Dance for You Magazine 81 (Nov/Dec 2017)
The international dance magazine is dedicated to the dance world. Dance for You is published six times per year in German and English Language. It is our intention to make current dance events transparent and to inform objectively about facts and newest developments. With a unique mixture of topics and a modern, clear appearance, technically competent and understably presented, Dance for You Magazine is read by theatres, dance companies, dancers, choreographers, performers, show business, dance schools, associated clubs, dancewear manufacturers, retailers, dance competitons,dance festivals, agencies, show organziers and more.
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50 DANCEforYOU magazine
Stimmiger Shakespeare-Cocktail
Yuki Moris Ballett am Theater Regensburg startet
mit „Shakespeare Dreams“ erfolgreich in die fünfte Saison
Was passiert, wenn sich zwei Choreografen
des Vehikels Traum bedienen,
um Shakespeares komplexes
Werk zu knacken? Wenn ihr Fokus dabei
nicht auf bekannte Storyboards des berühmten
Dramatikers zielt, sondern sie vielmehr
die Quintessenz seiner unzähligen Arbeiten
im Visier haben?
Urplötzlich bevölkern schwarze Gestalten
mit riesigen Halskrausen die Bühne – per
Zeitmaschine vors Publikum katapultiert. Das
aus seiner Epoche gekickte Kollektiv gibt sich
aufgekratzt und emotionsbetont. Die Tänzer
scheinen innerlich zu brodeln oder etwas
auszukochen. Verschwörerisch nimmt das
tanztechnisch gewiefte Sextett via eindringlichen
Blicken Kontakt zu den Zuschauern
auf. Dazu rauscht eine Scarlatti-Bearbeitung
durch den nebelgeschwängerten Raum. Im
Hintergrund werden Torsos sichtbar. Originelle
Idee, diese zu choreografischen Requisiten
umfunktionierten Kleiderpuppen.
Träume entführen uns in rätselhaft-packende
Welten. Ein dem Unterbewusstsein entrissenes
Universum aus Gedankenfetzen und
Phantasmagorien. Diese inhaltlich mit realistischen
Maßstäben zu begreifen, bleibt bei
„Shakespeare Dreams“ (UA 29.10.) meist unmöglich.
Klar erkenntlich ist aber, dass hinter
dem findigen Schrittmaterial beider Choreografien
konkret Fassbares steht. Anfangs – in
Yuki Moris „Allegoria“ – die gesamte, durch
Intrigen, Liebe, Begehren, Manipulation, Täuschung
oder Machtfragen konditionierte Gefühlspalette
Shakespearescher Charaktere.
„Human“ von Alessio Burani beschäftigt sich
anschließend mit Geschlechterindifferenz.
Die Praxis des elisabethanischen Theaters,
Frauen von Burschen spielen zu lassen, dient
ihm als Aufhänger. Seinen historischen Zugang
unterstreicht musikalisch Henry Purcell.
Der aus Arezzo stammende Tänzer (der 2012
mit Mori nach Regensburg kam) kreierte damit
erstmals ein Repertoirestück für seine
Kompanie.
Unter einem Tuch rekelt sich ein Mädchen.
Als Lucas Roche Machado wie magisch angezogen
aus dem Parkett auf die Bühne kraxelt,
und die Tänzerin mitsamt von der Decke
wallendem Stoff umarmt, muss man unwillkürlich
an Romeo und Julia denken. Später
verteilt sich ein Quartett aus zwei Frauen
und zwei Männern auf Korridore aus luftigen
Gardinen, die zur Projektionsfläche für Intimitäten
werden. Man sieht Gesichter, Füße, die
sich an Rücken reiben, Hände usw. Ihr letztes
Solo tanzt Simone Elliott, die immer wieder in
gruppendynamische Sequenzen eintaucht,
im Stil von Pina Bausch mit ausgebreiteten
Armen im Regen. „Human“ überzeugt aufgrund
seiner starken, imaginären, gut strukturierten
Ästhetik – Gender hin oder her.
Beide Werke dominiert ein exponiert agierendes
Paar. Bei Mori sind dies Simone Elliott
und Alessio Burani. Sie tragen rot. Über zwei
Seitentüren arbeiten sie sich vor. Atmen,
brabbeln, glucksen. Unverständliche Relikte,
die wohl auf Shakespeares wortgewaltigen
Sprachfundus verweisen. Mit jedem Soundwechsel
kommen sie sich körperlich näher. In
unterschiedlichsten Beziehungskonstellationen
wird sich umworben, verführt, betrauert
oder bekämpft.
Der Doppelabend wirkt in Monika Frenz‘
reduziert-traumhafter Ausstattung gefällig
– und kommt zugleich geheimnisvoll-mehrdeutig,
ja mysteriös-doppeldeutig daher.
Spiegelfolien verzerren das Seherlebnis.
Offen ausgetanzte Gesten beflügeln Assoziationen,
weniger augenfällige, im Schutz
von Dunkelheit bzw. der Gruppe ausgeführte
Bewegungen stimulieren die Phantasie. Nach
gut eineinhalb Stunden belohnt tosender
Applaus die Interpreten.
Vesna MLAKAR
Shakespeare Dreams, Allegoria (Ch. Yuki Mori) Foto Bettine Stöß