Gemeindebrief_01_2020_Lebenszeichen_Website
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Fensterblicke Andacht
Der Sonntag, 15. März war für uns und für viele Christen in
Deutschland ein trauriger Tag: Gegen 17.00 Uhr kam die
Mitteilung, dass ab Montag, 16.3. kein Gottesdienst mehr
gehalten werden soll. Ebenfalls ab dem 16.3. musste unser
Kindergarten aufgrund staatlicher Vorgaben gemäß dem
Infektionsschutzgesetz schließen. Die Kinder sollten ab jetzt
zu Hause betreut werden. Unsere Chöre und
Gemeindeveranstaltungen hatten wir schon ausgesetzt.
Alles schien immer härter, öder, trister zu werden, ohne
erkennbaren Hoffnungsschimmer. Die geschlossene
Kirchentür mit dem Hinweis auf Hilfsangebote für
Menschen, die von der Corona-Problematik betroffen sind,
schien dies noch zu unterstreichen.
Diese schweren Gedanken durchzogen mich, als ich kurz
vor dem Beginn des letzten Gemeindegottesdienstes, den
Pfarrer i.R. Rudolf Ranzenberger und der Flötenkreis um
18.00 Uhr als Abendgottesdienst gestalteten, aus dem
Amtszimmerfenster schaute, wie ich es an diesem Tag schon
mehrfach getan hatte.
Doch diesmal blieb mein Blick hängen an einem gelben
Punkt hinter der Holzpalettenbank neben dem
Kircheneingang.
Durch das Zoomobjektiv der Kamera erkannte ich die Blüte
einer Osterglocke.
Eine Osterglocke, vor der Kirche einzeln herausgewachsen
aus einer dichten grünen Vegetation. Eine Osterglocke als
Erinnerungszeichen an Ostern, den Tag, an dem durch die
Auferstehung Jesu die Macht des Todes für immer
zerbrochen ist. Eine Osterglocke, die verkündet, dass es
Hoffnung gibt, die alle trüben Gedanken übersteigt.
Ein Wort des Propheten Jesaja (Jesaja 43, 19) kam mir in den
Sinn:
Gott spricht: „Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es
auf, erkennt ihr’s denn nicht?
Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der
Einöde.“
Derzeit – mitten in der Krise – entdecke ich an vielen
Stellen, dass Neues wächst: Viele entdecken neu, was
wirklich wichtig ist und was nicht! Wir nehmen dankbar die
Menschen wahr, die in Pflegeberufen, im Rettungsdienst,
Feuerwehr und Polizei, im Lebensmittelbereich und der
Versorgungstechnik, oder in der Politik, Wissenschaft und
Forschung unermüdlich daran arbeiten, unsere Gesundheit
zu erhalten. In vielen Großstädten haben Hunderttausende
von Bewohnern eine Minute lang für sie applaudiert! Wo
früher unbedacht geschimpft wurde, wächst jetzt
Dankbarkeit.
Und Menschen lächeln einander aus gebotenem Abstand
zu, statt schweigend aneinander vorbei zu gehen!
Unter dem Eindruck des Gottesdienstverbotes wird auch
die Bedeutung der Kirche und des Gottesdienstes ganz neu
entdeckt.
Auch in unserer Kirchengemeinde wächst derzeit „Neues“:
Ideen sind entstanden, wie wir unseren Glauben leben und
weitergeben können, wie wir als Gemeinde verbunden sein
können, auch wenn wir nicht in der Christuskirche zum
Gottesdienst zusammenkommen können: Gottesdienste im
Internet, Grüße an unsere Kinder via Internet. Viele haben
sich zur Mitarbeit und zum Mitdenken bereit erklärt.
Und: Wir wollen als Kirchengemeinde auch konkret helfen,
wenn Menschen wegen der Corona-Problematik auf
Unterstützung angewiesen sind!
Es gibt viele Hoffnungszeichen, gerade jetzt, wo wir auf
Ostern zugehen! Gott hat einen Weg für uns. Ich bin
gespannt, welche „Wasserströme“ wir noch in der
„Coronawüste“ entdecken werden!
Herzlich grüßt Sie
Ihr Pfarrer
Heinz Geyer
Gemeindebrief 01/2020 "3