />

Die mecklenburgische Seenplatte ist eine der größten unter den<br />

<strong>Bioenergie</strong>-regionen in Deutschland und bindet viele Akteure der<br />

unterschiedlichsten ebenen als entscheidungsträger mit ein – aus<br />

Verwaltung, Bildung, tourismus, Wirtschaft, Wissenschaft, politik,<br />

Zivilgesellschaft. eine inhaltliche Klammer für sie alle bildet das<br />

geplante „Landeszentrum für erneuerbare energien mecklenburg<br />

Vorpommern“. es ist eine der wichtigsten netzwerkaufgaben der<br />

<strong>Bioenergie</strong>-region und soll auf 1.000 Quadratmetern einsatz und<br />

möglichkeiten von erneuerbaren energien, energieeffizienz und<br />

energieeinsparungen aufzeigen.<br />

Hinzu kommen viele Einzelprojekte, die die Netzwerkpartner in<br />

ihrem jeweiligen einzugsbereich umsetzen. Wie Frank Schmetzke,<br />

geschäftsführer der Stadtwerke neustrelitz. er hat seine Unternehmensstrategie<br />

auf erneuerbare energien ausgerichtet: „energie muss<br />

dezentral verfügbar sein“, sagt Schmetzke und schafft tatsachen: Biomasseheizkraftwerk,<br />

Biogasanlage, Solardächer/Umweltboni. Damit<br />

sind die Stadtwerke neustrelitz regionaler Vorreiter und Schrittmacher<br />

in der nutzung von <strong>Bioenergie</strong> und vereinen zugleich Ökologie<br />

und Ökonomie.<br />

Die mit dem Umweltpreis des Landtages mecklenburg-Vorpommern<br />

ausgezeichneten ivenacker ziehen am gleichen Strang. eine zweite<br />

Biogasanlage <strong>im</strong> ort soll eine künftige großküche mit Warmwasser<br />

und Wärme versorgen. in der großküche werden 14 Leute Arbeit<br />

finden. Das ist Wertschöpfung pur. neben dem 626-Kilowatt-Biogas-<br />

System betreibt die gemeinde auch eine 140-Kilowatt-photovoltaik-<br />

Anlage. An die 80.000 euro schafft allein die Sonne so jährlich in die<br />

gemeindekasse.<br />

ebenso handhaben es die Bewohner von Bollewick. gemeindeeigene<br />

gebäude ernten Sonnenstrom. in ein künftiges nahwärmenetz<br />

sollen demnächst zwei örtliche Biogasanlagen einspeisen. Der geschäftsführer<br />

der Arge <strong>Bioenergie</strong> Bollewick, olaf Schätzchen, und<br />

Bürgermeister Bertold Meyer leisten Überzeugungsarbeit, schärfen<br />

Bewusstsein, erzeugen nachfrage.<br />

Auch bereits bei den Kleinsten: Solarzellen auf dem Kita-Dach liefern<br />

Strom für ferngesteuerte Autos. ein energie- und Umweltmobil gibt<br />

Anregung und Anleitung, beispielsweise einen Solarkocher selbst zu<br />

bauen. mit dem wird an Wandertagen Kaffee gekocht.<br />

<strong>im</strong>mer wieder in die Köpfe rein. investitionen in güter, Dienstleistungen<br />

und Wissen. investitionen in die Zukunft. Die Zukunft ist jetzt.<br />

Susanne müller, Freie Journalistin für Wirtschaft und Wissenschaft,<br />

neubrandenburg<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Mecklenburgische Seenplatte<br />

Bundesland: Mecklenburg-Vorpommern<br />

Landkreise: Mecklenburg-Strelitz, Müritz,<br />

Demmin, kreisfreie Stadt Neubrandenburg<br />

Größe: 5.812 km²<br />

Einwohnerzahl: 297.662<br />

Flächennutzung: 24 % Wald, 60 % Landwirtschaft,<br />

9 % Seen<br />

Vorhandene Biomassenutzung: 44 Biogasanlagen,<br />

3 Biomasse-Heizkraftwerke 5-10 MWel,<br />

1 Biomasse-ORC-Kraftwerk, 2 Biomasse-Heizwerke,<br />

1 Biodieselraffinerie<br />

Langfristige Ziele:<br />

• CO -Vermeidung<br />

2<br />

• Erhöhung der Nachfrage nach <strong>Bioenergie</strong>-<br />

Produkten und KWK<br />

• Kaufkraft und Lebenswert der Region stärken<br />

• Arbeitsplätze schaffen<br />

• Steigerung der Wertschöpfung<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Biogasanlagen, Kraft-Wärme-Kopplung<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

• Netzwerkbildung von Bürgern, Unternehmen<br />

und Kommunen<br />

• Bewusstseinsbildung, Motivation, Bildung und<br />

Qualifizierung<br />

• Sozioökonomie des Energiekonsums zur Förderung<br />

des kl<strong>im</strong>abewussten Energiekonsums<br />

• Ermittlung des Biomassepotentials und Ausbauszenarien<br />

unter Kriterien der Nachhaltigkeit<br />

• Stärkung der Vermittlungskompetenzen für nach<br />

haltige Entwicklung, Landnutzung und Energie<br />

• Stofflich und energetische Mehrfachnutzung von<br />

alternativen Öl-, Faser- und Energiepflanzen<br />

• Stoffliche und energetische Opt<strong>im</strong>ierung innerund<br />

überbetrieblicher Kreisläufe der Bio-<br />

Geflügelhaltung<br />

• Kommunaler Kl<strong>im</strong>aschutz durch Effizienz und<br />

erneuerbare Energien<br />

• Nutzung von erneuerbaren Energien zur Kraft-<br />

Wärme-Kopplung und Wärmenutzung in kommunalen<br />

Fernwärmenetzen<br />

Ansprechpartner<br />

Name: Falk Roloff-Ahrend<br />

Institution: ARGE Initiative <strong>Bioenergie</strong>region<br />

Mecklenburgische Seenplatte GbR<br />

c/o Stadtwerke Neustrelitz GmbH<br />

Anschrift: Wilhelm-Stolte-Str. 90<br />

17235 Neustrelitz<br />

Tel.: 039 81/47 41 24<br />

Fax: 039 81/47 41 38<br />

E-Mail: info@seenplatte-bioenergie.de<br />

Homepage: www.seenplatte-bioenergie.de


24 <strong>Bioenergie</strong>-region WenDLAnD-eLBetAL<br />

Biogasfachkongress in Hitzacker (Elbe).<br />

Host Seide, 1. Vorsitzender von Region<br />

Aktiv Wendland-Elbetal e.V.,<br />

Ileana Weber (r.), Projektleiterin <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Wendland-Elbetal,<br />

Martina Grud, Wirtschaftsförderung<br />

Lüchow-Dannenberg<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Erste Biogastankstelle Deutschlands in<br />

Jameln<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Lübeln: Rundlingsdörfer sind<br />

eine regionale Besonderheit<br />

Foto: Elbtalaue Wendland-<br />

Touristik GmbH<br />

Mit sanften Paukenschlägen<br />

Die Traditions-<strong>Bioenergie</strong>-Region Wendland-Elbetal<br />

pflegt kreative Streitkultur<br />

mitte der 1990er-Jahre produzierten Landwirte <strong>im</strong> Wendland-elbetal<br />

das erste Biogas aus pflanzen und Agrarabfällen. 1999 wurde das<br />

ehrgeizige Ziel formuliert: „Wir wollen langfristig die region zu hundert<br />

prozent mit erneuerbaren energien versorgen.“ 2006 öffnete die<br />

erste Biogastankstelle Deutschlands in Jameln ihre Zapfhähne und<br />

etablierte den Landstrich als „europäische Kompetenzregion“.<br />

2009 startete an der international arbeitenden „Akademie für erneuerbare<br />

energie“ in Lüchow der erste masterstudiengang.<br />

es sind die „sanften paukenschläge“, die die <strong>Bioenergie</strong>-region<br />

Wendland-elbetal <strong>im</strong>mer wieder ins gespräch bringen. „Wir produzieren<br />

einen zukunftsfähigen rohstoff, veredeln ihn mit innovativer<br />

technik zu produkten und vermarkten sie. Die Wertschöpfung der<br />

regionalen energieerzeugung soll einmal bei 58 millionen euro pro<br />

Jahr liegen“, beschreibt ileana Weber als projektleiterin ein langfristiges<br />

Ziel. in Arbeitsgruppen wird die bioenergetische Zukunft<br />

vorausgedacht und geplant. Noch in diesem Herbst wird in Dannenberg<br />

die zweite Biogastankstelle eröffnet werden, <strong>im</strong> Wettbewerb<br />

„<strong>Bioenergie</strong>dörfer“ werden regionale ressourcen gehoben und in<br />

einer Marketingkampagne soll Holz als he<strong>im</strong>ischer Wärmelieferant<br />

mehr ins Bewusstsein kommen. mit den Autohäusern wird zudem<br />

eine mobilitätskampagne inszeniert, um Biogas als Kraftstoff für den<br />

privaten und öffentlichen Verkehr zu fördern. Die „Akademie für<br />

erneuerbare energie“ wird das Know-how weit über die regionalen<br />

grenzen hinaus verfügbar machen. Zurzeit etabliert sich die energiemanagement-Agentur<br />

„emma“, die wie das Lüneburger „Kl<strong>im</strong>awerk“<br />

<strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-region WenDLAnD-eLBetAL<br />

Unternehmen, Kommunen und privathaushalte berät. ileana Weber<br />

selbstbewusst: „Wir stärken unsere Kompetenzen und netzwerk-<br />

Strukturen und wir transportieren das Wissen.“<br />

Das Biosphärenreservat „niedersächsische elbtalaue“, der „naturpark<br />

elbufer-Drawehn“ und die wendländischen rundlingsdörfer<br />

sind zum Synonym für den dünn besiedelten Landstrich <strong>im</strong> östlichen<br />

niedersachsen geworden. Verträumt, aber nicht verschlafen erscheint<br />

die Landschaft, in der die Menschen 1977/78 mit dem politischen<br />

paukenschlag „Atomare Wiederaufarbeitung und endlager<br />

gorleben“ aus dem beschaulichen Leben aufgeschreckt worden<br />

waren. Der trotzige, macht- und phantasievolle Widerstand fand<br />

sein echo weit über die Landesgrenzen hinaus. „Wir wollen Zeichen<br />

für eine sanfte, nachhaltige energiegewinnung setzen“, ist zu einem<br />

Leitmotiv in der wirtschaftlich strukturschwachen region geworden.<br />

mehr als 30 Biogasanlagen produzieren inzwischen Strom und<br />

Wärme. Ausgerechnet in gorleben haben peter Bosse, erfinder eines<br />

Zündstrahlmotors für Biogasanlagen, und elektromeister Diethelm<br />

Dreyer, mit der Herstellung von Biogas-Blockheizkraftwerken begonnen.<br />

Das erfolgreiche Unternehmen hat seitdem weltweit mehr als<br />

500 Anlagen installiert.<br />

Die legendäre kreative Streitkultur und das „Wir-gefühl“ sind die<br />

triebkräfte für projekte, die der region den Stempel aufdrücken.<br />

So sind <strong>im</strong> Verein „region Aktiv Wendland-elbetal“ 120 Akteure<br />

organisiert. <strong>im</strong> Lenkenden Vorstand arbeiten Vertreter der Landwirtschaftskammer,<br />

des Landkreises, des Biosphärenreservats, energie-<br />

und Biolandwirte mit Künstlern und naturschützern, managern<br />

und engagierten Bürgern zusammen. Das eingespielte team hat<br />

den Wettbewerb „<strong>Bioenergie</strong>-region“ vorbereitet. Am „offenen<br />

Bio gas stamm tisch“ versammeln sich Biogasbetreiber zum erfahrungsaustausch,<br />

am „runden tisch energiepflanzen“ wird über die<br />

interessenskonflikte rund um den Anbau von Biomasse, emissionen,<br />

trinkwasser- und naturschutz diskutiert und angestrebt, ökologische<br />

und ökonomische Lösungen zu finden. <strong>im</strong>pulse für die nachhaltige<br />

energiepflanzenproduktion kommen auch aus dem Biosphärenreservat<br />

„niedersächsische elbtalaue“. in modellprojekten und in Studien<br />

wird mit naturschonenden methoden be<strong>im</strong> Anbau, der pflege und<br />

ernte exper<strong>im</strong>entiert.<br />

Die WirtschaftsFörderung Lüchow-Dannenberg ist die Spinne <strong>im</strong><br />

<strong>Bioenergie</strong>-netzwerk. Als projektleiterin zieht ileana Weber moderierend<br />

die Fäden, sie veranstaltet mit wechselnden teams Kongresse<br />

und tagungen, berät über finanzielle Förderungen und initiiert projekte.<br />

mit den vielen hundert Akteuren wurden die Ziele als weitere<br />

sanfte paukenschläge formuliert: Die Biogasproduktion wird erhöht<br />

und als energierohstoff für die Kraft-Wärme-Kopplung oder durch<br />

einspeisung ins erdgasnetz opt<strong>im</strong>al genutzt. Für die umweltschonende<br />

mobilität wird das Biogastankstellennetz erweitert, als zukunftsfähig<br />

wird die nachhaltige Nutzung von Holz als Rohstoff für he<strong>im</strong>ische<br />

Wärme angesehen. Und wichtig ist den Akteuren, das vielfältige<br />

Know-how als Bildungs- und Beratungsangebot in der region und<br />

über deren grenzen hinaus weiterzugeben.<br />

Maria Horn, Freie Journalistin, Hitzacker<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region Wendland-Elbetal<br />

Bundesland: Niedersachsen<br />

Landkreise, Gemeinden: 8 Gemeinden in den<br />

Landkreise Lüchow-Dannenberg und Lüneburg<br />

Größe: 202.000 ha<br />

Einwohnerzahl: 100.585<br />

Flächennutzung: 52 % Landwirtschaftsfläche<br />

(davon 76 % Ackerland, 24 % Dauergrünland),<br />

34 % Waldfläche<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

30 Biogasanlagen, <strong>Bioenergie</strong>dörfer mit Nahwärmenetz<br />

und Hackschnitzelheizung, Hackschnitzelheizung<br />

für Schule Altenhe<strong>im</strong> Gastronomie<br />

Langfristige Ziele:<br />

100 % des Pr<strong>im</strong>ärenergiebedarfs durch regenerativ<br />

und regional erzeugte Energie und Einsparungen.<br />

<strong>Bioenergie</strong> regionalisiert mind. 58 Mio.€ jährliche<br />

Wertschöpfung bei 15%iger Effizienzsteigerung,<br />

schafft die Wende <strong>im</strong> Mobilitätssektor mit 10 %<br />

Marktanteil und profiliert die Region als Kompetenzregion<br />

nach innen und außen<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Biogas, Holzwärme, Bildung & Energie<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

Wettbewerb <strong>Bioenergie</strong>dörfer/Modelldörfer in<br />

der <strong>Bioenergie</strong>-Region Wendland-Elbetal, Mobilitätskampagne,<br />

Holzenergiekampagne, Energietourismusprojekt,<br />

Etablierung der Akademie für<br />

Erneuerbare Energien Lüchow-Dannenberg GmbH,<br />

Studien: Opt<strong>im</strong>ierung von Biogasanlagen, Reststoffe,<br />

Wirtschaftlichkeitskennzahlen, Biogasnetz<br />

und Biogasnutzung<br />

Ansprechpartnerin<br />

Name: Ileana Weber<br />

Institution: Wirtschaftsförderung<br />

Lüchow-Dannenberg<br />

Anschrift: Seerauer Straße 27, 29439 Lüchow<br />

Tel.: 058 41/9 78 67 17<br />

Fax: 058 41/9 78 67 20<br />

E-Mail: iweber@bioenergie-region-we.de<br />

Homepage: www.bioenergie-wendland-elbetal.de


26 <strong>Bioenergie</strong>-region SÜDOLDENBURG<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region Südoldenburg setzt<br />

auf die Veredelung landwirtschaftlicher<br />

Nebenprodukte.<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

IdeenExpo in Hannover 2009: Der Niedersächsische<br />

Ministerpräsident Christian<br />

Wulff und Geschäftsführer des Agrar- und<br />

Ernährungsforums Bernard Schomaker<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Thülsfelder Talsperre.<br />

Foto: Eckhard Albrecht, Cloppenburg<br />

Silicon Valley Südoldenburg<br />

Die <strong>Bioenergie</strong>-Region setzt auf Energie-<br />

Veredelung mit neuer Technologie<br />

Arm war sie, bitterarm. Die region zwischen oldenburg und osnabrück,<br />

heute als Südoldenburg oder oldenburger münsterland bekannt,<br />

bestand vor gut 100 Jahren aus weiten Heideflächen, Mooren<br />

und sporadischem Waldbewuchs. nur hier und da lohnte sich eine<br />

Weide- und Ackerwirtschaft zur Selbstversorgung, ansonsten lebten<br />

die menschen von Schafzucht und torfabbau und von der Fremdarbeit<br />

als sogenannte Hollandgänger oder als Matrosen auf Fischfang-<br />

und Handelsschiffen. Nicht wenige trieb die Not zur Auswanderung.<br />

Lange her und lange vorbei. in den heutigen niedersächsischen<br />

Landkreisen Vechta und Cloppenburg geschah ein Wirtschaftswunder<br />

der besonderen Art. Die Vorreiterrolle übernahmen engagierte<br />

Landwirte. Sie nutzten die möglichkeiten moderner Verkehrstechniken<br />

wie eisenbahn und später den Lkw-Verkehr, um ihre produkte<br />

zu erschwinglichen preisen den menschen in den Ballungsgebieten<br />

anzubieten. eierproduktion, Schweinemast und rinderzucht, das<br />

waren die ersten Standbeine. Findige Agrarier und Agrartechniker<br />

entwickelten <strong>im</strong>mer wieder neue methoden und maschinen, um die<br />

produktion zu verbessern und auszuweiten. Aufgebaut wurde eine<br />

Veredelungswirtschaft, die heute europaweit führend ist und die<br />

zusammen mit weiteren Wirtschaftszweigen dafür sorgt, dass die Bevölkerungszahl<br />

(heute rund 300.000 einwohner) und die Bruttowertschöpfung<br />

<strong>im</strong> bundesweiten Vergleich überproportional steigen.<br />

in wissenschaftlichen Kreisen wird die region bereits seit Jahren als<br />

„Silicon Valley der Agrar- und ernährungswirtschaft“ bezeichnet.<br />

gestiegen sind allerdings über die Jahrzehnte auch die tierzahlen.<br />

Die vielen Schweine, Puten, Enten und Hühner, verbunden mit einer<br />

27 <strong>Bioenergie</strong>-region SÜDOLDENBURG<br />

intensiven Bewirtschaftung der Ackerflächen, sind für die region<br />

mittlerweile zu einem problem geworden: Wohin mit den nährstoffen,<br />

die vor allem durch die exkremente der tiere anfallen?<br />

Der bisherige Lösungsansatz sieht vor allem die Verbringung dieser<br />

gülle in andere regionen des Landes vor. Doch dieser Ansatz stößt<br />

an grenzen. Der weite transport wird unrentabel und ist wenig umweltfreundlich.<br />

Für Südoldenburg stellt sich die Frage, wie diese nebenprodukte<br />

sinnvoll verwertet werden können, wirtschaftlich und<br />

gleichzeitig kl<strong>im</strong>averträglich. Das ist zugleich die spannende Frage<br />

danach, wie die Wirtschaftskraft der region erhalten werden kann<br />

und ob es eine modellhafte entwicklung gibt, die sich auf ähnliche<br />

gelagerte problemgebiete anwenden lässt – weit über die grenzen<br />

Südoldenburgs hinaus.<br />

„Veredelung“ war die idee, die dazu geboren wurde. in themenforen<br />

des projektes „integriertes Ländliches entwicklungskonzept“ wurden<br />

ende 2005 unter experten-Beteiligung Vorschläge entwickelt, wie<br />

die region sich weiterentwickeln sollte. „ein Vorschlag aus diesen Foren<br />

heraus war die stärkere nutzung – die Veredelung – der Biomasse<br />

zu <strong>Bioenergie</strong>“, so Bernard Schomaker, der zunächst als geschäftsführer<br />

des Vechtaer Kreislandvolkverbandes seinen fachlichen rat in<br />

diese Diskussion einbrachte und der heute eine der treibenden Kräfte<br />

der „<strong>Bioenergie</strong>-region Südoldenburg“ ist. mit der Anerkennung als<br />

<strong>Bioenergie</strong>-region <strong>im</strong> märz 2009 und der damit verbundenen finanziellen<br />

Förderung begann so die Umsetzung eines ambitionierten<br />

Konzeptes, dass unter dem oberbegriff „energie veredeln mit neuer<br />

technologie“ zukunftsweisende modelle entwickeln soll. Als projektmanagerin<br />

wurde die Diplom-Ökonomin Kathrin Albers eingestellt.<br />

Die Kernziele der „<strong>Bioenergie</strong>-region Südoldenburg“ sind eine<br />

wirtschaftlich tragfähige nutzung der „Biomassepotentiale landwirtschaftlicher<br />

nebenprodukte“, ein Abbau der probleme durch<br />

die gülleüberschüsse und eine entschärfung des Flächenkonfliktes<br />

durch den Anbau nachwachsender rohstoffe für die <strong>Bioenergie</strong>. „Wir<br />

wollen, dass das thema <strong>Bioenergie</strong> in unserer region nicht mehr in<br />

Frage gestellt wird“, sagt Schomaker, „und ich bin überzeugt, dass<br />

wir das hinbekommen.“ Wichtig für ihn sind beispielhafte Anlagekonzepte.<br />

Sie werden von der „<strong>Bioenergie</strong>-region Südoldenburg“ besonders<br />

ausgezeichnet. So wurde erst kürzlich eine neue Anlage der<br />

Firma Agro Thermodirekt GmbH in Langförden zur bioenergetischen<br />

Verwertung von Trockenpellets aus der Hühnerhaltung und anderen<br />

nebenprodukten als vorbildlich präsentiert. Be<strong>im</strong> transportunternehmen<br />

Luhmann in Holdorf wird Biogas als Biokraftstoff verwendet.<br />

Und in den ortschaften Bakum, Vestrup und Lüsche sorgen neue<br />

Verbundsysteme zwischen Anlagenbetreibern, der Kommune und<br />

privathaushalten dafür, dass mit <strong>Bioenergie</strong> Fernwärmenetze zu<br />

günstigen Konditionen versorgt werden können.<br />

„Wir stehen zwar noch am Anfang“, sagen Albers und Schomaker,<br />

„aber schon jetzt können wir sagen: <strong>Bioenergie</strong> ist weit mehr als Biogas,<br />

birgt für unsere region enorme Chancen und ist ein wertvoller<br />

Beitrag zum Kl<strong>im</strong>aschutz.“<br />

Andreas Kathe, redakteur, Vechta<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region Südoldenburg<br />

Bundesland: Niedersachsen<br />

Landkreise: Cloppenburg, Vechta<br />

Größe: 2.231 km2 Einwohnerzahl: 297.141 (Stand: 06/2008)<br />

Flächennutzung: 70 % Landwirtschaftsfläche,<br />

12 % Waldfläche,<br />

5 % Verkehrsfläche<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

115 Biogasanlagen, 1 Holzhackschnitzelkraftwerk,<br />

1 Strohverbrennungsanlage, 1 Biomasse-Gaserzeugungsanlage,<br />

1 Biodieselraffinerie<br />

Langfristige Ziele:<br />

Verstärkte Nutzung der Biomassepotenziale landwirtschaftlicher<br />

Nebenprodukte zur Steigerung<br />

der Wertschöpfung; Entschärfung der Problematik<br />

der Nährstoffüberschüsse und des Anbaues von<br />

nachwachsenden Rohstoffen für die <strong>Bioenergie</strong>;<br />

Erhöhung der Akzeptanz für die Veredlung und<br />

die Erzeugung von Energie aus Biomasse; Lösung<br />

lokal-regionaler Konflikte; Abbau von regionalen<br />

Imagedefiziten; Aufbau von Wärmenetzen beruhend<br />

auf Biomasseanlagen<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Biogas und Synthesegas aus landwirtschaftlichen<br />

Nebenprodukten, Herstellung von Pellets aus<br />

landwirtschaftlichen Nebenprodukten, Aufbau von<br />

Wärmenetzen<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

Maßnahmenbereiche:<br />

1. Lösung der regionalen Nährstoffüberschussproblematik<br />

2. Modellregion zur Umsetzung des EEG 2009<br />

3. Umweltschonender Anbau von Energie- und<br />

Futterpflanzen<br />

4. Modellgebiete für Konfliktmanagement<br />

5. Lernende <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

1 bis 3: Die Maßnahmen werden unterstützt<br />

durch verschiedene Studien und Expertisen der<br />

Hochschule Vechta<br />

Leitprojekte siehe „Schwerpunkt Wertschöpfung“<br />

Ansprechpartner/-in<br />

Name: Bernard Schomaker, Geschäftsführer<br />

Institution: agrar+ernährungsforum Oldenburger<br />

Münsterland<br />

Tel.: 044 41/92 37-13<br />

Fax: 044 41/92 37-11<br />

Name: Kathrin Albers, Projektmanagerin<br />

Anschrift: Rombergstraße 53, 49377 Vechta<br />

Tel.: 044 41/92 37-64<br />

Fax: 044 41/92 37-11<br />

E-Mail: kathrin.albers@aef-om.de<br />

Homepage: www.bioenergie-suedoldenburg.de


28 <strong>Bioenergie</strong>-region WeSerBergLAnD pLUS<br />

<strong>Bioenergie</strong>Region<br />

Weserbergland plus<br />

Marlon hat Spaß <strong>im</strong> Mais. Das Labyrinth in<br />

Bremke hat <strong>im</strong> letzten Jahr viele Besucher<br />

in den „ökologischen Freizeitpark“ am<br />

Fuß des Ithes gelockt.<br />

Foto: Thorsten Sienk<br />

Auch Auszubildende interessieren sich<br />

für alternative Energiegewinnung durch<br />

Biogasanlagen.<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Biogasanlage Hemeringen,<br />

Foto: Thorsten Sienk<br />

Der Mais macht‘s<br />

In der Region, für die Region. Damit alle<br />

etwas davon haben.<br />

marlon läuft. gerade mal halb so groß ist der Blondschopf, verglichen<br />

mit der Höhe der grünen Wände rechts und links des schmalen<br />

Wegs. Lachend biegt der Vierjährige um die nächste ecke – eine<br />

Sackgasse. Umdrehen, weiter rennen. <strong>im</strong>mer vorne weg, die beiden<br />

größeren geschwister dicht hinterher. mais macht Spaß. in Bremke,<br />

dem kleinen ort am Fuß des ith, spricht die Dorfgemeinschaft selbstbewusst<br />

vom ökologischen Freizeitpark. Wenn der mais hoch genug<br />

steht, dann gehört das zweieinhalb Kilometer lange Labyrinth zu den<br />

beliebten Ausflugszielen in der Weserberglandregion. Fünf Hektar<br />

platz, um sich herrlich zu verirren.<br />

Auch Jörg pape findet gefallen an der grünpflanze – zugegeben weniger<br />

aus gründen der Freizeitgestaltung. Der Landwirt aus Aerzen<br />

steckt seine ganze energie mit Vorliebe in nachwachsende energie.<br />

2007 ging die erste Biogasanlage in Hemeringen, in der Nähe von<br />

Bremke, ans netz. 10.000 tonnen mais, Festmist, grassilage und<br />

grünroggen dienen jeder der beiden Anlagen pro Jahr als Futter für<br />

die mikroorganismen. „90 prozent ist mais”, erzählt pape – und der<br />

kommt von Feldern, die in einem radius von drei bis vier Kilometern<br />

um den verkehrstechnisch günstig gelegenen Standort herum liegen.<br />

nur mit kurzen rohstoffwegen lassen sich Biogasanlagen rentabel<br />

betreiben. Und schließlich müssen die vergorenen Substrate ja wieder<br />

zurück auf die Felder. „Auf die Flächen, wo sie ursprünglich her<br />

kamen.” pape betreibt die Anlage gemeinsam mit Falk rekate und<br />

torsten meier. Beide sind ebenfalls Landwirte. 80 prozent der eingesetzten<br />

Biomasse stammt aus eigener ernte. „Für uns ist das ein ganz<br />

29 <strong>Bioenergie</strong>-region WeSerBergLAnD pLUS<br />

wichtiger Aspekt bei der rohstoffsicherheit”, unterstreicht der Familienvater.<br />

parallel dazu gehe es aber auch um die Wertschöpfung. Sie<br />

soll innerhalb des Betreiber-trios möglichst hoch sein. Die Abwärme<br />

der Blockheizkraftwerke werde etwa zur Beheizung eines nebenan<br />

gelegenen Schweinestalls genutzt. Zudem stehen die planungen für<br />

ein Nahwärmenetz in Hemeringen kurz vor der Realisierung.<br />

in der region, für die region. „Wir brauchen Win-Win-Situationen.<br />

Hemeringen ist dafür ein Paradebeispiel”, sagt Hans-Jürgen Hesse,<br />

projektleiter der 2009 gegründeten <strong>Bioenergie</strong>-region innerhalb der<br />

regionalen entwicklungskooperation Weserbergland plus. Bei allen<br />

Bemühungen, regenerative energieformen zu fördern, stehe für ihn<br />

neben punkten wie Kl<strong>im</strong>aschutz und Liefersicherheit ganz oben auf<br />

der Liste, „die Wertschöpfung in der region zu behalten, damit alle<br />

etwas davon haben.”<br />

Vor diesem Hintergrund haben sich die Landkreise Holzminden,<br />

Hameln-Pyrmont, Schaumburg und Nienburg das Ziel gesetzt,<br />

<strong>Bioenergie</strong>potenziale nachhaltig auszubauen und die Bevölkerung<br />

möglichst breit zu informieren und zu sensibilisieren. Dafür sei es<br />

notwendig, ein regionales netzwerk zu schaffen. Die ersten ergebnisse<br />

einer mit projektbeginn gestarteten Begleitforschung zeigten hier<br />

nämlich sehr schnell die Defizite. Statt Vernetzung herrsche eine mischung<br />

loser Strukturen und engerer Kontakte unter den befragten<br />

Akteuren. investitionen in ein engmaschigeres <strong>Bioenergie</strong>-netzwerk<br />

seien durchaus geeignet, die Binnennachfrage einer region anzukurbeln.<br />

„gehen Sie hier einfach einmal von jährlichen Kosten von<br />

1.500 Euro für Energie pro Kopf aus”, unterstreicht Jörg Pape. „Der<br />

markt ist da, sofern sich investitionen nachhaltig betriebswirtschaftlich<br />

rechnen.”<br />

Sein Wissen gibt pape innerhalb der region als einer von zur Zeit<br />

35 <strong>Bioenergie</strong>beauftragten weiter, die dabei von zentralen Partnern<br />

wie dem Landvolk Weserbergland oder der Handwerkskammer<br />

unterstützt werden. Dieser Wissenstransfer gehört zu den Kernaufgaben<br />

der <strong>Bioenergie</strong>-region. Jörg pape hat schon weitere pläne: mit<br />

gleichgesinnten Landwirten soll in Aerzen ein Biogasnetz mit dezentralen,<br />

wärmegeführten Blockheizkraftwerken entstehen – ohne<br />

den Umweg über eine aufwändige gasaufbereitung zu Bioerdgas.<br />

es gilt, geld zu verdienen und sich nicht <strong>im</strong> Labyrinth technischer<br />

Spielereien zu verirren. Was er sich für die Zukunft wünscht? mehr<br />

pragmatismus und entscheidungsfreudigkeit bei den he<strong>im</strong>ischen<br />

Wirtschaftsbetrieben. „Hier wird trotz kurzer Return-of-Investment-<br />

Zeiten zögerlich agiert.”<br />

Konflikte mit Anwohnern wegen größer gewordener mais-Anbauflächen<br />

gibt es in dieser region bislang übrigens nicht. Vielleicht trägt<br />

der mais-irrgarten zu der Akzeptanz bei. Die Dorfgemeinschaft in<br />

Bremke freut sich jedenfalls ganz pragmatisch darüber, dass der Spaß<br />

<strong>im</strong> Labyrinth durchaus geld in die Kasse gebracht hatte. Vom erlös<br />

der irrgartensaison 2009 wurden tische für das Dorfgemeinschaftshaus<br />

angeschafft. Aus der region für die region – ein geschlossener<br />

Wirtschaftskreislauf.<br />

thorsten Sienk, Dipl.-Sozialwirt, Freier Fachredakteur, Bodenwerder<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region Weserbergland plus<br />

Bundesland: Niedersachsen<br />

Landkreise: Hameln-Pyrmont, Holzminden,<br />

Nienburg, Schaumburg<br />

Größe: 3.563 km²<br />

Einwohnerzahl: 524.600<br />

Flächennutzung: 56,76 % Landwirtschaftsfläche<br />

(davon 83,3 % Acker und 16,4 % Dauergrünland),<br />

27,63 % Wald, 1,88 % Wasser<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

53 Biogasanlagen (43,5 MWel),<br />

2 Holzheizkraftwerke (35 MW),<br />

1 gr. Pellets-Heizanlage (64 kWel),<br />

7 gr. Holzhackschnitzelheizungen (2.180 kWel),<br />

2 Ölmühlen<br />

Langfristige Ziele:<br />

Ausbau der <strong>Bioenergie</strong> als wirtschaftliches<br />

Standbein, Weitere Implementierung von<br />

<strong>Bioenergie</strong> projekten, Aufbau eines regionalen<br />

<strong>Bioenergie</strong>netzwerkes und Ausbau bestehender<br />

Kommunika tionsstrukturen, Sensibilisierung und<br />

Bewusstseins bildung für <strong>Bioenergie</strong>nutzung sowie<br />

Steigerung der Akzeptanz, Erhöhung des regionalen<br />

Wissensstandes<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Wertschöpfungsketten Ackerland/Energiepflanzen<br />

und Holz, Wärmenutzung bei Biogasanlagen,<br />

neue Energiepflanzen und Anbaumethoden, Effizienzsteigerung<br />

von <strong>Bioenergie</strong>anlagen<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

Aufbau einer <strong>Bioenergie</strong>agentur für Konzeption,<br />

Monitoring/Weiterentwicklung und Umsetzung<br />

des Regionalentwicklungsprozesses, Auf- und<br />

Ausbau der Wertschöpfungsketten, Unterstützung<br />

der Agentur durch Experten aus Handwerk,<br />

Landwirtschaft, Verwaltung und einem Netzwerk<br />

„<strong>Bioenergie</strong>beauftragter bzw. -experten“, Öffentlichkeitsarbeit<br />

Ansprechpartner<br />

Name: Hans-Jürgen Hesse<br />

Institution: Weserbergland AG<br />

Anschrift: HefeHof 8, 31785 Hameln<br />

Tel.: 051 51/5 85 10 04<br />

Fax: 051 51/5 85 10 99<br />

E-Mail: h-j.hesse@weserberglandag.de<br />

Homepage: www.bioenergie-weserberglandplus.de


30 <strong>Bioenergie</strong>-region ALtmArK<br />

Exkursion mit Landwirten aus der Region<br />

zu einer Energieholzplantage in Soltau.<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Das Land der tausend Gräben: Allein der<br />

Naturpark Drömling wird von 1.275 Kilometern<br />

Gräben und Flüssen durchzogen.<br />

Foto: Andreas Müller<br />

Hansestadt Havelberg an der Havel.<br />

Foto: Andreas Müller<br />

Die Alte Mark auf<br />

neuen Wegen<br />

Die <strong>Bioenergie</strong>-Region <strong>im</strong> Norden<br />

Sachsen-Anhalts<br />

tau liegt noch auf den weiten Wiesen, als sich eine gruppe reiter in<br />

Wolterslage bei Stendal auf den Weg macht. ein Stückchen knallen<br />

die Hufe noch über uraltes Kopfsteinpflaster, dann geht es unter<br />

knorrigen Weiden am Bach entlang, bis die männer und Frauen am<br />

Horizont in der Altmärkischen Wische verschwinden. Sie wollen<br />

die natur in Sachsen-Anhalts schönem norden heute hoch zu ross<br />

erkunden.<br />

Die ländliche Altmark ist so groß wie das Saarland und Luxemburg<br />

zusammen. Und sie gehört zu den am dünnsten besiedelten regionen<br />

Deutschlands. Das flache Land bezeichnet sich selbst als die Wiege<br />

preußens. Schließlich hatte die errichtung der mark Brandenburg<br />

in der „Antiqua marchia“ (Alte mark) ihren Ursprung.<br />

Die Altmark ist jedoch nicht nur ein ursprüngliches Land, sie beherbergt<br />

auch eine moderne Landwirtschaft mit Spitzen-milchleistungen<br />

und hat sich nicht zuletzt als junges Urlaubsgebiet etabliert.<br />

Doch die region zwischen der magdeburger Börde <strong>im</strong> Süden und der<br />

elbe <strong>im</strong> norden kann sich darauf nicht ausruhen. Der regionalverein<br />

Altmark verfolgt eine frische idee. er will die Altmark zur „<strong>Bioenergie</strong>-region“<br />

entwickeln. Schon mit dem Bundesmodellvorhaben<br />

„regionen Aktiv“ schlug er diesen Kurs ein.<br />

31 <strong>Bioenergie</strong>-region ALtmArK<br />

„Die Altmark ist ein schlummerndes energiedepot in Sachsen-<br />

Anhalt“, sagt Projektmanager Henning Kipp. „Wir müssen es nur<br />

erschließen“. eine buchdicke Studie belegt das. Sachsen-Anhalts<br />

norden verfügt über das größte Biomassepotenzial <strong>im</strong> Bundesland.<br />

Wälder, Wiesen und Felder prägen die Landschaft. Dazwischen<br />

schlängeln sich zahlreiche Bachläufe und Wege, gesäumt von rasch<br />

wachsenden Bäumen und üppigen Büschen. Allein der naturpark<br />

Drömling zwischen gardelegen und Wolfsburg in niedersachsen<br />

wird von 1.275 Kilometern gräben und Flüssen durchzogen.<br />

„Das projekt <strong>Bioenergie</strong>-region Altmark kümmert sich vor allem um<br />

jene ressourcen, die nicht in Konkurrenz zur nahrungsmittelproduktion<br />

oder zur stofflichen Verwertung stehen“, sagt projektmitarbeiter<br />

gerhard Faller-Walzer. es gehe nicht darum, weitere Agrarerzeugnisse<br />

wie mais, gras oder rüben fürs Kraftwerk zu produzieren,<br />

sondern die ohnehin vorhandene Biomasse besser zu nutzen. ganz<br />

besonders hat projektmanager Kipp dabei Landschaftspflegeflächen<br />

als rohstoff-Lieferant <strong>im</strong> Blick. „Das ist kein Widerspruch“, versichert<br />

er. Als Beispiel nennt er das „grüne Band“ an der einstigen innerdeutschen<br />

grenze. Dort hat sich <strong>im</strong> Schatten der früheren Sperranlagen<br />

eine einzigartige natur entwickelt, die gezielt gepflegt werden muss.<br />

„Jedes Jahr fallen hier große mengen an grün- und Strauchschnitt<br />

an, die doch nicht <strong>im</strong>mer nur gehäckselt und zurückgelassen werden<br />

müssen“, blickt Kipp voraus.<br />

Auch <strong>im</strong> Stadtforst von Salzwedel mit einer Fläche von über 1.000 Hektar<br />

möchten die experten eine angepasste Form der nutzung etablieren,<br />

von der sowohl die natur als auch die region profitieren. Bislang<br />

brachte die forstliche pflege des Waldes an diesem schwierigen Standort<br />

für die Stadt eher ökonomische Defizite. Jetzt gibt es die Chance,<br />

das anfallende Holz als Rohstoff oder als Energielieferant zu nutzen.<br />

Eine Variante könnte der Bau einer Holzvergaseranlage zur Stromerzeugung<br />

mit Wärmeversorgung etwa des Hallenbades sein.<br />

in der Kleinstadt Seehausen wiederum wird die Verwertbarkeit von<br />

Straßenbegleitgrün untersucht. Den planern schweben Lösungen<br />

vor, die bundesweit nachgeahmt werden könnten.<br />

Schließlich nehmen die pioniere der „<strong>Bioenergie</strong>-region Altmark“<br />

auch die vorhandenen landwirtschaftlichen Biogasanlagen ins Visier.<br />

Viele dieser Kleinkraftwerke besitzen prozesstechnisch als auch ökonomisch<br />

reserven – vor allem bei der nutzung der Wärme. Derzeit<br />

wird ermittelt, wie das verbessert werden kann.<br />

Bis 2020 möchten beide Landkreise den regionalen Wärmebedarf zu<br />

30 prozent aus <strong>Bioenergie</strong> decken. Wenn dann touristen die region<br />

erkunden, sollen sie nicht etwa auf mega-Kraftwerke stoßen, sondern<br />

auf eine nach wie vor einzigartige und harmonische Landschaft, die<br />

ihre energie nachhaltig zu nutzen versteht.<br />

Andreas müller, Freiberuflicher Journalist, Wolmirstedt<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region Altmark<br />

Bundesland: Sachsen-Anhalt<br />

Landkreise: Altmarkkreis Salzwedel,<br />

Landkreis Stendal<br />

Größe: 4.715 km2 Einwohnerzahl: 220.787 (2007)<br />

Flächennutzung: <strong>25</strong> % Wald, 43 % Ackerland,<br />

15 % Grünland<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

60 Biogasanlagen, 2 Heizkraftwerke, 1 Biodieselfabrik,<br />

1 Bioethanolanlage, 1 Zellstoffwerk mit<br />

95 MWel Netzeinspeisung<br />

Langfristige Ziele:<br />

• Regionale Wertschöpfung & Schaffung v. Arbeitsplätzen<br />

durch Erschließung des regionalen Potentials<br />

zur stofflichen & energetischen Nutzung<br />

• Daseinsvorsorge <strong>im</strong> ländlichen Raum durch<br />

Sicherung einer preisstabilen Wärmeversorgung<br />

• 30 %iger Beitrag der <strong>Bioenergie</strong> zur Deckung des<br />

regionalen Wärmebedarfs bis 2020<br />

• Schutz und angepasste Entwicklung von Kulturund<br />

Naturlandschaft als Teil einer nachhaltigen<br />

Raumentwicklung<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Biogas, biogene Festbrennstoffe<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

Modellprojekt Seehausen<br />

Strategiewechsel von der Biomassevermeidung<br />

zur Biomassemax<strong>im</strong>ierung – Gewinnung und Verwertung<br />

von Biomasse aus der Bewirtschaftung<br />

des regionalen öffentlichen Verkehrswege – und<br />

des Gewässernetzes in Verbindung mit effizienter<br />

Gehölzbewirtschaftung und ökonomischer Gewässerunterhaltung<br />

Modellprojekt Salzwedel<br />

Etablierung einer rentablen Bewirtschaftung sensibler<br />

Gebiete unter Beachtung der Anforderungen<br />

des Natur- und Landschaftsschutzes<br />

Modellprojekt Repowering landwirtschaftlicher<br />

Biogasanlagen der Altmark<br />

Verbesserung der technisch und ökonomischen<br />

Leis tung durch Erfassung der Ursachen von Minderfunktionen<br />

und die Erarbeitung von Lösungsansätzen<br />

Ansprechpartner<br />

Name: Henning Kipp, Gerhard Faller-Walzer<br />

Institution: Regionalverein Altmark e.V. – Projekt -<br />

büro <strong>Bioenergie</strong>-Region Altmark<br />

Anschrift: Arneburger Straße 24, Haus II<br />

Tel.: 039 31/<strong>25</strong> 80 99<br />

Fax: 039 31/<strong>25</strong> 81 06<br />

E-Mail: h.kipp@altmark.eu<br />

E-Mail: g.fallerwal@altmark.eu<br />

Homepage: www.altmark.eu


32 BIOENERGIE-REGION MäRKISCH-ODERLAND<br />

Gleich <strong>im</strong> Wald werden mit der mobilen<br />

Maschinenkombination von Jan Sommer<br />

Hackschnitzel produziert<br />

Holz wird umweltschonend mit dem<br />

Rückepferd zu Sammelplatz transportiert<br />

Anlieferung von Hackschnitzeln<br />

be<strong>im</strong> Kunden<br />

Fotos: Carmen Becker (3)<br />

Konsequent<br />

auf dem Holzweg<br />

1.000 neue Holzheizungen bis 2012<br />

in Märkisch-Oderland<br />

ein kleines Stückchen ziehen und <strong>im</strong>mer wieder loben. So kriegt<br />

Liane einen guten halben Festmeter-Stamm aus dem für maschinen<br />

unwegsamen Wäldchen bei Lebus gezogen. „ist wie be<strong>im</strong> menschen.<br />

Das pferd braucht die Bestätigung, dass es gut gearbeitet hat“, sagt<br />

Jan Sommer über seine thüringer Kaltblutstute. Liane ist eines von<br />

insgesamt drei rückepferden, mit denen sich der Agraringenieur aus<br />

der Nähe von Seelow buchstäblich auf den Holzweg gemacht hat. Im<br />

Landkreis märkisch-oderland sieht er eine menge potential. in Waldgebieten,<br />

deren Besitzer auf eine schonende Bewirtschaftung Wert<br />

legen und auf kleinen Flächen, die sich für den maschineneinsatz<br />

ohnehin kaum lohnen.<br />

Gerade mal die Hälfte der für die Energieholzgewinnung geeigneten<br />

Flächen werde derzeit in der Region genutzt, bestätigt Heiner<br />

grienitz von der Wirtschaftsfördergesellschaft des Landkreises. Bei<br />

privatwäldern sei es noch weniger. 34.000 Festmeter fallen allein<br />

bei der Landschaftspflege an. ein noch größeres potenzial sieht der<br />

Projektleiter in Kurzumtriebsplantagen. Heiner Grienitz schätzt, dass<br />

sich aus all diesen potenzialen zusammen jährlich 35.000 tonnen<br />

Co 2 sparen lassen – „ohne das Ökosystem Wald zu gefährden“. mehr<br />

noch: Mit der Kampagne „Märkisch-Oderland geht den Holzweg“ biete<br />

sich die Chance, ganze Wertschöpfungsketten in gang zu setzen:<br />

Vom Waldbesitzer bis zum Kunden. Dazwischen Dienstleister wie Jan<br />

Sommer mit seinen rückepferden, Landwirte, energieberater, Spediteure,<br />

Installateure, Händler. Hackschnitzel, Pellets oder Stückholz<br />

müssen gewonnen, gelagert, getrocknet, transportiert werden.<br />

33 <strong>Bioenergie</strong>-region MäRKISCH-ODERLAND<br />

Bis vor kurzem mussten Besitzer von Hackschnitzel-Heizungen ihr<br />

Brennmaterial noch aus weit entfernten regionen ordern. Jetzt<br />

kommt es aus nächster Nähe. Ein Verein aus Hermersdorf in der Märkischen<br />

Schweiz hatte dort als erstes einen Betrieb zur Brennholzgewinnung<br />

gegründet, inzwischen sind Förstereien und andere Dienstleister<br />

in das geschäft eingestiegen. „Schön sauber, schön trocken,<br />

kaum Grünzeug“, lobt Thomas Winkelkotte, Heizer eines Wohn- und<br />

Atelierhauses <strong>im</strong> Dörfchen reichenow das material.<br />

mindestens 45 neue Jobs sind das Ziel der <strong>Bioenergie</strong>-region bis mitte<br />

2012. „gerade für gering qualifizierte Arbeitskräfte könnte das<br />

ein einstieg sein“, sagt martin merk. Der energieberater aus Wulkow<br />

bei Frankfurt (oder) begann vor zwei Jahren, Akteure auf dem markt<br />

der Biofestbrennstoffe miteinander ins gespräch und schließlich ins<br />

geschäft zu bringen. Das so geschaffene netzwerk Biofestbrennstoffe<br />

machte es erst möglich, gemeinsam mit der kreiseigenen Wirtschaftsfördergesellschaft<br />

das Holzweg-Konzept für die <strong>Bioenergie</strong>region<br />

zu entwickeln. Sitz des netzwerks ist der Ökospeicher e.V.<br />

Wulkow, ein Verein, der sich frühzeitig nachhaltiger Dorfentwicklung<br />

verschrieben hat. Die bislang rund 50 netzwerker kümmern<br />

sich unter anderem um günstige Lieferketten. Bald soll es einen<br />

zentralen Biomassehof geben. Als Know-How-Beschaffer kooperiert<br />

das netzwerk mit den nahegelegenen Fachhochschulen Wildau und<br />

eberswalde, aber auch mit regionalen ingenieurbüros. Weil es vielen<br />

Kunden an Lagerplatz fehlt, ist zum Beispiel die idee einer Komplettanlage<br />

entstanden: Einer Kombination zwischen Heizung und<br />

Brennstofflager in Containerbauweise. Christian Baumann, der ein<br />

ingenieurbüro bei Seelow betreibt, hat sie entwickelt. Das netzwerk<br />

hilft, Partner für Vertrieb und Herstellung zu finden.<br />

gemeinsam mit dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung<br />

in müncheberg wird zudem ein regionallabel entwickelt.<br />

Das Holzweg-Siegel soll den Kunden nicht nur Nachhaltigkeit, Qualität<br />

und besten technischen Stand der produkte belegen. mit dem<br />

Label werden auch soziale Standards nachgewiesen: Wer „auf dem<br />

Holzweg“ arbeitet, muss davon leben können.<br />

Zu mindestens 1.000 neuen Holzheizungen hat sich die <strong>Bioenergie</strong>-<br />

Region bis Mitte 2012 verpflichtet. Der Anteil von Hackschnitzel- und<br />

pelletanlagen soll sich verdoppeln. Der Landkreis hilft mit einem<br />

politischen Beschluss: Alle kreiseigenen gebäude, in denen künftig<br />

Heizanlagen ersetzt werden, sollen nach Möglichkeit auf Holz umrüsten.<br />

mitte 2011 könnte sich aus dem netzwerk heraus ein sogenanntes<br />

Contracting-Unternehmen gründen. Arbeitstitel: Biowärme oderland.<br />

Das Konzept sieht vor, be<strong>im</strong> Kunden eine komplette Heizanlage<br />

zu planen, zu installieren, mit regionalem Brennstoff zu versorgen,<br />

zu betreiben und zu warten. Statt Heizanlage, Brennstoff, Betrieb und<br />

Wartung bezahlt der Kunde nur die Wärme, die er tatsächlich nutzt.<br />

Jan Sommer mit seinen Rückepferden glaubt an den Erfolg des Holzwegs<br />

und hat über den Waldpferdebetrieb hinaus investiert. mit<br />

einer mobilen maschinenkombination kann er die von ihm geworbenen<br />

Baustämme nun selbst in Hackschnitzel verwandeln.<br />

martin Walther, Freier Journalist, Lebus<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region Märkisch-Oderland<br />

Bundesland: Brandenburg<br />

Landkreise: Märkisch-Oderland<br />

Größe: 2.128 km2 Einwohnerzahl: 192.000<br />

Flächennutzung: 63 % landwirtschaftl. Nutzfläche<br />

22,5 % Wald<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

Etwa 100 Pelletheizungen, 30 Hackschnitzelheizungen<br />

und <strong>25</strong>0 moderne Stückholzkessel sowie<br />

hunderte alte ungeeignete Festbrennstoffkessel<br />

Langfristige Ziele:<br />

Durch Verdopplung der Holzheizungen jährliche<br />

CO -Einsparung von 35.000 Tonnen, regionale<br />

2<br />

Wertschöpfung, Nachhaltigkeit, Schaffung von<br />

Arbeitsplätzen<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

Energiebüro MOL: Gesamtleitung, Clustermanagement,<br />

Leitbildentwicklung; Marketing,<br />

Wissenstransfer<br />

Netzwerkbüro: Aufbau von Wertschöpfungsketten<br />

von der Holzernte bis zum Vertrieb von Stückholz<br />

und Hackschnitzeln sowie von der Heizungsplanung<br />

bis zur Installation und zum Service, Qualitätsmanagement,<br />

Regionallabel.<br />

Erfassung der Energieholzressourcen,<br />

Biofestbrennstoffhof, Kurzumtriebsplantagen,<br />

Wärme-Contracting<br />

Ansprechpartner<br />

Name: Projektleiter<br />

Dipl.-Ing. Heiner Grienitz<br />

Institution: Energiebüro MOL c/o STIC Wirtschaftsfördergesellschaft<br />

Märkisch-Oderland mbH<br />

Anschrift: Garzauer Chaussee 1a,<br />

15344 Strausberg<br />

Tel.: 033 41/3 35 37 22<br />

Fax: 033 41/3 35 216<br />

E-Mail: energiebuero@stic.de<br />

Homepage: www.holzweg-mol.de<br />

Ansprechpartner<br />

Name: Netzwerkkoordinator<br />

Dipl.-Ing. Martin Merk<br />

Institution: Netzwerk BIOFestbrennstoff MOL e.V.<br />

Anschrift: Am Gutshof 1 (<strong>im</strong> Ökospeicher),<br />

15326 Lebus OT Wulkow<br />

Tel.: 03 36 02/5 81 00<br />

E-Mail: info@biofestbrennstoff.de<br />

Homepage: www.biofestbrennstoff.de


34 <strong>Bioenergie</strong>-region LUDWigSFeLDe<br />

Das Team der ARGE <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Ludwigsfelde.<br />

Foto: Heino Maß<br />

Till Belusa (TU Berlin) erläutert be<strong>im</strong> Kreiserntefest<br />

2009 in Ahrensdorf Biomassepotenziale<br />

und -nutzungsmöglichkeiten.<br />

Foto: Rachel Michels<br />

Foto: Dr. Clemens Schwender<br />

Vor den Toren der Großstadt<br />

Altlasten-Sanierung durch <strong>Bioenergie</strong><br />

Ludwigsfelde ist eine Stadt in Brandenburg, jung an Jahren und<br />

durch ihre industrielle entwicklung geprägt. Das „moderne“ Ludwigsfelde<br />

entstand erst, als 1841 die Berlin-Anhaltinische eisenbahn<br />

durch die region gebaut und hier ein Bedarfshaltepunkt errichtet<br />

wurde. 1936 kam dann Da<strong>im</strong>ler-Benz und baute das damals größte<br />

und modernste Flugzeugmotorenwerk europas – die industrielle<br />

geschichte Ludwigsfeldes nahm ihren Anfang.<br />

Heute sind in der Kleinstadt rund 600 Unternehmen angesiedelt.<br />

Schwerpunktbranchen sind Automobile, Luft- und raumfahrttechnik<br />

sowie Logistik. Angesichts dieses derart industriell geprägten<br />

Charakters erscheint das Konzept, Ludwigsfelde zu einer <strong>Bioenergie</strong>region<br />

entwickeln zu wollen, eher fehl am platz. Aber nur auf den<br />

ersten Blick. Denn zur Kernstadt gehören elf ortsteile ländlicher<br />

prägung. Sie liegen, einer perlenkette gleich, rund um die Stadt der<br />

Automobile und behe<strong>im</strong>aten mehr als 20 landwirtschaftliche Unternehmen.<br />

Ungefähr die Hälfte des Stadtgebietes ist landwirtschaftliche<br />

nutzfläche, teile davon sind als naturpark-Flächen ausgewiesen.<br />

„Durch das projekt ‚<strong>Bioenergie</strong>-region Ludwigsfelde’“, betont der<br />

projektinitiator und Leiter der Stadtentwicklung Wilfried thielicke,<br />

„besteht die Chance, auch die ländlichen Bereiche wieder<br />

langfristig zu fördern.“ Bis 2020 sollen fossile energieträger so weit<br />

wie möglich durch hier verfügbare biogene rohstoffe und andere<br />

erneuerbare energien ersetzt werden. Dazu will man alle für einen<br />

regionalen energiekreislauf benötigten Akteure ins Boot holen: Von<br />

den rohstoffproduzenten in der Landwirtschaft über die produzenten<br />

der energie bis hin zu deren Konsumenten. tatsächlich konnte<br />

man unter anderem bereits die Stadtverwaltung Ludwigsfelde, den<br />

Landkreis Teltow-Fläming, die Agrargenossenschaft Löwenbruch/<br />

Kerzendorf und weitere landwirtschaftliche Betriebe, die Stadtwerke<br />

Ludwigsfelde, enro Ludwigsfelde energie sowie die Ludwigsfelder<br />

Wohnungsgenossenschaft und die Wohnungsgesellschaft „märkische<br />

He<strong>im</strong>at“ als Partner gewinnen.<br />

„man muss umdenken“, beschreibt Ökobauer erhard thäle die<br />

Situation der hier ansässigen Landwirte. „Die entwicklung geht vom<br />

Land- zum energiewirt. Wir sind schon seit 2002 kein marktfruchtbetrieb<br />

mehr, sondern ein Betrieb, der die Kulturlandschaft pflegt und<br />

erhält.“ Und Frau regina Siebecke, Vorstandsvorsitzende der Agrargenossenschaft<br />

Löwenbruch, betont: „Wir in Löwenbruch streben neben<br />

der klassischen produktion von milch, Fleisch und markfrüchten ein<br />

weiteres stabiles Standbein mit der erzeugung von energiepflanzen<br />

an.“ Die roh- und reststoffe in der region erfasst die tU Berlin – wie<br />

alle anderen Biomassequellen auch – in einem geoinformationssystem.<br />

per modellrechnung best<strong>im</strong>men die Wissenschaftler, mit<br />

35 <strong>Bioenergie</strong>-region LUDWigSFeLDe<br />

welcher technik die jeweilige Biomasse am effizientesten in Wärme<br />

oder Strom umzuwandeln ist, gleichzeitig analysieren sie den Wärmebedarf<br />

jeder region. Auf dieser Basis erfolgt schließlich die Anlagend<strong>im</strong>ensionierung<br />

und –standortwahl, mit dem Ziel, die bei Biogas-<br />

Anlagen in großer menge entstehende Abwärme so gut wie möglich<br />

zu nutzen und so die regionale Wertschöpfung zusätzlich zu steigern.<br />

neben den „klassischen“ roh- und reststoffen will die <strong>Bioenergie</strong>region<br />

Ludwigsfelde aber auch ganz neue Quellen erschließen: ende<br />

des 19. Jahrhunderts wurden in Berlin und Umgebung rieselfelder<br />

zur reinigung der Abwässer der metropole angelegt. 1928 wurden<br />

rund 10.000 Hektar zur Abwasserreinigung genutzt, heute wird diese<br />

Aufgabe von Klärwerken übernommen. Zurück blieben Böden, die<br />

mit großen mengen Schwermetall und organischen Schadstoffen<br />

angereichert sind. Die ehemaligen rieselfelder, <strong>im</strong> norden Ludwigsfeldes<br />

rund 3.000 Hektar, gelten bis heute als Altlastenverdachtsflächen.<br />

Da sie für die nahrungsmittelproduktion nicht geeignet sind,<br />

wird <strong>im</strong> rahmen des projektes <strong>Bioenergie</strong>-region Ludwigsfelde unter<br />

anderem untersucht, wie in Kurzumtriebsplantagen Schwermetalle<br />

durch geeignete gehölze aufgenommen und so die Bodenqualität<br />

verbessert werden kann.<br />

nachhaltig bessere Böden und damit ein künftig höheres Biomassepotenzial<br />

sind auch das Ziel bei der prüfung neuer Verfahren. Dazu zählt<br />

die Herstellung eines Terra Preta ähnlichen Bodens durch die Einbringung<br />

hydrothermal erzeugten Kohlenstoffs. Unter terra preta do indio<br />

– „schwarzer indianererde“ – versteht man einen durch jahrhunderte<br />

lange menschliche Kultivierung erzeugten, sehr fruchtbaren Boden,<br />

der etwa zehn prozent des Amazonasgebietes bedeckt. Die Zufuhr von<br />

organischen Abfällen der indios – durch die unvollständige Verbrennung<br />

pflanzlichen Materials erzeugte Holzkohle, Pflanzenreste, Exkremente,<br />

Algen und Knochen – ermöglichten vor 500 bis 7.000 Jahren<br />

diese nachhaltige Bodenverbesserung. in der <strong>Bioenergie</strong>-region will<br />

man nun untersuchen, inwieweit sich der prozess nachahmen lässt<br />

und welche einhe<strong>im</strong>ischen rohstoffe sich dafür eignen. An Stelle von<br />

Holzkohle zieht man so genannte HTC-Kohle in Betracht. HTC ist ebenfalls<br />

ein neues Verfahren und steht für hydrothermale Carbonisierung.<br />

Kurz gesagt wird dabei der natürliche entstehungsprozess von Kohle<br />

unter hohem Druck und temperatur <strong>im</strong> Zeitraffer nachvollzogen.<br />

„Ludwigsfelde ist eine region, die, was die nutzung der <strong>Bioenergie</strong><br />

angeht, erst am Anfang steht“, beschreibt die projektleiterin iris<br />

Feldmann den Stand in der brandenburgischen industriestadt.<br />

„Es ist Chance und Herausforderung, Ludwigsfelde zu dem zu machen,<br />

was es dem Status nach schon ist: eine <strong>Bioenergie</strong>-region.“<br />

manfred mohr, Journalist, Zeesen<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region Ludwigsfelde<br />

Bundesland: Brandenburg<br />

Landkreise: Stadt Ludwigsfelde <strong>im</strong> Landkreis<br />

Teltow-Fläming<br />

Größe: ca.139 km2 :<br />

109 km2 Stadtgebiet,<br />

30 km2 zusätzl. ehemalige<br />

Rieselfelder<br />

Einwohnerzahl: 23.994<br />

Flächennutzung:<br />

34 % Landwirtschaftliche Nutzflächen, davon<br />

60 % Ackerland und<br />

40 % Grünland<br />

14 % Wald<br />

21 % ehemalige Rieselfelder<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

1 Frischholzheizkraftwerk<br />

Langfristige Ziele:<br />

effiziente Nutzung der nachhaltig zur Verfügung<br />

stehenden Biomasse<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Biogas, Festbrennstoffe, HTC<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

Biomassepotenzialstudie, Nutzungspfadbetrachtung,<br />

Energiebedarfsanalyse, Logistikmodell,<br />

Standortwahl und Anlagend<strong>im</strong>ensionierung<br />

anhand der Ergebnisse unter Berücksichtigung<br />

partizipativer Beteiligungsmodelle für Bevölkerung<br />

und Akteure<br />

Ansprechpartner/-in<br />

Name: Iris Feldmann und Wilfried Thielicke<br />

Institution: ARGE <strong>Bioenergie</strong>-Region Ludwigsfelde<br />

Anschrift: Potsdamer Str. 31,<br />

14974 Ludwigsfelde<br />

Tel.: 033 78/86 06 63 oder<br />

033 78/82 71 02<br />

Fax: 033 78/337 86 93<br />

E-Mail: i.feldmann@bioenergie-regionludwigsfelde.de<br />

wilfried.thielicke@svludwigsfelde.<br />

brandenburg.de<br />

Homepage: www.bioenergie-regionludwigsfelde.de


36 BIOENERGIE-REGION KULTURLAND KREIS HÖxTER<br />

Norbert Hofnagel, Leiter des Biomassehofes,<br />

präsentiert einen Ausschnitt aus<br />

der Produktpalette.<br />

Foto: Sandra Wamers<br />

Landrat des Kreises Höxter<br />

Friedhelm Spieker, Projektkoordinator<br />

Alexander Hake und Biomassehof-Leiter<br />

Norbert Hofnagel präsentieren zum ersten<br />

Mal die neue <strong>Bioenergie</strong>-Region der<br />

Presse (v.l.).<br />

Foto: Tanja Sauerland<br />

Kopfweiden bei Oeynhausen.<br />

Foto: Kreis Höxter/Frank Grawe<br />

Was Hauseigentümer<br />

Mietern voraus haben<br />

Im Kreis Höxter lernen Bürger<br />

<strong>Bioenergie</strong> begreifen<br />

Ackerbau und Viehzucht – das klassische Wirtschaften auf dem<br />

Lan de. Allemal <strong>im</strong> Kreis Höxter, wo die Böden der Warburger und<br />

Steinhe<strong>im</strong>er Börde satt und schwer sind. Dort gedeiht die Königin der<br />

Ackerfrüchte, die Zuckerrübe. Zwischen den Anbauflächen weiden<br />

die Kühe mit prallen eutern. Auch die milchbauern sind <strong>im</strong> Kreis<br />

Höxter zu Hause – noch. Das klassische Wirtschaften auf dem Lande<br />

befindet sich <strong>im</strong> rapiden Wandel. Vielen Bauern fällt dieses Wirtschaften<br />

zwischen melkmaschine und mähdrescher <strong>im</strong>mer schwerer.<br />

Das weiß auch der geschäftsführer des Biomassehofes Borlinghausen<br />

und diplomierte Agrar-Ingenieur Norbert Hofnagel, ein Nebenerwerbslandwirt<br />

mit Sinn für netzwerke und rohstoffe.<br />

mit rohstoffen kennt man sich in der gegend um Borlinghausen<br />

aus – schon seit Jahrhunderten. „teutonia“ haben die malocher <strong>im</strong><br />

19. Jahrhundert das gebiet am rande des eggegebirges genannt.<br />

Sie schürften damals nach eisenerz, einem rohstoff aus dem Schoß<br />

der erde. Seit 2007 herrscht wieder reger Betrieb in dem 400 Seelen<br />

zählenden Dorf Borlinghausen. Der rohstoff, den die Lkws jetzt zu<br />

tonnen anliefern, stammt auch aus der erde, aber in einem anderen<br />

Sinne – es handelt sich um nachwachsende rohstoffe, in diesem Fall<br />

um Holz. Auf dem Biomassehof Borlinghausen werden die Hölzer<br />

gehackt, gebrochen, geschreddert, gesiebt und getrocknet und als<br />

Biomassepellets, Holzhackschnitzel und Briketts wieder verkauft.<br />

Aber nicht nur Aufbereitung, Lagerung und Verkauf finden hier statt,<br />

37 <strong>Bioenergie</strong>-region KULTURLAND KREIS HÖxTER<br />

auch die Öffentlichkeitsarbeit für die neuartigen<br />

Energieträger hat auf dem Hof ihren<br />

Anfang genommen. Denn hier ist auch<br />

die geschäftstelle der <strong>Bioenergie</strong>-region<br />

Kulturland Kreis Höxter angesiedelt mit<br />

Norbert Hofnagel als Leiter und Alexander<br />

Hake als Koordinator eines anspruchsvollen<br />

projekts, das unter der Federführung<br />

des Kreises Höxter die intelligente <strong>Bioenergie</strong>nutzung<br />

in der region fördert.<br />

„Bei uns bekommt die <strong>Bioenergie</strong>nutzung ein Gesicht“, sagt Hofnagel.<br />

es wurde ein Freigelände mit einem pflanzenschaugarten<br />

angelegt. Weiden, pappeln, eschen und erlen wachsen dort. Käufer<br />

können so die <strong>Bioenergie</strong>lieferanten buchstäblich begreifen: Vom<br />

Baum bis zum heizfertigen Holzhackschnitzel. Die Bürger sollen<br />

verstehen, dass es sich um energieträger „aus der region für die region“<br />

handelt. Aufklärungs- und informationsarbeit ist wichtig, weiß<br />

Hofnagel, denn nur wer die Angebotspalette kennt, kann wählen.<br />

„Und auf dem Land hat der Bürger die Wahl“, betont er: Heize ich mit<br />

endlichen rohstoffen wie gas oder Öl? oder steige ich auf nachwachsende,<br />

regionale Energieträger um? „Das kann der Hauseigentümer<br />

auf dem Lande für sich entscheiden, der Mieter <strong>im</strong> städtischen Hochhaus<br />

hingegen nicht“, sagt Hofnagel.<br />

Dabei eignet sich Biomasse auch als Heizmittel für große Wohnlandschaften.<br />

Das beweist das Heilpädagogische Therapie- und Förderzentrum<br />

St. Laurentius in Warburg, eine einrichtung für mehr als<br />

400 Menschen mit Behinderung. Dort wurde bereits die Heizanlage<br />

teilweise auf Hackschnitzel umgestellt. Rund 30 Kilometer entfernt<br />

wird das Holzhackschnitzel-Heizwerk des Nahwärmeverbunds Brakel<br />

betrieben. Davon profitieren he<strong>im</strong>ische Unternehmen sowie benachbarte<br />

Schulen und das Kolpingberufsbildungswerk. in jedem Quartal<br />

wird der aktuelle marktpreis für die energie ermittelt. „Und der preis<br />

ist gegenüber dem der fossilen energieträger wettbewerbsfähig“,<br />

betont Hofnagel. Aus der Region für die Region – das muss also nicht<br />

teuer sein, wenn das netzwerk st<strong>im</strong>mt.<br />

Der Biomassehof soll wesentlich zur erreichung der festgesteckten<br />

Ziele der <strong>Bioenergie</strong>-region beitragen: Das Biomasseaufkommen<br />

und die produktionskapazität will man um 30 prozent steigern, den<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Anteil <strong>im</strong> regionalen Wärmemarkt verdoppeln.<br />

Zu den mitgliedern des entstehenden netzwerks gehören auch<br />

Professoren und Studenten der Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Sie<br />

arbeiten an der „effizienzsteigerung von Biogasanlagen“ – sowohl <strong>im</strong><br />

Hightech-Labor des Fachgebiets als auch vor Ort mit den Anlagenbetreibern.<br />

Das ist praxisnaher Wissenstransfer.<br />

Bauernsohn Norbert Hofnagel liebt dieses Land. Er will die Wertschöpfung<br />

und Wirtschaftskraft vor ort halten – so wie schon seine Vorfahren.<br />

„Wir haben große Flächen mit wenig Bevölkerung, aber vielen<br />

Rohstoffen“, sagt Hofnagel und blickt über das grüne Gelände des<br />

Biomassehofs nahe dem Waldrand: „Dieses pfund werden wir nutzen.“<br />

Sandra Wamers, Freie Journalistin, Westhe<strong>im</strong><br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Kulturland Kreis Höxter<br />

Bundesland: Nordrhein-Westfalen<br />

Landkreise: Kreis Höxter<br />

Größe: ca. 1.200 km2 Einwohnerzahl: 149.800<br />

Flächennutzung:<br />

29,4 % Waldfläche, 55,7 % landwirtschaftl. genutzte<br />

Fläche (davon 78 % Ackerland und 21,7 % Grünland)<br />

und 14,9 % sonstige Fläche, wie Gebäude-, Frei-,<br />

Betriebs- oder Verkehrsfläche<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

17 Biogasanlagen, 4 Biomasseheizwerke,<br />

3 Biomasseheizkraftwerke,<br />

insg. 1.617 Holzfeuerstätten<br />

Langfristige Ziele:<br />

Erhöhung des Biomasseaufkommens um 30 %,<br />

Erhöhung der Produktionskapazitäten um 30 %,<br />

Erhöhung der Effizienz aller Verwertungspfade,<br />

Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien am<br />

regionalen Wärmemarkt von 20 auf 40 %,<br />

Aufbau eines Biomassenetzwerkes<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Biogas, Hackschnitzel, Mischpellets<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

Opt<strong>im</strong>ierung und Qualifizierung des Anlagenbetriebes<br />

von Biogasanlagen, Biomassereststoffkataster,<br />

Opt<strong>im</strong>ierung von Logistik und Konfektionierung<br />

von Biomasserohstoffen, Energielehrpfad,<br />

Energieanlagenschau, Biomassepotential auf landwirtschaftlichen<br />

Grenzstandorten, Biomassepotential<br />

auf Dauergrünland für energetische Zwecke<br />

nutzen, Wärmekataster für Biogasanlagen, Landschafts-<br />

und Biodiversität be<strong>im</strong> Biomassebau<br />

Ansprechpartner Biomassekoordinator<br />

Name: Alexander Hake<br />

Institution: <strong>Bioenergie</strong>region Kulturland Kreis Höxter<br />

Anschrift: Bohlenweg 3, 33034 Brakel<br />

Tel.: 052 72/35 57 55<br />

Fax: 052 72/10 00<br />

E-Mail: a.hake@mr-hoexter-warburg.com<br />

Homepage: www.bioenergieregion.kreis-hoexter.de<br />

Ansprechpartner Projektleiter<br />

Name: Norbert Hofnagel<br />

Institution: BHD & MR Höxter Warburg e.V.<br />

Anschrift: Bohlenweg 3, 33034 Brakel<br />

Tel.: 052 72/54 02<br />

Fax: 052 72/10 00<br />

E-Mail: norbert.hofnagel@mr-hoexterwarburg.com<br />

Homepage: www.bhd-mr-hoexter.de


38 BIOENERGIEDIALOG OBERBERG RHEINERFT<br />

Holzernte in Oberberg.<br />

Foto: ZeBiO e.V.<br />

Braunkohle-Tagebau <strong>im</strong> Rhein-Erft-Kreis.<br />

Foto: Wikipedia<br />

Rübenernte läuft gut.<br />

Foto: Peter Hensch,<br />

Landwirtschaftskammer NRW<br />

Unterschiedliche Stärken bündeln<br />

<strong>im</strong> ehemaligen Kohle-Land<br />

Zwei räumlich getrennte Teilregionen<br />

tun sich zusammen<br />

Die <strong>Bioenergie</strong>-region oberberg–rhein-erft ist eine Ausnahme unter<br />

den <strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-regionen. in ihr kooperieren 2 teilregionen in<br />

nordrhein-Westfalen, die rund 70 Kilometer auseinander liegen und<br />

deren <strong>Bioenergie</strong>-Voraussetzungen äußerst unterschiedlich sind.<br />

Auf der einen Seite das oberbergische: 70 prozent sind durch Wald-<br />

oder grünlandflächen geprägt, mit entsprechend großen Biomassepotenzialen.<br />

Das thema <strong>Bioenergie</strong> stößt durch die Vorarbeiten des<br />

Vereins Zebio e.V. und vieler lokaler Akteure bereits auf positive<br />

resonanz. Auf der anderen Seite rhein-erft, ein Kreis, in dem fossile<br />

energieträger eine lange tradition haben. <strong>im</strong> rhein-erft-Kreis wird<br />

seit Beginn des 19. Jahrhunderts Braunkohle abgebaut und es existieren<br />

mehrere große gaskraftwerke sowie ein so genanntes ersatzbrennstoff-Kraftwerk,<br />

das z.B. produktionsabfälle verbrennt. es gibt<br />

aber auch Ackerland mit hervorragender Bodenqualität. Zudem sind<br />

zahlreiche Logistik-Unternehmen mit enormem Fachwissen hier behe<strong>im</strong>atet.<br />

<strong>im</strong> Kreis ist es der Verein Biotecrheinerft e.V., der sich für<br />

den <strong>Bioenergie</strong>-Ausbau einsetzt.<br />

Wie soll zwischen diesen beiden unterschiedlichen partnern eine<br />

fruchtbare Zusammenarbeit möglich sein, wird sich mancher fragen?<br />

Doch gerade die Unterschiedlichkeit soll letztlich zu einer<br />

Win-Win-Situation für alle Beteiligten führen. So wird die Logistik-<br />

Kompetenz des rhein-erft-Kreises dafür sorgen, dass die potenziale<br />

<strong>im</strong> oberbergischen besser genutzt und der endverbraucher rascher<br />

zum Umstieg zu bewegen ist. <strong>im</strong> gegenzug will das oberbergische<br />

seine <strong>Bioenergie</strong>-Kompetenz <strong>im</strong> Bereich Holz in das Netzwerk der<br />

39 BIOENERGIEDIALOG OBERBERG RHEINERFT<br />

<strong>Bioenergie</strong>-region – den so genannten „<strong>Bioenergie</strong>Dialog“ – einfließen<br />

lassen, mit dem Ziel, die Akzeptanz bei Bürgern, Verwaltungen<br />

und Waldbauern zu verbessern. Am ende erhoffen sich beide Seiten<br />

von diesem Wissenstransfer Synergie-effekte, Zeitgewinn und Kostenersparnis.<br />

Auf welche rohstoffe will man setzen? Da in beiden Kreisen die<br />

Wirtschaftlichkeit bei der Biomasse-nutzung priorität hat, sind die<br />

oft kostengünstig anfallenden reststoffe besonders interessant. Als<br />

solche kommen <strong>im</strong> oberbergischen unter anderem restholz aus der<br />

Wald- und Landschaftspflege und <strong>im</strong> rhein-erft-Kreis die nutzung<br />

von Stroh, gartenabfällen und grünschnitt aus der Bewirtschaftung<br />

öffentlicher Flächen in Frage.<br />

Das ende des Bergbaus bringt für die region rhein-erft große Anpassungsprobleme<br />

mit sich, beinhaltet aber auch die Chance zum neubeginn:<br />

in nächster Zeit werden nämlich große Flächen aus dem ehemaligen<br />

tagebau frei, die geradezu prädestiniert für den gezielten<br />

Anbau von Biomasse sind. Landwirten bietet sich hier die möglichkeit,<br />

neben der Herstellung von Nahrungsmitteln zum Energiewirt<br />

zu werden. Das rettet zwar keine Braunkohle-Arbeitsplätze, sichert<br />

und vermehrt aber solche in der Landwirtschaft. Denn die milchbauern<br />

<strong>im</strong> oberbergischen befinden sich genauso in einer wirtschaftlich<br />

schwierigen Lage wie die Zuckerrüben und Vieh-Betriebe <strong>im</strong> rheinerft-Kreis.<br />

in beiden teilregionen sollen zudem neue Jobs in Verarbeitung<br />

und Verteilung von Biomasse und <strong>Bioenergie</strong> entstehen.<br />

Ein Beispiel ist die <strong>im</strong> Februar 2010 neu eingeweihte Holzhackschnitzelanlage<br />

in erftstadt, die künftig über ein nahwärmenetz das Schulzentrum,<br />

die dazugehörigen Sporthallen, grundschule und Kindergarten,<br />

das Freibad und weitere angrenzende gebäude beheizen<br />

wird.<br />

Im Oberbergischen spielt die Holzwirtschaft aufgrund der hohen<br />

Waldholzvorräte eine vorherrschende rolle. Derzeit wird aufgrund<br />

nicht ausgereifter Logistik-Konzepte für die Holzenergie nur etwa<br />

die Hälfte des Waldholz-Zuwachses genutzt. Mit Modellprojekten<br />

versucht der <strong>Bioenergie</strong>Dialog, mobilisierungs- und nutzungsmöglichkeiten<br />

dafür aufzuzeigen. Dazu zählt unter anderem das nahwärmenetz<br />

der energiegenossenschaft Lieberhausen, an das seit 2001<br />

rund 80 Haushalte angeschlossen wurden. Ziel ist es, eine regionale<br />

Wertschöpfungskette zu etablieren, von der neben Land- und Forstwirten<br />

auch regionale Betriebe profitieren.<br />

erneuerbare energien könnten bis 2020 gut <strong>25</strong> prozent des regionalen<br />

energiebedarfs decken. ein ehrgeiziges Ziel, das nur erreichbar<br />

ist, wenn die Akteure ein hohes maß an Kompetenz mitbringen<br />

und ihre Zusammenarbeit weiter verbessern. Schließlich gilt es, die<br />

Überzeugungsarbeit noch stärker zu forcieren, um eine möglichst<br />

wachsende Zahl an menschen mitzunehmen auf dem Weg der energiewende.<br />

Dass dies möglich ist und der fachliche Austausch auch zu<br />

konkreten ergebnissen führt – davon sind die protagonisten <strong>im</strong> oberbergischen<br />

wie <strong>im</strong> rhein-erft-Kreis zutiefst überzeugt.<br />

Bernd Vorländer, Journalist, gummersbach<br />

BioEnergieDialog Oberberg-Rhein-Erft<br />

Bundesland: Nordrhein-Westfalen<br />

Landkreise: Oberbergischer Kreis,<br />

Rhein-Erft-Kreis<br />

Größe: 1.623 km2 Einwohnerzahl: 748.951<br />

Flächennutzung: 27,7 % Wald und 45,5 % Landwirtschaft<br />

davon 26,8 % Acker, 18 % Grünland<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

3 gr. Biogasanlagen, 3 Deponiegasanlagen,<br />

1 Nahwärmenetz Holzhackschnitzel,<br />

ca. 30 Holzenergieheizanlagen größer 50 kW<br />

Langfristige Ziele:<br />

Nutzung des Biomassepotentials in den Regio nen;<br />

Sicherstellung der Energieversorgung weitestgehend<br />

aus regionaler, regenerativer Energie;<br />

Entwicklung ertragreicher, regionaler Wertschöpfungsketten;<br />

Ausbau der <strong>Bioenergie</strong> und Energieeffizienz;<br />

Kl<strong>im</strong>a- und Umweltschutz; Kompetenzen<br />

austauschen und Vernetzungsvorteile nutzen<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Holzenergie, Biogas, Energieeffizienz<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

Logistikkonzept Holzenergie für Oberberg, Biomassekonzept<br />

für Rhein-Erft, regionsübergreifender<br />

Mehrgenerationen-Wissenstransfer, Initiierung<br />

von Leuchtturmprojekten<br />

Ansprechpartnerin Oberberg<br />

Name: Regina Schulte<br />

Institution: ZebiO e.V.<br />

Anschrift: Bunsenstr. 5, 51645 Gummersbach<br />

Tel.: 022 61/81 41 44<br />

Fax: 022 61/81 49 00<br />

E-Mail: info@zebio.de<br />

Homepage: www.zebio.de<br />

Ansprechpartner Rhein-Erft<br />

Name: Markus Becht<br />

Institution: BioTec Rhein-Erft e.V.<br />

Anschrift: Goldenbergstr. 1, 50354 Hürth<br />

Tel.: 022 33/80 48 0<br />

Fax: 022 33/80 48 1<br />

E-Mail: projektbuero@biotec-rhein-erft.de<br />

Homepage: www.biotec-rhein-erft.de


40 BIOENERGIE-REGION EIFEL (KOOP. NRW/RLP)<br />

Steuerungsgruppe der <strong>Bioenergie</strong>-Region.<br />

Schornsteinfeger bei Abgasmessung<br />

an Biomasse-Heizung.<br />

Landschaft bei Mechernich-<br />

Lorbach-Galgennück.<br />

Fotos: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Auf die regionale<br />

Identität kommt es an<br />

Grenzübergreifend auf dem Weg zu<br />

mehr Wertschöpfung<br />

„Die eifel hat ihresgleichen nicht in der Welt“, so schrieb schon<br />

1320 Leopold von Buch. Der geologe meinte damit insbesondere<br />

den Vulkanismus. Doch seine Aussage trifft auch in manch anderer<br />

Beziehung zu. Dazu zählen die vielfältigen Landschaftsformen. Während<br />

der südliche teil der eifel, der zu rheinland-pfalz gehört, einen<br />

Anteil von 48 % landwirtschaftlich genutzter Fläche, davon wiederum<br />

60 % Grünland, aufweist, dominiert <strong>im</strong> nördlichen Bereich der<br />

nordrhein-westfälischen Eifel der Wald mit einem Anteil von 41 %.<br />

Hier Grünland, dort Wald – ein insgesamt hohes Potenzial an Biomasse,<br />

das bisher nur unzureichend genutzt wurde.<br />

Die Strukturschwäche einerseits und die ausgeprägte regionale<br />

identität der menschen andererseits zwangen von je her zum<br />

gemeinsamen Handeln; das spiegelt sich heute noch <strong>im</strong> Zusammenschluss<br />

„Zukunftsinitiative eifel“ und in der Beteiligung am<br />

LeADer-programm wider. Diese Bündnisse führten jetzt auch zu<br />

dem gewählten Zuschnitt der „<strong>Bioenergie</strong>-region eifel“. Für manche<br />

Betrachter eine Besonderheit, da die <strong>Bioenergie</strong>-region eifel teile<br />

von rheinland-pfalz und nordrhein-Westfalen erfasst, nicht jedoch<br />

für die Region selbst. Markus Pesch, seit dem 1. September 2009<br />

netzwerkmanager, umreißt das Vorhaben: „gemeinsamkeit macht<br />

bekanntlich stark; das bewahrheitete sich auch bei den erfolgreichen<br />

entwicklungskonzepten der drei eifeler LeADer-regionen,<br />

bestehend aus den Landes-Aktionsgruppen ‚Bitburg-prüm’ und<br />

41 <strong>Bioenergie</strong>-region EIFEL (KOOP. NRW/RLP)<br />

‚Vulkaneifel’ auf der rheinland-pfälzischen Seite und ‚eifel’ in nordrhein-Westfalen.<br />

Die Zauberformel für unsere region liegt in der<br />

Umsetzung solcher netzwerkorientierten Ansätze. Letztlich wollen<br />

wir mit Hilfe erneuerbarer Energien energietechnisch autark werden.<br />

Schwerpunkte unseres Konzeptes sind die entwicklung von<br />

regionalen Wertschöpfungspartnerschaften in den Bereichen energieholz,<br />

Biogaseffizienz und Biomassehöfe sowie die Vernetzung der<br />

lokalen Akteure und initiativen der eifel, um damit Synergieeffekte<br />

zu erzielen.“<br />

noch mangelt es an Kontakten zwischen den verschiedenen <strong>Bioenergie</strong>-Akteuren,<br />

deren Zahl auf über 100 geschätzt wird. Dementsprechend<br />

fehlt derzeit noch der gesamtüberblick über das vorhandene<br />

<strong>Bioenergie</strong>potenzial; die gemeinsame erschließung neuer Quellen ist<br />

noch Zukunftsmusik.<br />

Handlungsbedarf gibt es aber auch bei der effizienteren Nutzung<br />

bereits bestehender energieanlagen, ohne die die Ziele der region<br />

nicht erreichbar sind. Dies betrifft z.B. die bessere Verwertung der<br />

Abwärme von Biogasanlagen. Als gelungenes Beispiel sieht pesch<br />

die energieversorgung des Klosters Steinfeld, das die Abwärme eines<br />

nahe gelegenen landwirtschaftlichen Betriebes nutzt. es ist aber<br />

nicht nur der Biogasbereich, der weiter gefördert werden soll. Auch<br />

die Wertschöpfungskette der holzartigen Biomasse will man ausbauen.<br />

Ziel sind kleine Holzfabriken, die ebenfalls Biogas-Abwärme<br />

nutzen könnten. So wäre es möglich, Bäume, die in der eifel gefällt<br />

werden, auch in der Eifel zu trocknen, zu Pellets oder Hackschnitzeln<br />

zu verarbeiten und zu verkaufen. Damit wäre dann eine regionale<br />

Wertschöpfung von der produktion bis zum endkunden abgedeckt.<br />

Nun muss Pesch in die Hände spucken. Nicht nur, um das große Netzwerk<br />

der <strong>Bioenergie</strong>-region eifel auf die Beine zu stellen, sondern<br />

auch, um die flankierenden vielfältigen maßnahmen in die Wege zu<br />

leiten. Zunächst gilt es für ihn und die region, eine aktuelle Bestandsaufnahme<br />

der projekte, initiativen und potenziale vorzunehmen.<br />

Was ist vorhanden, was geplant, welche netzwerke existieren, wo<br />

fehlt es an einer konkreten Unterstützung z. B. durch projekt be gleitende<br />

Studien? geplant ist auch ein jährliches <strong>Bioenergie</strong>-Forum, um<br />

Wissensaustausch zu ermöglichen, sowie die Schaffung regionaler<br />

investitionsmöglichkeiten. „Denkbar wäre zum Beispiel die Beteiligung<br />

der menschen aus der region an der gründung eines energiedorfes<br />

nach dem genossenschaftlichen prinzip“, erklärt pesch.<br />

„Am ende der dreijährigen projektphase“, gibt sich der netzwerkmanager<br />

opt<strong>im</strong>istisch, „wird das thema <strong>Bioenergie</strong> positiv besetzt und<br />

mit funktionierenden Strukturen ausgestattet sein“.<br />

Michael Hamacher, Freier Journalist, Hellenthal<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region Eifel<br />

Bundesland: Nordrhein-Westfalen und<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Landkreise: Bernkastel-Wittlich (RLP), Bitburg-<br />

Prüm (RLP), Düren (NRW), Euskirchen (NRW),<br />

Vulkaneifel (RLP), Städteregion Aachen (NRW)<br />

Größe: ca. 4.500 km2 Einwohnerzahl: ca. 370.000<br />

Flächennutzung: ca. 48 % landwirtschaftliche<br />

Fläche (davon 60 % Grünland), ca. 41 % Waldfläche,<br />

ca. 10 % Gebäude- und Verkehrsfläche<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

• ca. 55 Biogasanlagen<br />

• mehrere Energieholzproduzenten<br />

• zahlreiche auf Biomasse basierende Heizanlagen<br />

Langfristige Ziele:<br />

• Entkopplung der Energieversorgung in der<br />

Mittelgebirgsregion-Eifel von nicht-regenerativen<br />

Energieträgern (Mittelfristig: 20 % Steigerung<br />

bis 2020)<br />

• Bündelung der Aktivitäten und Informationen<br />

- zur <strong>Bioenergie</strong>erzeugung/-nutzung<br />

- zum Kl<strong>im</strong>aschutz<br />

- zum Stoff- und Ressourcenmanagement<br />

• Verstetigung/Erweiterung der regionalen WSK´s<br />

„Biogas“ und „Energieholz“<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Entwicklung und Ausbau der regionalen Wertschöpfungspartnerschaften<br />

in den Bereichen<br />

Energieholz (Pellets, Hackschnitzel, Scheitholz),<br />

Biogaseffizienz (inkl. Abwärmenutzung) und Biomassehöfen.<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

• Gesamträumliche Bestandsaufnahme, hierauf<br />

aufbauend Identifizierung regionaler Leuchtturmprojekte/Ideen/Initiativen<br />

• Installation des Forums <strong>Bioenergie</strong> als Fachveranstaltung<br />

• Installation eines nachhaltig funktionierenden<br />

Netzwerks (Dachmarkenbildung)<br />

• Schaffung regionaler Investitionsmöglichkeiten<br />

Ansprechpartner<br />

Name: Markus Pesch<br />

Institution: <strong>Bioenergie</strong>region Eifel c/o Naturpark<br />

Nordeifel e.V.<br />

Anschrift: Steinfelder Str. 8, 53947 Nettershe<strong>im</strong><br />

Tel.: 024 86/80 19 22<br />

Fax: 024 86/91 11 16<br />

E-Mail: pesch@bioenergie-eifel.de<br />

Homepage: www.bioenergie-eifel.de


42 naturkraft-region HERSFELD-ROTENBURG/SCHWALM-EDER<br />

Startklar: Mit einem Zertifikat der<br />

naturkraft-region haben diese Teilnehmer<br />

ihre Schulung zum Energiefuchs<br />

abgeschlossen.<br />

Foto: naturkraft-region<br />

Holzhackschnitzel-Container an der<br />

Erich-Kästner-Schule in Homberg/Efze.<br />

Foto: Christian Seeger<br />

Landschaft bei Neuenstein-Obergeis,<br />

hier hat die Geschäftsstelle der<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region ihren Sitz.<br />

Foto: Zweckverband Knüllgebiet<br />

Mit 100 regionalen Schritten<br />

zum globalen Kl<strong>im</strong>aschutz<br />

Die naturkraft-region in Deutschlands<br />

waldreicher Mitte<br />

Ganz gleich, aus welcher H<strong>im</strong>melsrichtung man die geografische<br />

mitte Deutschlands quert, die großen Verkehrsachsen durchschneiden<br />

stets ausgedehnte Waldgebiete einer mittelgebirgslandschaft,<br />

die man naturräumlich als Knüllgebirge und Fulda-Werra-Bergland<br />

bezeichnet. Naheliegend, dass diese Region vom Land Hessen schon<br />

2003 zur „BIOREGIO Holz“ erkoren wurde: In den Landkreisen<br />

Hersfeld-Rotenburg und Schwalm-Eder sollten exemplarisch die<br />

möglichkeiten einer effizienten nutzung des regenerativen energieträgers<br />

Holz ausgelotet werden. Sieben Jahre später können sich die<br />

Erfolge des abgelaufenen Projekts durchaus sehen lassen: In 69 Heizungskellern<br />

kommunaler bzw. kreiseigener einrichtungen haben<br />

hocheffiziente Holzfeuerungs-Anlagen mit bis zu 990 kW Leistung<br />

die alten, kl<strong>im</strong>aschädlichen Öl- und gasbrenner ersetzt – der effekt<br />

fürs Weltkl<strong>im</strong>a: pro Jahr rund 7.000 tonnen Kohlendioxid weniger.<br />

Daneben werden jährlich zur Befeuerung der Anlagen 2.700 tonnen<br />

Pellets sowie über 30.000 Schüttraummeter Holzhackschnitzel aus<br />

der region bereitgestellt – das sichert ca. 15 Arbeitsplätze.<br />

Doch damit ist man noch längst nicht am L<strong>im</strong>it, die region könnte<br />

problemlos weitere mengen energieholz liefern.<br />

in der gesamten „naturkraft-region“, besonders aber <strong>im</strong> Schwalmeder-Kreis<br />

mit seiner fruchtbaren Westhessischen Senke, fallen<br />

außer Holz auch große Mengen Biomasse aus der Landwirtschaft an.<br />

Bislang wurden diese nur zum kleinsten teil energetisch genutzt –<br />

43 naturkraft-region HERSFELD-ROTENBURG/SCHWALM-EDER<br />

lediglich ein Dutzend Biogasanlagen gibt es in der gesamten <strong>Bioenergie</strong>-region.<br />

in letzter Zeit erkennen aber <strong>im</strong>mer mehr Landwirte<br />

eine Zukunftsperspektive in der erzeugung von Strom aus Biogas. in<br />

Zukunft sollen kleine, lokale Lösungen dieser Art mit dem nötigen<br />

Know-how und praktikablen Finanzierungsmodellen vorrangig unterstützt<br />

werden.<br />

in ganz anderen größenordnungen wird dagegen seit Sommer 2009<br />

in Homberg/ Efze Biogas erzeugt: Die derzeit größte Anlage Nordhessens<br />

leistet 1,4 megawatt und speist aufbereitetes gas direkt ins<br />

erdgas-netz ein. Die geglückte Kooperation zwischen den Kasseler<br />

Stadtwerken, dem Kreisbauernverband Schwalm-eder und dem dortigen<br />

maschinenring zeigt deutlich, wie erfolgreich eine Vernetzung<br />

unterschiedlicher Beteiligter sein kann. genau hier wird die „naturkraft-agentur“<br />

der <strong>Bioenergie</strong>-Region Hersfeld-Rotenburg/Schwalmeder<br />

ansetzen, die <strong>im</strong> Februar 2010 gegründet wurde. Sie initiiert,<br />

koordiniert und vernetzt sämtliche regionalen maßnahmen, initiativen<br />

und Aktivitäten <strong>im</strong> Bereich der <strong>Bioenergie</strong>. neben den repräsentanten<br />

der Landkreise und Kommunen, der Land- und Forstwirtschaft<br />

sowie der energieversorger, ingenieure und Fachberater sind hier<br />

auch interessenvertreter von Vereinen und Verbänden, Finanzinstituten,<br />

Bildungseinrichtungen sowie der regionalen industrie- und<br />

Wirtschaftsunternehmen vertreten. „es geht darum, auf regionaler<br />

ebene eine möglichst breite Bewegung für einen aktiven Beitrag zum<br />

Kl<strong>im</strong>aschutz anzustoßen. Und dazu müssen auch bestehende Vorbehalte<br />

ernst genommen werden“, betont Dr. Brigitte Buhse, geschäftsführerin<br />

des Zweckverbandes Knüllgebiet, der die bewährte Kooperation<br />

der beiden Landkreise auch weiter federführend begleiten<br />

wird. „information und Aufklärung stehen deshalb ganz oben auf der<br />

Agenda.“ erste Aktionen in diese richtung sind bereits angelaufen:<br />

die Ausbildung von „energiefüchsen“. Diese ehrenamtlichen energieexperten<br />

sollen ihr neu erworbenes Wissen in der nachbarschaft<br />

und <strong>im</strong> Bekanntenkreis, bei lokalen Vereinen und Verbänden einbringen,<br />

wenn hier modernisiert, gebaut oder investiert werden soll.<br />

Ziel ist es, rund 100 energiefüchse mit fundierten grundkenntnissen<br />

in Sachen Kl<strong>im</strong>aschutz, Stromeinsparung, Heizung oder Wärmeisolation<br />

auszustatten.<br />

Der erfolg des projektes „naturkraft-region“ wird sich vor allem an<br />

ganz handfesten entwicklungen vor ort bemessen: Werden genügend<br />

privatpersonen und Unternehmer zur erzeugung von Wärme<br />

und Strom in kleine, dezentrale Holzfeuerungs- und Biogasanlagen<br />

investieren und dafür regional erzeugte Biomasse verwenden? Wird<br />

es gelingen, die Wertschöpfungsketten der energieerzeugung zu<br />

einem relevanten teil in die region zurück zu holen? Wenn ja, so<br />

werden die Auswirkungen weit über die unmittelbar entstehenden<br />

Arbeitsplätze hinaus reichen. Die entstandenen Strukturen werden<br />

zu einer „Win-win-Situation“ zwischen dem öffentlichen, privaten<br />

und gewerblichen Bereich führen. Das projekt „naturkraft-region“<br />

bietet den menschen die möglichkeit, sich und ihre region als Vorreiter<br />

einer zukunftsweisenden und beispielhaften Form des Umgangs<br />

mit den natürlichen ressourcen dieser Welt zu definieren.<br />

Eckart Büxel M.A, Freier Redakteur, Bad Hersfeld<br />

Bundesland: Hessen<br />

Landkreise: Landkreis Hersfeld-Rotenburg<br />

Schwalm-Eder-Kreis<br />

Größe: 2.636 km2 naturkraft-region<br />

Hersfeld-Rotenburg/Schwalm-Eder<br />

Einwohnerzahl: 312.269 (Stand 31.12.2007)<br />

Flächennutzung: 46 % Landwirtschaftsfl., davon<br />

72 % Ackerland und<br />

28 % Dauergrünland,<br />

40 % Waldfläche<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

69 Holzfeuerungsanlagen <strong>im</strong> kommunalen Bereich,<br />

868 Holzpelletfeuerungsanlagen, Holzvergaseranlage<br />

mit BHKW als Pilot- und Demonstrationsanlage<br />

<strong>25</strong>0 kWel, mehrere Holzfeuerungsanlagen<br />

<strong>im</strong> gewerblichen Bereich<br />

13 Biogasanlagen, darunter Biogasanlage<br />

mit 1,4 MW und Einspeisung<br />

Langfristige Ziele:<br />

Vollständige Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern<br />

durch den Einsatz von erneuerbaren<br />

Energien bei gleichzeitiger Steigerung der Energieeffizienz<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Ausbau der bereits vorhandenen Wertschöpfungsketten<br />

„Energieholz“ und „Biogas“<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

Auf der Basis eines regionalen <strong>Bioenergie</strong>konzeptes<br />

sind Informations- und Kommunikationsmaßnahmen<br />

die tragenden Säulen der naturkraftregion.<br />

Insbesondere die Schulung zum „Energiefuchs“,<br />

die Energiebildung von Kindern und<br />

Ju gendlichen durch qualifizierte Seniortrainer und<br />

die Erarbeitung von Lernkonzepten für Schulen<br />

tragen zur Wissensvermittlung bei. Die intensive<br />

Öffentlichkeitsarbeit setzt auf gute Beispiele, die<br />

in einem dezentralen Informationszentrum gebündelt<br />

sind. Durch die Gründung der naturkraft-agentur<br />

werden die Akteure vernetzt. Alle Maßnahmen<br />

tragen zur Verbesserung der regionalen Wertschöpfung<br />

durch den Einsatz von <strong>Bioenergie</strong> bei.<br />

Ansprechpartnerin<br />

Name: Dr. Brigitte Buhse<br />

Institution: naturkraft-agentur<br />

Anschrift: c/o Zweckverband Knüllgebiet<br />

Raiffeisenstr. 8, 36286 Neuenstein<br />

Tel.: 066 77/91 90 30<br />

Fax: 066 77/91 90 31<br />

E-Mail: info@naturkraft-region.de<br />

Homepage: www.naturkraft-region.de


44 BIOENERGIE-REGION MITTELHESSEN<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Forum Mittelhessen am<br />

9. Juli 2009: Etwa 120 Teilnehmer hören<br />

den Ausführungen von Peter Momper zu.<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region Mittelhessen<br />

Interessierte Personen aus der <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Mittelhessen besichtigen eine<br />

Kurzumtriebsplantage der Firma Viessmann<br />

in Allendorf.<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region Mittelhessen<br />

Energie statt Kuhweiden<br />

Neue Konzepte für den Strukturwandel<br />

Wälder, Wiesen und Vulkane – die Landschaft der <strong>Bioenergie</strong>-region<br />

mittelhessen hält, was sie verspricht. Wir werden eingeschlossen<br />

in ein sanftes grün, welches uns die gesamte reise durch die rund<br />

2.300 km² große Region nicht mehr verlässt. Dass dieses enorme Potenzial<br />

nicht nur touristisch genutzt werden sollte, liegt dabei auf der<br />

Hand. Wir wollen erfahren, welche Potenziale und Lösungsansätze<br />

die <strong>Bioenergie</strong>-Region bietet und fahren deshalb nach Heuchelhe<strong>im</strong>.<br />

Hier hat die Kl<strong>im</strong>aschutz- und Energieagentur Mittelhessen – kurz:<br />

Kem – ihren Sitz. Das team um geschäftsführer peter momper managt<br />

den Zusammenschluss und ist verantwortlich für die Umsetzung<br />

des dazugehörigen regionalen entwicklungskonzeptes. momper<br />

empfängt uns <strong>im</strong> Kreise der projektbeteiligten, neben der Kem sind<br />

darin auch Vertreter der Landkreise gießen und Vogelsberg sowie<br />

deren regionalentwicklungsorganisationen vertreten. Zusätzlich<br />

wurde das institut für ländliche Strukturforschung (iFLS) mit Sitz in<br />

Frankfurt am main eng in das projekt miteingebunden.<br />

Zufrieden beschreibt momper die erfolgsgeschichte aus der entwicklung<br />

der <strong>Bioenergie</strong>-region mittelhessen. An den gewinn des<br />

Bundeswettbewerbs und die Übergabe der Urkunde durch Bundesministerin<br />

ilse Aigner erinnert er sich dabei gerne: „Der Wettbewerb<br />

war ein wirklich hartes Stück Arbeit. Wir haben verdient gewonnen,<br />

weil unser Konzept die richtige mischung aus Ökologie, Ökonomie<br />

und sozialer Verantwortung bietet“. Was er mit diesem mix meint,<br />

wird deutlich, wenn man sich die Ziele der region vergegenwärtigt:<br />

Als Hauptziel haben sich die Handelnden den Erhalt der Natur- und<br />

Kulturlandschaft auf die Fahnen geschrieben. mit dem rückgang der<br />

Bevölkerung – der Vogelsbergkreis erwartet bis zum Jahr 20<strong>25</strong> ein<br />

minus von über zwölf prozent – wird auch der Strukturwandel in der<br />

Foto:<br />

<strong>Bioenergie</strong>-<br />

Region Mittelhessen<br />

45 <strong>Bioenergie</strong>-region MITTELHESSEN<br />

Landwirtschaft weiter beschleunigt. Klassische Betriebe verschwinden<br />

und hinterlassen ungenutzte Wiesen und Weiden. trotz der<br />

landschaftsprägenden und damit tourismusfördernden eigenschaften<br />

dieser Flächen fehlte bislang eine wirtschaftlich tragbare perspektive.<br />

„genau hier setzt unser regionales entwicklungskonzept<br />

an. Wir wollen beispielsweise grünschnitt in energie verwandeln“,<br />

erläutert Lorenz Kock vom Amt für den ländlichen raum des Vogelsbergkreises.<br />

Hier gebe es bereits erste konkrete Projekte, die in den<br />

kommenden monaten in Zusammenarbeit gemeinsam mit der Universität<br />

Kassel umgesetzt werden sollen.<br />

Apropos gemeinsam: Das team begreift sich vor allem als netzwerkinitiative<br />

und setzt darauf, alle regionalen Akteure des Handlungsfeldes<br />

nachhaltig und wirtschaftsfördernd miteinander zu vernetzen.<br />

Zusammenarbeit, Forschung, entwicklung und der Aufbau von<br />

Wertschöpfungsketten seien laut momper der Schlüssel zur Zukunft<br />

der region. Zwar gebe es bereits ein großes bioenergetisches potenzial<br />

sowie Know-how in der region, aber die wirkliche Vernetzung<br />

innerhalb solcher Kettensysteme sei lückenhaft oder fehle ganz,<br />

bestätigt auch Dr. Ulrich gehrlein vom Frankfurter iFLS. neben der<br />

logistischen Komponente stehe daher auch die einbindung von<br />

wissenschaftlichen Akteuren mit auf der Agenda. Das größte Wachstumspotenzial<br />

der region liege in der mischung aus Wissenschaft,<br />

praxis und ressourcen. Dafür sei die konsequente Beteiligung der<br />

Bevölkerung von <strong>im</strong>menser Wichtigkeit. „Wir bieten unseren partnern<br />

verschiedene möglichkeiten der partizipation, angefangen von<br />

Arbeitsgruppen bis hin zu <strong>Bioenergie</strong>foren. Dadurch profitieren wir<br />

vom fachlichen input und die teilnehmer erfahren, was ihre Kollegen<br />

gerade erarbeiten. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Vernetzung<br />

und einer unserer Schwerpunkte“, verdeutlicht Kem-mitarbeiterin<br />

Anette Kurth den Beteiligungsprozess. Alleine das letzte <strong>Bioenergie</strong>forum<br />

wurde von mehr als einhundert interessierten besucht.<br />

eine zukünftige rolle für die Bevölkerung sieht momper nicht nur als<br />

Abnehmer, sondern auch in der regionalen energieproduktion: „Die<br />

mitbürger sollen sich auch monetär an energieprojekten beteiligen.<br />

Ziel muss es sein, dass die menschen nach und nach zu ihren eigenen<br />

energieversorgern werden“. mindestens zwei <strong>Bioenergie</strong>dörfer sollen<br />

auf diese Weise entstehen und sich <strong>im</strong> rahmen des Dorferneuerungsprogramms<br />

aus Bürgerkapital finanzieren. „Finanziell rechnet<br />

sich die investition in <strong>Bioenergie</strong> schon lange und das müssen wir in<br />

die Köpfe der menschen kriegen“, schlussfolgert momper. „<strong>im</strong>merhin<br />

haben wir uns vorgenommen, mindestens 500 neue Arbeitsplätze in<br />

den kommenden Jahren zu schaffen – da brauchen wir jede Unterstützung!“<br />

Dennis pucher, redakteur, gießen<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region Mittelhessen<br />

Bundesland: Hessen<br />

Landkreise: Landkreis Gießen und<br />

Vogelsbergkreis<br />

Größe: 2.400 km2 Einwohnerzahl: 340.549<br />

Flächennutzung: 37 % Wald<br />

49 % Landwirtschaft, davon<br />

56 % Ackerland<br />

44 % Dauergrünland<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

4 Biogasanlagen,<br />

14 Holzhackschnitzelanlagen (HHS-Heizwerke),<br />

7 Pelletheizungen (Pelletsanlagen) in öffentlichen<br />

oder kommunalen Gebäuden.<br />

Langfristige Ziele:<br />

Erhalt der Natur- und Kulturlandschaft; Abst<strong>im</strong>mung<br />

mit Energieeffizienzstrategien; Vernetzung<br />

und Nutzung regionaler Wissens-, Technik- und<br />

Biomassepotenziale <strong>im</strong> Sinne der Nachhaltigkeit;<br />

Entwicklung regionaler Stoffkreisläufe, Erhöhung<br />

regionaler Wertschöpfung und Schaffung zukunftsfähiger<br />

Arbeitsplätze; Verwirklichung innovativer<br />

Beteiligungs- und Finanzierungsmodelle<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Biogas, Grünlandaufwuchs, Integration von<br />

FuE-Vorhaben<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

• Hydrothermale Karbonisierung: Herstellung von<br />

Naturkohle aus Biomasse unter Nutzung der entstehenden<br />

Abwärme<br />

• Energie-Effizienz-Dörfer<br />

• Vorhabensgemeinschaften/Bürgergesellschaften<br />

• „Modellprojekt KUP“<br />

• Ausbau der <strong>Bioenergie</strong>nutzung in Kommunen<br />

• Kampagne zur Bewusstseinsbildung<br />

• Wanderausstellung<br />

• Vortragsreihe<br />

Ansprechpartner/-in<br />

Name: Peter Momper, Anette Kurth<br />

Institution: Kl<strong>im</strong>aschutz- und Energieagentur<br />

Mittelhessen<br />

Anschrift: Ludwig-Rinn-Str. 14-16<br />

Tel.: 06 41/9 69 85-10<br />

Fax: 06 41/9 69 85-28<br />

E-Mail: info@bioenergie-regionmittelhessen.de<br />

Homepage: www.bioenergie-regionmittelhessen.de


46 BIOENERGIE-REGION JENA-SAALE-HOLZLAND<br />

Ina John, die Projektleiterin der <strong>Bioenergie</strong>region,<br />

am Thüringen-Stand auf der<br />

Internationalen Grünen Woche 2010.<br />

Mit dem von Projektmanager Ronny Kilian<br />

entwickelten „Energie-Fahrrad“ konnten<br />

die Besucher eine virtuelle Radtour auf<br />

dem geplanten „Erneuerbare-Energien-<br />

Radweg“ unternehmen.<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-<strong>Regionen</strong><br />

Biomasse-Heizkraftwerk Schkölen.<br />

Foto: RAG e.V./Tourismusverband<br />

Saaleland<br />

Eisenberger Mühltal.<br />

Foto: RAG e.V./Tourismusverband Saaleland/Bock<br />

Leuchtturm <strong>im</strong> Saaleland<br />

Die Region Jena-Saale-Holzland stellt sich<br />

dem Wandel<br />

Am mittellauf der Saale liegt die traditionsreiche Universitätsstadt<br />

Jena, umrahmt vom Saale-Holzland <strong>im</strong> östlichen Teil Thüringens.<br />

Den besonderen Reiz der <strong>Bioenergie</strong>-Region Jena-Saale-Holzland<br />

macht die Kombination aus dem Hochtechnologiestandort Jena und<br />

dem stark land- und forstwirtschaftlich geprägten Landkreis aus.<br />

<strong>im</strong> nordosten der region überwiegt die ackerbauliche nutzung auf<br />

nährstoffreichen Böden, während <strong>im</strong> Südosten große Waldflächen<br />

dominieren. Überregional bekannt ist das Naturschutzgroßprojekt<br />

„orchideenregion Jena-muschelkalkhänge mittleres Saaletal“.<br />

Vernetzung ist seit langem eine der Antworten des Saale-Holzlandes<br />

auf die Herausforderungen, die der demographische Wandel <strong>im</strong><br />

ländlichen raum erfordert. Schon vor dem Start der <strong>Bioenergie</strong>-region<br />

existierten verschiedene netzwerke wie die Standortinitiative<br />

„JenArea21“, die gemeinsame Dachmarke „thüringer Saaleland“<br />

oder die regionale Aktionsgruppe e. V. (rAg). „Darüber hinaus<br />

verfügt die region mit der thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft<br />

(TLL), der <strong>Bioenergie</strong>beratung Thüringen (BIOBETH) und den<br />

Stadtwerken Jena-pößneck über eine geballte Kompetenz in Sachen<br />

<strong>Bioenergie</strong>. Zusammen mit den leistungsfähigen Landwirtschaftsbetrieben<br />

können wir nahezu die gesamte Wertschöpfungskette <strong>im</strong> <strong>Bioenergie</strong>bereich<br />

darstellen,“ erklärt ina John, netzwerkmanagerin der<br />

<strong>Bioenergie</strong>-region. Und funktionierende Strukturen sind notwendig,<br />

um die ambitionierten Ziele zu erreichen. 30 % des Strom- und Wär-<br />

Holzplatz in<br />

Schkölen.<br />

Foto: RAG e.V./<br />

Tourismusver-<br />

band Saaleland<br />

47 <strong>Bioenergie</strong>-region JENA-SAALE-HOLZLAND<br />

mebedarfes sollen bis zum Jahr 2020 durch die <strong>Bioenergie</strong> abgedeckt<br />

werden, d. h. eine Verdopplung der aktuellen Nutzung, zudem 75 %<br />

des Kraftstoffbedarfes der ansässigen Landwirtschaft.<br />

ohne eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung ist das kaum zu erreichen.<br />

Bildungsangebote und Öffentlichkeitsarbeit haben deshalb<br />

einen hohen Stellenwert in der <strong>Bioenergie</strong>-region. innovatives Denken<br />

für erneuerbare energien, kurz iDee, ein in Kooperation mit dem<br />

Schulamt durchgeführter Schülerwettbewerb ist ein Beispiel hierfür,<br />

ein <strong>Bioenergie</strong>lehrpfad für radtouristen ein weiteres.<br />

Wie man Stroh zwar nicht zu gold spinnen, aber doch in wertvolle<br />

energie verwandeln kann, das wurde in Deutschland bislang vor allem<br />

<strong>im</strong> Raum der <strong>Bioenergie</strong>-Region Jena-Saale-Holzland erforscht.<br />

Seit 15 Jahren beschäftigt sich die tLL mit diesem thema. in einem<br />

aktuellen projekt untersucht sie zum Beispiel, wie groß die Strohmenge<br />

ist, die man für die <strong>Bioenergie</strong>gewinnung nutzen kann, ohne<br />

die Humusbilanz zu gefährden. Denn ein Teil des Strohs muss wieder<br />

untergepflügt werden, um den Boden mit nährstoffen zu versorgen.<br />

Am ende will die region auf Basis dieser Studie die Standort-entscheidung<br />

für ein Heizkraftwerk fällen, das Stroh verfeuert.<br />

nicht nur der reststoff Stroh wird zum energielieferant, auch die<br />

palette der angebauten energiepflanzen soll sich erweitern, wenn es<br />

nach den Vorstellungen der thüringer geht. es muss ja nicht <strong>im</strong>mer<br />

mais und raps sein. Bislang weitgehend unbekannte pflanzen, wie<br />

die mehrjährige Durchwachsene Silphie, bieten große potenziale,<br />

ebenso reihen aus schnellwachsenden Baumarten auf dem Acker, in<br />

der Fachsprache Agroforstsysteme genannt.<br />

Die kombinierte Nutzung von Biogas und Holzhackschnitzeln ist<br />

die meist gewählte Variante in so genannten <strong>Bioenergie</strong>dörfern, die<br />

den großteil ihres Wärme- und Strombedarfs aus eigener Biomasse<br />

erzeugen. Ziel der <strong>Bioenergie</strong>-region ist es, möglichst viele solcher<br />

<strong>Bioenergie</strong>dörfer auf ihrem gebiet zu initiieren, den Anfang macht<br />

die gemeinde Schlöben.<br />

An diesem Beispiel wird das langfristige Ziel der region deutlich, die<br />

Unabhängigkeit von fossilen ressourcen. ein entsprechendes Leitbild<br />

Energie soll dafür die Grundlagen schaffen. 100 % Erneuerbare Energien,<br />

d. h. die konsequente Ausnutzung der potenziale verbunden mit<br />

einem Höchstmaß an Effizienz unter Ausschöpfung aller Einsparpotenziale,<br />

lautet die Vision für den ländlichen raum. ein geeignetes<br />

energiemanagement, das neben der erzeugung zukünftig auch den<br />

Strombedarf steuert, ist dafür unerlässlich. Die 100 %-Vision will man<br />

zunächst <strong>im</strong> kleinen maßstab auf dem rittergut nickelsdorf erproben.<br />

Hier soll als erstes das Leitmotiv der Region mit Leben erfüllt<br />

werden: „Autark macht stark!“<br />

Denis Peisker, Leiter <strong>Bioenergie</strong>beratung Thüringen (BIOBETH)<br />

Bundesland: Thüringen<br />

Landkreise: Jena/Saale-Holzland-Kreis<br />

(95 Gemeinden, 9 Städte)<br />

Größe: 931 km2 (114 km2 Bereich Jena,<br />

817 km2 <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Jena-Saale-Holzland<br />

SHK)<br />

Einwohnerzahl: 191.700 (102.750 Bereich Jena,<br />

88.950 SHK)<br />

Flächennutzung: 51 % landwirtschaftliche Nutzfläche,<br />

35 % forstwirtschaftliche Nutzfläche, Ackerbau<br />

<strong>im</strong> Nordosten, Waldflächen <strong>im</strong> Südosten (Holzland),<br />

Saaletal (mittleres Saaletal) <strong>im</strong> Westen<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

9 Biogasstandorte mit 11 Biogasanlagen,<br />

4 Holzhackschnitzelheizkraftwerke derzeit <strong>25</strong>MW<br />

Langfristige Ziele: Ziele 2020:<br />

• Anteil der <strong>Bioenergie</strong> am Strommix von 15 % auf<br />

30 % verdoppeln<br />

• Anteil der <strong>Bioenergie</strong> bei der Wärmeerzeugung<br />

von 16 % auf 30 % erhöhen<br />

• Biokraftstoffanteil in der Landwirtschaft auf 75 %<br />

steigern<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung: Holz, Stroh, Energiepflanzen,<br />

Grünschnitt, Bioabfälle<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

1. Netzwerk Schaffung dauerhafter Netzwerkstruktur<br />

zur Nutzung der Synergien der Akteure<br />

2. Akzeptanz intensive/offensive Öffentlichkeitsarbeit,<br />

Qualifizierung & Weiterbildung, Zusammenarbeit<br />

mit Schulen, Aufbau einer Plattform für<br />

Kommunikation und Wissenstransfer<br />

3. Leitprojekte<br />

• Energiepflanzenforschung geht in die Praxis<br />

• Effizienzsteigung von Biomasseanlagen<br />

• Umsetzung des „<strong>Bioenergie</strong>dorfes Schlöben“<br />

• Thermische Nutzung halmgutartiger Biomasse<br />

• Umstellung Erdgas-BHKW auf Biogas<br />

4. Innovation/F&E<br />

• Eruierung eines KWK-Standortes auf Basis Stroh<br />

• Kaskadennutzung von Biomasse<br />

• stetiger Ausbau der Erneuerbare Energie<br />

Ansprechpartner/-in<br />

Name: Ina John, Ronny Kilian,<br />

Thomas Winkelmann<br />

Institution: Regionale Aktionsgruppe<br />

Jena Saale-Holzland e.V.<br />

Anschrift: Nickelsdorf 1, 07619 Crossen<br />

Tel.: +49 (0)366 93/2 30 9 - 0/ 44/ 45<br />

Fax: +49 (0)366 93/2 30 79<br />

E-Mail: i.john@laendlichekerne.de<br />

r.kilian@bioenergie-region.de<br />

Th.Winkelmann@bioenergie-region.de<br />

Homepage: www.bioenergie-region.de


48 BIOENERGIE-REGION THÜRINGER VOGTLAND<br />

Die Durchwachsene Silphie, eine neue<br />

Energiepflanze.<br />

Foto: Ilka Plötner/FNR<br />

Peter Kunzelmann <strong>im</strong> Hanffeld der Pahren<br />

Agrar GmbH: Der Anbau von Faserpflanzen<br />

hat in der <strong>Bioenergie</strong>-Region lange<br />

Tradition. Hanfpflanzen werden zu Hanffasern<br />

verarbeitet, welche das Ausgangsprodukt<br />

für Dämmstoffe sind.<br />

Foto: Dr. Jürgen Paulitz<br />

Das schöne Elstertal.<br />

Foto: Regionalmanagement<br />

der Region Greiz<br />

Kräfte bündeln<br />

Neue Kooperationen in der <strong>Bioenergie</strong>region<br />

„Thüringer Vogtland“<br />

Bewaldete Hügelkuppen, Flusstäler mit engen Felsdurchbrüchen,<br />

weite Auen und sanfte Hochflächen: Das Thüringer Vogtland – eine<br />

Mittelgebirgs- und Hügellandschaft – fasziniert dank seiner Topografie<br />

und seiner einzigartigen Kulturlandschaft. traditionell dominieren<br />

Forstwirtschaft und tierhaltung auf den nur mäßig ertragreichen<br />

Schieferverwitterungsböden in den Landkreisen Saale-orla und<br />

greiz. „Wir sind kein Superstandort“, räumt Dr. Albrecht Broßmann,<br />

Vorsitzender der Pahren Agrar GmbH, ohne Umschweife ein. Dennoch<br />

belegt das thüringer Vogtland landwirtschaftliche Spitzenplätze.<br />

in den Ställen der Agrargenossenschaften niederpöllnitz, Linda<br />

oder Rüdersdorf beispielsweise befinden sich die besten Hochleistungs-milchkühe<br />

Deutschlands. mit ihrem Dung werden nicht nur<br />

die Böden mit wertvollem Humus versorgt, zahlreiche Biogasanlagen<br />

wandeln die gülle inzwischen auch in Strom und Wärme um. Zudem<br />

wachsen derzeit auf rund einem Fünftel der Ackerflächen der beiden<br />

Landkreise nachwachsende rohstoffe. <strong>im</strong> oberland, dem thüringer<br />

Schiefergebirge, dominiert hingegen die Forstwirtschaft. nicht ohne<br />

grund steht in Blankenstein mit der Zellstoff- und papierfabrik<br />

Rosen thal GmbH (ZPR) eines der modernsten Zellstoffwerke Europas;<br />

in Saalburg-ebersdorf wiederum investierte die Klausner-gruppe<br />

hunderte millionen euro in ein Sägewerk: Schließlich findet sich der<br />

begehrte Rohstoff Holz sozusagen vor der Tür, 34 Prozent der Region<br />

sind bewaldet.<br />

49 <strong>Bioenergie</strong>-region THÜRINGER VOGTLAND<br />

Die Pahren Agrar GmbH ist ein innovativer Landwirtschaftsbetrieb,<br />

sie exper<strong>im</strong>entiert mit neuen energiepflanzen jenseits des etablierten<br />

Raps oder Mais. Auf einer Fläche von einem Hektar haben die<br />

pahrener die „Durchwachsene Silphie“ angebaut. Das ca. zehn Jahre<br />

lang erntbare Korbblütler-gewächs könnte auf den steinigen Böden<br />

in der region eines tages nicht nur den maisanbau ersetzen, sondern<br />

sich als kostengünstige pflanze sogar nachhaltig auf den <strong>Bioenergie</strong>-<br />

Bezugspreis auswirken.<br />

neue energiepflanzen sind eines der Schwerpunktthemen der <strong>Bioenergie</strong>-region<br />

thüringer Vogtland. ein anderes beschreibt Jürgen<br />

Kepke, geschäftsführer der Wirtschaftsfördergesellschaft ostthüringen<br />

mbH und Manager der <strong>Bioenergie</strong>-Region: Biogasanlagen und<br />

Hackschnitzel-Heizwerke sollen sich künftig zusammen tun. Läuft<br />

alles nach plan, liefert zum Beispiel die Biogasanlage der Agrar e.g.<br />

rothenacker ihr Biogas künftig über eine 3,7 Kilometer lange Leitung<br />

an das Holzhackschnitzel-Heizwerk der Fernwärme Tanna GmbH. Die<br />

grundlast für die Fernwärmeversorgung von tanna stellt dann künftig<br />

ein mit Biogas betriebenes Blockheizkraftwerk sicher, während<br />

der Hackschnitzel-Brenner nur noch bei Spitzenzeiten zugeschaltet<br />

wird. Die Abwärme der Biogas-Anlage lässt sich so deutlich effizienter<br />

nutzen, die Kooperation ist für beide Seiten wirtschaftlicher als<br />

die jetzige Lösung.<br />

Auch in niederpöllnitz rückt die Wärme-Versorgung von 150 Wohneinheiten<br />

nebst gemeinde-objekten durch ein noch zu bauendes<br />

Holzhackschnitzel-Blockheizkraftwerk in greifbare Nähe. Die Agrargenossenschaft<br />

niederpöllnitz legte dafür bereits auf einer Fläche<br />

von vier Hektar eine Plantage mit schnell wachsenden Pappelarten<br />

an.<br />

Ziel in der Endstufe ist der Anbau von Energieholz auf ca. 35 - 40 Hektar.<br />

Die Bäume können 20 Jahre lang alle drei Jahre beerntet werden,<br />

auch ist dies eine neue Form des energiepflanzen-Anbaus.<br />

Broßmann und auch Kepke sehen in diesen beiden projekten nur den<br />

Beginn der Vernetzung. Bis 2020 will sich die region thüringer Vogtland,<br />

in der auf rund 2.000 Quadratkilomtern rund 204.000 menschen<br />

leben, komplett aus erneuerbaren energien versorgen.<br />

Frank Kalla, redakteur, gera<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region Thüringer Vogtland<br />

Bundesland: Thüringen<br />

Landkreise: Greiz, Saale-Orla-Kreis<br />

Größe: 1991 km2 Einwohnerzahl: 203.592<br />

Flächennutzung: 34 % Wald<br />

49 % Landwirtschaftsfl., davon<br />

78 % Acker und<br />

22 % Grünland<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

21 Biogasanlagen,<br />

1.717 kl. Biomasseanlagen,<br />

3 Kraftstoff/Ölmühle<br />

Langfristige Ziele:<br />

100 % Erneuerbare Energieversorgung durch Energieeinsparungen,<br />

technische Innovationen und<br />

einem intelligenten Mix. In einigen Gemeinden<br />

und Unternehmen ist das Ziel bereits erreicht!<br />

Initiierung/Umsetzung von 7 <strong>Bioenergie</strong>dörfern,<br />

4 innovativen <strong>Bioenergie</strong>anlagen, 4 Nahwärmenetzen,<br />

5 Forschungsvorhaben<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Biogas, Holz, biogene Reststoffe, Kraftstoffe,<br />

Nachwachsende Rohstoffe zur Wärmedämmung<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

1. <strong>Bioenergie</strong> als Kernstück der regionalen<br />

Eigenversorgung (Strom, Wärme, Treibstoff) in<br />

Verbindung mit einem Strukturwandel der<br />

Energienutzung und -einsparung durch Unternehmen,<br />

Kommunen und Bürger<br />

2. Nutzung der vorhandenen Investitionen in Biodiesel-<br />

und Biogasanlagen der ersten Generation<br />

welche durch eine ständige Verbesserung<br />

der Wirtschaftlichkeit weiterhin genutzt<br />

werden sollen<br />

3. Weiterentwicklung von Wertschöpfungsketten,<br />

durch die Initiierung und Begleitung von<br />

12 investiven Pilotprojekten.<br />

Ansprechpartner<br />

Name: Herr Dr. Albrecht Broßmann<br />

Institution: Pahren Agrar Verw. u. Verm. GmbH &<br />

Co. Prod. KG/BTV<br />

Anschrift: Pahren, Hainweg 11,<br />

07937 Zeulenroda-Triebes<br />

Tel.: 03 66 28/69 80<br />

Fax: 03 66 28/69 817<br />

E-Mail: schulz@pahren-agrar.de<br />

Homepage: www.bioenergieregion-thüringervogtland.de


50 BIOENERGIE-REGION SäCHSISCHE SCHWEIZ-OSTERZGEBIRGE<br />

Energiewälder von Kerstin Böhme werden<br />

von Schafen gepflegt: Shropshire-Schafe<br />

fressen das Gras ab und verschonen dabei<br />

Energieholz wie Pappeln.<br />

Foto: Lutz Weidler/Abdruck mit<br />

freundlicher Genehmigung von ENSO<br />

Regionale Auftaktveranstaltung<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region am 29.10.2009.<br />

Foto: Burkhard Zschau<br />

Foto: Frank Richter, Bad Schandau/<br />

Tourismusverband Sächsische Schweiz-<br />

Osterzgebirge<br />

Mit Wir-Gefühl<br />

<strong>Bioenergie</strong> – das verbindende Element<br />

in Sachsens Süden<br />

Von den Sachsen heißt es, sie seien „helle“. „Für uns ist das ein wichtiger<br />

punkt: Die mentalität der menschen st<strong>im</strong>mt“, meint Dr. Uwe mixdorf.<br />

mut und Kreativität seien gefragt, vor allem aber – Wir-gefühl.<br />

mixdorf ist zuversichtlich, dieses gefühl in der <strong>Bioenergie</strong>-region<br />

Sächsische Schweiz-osterzgebirge wecken zu können. „es gibt ein<br />

engagiertes Kernteam, das sich seit Jahren mit erneuerbaren energien<br />

beschäftigt“, sagt er. es werde nicht lange dauern, bis sich diesem<br />

team weitere menschen anschließen. Dafür werde schon der sprichwörtliche<br />

wache Verstand der Sachsen sorgen. „Die Leute merken,<br />

dass <strong>Bioenergie</strong> der region zu wirtschaftlicher prosperität verhelfen<br />

kann“, ist mixdorf überzeugt.<br />

Uwe mixdorf bildet gemeinsam mit dem projektleiter Burkhard<br />

Zschau das regionalmanagement der <strong>Bioenergie</strong>-region Sächsische<br />

Schweiz-osterzgebirge, die südlich von Dresden beginnt und sich bis<br />

zur tschechischen grenze erstreckt. Zu den Akteuren in der region,<br />

die sich schon seit Jahren mit dem thema beschäftigen, zählen Vereine<br />

wie der „Landschaf(f)t Zukunft e.V.“, der träger des projektes <strong>Bioenergie</strong>-region<br />

ist, aber auch die Wirtschaftsförderung des Landkreises<br />

Sächsische Schweiz-osterzgebirge, der energietisch Altenberg<br />

e.V. oder interessierte privatpersonen. „es gibt Strukturen“, befindet<br />

Zschau, „aber es fehlt noch der entscheidende Schritt hin zum funktionierenden<br />

netzwerk.“<br />

noch wird auch das erhebliche Biomasse-potenzial in der ländlich<br />

geprägten region zu wenig genutzt. ein erster wichtiger Schritt ist es<br />

daher, zu analysieren, warum dies so ist. „Kooperationen anzustoßen,<br />

wird hier eine große rolle spielen“, so mixdorf. erste partner haben<br />

51 <strong>Bioenergie</strong>-region SäCHSISCHE SCHWEIZ-OSTERZGEBIRGE<br />

sich bereits zusammen gefunden: Die Biogasanlage in reinhardtsdorf<br />

wird künftig Wärme zur Trocknung von Holzhackschnitzeln<br />

liefern, welche wiederum zur Wärmeerzeugung in der grundschule<br />

von papstdorf eingesetzt werden können.<br />

Zschau benennt als eine weitere wichtige netzwerk-Aufgabe, technische<br />

Lösungen aufzuzeigen. etwa, wie Biogas als Kraftstoff für Fahrzeuge<br />

Verwendung finden und auf diese Weise ein höheres maß an<br />

Wertschöpfung in der region verbleiben kann.<br />

Auch die Verwertung von biogenen Abfällen und reststoffen wollen<br />

die Akteure in der <strong>Bioenergie</strong>-region prüfen. „ein großer teil unseres<br />

territoriums wird von naturschutzgebieten und dem nationalpark<br />

Sächsische Schweiz bedeckt“, verdeutlicht Zschau. Das potenzial,<br />

energiepflanzen anzubauen, sei daher sehr beschränkt. Deshalb denke<br />

man auch darüber nach, Landschaftspflegematerial zu verwerten.<br />

„eine besondere Kulturlandschaft stellt besondere Ansprüche“, sagt<br />

mixdorf. „Wir suchen Lösungen, die zu unserer region passen.“ Dazu<br />

zählt es auch, den Bedarf an elektrischer und thermischer energie zu<br />

ermitteln und Schlussfolgerungen zu ziehen, wo man welche energieträger<br />

effizienter einsetzen kann. eine solche Analyse ist Anfang<br />

2010 begonnen worden. „Wir reduzieren uns dabei nicht nur auf<br />

<strong>Bioenergie</strong>“, betont Zschau. „Wo es möglich ist, sollen in gemeinsamer<br />

Betrachtung mit energieeffizienzmaßnahmen ökonomisch und<br />

ökologisch sinnvolle <strong>Bioenergie</strong>-projekte auch mit anderen regenerativen<br />

energiequellen gekoppelt werden.“ Die konkreten projekte<br />

und Anlagen will man später mit Unterstützung einer regionalen<br />

energieagentur umsetzen und <strong>im</strong> Sinne eines monitorings betreuen.<br />

ihr Aufbau ist eines der zentralen projekte des <strong>Bioenergie</strong>-netzwerkes.<br />

Derzeit analysieren die netzwerker die Aufgabenfelder und die<br />

möglichen träger- und Finanzierungsalternativen. Aufgrund der Finanzsituation<br />

in den Kommunen und <strong>im</strong> Landkreis zeichnet sich eine<br />

privatwirtschaftliche trägerschaft ab.<br />

Dass sie vor keiner leichten Aufgabe stehen, ist den beiden netzwerkmanagern<br />

klar. man kämpfe an etlichen Fronten, meint mixdorf.<br />

Beispiel Forstwirtschaft: ein großer teil der hiesigen Waldflächen ist<br />

in unzählige nur wenige Hektar kleine Parzellen aufgesplittert, die<br />

privaten Eigentümern gehören. Das Holz-Potenzial für die energetische<br />

nutzung ist riesig. „Aber zunächst müssen wir eine Vielzahl von<br />

Interessen unter einen Hut bringen“, verdeutlicht der promovierte<br />

Forstwissenschaftler. Die vorhandenen Forstbetriebsgemeinschaften<br />

in der region werden dabei als wichtiger Schlüssel gesehen. in ersten<br />

Gesprächen wurde signalisiert, den Aufbau einer Holzhackschnitzel-<br />

Wertschöpfungskette zu forcieren.<br />

An Zuversicht mangelt es weder mixdorf noch Zschau: „Wir kennen<br />

die Schwierigkeiten und Hemmnisse“, sagen sie. „Aber wir wollen sie<br />

als Herausforderungen betrachten, die wir gemeinsam lösen werden.“<br />

Karsten Bär, Freier Journalist, Bad Liebenwerda<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Sächsische Schweiz-Osterzgebirge<br />

Bundesland: Sachsen<br />

Landkreise: Landkreis Sächsische Schweiz-<br />

Osterzgebirge<br />

Größe: 1.654 km2 Einwohnerzahl: <strong>25</strong>7.655<br />

Flächennutzung: 9 % Siedlungs- und Verkehrsfläche,<br />

36 % Waldfläche, 53 % Landwirtschaftsfläche,<br />

davon 65 % als Ackerland, 33 % als Dauergrünland<br />

und 2 % für Dauerkulturen<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

10 Biogasanlagen, 23 Biomasseanlagen (BHW/<br />

BHKW) auf Basis fester Energieträger (Holz) und<br />

geschätzte 10.000 Kleinfeuerungsanlagen <strong>im</strong> Bereich<br />

Scheitholz und Holzpellets<br />

Langfristige Ziele:<br />

Energiestrategie 2020 – Ausbau des Anteils Erneuerbarer<br />

Energieträger gegenüber dem Stand von<br />

2008 in den Bereichen:<br />

Wärme von 8 % auf 17 %,<br />

Strom von 7,5 % auf 35 %,<br />

Kraftstoff/Mobilität von 0 % auf 17 %,<br />

Gesamt von 4,12 % auf 18,4 %<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

unternehmensorientierte Netzwerke Biogas und<br />

Energieholz<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

Aufbau und Etablierung einer regionalen, privatwirtschaftlich<br />

geführten Energieagentur;<br />

Internet-Plattform <strong>Bioenergie</strong> (Biomassepool);<br />

Entwicklung eines regionalen und branchenoffenen<br />

Clusters; Kommunale <strong>Bioenergie</strong>projekte:<br />

Nahwärmenetz mit BHKW & Pelletanlage (Stadt<br />

Königstein), Begleitung Biogasanlage mit Wärmenutzung<br />

<strong>im</strong> Freizeitbad (Neustadt/Sa.),<br />

Ansiedlung Pelletproduzent (Pirna),<br />

Wärmecontractinganlagen;<br />

Beratung zur Be<strong>im</strong>engung von Landschaftspflegematerial<br />

in Biogasanlagen<br />

Anbau und der Verwendung von Kurzumtriebsholz<br />

in einem Öko-Landwirtschaftsbetrieb<br />

Imagekampagne „<strong>Bioenergie</strong> – Kopf des Monats“<br />

Ansprechpartner<br />

Name: Burkhard Zschau<br />

Institution: ERN – Energie-Ressourcen-Netzwerk<br />

GmbH<br />

Anschrift: Am Sauberg 1,<br />

09427 Ehrenfriedersdorf<br />

Tel.: 03 73 41/4 85 60<br />

Fax: 03 73 41/4 85 69<br />

E-Mail: info@ern-gmbh.com<br />

Homepage: www.bioenergienetzwerk.net


52 BIOENERGIE-REGION COCHEM-ZELL<br />

Kinder-Kl<strong>im</strong>aschutzkonferenz.<br />

Foto: Kreisverwaltung Cochem-Zell<br />

Das Gymnasium in Cochem heizt<br />

mit Holzhackschnitzeln.<br />

Foto: Kreisverwaltung Cochem-Zell<br />

Moselschleife bei Bremm.<br />

Foto: Kreisverwaltung Cochem-Zell<br />

<strong>Bioenergie</strong>nutzung<br />

zwischen Weinbergen<br />

Cochem-Zell will schlummernde<br />

Potenziale wecken<br />

malerisch fließt die mosel durch das enge tal. Vorbei an Weinbergen,<br />

vorbei an Dörfern und kleinen Städten, die sich mit ihren Häusern an<br />

die Steilhänge schmiegen. Zahlreiche maler haben dies auf die Leinwand<br />

gebracht, viele Dichter es beschrieben. es ist dieses Bild, das<br />

Jahr für Jahr über 500.000 touristen an die mosel lockt.<br />

Doch nun sorgt der Kreis Cochem-Zell auch be<strong>im</strong> Umwelt- und Kl<strong>im</strong>aschutz<br />

für Aufsehen. Seit Jahren wird hier auf regenerative energien<br />

gesetzt. Schon heute erzeugt die region mit ihren knapp 65.000<br />

ein wohnern mehr Strom aus erneuerbaren energien, als sie selbst<br />

verbraucht. rund dreizehn prozent des regenerativen Stroms stammt<br />

dabei aus Biomasse, während der Löwenanteil aus Wasserkraft<br />

kommt. Vom Wärmebedarf kann Biomasse 12 prozent bereitstellen.<br />

Dies alles soll in den kommenden Jahren weiter ausgebaut werden.<br />

„Das Biomassepotenzial an der Mosel, in der Eifel und <strong>im</strong> Hunsrück<br />

ist enorm hoch, aber es wird heute noch zu 80 prozent nicht genutzt“,<br />

sagt Landrat manfred Schnur. „Dabei führt die nutzung der <strong>Bioenergie</strong><br />

zu mehr regionaler Wertschöpfung in der region“, ist er sich<br />

sicher. „Biomasse ist ein Angebot an die Landwirtschaft und ein wichtiger<br />

Beitrag zur Unterstützung der Betriebe.“<br />

53 <strong>Bioenergie</strong>-region COCHEM-ZELL<br />

Denn auf dem umkämpften Agrarmarkt mit den stark schwankenden<br />

milch-, getreide- und Fleischpreisen haben es die Landwirte derzeit<br />

nicht leicht. Der Strukturwandel ist auch in der Eifel und <strong>im</strong> Hunsrück<br />

zu spüren. Seit 2003 haben rund 100 Betriebe <strong>im</strong> Kreis Cochem-<br />

Zell aufgehört, die landwirtschaftlich genutzte Fläche ist seit 1978<br />

um zirka sieben Prozent zurückgegangen. Hier könnte die <strong>Bioenergie</strong><br />

zu einer sinnvollen Alternative werden. Viele Bauern haben dies<br />

bereits erkannt, so sind in den vergangenen Jahren von den örtlichen<br />

Landwirten mehrere Biogasanlagen errichtet worden.<br />

Dem Kreis geht es aber nicht in erster Linie um den Anbau von energiepflanzen<br />

auf frei werdenden Flächen. Vielmehr will er die ohnehin<br />

anfallenden nebenprodukte besser nutzen, wie Bioabfälle aus<br />

kommunaler Sammlung, Stroh, trester oder den rebschnitt. Sogar<br />

das Biomassepotenzial aus privatgärten ist für die <strong>Bioenergie</strong>-region<br />

von interesse. Bislang wird der grünschnitt von den gärtnern meist<br />

mit energieaufwand zerkleinert und dann kompostiert, obwohl nur<br />

eine kleine menge davon wirklich als Dünger in den gärten benötigt<br />

wird. Zukünftig soll ein neues Dienstleistungsunternehmen überschüssige<br />

Biomasse aus privaten gärten einsammeln.<br />

<strong>im</strong> Bereich der Forstwirtschaft hat man insbesondere die Wälder von<br />

privateigentümern <strong>im</strong> Visier, da hier noch größere reserven schlummern,<br />

die in Form von Pellets oder Holzhackschnitzeln nutzbar sind.<br />

ein geplanter Biomassehof soll künftig zur regionalen Drehscheibe<br />

für das energieholz werden. insgesamt, so das ergebnis einer Abschätzung,<br />

entspricht das ungenutzte potenzial an reststoffen und<br />

Holz einem Energiewert von 33,8 Millionen Litern Heizöl.<br />

ein weiterer plan ist es, die gemeinden Schmitt und gillenbeuren zu<br />

<strong>Bioenergie</strong>dörfern zu entwickeln, die ihren Wärmebedarf mit der<br />

Abwärme einer Biogasanlage decken. modell dafür ist der in unmittelbarer<br />

nähe befindliche nAto-Flugplatz Büchel, der seit 2007 mit<br />

Wärme aus einer gemeinschafts-Biogasanlage von vier Landwirten<br />

versorgt wird.<br />

„Cochem-Zell hat viele Potenziale“, ist sich Professor Dr. Peter Heck<br />

vom Umweltcampus Birkenfeld sicher. Sein institut für angewandtes<br />

Stoffmanagement (ifaS) begleitet das projekt null-emissions-Landkreis.<br />

Für ihn ist es wichtig, dass die Bürger be<strong>im</strong> prozess energiewende<br />

mitgenommen werden und ihnen der nutzen der <strong>Bioenergie</strong><br />

verdeutlicht wird. „ein solches Ziel können wir nur gemeinsam erreichen“,<br />

so der Wissenschaftler, für den Cochem-Zell in Sachen Ökologie<br />

längst ein Vorbild für andere Kommunen ist.<br />

Dieter Junker, Freier Journalist, Uhler<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region Cochem-Zell<br />

Bundesland: Rheinland-Pfalz<br />

Landkreise: Cochem-Zell<br />

Größe: 720 km2 Einwohnerzahl: ca. 65.000<br />

Flächennutzung: 48,9 % Wald,<br />

37,7 % Landwirtschaftsfläche<br />

11,3 % Siedlungs-/Verkehrsfl.<br />

1,7 % Wasserfläche<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

6 Biogasanlagen, 2 Holzhackschnitzelheizungen,<br />

1 Pelletheizung, rund 200 private Pelletheizungen<br />

Langfristige Ziele:<br />

Ausgewogene stoffliche und energetische Nutzung<br />

der Biomasse, nachhaltige Nutzung von<br />

Biomassepotenzialen, max<strong>im</strong>ale regionale Wertschöpfung,<br />

auf dem Weg zum Null-Emissions-<br />

Landkreis Reduzierung der CO – Emissionen um<br />

2<br />

50 % bis zum Jahr 2020 (Bezugszeitpunkt 1990)<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Biogas, Privatholz, Landschaftspflegematerial,<br />

Biomassepotenzial aus Haushalten (Biomüll/<br />

Grünschnitt aus Privatgärten)<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

Errichtung Biomassehof – Zur Erhöhung der<br />

Ver fügbarkeit und Opt<strong>im</strong>ierung der vorhandenen<br />

Biomassepotenziale vor allem für Waldholz<br />

und sonstige kommunale und private Resthölzer<br />

soll ein zentrales Biomasseaufbereitungsund<br />

Vermarktungszentrum entstehen<br />

<strong>Bioenergie</strong>atlas – Schaffung eines Wärme-, Flächen<br />

und Gebäudekatasters<br />

<strong>Bioenergie</strong>dörfer – Ausbau der Ortsgemeinden<br />

Gillenbeuren und Schmitt zu <strong>Bioenergie</strong>dörfern<br />

Abfallwirtschaftsmanagement – Bioabfallkonzept<br />

mit Einführung Biotonne, Nutzung Speiseabfälle<br />

(Gastronomie), Nutzung Grünschnitt und<br />

Biomassepotenziale aus Privatgärten, Erstellung<br />

Grünschnittkonzept, Nutzung Landschaftspflegematerial<br />

Landnutzungsmanagement – Privatwaldmobilisierung,<br />

Reststoffnutzung aus Weinbau (Trester)<br />

Ansprechpartnerin<br />

Name: Bianca Kutscheid<br />

Institution: Kreisverwaltung Cochem-Zell<br />

Anschrift: Brückenstraße 2, 56812 Cochem<br />

Tel.: 026 71/61-6 94<br />

Fax: 026 71/61-56 94<br />

E-Mail: bianca.kutscheid@cochem-zell.de<br />

Homepage: www.bionergieregion-cochem-zell.de


54 BIOENERGIE-REGION BAyREUTH<br />

Soviel Spaß kann <strong>Bioenergie</strong> machen:<br />

Planung eines energy-in-art-Projektes.<br />

v.l.: Eva Rundholz, Brigitte Bilo-Jäger,<br />

Andreas Laubert, Bernd Rothammel.<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Thomas Z<strong>im</strong>mermann bei Performance<br />

„Die Energie bin ich“<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Kunst – ist Energie –<br />

in ihrer schönsten Form<br />

Neue Sicht der Dinge: In Bayreuth gehen<br />

<strong>Bioenergie</strong> und Kunst eine ungewöhnliche<br />

Symbiose ein<br />

Kunst und <strong>Bioenergie</strong> – zwei Bereiche, die auf den ersten Blick nur<br />

wenig gemeinsam haben? Das sehen die regionalmanager der<br />

<strong>Bioenergie</strong>-region Bayreuth ganz anders: „energy-in-art: <strong>Bioenergie</strong><br />

| information | netzwerk | Kunst “ heißt das Konzept, mit dem die<br />

Bayreuther einen besonderen Akzent setzten. „Die <strong>Bioenergie</strong>-region<br />

Bayreuth verknüpft energiekunstprojekte mit <strong>Bioenergie</strong>-Fachvorhaben.<br />

Dabei sollen an dem prozess der inhaltlichen und künstlerischen<br />

Auseinandersetzung möglichst viele verschiedene Akteure<br />

mitwirken. Künstler und Laien gestalten energiekunstwerke, die <strong>Bioenergie</strong><br />

aus einer völlig neuen perspektive zeigen“, beschreiben die<br />

regionalmanager Bernd rothammel und eva rundholz die grundidee<br />

von „energy-in-art“.<br />

Doch warum überhaupt Kunst und <strong>Bioenergie</strong> verknüpfen? „Für<br />

einen neuen Umgang mit energie sind ideen gefragt“, sagt Bernd<br />

rothammel. „Die energiekunstwerke sollen Anlass sein, das thema<br />

mit anderen Augen, neu und unvoreingenommen zu sehen. Kunst<br />

kann eine öffentliche Diskussion zum thema energiewende in gang<br />

setzen.“ Die Bayreuther wollen den Aspekt der Kunst auch mit gesellschaftlichen<br />

Aspekten verbinden. „Soziale Skulpturen“ lautet das<br />

Stichwort. Der prozess der entstehung ist dabei selbst teil des Kunstwerks.<br />

Schulen, lokale initiativen und andere gesellschaftliche gruppen<br />

werden in die entwicklung mit eingebunden.<br />

Ausschnitt aus den Skizzen von<br />

S<strong>im</strong>on Müller für das Kunstwerk an<br />

den Bayreuther Landwirtschaftlichen<br />

Lehranstalten.<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

55 <strong>Bioenergie</strong>-region BAyREUTH<br />

Das zentrale Kunstwerk auf der Fläche der Landwirtschaftlichen<br />

Lehranstalten des Bezirks oberfranken ist das erste Kunstprojekt, das<br />

in die tat umgesetzt wird. <strong>im</strong> Sommer 2009 wurde ein Wettbewerb<br />

zu dessen gestaltung ausgeschrieben. Der Siegerentwurf vereint in<br />

sich einen ort, der zum einen informieren soll und zum anderen auch<br />

gelegenheit zum entspannen bietet. Zentralmotiv ist eine abstrahierte<br />

Sonne. einer der Strahlen wird zu einem geschwungenen Weg, der<br />

an infopunkten vorbei zum Ausgangspunkt zurück führt. nicht nur<br />

aufgrund der hohen Besucherfrequenz sind die Landwirtschaftlichen<br />

Lehranstalten in Bayreuth der ideale platz für das zentrale energiekunstwerk.<br />

Auf dem gelände erzeugen ein Biomasseheizkraftwerk,<br />

eine photovoltaikanlage und eine Biogasanlage regenerative energie.<br />

Die eigenen gebäude, angrenzende Schulen, Büros und ein<br />

Hochhaus mit 380 Wohneinheiten werden von hier aus mit Strom<br />

und Heizenergie versorgt. Die alternativen Energiekonzepte sind zudem<br />

wesentlicher Bestandteil <strong>im</strong> Unterricht für die bis zu 1.000 Schüler<br />

der Landmaschinenschule.<br />

<strong>Bioenergie</strong> sollte jedoch nicht nur allein unter dem Aspekt des direkten<br />

nutzens für den mensch gesehen werden. mit dem Kunstprojekt<br />

„plant power – power plant“ wollen die Akteure den Blick auf ein<br />

Kunstwerk der natur lenken: ein vom Stadtgartenamt in der nähe<br />

der Landwirtschaftlichen Lehranstalten aufgeschichteter totholzhaufen<br />

soll von Jugendlichen einen künstlerischen rahmen erhalten.<br />

Über längere Zeit unberührt hat dieses Holz dort begonnen zu verrotten<br />

und wird mittlerweile von unzähligen Lebewesen bewohnt. Das<br />

Holz dient als Nahrung und Energielieferant für Pionier-Lebewesen<br />

wie Bakterien, pilze und insekten. Auch höhere organismen wie reptilien<br />

oder mäuse können sich dort ansiedeln. ohne menschliches Zutun<br />

entsteht hier <strong>im</strong> natürlichen Kreislauf aus dem scheinbar toten<br />

neues Leben: <strong>Bioenergie</strong> in seiner ureigensten Form. „plant power-<br />

Power Plant“ ist ein Projekt der Jugendwerkstatt des Vereins Horizonte,<br />

in der benachteiligte Jugendliche bei der sozialen und beruflichen<br />

integration unterstützt werden. Damit leitet dieses Kunstprojekt zum<br />

Fachvorhaben infonetz-Umweltbildung über, das unter dem motto<br />

„Entflammt für Energie“ Hauptschüler zu einer ganzheitlichen, inhaltlichen<br />

und künstlerischen Auseinandersetzung mit dem thema<br />

<strong>Bioenergie</strong> führen soll. Als ergänzung sind unter anderem materialien<br />

zum unterhaltsamen Lernen geplant, die das Bayreuther <strong>Bioenergie</strong>-edutainment-programm<br />

konzipiert.<br />

So wirkt das Kunstprojekt als inspirationsquelle und Werbemaßnahme<br />

für die insgesamt sieben Fachvorhaben, die von der energetischen<br />

nutzung organischer Abfall- und reststoffe über die <strong>Bioenergie</strong>nutzung<br />

in Altbauten bis hin zur Forschung zu ökologisch verträglichen<br />

energiepflanzen reichen.<br />

noch steht die ungewöhnliche und spannende idee erst am Anfang<br />

ihrer Umsetzung. ob die Kunstwerke tatsächlich einen neuen Blick<br />

auf <strong>Bioenergie</strong>-Anlagen ermöglichen, oder <strong>Bioenergie</strong> gar selbst zum<br />

Kunstwerk wird, das zeigen die nächsten Jahre.<br />

Heike Schwandt, Freie Journalistin, Thurnau<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region Bayreuth<br />

Bundesland: Bayern<br />

Landkreise: Stadt Bayreuth, Landkreis<br />

Bayreuth, Landkreis Forchhe<strong>im</strong> (teilweise)<br />

Größe: 1.545 km2 Einwohnerzahl: ca. 200.000<br />

Flächennutzung: 43 % Forstwirtschaft,<br />

24 % Ackerbau,<br />

16 % Dauergrünland,<br />

6 % sonst. landw. Nutzung<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

45 Biogasanlagen, 6 Biomasseheizwerke,<br />

ca. 220 landwirtschaftl. Hackschnitzelheizungen,<br />

6.000 bis 12.000 private Biomasseheizungen<br />

Langfristige Ziele:<br />

Umweltverträglicher Ausbau der <strong>Bioenergie</strong>,<br />

Steigerung der Nachfrage, Verbesserung der<br />

Information, Erhöhung des <strong>Bioenergie</strong>anteils am<br />

Energiemix der Privathaushalte von 18 auf 50 %,<br />

Wertschöpfung von 50 Mio. Euro jährlich durch<br />

Nutzung regionaler <strong>Bioenergie</strong>quellen<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Hackschnitzel, Biogas, Bildung<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

Das Dachprojekt energy-in-art – <strong>Bioenergie</strong>|Info|<br />

Netz werk|Kunst verknüpft Energiekunstprojekte<br />

mit folgenden Fachvorhaben:<br />

• Stoffstrommanagement für die energetische<br />

Verwertung organischer Abfälle und Reststoffe<br />

• Steigerung der Effizienz von <strong>Bioenergie</strong>anlagen<br />

• Kulissenplan Energie|Nahrung|Natur<br />

• Initiative „Heizen mit Holz“<br />

(für Gebäudebestand)<br />

• Kommunales Informationssystem<br />

„Erneuerbare Energien“<br />

• Umweltbildung – Edutainment<br />

• Erforschung umweltverträglicher Energie -<br />

pflanzen<br />

Ansprechpartner<br />

Name: Bernd Rothammel<br />

Institution: Regionalmanagement Stadt und<br />

Landkreis Bayreuth GbR<br />

Anschrift: Markgrafenallee 5, 95448 Bayreuth<br />

Tel.: 09 21/7 28-340<br />

Fax: 09 21/7 28-88-340<br />

E-Mail: bioenergie@region-bayreuth.de<br />

Homepage: www.bioenergieregion-bayreuth.de


56 <strong>Bioenergie</strong>-region StrAUBing-Bogen<br />

3. Energieforum Straubing-Bogen,<br />

November 2009: Landrat Alfred Reisinger,<br />

Oberbürgermeister Markus Pannermayr,<br />

Rita Kienberger (Leiterin Zukunftsbüro/<br />

LAG-Geschäftsführerin <strong>im</strong> Landratsamt)<br />

und Josef Gr<strong>im</strong>m (Leiter der Abteilung 1A<br />

des Landratsamtes) (v.l.n.r.).<br />

Foto: Straubinger Tagblatt<br />

Wallfahrtkirche Sankt Maria H<strong>im</strong>melfahrt<br />

auf dem Bogenberg.<br />

Foto: Landratsamt Straubing-Bogen<br />

„BioCubator“: Unternehmenszentrum für<br />

Nachwachsende Rohstoffe am Donauhafen<br />

Straubing-Sand.<br />

Foto: BioCampus Straubing GmbH<br />

Donau, Wald und Flur<br />

Region der Nachwachsenden Rohstoffe<br />

es sind ganz wesentlich drei landschaftliche elemente, die der region<br />

Straubing-Bogen ein prägendes Bild geben. Der Bayerische Wald,<br />

als teil des riesigen Waldstreifens <strong>im</strong> osten Bayerns hin zu den grenzen<br />

Tschechiens und Österreichs, ist ein gigantisches Holzreservoir.<br />

Daneben gehört der gäuboden mit seinen mächtigen Lößkrumen<br />

zu den fruchtbarsten Ackerstandorten in ganz Deutschland. Und<br />

schließlich ist die Donau seit jeher eine der wichtigsten Verkehrsadern<br />

europas.<br />

Die <strong>Bioenergie</strong>-region Straubing-Bogen fängt nicht bei null an. Sie<br />

kann, neben den beschriebenen natürlichen ressourcen, ihre wirtschaftliche<br />

Struktur und ihre wissenschaftlichen Kompetenzen ins<br />

rennen schicken. So haben sich am Donauhafen Straubing-Sand<br />

mehrere Firmen aus dem Branchensektor „nachwachsende rohstoffe“<br />

angesiedelt. Ölmühle und Pelletherstellung spiegeln z. B. die<br />

naturräumliche Ausstattung Feld und Wald wider. Auch die einrichtung<br />

des Unternehmerzentrums für nachwachsende rohstoffe „Bio-<br />

Cubator“ durch den Zweckverband industriegebiet mit dem Donauhafen<br />

Straubing-Sand zeigt die strategische grundausrichtung der<br />

region.<br />

Das ist jedoch noch lange nicht alles. Unter dem Dach des Kompetenzzentrums<br />

für nachwachsende rohstoffe hat der Freistaat Bayern<br />

gleich drei institutionen aus diesem Bereich gebündelt: Das Wissen-<br />

57 <strong>Bioenergie</strong>-region StrAUBing-Bogen<br />

schaftszentrum Straubing, das technologie- und Förderzentrum und<br />

C.A.r.m.e.n. e.V.. in der region ist also eine geballte Forschungs- und<br />

Beratungskompetenz zuhause.<br />

Aufbauend auf dem Agenda21-prozess, der in einen intensiven LeA-<br />

Der-prozess mündete, hat auch der Landkreis das thema <strong>Bioenergie</strong><br />

stets in den mittelpunkt gestellt und schließlich <strong>im</strong> regionalen<br />

entwicklungskonzept für die aktuell laufende LeADer-initiative als<br />

Schwerpunkt verankert. Vom zuständigen Zukunftsbüro des Landkreises<br />

Straubing-Bogen ging dann auch die initiative zur teilnahme<br />

am Wettbewerb <strong>Bioenergie</strong>-regionen aus. „Das tragfähige netzwerk,<br />

das wir in lang angelegten Beteiligungsprozessen aufgebaut haben,<br />

ist sicherlich auch ein wesentlicher grund für unseren erfolg be<strong>im</strong><br />

Wettbewerb“ meint rita Kienberger, die geschäftsführerin der LeA-<br />

Der-Aktionsgruppe.<br />

Alle diese Aktivitäten haben dazu geführt, dass sich die marke „Straubing<br />

– region der nachwachsenden rohstoffe“ entwickelt, deren Bekanntheitsgrad<br />

stetig wächst.<br />

Durch die teilnahme am Wettbewerb <strong>Bioenergie</strong>-regionen ist das<br />

dichte netzwerk der region noch enger zusammengerückt und<br />

st<strong>im</strong>mt die weiteren Ziele jetzt ganz bewusst gemeinsam ab. „Auf<br />

einen nenner gebracht lauten diese Ziele ‚opt<strong>im</strong>ale nutzung unserer<br />

reichhaltigen naturressourcen durch eine starke Wirtschaft<br />

<strong>im</strong> Verbund mit kompetenter Wissenschaft’ – in Straubing nennt<br />

man das dann nAWAro-opt<strong>im</strong>A,“ erklärt Landrat Alfred reisinger.<br />

„Dazu brauchen wir neben rohstoffen, Unternehmen und Wissenschaft<br />

aber auch Qualifikation.“ Die einrichtung des masterstudiengangs<br />

„nachwachsende rohstoffe“ in Zusammenarbeit mit der<br />

Fachhochschule Weihenstephan und der tU-münchen lenkt weitere<br />

„Bio“energie in diese richtung. Die Zusammenfassung dieses Bildungsweges<br />

lautet in Straubing NAWARO-HOW.<br />

Laura osterholzer, seit September 2009 am Landratsamt als netzwerkmanagerin<br />

beschäftigt, liegt es besonders am Herzen, die<br />

Bevölkerung bei den anstehenden Veränderungen mitzunehmen.<br />

„information und Bewusstseinsbildung sind zentrale Bausteine eines<br />

Hauses, in dem schließlich auch gelebt werden soll“ meint sie. Und<br />

dann zählt sie Beispiele auf aus dem großen Fächer der geplanten<br />

Vorhaben. Seien es die kommunalen energiemodelle, die jeder Kommune<br />

<strong>im</strong> Landkreis ein paket von möglichkeiten vorstellen, wie die<br />

Anteile an <strong>Bioenergie</strong> und erneuerbarer energie zu steigern sind.<br />

Seien es Qualifizierungsreihen mit den Handwerkern der Region<br />

oder die Ausbildung zum energy Scout, der in der gemeinde als erster<br />

Ansprechpartner und „Vertrauter“ fungieren soll. Seien es touristische<br />

Aktivitäten unter dem motto energie-pfad.<br />

Zusätzlich baut die <strong>Bioenergie</strong>-region auf eine starke <strong>im</strong>agekampagne.<br />

Örtliche presse, radio und ein gemeinsam mit allen netzwerkpartnern<br />

abgest<strong>im</strong>mter Aktionsplan soll das thema <strong>Bioenergie</strong> so<br />

richtig erlebbar machen. Landauf – landab könnte man vielleicht sagen<br />

und damit dann auch die Berge und täler Bayerns meinen. in der<br />

<strong>Bioenergie</strong>-region Straubing-Bogen sagt man dazu nAWAro-top!<br />

Herbert Hofberger, Dipl. Agraringenieur, Regenstauf<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region Straubing-Bogen<br />

Bundesland: Bayern<br />

Landkreise: Straubing-Bogen und kreisfreie<br />

Stadt Straubing<br />

Größe: rd. 1.270 km 2<br />

Einwohnerzahl: 142.430<br />

Flächennutzung: 63 % Landwirtschaftsfläche<br />

(davon 80 % Ackerland und 20 % Grünland),<br />

26 % Waldfläche<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

17 Biogasanlagen, 5 Biomasseheizwerke<br />

Langfristige Ziele:<br />

1. Nawaro-OPTIMA Die Opt<strong>im</strong>ierung der Biomasse-Stoffströme<br />

und deren Verwertung in<br />

technischen Anlagen zur Erhöhung der regionalen<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Wertschöpfungsketten<br />

2. Nawaro-HOW Der konsequente Ausbau zu<br />

einem führenden Qualifizierungs-, Forschungs-,<br />

und Wissenszentrum<br />

3. Nawaro-TOP Die Positionierung der <strong>Bioenergie</strong>region<br />

Straubing sowohl <strong>im</strong> Binnen- als auch<br />

<strong>im</strong> Außenmarketing als „Region der Nachwachsenden<br />

Rohstoffe“<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Biogas und Hackschnitzel<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

• Kommunale Energiemodelle<br />

• Qualifizierung Handwerk<br />

• Energy Scouts<br />

• Energie-Pfad<br />

• Imagekampagne und Markenbildung<br />

Ansprechpartnerin<br />

Name: Laura Osterholzer<br />

Institution: Landratsamt Straubing-Bogen:<br />

Zukunftsbüro/Netzwerkmanagement<br />

<strong>Bioenergie</strong><br />

Anschrift: Leutnerstraße 15, 94315 Straubing<br />

Tel.: 094 21/9 73-319<br />

Fax: 094 21/9 73-419<br />

E-Mail: osterholzer.laura@landkreisstraubing-bogen.de<br />

Homepage: www.bioenergie.straubing-bogen.de


58 <strong>Bioenergie</strong>-region oBerLAnD<br />

Bundesministerin Ilse Aigner mit Projektleiter<br />

Gerald Ohlbaum (l.), <strong>Bioenergie</strong>-<br />

Berater Andreas Scharli und Projektmanagerin<br />

Elisabeth Kohlhauf.<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Foto: ©Oberland-Kuh: Alois Pribil,<br />

Miesbach, www.ap-foto.de<br />

Idyllisch: Das Oberbayerische<br />

Urlaubsdorf Münsing.<br />

Foto: Gemeinde Münsing<br />

Traditionsbewusst<br />

in die Zukunft<br />

Entscheidung für die Dorfheizung<br />

auf bayerisch<br />

Eine Wirtsstube in Oberbayern. Große Holztische, Weißbiergläser,<br />

Schweinswürstl mit Sauerkraut. Hitze strahlt aus dem Kachelofen,<br />

darauf ein kupferner teekessel und ein eisernes Bügeleisen. Urig und<br />

traditionell.<br />

Der grund, aus dem sich gut 50 Bürger der gemeinde münsing <strong>im</strong><br />

Landkreis Bad tölz-Wolfratshausen an diesem Abend hier eingefunden<br />

haben, ist allerdings ein Schritt in die Zukunft: Am nördlichen<br />

Rand des Ortsteils Degerndorf soll eine Biomasse-Heizzentrale errichtet<br />

werden. nun werden die machbarkeitsstudie vorgestellt und<br />

Fragen beantwortet.<br />

Auch elisabeth Kohlhauf von der Koordinationsstelle der Bürgerstiftung<br />

energiewende oberland sitzt unter den Zuhörern. münsing<br />

ist eine von zwei pilotgemeinden der <strong>Bioenergie</strong>-region oberland.<br />

„münsing und otterfing haben sich auf die Fahnen geschrieben,<br />

Vorreiter-gemeinden zu sein“, erklärt die 27-jährige Umweltingenieurin.<br />

„Sie wollen die ersten sein, die es schaffen, sich aus eigener<br />

Kraft mit energie zu versorgen.“ Bis 2035 sollen dann alle gemeinden<br />

der <strong>Bioenergie</strong>region oberland, die die Landkreise Bad tölz-<br />

Wolfratshausen und miesbach umfasst, dieses Ziel erreicht haben.<br />

Fast alle Kommunen sind mit ins Boot der energiewende oberland<br />

gekommen. Von den 38 gemeinden sind 36 Stifter und haben sich<br />

daher auch dem Ziel der energiewende oberland verpflichtet.<br />

Holz ist das große Potenzial der beiden Landkreise. 52 Prozent der<br />

Flächen sind bewaldet. Holz fällt auch bei der Pflege der Grünanla-<br />

59 <strong>Bioenergie</strong>-region oBerLAnD<br />

gen und parks an. „Diese Biomasse kann genutzt werden“, so elisabeth<br />

Kohlhauf. „Darauf setzen wir.“<br />

Auf Holz setzt auch die Biomasse-Heizzentrale, um die sich die Informationsveranstaltung<br />

in Degerndorf dreht. 48 interessenten für<br />

einen Anschluss an die Stückholz-Anlage gibt es bereits. So etwa Josef<br />

Mayerhöfer. Sein Heizkessel sei schon alt, sagt der 66-Jährige. „Und<br />

das Öl bringt schlechte Luft ins Haus.“ Aber auch grundsätzlich befürwortet<br />

er erneuerbare energien. Schon über 30 Jahre lang heizt<br />

er sein Warmwasser mit Solarenergie. Würde die Stückholz-Anlage<br />

nicht gebaut, wäre er wahrscheinlich auf Holzpellets umgestiegen,<br />

sagt er.<br />

in der zweiten pilotgemeinde, otterfing <strong>im</strong> Landkreis miesbach,<br />

ist der Arbeitskreis „Lawine“ (Landwirtschaft, Wirtschaft, natur,<br />

energie) schon seit elf Jahren äußerst aktiv. Zwar gab es einige Anfangsschwierigkeiten,<br />

sagt der Vorsitzende der „Lawine“, rudolf<br />

Brenninger. „Aber seit 2003/2004 haben wir eine gute Akzeptanz bei<br />

den Bürgern.“ Die Zusammenarbeit mit der energiewende oberland<br />

gibt dem Arbeitskreis die möglichkeit, sich zu vernetzen. „Wir haben<br />

einen engen Kontakt mit der anderen pilotgemeinde münsing“, sagt<br />

Brenninger.<br />

Die nähe zu den gemeinden ist essenziell für die energiewende<br />

oberland. Denn nur so kann die Bürgerstiftung etwa erfahren, wenn<br />

ein Baugebiet erschlossen werden soll. Und damit könnten die Hausbesitzer<br />

rechtzeitig gefragt werden, ob sie sich einem regionalen<br />

Wärmenetz anschließen wollen.<br />

nun werden in der bayerischen Wirtsstube Listen ausgeteilt, in die<br />

sich interessenten für einen Vorvertrag eintragen sollen. 26 der Anwesenden<br />

entscheiden sich schließlich dafür. Unter ihnen sind auch<br />

ein Kindergarten und ein gasthof. <strong>im</strong> nachhinein stellt sich heraus,<br />

dass die Wärmeabnahme-menge damit ausreichend ist, der investor<br />

wird wohl tatsächlich bauen.<br />

Dass es mit der energieversorgung durch Stückholz problemlos klappen<br />

wird, daran hat Annett Svejkosky keinen Zweifel. Sie kenne den<br />

Betreiber persönlich sehr gut. „Und er ist auf jeden Fall zuverlässig.“<br />

Für die Waldbesitzer unter den Unterzeichnern spielt außerdem eine<br />

Rolle, dass der zukünftige Wärmeversorger das Holz direkt in der Region<br />

ankaufen will.<br />

in der oberbayrischen region sind traditionen fest verwurzelt. Die<br />

menschen sind skeptisch gegenüber großen <strong>Bioenergie</strong>-Anlagen, das<br />

berücksichtigt auch die Bürgerstiftung bei ihrer projektarbeit in der<br />

<strong>Bioenergie</strong>region oberland. „Wir setzen auf einen behutsamen Ausbau.<br />

Die <strong>Bioenergie</strong> soll so dezentral wie möglich in kleinen Anlagen<br />

genutzt werden. Wichtig ist auch, dass die Wertschöpfung den menschen<br />

vor ort zugute kommt“, erklärt elisabeth Kohlhauf. „Wir wollen<br />

wirtschaftliche entwicklung, aber ohne dabei das Landschaftsbild zu<br />

beeinträchtigen.“ nicht zuletzt wegen dieses charakteristischen Landschaftsbildes<br />

ist das oberland ein beliebtes Urlaubsziel. „Wir wollen<br />

den Charme und die identität der region erhalten,“ sagt die Umweltingenieurin<br />

Kohlhauf. „Das oberland soll das oberland bleiben.“<br />

Stefanie reiffert, Freie Journalistin, münchen<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region Oberland<br />

Bundesland: Bayern<br />

Landkreise: Bad Tölz-Wolfratshausen,<br />

Miesbach<br />

Größe: 1.948 km2 Einwohnerzahl: 216.000<br />

Flächennutzung: 51,4 % Wald,<br />

27,6 % Dauergrünland, 1,8 % Ackerland<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

6 Biomasse-HKW (300 - 2.000 MW)<br />

mehrere Hackschnitzel-Heizwerke<br />

einige kleinere Biogasanlagen<br />

Langfristige Ziele:<br />

• Opt<strong>im</strong>ieren v. Rohstoff-Bereitstellung u. Logistik<br />

• Steigern des Wissenstransfers durch Ausbau von<br />

Netzwerken<br />

• Auf-/Ausbau der regionalen Wertschöpfung<br />

• Schaffen regionaler Arbeitsplätze <strong>im</strong> Bereich<br />

<strong>Bioenergie</strong><br />

• Verstärken der Nachfrage nach <strong>Bioenergie</strong>produkten<br />

• Steigern der Produktion biogener Brennstoffe<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Scheitholz, Hackschnitzel, Pellets und Briketts aus<br />

Restholz, Granulat, Presslinge, Pellets, Briketts<br />

aus Grünschnitt, Landschaftspflegematerial, Fermentierungsabfällen,<br />

Laub, Pferdemist, Biogas aus<br />

Garten-/Bioabfällen, Landschaftspflegematerial,<br />

Golfrasenschnitt und Festmist (Trockenfermentierung)<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

Gewinnen von Erfahrungen für den Einsatz geeigneter<br />

Technologien, Verfahren und Strukturen zur<br />

opt<strong>im</strong>alen Nutzung von <strong>Bioenergie</strong> durch Begleitung<br />

von Pilot-/ Modellprojekten anderer Träger,<br />

Knowhow-Transfer in die Region über Kommunikations-<br />

und Marketingmaßnahmen, Aufbau eines<br />

Energie-Kompetenzzentrums<br />

Ansprechpartner/-innen<br />

Name: Elisabeth Kohlhauf, Chiara Kury,<br />

Andreas Scharli<br />

Institution: Bürgerstiftung Energiewende<br />

Oberland<br />

Anschrift: Hans-Urmiller-Ring 17a,<br />

8<strong>25</strong>15 Wolfratshausen<br />

Tel.: 081 71/38 96 08<br />

Fax: 081 71/48 88 26<br />

E-Mail: bioenergieregion@energiewendeoberland.de<br />

Homepage: www.bioenergieregion-oberland.de


60 BIOENERGIE-REGION ACHENTAL<br />

Zeit genug für ein nettes Gespräch mit<br />

Kunden, während das Lieferfahrzeug<br />

Pellets in die Pelletskammer bläst.<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Hackschnitzelproduktion.<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Eröffnung des Biomassehofes am<br />

15. September 2007.<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Ein Bergtal wird autark<br />

Am Rand der Alpen setzt man mehr<br />

und mehr auf Biomasse<br />

Das Achental <strong>im</strong> südlichen Landkreis traunstein in oberbayern<br />

erstreckt sich vom südlichen Chiemsee-Ufer (520 m ü. nn) bis zu den<br />

nördlichen Kalkalpen (1.800 m). Vor rund 15.000 Jahren formte der<br />

Chiemsee-gletscher den flachen talkessel mit großen moorgebieten,<br />

Streuwiesen und Auwäldern entlang der tiroler Achen, die auf einer<br />

Länge von 24 Kilometern das Tal durchfließt. Etwa die Hälfte des<br />

gesamten gebietes ist von Wald bedeckt. traditionell dominieren<br />

Milch- und Forstwirtschaft sowie kleinere Handwerksbetriebe. Wichtiges<br />

Standbein ist seit Jahrzehnten der tourismus.<br />

Das Herz der <strong>Bioenergie</strong>-Region Achental liegt in der Gemeinde<br />

Grassau. Hier entstand bereits 2007 der „Biomassehof Achental“, der<br />

Holzbrennstoffe wie Hackschnitzel, Pellets und Scheitholz aus der<br />

region für die region bereitstellt. Wolfgang W<strong>im</strong>mer, geschäftsführer<br />

der „Biomassehof Achental GmbH & Co. KG“, leitet nun auch<br />

das projekt <strong>Bioenergie</strong>-region, das seine prioritäten auf die für die<br />

Region besonders relevanten Holzhackschnitzel, Agrarpellets und<br />

die dezentrale Biogas-gewinnung legt. Die ehrgeizige Vision ist es,<br />

bis zum Jahr 2020 den energiebedarf der Achental-gemeinden an<br />

Strom und Heizung vollständig aus eigenen regionalen Energiequellen<br />

abzudecken.<br />

Den Ausbau der Wertschöpfungskette für Hackschnitzel von der<br />

Bereitstellung bis zum Verbrauch übern<strong>im</strong>mt der Biomassehof<br />

61 <strong>Bioenergie</strong>-region ACHENTAL<br />

Achental als „public private partnership“. in ihr sind wesentliche<br />

Kooperationspartner wie Waldbesitzer, Dienstleister und Sägewerke<br />

zusammen geschlossen. Von Landschaftspflege-einrichtungen<br />

übern<strong>im</strong>mt der Biomassehof auch material von schwacher Qualität.<br />

Und über den in der region ansässigen Verein „Ökomodell Achental“<br />

unterstützt er die pflanzung traditioneller energiehecken, die<br />

das verfügbare potenzial weiter vergrößern sollen. Ziel <strong>im</strong> Bereich<br />

Hackschnitzel ist die Verdopplung der heutigen Produktionsmenge.<br />

potenzielle Kunden dafür gibt es genug, so hat in grassau ein Fernwärme<br />

Heizwerk vor kurzem seinen Betrieb aufgenommen und <strong>im</strong><br />

Weiler „Winkl“ der gemeinde grabenstätt ein mini-Wärmenetz für<br />

ein Appartementhotel und die umliegenden Liegenschaften. Die gemeinde<br />

Bergen will sogar Kraftstoffe über Holzvergasung herstellen,<br />

eine bislang so gut wie nicht etablierte technik.<br />

<strong>im</strong> Bereich Biogas wird vordringlich auf dezentrale Lösungen gesetzt.<br />

insbesondere den Landwirten soll ermöglicht werden, ihr eigenes organisches<br />

material in Kleinanlagen in Strom und Wärme umzuwandeln.<br />

Schon die gülle von 40 Kühen reicht, um die eigenen gebäude<br />

und Stallungen zu beheizen. Weitere Schwerpunkte sind die Verbesserung<br />

der bestehenden Biogasanlagen bis hin zur treibstoffherstellung<br />

sowie die Verwertung von sonstigem organischen Abfall.<br />

Auch Agrarpellets aus derzeit ungenutzten ressourcen sollen dezentral<br />

in kleinen pelletierungsanlagen produziert werden. Als rohstoff<br />

kommt zum Beispiel mähgut von Schilfflächen am rand von mooren<br />

und Seen in Frage, oder Stroh und obst-maische. Als Abnehmer der<br />

Agrarpellets bieten sich nahe gelegene Liegenschaften an, die allerdings<br />

über geeignete Öfen verfügen müssen.<br />

insgesamt plant die <strong>Bioenergie</strong>-region 15 gipfelprojekte in den verschiedenen<br />

gemeinden des Achentales. Zwölf befassen sich konkret<br />

mit der nutzung von <strong>Bioenergie</strong>. Drei der gipfelprojekte dienen der<br />

präsentation, der information und multiplikation der erfahrungen.<br />

„Der Ausbau zur <strong>Bioenergie</strong>-region Achental wird auch den tourismus<br />

positiv beeinflussen“, betont W<strong>im</strong>mer. Dabei denkt er an Fachbesucher<br />

ebenso wie an normale touristen. Während für erstere eine<br />

Dauerausstellung in den räumen des Biomassehofes eingerichtet<br />

wird, können letztere künftig den erlebnispark marquartstein besuchen,<br />

der in Kürze zu einem <strong>Bioenergie</strong>-erlebnispark umgebaut wird.<br />

Barbara reichenbach, Freie Journalistin, Schleching<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region Achental<br />

Bundesland: Bayern<br />

Landkreise: 7 Gemeinden des Achentals <strong>im</strong><br />

Landkreis Traunstein<br />

Größe: 474 km2 Einwohnerzahl: 29.592<br />

Flächennutzung: 49,6 % Wald, 14,5 % Acker,<br />

27,8 % Grünland, 8,1 % Siedlungsfläche<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

5 Biogasanlagen, 6 % Scheitholzfeuerungen,<br />

3,1 % Hackgut- bzw. Pelletheizungen bei Privatheizanlagen<br />

Langfristige Ziele: Energieautarkie bis 2020<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Hackschnitzel und Pellets, Agrarabfall und Biogas<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

1. Produktion und Vertrieb von Premium-Hackschnitzeln<br />

über den Biomassehof, Effektive und<br />

umfassende Mobilisierung und Verwertung der<br />

regionalen Holzabfälle über den zentralen Biomassehof<br />

2. Entwicklung von Energiehecken, Wiederbelebung<br />

des traditionellen Anbaus von Energiehecken<br />

entlang von Feldgrenzen, Privatgrundstücken<br />

und Bachrainen<br />

3. Verwertung von Hackschnitzel in hocheffizienten<br />

Mini-Wärmenetzen, Aufbau eines<br />

wärme geführten Min-Netzes in einem in sich<br />

geschlossenen historisch gewachsenen Weiler<br />

4. Verwertung von Hackschnitzeln in einem Fernwärmenetz<br />

mit Verstromung, Aufbau eines modular<br />

aufgebauten wärmegeführten Fernwärmenetzes<br />

mit Anbindung einer Verstromung<br />

5. Holzvergasung zur Treibstoff-Gewinnung,<br />

Aufbau einer dezentralen Holzvergasung zur<br />

Produktion von synthetischem Gas<br />

6. Ausbau einer bestehenden Biogasanlage zur<br />

Biogas-Tankstelle<br />

7. Dezentrale Pelletierung von Agrarreststoffen<br />

8. Verwertung von Agrarpellets in dezentralen<br />

Öfen bis 300 kW<br />

Ansprechpartner<br />

Name: Wolfgang W<strong>im</strong>mer<br />

Institution: Biomassehof Achental GmbH & Co.KG<br />

Anschrift: Eichelreuth 20, 83224 Grassau<br />

Tel.: 086 41/69 41 43-0<br />

Fax: 086 41/69 41 43-21<br />

E-Mail: w.w<strong>im</strong>mer@biomassehof-achental.de<br />

Homepage: www.achental.com


62 BIOENERGIE-REGION HOHENLOHE-ODENWALD-TAUBER<br />

Die Landräte Helmut M. Jahn (Hohenlohekreis),<br />

Dr. Ach<strong>im</strong> Brötel (Neckar-<br />

Odenwald-Kreis), Reinhard Frank (Main-<br />

Tauber-Kreis) und der Geschäftsführer der<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region Hohenlohe-Odenwald-<br />

Tauber Sebastian Damm (v.l.n.r.) be<strong>im</strong><br />

Startschuss zum CO 2 -Countdown.<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Hier wird die Energiewende deutlich:<br />

Vor dem abgeschalteten Kernkraftwerk<br />

Obrighe<strong>im</strong> steht heute ein neues<br />

Bio masseheizkraftwerk.<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Ein Energiewald.<br />

Foto: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Drei Kreise –<br />

ein Energiemanagement<br />

Vom Kernkraftwerk zum <strong>Bioenergie</strong>-<br />

Zentrum<br />

es ist genau 7.58 Uhr, als der mann seinen Finger auf den Knopf legt<br />

und langsam nach unten drückt. Dann ist es still. Der reaktor fährt<br />

nach unten, das Atomkraftwerk obrighe<strong>im</strong> <strong>im</strong> neckar-odenwald-<br />

Kreis geht für <strong>im</strong>mer vom netz. 37 Jahre lang hat es mehr als 800.000<br />

menschen mit Strom versorgt. obrighe<strong>im</strong> war der erste kommerziell<br />

betriebene reaktor in Deutschland. Die mitarbeiter sitzen mit hängenden<br />

Köpfen in der Kantine, Bürgermeister roland Lauer ist stiller<br />

Zeuge. „es herrschte ‚Beerdigungsst<strong>im</strong>mung‘“ sagt der obrighe<strong>im</strong>er<br />

Rathauschef später. Das war am 11. Mai 2005.<br />

rund viereinhalb Jahre später wird nicht weit entfernt wieder ein<br />

Knopf gedrückt, doch diesmal strahlen die Beteiligten. Feierlich<br />

starten die drei Landräte Dr. Ach<strong>im</strong> Brötel, Helmut M. Jahn und Reinhard<br />

Frank in rosenberg den Co 2 -Countdown der <strong>Bioenergie</strong>-region<br />

Hohenlohe-Odenwald-Tauber. Bis Mitte 2012 will man zusätzlich<br />

30.000 tonnen Co 2 einsparen, langfristig sogar 100.000 tonnen. Verfolgt<br />

werden kann der aktuelle Stand des Co 2 -Zählers auf der eigenen<br />

internetseite www.bioenergie-hot.de. nicht nur privatbürger sollen<br />

dabei von der <strong>Bioenergie</strong> überzeugt werden, sondern auch kommunale<br />

Einrichtungen, wie das Kreiskrankenhaus in Öhringen (Hohenlohekreis).<br />

Das Krankenhaus ist das erste projekt be<strong>im</strong> Co 2 -Countdown.<br />

Im Gebäude hat man eine neue Holzpelletheizung installiert<br />

und reduziert nun den Co 2 -Ausstoß jährlich um rund 1.000 tonnen.<br />

Die pläne <strong>im</strong> nördlichen Baden-Württemberg sind ehrgeizig. Der<br />

Hohenlohekreis, der Neckar-Odenwald-Kreis und der Main-Tauber-<br />

Kreis wollen zur null-emissions-region werden. Unter dem motto<br />

63 <strong>Bioenergie</strong>-region HOHENLOHE-ODENWALD-TAUBER<br />

„Drei Kreise - ein energiemanagement“ wurde bereits <strong>im</strong> Dezember<br />

2008 ein entsprechendes positionspapier unterzeichnet. Der Co 2 -<br />

Countdown ist nur ein projekt auf dem Weg zur null-emissions-<br />

re gion. Schon in einigen Jahren soll der gesamte private Stromverbrauch<br />

durch erneuerbare energien gedeckt werden. rein rechnerisch<br />

sind bisher der neckar-odenwald-Kreis und der main-tauber-<br />

Kreis schon energieautark. Be<strong>im</strong> Wärmebedarf will man die nutzung<br />

regenerativer energieträger weiter ausbauen und zumindest punktuell<br />

eine 100 %-ige Deckung erreichen.<br />

Der Wirtschaftsfaktor soll dabei nicht nur am rande berücksichtigt<br />

werden, in den Landratsämtern spricht man von einer „kl<strong>im</strong>aschutzbasierten<br />

Wirtschaftsförderungsstrategie“. Denn strukturell stehen<br />

die drei Landkreise vor den gleichen Herausforderungen: Im nördlichsten<br />

Zipfel Baden-Württembergs gibt es fast nur kleine industriebetriebe,<br />

es fehlen gewerbezentren, die region ist strukturschwach.<br />

Dafür hat man riesige forst- und landwirtschaftliche gebiete mit über<br />

4.600 entsprechenden Betrieben. Die Waldgebiete machen rund ein<br />

Drittel der Fläche aus.<br />

„<strong>Bioenergie</strong> spart geld“, sagt Sebastian Damm, der geschäftsführer<br />

der <strong>Bioenergie</strong>-Region H-O-T GmbH. Ein Satz, den man gerade <strong>im</strong><br />

Ländle gerne hört. „es wird nur etwas gemacht, wenn es sich auch<br />

rechnet!“, meint Damm. So spart das Kreiskrankenhaus in Öhringen<br />

mit seiner neuen Holzpelletheizung mehrere tausend Euro <strong>im</strong> Jahr.<br />

„Wir wollen den Leuten zeigen, dass <strong>Bioenergie</strong> mehr als nur eine<br />

Alternative ist“, sagt Damm. inzwischen hat die <strong>Bioenergie</strong>-region<br />

H-O-T in allen drei Landkreisen Regionalbüros eröffnet. In den Landratsämtern<br />

begleiten jeweils zwei mitarbeiter die projekte vor ort.<br />

in osterburken <strong>im</strong> neckar-odenwald-Kreis will man nun sogar einen<br />

ganzen industriepark auf erneuerbare energien umstellen. rund<br />

30 Firmen mit mehr als 600 mitarbeitern sind hier angesiedelt, von<br />

der Autolackiererei bis zum Sportbelag-recycler. Die Unternehmen<br />

sehen in dem projekt nicht nur die Chance Kosten zu senken, sondern<br />

durch ein offensives Umweltbewusstsein durchaus auch einen<br />

<strong>im</strong>agegewinn. Wenn alles klappt, sollen <strong>im</strong> „regionalen industriepark<br />

osterburken“ in spätestens fünf Jahren innovative energiesysteme<br />

für Strom und Wärme aus erneuerbaren energien sorgen.<br />

Ein weiteres Vorzeigeprojekt der <strong>Bioenergie</strong>-Region H-O-T liegt <strong>im</strong><br />

Hohenlohekreis: Das Dorf Siebeneich. Die 205 Einwohner wollen zum<br />

ersten <strong>Bioenergie</strong>dorf <strong>im</strong> nördlichen Baden-Württemberg werden.<br />

Schon jetzt versorgen zwei Landwirte mehrere Wohnhäuser mit<br />

Ener gie, der eine mit einer Holzhackschnitzelanlage, der andere baut<br />

auf seinen Feldern Chinaschilf an. nun plant man in Siebeneich noch<br />

eine Biogasanlage.<br />

Auch das ehemalige Atomkraftwerk obrighe<strong>im</strong> ist mittlerweile ein<br />

mosaikstein auf dem Weg zur null-emissions-region. Auf dem gelände<br />

ist in den Jahren nach dem finalen Knopfdruck ein <strong>Bioenergie</strong>zentrum<br />

entstanden. Und dort, wo Jahrzehnte lang die Fußballmannschaft<br />

des Atomkraftwerks trainiert hat, auf dem Betriebssportplatz,<br />

steht heute ein Biomasseheizkraftwerk.<br />

Daniel Ernst, Redakteur, Heidelberg<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Hohenlohe-Odenwald-Tauber<br />

Bundesland: Baden-Württemberg<br />

Landkreise: Hohenlohekreis,<br />

Neckar-Odenwald-Kreis,<br />

Main-Tauber-Kreis<br />

Größe: 3.207 km2 Einwohnerzahl: ca. 400.000<br />

Flächennutzung: 54 % Landwirtschaftsfläche<br />

(davon 80 % Ackerflächen,<br />

18 % Dauergrünland),<br />

34 % Waldfläche,<br />

11 % Siedlungs- u. Verkehrsfläche<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

Rd. 30 Biogasanlagen,<br />

3 große Biomasseheizkraftwerke (15 MWel),<br />

zahlreiche kleinere Hackschnitzel- oder Pelletanlagen<br />

o.ä.<br />

Langfristige Ziele:<br />

100 % Strom aus Erneuerbare Energien, Ausbau<br />

Wärme, Auslösen von 100 Millionen Euro Investitionen<br />

in Erneuerbare Energien, CO -Einsparung<br />

2<br />

von 100.000 t<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Biogas, Pellets, Hackschnitzel, Nahwärmenetze,<br />

mobile Wärmenutzung, Kurzumtriebsplantagen<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

Schaffung energieautarker Räume hinsichtlich der<br />

Strom- und Wärmeversorgung;<br />

Entkopplung der kommunalen Wärmeversorgung<br />

von fossilen Energieträgern;<br />

Aktivierung nicht genutzter Potenziale (Grünschnitt,<br />

Anbauflächen);<br />

Entwicklung einer Kompetenzregion (u.a. zum<br />

Thema KUP und durchw. Silphie);<br />

Bürger als Lieferant von <strong>Bioenergie</strong>trägern<br />

(Biomasse aus Privathaushalten, Privatwald)<br />

Ansprechpartner<br />

Name: Sebastian Damm<br />

Institution: <strong>Bioenergie</strong>-Region<br />

Hohenlohe-Odenwald-Tauber GmbH<br />

Anschrift: Sansenhecken 1, 74722 Buchen<br />

Tel.: 062 81/90 68 00<br />

Fax: 062 81/90 62 21<br />

E-Mail: info@bioenergie-hot.de<br />

Homepage: www.bioenergie-hot.de


64 <strong>Bioenergie</strong>-region BoDenSee<br />

Besichtigung der Biogasanlage Hof Schönbuch,<br />

welche zum Gesamtkonzept des<br />

<strong>Bioenergie</strong>dorfes Lippertsreute gehört.<br />

Foto: solarcomplex<br />

Heizzentrale Mauenhe<strong>im</strong><br />

Foto: solarcomplex<br />

Kraftwerk Mauenhe<strong>im</strong><br />

Foto: solarcomplex<br />

<strong>Bioenergie</strong>dörfer <strong>im</strong><br />

Halbjahrestakt<br />

Wie ein Bürgerunternehmen die<br />

Energie wende in der Bodenseeregion<br />

vorantreibt<br />

Landwirt Artur martin Jäkle hatte Wärme zu verschenken – denn seine<br />

Biogasanlage blies täglich so viel Energie in die Luft, wie in 500 Litern<br />

Heizöl steckt. „Wir brauchten sogar noch elektrische Energie,<br />

um den Kühler zu betreiben“, sagt der Landwirt, „das war ziemlich<br />

absurd“. Und deswegen setzte er dieser unsinnigen praxis <strong>im</strong> vergangenen<br />

Jahr ein ende.<br />

Jäkle betreibt auf seinem Hof in Schlatt, einem Ortsteil von Hilzingen<br />

<strong>im</strong> Landkreis Konstanz, eine Biogasanlage mit zwei Blockheizkraftwerken.<br />

Doch wie so oft bei Biogasanlagen konnte er die Wärme der<br />

beiden Aggregate auf seinem Hof nur zu einem geringen Teil verwerten.<br />

Und deswegen reifte bald die idee, mit der Wärme per nahwärmenetz<br />

große teile des Dorfes zu beheizen; die ortschaft nämlich<br />

liegt nur wenige hundert Meter vom Hof entfernt.<br />

Die solarcomplex Ag aus dem badischen Singen entwickelte darauf<br />

hin ein entsprechendes Konzept und finanzierte es auch. Im Herbst<br />

2009 konnte dann die Versorgung beginnen: 90 der 100 Hauseigentümer<br />

<strong>im</strong> Dorf entschieden sich für die Biowärme und warfen ihre<br />

Heizung raus – seither kann Schlatt sich <strong>Bioenergie</strong>dorf nennen.<br />

Für solarcomplex – und das ist einmalig in Deutschland – sind solche<br />

<strong>Bioenergie</strong>dörfer inzwischen routine. 2006 realisierte die Firma das<br />

erste <strong>Bioenergie</strong>dorf in mauenhe<strong>im</strong> <strong>im</strong> Landkreis tuttlingen, das<br />

erste seiner Art in Baden-Württemberg. 2008 folgte Lippertreute bei<br />

Überlingen, 2009 kamen Schlatt und außerdem Randegg dran, 2010<br />

65 <strong>Bioenergie</strong>-region BoDenSee<br />

werden Lautenbach (Landkreis Sigmaringen) und 2011 Weiterdingen<br />

(Landkreis Konstanz) folgen.<br />

Damit ist auch die Latte gelegt für die kommenden Jahre: „Unser Ziel<br />

sind künftig zwei <strong>Bioenergie</strong>dörfer pro Jahr“, sagt Bene müller, Vorstandsmitglied<br />

des Unternehmens. Für die Wärmekunden sind die<br />

projekte attraktiv, denn stets wird die Biowärme billiger angeboten<br />

als die fossilen energien.<br />

Vor allem wegen des engagements von solarcomplex wurde die<br />

region Bodensee zur <strong>Bioenergie</strong>-region gekürt; die projektleitung<br />

liegt nun auch in den Händen der <strong>Bioenergie</strong>-Dorf-Experten. Neben<br />

solarcomplex haben aber auch andere Akteure das thema längst<br />

aufgegriffen und beteiligen sich am netzwerk: Die Bodensee-Stiftung<br />

ebenso wie die Stadtwerke radolfzell, die gerade das <strong>Bioenergie</strong>dorf<br />

möggingen realisieren. eine Bürgergesellschaft in Kaltbrunn, einem<br />

ortsteil von Allensbach, will ihr Dorf unterdessen in Zukunft mit<br />

Heu aus der Landschaftspflege heizen, während die Insel Mainau ein<br />

Holzkraftwerk plant.<br />

Dabei steht <strong>im</strong>mer auch die regionale Wertschöpfung <strong>im</strong> Fokus. inzwischen<br />

hat solarcomplex – mittlerweile zur nicht-börsennotierten<br />

Ag umgewandelt – <strong>im</strong> Bodenseeraum schon 58 millionen euro in<br />

saubere energien investiert, den großteil davon in Form von Bürgerkapital.<br />

Das heißt, die gewinne bleiben vor ort, in der region.<br />

es werden auch Solaranlagen auf Dächern oder auf Brachflächen<br />

finanziert, eine der Kernkompetenzen ist jedoch die Umsetzung von<br />

<strong>Bioenergie</strong>dörfern. Die rahmenbedingungen, die es braucht, um ein<br />

projekt rentabel zu realisieren, kann Vorstandsmitglied müller mittlerweile<br />

präzise benennen: Bis zu einem Kilometer weit könne man<br />

die Wärme zum Dorf transportieren. ist die entfernung größer, sei es<br />

sinnvoller, das Biogas per Leitung in den ort zu führen und erst dort<br />

zu verstromen – unbedingt als Biogas, nicht als erdgas, denn die Aufbereitung<br />

ist teuer. notwendig sei ferner, dass sich mindestens die<br />

Hälfte der Häuser an die Nahwärme anschließen lassen.<br />

Weil dies Bedingungen sind, die man in vielen Dörfern vorfindet,<br />

wollen nun <strong>im</strong>mer mehr gemeinden <strong>im</strong> Bodenseeraum auch zum<br />

<strong>Bioenergie</strong>dorf werden. Bis 2011 sei man bereits ausgelastet, sagt<br />

Hanspeter Walz, solarcomplex-Regionalmanager für die <strong>Bioenergie</strong>region<br />

Bodensee. Und auch für 2012 gibt es schon interessenten:<br />

„Wir führen inzwischen eine Warteliste.“<br />

Bernward Janzing, Freier Journalist, Freiburg<br />

<strong>Bioenergie</strong>-Region Bodensee<br />

Bundesland: Baden-Württemberg<br />

Landkreise: Bodenseekreis und Konstanz<br />

Größe: 1.482 km2 Einwohnerzahl: 481.879<br />

Flächennutzung: 7,98 % Gebäude u. Freiflächen,<br />

5,20 % Verkehrsfläche,<br />

52,91 % Landwirtschaftsfläche,<br />

30,87 % Waldfläche<br />

Vorhandene Biomassenutzung:<br />

ca. 60 Biogasanlagen; ca. 35.000 fm/Jahr Brennholznutzung;<br />

Kombinationen dieser beiden Biomassearten<br />

in <strong>Bioenergie</strong>dörfern<br />

Langfristige Ziele:<br />

Bis 2030 Umbau der Energieversorgung weitgehend<br />

auf erneuerbare Energien. Dabei spielt die<br />

<strong>Bioenergie</strong> eine zentrale Rolle: Erweiterung und<br />

Ausschöpfung der regionalen Potentiale; Steigerung<br />

der Effizienz bei der Biogasnutzung; Nachhaltige<br />

Nutzung der <strong>Bioenergie</strong> u.a.<br />

Schwerpunkt Wertschöpfung:<br />

Biogas, Holzhackschnitzel, Pellets,<br />

<strong>Bioenergie</strong>dörfer/-kommunen<br />

Strategien/Leitprojekte:<br />

Kommunikation und Aufklärung; Etablierung eines<br />

Regionalmanagements <strong>Bioenergie</strong>;<br />

bis Projektende: zehn <strong>Bioenergie</strong>dörfer <strong>im</strong> Projektgebiet,<br />

Effizienzsteigerung bei fünf Biogasanlagen<br />

durch Abwärmenutzung, Bildung eines <strong>Bioenergie</strong>-Netzwerkes,<br />

Aufbau zusätzlicher Regionaler<br />

Wertschöpfungsketten, Entwicklung einer regionalen<br />

Nachhaltigkeitsstrategie für die <strong>Bioenergie</strong>nutzung<br />

Ansprechpartner<br />

Name: Hanspeter Walz<br />

Institution: solarcomplex AG<br />

Anschrift: Ekkehardstrasse 10, 78224 Singen<br />

Tel.: 077 31/82 74-<strong>25</strong><br />

Fax: 077 31/82 74-29<br />

E-Mail: walz@solarcomplex.de<br />

Homepage: www.bioenergie-region-bodensee.de<br />

Name: Kromrey, Volker<br />

Institution: Bodensee-Stiftung<br />

Anschrift: Fritz-Reichle-Ring 4,<br />

Tel.: 077 32/99 95-40<br />

Fax: 077 32/99 95-49<br />

E-Mail: volker.kromrey@bodensee-stiftung.org<br />

Homepage: www.bioenergie-region-bodensee.de


66 <strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-regionen <strong>im</strong> porträt 67 <strong>25</strong> <strong>Bioenergie</strong>-regionen <strong>im</strong> porträt<br />

Ausblick<br />

Zu guter Letzt...<br />

Die in dieser Broschüre vorgestellten regionalen Ansätze zeigen,<br />

dass der <strong>Bioenergie</strong>ausbau nicht nur Chancen für den Kl<strong>im</strong>aschutz<br />

und für eine sichere und unabhängige energieversorgung bietet,<br />

sondern auch für die entwicklung des ländlichen raums selbst: Land-<br />

und Forstwirte werden gemeinsam mit privaten oder kommunalen<br />

partnern zu energieversorgern, Kommunen und Stadtwerke übernehmen<br />

wieder Versorgungsaufgaben, die sie bereits abgegeben<br />

hatten. Die Bewohner der gemeinden beteiligen sich vielerorts an<br />

den Umbauprozessen und machen so die erfahrung, ihr Lebensumfeld<br />

aktiv beeinflussen zu können.<br />

Alles in allem gibt es in den <strong>Bioenergie</strong>-regionen einen trend –<br />

vorsichtig noch, aber doch schon deutlich erkennbar – hin zu einem<br />

energieautarken ländlichen raum, verbunden mit einer neuen positiven<br />

Lebensqualität, dort, wo bis vor kurzem häufig noch Strukturschwäche<br />

und perspektivlosigkeit dominierte.<br />

in Folge der begonnenen entwicklung besteht ein großer informationsbedarf.<br />

Die Fnr bringt deshalb als projektträger des BmeLV<br />

neben dem Wettbewerb <strong>Bioenergie</strong>-regionen weitere Angebote für<br />

regionen und Kommunen auf den Weg: mit der internetplattform<br />

www.wege-zum-bioenergiedorf.de und dem Wettbewerb „<strong>Bioenergie</strong>dörfer<br />

2010“ www.bioenergie-dörfer.de werden gezielt<br />

kleinere Kommunen mit geplanten oder bereits umgesetzten alternativen<br />

energiekonzepten angesprochen und gute Ansätze belohnt.<br />

Die regionale <strong>Bioenergie</strong>-Beratung (www.bioenergie-portal.info)<br />

richtet sich direkt an Land- und Forstwirte sowie <strong>im</strong> Bereich energiepflanzen<br />

auch an die breite Öffentlichkeit, um die Akzeptanz und die<br />

effiziente erzeugung und nutzung von <strong>Bioenergie</strong> voranzutreiben.<br />

in den projekten geht es <strong>im</strong>mer auch darum, den <strong>Bioenergie</strong>ausbau<br />

möglichst nachhaltig zu gestalten und ohnehin anfallende, bisher<br />

ungenutzte rohstoffe einzusetzen, um Flächenkonkurrenzen<br />

gering zu halten. Dafür haben die regionen vielfältigste Konzepte<br />

entwickelt, von der grünschnittpelletierung bis hin zur Vergärung<br />

von treibgut an der Küste. Zusätzlich setzen fast alle Förderprojekte<br />

auf eine Kombination mit anderen erneuerbaren energien und auf<br />

maßnahmen zur energieeffizienz und -einsparung. Die wertvollen erfahrungen,<br />

die die regionen mit diesen Ansätzen machen, wollen wir<br />

auch anderen Akteuren weitergeben. So wird die Begleitforschung<br />

ihre Ergebnisse in einem Leitfaden in Form von Handlungsempfehlungen<br />

veröffentlichen. Am ende des Förderzeitraums bietet zudem<br />

ein Abschlusskongress, der allen interessierten personen und regionen<br />

offensteht, gelegenheit, die Förderprojekte kennen zu lernen.<br />

Im bundesweiten Wettbewerb<br />

„<strong>Bioenergie</strong>dörfer 2010“ werden<br />

besonders innovative <strong>Bioenergie</strong>dörfer<br />

prämiert, die die effiziente Nutzung von<br />

<strong>Bioenergie</strong> in hervorragender Weise mit<br />

regionaler Entwicklung verknüpfen.<br />

Foto: Fotolia/Carsten Steps,<br />

Sonja Demmler<br />

mit 210 Bewerbungen war die resonanz auf die Ausschreibung des<br />

Wettbewerbs groß. Viele der nicht ausgewählten Bewerber wollen<br />

ihre ideen und Kooperationsprozesse auch ohne Förderung weiterverfolgen,<br />

dies gaben sie <strong>im</strong> rahmen einer Befragung an. Damit ist<br />

ein teilziel des Wettbewerbs schon jetzt erreicht: möglichst viele<br />

Akteure in ganz Deutschland zur konstruktiven Auseinandersetzung<br />

mit dem thema <strong>Bioenergie</strong> anzuregen.<br />

Lassen auch Sie sich inspirieren! Wir hoffen, dass diese Broschüre<br />

ihnen ein paar motivierende Beispiele dafür geliefert hat.<br />

Herzlichst,<br />

ihre geschäftsstelle des Wettbewerbs „<strong>Bioenergie</strong>-regionen“<br />

bei der Fnr


Herausgeber<br />

Bundesministerium für ernährung,<br />

Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BmeLV)<br />

11055 Berlin<br />

Kontakt<br />

geschäftsstelle Wettbewerb „<strong>Bioenergie</strong>-regionen“<br />

Fachagentur nachwachsende rohstoffe e.V. (Fnr)<br />

Daniela Rätz, Zdenka Hajkova<br />

Hofplatz 1, 18276 Gülzow<br />

Tel.: 0 38 43 / 69 30-2 45<br />

info@bioenergie-regionen.de<br />

www.bioenergie-regionen.de<br />

www.fnr.de<br />

Stand<br />

Juni 2010<br />

Redaktion<br />

Fachagentur nachwachsende rohstoffe e.V. (Fnr)<br />

Autoren:<br />

FNR: Zdenka Hajkova, Nicole Paul, Daniela Rätz; Begleitforschung: Judith Elbe/<br />

Dirk Schubert, Ruth Offermann/ Thilo Seidenberger; externe Autoren: Karsten Bär,<br />

Herrmann Böttiger, Eckart Büxel, Daniel Ernst, Michael Hamacher, Herbert Hofberger,<br />

Maria Horn, Bernward Janzing, Dieter Junker, Frank Kalla, Andreas Kathe,<br />

manfred mohr, Andreas müller, Susanne müller, Denis peisker, Dennis pucher,<br />

Barbara Reichenbach, Stefanie Reiffert, Heike Schwandt, Thorsten Sienk,<br />

Holger Vonberg, Bernd Vorländer, Martin Walther, Sandra Wamers, Heike Wells<br />

Druck und Verarbeitung<br />

www.druckerei-weidner.de, rostock<br />

Gestaltung und Herstellung<br />

www.tangram.de, rostock<br />

Foto-/Bildnachweis<br />

Titel: solarcomplex AG, Kreisverwaltung Cochem-Zell/Edi Reiz, Andreas Birresborn,<br />

Susanne Müller; S. 2 ©istockphoto.com/AVTG; S. 3 BMELV; S. 5 ©istockphoto.com/PeterAustin;<br />

S. 6 BMELV; S. 7 <strong>Bioenergie</strong>-Region Weserbergland plus;<br />

S. 8 oben BMELV, unten Holger Vonberg; S. 10 FNR; S. 15 ©istockphoto.com/foto-<br />

Voyager; S. 66 oben BmeLV, unten Fnr<br />

Weitere Informationen finden Sie <strong>im</strong> Internet unter<br />

www.bmelv.de

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