Nr. 56 - Hersbt 2015
Périgord: die schönsten Gärten Perpignan: Frankreichs katalanische Seele Jura: das Loue-Tal, ein landschaftliches und kulturelles Kleinod Bretagne: Presqu'île de Crozon, Halbinsel der schroffen Kaps und spektakulären Ausblicke Chantals Rezept: les Chouquettes Loiret: Entdeckungen entlang der östlichen Loire
Périgord: die schönsten Gärten
Perpignan: Frankreichs katalanische Seele
Jura: das Loue-Tal, ein landschaftliches und kulturelles Kleinod
Bretagne: Presqu'île de Crozon, Halbinsel der schroffen Kaps und spektakulären Ausblicke
Chantals Rezept: les Chouquettes
Loiret: Entdeckungen entlang der östlichen Loire
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DAS UNABHÄNGIGE FRANKREICH-MAGAZIN <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong> · Herbst <strong>2015</strong><br />
Bretagne<br />
Wildromantische Crozon-Halbinsel<br />
Die schönsten Gärten des<br />
Périgord<br />
Jura<br />
Kunst und Natur im Loue-Tal<br />
Perpignan<br />
Wo Frankreich katalanisch ist<br />
Interview Maren Kroymann und ihre Liebe zu Frankreich<br />
Loire Die ersten Schlösser am Fluss<br />
Wein Im legendären Weinkeller des Hôtel de Paris in Monaco<br />
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EDITORIAL<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
mit dieser und der kommenden<br />
Ausgabe gilt es ein großes Jubiläum zu feiern: zehn Jahre<br />
Frankreich erleben! Als wir im Mai 2005 mit den Vorbereitungen<br />
für ein Magazin über Frankreich begannen,<br />
das wir zum Ende des Jahres zum ersten Mal<br />
in Druck gaben, träumten wir natürlich von<br />
einem Erfolg unseres Vorhabens. Doch<br />
die Zukunft war durchaus ungewiss.<br />
Der Zeitschriftenmarkt war schon<br />
damals hart umkämpft. Als Newcomer<br />
hatte man es sehr schwer, Fuß zu fassen.<br />
Heute, zehn Jahre später, blicken<br />
wir stolz auf die vergangene Zeit<br />
zurück. Die Jahre waren nicht immer<br />
einfach. Die große Weltwirtschaftskrise<br />
2008/2009 ließ die<br />
Werbebudgets der Unternehmen<br />
schmelzen. Außerdem sorgten<br />
technische Veränderungen<br />
für bisher nie dagewesene<br />
Umwälzungen im Medienbereich.<br />
Als wir mit dem Magazin<br />
begannen, waren weder iPhone<br />
noch iPad erfunden. Aus heutiger Sicht<br />
hört sich das an wie eine Geschichte<br />
der Großeltern, aber digitale Medien<br />
spielten damals schlichtweg keine Rolle.<br />
immens.<br />
Außerdem<br />
sind wir nie<br />
unserem Grundsatz<br />
der ersten Stunde untreu<br />
geworden, ein absolut unabhängiges<br />
Magazin zu sein. Leider ist es gerade im<br />
Reisejournalismus immer verbreiteter, dass Reportagen<br />
von Firmen oder Tourismusämtern quasi « gekauft »<br />
werden. Dies widerspricht nicht nur unserem Verständnis<br />
vom Qualitätsjournalismus, wir würden derartige<br />
Reportagen auch privat nicht lesen wollen. Wenn wir<br />
über ein Reiseziel oder ein Produkt, in dieser Ausgabe<br />
zum Beispiel einen Kinderbuchverlag, schreiben, dann<br />
nur, weil wir das Thema spannend finden.<br />
Mit diesem Grundsatz und der Erfahrung<br />
von nunmehr zehn Jahren fühlen wir uns<br />
gut gewappnet für die kommenden Jahre<br />
und Herausforderungen. Intern wird es<br />
zwar eine kleine Veränderung geben:<br />
Der Erfinder des Magazins und jetzige<br />
Verleger, Markus Harnau, wird uns ab<br />
der kommenden Ausgabe verlassen. Ich<br />
bin ihm für die gemeinsamen Jahre dankbar und<br />
dafür, dass ich das Magazin übernehmen und<br />
seine Rolle einnehmen darf. Rechtlich erscheint<br />
Frankreich erleben künftig unter dem Firmennamen<br />
AJC Presse. Inhaltlich wird es dadurch<br />
aber keinerlei Veränderung geben. Das gesamte<br />
Team macht wie gewohnt weiter. Auch für unsere<br />
Abonnenten läuft alles so weiter wie bisher.<br />
Nun dürfen Sie Ihre Sektgläser aus dem Schrank<br />
holen und mit uns anstoßen. Auf die nächsten zehn<br />
Jahre! Viel Spaß bei der Lektüre dieser Ausgabe!<br />
Doch trotz dieser Herausforderungen können<br />
wir Ihnen bis heute Frankreich<br />
näherbringen. Das freut uns<br />
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Titelbild: Les Jardins suspendus de Marqueyssac (Périgord)<br />
Jean-Charles Albert<br />
Chefredakteur<br />
jc.albert@frankreicherleben.de<br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 3
INHALT<br />
Lille<br />
Frankreich heute<br />
Wein · 84<br />
Loiret · <strong>56</strong><br />
Maren<br />
Kroymann · 80<br />
Montblanc-<br />
Tunnel · 78<br />
Périgord · 22<br />
Perpignan · 38<br />
Bretagne · 64<br />
Jura · 44<br />
64 · Crozon-Halbinsel<br />
Nantes<br />
Bordeaux<br />
PARIS<br />
22 · Périgord<br />
Toulouse<br />
38 · Perpignan<br />
54 · Hotel<br />
<strong>56</strong> · Loiret<br />
44 · Loue-Tal<br />
78 · Montblanc-Tunnel<br />
Lyon<br />
Marseille<br />
Unterwegs in Frankreich<br />
84 · Wein<br />
22 Périgord<br />
In den Gärten des Périgord<br />
Immer mehr Reisende begeistern sich für hübsche Parks und<br />
Gärten. Das Périgord ist eine der Regionen Frankreichs, wo<br />
Liebhaber des Grünen ganz besonders auf ihre Kosten<br />
kommen.<br />
38 Perpignan<br />
Frankreichs katalanische Seele<br />
In Frankreichs südlichster Stadt ist man Barcelona nicht<br />
nur geografisch näher als Paris. Das Lebensgefühl ist<br />
bereits stark durch die Gewohnheiten südlich der Pyrenäen<br />
geprägt.<br />
44 Jura<br />
Das Loue-Tal, ein landschaftliches<br />
und kulturelles Kleinod<br />
Viel zu oft lassen Reisende den Jura links liegen. Dabei gibt<br />
es auch in diesem Mittelgebirge Spannendes zu entdecken.<br />
Etwa das Tal der Loue. Eine Reise in eine liebliche Landschaft<br />
und zu den Wurzeln von Gustave Courbet.<br />
54 Hotel<br />
Hôtel Duo, Paris<br />
<strong>56</strong> Loiret<br />
Entdeckungen entlang der östlichen Loire<br />
Wenn es um die Schlösser der Loire geht, konzentrieren sich<br />
die meisten Reisenden auf den Flussabschnitt westlich von<br />
Orléans. Dabei gibt es auch östlich der Stadt viel zu<br />
erkunden.<br />
64 Bretagne<br />
Presqu’île de Crozon, Halbinsel der schroffen<br />
Kaps und spektakulären Ausblicke<br />
An vielen Stellen ist die bretonische Küste schroff und spektakulär.<br />
Auf der Crozon-Halbinsel kann man diese Schönheit<br />
genießen, ohne Massen von Touristen ausgesetzt zu sein.<br />
74 Geschichte<br />
Ein Floß aus Burgund<br />
Als im Umland von Paris die Wälder knapp wurden, musste<br />
für die Versorgung der Hauptstadt mit Brennholz eine Alternative<br />
gefunden werden. Diese fand man im Morvan.<br />
Ungewöhnlich war dabei jedoch, wie man das Holz aus<br />
Burgund nach Paris transportierte.<br />
78 Infrastruktur<br />
50 Jahre Montblanc-Tunnel<br />
Er ist eine der wichtigsten Transitverbindungen durch die<br />
Alpen, die bei ihrer Eröffnung als technische Meisterleistung<br />
gefeiert wurde und 1999 für tragische Schlagzeilen sorgte.<br />
Dieses Jahr feiert der Montblanc-Tunnel seinen<br />
50. Geburtstag.<br />
80 Interview<br />
Maren Kroymann<br />
Die Satirikerin, Schauspielerin, Sängerin und Entertainerin<br />
ist nicht nur eine großartige Künstlerin, sondern auch eine<br />
überzeugte Kämpferin für Frauenrechte. Die Motivation<br />
dafür fand sie allerdings nicht im heimischen Tübingen,<br />
sondern in Paris. Bis heute pflegt Maren Kroymann einen<br />
liebevollen, aber nicht unkritischen Blick aufs Nachbarland.<br />
Art de vivre<br />
84 Wein<br />
Hôtel de Paris, ein Weinparadies<br />
tief unter Monaco<br />
Viele Luxushotels besitzen einen exquisiten Weinkeller.<br />
Doch keiner dieser Weinkeller kann es mit dem des<br />
Hôtel de Paris in Monaco aufnehmen. Bis zu 600.000<br />
Weinflaschen, darunter viele unbezahlbare Raritäten,<br />
lagern 13 Meter unter dem legendären Hotel.<br />
86 Chantals Rezept<br />
Les chouquettes<br />
88 Produkte<br />
l’école des loisirs<br />
In der Serie über typische französische Produkte geht es<br />
dieses Mal um einen Kinderbuchverlag, dessen Werke<br />
sich nicht nur in quasi jedem französischen Kinderzimmer<br />
wiederfinden, sondern der bei seiner Gründung auch<br />
die Welt der französische Kinderliteratur revolutionierte.<br />
3 Editorial<br />
6 On en parle<br />
12 Frankreichkalender<br />
14 On lit<br />
16 On écoute<br />
17 Abonnement<br />
18 On regarde<br />
20 On surfe<br />
90 Nachbestellungen<br />
94 Kulturschock<br />
96 Guéwen a testé<br />
97 Leserbriefe<br />
97 Impressum<br />
98 Vorschau<br />
Frankreich erleben im Internet:<br />
www.frankreicherleben.de<br />
4 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 5
ON EN PARLE<br />
UMFRAGE<br />
Bordeaux<br />
beliebteste<br />
Stadt der<br />
Franzosen<br />
Seit sieben Jahren<br />
befragt das Observa<br />
toire du bonheur<br />
die Franzosen, in welcher<br />
Stadt im Land sie am liebsten leben würden. In der aktuellen Umfrage schafft es die Weinmetropole<br />
Bordeaux mit 19 Prozent der abgegebenen Stimmen auf den ersten Platz im Ranking.<br />
Montpellier folgt mit 15 Prozent und Nantes und Toulouse kommen danach gemeinsam mit<br />
zwölf Prozent auf Platz drei. Die großen Metropolen des Landes schaffen es dagegen nur auf<br />
hintere Plätze. Nur zehn Prozent der Franzosen würden am liebsten in Paris leben (Platz sechs)<br />
und jeweils nur um die vier Prozent in Lille (Platz zehn) und Marseille (Platz elf ).<br />
REGIONALREFORM<br />
POLIZEI<br />
Bärte und Tattoos<br />
für Polizisten<br />
erlaubt<br />
Bisher galt in Frankreich die<br />
Regel, dass Polizisten weder<br />
tätowiert sein noch einen<br />
Bart tragen durften. Nun<br />
wurde diese Verordnung<br />
aus dem Jahr 1974<br />
gelockert. Vielleicht, um sich<br />
volksnäher zu zeigen oder<br />
weil sich die Einstellungen<br />
der Menschen verändert<br />
haben. Was auch immer der Grund sein<br />
mag, seit Juni dürfen Frankreichs Polizisten<br />
auch mit Tattoos und Bärten ihren Dienst<br />
verrichten. Allerdings gibt es unverändert<br />
ein paar Einschränkungen: So müssen die<br />
Bärte sauber, gepflegt, gut geschnitten<br />
und mit der Kleidung und Ausrüstung<br />
kompatibel sein. Tätowierungen dürfen<br />
keine rassistischen, politischen oder<br />
religiösen Aussagen beinhalten und<br />
müssen den laizistischen Charakter der<br />
französischen Republik respektieren.<br />
SCHNAPPSCHÜSSE<br />
Paris bleibt Weltkongresshauptstadt ++ Mit 214 internationalen<br />
Kon gres sen gegenüber 202 in Wien und 200 in Madrid bleibt die französische<br />
Haupt stadt auch 2014 der wichtigste Kongressstandort der Welt.<br />
Bakterium beunruhigt Korsika ++ Das Bakterium « Xylella fastidiosa »,<br />
das bereits in Italien viele Olivenbäume sterben ließ, breitet sich nun auch auf<br />
Kor si ka aus. Bisher gibt es kein Gegenmittel gegen das Feuerbakterium. Infizierte<br />
und gefährdete Pflanzen im Umkreis von Ajaccio wurden deshalb entfernt und<br />
ver brannt. Die Sorge ist trotzdem groß, dass sich die über Insekten übertragene<br />
Krank heit weiter ausbreiten könnte, zumal man inzwischen weiß, dass sie auch<br />
Wein stöcken, Kernobstbäumen und Zitruspflanzen gefährlich werden kann.<br />
Share Economy im Aufwind ++ Nach einer Erhebung von OpinionWay<br />
nutz en 22 Prozent der Franzosen bereits einen Anbieter der sogenannten Share<br />
Eco no my, etwa Airbnb, BlaBlaCar oder Uber. Für Airbnb ist Frankreich sogar der<br />
zweit wich tigs te Markt der Welt geworden.<br />
Ungläubige Franzosen ++ Laut Win/Gallup International ist Frankreich<br />
ein es der atheistischsten Länder der Welt, hinter China, Japan und Tschechien.<br />
Zwar sind noch 70 Prozent der aktuellen Bevölkerung getauft, doch genauso viele<br />
Fran zo sen fühlen sich keiner Religion wirklich zugehörig. Außerdem lassen immer<br />
we ni ger Eltern ihre Kinder taufen.<br />
100 Weingüter in chinesischer Hand ++ Es ist vor allem eine<br />
sym bol trächtige Zahl: 100 Weingüter im Bordelais befinden sich im Eigentum chine<br />
sischer Investoren. Doch trotz dieser auf den ersten Blick hohen Zahl besteht<br />
kein Grund zur Panik vor einem Ausverkauf: Die 100 Weingüter repräsentieren mit<br />
ein er Fläche von 2.000 Hektar nur 1,5 Prozent der Weinanbaufläche des Bordelais.<br />
KULTUR<br />
Musée Raimu<br />
in Marignane<br />
eröffnet<br />
Jules Muraire<br />
(1883-1946), bekannt als Raimu, ist einer der bekanntesten<br />
französischen Schauspieler der 1930er- und 1940er-Jahre.<br />
Er spielte zum Beispiel in den legendären Filmen « Marius,<br />
Fanny et César » und « La Femme de Boulanger » von<br />
Marcel Pagnol mit. In Marignane im Großraum von Marseille<br />
hat nun ein Museum zu seinen Ehren eröffnet. Auf zwei<br />
Etagen wird das Leben des Künstlers nachgezeichnet, von<br />
seinen ersten zarten Versuchen in der Schauspielerei über<br />
die größten Momente seiner Karriere bis hin zu seinem<br />
Intimleben. www.musee-raimu.com<br />
Weltgrößte Weinregion entsteht<br />
Die geplante Fusion der französischen Regionen<br />
hat einen unerwarteten Nebeneffekt für die<br />
Win zer in den derzeitigen Regionen Languedoc-<br />
Rous sil lon und Midi-Pyrénées. Denn durch<br />
den Zusammen schluss der beiden Regionen<br />
entsteht die größte Weinregion der Welt. Bisher<br />
hielt die spanische Region Castilla-La Mancha<br />
diesen Titel. Die Winzer erhoffen sich dadurch<br />
einen Erfolgsschub für ihre Arbeit und eine<br />
Stärkung der Marke « Sud de France ». In der<br />
fusionierten Region, deren Name noch nicht<br />
feststeht, werden auf 273.000 Hektar Wein trauben<br />
angebaut, mit denen mehr als 15 Millionen<br />
Hektoliter<br />
Wein<br />
pro duziert<br />
werden.<br />
SCHULBILDUNG<br />
Abitur gilt<br />
unverändert<br />
als nützlich<br />
Im Juni präsentierten sich<br />
703.500 Kandidaten zur Abiturprüfung.<br />
87,8 Prozent von<br />
ihnen bestanden die Reifeprüfung.<br />
Umfragen zeigen, dass zwei Drittel<br />
der Franzosen das Abitur als wichtig<br />
erachten. Eine Wertschätzung,<br />
die mit zunehmendem Alter sogar<br />
noch größer wird: Während nur 53<br />
Prozent der 18- bis 24-Jährigen<br />
das Abitur als nützlichen Schulabschluss<br />
sehen, teilen 77 Prozent bei<br />
den über 65-Jährigen diese Meinung.<br />
Französischer Konzern schluckt Kamps ++ Der französische System<br />
gastro nomiekonzern Le Duff aus Rennes hat die deutsche Bäckereikette Kamps<br />
einschließlich deren Fabrik in Düsseldorf gekauft. Ziel ist es, den Erfolg von Kamps<br />
weiterzuentwickeln und das Filialnetz auf Nord- und Osteuropa auszudehnen.<br />
Gérard Depardieu anti-ukrainisch ++ Das ukrainische Kulturministerium<br />
hat den bekannten französischen Schauspieler Gérard Depardieu<br />
we gen angeblicher anti-ukrainischer Äußerungen und zu großer Kreml-Nähe auf<br />
eine schwarze Liste gesetzt. Eine Verbannung seiner Filme und ein Einreiseverbot<br />
könn ten mögliche Folgen für ihn sein.<br />
Ab wann ist man reich? ++ Nach einer Umfrage von Odoxa verdienen<br />
fünf Prozent der Franzosen mehr als 4.300 Euro netto im Monat. Ein Drittel der<br />
Befragten sagt aber, dass man schon ab einem Monatsnettoverdienst ab 3.001<br />
Euro reich sei. Beim Immobilienbesitz sind die meisten der Meinung, dass dies ab<br />
einem Wert von 500.000 Euro gelte.<br />
Disneyland vor Louvre und Eiffelturm ++ Nach einer Erhebung<br />
des nationalen Statistikinstituts INSEE steht Disneyland Paris mit knapp 15 Millionen<br />
Be such ern pro Jahr an der Spitze der beliebtesten Kultur- und Freizeiteinrichtungen<br />
des Landes. Danach folgen der Louvre (9,2 Millionen), das Schloss von Versailles (7,5<br />
Millionen), der Eiffelturm (6,7 Millionen) und das Centre Pompidou (3,7 Millionen).<br />
6 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 7
ON EN PARLE<br />
ATLANTIKKÜSTE<br />
Dune du Pilat soll<br />
Staatseigentum<br />
werden<br />
BORDEAUX<br />
Es ist nicht sehr bekannt, aber die mit einer Höhe von 110 Metern, einer<br />
Länge von 2,7 Kilometern, einer Breite von 500 Metern und einer Sandmenge<br />
von 60 Millionen Kubikmetern größte Düne Europas, die Dune du<br />
Pilat an der französischen Atlantikküste südlich von Arcachon, befindet sich<br />
überwiegend im privaten Eigentum. Nur 154 der insgesamt 530 Hektar der Düne<br />
sind in Staatsbesitz. Doch dies soll sich jetzt ändern. Um diese international bekannte<br />
Sehenswürdigkeit, die jedes Jahr von rund zwei Millionen Besuchern bestiegen<br />
wird, für zukünftige Generationen zu bewahren, sollen die privaten Eigentümer<br />
enteignet werden. Sie enthalten dafür eine finanzielle Entschädigung.<br />
WERBUNG<br />
Weniger störende Werbeschilder an Ortseingängen<br />
Im Laufe der Jahrzehnte ist an den Ortseingängen vieler französischer Kommu<br />
nen ein immer dichterer und unübersichtlicherer Wald aus Werbeschildern<br />
ent sta nden, oft wild und ohne Genehmigung aufgestellt. Mit dieser « visuellen<br />
Ver schmutz ung » der Ortsränder soll jetzt Schluss sein. Ein Gesetz, das am<br />
13. Juli in der National versam mlung verabschiedet wurde, sieht vor, dass<br />
der artige Werbeschilder in Kom munen mit weniger als 10.000 Einwohnern<br />
ver boten werden. Ausnahmen bestehen nur für Schilder, die in Abstimmung<br />
mit den Kommunen aufgestellt wurden und den grafischen Vorgaben der<br />
Ge mein de entsprechen. Außerdem können Aus nahme genehmigungen für<br />
Schilder beantragt werden, die auf regionale Spezialitäten, kulturelle Sehenswürdigkeiten<br />
oder temporäre Veranstaltungen hinweisen.<br />
InterContinental<br />
übernimmt<br />
Grand Hôtel<br />
Das vor einigen Jahren aufwendig<br />
renovierte Grand Hôtel gegenüber<br />
dem Grand Théâtre im Herzen<br />
von Bordeaux wird zukünftig von<br />
der Hotelkette InterContinental<br />
bewirtschaftet. Das Haus hofft,<br />
damit nach nicht immer einfachen<br />
Jahren seinen Platz in der Hotellerie<br />
der Stadt zu finden. Das Hotel in<br />
Bordeaux wird das fünfte Hotel der<br />
Marke InterContinental in Frankreich<br />
sein – neben zwei Häusern in<br />
Paris und jeweils einem in Cannes<br />
und Marseille. Die Expansion der<br />
Kette in Frankreich ist damit aber<br />
noch nicht zu Ende: 2018 wird ein<br />
InterContinental im renovierten<br />
Hôtel-Dieu in Lyon eröffnen.<br />
PARIS<br />
Schwimmen in der Seine ab 2024?<br />
Im Rahmen der Bewerbung um die Olympischen Sommerspiele 2024 hat die<br />
Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo, angekündigt, dass der Schwimmpart<br />
des Triathlons in der Seine ausgetragen werden soll. Außerdem ist geplant, dass<br />
nach den Spielen alle Pariser im Fluss baden können. Es ist nicht das erste Mal,<br />
dass ein Pariser Bürgermeister die Seine als Schwimmbad entdeckt. Auch Jacques Chirac, als er<br />
noch Bürgermeister der französischen Hauptstadt und noch nicht Staatspräsident war, kündigte 1988<br />
an, dass er die Seine sauberer machen und 1994 darin schwimmen wolle. Ein Versprechen, das er nie<br />
eingehalten hat. Fakt ist jedoch, dass die Seine immer sauberer wird. Das Schwimmverbot aus dem<br />
Jahre 1923 besteht aber trotzdem unverändert weiter. Vielleicht aber nur noch neun Jahre.<br />
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8 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
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Weine aus Burgund und der<br />
Champagne werden Weltkulturerbe<br />
Seit 18 Jahren bemühen sie sich darum, jetzt haben sie es geschafft: Die Winzer<br />
aus Burgund und der Champagne wurden für ihre Arbeit von der<br />
UNESCO geadelt. Weinanbaugebiete in den beiden Regionen wurden auf<br />
der 39. Welterbekonferenz, die kürzlich in Bonn stattfand, zum Weltkulturerbe ernannt.<br />
Im Falle von Burgund wurden die sogenannten « Climats de Bourgogne »<br />
der Côte de Nuits und der Côte de Beaun südlich von Dijon in die Welterbeliste<br />
aufgenommen. Unter « Climats » versteht man das Zusammenspiel von Reblage,<br />
Bodenbeschaffenheit, Mikroklima und historischer Anbauweise. In der Champagne<br />
zeichnete die UNESCO den besonderen Charakter der Weinberge, Weinkeller<br />
und Weinhäuser aus, insbesondere die historischen Champagnerhäuser rund um<br />
Epernay, die Avenue de Champagne in Epernay sowie die Anhöhe Saint-Nicaise<br />
bei Reims. Große Champagnermarken wie Ruinart, Pommery, Veuve-Clicquot und<br />
Taittinger profitieren davon.<br />
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Bier gebraut. Zu verdanken ist dies Christian Artzner, dem Ur-<br />
Ur-Enkel des einstigen Gründers der Marke. Fast eine Million<br />
Euro hat der Unternehmer dafür in Straßburg investiert. Die<br />
Geschichte dieses Biers, das sich einst großer Beliebtheit<br />
erfreute, kann damit weitergehen.<br />
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LORIENT<br />
Cité de la Voile Eric Tabarly<br />
mit verbessertem Konzept<br />
Obwohl die Cité de la Voile Eric Tabarly im<br />
bretonischen Lorient erst sieben Jahre alt ist, wurde<br />
das Zentrum, in dem sich alles um Hochseesegeln<br />
dreht, komplett überarbeitet und nun mit einem noch<br />
spektakuläreren Ausstellungskonzept wiedereröffnet.<br />
Durch den Einsatz moderner Technik lässt sich jetzt<br />
noch besser nachempfinden, wie sich ein Skipper auf<br />
den einsamen Weiten der Ozeane fühlt.<br />
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FONTAINEBLEAU<br />
Marie-Antoinettes Boudoir fertig restauriert<br />
Es ist nur ein kleiner Raum, gerade einmal zehn Quadratmeter<br />
groß, trotzdem gehört er zu einem der sehens wertesten<br />
Zimmer im Schloss von Fontainebleau: das Boudoir turc von<br />
Marie-Antoinette aus dem Jahre 1777. Die letzten sieben<br />
Jahre lang wurde das Damenzimmer restauriert. Nun ist es<br />
in alter Schönheit wieder für die Öffentlichkeit zugänglich.<br />
Marie-Antoinette zog sich gerne in dieses Schlafgemach zum<br />
Ausruhen zurück. Durch ein ausgetüfteltes System mit Schie bespie<br />
geln konnte das Fens ter ver schlos sen wer den, so dass die<br />
Gemahlin von Ludwig XVI. absolute Intimität genießen konnte.<br />
GENUSS<br />
Tarte Tropézienne auf<br />
Expansionskurs<br />
1955 erfand Alexandre Micka die Tarte<br />
Tropézienne, eine Brioche mit Cremefüllung,<br />
die dank Brigitte Bardot und dem<br />
Film « Und ewig lockt das Weib » zu einem Mythos<br />
von Saint-Tropez wurde. Nun will das kleine<br />
Unternehmen, das das Rezept für dieses Gebäck<br />
wie ein Staatsgeheimnis hütet, nach dem Vorbild<br />
der Cannelés und Macarons neue Märkte erschließen<br />
und geografisch expandieren. Nach einer<br />
Boutique am Flughafen von Nizza eröffnete<br />
man nun zwei Dependancen in der französischen<br />
Hauptstadt: in Saint-Germain-des-Près und im<br />
Carrousel du Louvre. Aber auch außerhalb der<br />
Landesgrenzen sieht man potentielle Kunden:<br />
Eine Verkaufsboutique in London ist bereits in<br />
Planung.<br />
Arts et Vie Malaucène****<br />
im Departement Vaucluse.<br />
Arts et Vie Messanges***<br />
im Departement Landes.<br />
Arts et Vie Plozévet<br />
in der Bretagne.<br />
In der historischen Provence, am Fuß des<br />
mont Ventoux, 9 km von Vaison-la-Romaine<br />
entfernt. Ferienwohnungen auf einem 5 ha<br />
großen Grundstück mit Tennisplatz,<br />
Sauna und Fitnessraum. In der warmen<br />
Jahreszeit Wasserbecken zum Spielen für<br />
Kinder und Erwachsene.<br />
Tel. +33 (0)4 90 12 62 00<br />
E-Mail: malaucene@artsetvie.com<br />
An der südlichen Atlantikküste von<br />
Aquitanien, 20 km von Hossegor und<br />
50 km von Biarritz entfernt. Gemütliche<br />
Ferienwohnungen, 1200 m weit vom<br />
Strand, auf einem 6 ha großen, mit Pinien<br />
bewachsenen Grundstück mit Tennisplatz.<br />
Schwimmbad in der warmen Jahreszeit.<br />
Tel. +33 (0)5 58 48 96 00<br />
E-Mail: messanges@artsetvie.com<br />
25 km von Quimper entfernt, in einer<br />
Gegend gelegen, die immer noch ihre<br />
besondere heimatliche Kultur pflegt.<br />
Sehr komfortable Ferienwohnungen,<br />
1800 m weit vom Strand. Grundstück<br />
von 4,8 ha mit geheiztem Hallenbad,<br />
Tennisplatz und Fitnessraum.<br />
Tel.- +33(0)2 29 40 41 50<br />
E-Mail: plozevet@artsetvie.com<br />
www.artsetvie.com<br />
10 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 11
FRANKREICHKALENDER<br />
Auf keinen Fall verpassen:<br />
Außerdem lohnenswert:<br />
Die Schätze von Andrée Putman<br />
Eine der Großen des modernen französischen Designs<br />
war Andrée Putman (1925-2013). Von 1983 bis 1990<br />
durfte sie die Inneneinrichtung und Ausstattung des<br />
Musée d’Art Contemporain de Bordeaux (CAPC), das<br />
in einem ehemaligen Lagergebäude aus dem 19. Jahrhundert<br />
untergebracht ist, entwerfen. Eine Ausstellung<br />
bringt dieses Wirken nun erstmalig der Öffentlichkeit<br />
näher. Zu den über 1.000 Exponaten gehören viele<br />
Dinge, die normalerweise in den Büros oder anderen<br />
Bereichen des Museums genutzt werden, die nicht<br />
öffentlich sind. Zu sehen gibt es Lampen, Schreibtische,<br />
Tische, Stühle, Regale,<br />
Geschirr und sogar<br />
Sanitäreinrichtungen.<br />
Bei ihrer Arbeit für die<br />
Inneneinrichtung ging es<br />
Andrée Putman vor allem<br />
darum, dass die von<br />
ihr geschaffenen Gegenstände<br />
nicht stören, die<br />
eigentlichen Kunstwerke<br />
des Museums in Szene<br />
zu setzen. Die Ausstellung<br />
findet bis zum 10.<br />
Januar 2016 im CAPC<br />
in Bordeaux statt.<br />
www.capc-bordeaux.fr<br />
Moderne Kunst in tiefer Provinz<br />
Wenn sich kleine Orte zusammentun, können sie Großes schaffen.<br />
Den Beweis dafür treten die 36 Kommunen des Gemeindeverbandes<br />
Gran Pic Saint-Loup nördlich von Montpellier in der Region<br />
Languedoc-Roussillon an. Gemeinsam feiern sie diesen Herbst<br />
die moderne Kunst. Unter dem Titel « Aux bords des paysages,<br />
Métaphores » werden monumentale Kunstwerke in freier Natur<br />
präsentiert. Die Kunst soll damit in Dialog mit der Natur treten. Die<br />
Exponate befinden sich entlang von Wanderwegen, auf Bergpässen,<br />
auf Weinbergen, in klösterlichen Kreuzgängen und in Dörfern.<br />
Sechs zeitgenössische Künstler machen mit: Gaspard und Sandra<br />
Bébié-Valérian, Mehdi Melhaoui, Fabien Mérelle, Thomas Monin<br />
und Mathieu Pilaud. Die Open-Air-Ausstellung läuft bis zum 1. November <strong>2015</strong>.<br />
www.cc-grandpicsaintloup.fr<br />
Trödelmarkt von Lille<br />
Der Trödelmarkt von Lille ist der größte unter<br />
freiem Himmel in Frankreich. Außerdem kann<br />
er auf eine lange Tradition zurückblicken:<br />
Seine Wurzeln reichen bis ins Jahr 1127<br />
zurück! Jedes Jahr kommen für ein Wochenende<br />
2,5 Millionen Menschen in den Norden<br />
Frankreichs. Wenn man jeden der 4.000<br />
Stände aufsuchen wollte, müsste man 100 Kilometer<br />
auf den Bürgersteigen der Metropole<br />
zurücklegen. Doch nicht nur Antiquitäten<br />
und Trödel wechseln den Besitzer. Während<br />
des Trödelmarktes werden auch 500 Tonnen<br />
Muscheln und 30 Tonnen Pommes frites<br />
verspeist. Der Trödelmarkt findet am 5. und<br />
6. September im gesamten Stadtgebiet statt.<br />
www.braderie-de-lille.fr<br />
Techno<br />
Parade<br />
<strong>2015</strong><br />
Während<br />
die Berliner<br />
Love Parade<br />
seit Jahren tot ist, macht die<br />
Techno Parade in Paris seit 1998<br />
unverändert die Straßen der Stadt<br />
zu einer riesigen Diskothek unter<br />
freiem Himmel. Um die 350.000<br />
Techno-Liebhaber strömen dafür<br />
in die französische Hauptstadt. Die<br />
Techno Parade ist das größte Event<br />
elektronischer Musik in Frankreich.<br />
Paris, im Stadtgebiet, 19.09.<strong>2015</strong><br />
www.technoparade.fr<br />
Café,<br />
Coton,<br />
Chocolat<br />
Ab dem 18.<br />
Jahrhundert<br />
explodierte im<br />
Hafen von Le<br />
Havre der Handel<br />
mit Kaffee,<br />
Baumwolle und<br />
Kakao. Jene Zeit wird in der Ausstellung<br />
wieder lebendig. So erfährt man<br />
beispielsweise, dass Le Havre im 19.<br />
Jahrhundert die wichtigste europäische<br />
Kaffeebörse beheimatete, die<br />
noch bis in die 1930er-Jahre hinein<br />
mit der von New York rivalisierte.<br />
Le Havre, Hôtel Dubocage de<br />
Bléville, bis 08.11.<strong>2015</strong><br />
www.lehavretourisme.com<br />
ST-ART<br />
In der Welt<br />
des modernen<br />
Kunsthandels<br />
ist die<br />
Straßburger<br />
Kunstmesse ST-ART längst eine<br />
feste Größe. Dieses Jahr feiert sie ihr<br />
20-jähriges Jubiläum. Sie ist damit<br />
die älteste und wichtigste Messe für<br />
moderne Kunst außerhalb von Paris.<br />
Straßburg, Parc des Expositions,<br />
27. bis 30.11.<strong>2015</strong><br />
www.st-art.fr<br />
Life’s a<br />
Beach<br />
Evian-les-Bains<br />
ehrt die Arbeit<br />
des britischen<br />
Fotografen Martin Parr. Die Ausstellung<br />
besteht aus zwei Fotoserien.<br />
Eine umfasst rund 60 Fotografien, die<br />
sich allgemein mit dem Reisen und<br />
der Freizeit beschäftigen. Die zweite<br />
entstand während eines Sommeraufenthalts<br />
des Fotografen in Evian-les-<br />
Bains und ermöglicht einen aufhellenden<br />
Blick auf die mondäne Kommune<br />
am Südrand des Genfer Sees.<br />
Evian-les-Bains, Palais Lumière,<br />
02.10.<strong>2015</strong> bis 10.01.2016<br />
www.ville-evian.fr<br />
Matisse et la<br />
gravure<br />
Die meisten kennen<br />
Henri Matisse als<br />
Maler und Bildhauer.<br />
Weniger bekannt<br />
ist, dass der Künstler<br />
auch ein talentierter Kunstdrucker<br />
war. Rund 900 Grafiken gehen<br />
auf sein Konto. 80 Bücher wurden<br />
mit seiner Hilfe illustriert.<br />
Le Cateau-Cambrésis, Musée Matisse,<br />
18.10.<strong>2015</strong> bis 06.03.2016<br />
www.museematisse.lenord.fr<br />
Nuit<br />
blanche<br />
<strong>2015</strong><br />
Seit 14 Jahren<br />
verwandelt<br />
sich Paris in<br />
einer Nacht des Jahres in ein überdimensioniertes<br />
Museum unter freiem<br />
Himmel. In der ganzen Stadt gibt es<br />
in dieser Nacht Kunstwerke auf öffentlichen<br />
Plätzen zu entdecken. Dieses<br />
Jahr machen rund 40 Künstler aus<br />
der ganzen Welt mit. Das Thema ist<br />
das Klima. Auch Menschen, die sonst<br />
früh ins Bett gehen, sollten in dieser<br />
Nacht durch die Stadt prominieren.<br />
Paris, im Stadtgebiet, 03.10.<strong>2015</strong><br />
www.paris.fr<br />
Au cœur du<br />
progrès<br />
Das Centre Historique<br />
Minier<br />
in Lewarde im<br />
Departement Pasde-Calais<br />
präsentiert<br />
60 Werke des USamerikanischen<br />
Kunstsammlers John<br />
P. Eckblad. Bei den Exponaten geht<br />
es darum, wie ganz unterschiedliche<br />
Künstler die Umwälzungen durch die<br />
industrielle Revolution verarbeitet haben.<br />
Dadurch wird diese Entwicklung<br />
über zwei Jahrhunderte lang erlebbar.<br />
Lewarde, Centre Historique<br />
Minier, bis 31.12.<strong>2015</strong><br />
www.chm-lewarde.com<br />
Strasbourg<br />
1200-1230<br />
Das kleine<br />
Musée de l’œuvre<br />
Notre-Dame in<br />
Straßburg, das<br />
sich gleich neben<br />
dem berühmten Münster der Stadt<br />
befindet, geht der Frage nach, wie<br />
der Bau des Gotteshauses als erstes<br />
Gebäude im gotischen Stil in der<br />
germanisch geprägten Welt die Architektur<br />
anderer Bauwerke beeinflusste.<br />
So erfährt man, dass der Stil Vorbildcharakter<br />
für die Kathedrale von<br />
Bamberg und die Kirchenfenster von<br />
Sankt-Elisabeth in Marburg hatte.<br />
Straßburg, Musée de l’œuvre Notre-<br />
Dame, 16.10.<strong>2015</strong> bis 14.02.2016<br />
www.musees.strasbourg.eu<br />
12 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 13
ON LIT<br />
SACHBUCH<br />
Der DSK-Prozess<br />
Im Februar <strong>2015</strong> stand Dominique Strauss-Kahn, der<br />
ehemalige Chef des Internationalen Währungsfonds<br />
und einst chancenreicher Anwärter auf das französische<br />
Staatspräsidentenamt, drei Wochen lang in Lille<br />
vor Gericht. Zum zweiten Mal – nach dem Verfahren<br />
gegen ihn in New York wegen der angeblichen Vergewaltigung<br />
eines Zimmermädchens – war dies ein gefundenes<br />
Fressen für die Presse. Gemeinsam mit 13 weiteren Angeklagten<br />
ging es um Sexpartys und den Vorwurf der<br />
Zuhälterei. Die Berichterstattung erinnerte dabei zum<br />
Teil an US-amerikanische Seifenopern. Das Gericht sah<br />
sich deshalb sogar genötigt, darauf hinzuweisen, dass es<br />
COMIC<br />
Weihnachten mit<br />
dem kleinen Nick<br />
Dieses Jahr ist der Weihnachtsmann<br />
knapp bei<br />
Kasse. Doch zum Glück<br />
hat er den kleinen Nick. Der<br />
schreibt ihm, wo er überall sparen<br />
soll, damit Nick und seine Freunde<br />
zu Weihnachten<br />
ganz bestimmt<br />
nicht leer ausgehen.<br />
Goscinny & Sempé:<br />
Weihnachten mit<br />
dem kleinen Nick •<br />
Diogenes •<br />
ISBN: 978-3257011807<br />
nicht die Aufgabe der Justiz<br />
sei, über die Moral zu<br />
richten, sondern darüber,<br />
ob gegen Gesetze verstoßen<br />
wurde. Während Kameras<br />
und Fotoapparate bei<br />
derartigen Verhandlungen<br />
verboten sind, durften<br />
Journalisten und Zeichner dem Prozess beiwohnen. So<br />
wird das Gericht im Zeitalter der Digitalisierung zum<br />
Königreich für Bleistift und Kugelschreiber. Originalzeichnungen<br />
von diesem Prozess mit begleitenden Texten<br />
einer Journalistin der Tageszeitung Le Monde sind nun als<br />
Buch erschienen. Dadurch erhält man einen umfassenden<br />
Einblick in den Ablauf des Verfahrens.<br />
François Boucq & Pascale Robert-Diard: Le Procès Carlton • Editions du Lombard • ISBN: 978-2803636358<br />
Ein Klassiker der französischen<br />
Moderne erstmals auf Deutsch<br />
Die 1920er-Jahre in Paris: Dieudonné Crouzon, ein<br />
Student aus einfachen Verhältnissen, muss nach<br />
einem Skandal die Stadt verlassen. Unendlich<br />
gedemütigt geht er in die Provinz, um dort neu<br />
anzufangen. Hier arbeitet er sich wieder hoch und kehrt als<br />
Abgeordneter zurück in sein geliebtes Paris.<br />
KRIMI<br />
Mord in Monaco<br />
ROMAN<br />
Jean Prévost: Das Salz in der Wunde •<br />
Manesse Verlag Zürich • ISBN: 978-3717523383<br />
Formel-1-Rennen in Monaco: Während die Piloten<br />
über die Strecke rasen, wird in den Bergen die Ehefrau<br />
eines deutschen Rennfahrers überfallen und ihr kleiner<br />
Sohn erschlagen. Kommissarin Coco Dupont, frisch aus<br />
Toulouse nach Monaco versetzt, übernimmt den Fall. Es<br />
ist der erste Krimi der TV-Moderatorin Jule Gölsdorf, die u.a. für<br />
n-tv das 24-Stunden-Rennen von Le Mans moderiert.<br />
Jule Gölsdorf: Mörderisches Monaco •<br />
Aufbau Taschenbuch Verlag • ISBN: 978-3746631318<br />
COMIC<br />
Der berühmteste<br />
Urlauber Frankreichs<br />
Monsieur Hulot ist die bekannteste<br />
Figur von Jacques Tati<br />
(1907-1982), der selbst einer<br />
der berühmtesten Filmemacher Frankreichs<br />
ist. Die Spaziergänge des Monsieur<br />
Hulot am Strand von Saint-Marc-sur-Mer in der<br />
Nähe von Saint-Nazaire sind geradezu ein Mythos geworden.<br />
Dort drehte Jacques Tati 1953 den Film « Les<br />
Vacances de Monsieur Hulot ». In diesem Comic, der<br />
ganz ohne Sprechblasen auskommt, denkt sich der<br />
Zeichner David Merveille aus, wie Monsieur Hulot an<br />
dem Strand auf einen kleinen Jungen trifft.<br />
David Merveille d’après Jacques Tati: Monsieur Hulot à la<br />
plage • Editions du Rouergue • ISBN: 978-2812607530<br />
KRIMI<br />
Wenn der<br />
Lavendel<br />
schwarz wird<br />
Sophie Bonnet (Pseudonym<br />
einer deutschen Autorin)<br />
lebt mit ihrer Familie in Hamburg. In der von<br />
ihr geschaffenen Krimireihe verbindet sie ihre<br />
Liebe zur Provence mit ihrer Leidenschaft für<br />
die französische Küche. Im zweiten Krimi zeigt<br />
sie, dass sich selbst hinter der Schönheit des<br />
Lavendels dunkle Machenschaften verstecken<br />
können.<br />
Sophie Bonnet: Provenzalische Geheimnisse •<br />
Blanvalet • ISBN: 978-3764505394<br />
KRIMI<br />
Ein Fall zwischen<br />
Schein und Sein<br />
Am malerischen Fluss Belon, dort, wo<br />
weltberühmte Austern gezüchtet werden,<br />
entdeckt eine eigensinnige alte Filmdiva<br />
kurz vor Ostern die Leiche eines Mannes.<br />
Nur wenig später erreicht Kommissar Dupin<br />
ein Anruf aus den sagenumwobenen<br />
Hügeln der Monts d‘Arrée. Auch dort wurde<br />
ein Toter gefunden... Jean-Luc Bannalec<br />
ist das Pseudonym eines<br />
Autors, der in Deutschland<br />
und im südlichen Finistère<br />
zu Hause ist.<br />
Jean-Luc Bannalec:<br />
Bretonischer Stolz •<br />
Kiepenheuer & Witsch •<br />
ISBN: 978-3462048131<br />
KOLLEKTIVBIOGRAFIE<br />
Der jüdische Mai<br />
in Paris 1968<br />
Drei jüdische Aktivisten spielten<br />
im Umfeld des Pariser Mai<br />
eine wichtige Rolle: Daniel<br />
Cohn-Bendit, Pierre Goldman und<br />
André Glucksmann. Sebastian Voigt<br />
zeichnet die Lebenswege dieser drei<br />
Männer im Nachkriegsfrankreich nach<br />
und öffnet den Blick zurück auf die Elterngeneration.<br />
Die Rückschau führt in<br />
die Lebenswelten der als Immigranten<br />
und Flüchtlinge aus Deutschland, Polen und dem Habsburger<br />
Reich kommenden Juden.<br />
Sebastian Voigt: Der jüdische Mai ’68 • Verlag<br />
Vandenhoeck & Rupprecht • ISBN: 978-3525370360<br />
Bücher in deutscher Sprache: · Bücher in französischer Sprache: = leicht verständlich, = mittleres Niveau, = für Fortgeschrittene<br />
14 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 15
ON ÉCOUTE<br />
CHANSON<br />
Francis Cabrel: In extremis<br />
Francis Cabrel lässt sich nicht hetzen. Wenn er ein<br />
neues Album macht, nimmt er sich dafür die Zeit,<br />
die er für notwendig hält. « In extremis » ist diesbezüglich<br />
keine Ausnahme. Dafür kann sich das Ergebnis<br />
sehen lassen. Wie oft bei Künstlern mit einem sehr ausgeprägten<br />
Stil, erinnert die Musik einige Zuhörer sicherlich<br />
an Stücke, die man meint, so schon einmal gehört zu haben.<br />
Positiv gesehen ist Francis Cabrel aber einfach nur<br />
sich selbst treu geblieben. Außerdem gibt es auf diesem<br />
Album durchaus Neues zu entdecken. So kommt das erste<br />
Lied auf dem Album, « Dur comme fer », sehr rockig daher,<br />
was für Francis Cabrel eher unüblich ist. Inhaltlich geht es<br />
in dem Stück darum, dass der Sänger sich von den Wahlversprechen<br />
von<br />
François Hollande<br />
betrogen fühlt, ohne<br />
den Staatspräsidenten<br />
dabei namentlich<br />
zu nennen.<br />
Thematisch geht es<br />
ansonsten um die<br />
Liebe, um die Zeit,<br />
die vergeht, oder um<br />
Jesus Kreuzigung.<br />
Wer diesem neuen Album lauschen will, sollte nicht bei<br />
den üblichen Streaming-Anbietern danach suchen. So wie<br />
einige andere bekannte Künstler lehnt Francis Cabrel diese<br />
Dienste ab, da sie nach seiner Meinung die Künstler um<br />
ihren Verdienst bringen. Seine Musik ist beim Streamen<br />
deshalb nicht zu finden.<br />
Ihre Vorteile:<br />
im Abonnement – für Sie und Ihre Freunde !<br />
Sie zahlen nur € 4,98 anstatt € 5,90 pro Heft<br />
(Deutschland) und sparen über 15% !<br />
Sie bekommen jedes Heft portofrei<br />
bequem nach Hause geliefert !<br />
Sie versäumen keine Ausgabe mehr !<br />
Sie haben kein Risiko, denn das Abonnement<br />
ist nach einem Jahr jederzeit kündbar !<br />
CHANSON<br />
Pierre Lapointe: Paris tristesse<br />
WELTMUSIK<br />
Pierre Lapointe ist ein Kompositeur,<br />
Songwriter und Sänger aus der<br />
kanadischen Provinz Quebec. Der<br />
34-Jährige ist ein blühender Kämpfer<br />
für die französische Sprache. Seine<br />
Lieder sind voller Poesie und Humor. In<br />
Frankreich wurde Pierre Lapointe letztes<br />
Jahr dank seiner Teilnahme am großen<br />
Sommerfestival « Les Francofolies » in La<br />
Rochelle bekannter. Außerdem moderiert<br />
er seit letztem Sommer eine tägliche<br />
Kolumne über Musik im französischen<br />
Radiosender France Inter. Das neue Album<br />
« Paris tristesse » vereint Lieder älterer<br />
Alben von ihm, die er neu und intimer<br />
interpretiert, sowie drei Stücke von Charles<br />
Aznavour, Barbara sowie Léo Ferré, drei<br />
Künstler,<br />
die für ihn<br />
Vorbilder<br />
für seine<br />
eigene<br />
Musik sind.<br />
Jean-Efflam Bavouzet &<br />
François-Frédéric Guy:<br />
Transcriptions for two pianists<br />
Magic System: Radio Afrika<br />
Die Gruppe Magic System besteht aus vier<br />
Mitgliedern: A’Salfo, Manadja, Goudé und Tino,<br />
alle von der Elfenbeinküste stammend. Ihren ersten Erfolg in Frankreich<br />
hatten die vier mit ihrem Hit « Premier Gaou », der 1999 erst relativ<br />
unbeachtet herauskam, 2002 durch einen Remix von Bob Sinclair aber<br />
einen großen Erfolg feierte. Das neue Album ist eine Hommage an<br />
afrikanische Musik. Mit dabei sind auch Interpretationen von Liedern<br />
von Cesaria Evora, Alpha Blondy und Johnny Clegg & Savuka.<br />
KLASSIK<br />
Die beiden bekannten französischen Pianisten<br />
spielen Transkriptionen für Klaviere von<br />
Orchesterwerken, die aus dem Jahre 1913 stammen. Sie hatten dafür<br />
die Wahl, entweder vierhändig auf einem Piano oder auf zwei Klavieren<br />
zu spielen. Sie entschieden sich für die letzte Option. Das Album ist eine<br />
Hommage an die klassische Musik aus dem letzten Jahrhundert.<br />
Werbecode: <strong>56</strong>/15<br />
Vorname / Name<br />
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PLZ<br />
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hiermit bestelle ich ein<br />
Abonnement von Frankreich<br />
erleben zum Vorzugspreis.<br />
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Ich bestelle das Abonnement für mich selbst und zahle für ein Jahr<br />
(4 Ausgaben) nur 19,90 € anstatt 23,60 € im Zeitschriftenhandel<br />
(Deutschland). In Österreich kostet das Abonnement 21,90 € anstatt<br />
26,00 € und in der Schweiz 33,90 CHF anstatt 38,40 CHF.<br />
Alle anderen Auslandsabonnements kosten 26,90 €. Das Abonnement<br />
läuft zunächst für ein Jahr und verlängert sich danach automatisch.<br />
Es ist nach dem ersten Jahr jederzeit kündbar.<br />
<br />
Ich möchte das Abonnement zu den oben genannten Preisen verschenken.<br />
Entscheidend ist dabei der Wohnort des Beschenkten.<br />
Ich erhalte eine Auftragsbestätigung und einen Geschenkgutschein,<br />
den ich dem Beschenkten übergeben kann. Das Abonnement<br />
endet nach einem Jahr (4 Ausgaben) automatisch. Das Abonnement<br />
soll erhalten:<br />
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Kartennummer Gültig Monat/Jahr Prüfziffer<br />
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ziehen Sie bitte von meinem Bankkonto ein<br />
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Ich ermächtige die AVZ GmbH, Storkower Straße 127a, 10407 Berlin,<br />
Gläubiger-Identifikationsnummer DE39Z0200000080844 wiederkehrende<br />
Zahlungen von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen.<br />
Die Mandatsreferenz wird mir gesondert mitgeteilt.<br />
16 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
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schriftlich ohne Angabe von Gründen widerrufen werden.
ON REGARDE<br />
DRAMA<br />
Wenn eine Lehrerin Berge versetzt<br />
Die elfte Klasse des Léon-Blum-Gymnasiums im<br />
Pariser Vorort Créteil ist im wahrsten Sinne des<br />
Wortes vielfältig. Allerdings wissen viele der<br />
Schüler, dass sich der Rest der Welt nicht für sie interessiert.<br />
Als die engagierte Lehrerin Anne Gueguen die Klasse<br />
übernimmt, begegnen ihr deshalb viel Unwille und Provokationslust.<br />
Doch die kluge Frau versteht es, mit geschickten<br />
Fragen die Muster der Jugendlichen zu durchbrechen.<br />
Außerdem meldet sie die Klasse bei einem renommierten,<br />
nationalen Schülerwettbewerb an. Damit und<br />
mit großer Beharrlichkeit gelingt es ihr, die Schüler in eine<br />
gemeinsame Aufgabe zu verwickeln. Obwohl sich die meisten<br />
noch nie mit Geschichte befasst haben, entdecken die<br />
Jugendlichen plötzlich, dass vergangene<br />
Schicksale auch ihnen<br />
viel zu erzählen haben. Die<br />
Klasse beginnt eine Reise in die<br />
Vergangenheit, die sie schließlich<br />
zu einer echten Gemeinschaft<br />
formt... Obwohl dieser<br />
Film mit begrenzten finanziellen<br />
Mitteln gedreht werden musste<br />
und kein großes Werbebudget hatte, wurde er dank Mundzu-Mund-Propaganda<br />
in Frankreich zu einem großen Erfolg.<br />
Es ist einer dieser raren Überraschungserfolge, die es<br />
nur alle paar Jahre gibt.<br />
Die Schüler der Madame Anne • Frankreich 2014, 105 min • Originaltitel: Les héritiers • Ein Film von Marie-Castille<br />
Mention-Schaar mit Ariane Ascaride, Ahmed Drama, Noémie Merlant u.a. • Kinostart: 5. November <strong>2015</strong><br />
TRAGIKOMÖDIE<br />
Wenn Geschlechterrollen<br />
hinterfragt werden<br />
« Man wird nicht als Frau geboren, man<br />
wird dazu gemacht », schrieb einst<br />
Simone de Beauvoir. Die berühmte<br />
Schriftstellerin, Philosophin und Feministin<br />
würde den jüngsten Film von François<br />
Ozon, der jetzt auf DVD erschienen<br />
ist, sicherlich mit großem Interesse<br />
anschauen. Der Regisseur versteht es,<br />
mit großer Sensibilität der Frage der sexuellen Identität nachzugehen.<br />
Er erzählt dafür die Geschichte von Claire, die ihrer besten Freundin<br />
Laura verspricht, sich nach ihrem Tod um ihren Mann und das Baby zu<br />
kümmern. Durch einen Zufall entdeckt Claire dabei jedoch, dass der<br />
Witwer sich gerne in Frauenkleider wirft und so dem Kind gleichzeitig<br />
Vater und Mutter sein will. Erst wendet sie sich geschockt ab. Bald aber<br />
empfindet sie eine Faszination für den Mann, der auch gerne Frau<br />
sein möchte und trotz allem Mann bleibt, und bringt ihre eigene Ehe in<br />
Gefahr.<br />
Eine neue Freundin • Frankreich 2014, 104 min • Originaltitel: Une<br />
nouvelle amie • Ein Film von François Ozon mit Romain Doris,<br />
Anaïs Demoustier, Raphaël Personnaz u.a. • Sprachen: deutsch/<br />
französisch, Untertitel: deutsch • Ab 18. September <strong>2015</strong> im Handel<br />
DRAMA<br />
Wenn einen die<br />
Vergangenheit einholt<br />
Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere soll Marie<br />
Enders in einer Neuauflage eines Stückes<br />
mitwirken, mit dem sie vor 20 Jahren berühmt<br />
wurde. Damals spielte sie die Rolle der Sigrid,<br />
einer jungen, verführerischen Frau, die eine<br />
betörende Wirkung auf ihre Chefin Helena<br />
ausübt und diese schließlich in den Selbstmord<br />
treibt. Auf Wunsch des Regisseurs soll Marie<br />
dieses Mal jedoch die Rolle der älteren Helena<br />
übernehmen. Die Rolle der Sigrid ist in der<br />
Neuinszenierung des Stücks für ein junges<br />
Hollywood-Sternchen vorgesehen, das zu<br />
Skandalen neigt und nichts an sich heranlässt.<br />
Maria muss damit zurechtkommen, dass ihr die<br />
junge Frau ein aufreibendes Spiegelbild vor<br />
Augen hält...<br />
Die Wolken von Sils Maria • Frankreich/Schweiz/<br />
Deutschland, 160 min<br />
• Originaltitel: Sils<br />
Maria • Ein Film von<br />
Olivier Assayas mit<br />
Juliette Binoche, Kristen<br />
Stewart, Chloë Grace<br />
Moritz u.a. • Sprachen:<br />
deutsch/französisch,<br />
Untertitel: deutsch •<br />
Ab sofort im Handel<br />
Städte am Meer –<br />
Marseille<br />
DOKUMENTATION<br />
Louis XIV – König<br />
der Künste<br />
Anlässlich des 300. Todestages<br />
von Ludwig XIV. (5. September<br />
1638 – 1. September 1715) hinterfragt<br />
der Dokumentarfilm die Beziehung<br />
des Sonnenkönigs zu den Künsten und ihren<br />
führenden zeitgenössischen Vertretern. Die Dokumentation<br />
zeigt, wie Ludwig XIV. sämtliche Kunstgattungen<br />
zur Verherrlichung der eigenen Person nutzte,<br />
im Gegenzug aber auch seine ganze Macht in den<br />
Dienst der Kunst stellte und so die Ästhetik der damaligen<br />
Epoche nachhaltig beeinflusste. Ein ebenso persönliches<br />
wie politisches Porträt eines Herrschers und<br />
Kunstliebhabers.<br />
DOKUMENTATION<br />
Samstag, 29. August <strong>2015</strong>, 20.15 Uhr<br />
Städte am Meer sind Tore zur Welt. Ob<br />
Marseille, Hongkong, Hamburg, Sankt Petersburg oder Melbourne – alle diese<br />
Hafenstädte sind zutiefst geprägt von ihrer maritimen Lage und seit jeher eng<br />
verbunden mit Entdeckergeist und Abenteuerlust. In der vierten Folge der<br />
fünfteiligen Dokumentationsreihe wird Marseille mit dem neugierigen Blick<br />
eines Fremden durchstreift.<br />
Donnerstag, 10. September <strong>2015</strong>, 19.30 Uhr<br />
DOKUMENTATION<br />
Schlemmen mit<br />
Gérard Depardieu<br />
Gérard Depardieu ist nicht nur einer der<br />
berühmtesten französischen Schauspieler,<br />
sondern auch ein großer Feinschmecker.<br />
In Begleitung eines Chefkochs macht sich<br />
Depardieu auf eine Reise quer durch Europa.<br />
In der Bretagne, in Schottland und Italien sowie<br />
im Baskenland<br />
drehen sich alle<br />
Begegnungen<br />
und Diskussionen<br />
um Genuss, Kino<br />
und Kultur.<br />
Montag bis Freitag,<br />
12. bis 16. Oktober <strong>2015</strong>, 19.30 Uhr<br />
FILMREIHE<br />
Claude Berri<br />
Drei Wochen lang widmet ARTE<br />
dem preisgekrönten französischen<br />
Produzenten, Schauspieler,<br />
Drehbuchautor und Regisseur<br />
Claude Berri eine Filmreihe mit fünf<br />
seiner Meisterwerke: « Der alte Mann<br />
und das Kind », « Papas Kino », « Am<br />
Rande der Nacht », « Laura wirbelt<br />
Staub auf » und « Ein Moment der<br />
Verwirrung ».<br />
9. bis 21. September <strong>2015</strong><br />
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18 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 19
ON SURFE<br />
FOTOGRAFIE<br />
Der Montblanc als riesiges Bild<br />
Die beiden Italiener Filippo Blengini und Alessandra Bacchilega<br />
sind leidenschaftliche Fotografen und lieben den Montblanc.<br />
Nun haben sie beide Herzensangelegenheiten miteinander<br />
verbunden und eine verrückte Idee verwirklicht: Sie haben<br />
das weltgrößte Bild von dem höchsten Berg des westlichen Europas<br />
gemacht. Um dieses zu realisieren, haben sie mit Hilfe eines Stativs,<br />
das auf einer Höhe von 3.500 Metern stationiert wurde, von der gleichen<br />
Stelle aus 70.000 Bilder mit unterschiedlichen Zoomeinstellungen<br />
vom Berg gemacht. Anschließend benötigten sie zwei Monate,<br />
um die einzelnen Bilder mit Hilfe eines Computers zu bearbeiten<br />
und zu einem einzigen großen Bild zusammenzufügen, das mit<br />
einer Auflösung von 365 Gigapixeln das größte Bild der Welt ist.<br />
Zum Vergleich: Würde man das Bild mit einer Auflösung von 300<br />
dpi drucken, wie etwa diese Zeitschrift, wäre es so groß wie ein Fußballfeld.<br />
Beide haben das Bild anschließend im Internet veröffentlicht.<br />
Dadurch kann man kleinste Details erkennen und den Berg so<br />
detailliert sehen wie nie zuvor.<br />
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MOBILITÄT<br />
Mitfahrgelegenheiten<br />
auf dem Wasser<br />
Carsharing und Mitfahrzentralen sind für die<br />
Au to mobilität bereits lang bewährte und weit<br />
ver breitete Konzepte. Nun wurde das Prinzip auf<br />
den Schiffsverkehr übertragen. Freizeitkapitäne,<br />
die auf ihrem Boot noch Platz für Mitreisende<br />
ha ben, können sich an Reisende wenden,<br />
die Lust auf die gleiche Strecke verspüren.<br />
Im Ge gen zug beteiligen sich diese an den<br />
Unkosten für den Törn. Zurzeit gibt es dieses<br />
neue Angebot nur für die<br />
Gewässer in der Bre tag ne.<br />
Es ist aber zu ver muten,<br />
dass bald an dere Was sersportreviere<br />
im Land fol gen<br />
werden.<br />
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SUCHMASCHINE<br />
Die französische Alternative zu Google<br />
Google hält in Frankreich im Bereich der Suchmaschinen einen Marktanteil<br />
von 92 Prozent, noch mehr als in den USA, wo es der Internetriese nur auf 68 Pro -<br />
zent schafft. Doch nicht nur wegen dieser Monopolstellung wächst der Un mut<br />
gegenüber dem Konzern. Auch der Umgang des Unternehmens mit den Nutzer -<br />
daten erzürnt die Gemüter. Deshalb setzt ein französischer Mit be we rber, die<br />
Such maschine Qwant, zum Angriff an. Qwant hat sich zum Ziel gesetzt, die europäische<br />
Alternative zu Google zu werden. Deshalb holte man andere euro päische<br />
Akteure mit ins Boot. Der deutsche Axel Springer Verlag beteiligte sich gerade mit<br />
20 Prozent an dem Unternehmen. Im Gegensatz zu Google ver pflich tet sich Qwant<br />
zum Schutz der Pri vat sphäre der Nutzer. Außerdem lau fen die Suchanfragen über<br />
Server in Eu ro pa. Re sul tate werden nach ihrer<br />
Bedeutung für den Such auf trag angezeigt und<br />
nicht danach, ob ein Unter nehmen ein Ergebnis<br />
gesponsert hat. Außer dem sucht Qwant auch in<br />
sozialen Netz werk en nach Er gebnissen.<br />
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20 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich ist<br />
eine beliebte<br />
Destination für Wohnmobilfans. Eine<br />
neue interaktive Karte macht das<br />
Reisen mit dem Campingfahrzeug<br />
nun noch leichter. 35.000 Orte<br />
von Interesse sind darauf<br />
verzeichnet: Campingplätze, für<br />
Wohnmobile geeignete Rastplätze,<br />
Tankstellen, Sehenswürdigkeiten,<br />
Tourismusämter und auch Stellplätze<br />
auf Privatgrundstücken für das<br />
wilde Campen. So kann man seine<br />
Reiseroute noch genauer vorbereiten<br />
und zum Beispiel eine Strecke wählen,<br />
entlang derer man unterwegs<br />
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Frank<strong>56</strong>15
UNTERWEGS IN FRANKREICH Périgord<br />
In den Gärten<br />
des Périgord<br />
Das Périgord ist eine Region für<br />
Genießer und Ästheten. Lange<br />
Zeit stand die Region in Frankreichs<br />
Südwesten bei deutschsprachigen<br />
Touristen im Schatten der bekannteren<br />
Reiseziele im Land. Zu Unrecht, denn<br />
das Périgord gehört zum Besten,<br />
was das Land zu bieten hat – ob<br />
kulinarisch, architektonisch oder landschaftlich.<br />
Das Périgord ist aber eine<br />
Urlaubsregion, die den großen Trubel<br />
nicht mag. Wer ins Périgord reist, ist<br />
auf der Suche nach Natur, Harmonie<br />
und Entspannung. Symbolhaft dafür<br />
stehen die vielen kleinen und großen<br />
Parks in der Region, die teils klassisch,<br />
teils modern, teils künstlerisch inszeniert<br />
daherkommen. Für Liebhaber schöner<br />
Gärten ist die Region geradezu ein<br />
Eldorado. Die von Menschenhand<br />
geschaffenen grünen Oasen erstrecken<br />
sich über die ganze Region.<br />
Einen Schwerpunkt bildet jedoch<br />
das Tal der Dordogne. Im Folgenden<br />
werden vier ganz unterschiedliche<br />
Gärten vorgestellt, die die große<br />
Bandbreite der Parks verdeutlichen<br />
und Lust machen sollen, weitere<br />
Gärten des Périgord zu erkunden.<br />
22 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 23
UNTERWEGS IN FRANKREICH Périgord<br />
Les Jardins suspendus<br />
de Marqueyssac<br />
Es ist unmöglich, sich mit den Gärten des Périgord zu beschäftigen und nicht über die hängenden<br />
Gärten von Marqueyssac zu schreiben. Die Parkanlage in luftiger Höhe auf einem<br />
Felsplateau über der Dordogne unweit von La Roque-Gageac südwestlich von Sarlat-la-Canéda<br />
ist nicht nur der meist besuchte Garten des Périgord, sondern ganz Aquitaniens. Nicht ohne<br />
Grund: Die fantasievoll beschnittenen Buchsbäume, das hübsche kleine Schloss und die grandiose<br />
Aussicht über das Tal bilden ein betörendes Ensemble, dessen Reizen schlicht jeder erliegen muss.<br />
Wer heute nach Marqueyssac kommt und verzweifelt darauf wartet, endlich ein Bild vom<br />
Buchsbaumgarten mit Blick auf das Schloss von Castelnaud-la-Chapelle auf der gegenüberliegenden<br />
Talseite ohne andere Besucher zu machen, mag nicht glauben, dass die Anlage noch<br />
Anfang der 1990er-Jahre ein verwilderter Park war, dessen einstige Pracht längst verloschen war.<br />
Denn nachdem das Schloss nach 1950 nicht mehr regelmäßig bewohnt war, wurde auch die<br />
Gartenanlage nicht mehr gepflegt. Der Park wucherte von Jahr zu Jahr mehr zu.<br />
Erst im März 1997 wurden die hängenden Gärten von Marqueyssac in alter Pracht für die<br />
Öffentlichkeit wiedereröffnet. Zuvor waren unzählige Gärtner und Handwerker damit beschäftigt,<br />
alte Alleen wieder freizulegen, die vielen Buchsbäume zu schneiden und neu zu modellieren,<br />
Felshänge und Aussichtspunkte zu sichern sowie das kleine Schloss zu restaurieren. Das Ergebnis<br />
dieser Anstrengungen ist so überzeugend, dass der Park heute zu Recht der meistbesuchte<br />
Aquitaniens ist.<br />
Es wäre auch mehr als tragisch gewesen, wenn diese einst im Wesentlichen von Julien de<br />
Cerval gestaltete Gartenanlage nicht überlebt hätte. Der leidenschaftliche Gartenliebhaber erbte<br />
24 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 25
UNTERWEGS IN FRANKREICH Périgord<br />
das Anwesen im Jahr 1861. Er widmete fortan die letzten 30 Jahre seines Lebens der Verschönerung<br />
des Parks. Insbesondere ließ er – inspiriert durch Reisen nach Italien – tausende Buchsbäume,<br />
die sich ganz besonders gut für kunstvolle Schnitte eignen, sowie Zypressen und Pinien<br />
pflanzen, was dem Garten ein südländliches Flair verleiht. Julien de Cerval machte das Ende<br />
des 17. Jahrhunderts von Bertrand Vernet de Marqueyssac errichtete Anwesen damit zu einem<br />
gärtnerischen Kleinod, das sich bis heute in den Händen der gleichen Familie befindet.<br />
Erstaunlich ist dabei, wie üppig die Pflanzen auf dem eigentlich wasserarmen und kargen<br />
Kalkboden des Felsplateaus gedeihen. Wer aber genau hinschaut, wird bemerken, dass sich die<br />
Flora zwischen der Südseite und der Nordseite des Parks unterscheidet. Die Südseite ist gerade<br />
im Sommer einer langen Sonnenbestrahlung ausgesetzt. Die tagsüber erhitzen Böden speichern<br />
die Wärme und geben diese nachts ab. Dadurch wachsen hier mediterrane Pflanzen, zumal im<br />
Winter vom Fluss aufziehende Nebelschwaden vor Frostattacken schützen. Die Nordseite ist dagegen<br />
feuchter und besitzt ein atlantischeres Klima, was Weißbuchen, Feldahorn, Robinien oder<br />
Eichen mögen.<br />
Um diesen einzigartigen Garten in seiner ganzen Pracht zu erhalten, sind fünf Gärtner ganzjährig<br />
mit seiner Pflege betraut. Die Arbeit hört dabei nie auf. Stets müssen irgendwelche Büsche<br />
oder Bäume beschnitten, Blumen gewässert oder andere gärtnerische Arbeiten ausgeführt werden.<br />
Außerdem wird der Park behutsam und beständig weiterentwickelt. So gibt es beispielsweise<br />
seit 2007 entlang einer Allee eine Buchsbaumsammlung, die stolze 50 Sorten umfasst.<br />
Insgesamt gibt es in dem Park Wege mit einer Gesamtlänge von sechs Kilometern. Es lohnt<br />
sich also, nicht nur im vorderen Bereich des Gartens mit seinem Schloss und den hübsch beschnittenen<br />
Buchsbäumen zu bleiben, sondern auch den weniger besuchten hinteren Teil des<br />
Felsplateaus zu erkunden. Ganz am Ende wartet ein Belvedere, von dem aus man eine spektakuläre<br />
Aussicht auf das Tal der Dordogne genießt.<br />
26 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 27
UNTERWEGS IN FRANKREICH Périgord<br />
Les Jardins du Manoir d’Eyrignac<br />
Während die hängenden Gärten von Marqueyssac zentral im Dordogne-Tal liegen, so dass<br />
die meisten Périgord-Besucher mehr oder weniger automatisch daran vorbeikommen, muss man<br />
den Park des Manoir d’Eyrignac ganz gezielt anfahren. Er liegt versteckt am Ende einer Sackgasse<br />
zwischen Sarlat-la-Canéda und Salignac-Eyvigues. Doch diese Lage etwas abseits ist nicht<br />
nur von Nachteil, wie der Eigentümer des Anwesens, Patrick Sermadiras, zu berichten weiß:<br />
« Wer zu uns kommt, liebt wirklich die Gartenbaukunst. Dies bedeutet, dass unsere Besucher<br />
sehr respektvoll mit dem Park umgehen. Nie finde ich weggeworfene Zigarettenstummel oder<br />
sonstigen Müll. »<br />
Patrick Sermadiras ist sehr froh darüber, denn am Anfang war es für ihn nicht leicht, den<br />
Garten seines familiären Anwesens mit fremden Menschen zu teilen: « Ich habe gut zehn Jahre<br />
gebraucht, um mich an die Besucher zu gewöhnen. Heute würde es mich allerdings traurig stimmen,<br />
käme niemand mehr zu uns ». Zum Glück, denn der Garten ist längst zu einer Attraktion<br />
geworden. Kamen im ersten Jahr der Eröffnung ganze 700 Besucher, sind es heute so viele an<br />
einem Tag.<br />
28 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 29
UNTERWEGS IN FRANKREICH Périgord<br />
Eine Erfolgsgeschichte, deren Grundstein bereits von Patrick Sermadiras Vater gelegt wurde.<br />
Er beschloss, nach dem Zweiten Weltkrieg den Park des familiären Gutshauses neu herzurichten.<br />
Bekannt war, dass es an dieser Stelle bereits im 18. Jahrhundert einen französischen Garten gab,<br />
der im 19. Jahrhundert in einen englischen Park umgewandelt wurde und ab dem Beginn des 20.<br />
Jahrhunderts verwilderte. Nur der ehemalige Gemüsegarten existierte noch.<br />
Patrick Sermadiras Vater dachte mit Hilfe von Landschaftsarchitekten zunächst über eine<br />
Rekonstruktion nach. Pläne von der ursprünglichen Grünanlage gab es jedoch nicht mehr. Alsbald<br />
wurde klar, dass eine Neuplanung unausweichlich war. Gegen den Willen seiner Frau ließ<br />
er die Bulldozer kommen und pflanzte fast alles neu. Anfänglich waren die frischen Gewächse<br />
zwischen 15 und 20 Zentimeter hoch. Patrick Sermadiras erinnert sich, wie seine Mutter den<br />
neu angelegten Garten als Hundefriedhof bespöttelte. Nur er selbst unterstützte seinen Vater von<br />
Anfang an.<br />
Es dauerte gut 20 Jahre, bis aus dem Aschenputtel eine Prinzessin wurde. Büsche wachsen<br />
nicht über Nacht in die Höhe. 1976 engagierte Patrick Sermadiras, nachdem er den Garten von<br />
seinem Vater übernommen hatte, den ersten Gärtner. Patrick Sermadiras war außerdem klar,<br />
dass man den familiären Garten für Besucher öffnen sollte. Einmal, um damit Einnahmen zu<br />
erzielen, auch wenn Geld bis heute nicht die Motivation für den Unterhalt des Parks ist. Des<br />
Weiteren aber vor allem, weil der Garten zu kostbar ist, um ihn nur exklusiv für sich zu genießen.<br />
Patrick Sermadiras wünschte sich, seine Leidenschaft für die Gartenbaukunst mit anderen<br />
Menschen zu teilen. « Ein für die Öffentlichkeit gesperrter Park hat keine Seele. Wir stehen in<br />
der Verpflichtung unserer Geschichte. Wir haben Lust, unsere Gartenliebe zu teilen », ist seine<br />
Meinung dazu.<br />
Unterstützt wird er dabei von seiner Frau Capucine. Patrick Sermadiras ist sehr dankbar darüber:<br />
« Früher war der Garten sehr maskulin. Alles war sehr strukturiert und penibel genau.<br />
Meine Frau brachte dagegen die Blumen in den Garten. Sie hat den Garten entstaubt und humanisiert.<br />
» Seit gut zehn Jahren betreiben sie den Park nun bereits gemeinsam.<br />
Die Blumen waren dabei nicht die einzige Erneuerung, die Capucine Sermadiras einführte.<br />
« Damals konnte der Garten nur im Rahmen von geführten Touren besichtigt werden. Für mich<br />
war das zu reglementiert. Ich spürte, dass die Besucher Lust hatten, den Garten auf eigene Faust<br />
zu erkunden. Sie wollten sich Zeit zum Staunen und Flanieren lassen », weiß sie zu berichten.<br />
Seitdem lässt sich der Garten frei besuchen. Außerdem führte Capucine Sermadiras, die zuvor<br />
in der Kommunikation gearbeitet hatte, diverse Events ein. Zum Beispiel Picknickabende zum<br />
Sonnenuntergang im weißen Garten, zu denen jeder ganz in weiß erscheint und bei denen auch<br />
getanzt wird. Oder Quizze für Kinder, die damit auf spielerische Art mehr über die Natur lernen<br />
sollen.<br />
Die Gärten des Manoir d’Eyrignac sind längst ein kleiner Betrieb, der 13 Menschen in Lohn<br />
und Brot bringt und einen Jahresumsatz von rund einer Million Euro erwirtschaftet. Trotzdem<br />
können mit den Einnahmen aus Eintrittsgeldern, Events, Merchandise-Produkten und Hochzeitsfeiern<br />
nur die Grund- und Personalkosten gedeckt werden. Die Familie selbst, zu der auch<br />
Patrick Sermadiras 17-jähriger Sohn Gilles gehört, kann davon nicht leben. Patrick Sermadiras<br />
betreibt trotz seiner 69 Jahre deshalb noch immer seine Werbeagentur weiter.<br />
Als Besucher ist man jedenfalls erstaunt, wie herrschaftlich und groß der Garten eines familiären<br />
Anwesens sein kann. Der Park muss sich nicht hinter den Parks großer Schlösser verstecken.<br />
Die Anlage ist in verschiedene Bereiche gegliedert. Es gibt einen französischen Garten,<br />
einen Gemüse- und Blumengarten, einen weißen Garten, einen Garten der Quellen und Blumenwiesen,<br />
eine chinesische Pagode und diverse Pflanzenskulpturen. Es ist mehr als beachtlich,<br />
was die Familie hier in den letzten Jahrzehnten auf die Beine gestellt hat.<br />
Doch was den Garten darüber hinaus besonders macht, ist sein familiärer Charakter, der<br />
trotz des Besuchererfolgs bewahrt werden konnte. Es ist nicht ungewöhnlich, dass man als Besucher<br />
dem Ehepaar Sermadiras im Park begegnet. Unverändert bewohnen sie das Gutshaus. Beiden<br />
ist der Kontakt zu den Besuchern sehr wichtig. In der Willkommensbroschüre ist sogar die<br />
Mobilfunknummer von Patrick Sermadiras angegeben. Hat man eine Frage zum Garten oder zu<br />
einer Pflanze, muss man ihn einfach nur anrufen. Er beantwortet sie gerne.<br />
30 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 31
UNTERWEGS IN FRANKREICH Périgord<br />
Les Jardins<br />
d’Eau<br />
Dass Gärten im Périgord oft eine<br />
Familienangelegenheit sind, sieht man<br />
auch am Ufer der Dordogne in Saint-<br />
Rome bei Carsac-Aillac. Zwar darf<br />
man bei diesem Garten keine herrschaftliche<br />
Anlage wie die des Manoir<br />
d’Eyrignac erwarten. Weder gibt es ein<br />
Gutshaus noch einen feudalen französischen<br />
Garten. Aber ebenfalls mit viel<br />
Herzblut und eigener Tatkraft haben<br />
Didier und Steven Bernard eine kleine<br />
grüne Oase geschaffen. Sohn und Vater<br />
arbeiten seit 1999 an ihrem Werk.<br />
Wenn man auf dem Parkplatz sein<br />
Fahrzeug abstellt, wirkt die Anlage<br />
zunächst mehr wie eine Baumschule<br />
als wie ein Park, der sich besichtigen<br />
lässt. Doch hat man erst einmal das<br />
Kassengebäude passiert und geht hinunter<br />
zur Dordogne, wird die Pracht<br />
des zwei Hektar großen Gartens deutlich.<br />
Alles ist bescheidener als in den<br />
meisten anderen Parks des Périgord,<br />
dafür kann man hier in die Normandie<br />
reisen, ohne dafür 500 Kilometer zurücklegen<br />
zu müssen.<br />
Denn die aus der Normandie stammende<br />
Familie hat für ihren Park ein<br />
großes Vorbild: Giverny. So ist das<br />
Herzstück des Gartens eine japanische<br />
Holzbrücke, die der Brücke im Garten<br />
von Giverny, die durch Claude Monet<br />
weltberühmt wurde, nachempfunden<br />
ist. Natürlich schwimmen auf dem<br />
Teich davor viele Seerosen. Ohnehin<br />
dreht sich in diesem Garten alles um<br />
Wasserblumen, denn der Park heißt<br />
nicht ohne Grund Wassergarten. Mit<br />
ein bisschen Fantasie könnte man<br />
wirklich glauben, in der Normandie zu<br />
sein.<br />
Anders als in den hängenden Gärten<br />
von Marqueyssac oder den Gärten<br />
des Manoir d’Eyrignac wird man in<br />
diesem Park keine Stunden verbringen.<br />
Trotzdem ist der Besuch lohnenswert<br />
und sei es nur, um mal eben einen<br />
« Abstecher » nach Giverny zu unternehmen.<br />
32 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 33
UNTERWEGS IN FRANKREICH Périgord<br />
Château de<br />
Hautefort<br />
Die drei bisher genannten Gärten<br />
liegen alle im Tal der Dordogne bzw. in<br />
dessen Dunstkreis, also im Herzen des<br />
Périgord. Sehenswerte Parkanlagen gibt<br />
es aber auch an den Rändern der Region.<br />
Ein gutes Beispiel ist der Schlossgarten<br />
von Hautefort zwischen Périgueux und<br />
Brive-la-Gaillarde. Er besteht aus einem<br />
musterhaften französischen und einem<br />
nicht weniger geglückten englischen<br />
Garten und verbindet damit zwei große<br />
Gartenbautraditionen.<br />
Wenn man sich Hautefort nähert,<br />
sieht man schon von weitem das Schloss<br />
der kleinen Kommune. Durch seine Lage<br />
auf einem Felssporn oberhalb des Dorfes<br />
dominiert es die Silhouette des Ortes.<br />
Zwei massive Rundtürme an beiden Seiten<br />
des zum Tal hin offenen Ehrenhofes<br />
verleihen dem Schloss einen wehrhaften<br />
Charakter. Entstanden ist das Anwesen<br />
in seiner heutigen Form im 16. und 17.<br />
Jahrhundert an einer Stelle, an der bereits<br />
zuvor eine mittelalterliche Burg stand, die<br />
im 12. Jahrhundert jedoch zerstört wurde.<br />
Die Architektur verbindet unterschiedliche<br />
Stile miteinander. Dies zeigt, dass es<br />
im Laufe der Jahrhunderte immer wieder<br />
Um- und Anbauten gab.<br />
Anfang des 20. Jahrhunderts war das<br />
Schloss unbewohnbar. Dies hinderte den<br />
Baron Henry de Bastard aber nicht daran,<br />
das Gebäude zu erwerben und es zusammen<br />
mit seiner Frau Simone, der Tochter<br />
eines berühmten französischen Bankers,<br />
aufwendig zu restaurieren und zu neuem<br />
Leben zu erwecken. Nach seinem Tod<br />
1957 setze seine Gattin die Arbeiten fort.<br />
1968 wurde ein Teil der Anstrengungen<br />
des Ehepaars brutal zunichte gemacht,<br />
als ein Feuer im Haupttrakt des Schlosses<br />
wütete. Die Baronin ließ sich dadurch<br />
aber nicht demotivieren, sondern baute<br />
das Schloss ein zweites Mal auf.<br />
Der Name Hautefort steht jedoch<br />
nicht nur für ein malerisches Schloss,<br />
sondern auch für große Gartenbaukunst.<br />
Die Terrassen vor dem Schloss zum Dorf<br />
hin sind als klassischer französischer<br />
Garten angelegt worden. Durch die er-<br />
34 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 35
UNTERWEGS IN FRANKREICH Périgord<br />
höhte Lage des Schlosses und damit<br />
auch des Parks ergeben sich äußerst<br />
betörende Perspektiven. In seinen<br />
Grundzügen wurde dieser Garten<br />
Mitte des 19. Jahrhunderts durch den<br />
damals berühmten Landschaftsarchitekten<br />
Paul de Lavenne de Choulot,<br />
der während seiner Lebenszeit mehr<br />
als 300 Parkanlagen in Frankreich<br />
und Europe gestaltete, geschaffen.<br />
Der Baron Henry de Bastard entwickelte<br />
den Garten Anfang des 20.<br />
Jahrhunderts dann weiter, nachdem er<br />
der neue Schlossherr geworden war.<br />
Wo heute der französische Garten<br />
des Schlosses existiert, befand sich<br />
früher der Eingang zum Schloss.<br />
Der ursprüngliche Schlosspark lag<br />
einst dagegen dort, wo sich jetzt die<br />
Esplanade mit dem neuen Zugang<br />
zum Schloss befindet. Der sich daran<br />
anschließende Parkbereich ist ein<br />
klassischer Park im englischen Stil. Er<br />
wurde ebenfalls von Paul de Lavenne<br />
de Choulot im 19. Jahrhundert neu<br />
gestaltet. Dieser Bereich des Schlossparks<br />
ist eine wunderbare Oase zum<br />
Flanieren.<br />
Ile de Sein<br />
Brest<br />
<br />
Das Périgord erreicht Quimper man aus Norddeutschland<br />
über Belgien, Paris,<br />
Pointe<br />
D768<br />
du Raz<br />
N165/E60<br />
Orléans und Limoges bzw. aus Süddeutsch<br />
land, Österreich und Lorient der<br />
Schweiz über den Osten Frankreichs,<br />
Vannes<br />
Lyon und Clermont-Ferrand. Die ersten<br />
drei Gärten befinden sich im Um-<br />
Quiberon<br />
kreis von Sarlat-la-Canéda. Der letzte<br />
Park liegt zwischen Périgueux und<br />
Brive-la-Gaillarde.<br />
Marqueyssac …<br />
… Berlin 1.583 km … Hamburg 1.444 km<br />
… Köln 1.041 km … München 1.160 km<br />
… Wien 1.163 km … Zürich 1.612 km<br />
Die nächsten Flughäfen sind in Bergerac<br />
und Brive-la-Gaillarde. Di rek te<br />
Flugverbindungen aus dem deutschsprach<br />
igen Raum existieren nicht.<br />
Brive-la-Gaillarde kann aber mit Air<br />
France mit Umsteigen in Paris (Flughafen<br />
wech sel) aus Deutsch land,<br />
Öster reich und der Schweiz erreicht<br />
werden. Der nächste aus dem<br />
deutsch sprachigen Raum direkt ange<br />
flo gene Flughafen ist in Tou louse.<br />
Direkte Zugverbindungen aus dem<br />
deutschsprachigen Raum ins Périgord<br />
gibt es nicht. Die Region ist auch<br />
nicht ans französische TGV-Netz ange<br />
schlossen. Bahnhöfe gibt es in den<br />
größeren Orten wie Bergerac, Pé rigueux<br />
oder Brive-la-Gaillarde..<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 44<br />
Lannion<br />
N12/E50<br />
Saint-Brieuc<br />
N164<br />
N12/E50<br />
LESETIPPS FÜR AUSFLÜGE IN DIE UMGEBUNG<br />
Trüffel in Sarlat-la-Canéda: Schwarze Diamanten<br />
Saint-Malo<br />
Dinard<br />
N176/E401<br />
A11/E50<br />
www.dordogne-perigord-tourisme.fr<br />
Eintrittspreise:<br />
Rennes<br />
A10/E5<br />
12,50 Euro, ermäßigt 6,50 Euro bis<br />
N24<br />
Comité Départemental du Tourisme<br />
10,50 Le Mans Euro<br />
Orléa<br />
de la Dordogne<br />
A11/E501 Ganzjährig geöffnet<br />
25, rue Wilson<br />
A28/E502<br />
N165/E60<br />
24000 Périgueux<br />
Les Jardins d’Eau<br />
Blois<br />
Chambord<br />
A10/E5-E60<br />
Telefon: +33 (0)5 53 35 50 24<br />
Angers 24200 Carsac<br />
A11/E60<br />
Cheverny<br />
La Baule<br />
Telefon: +33 (0)5 53 28 91 96<br />
A86/E60<br />
Tours Chenonceau<br />
A71/E<br />
Les Jardins St. Nazaire suspendus de<br />
www.jardinsdeau.com<br />
A85<br />
Nantes<br />
Marqueyssac<br />
A87<br />
Eintrittspreise:<br />
Monts A10/E5<br />
24220 Vézac Clisson<br />
6,00 Euro, ermäßigt 3,00 Euro<br />
Cholet<br />
Telefon: +33 (0)5 53 31 36 36<br />
Geöffnet von Mai bis Mitte Oktober<br />
A83<br />
www.marqueyssac.com<br />
A20/E9<br />
Les Sablesd’Olonne<br />
Eintrittspreise:<br />
7,80 Euro, ermäßigt 3,90 Euro<br />
Château de Hautefort<br />
24390 Hautefort<br />
Ganzjährig geöffnet A83<br />
Telefon: Poitiers +33 (0)5 53 50 51 23<br />
Saint-Sigismond www.chateau-hautefort.com<br />
Les Jardins du Manoir d’Eyrignac N11/E601<br />
Eintrittspreise:<br />
Niort<br />
24590 Salignac-Eyvigues<br />
8,50 Euro, ermäßigt 4,00 Euro<br />
La Rochelle<br />
Telefon: +33 (0)5 53 28 99 71 E5/A10 Geöffnet von März bis November<br />
www.eyrignac.com<br />
E602/A837<br />
Mimizan<br />
Mont-Saint-Michel<br />
Im Südosten des Departements Dordogne,<br />
ungefähr gleich weit von Bor-<br />
näherkommen<br />
Hossegor France<br />
Der Schlund von Padirac im Departement Lot, nur<br />
Toulouse<br />
deaux und Toulouse entfernt, ist das<br />
einige Kilometer nordöstlich des Touristendorfes<br />
Biarritz Bayonne<br />
mittel al ter liche Sarlat-la-Canéda Hendaye die<br />
A64/E80 Rocamadour gelegen, ist eine der größten<br />
Haupt stadt des Périgord Noir. Reiseführer Sare<br />
geologischen Besonderheiten Frankreichs. Wie<br />
Donostiaer<br />
klär en, dass die Bezeichnung<br />
Pau<br />
S. Sebastian<br />
ein riesiges Loch mit einem Durchmesser von 33<br />
« schwarz » von den dichten Eichen- und<br />
Kasta nien wäldern in der Umgebung herrührt. Doch wer weiß,<br />
vielleicht spielt auch ein Pilz eine Rolle? Er ist ein Star der Pamplona Feins<br />
Metern und einer Tiefe von 75 Metern tut er sich<br />
in der Erdoberfläche auf. Der Schlund zieht jedes Jahr um die 450.000<br />
neugierige Besucher an, die hier ihren Traum von einer Reise unter die<br />
chmecker szene und heißt tuber melanosporum, besser be-<br />
Erde verwirklichen können und dabei ein faszinierendes Höhlensystem<br />
Spanien<br />
kannt unter dem Namen « schwarzer Périgord-Trüffel ».<br />
mit unterirdischen Seen, Gängen und Sälen entdecken.<br />
E5/A10<br />
A52/E72<br />
A89/E70<br />
E5-E70/A63<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 44<br />
Gouffre de Padirac: Der Erdmitte ein Stückchen<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 90.<br />
A84<br />
Avranches<br />
Bordeaux<br />
Alençon<br />
A28/E402<br />
Angoulême<br />
Périgueux<br />
Bergerac<br />
Dreux<br />
Chartres<br />
Limoges<br />
Hautefort<br />
Eyrignac<br />
A20/E9<br />
Brive-la-Gaillarde<br />
Sarlat-le-Canéda<br />
Marqueyssac Jardins<br />
d’Eau<br />
Andorra<br />
Versailles<br />
36 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 37
UNTERWEGS IN FRANKREICH Perpignan<br />
Perpignan<br />
Frankreichs katalanische Seele<br />
Mit seinen knapp 120.000 Einwohnern<br />
zählt Perpignan nicht gerade zu Frankreichs<br />
größten und wichtigsten Städten. Trotzdem ist<br />
die Hauptstadt des Departements Pyrénées-<br />
Atlantiques eine ganz besondere Stadt im<br />
Land. Der Grund liegt nicht in ihrer Größe,<br />
sondern in ihren kulturellen Wurzeln.<br />
Perpignan ist so etwas wie ein Vorbote<br />
katalanischer Kultur nördlich der Pyrenäen.<br />
Das Lebensgefühl in der Stadt ähnelt mehr<br />
dem in Barcelona als dem in Paris. Doch<br />
auch die nun schon 350 Jahre dauernde<br />
Verbundenheit zu Frankreich zeigt sich in<br />
der Stadt.<br />
Ramon verfolgt die Diskussionen über eine eventuelle<br />
Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien seit<br />
Jahren mit großer Aufmerksamkeit. Als sich dann<br />
im November letzten Jahres eine große Mehrheit der Katalanen<br />
bei der inoffiziellen, von der spanischen Zentralregierung<br />
nicht anerkannten Volksbefragung für eine Unabhängigkeit<br />
aussprach, löste das in ihm gemischte Gefühle<br />
aus. Einerseits ist auch er ein stolzer Katalane, geboren in<br />
einem Vorort von Barcelona. Er kann nachvollziehen, warum<br />
sich seine Landsleute vom Rest des Landes loslösen<br />
wollen. Andererseits lebt er schon seit fünf Jahren in Perpignan<br />
und betrachtet die Dinge in seiner Heimat deshalb<br />
mit einer größeren Distanziertheit. Er hat einen globaleren<br />
Blickwinkel eingenommen und sieht den neuen Trend zur<br />
Kleinstaaterei in Europa durchaus skeptisch.<br />
Aber ganz egal wie die Sache mit der Unabhängigkeit<br />
Kataloniens weitergeht, eines kann er sich nicht vorstellen,<br />
selbst wenn sich das manche Nationalisten südlich der Pyrenäen<br />
vielleicht wünschen: Dass sich Perpignan und das<br />
Roussillon einem unabhängigen Katalonien anschließen<br />
würden. Zwar besitzt diese Gegend im äußersten Süden<br />
Frankreichs starke katalanische Züge, doch genauso stark<br />
ist auch die Verwurzelung der Region innerhalb Frankreichs.<br />
Denn das Roussillon gehört schon seit dem Pyrenäenfrieden<br />
von 1659 zu Frankreich. 350 Jahre mögen in<br />
den Augen mancher Nationalisten nicht lang erscheinen,<br />
in der Realität sind sie es aber definitiv.<br />
Die katalanischen Wurzeln des Roussillon sind heute<br />
deshalb vor allem folkloristischer Natur und ein gutes Argument,<br />
sich beim Tourismusmarketing im Wettbewerb<br />
mit den anderen französischen Regionen ein Alleinstellungsmerkmal<br />
aufzubauen. Auch gibt es nicht wenige<br />
Menschen hier, die der katalanischen Sprache mächtig<br />
sind. Viele Tagestouristen kommen aus Katalonien. Ramon<br />
weiß diese kulturelle Nähe zu seiner Heimat zu<br />
schätzen. Er fühlt sich in Perpignan weniger fremd als in<br />
anderen Ecken Frankreichs. Trotzdem bleibt für ihn Perpignan,<br />
die Hauptstadt des Roussillon, eine französische<br />
Stadt.<br />
Dass es aber eine kulturelle Nähe zu Spanien gibt,<br />
wird jedem Touristen bei einem Blick auf den Stadtplan<br />
sofort deutlich. Eine Fläche, die fast genauso groß ist wie<br />
die Innenstadt, wird vom Palais des Rois de Majorque<br />
eingenommen. Der Palast der mallorquinischen Könige<br />
ist jedoch mehr eine wuchtige Festung als ein majestätisches<br />
Schloss. « Schuld » daran ist der französische Festungsbauer<br />
par excellence: Sébastien le Prestre Vauban,<br />
kurz Vauban genannt. Er verwandelte das Anwesen der<br />
mallorquinischen Könige im 17. Jahrhundert in ein gut<br />
gesichertes Bollwerk.<br />
Wenn man sich dem einstigen Königssitz nähert, der<br />
38 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 39
UNTERWEGS IN FRANKREICH Perpignan<br />
heute von Wohnvierteln umzingelt wird, nimmt man<br />
deshalb zunächst nur riesige Festungsmauern wahr. Erst<br />
wenn man diesen Verteidigungsgürtel passiert hat, wird<br />
der Blick auf den auf einem Plateau gelegenen Palast frei.<br />
Errichtet wurde er im 13. Jahrhundert. Von 1276 bis 1344<br />
war Perpignan die Hauptstadt des Königreichs Mallorcas.<br />
Danach fungierte die Stadt für den mallorquinischen König<br />
nur noch als Zweitsitz. Von der einstigen herrschaftlichen<br />
Pracht ist allerdings nur noch wenig zu sehen. Lange<br />
Zeit diente die Festung militärischen Zwecken, so dass<br />
das Innere der Gebäude heute sehr nüchtern und unmöbliert<br />
daherkommt. Zu den Höhepunkten eines Besuchs<br />
zählt der ehemalige Krönungssaal. Außerdem kann man<br />
vom Rande der Festungsmauern einen hübschen Blick<br />
über die Dächer von Perpignan genießen.<br />
Während früher der Königspalast das Herz des städtischen<br />
Lebens bildete, liegt er heute etwas abseits südlich<br />
des Zentrums. Deshalb gibt es nicht wenige Touristen,<br />
die diese Sehenswürdigkeit links liegen lassen und sich<br />
nur auf die Innenstadt konzentrieren. Schließlich bietet<br />
diese bereits ausreichend viele Attraktionen, um einen<br />
ereignisreichen Tag oder ein ebensolches Wochenende in<br />
Perpignan zu erleben.<br />
Da sind zunächst einmal die vielen malerischen Plätze<br />
40 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Oben links: Place de la République. Oben<br />
rechts: Der Castillet. Links: Die Basse mit der<br />
verkehrsberuhigten Quai Sébastian Vauban.<br />
S. 38: Der Campo Santo mit Blick auf die<br />
Kathedrale Saint-Jean-Baptiste.<br />
S. 39: Place Gambetta vor der Kathedrale.<br />
und Gassen. Ob Place de la Victoire, Place de la République<br />
oder Place Gambetta, ob Rue Lazare Escarguel, Rue<br />
Fabriques d’en Nabot oder Rue Saint-Jean, überall spürt<br />
man eine ausgeprägte südländische Lebensfreude, die Ramon<br />
an seine Heimat erinnert. Da Perpignan nicht nur<br />
Frankreichs südlichste Großstadt ist, sondern auch eine<br />
der heißesten, spielt sich das Leben der Menschen viel<br />
mehr draußen als in den Wohnungen ab. Man speist unter<br />
freiem Himmel, trifft seine Freunde auf den Terrassen der<br />
Bars oder lässt seine Kinder in den verkehrsberuhigten<br />
Gassen spielen.<br />
An einem dieser Innenstadtplätze, der Place de la Victoire,<br />
liegt auch das wichtigste Wahrzeichen von Perpignan,<br />
der Castillet. Der massive Turm war einst eines der<br />
Stadttore von Perpignan. Seitdem die Stadtmauer abgerissen<br />
wurde, ist dieser Kontext nicht mehr auf den ersten<br />
Blick zu erkennen. Später diente das Gebäude als Gefängnis,<br />
bevor es 1963 zu einem Heimatmuseum umgewandelt<br />
wurde. Vom Dach des Turmes genießt man erneut einen<br />
schönen Blick über die Dächer von Perpignan. Man muss<br />
dafür jedoch das Museum besuchen.<br />
Der Castillet steht direkt an der Basse, einem kleinen<br />
Fluss, der an dieser Stelle eher wie ein Kanal aussieht.<br />
Besonders das linke, verkehrsberuhigte Ufer, die Quai<br />
DAS APPART’CITY HOTEL<br />
IN PERPIGNAN<br />
Sie wohnen in einem Appartementhotel<br />
in der Nähe des Einkaufszentrums<br />
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und Büroräume finden.<br />
Lassen Sie sich im Königspalast von<br />
Mallorca die Geschichte von Perpignan<br />
erzählen und genießen dabei den beeindruckenden<br />
Blick auf den Atlantik!<br />
Bei schönem Wetter können Sie am<br />
Strand liegen, im Meer baden oder aber<br />
sich in den exotischen Garten der «Digue<br />
d’Orry» zurückziehen. Vom Bahnhof direkt<br />
gegenüber des Hotels erreichen Sie Barcelona<br />
mit dem Zug in nur 1 Stunde und<br />
20 Minuten!<br />
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12 Boulevard Saint Assiscle<br />
66000 PERPIGNAN<br />
France<br />
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fax + 33 4 68 83 98 33<br />
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Perpignan<br />
Le Porge<br />
Bordeaux<br />
E5/A10<br />
Zum Abschluss einer Besichtigungstour durch Perpignan<br />
sollte man in eines der Restaurants auf der A52/E72 Place<br />
Cap-Ferret<br />
de la République einkehren. Dorthin führt auch Ramon<br />
Freunde, die ihn aus Katalonien besuchen kommen. Der<br />
Platz ist weitläufiger und edler als die anderen Innenstadtplätze.<br />
Trotzdem verströmt er die gleiche<br />
Mimizan<br />
südländische<br />
A89/E70<br />
Périgueux<br />
Tulle<br />
Brive-la-Gaillarde<br />
Sarlat-le-Canéda<br />
Beaulieu-sur-Dordogne<br />
Aurillac<br />
Lebenslust. Gerade an warmen Sommerabenden sind hier<br />
die Nächte kurz. Mit ein bisschen Fantasie fühlt man sich<br />
fast wie in Barcelona. Allerdings nur fast, denn Perpignan<br />
ist eben trotz allem eine französische Stadt. Spätestens<br />
beim Blick auf die Speisekarte bleiben diesbezüglich keine<br />
Zweifel mehr.<br />
E5-E70/A63<br />
A75/E11<br />
Links: Kino hinter herrschaftlicher Fassade am Boulevard Thomas Wilson. Oben rechts: Théâtre de l’Archipel im<br />
neuen Stadtteil Espace Méditerranée. Oben Mitte und unten rechts: Palais des Rois de Majorque.<br />
den.<br />
<br />
Aus Deutschland und der Schweiz<br />
Hossegor<br />
erreicht man Perpignan über die<br />
Rhône-Tal-Autobahn und Biarritz an schließend<br />
über die A9 von Hendaye Orange an die<br />
Bayonne<br />
spanische Grenze. Aus Österreich<br />
Sare<br />
Donostiageht<br />
es über Norditalien S. Sebastian und dann<br />
immer entlang der Küste (A8, A54 und<br />
A9) nach Perpignan. Für Perpignan<br />
Wenn man aus dem Norden kommt,<br />
gelangt man von der Ausfahrt <strong>Nr</strong>. 41<br />
Spanien<br />
France<br />
am schnellsten ins Zentrum.<br />
www.perpignantourisme.com<br />
Perpignan …<br />
… Berlin 1.683 km … Hamburg 1.632 km<br />
… Köln 1.178 km … München 1.190 km<br />
Office de Tourisme<br />
Place François Arago<br />
… Wien 1.650 km … Zürich 878 km<br />
66000 Perpignan<br />
Telefon: +33 (0)4 68 66 30 30<br />
Perpignan besitzt einen Flughafen.<br />
Aus Deutschland, Österreich und der<br />
Schweiz existieren allerdings keine<br />
Dir ekt flüge dorthin. Air France verbin<br />
det zahlreiche Städte im deutsch-<br />
Palais des Rois de Majorque<br />
Rue des Archers<br />
66000 Perpignan<br />
Telefon: +33 (0)4 68 34 96 26<br />
sprachigen Raum via Paris mit Perpig<br />
nan. Allerdings ist in Paris ein<br />
Flug ha fen wechsel notwendig, da die<br />
A64/E80 Flü ge nach Perpignan aus schließlich<br />
ab Paris-Orly starten.<br />
Pau<br />
Aus dem deutschsprachigen Raum<br />
gibt es keine direkten Zugver bin dun -<br />
gibt es zwei Autobahnausfahrten.<br />
Pamplona<br />
gen nach Perpignan. Der TGV benötigt<br />
von Paris aus rund fünf Stun-<br />
Toulouse<br />
Béziers<br />
Narbonne<br />
A81/E80<br />
France<br />
Perpignan<br />
Andorra<br />
Spanien<br />
Le Théâtre de l’Archipel<br />
Avenue Général Leclerc<br />
66000 Perpignan<br />
Telefon: +33 (0)4 68 62 62 00<br />
www.theatredelarchipel.org<br />
A9/E15<br />
AP7/E15<br />
Sébastian Vauban, ist überaus idyllisch und mit seinen Restaurants<br />
ein beliebtes Ausgehviertel. Rund um das einstige<br />
Stadttor und die Place de la Victoire wirkt Perpignan<br />
auf jeden Fall am großstädtischsten. Ein großer Boulevard<br />
verströmt ein wenig Metropolenatmosphäre. Ganz anders<br />
dagegen die Gassen, die südöstlich des Castillet liegen.<br />
Durch ihre Enge erinnern sie eher an das Leben in einer<br />
Kleinstadt.<br />
Eine weitere wichtige Sehenswürdigkeit von Perpignan<br />
liegt wie der Castillet ebenfalls am nördlichen Rand<br />
des innerstädtischen Gassengewirrs, jedoch weiter östlich:<br />
die Kathedrale Saint-Jean-Baptiste. Entworfen wurde sie<br />
einst als Hauptkirche einer königlichen Residenzstadt.<br />
Doch nach dem Ende dieser Blütezeit von Perpignan<br />
verschwand auch der Ehrgeiz, das Gotteshaus in seiner<br />
geplanten Pracht fertigzustellen. Anstelle der einst vorgesehenen<br />
dreischiffigen Kathedrale blieb am Ende nur ein<br />
Kirchenschiff übrig. Trotzdem lohnt sie ein Besuch. Sie<br />
ist ein gutes Beispiel für den Baustil der mittelalterlichen<br />
Gotik.<br />
Außerdem befindet sich gleich neben der Kathedrale<br />
ein Unikum: Es ist der einzige Friedhof des Landes, der<br />
sich im Kreuzgang eines Klosters befindet. Die Campo<br />
Santo genannte Anlage heizt sich durch ihre steinerne Gestaltung,<br />
wo jegliches Grün fehlt, in den Sommermonaten<br />
jedoch unerträglich stark auf. Trotzdem hat dieser auf<br />
den ersten Blick etwas monoton und abweisend wirkende<br />
Friedhof seinen ganz besonderen Charme, auch wenn<br />
der Campo Santo nichts mit einem idyllischen Friedhof<br />
oder einem hübsch begrünten Kreuzgang gemeinsam hat.<br />
Seine Schlichtheit und der schöne seitliche Blick auf die<br />
Kathedrale Saint-Jean-Baptiste üben eine gewisse Anziehungskraft<br />
aus.<br />
Wer nun glaubt, Perpignan besteche vor allem durch<br />
die Überbleibsel vergangener glorreicher Zeiten und böte<br />
keine ansprechende zeitgenössische Architektur, sollte<br />
noch einen kleinen Abstecher zum Espace Méditerranée<br />
machen, der etwas nördlich der Innenstadt direkt an der<br />
Tet liegt. Herzstück dieses neuen Stadtviertels ist das<br />
Théâtre de l’Archipel. Das am 10. Oktober 2011 eröffnete<br />
Theater stammt aus der Feder des französischen Stararchitekten<br />
Jean Nouvel und der mit ihm arbeitenden Architektin<br />
Brigitte Métra. Herausgekommen ist eine Architektur,<br />
die lokale Bautraditionen zeitgenössisch interpretiert. Ein<br />
kleines Schmuckstück, das zwei Theatersäle und ein Studio<br />
beherbergt.<br />
LESETIPPS FÜR AUSFLÜGE IN DIE UMGEBUNG<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 37<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 45<br />
Céret & Collioure:<br />
Le Train Jaune: Ein Zug als Wahrzeichen<br />
Zwei Dörfer im Fokus der Kunst<br />
In einer Epoche, in der Züge mit 300 Stundenkilometern<br />
Die Landschaften Südfrankreichs<br />
durchs Land rasen, fällt eine kleine knallgelbe<br />
inspirierten schon immer zahlreiche<br />
Bahn, die seit 1910 auf einer Länge von rund 60<br />
Künstler. Picasso, Matisse,<br />
Kilometern mit maximal 55 Stundenkilometern<br />
Chagall oder Dufy, um nur die<br />
einsame Dörfer in den östlichen Pyrenäen<br />
bekanntesten Namen zu nennen,<br />
erschließt, aus der Zeit. Wegen ihrer auffälligen<br />
sie alle erlagen dem Charme des<br />
Farbe wird sie im Französischen als « Le Train<br />
Südens. Zwei Dörfer südlich von Perpignan unweit der<br />
Jaune » (dt. Der gelbe Zug) oder auch als « Le Canari » (in Anlehnung<br />
spanischen Grenze haben dabei eine ganz besondere an kanariengelb) bezeichnet. Welchen Spitznamen man auch immer<br />
Anziehungskraft ausgeübt: Céret und Collioure. Dort<br />
bevorzugt, die Schmalspurbahn ist die höchste Zugstrecke Frankreichs,<br />
fanden die Maler nicht nur eine inspirierende Umgebung die ohne Zahnradtechnik auskommt. 400.000 Passagiere nutzen<br />
vor, sondern auch Einheimische, die sie mit offenen<br />
den Zug jedes Jahr, der den Naturpark der katalanischen Pyrenäen<br />
Armen empfingen und sich gegenüber ihrer Kunst<br />
durchquert und trotz schwieriger wirtschaftlicher Umstände bis heute im<br />
neugierig zeigten.<br />
Liniendienst unterwegs ist.<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 90.<br />
42 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 43
UNTERWEGS IN FRANKREICH Jura<br />
Das Loue-Tal<br />
Ein landschaftliches und<br />
kulturelles Kleinod im Jura<br />
Die Franche-Comté gehört nicht gerade zu den meist<br />
besuchten Touristenregionen Frankreichs. Viele Reisende<br />
durchqueren die Region zwar, sie sind aber meist auf dem<br />
Weg zu den beliebteren Touristenzielen des Landes. Nur<br />
selten halten sie an. Dabei gibt es auch in der Franche-<br />
Comté die eine oder andere Sehenswürdigkeit zu entdecken.<br />
Beispielsweise das Loue-Tal südlich von Besançon, das mit<br />
einem Künstlerdorf, einem Schloss, einer spektakulären<br />
Schlucht und einer romantischen Flussquelle aufwarten kann.<br />
An Autobahnen stehen oft braune Schilder, die Sehenswürdigkeiten<br />
in der näheren Umgebung anzeigen.<br />
Meist beachte ich diese Schilder nicht<br />
weiter. Denn entweder es stehen Orte darauf, die ich ohnehin<br />
kenne, oder solche, die mich nicht besonders ansprechen<br />
und bei denen man merkt, dass die lokalen Tourismusmarketingexperten<br />
verzweifelt versuchen, aus einer<br />
nicht wirklichen Attraktion eine Sehenswürdigkeit zu machen.<br />
Doch auf der Autobahn A36 vom Rhein in Richtung<br />
Beaune, die ich oft nehme, um in den Süden Frankreichs<br />
zu gelangen, gibt es ein Schild, das schon diverse Male<br />
meine Neugierde geweckt hat. Loue-Tal steht darauf zu<br />
lesen.<br />
Warum ich gerade auf dieses Schild immer wieder<br />
aufmerksam werde, kann ich gar nicht genau begründen.<br />
Wahrscheinlich, weil ich den Namen ungewöhnlich finde.<br />
Von der Loue habe ich noch nie etwas gehört. Vielleicht,<br />
weil der Fluss von seiner Quelle im Jura bis zur Mündung<br />
in den Doubs gerade einmal 122 Kilometer lang ist.<br />
Doch an diesem Tag, an dem ich es weniger eilig habe<br />
als sonst, beschließe ich, diesem touristischen Hinweis<br />
einmal nachzugehen und einen Abstecher in das Loue-Tal<br />
zu unternehmen. Wer weiß, vielleicht entpuppt es sich als ein Geheimtipp<br />
in einer Gegend, die die meisten Touristen auf dem Weg in den Süden nur<br />
durchfahren.<br />
Ich verlasse deshalb bei Besançon die Autobahn und umfahre die Noch-<br />
Hauptstadt der Region Franche-Comté auf der zu einem Schnellweg ausgebauten<br />
Umgehungsstraße. Ich bin erstaunt, wie bergig die Gegend südlich<br />
der Stadt bereits ist. Der Jura kündigt sich unmissverständlich an. Nach<br />
diversen Kreiseln, Kurven und Abfahrten wechsele ich schließlich auf eine<br />
recht schmale Landstraße in Richtung Ornans. Der Ort ist so etwas wie das<br />
Herz des Loue-Tals, eine weniger als 5.000 Einwohner zählende Kommune,<br />
die trotzdem recht städtisch wirkt.<br />
44 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 45
UNTERWEGS IN FRANKREICH Jura<br />
Ornans<br />
In der Heimat von Gustave Courbet<br />
Vor allem aber ist Ornans bekannt für einen Künstler,<br />
für Gustave Courbet. Der Maler erblickte hier am 10. Juni<br />
1819 in einer gutbürgerlichen Familie das Licht der Welt.<br />
Als junger Erwachsener fing er auf Wunsch seiner Eltern<br />
ein Jurastudium im nahen Besançon an. Doch schon bald<br />
tauschte er Lehrbücher und Gesetzestexte gegen Pinsel<br />
und Farben. Gustave Courbet wollte vor allem eines: malen.<br />
Er ging nach Paris und verfeinerte seine Fertigkeiten,<br />
indem er Meisterwerke im Louvre und anderen Museen<br />
der Hauptstadt kopierte. Doch die offizielle Kunstszene<br />
stand seinem Wirken zunächst skeptisch gegenüber. Der<br />
Pariser Salon, « die » Kunstausstellung der Hauptstadt,<br />
einst gegründet von Ludwig XIV. und über Jahrhunderte<br />
Mittelpunkt der Kunstszene, lehnte anfänglich die meisten<br />
von ihm eingereichten Bilder ab.<br />
Doch Gustave Courbet ließ sich nicht beirren. Das<br />
Malen war seine große Leidenschaft. Er konnte zudem<br />
auf die finanzielle Unterstützung seiner Familie bauen.<br />
In Paris verkehrte er mit anderen Malern und Intellektuellen,<br />
mit denen er schon seit seiner Anfangszeit freundschaftlich<br />
verbunden war. Aus diesen Treffen entwickelte<br />
sich Schritt für Schritt eine neue Kunstströmung, der Realismus,<br />
für den Gustave Courbet heute als einer der meist<br />
gefeierten Vertreter gilt. Sogar im Pariser Salon feierte er<br />
am Ende große Erfolge. Eines seiner skandalträchtigsten<br />
Gemälde, « Der Ursprung der Welt », das eine Nahansicht<br />
der Vulva einer nackten Frau mit gespreizten Beinen zeigt,<br />
hängt heute im Musée d’Orsay.<br />
Doch obwohl er viel Zeit fernab von Ornans verbrachte,<br />
blieb Gustave Courbet seiner Heimat stets verbunden.<br />
Dies spiegelt sich auch in seinen Werken wider, die nicht<br />
selten Motive aus dem Jura zeigen und manchmal gar<br />
den Namen seines Geburtsortes tragen. Etwa die Bilder<br />
« Nach dem Essen in Ornans » oder « Ein Begräbnis in<br />
Ornans ». Mit diesen Informationen im Kopf bin ich deshalb<br />
sehr gespannt auf den kleinen Ort.<br />
Die erste Annäherung ist jedoch etwas ernüchternd.<br />
Zwar liegt Ornans malerisch im Tal der Loue und die<br />
umliegenden Hänge mit ihren Felsen bilden eine schöne<br />
Kulisse, doch die Randgebiete des Ortes sorgen ansonsten<br />
für eine wenig attraktive Einstimmung auf Gustave<br />
Courbet. Brachflächen und sogar Industrieruinen säumen<br />
die Straße. Man merkt sofort, in einer armen Ecke<br />
Frankreichs angekommen zu sein. Ornans ist weit von der<br />
Pracht touristischer Orte in der Provence oder im Périgord<br />
entfernt. Es wirkt auf den ersten Blick nicht wie ein<br />
klassisches Künstlerdorf.<br />
Das Zentrum der Kommune ist dagegen schon etwas<br />
einladender. Alte Steinhäuser und hängende Blumenkörbe<br />
heitern die Atmosphäre auf. Doch auch hier spürt man,<br />
dass die Menschen in Ornans nicht im Geld schwimmen.<br />
Die Asphaltdecke der Straße ist schlecht und die Bürgersteige<br />
und Plätze könnten eine Generalüberholung<br />
vertragen. Doch dann biege ich von der Hauptstraße nach<br />
rechts ab und überquere die Loue. Als ich mich auf der<br />
Mitte der Brücke befinde, verstehe ich zum ersten Mal,<br />
warum Gustave Courbet seine Heimat so liebte. Der Blick<br />
auf die Loue und die dicht am Wasser stehenden Häuser<br />
ist äußerst malerisch. Hier wirkt Ornans ein bisschen, wie<br />
man es von einem klassischen Künstlerdorf erwartet: idyllisch<br />
und pittoresk.<br />
Musée Courbet<br />
Ein Museum für den großen Sohn des Ortes<br />
Gleich auf der anderen Uferseite fällt ein Gebäudekomplex<br />
auf, der ob seiner Modernität und Gepflegtheit<br />
ein wenig wie ein aus dem Universum gelandetes Ufo<br />
wirkt. Irgendwie ist das Gebäude zu modern und zu edel<br />
für den ansonsten in die Jahre gekommenen Ort. Doch<br />
genau dieser Gebäudekomplex ist der Hauptgrund für die<br />
meisten Besucher, nach Ornans zu kommen. Es ist das<br />
runderneuerte und erweiterte Musée Courbet, das 2011<br />
wiedereröffnet wurde und seitdem ein bisschen kulturellen<br />
und architektonischen Glanz in den Ort bringt.<br />
Zwar gab es in dem Geburtshaus des Malers schon seit<br />
den 1970er-Jahren ein Museum über ihn. Doch erst nach<br />
dem vier Jahre dauernden Umbau und Ausbau wurde aus<br />
der Einrichtung ein Museum, das es mit anderen national<br />
bedeutenden Museen aufnehmen kann. Dafür hat man<br />
sein Geburtshaus mit zwei angrenzenden Gebäuden verbunden.<br />
Die Eingangshalle befindet sich jetzt hinter einer<br />
modernen Fassade aus Glas und Metall.<br />
Ich stelle mein Fahrzeug auf einem großen Parkplatz<br />
hinter einem weiteren Neubau gegenüber dem Museum ab<br />
und begebe mich auf museale Erkundungstour. Zwar sind<br />
Gustave Courbets wichtigste Bilder nicht in Ornans, sondern<br />
vor allem in Paris zu bewundern. Trotzdem besitzt<br />
das Museum durchaus bemerkenswerte Exponate und<br />
man fühlt sich von der modernen Präsentationsweise beeindruckt.<br />
Die gläserne Galerie über die Loue ist ebenfalls<br />
ein Highlight. Ich bin nach diesem Museumsbesuch mit<br />
Ornans versöhnt und gönne mir eine kleine Stärkung auf<br />
der Terrasse eines Bistros gleich gegenüber vom Museum.<br />
Anschließend schlendere ich noch einmal auf die Brücke<br />
über die Loue, um die Schokoladenseite von Ornans<br />
innerlich zu verewigen, und mache noch einen kurzen<br />
Abstecher zur Kirche des Ortes, die ebenfalls malerisch<br />
am Ufer des Flusses steht. Dann gehe ich zurück zum<br />
Auto.<br />
Bevor ich jedoch der Loue weiter in Richtung ihrer<br />
Quelle folge, fahre ich noch einmal zum Ortseingang<br />
von Ornans zurück. Als ich vorhin dort ankam, fiel mir<br />
ein Richtungsschild mit der Aufschrift « Château » auf.<br />
Über Wohnstraßen gelange ich schließlich auf eine enge<br />
Straße, die sich den Hang oberhalb des Ortes hinaufquält.<br />
Unterwegs ist die Straße manchmal so schmal, dass ich<br />
inständig hoffe, keinem entgegenkommenden Fahrzeug<br />
zu begegnen. Nach diversen Kurven und engen Stellen<br />
Oben: Die Kirche Saint-Laurent in Ornans. Links: Impressionen von der<br />
Loue, die mitten durch den kleinen Ort fließt. Unten: Das grunderneuerte<br />
Musée Courbet. S. 44/45: Das beliebteste Motiv von Ornans.<br />
46 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 47
UNTERWEGS IN FRANKREICH Jura<br />
wirkt. Noch mehr als in Ornans erkennt man hier die Armut<br />
der Gegend. Die meisten Häuser sind in keinem besonders<br />
guten Zustand. Dabei liegt Lods sehr malerisch.<br />
Befände sich dieser Ort in der Provence, würden sich<br />
Massen von Touristen durch die Gassen schieben. Doch<br />
so wirkt Lods wie ein fast gottverlassenes Nest. Trotzdem<br />
zählt es offiziell zu den schönsten Dörfern Frankreichs.<br />
Wenn man den morbiden Charme ausblendet, versteht<br />
man warum.<br />
Ich schlendere durch den Ort und merke, dass ich dringend<br />
etwas für meine Kondition tun muss. Ständig geht es<br />
bergauf und bergab. Vielleicht ist auch dies einer der Gründe,<br />
warum heute gerade noch 250 Menschen in Lods wohnen.<br />
Vielleicht waren es die Einwohner satt, sich ständig anstrengen<br />
zu müssen. Vermutlich liegen die wahren Gründe<br />
dafür, dass in den 1880er-Jahren noch über 1.500 Menschen<br />
hier lebten und nun nur noch so wenige, aber woanders. Zu<br />
den Sehenswürdigkeiten der kleinen Kommune gehört die<br />
Dorfkirche aus dem 18. Jahrhundert. Ansonsten verzaubert<br />
Lods vor allem durch seine hübsche Lage.<br />
Gorges de la Nouailles<br />
Wo der Jura fast zum Hochgebirge wird<br />
Hinter Lods steigt die Straße weiter an und die Berge<br />
werden immer höher. Ich passiere Mouthier-Haute-Pierre,<br />
das anders als Lods nicht in einem engen Tal, sondern auf<br />
einem Plateau oberhalb des Flusses liegt, was den Ort sehr<br />
viel luftiger wirken lässt, aber auch weniger pittoresk.<br />
Kurz hinter Mouthier-Haute-Pierre beginnt schließlich<br />
die Schlucht mit dem wohlklingenden Namen Gorges<br />
de la Nouailles. Ich kenne die vielen spektakulären<br />
Schluchten des Zentralmassivs und bin anfangs deshalb<br />
ein bisschen skeptisch, ob der Jura da mithalten kann.<br />
Doch schon nach den ersten Metern wird mir schnell klar,<br />
dass sich die Gorges de la Nouailles nicht hinter Schluchten<br />
wie die Gorges du Tarn in den Cevennen oder die<br />
Gorges de la Nesque in der Provence verstecken muss.<br />
Es sind zwar nur wenige Kilometer, doch diese haben<br />
es in sich. Die Landstraße windet sich immer mehr in die<br />
Höhe. Teils musste sie in den Felsen gehauen werden, teils<br />
führt sie entlang dicht bewachsener Hänge. Ich habe an<br />
einigen Stellen fast das Gefühl, im Hochgebirge zu sein.<br />
Unterwegs gibt es Parkbuchten, von denen aus man das<br />
spektakuläre Panorama genießen kann. Von einem der<br />
Parkplätze fällt mein Blick zurück auf Mouthier-Haute-<br />
Pierre. Man erkennt schön, wie das Dorf in luftiger Höhe<br />
inmitten dichter Wälder thront.<br />
Ich bin jedenfalls völlig begeistert von den Gorges de<br />
la Nouailles. Nie hätte ich gedacht, dass mich eine derart<br />
betörende Landschaft nur wenige Kilometer südlich der<br />
Autobahn A36 erwarten würde. Spätestens jetzt finde ich<br />
es vollkommen gerechtfertigt, dass ein braunes Hinweisschild<br />
an der Autobahn darauf hinweist.<br />
Unten: Blick auf Mouthier-Haute-Pierre. Linke Seite ganz links: Über Kurven geht es durch die Gorges de<br />
la Nouailles. Daneben: Blick auf Lods und die felsigen Wände der Gorges de la Nouailles.<br />
komme ich schließlich auf dem Gipfel an.<br />
Allerdings bin ich enttäuscht. Anstelle eines Schlosses<br />
sehe ich nur eine Kapelle und ein paar Wohnhäuser. Auf<br />
einem großen Schild mit der Aufschrift « Plan du Château<br />
d’Ornans » kann ich lesen, dass das Schloss von Ornans<br />
im 17. Jahrhundert vom Herzog von Luxemburg auf Verlangen<br />
von Ludwig XIV. zerstört wurde. So bleiben mir<br />
nur ein paar Ruinen. Ich bin mir nicht sicher, ob dies die<br />
mühsame Anfahrt wirklich rechtfertigt. Aber so habe ich<br />
wenigstens auch diese Sehenswürdigkeit von Ornans gesehen.<br />
Danach geht es zurück ins Tal und weiter in Richtung<br />
der Loue-Quelle.<br />
Lods<br />
Ein kleines Bergdorf im Jura<br />
Zunächst ist das Loue-Tal noch recht breit. Meist<br />
führt die Straße direkt am Fluss entlang. Die Landschaft<br />
ist idyllisch. Mit jedem Kilometer wird die Umgebung<br />
dann etwas bergiger. Während die beiden Orte Montgesoye<br />
und Vuillafans keinen wirklichen Stopp lohnen, halte<br />
ich in Lods erneut an.<br />
Lods ist ein kleines Dorf im Loue-Tal, welches an dieser<br />
Stelle schon recht eng und trotz einer Höhe von gerade<br />
einmal 382 Metern über dem Meeresspiegel fast alpin<br />
48 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 49
UNTERWEGS IN FRANKREICH Jura<br />
Oben: Die Höhle, in der die Loue entspringt. Man erkennt noch gut die Überreste der einstigen<br />
industriellen Nutzung dieses Ortes. Rechte Seite: Das Schloss von Cléron.<br />
Source de la Loue<br />
Wo alles seinen Anfang nimmt<br />
Doch mit der Fahrt durch diese spektakuläre Schlucht<br />
ist meine Reise durchs Loue-Tal noch lange nicht zu<br />
Ende. Vielmehr ist auch die Quelle des Flusses ein lohnendes<br />
Ziel. Um dorthin zu gelangen, muss ich für ein<br />
paar Kilometer das Loue-Tal verlassen. Die Landstraße<br />
führt auf eine Hochebene, von der man in einem Bogen<br />
und über eine kurze Stichstraße zurück in Richtung Fluss<br />
gelangt. Allerdings kommt man dann zu einem Parkplatz,<br />
von wo aus es nur zu Fuß weitergeht.<br />
Ich stelle mein Fahrzeug ab und folge dem gut ausgebauten<br />
Weg zur Quelle. Nachdem er anfangs nur<br />
sachte an Höhe verliert, wird das Gefälle zum Schluss<br />
immer größer. Der Rückweg wird also anstrengend.<br />
Nach einer guten Viertelstunde erreiche ich schließlich<br />
mein Ziel. Es ist weniger wild und einsam als gedacht,<br />
denn der französische Stromkonzern EDF nutzt die<br />
Wasserkraft. Ein paar Mitarbeiter nehmen gerade<br />
Wartungsarbeiten vor.<br />
Die Loue selbst entspringt in einer Höhle. Es ist die<br />
stärkste Karstquelle im Jura. Der Anblick des aus dem<br />
Berg quellenden Wassers, das danach als Wasserfall über<br />
Felstreppen in die Tiefe strömt, ist beeindruckend. Obwohl<br />
man hier ganz am Anfang des Flusses steht, spürt<br />
man bereits seine Kraft. Eine Kraft, die sich nicht erst<br />
EDF heute zunutze macht. Denn im 19. Jahrhundert lebten<br />
hier fast 50 Menschen. Es waren Müller, Schmiede<br />
und Sägemeister. Sie nutzten die Energie, die die durch<br />
das Wasser der Loue angetriebenen Mühlen an dieser<br />
Stelle produzierten. Die Ruinen aus dieser industriellen<br />
Zeit kann man bis heute sehen. Informationstafeln weisen<br />
auf diese Vergangenheit hin.<br />
Ich genieße den Anblick des wilden Wasserstroms<br />
und gehe dann wieder zurück in Richtung Parkplatz.<br />
Der Rückweg ist wegen der zu bewältigenden Steigung<br />
anstrengender als der Hinweg. Aber er lässt sich gut meistern,<br />
auch wenn ich mir erneut schwöre, etwas für meine<br />
Kondition tun zu müssen. Am Parkplatz gibt es ein Bistro.<br />
Ich gönne mir ein Erfrischungsgetränk und nutze die<br />
Zeit für einen Blick auf die Landkarte.<br />
Cléron<br />
Ein Schloss wie aus dem Bilderbuch<br />
Dort sehe ich, dass der schnellste Rückweg nach Besançon<br />
die gleiche Strecke wie der Hinweg ist. Ich bin<br />
aber nicht böse darum, die schöne Schlucht, die Gorges<br />
de la Nouailles, noch einmal zu passieren. Von Ornans<br />
aus könnte ich dann aber einen kleinen Schlenker weiter<br />
westlich nehmen, um noch an einem in der Landkarte<br />
eingezeichneten Schloss vorbeizukommen. Da ich noch<br />
genügend Zeit habe, entscheide ich mich für diese Variante,<br />
ohne zu wissen, was für ein Schloss mich konkret<br />
erwarten wird.<br />
Gesagt, getan. Nach einer knappen Dreiviertelstunde<br />
erreiche in den kleinen Ort Cléron. Die Strecke von<br />
Ornans dorthin war sehr lieblich, aber weniger spektakulär<br />
als die von Ornans an die Quelle der Loue. Cléron<br />
selbst ist ein verschlafenes Provinznest. Umso überraschter<br />
bin ich, hier ein äußerst hübsches Schloss vorzufinden.<br />
Den schönsten Blick auf das herrschaftliche Anwesen hat<br />
man aber nicht vom Zentrum aus, sondern wenn man ein<br />
Stückchen der D103 in Richtung Amondans folgt.<br />
Nach nur wenigen Metern wird von der Straße aus<br />
der Blick auf das Schloss, das direkt an der Loue liegt,<br />
frei. Ein äußerst schöner Anblick, der noch dadurch perfektioniert<br />
wird, dass die Loue an dieser Stelle über eine<br />
Stromschnelle fließt, was die Szenerie noch romantischer<br />
macht. Gebaut wurde das Schloss im 14. Jahrhundert, die<br />
heutige Gestalt stammt jedoch von Umbauarbeiten im 16.<br />
und 19. Jahrhundert. Das Schloss ist eingebettet in einen<br />
malerischen kleinen Schlosspark. Einziger Wermutstropfen:<br />
Das Anwesen lässt sich nur sehr eingeschränkt und<br />
lediglich im Juli und August besichtigen. Reist man zu<br />
einer anderen Zeit an, steht man vor einem verschlossenen<br />
Eingangsportal. Der hübsche Anblick von der Landstraße<br />
ist aber das ganze Jahr über gewährleistet.<br />
Nach diesem letzten Stopp auf meiner kleinen Reise<br />
durchs Loue-Tal mache ich mich auf den Weg zurück<br />
nach Besançon und von dort auf die Autobahn A36 in<br />
Richtung Süden. Ab dem heutigen Tag weiß ich, dass<br />
die braunen Schilder mit ihren touristischen Hinweisen<br />
durchaus ihre Berechtigung haben können. Ich werde sie<br />
in Zukunft öfter einmal beachten. Im Falle des Loue-Tals<br />
habe ich wirklich einen kleinen Geheimtipp entlang einer<br />
Strecke gefunden, die für mich wie für viele andere bisher<br />
vor allem eine Transitstrecke war.<br />
50 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 51
A28/E402<br />
Dreux<br />
Versailles<br />
PARIS<br />
A31/E21-E23<br />
Nancy<br />
A4/E25<br />
Strasbourg<br />
UNTERWEGS IN FRANKREICH Jura<br />
A6/E15<br />
Alençon<br />
Chartres<br />
A5/E54<br />
A26/E17<br />
A35<br />
A11/E50<br />
Troyes<br />
A5/E35<br />
<br />
Aus Deutschland und Österreich<br />
und München mit Basel/Mul house.<br />
A10/E5<br />
Sens<br />
A5/E17-E54 A31/E21-E23<br />
Colmar Freiburg<br />
erreicht man das Loue-Tal über die<br />
Germanwings bietet Flüge ab Düsseldorf<br />
A35/E25<br />
Le Mans Autobahn A36, die von der deutschfranzösischen<br />
Orléans<br />
an, EasyJet ab Berlin, Dres den<br />
Grenze am Rhein in<br />
und Hamburg und Austrian ab Wien.<br />
Mulhouse<br />
A11/E501<br />
A28/E502<br />
Châtillon-sur-Seine<br />
Richtung Beaune/Dijon führt. Man<br />
Auxerre<br />
France<br />
Belfort<br />
verlässt die Autobahn an der Abfahrt<br />
Der TGV von Frankfurt a.M. über Mannheim,<br />
Karlsruhe und Baden-Baden<br />
A6/E15<br />
Basel<br />
Blois<br />
Chambord<br />
<strong>Nr</strong>. 4 und A10/E5-E60 gelangt über die N57 und<br />
gers<br />
A31/E17-E21<br />
Cheverny<br />
A36/E60<br />
D67 ins Loue-Tal. Aus den meisten<br />
nach Marseille hält Vézelay in Avallon Besançon. Flavigny<br />
A86/E60<br />
Schweizer<br />
Tours Chenonceau<br />
A71/E9<br />
Kantonen ist A85 die Anreise<br />
Ornans und das Loue-Tal selbst sind A38<br />
Dijon<br />
Besançon<br />
über Basel, Mulhouse und die A36<br />
nicht ans Zugnetz angeschlossen.<br />
Monts A10/E5<br />
Bourges<br />
Cléron Ornans<br />
ebenfalls die beste Wahl. Alternativ<br />
Bern<br />
Lods<br />
bietet sich aus einigen westlichen<br />
www.ornans-loue-lison.com<br />
Source<br />
Kantonen die Anreise durch A20/E9 den Jura<br />
de la<br />
A71/E11<br />
an.<br />
Office de Tourisme<br />
Chalon-sur-Saône Loue<br />
Schweiz<br />
7, rue Pierre Vernier<br />
A6/E15<br />
Poitiers Ornans …<br />
25390 Ornans<br />
Lausanne<br />
… Berlin 993 km … Hamburg 942 km<br />
… Köln 621 km … München 609 km<br />
Telefon: +33 (0)3 81 62 21 500 Cluny<br />
t<br />
… Wien 1.023 km<br />
Montluçon<br />
… Zürich 269 km<br />
Musée Courbet<br />
Genève<br />
1, place Robert Fernier<br />
Der nächste Flughafen ist der Euro Airport<br />
Basel/Mulhouse, der über zahlreiche<br />
A71/E11<br />
25290 Ornans<br />
Telefon: +33 (0)3 81 86 22 88<br />
Annecy<br />
Direkt ver bindungen aus dem<br />
www.musee-courbet.fr<br />
Clermont-<br />
A72/E70<br />
Lyon<br />
Limoges<br />
Ferrand<br />
deutsch sprachigen Raum ver fügt.<br />
Eintrittspreise: 8,00 Euro im Sommer,<br />
A89/E70 Puy de Dôme<br />
goulême<br />
A43/E70<br />
So verbindet Lufthansa Frank furt a.M.<br />
sonst 6,00 A75/E11 Euro<br />
Chambéry<br />
le Mont-Dore<br />
St.-Etienne<br />
Frankreich digital erleben!<br />
Deutschland<br />
Ab sofort können Sie das aktuelle Heft sowie ältere Ausgaben von<br />
Frankreich erleben auch in digitalisierter Form lesen. Erhältlich ist das<br />
Zürich<br />
Angebot über den Kiosk von Apple (für iPad), bei Google Play oder im<br />
Internet unter der Adresse http://frankreicherleben.digitalpublishing.io<br />
LESETIPPS FÜR AUSFLÜGE IN DIE UMGEBUNG<br />
Rayol-<br />
Canadelsur-Mer<br />
Périgueux<br />
Tulle<br />
Grenoble<br />
Brive-la-Gaillarde<br />
A49/E713<br />
A89/E70 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 39<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 43<br />
Peugeot-Museum: Mehr Beaulieu-sur-Dordogne<br />
als ein Automobilmuseum<br />
Maison de Louis Pasteur:<br />
Briançon<br />
Aurillac<br />
Valence<br />
Im Peugeot-Museum Sarlat-le-Canéda in Sochaux bei Montbéliard südlich<br />
Ein Dorf im Fokus der Wissenschaft<br />
von Belfort werden nicht nur die wichtigsten und<br />
Crest<br />
Die<br />
Arbois ist mit knapp 4.000 Einwohnern,<br />
legendärsten Autos der Löwenmarke gezeigt,<br />
A7/E15 einem re gi Saillans o nal typischen Kirchturm,<br />
Gap<br />
sondern es wird auch die Geschichte eines großen<br />
Dächern mit braun en Ziegeln, einem<br />
industriellen Abenteuers erzählt. Die Einrichtung<br />
schönen Markt platz mit Arkaden<br />
ermöglicht einen Rückblick auf die Entwicklung<br />
und Weinbergen im Um land auf den<br />
eines der größten französischen Konzerne, ohne<br />
ersten Blick ein ruhiges un schein bar -<br />
Orange<br />
dabei auf Showeffekte oder eine spektakuläre<br />
es Dorf im Jura. Doch dieser A51/E712 Ein druck<br />
Architektur zu setzen. Ein Museum nicht nur für Autoliebhaber.<br />
täuscht. Denn Arbois A9/E15 hat einen Forscher hervorgebracht,<br />
A75/E11<br />
dem Frank reich und die Welt Avignon viel verdanken: Apt Louis Pasteur,<br />
Saint-Guilhemle-Désert<br />
A54/E805<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41<br />
der be rühmt este Nîmes fran zö sische Biologe und Chemiker, der<br />
Montbéliard: Die Farben einer Stadt<br />
A7/E15<br />
Lodève einen Groß teil seines Lebens in dem Ort verbrachte und<br />
Arles<br />
Aix-en-<br />
Wenige Kilometer Toulouse von der Schweizer Grenze und rund 110<br />
Montpellier<br />
dort abseits des haupt städt ischen Provence Wissen schafts betriebs<br />
Kilometer von Freiburg entfernt, lädt die 27.000 Einwohner A9/E15 sein privates Labor ein richt ete. In Arbois gewann Pasteur<br />
A8/E80<br />
zählende Kleinstadt Montbéliard zu einem Besuch<br />
A55<br />
Bézier entscheidende Erkenntnisse über Gärungs A52 prozesse und A57<br />
ein. Das industrielle Herz der Region Franche-Comté entwickelte seine Keimtheorie Marseille sowie einen Impf stoff gegen<br />
Narbonne<br />
A50<br />
Toulon<br />
war lange Zeit eine deutsche Enklave, die zum Haus Tollwut, eine seiner wichtigsten Leistungen. Die Mai son de<br />
A81/E80<br />
Württemberg gehörte. Limoux Besonderes Kennzeichen Louis Pasteur erinnert heute an diesen großen Wissen schaftler,<br />
der Arbois vor dem Schicksal bewahrt hat, ein Dorf wie<br />
der Stadt sind bis heute farbenfrohe Fassaden, die<br />
A9/E15<br />
so gar nicht typisch französisch anmuten.<br />
jedes andere zu sein.<br />
France<br />
Perpignan<br />
INFORMATIONEN Andorra ZUR BESTELLUNG DIESER Collioure UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 90.<br />
Céret<br />
Italien<br />
France<br />
Cannes<br />
A8/E80<br />
Torino<br />
Nice<br />
L‘Ile-Rousse<br />
Calvi<br />
Rogliano<br />
Erbalunga<br />
Bastia<br />
Corte<br />
52 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Spanien<br />
AP7/E15<br />
Ajaccio
UNTERWEGS IN FRANKREICH Hotel<br />
Boutique-Hotel im Pariser Szeneviertel Marais<br />
Eines der seit Jahren angesagtesten Viertel der französischen<br />
Hauptstadt ist das Marais. In den mittelalterlich<br />
wirkenden Gassen des Stadtteils schlägt im<br />
südwestlichen Bereich das schwule und im nordöstlichen<br />
Bereich das jüdische Herz von Paris. Eigentlich gibt es im<br />
Marais alles, was sich der moderne Städtereisende wünscht:<br />
trendige Läden, schicke Restaurants, interessante Sehenswürdigkeiten<br />
und sogar kleine grüne Oasen der Ruhe. Nur<br />
eines ist eher Mangelware in dem Szeneviertel: Hotels.<br />
Große Hotelketten sind im Marais gar nicht anzutreffen.<br />
Aber auch die sonst für Paris so üblichen kleinen<br />
privaten Hotels der 2- und 3-Sterne-Kategorie sind in<br />
dem Viertel östlich des Centre Pompidou und westlich der<br />
Place de la Bastille nur selten zu finden. Legt man dann<br />
noch Wert auf modernes Design,<br />
wird die Auswahl noch kleiner.<br />
Doch zum Glück gibt es das Hotel<br />
Duo an der Ecke der Rue du<br />
Hotel Duo<br />
Temple und der Rue de la Verrerie<br />
11, rue du Temple<br />
schräg gegenüber vom Kaufhaus<br />
75004 Paris<br />
BHV.<br />
Telefon: +33 (0)1 42 72 72 22<br />
Es befriedigt alle Ansprüche,<br />
die man an ein solches Hotel in einem<br />
Szeneviertel stellt. Zunächst<br />
www.duo-paris.com<br />
einmal gibt es eine ansprechend<br />
EZ ab 110 Euro, DZ ab 185 Euro,<br />
gestaltete Lobby. Sie ist für ein<br />
Junior-Suite ab 350 Euro,<br />
Hotel dieser Größe in einer Stadt<br />
Suite ab 420 Euro<br />
mit astronomisch hohen Quadratmeterpreisen<br />
ungewöhnlich<br />
großzügig bemessen. Diverse<br />
Sitzgruppen mit Sofas und Sesseln<br />
laden zum Verweilen ein. Durch<br />
die großen Panoramafenster lässt sich der Trubel auf den<br />
Straßen des Marais beobachten, ohne selbst etwas davon<br />
mitzubekommen.<br />
Zu der Lobby gehört eine Bar, die auch auswärtigen<br />
Gästen offen steht, in der die Hotelgäste aber meist doch<br />
unter sich bleiben. So ist gewährleistet, dass man sich als<br />
Hausgast nicht verdrängt fühlt, wie es in vielen anderen<br />
Szenehotels inzwischen leider oft der Fall ist. Gegenüber<br />
dem Bartresen existiert ein verglaster Innenhof als besonderer<br />
Hingucker. Hier stehen eine angestrahlte Bauminstallation<br />
sowie zwei Sessel. So kann man als Gast in der<br />
frischen Luft sitzen und sich trotzdem wohlbehütet wie<br />
im Inneren des Hotels fühlen. Lobby und Bar sind damit<br />
der perfekt Ort, um einen erlebnisreichen Tag in Frankreichs<br />
Hauptstadt ausklingen zu lassen. Der passende<br />
Cocktail dafür wird gerne zubereitet.<br />
58 Zimmer, Bar, kostenloses WLAN<br />
Die Zimmer selbst verteilen sich auf vier Stockwerke.<br />
Wie in Paris üblich, darf man keine Raumwunder erwarten.<br />
Platz ist in der Weltstadt an der Seine äußerst kostbar.<br />
So misst das Standard-Einzelzimmer auch nur elf und das<br />
Standard-Doppelzimmer lediglich 13 Quadratmeter. Gerade<br />
bei Reisenden aus dem deutschsprachigen Raum, die<br />
aus ihrer Heimat an größere Hotelzimmer gewöhnt sind,<br />
kann da schnell ein Gefühl von Klaustrophobie aufkommen.<br />
Verstärkt wird dieses Gefühl noch dadurch, dass<br />
viele der Zimmer zu einem der recht engen Innenhöfe hin<br />
liegen. Der Ausblick ist deshalb begrenzt.<br />
Doch an diesen beengten Verhältnissen trägt nicht<br />
wirklich das Hotel die « Schuld ». Die Enge ist schlicht<br />
den teuren Immobilienpreisen an der Seine geschuldet, die<br />
gerade im Marais gigantische Höhen<br />
erreichen. Die Zimmergrößen<br />
sind absoluter Pariser Standard in<br />
dieser Preisklasse. Außerdem ist<br />
das Marais viel zu spannend, um<br />
zu viel Zeit auf dem Zimmer zu<br />
verbringen. Die Lage des Hotels<br />
ist perfekt. Man muss nur vor die<br />
Tür treten und befindet sich schon<br />
im Herzen des Szeneviertels.<br />
Wenn man Wert auf etwas<br />
mehr Bewegungsfreiheit legt,<br />
kann man außerdem eine der<br />
höheren Kategorien buchen. Das<br />
Superior-Doppelzimmer misst 16<br />
Quadratmeter und das Deluxe-<br />
Doppelzimmer 23 Quadratmeter.<br />
Außerdem gibt es noch eine 30<br />
Quadratmeter große Junior-Suite und eine 40 Quadratmeter<br />
große Suite. Letztere verfügt sogar über eine eigene<br />
Terrasse im zweiten Innenhof des Hotels.<br />
Der Einrichtungsstil aller Zimmer ist durchweg<br />
modern, ohne dabei den historischen Bezug zu den Gebäuden<br />
und dem Viertel zu leugnen. Diverse Braun- und<br />
Beigetöne sorgen für eine heimelige Atmosphäre. Die<br />
Möblierung ist durchdacht, um den vorhandenen Platz<br />
maximal zu nutzen. Moderne Bäder komplementieren<br />
den positiven Gesamteindruck. Das Hotel Duo kann man<br />
deshalb durchaus auch als Design-Hotel bezeichnen.<br />
Bleibt am Ende nur die Frage, warum das Hotel den<br />
Namen Duo trägt? Die Antwort lässt sich von der Rue<br />
de la Verrerie aus leicht erkennen: Das Hotel ist in zwei<br />
Altbauten untergebracht, die durch die großzügige Lobby<br />
und Bar miteinander verbunden sind.<br />
54 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 55
UNTERWEGS IN FRANKREICH Loiret<br />
LOIRET<br />
Entdeckungen entlang der östlichen Loire<br />
Wenn es um die Schlösser an der Loire geht, konzentrieren sich die<br />
meisten Touristen auf die Flussabschnitte zwischen Orléans, Tours und<br />
Angers. Dabei gibt es auch östlich von Orléans sehenswerte Schlösser<br />
und malerische Orte zu entdecken. Das betroffene Departement trägt<br />
zwar den Namen des kleinen Flusses Loiret, doch der wichtigste Fluss<br />
des Departements ist trotzdem die Loire. Eine Reise entlang Frankreichs<br />
berühmtesten Flusses abseits ausgetretener Touristenpfade.<br />
Der Bürgermeister von Châteauneuf-sur-Loire hat<br />
keinen Grund zur Klage, zumindest wenn es um<br />
die Lage seines Dienstgebäudes geht: Er muss nur<br />
vor die Tür treten und schon befindet er sich inmitten des<br />
schönsten Parks des Ortes, dem Schlosspark. Denn das<br />
Rathaus der nur knapp 8.000 Einwohner zählenden Kommune,<br />
die rund 25 Kilometer östlich von Orléans liegt, ist<br />
in einem der noch erhaltenen Gebäude des einstigen<br />
Schlosses von Châteauneuf-sur-Loire untergebracht. Viel<br />
herrschaftlicher kann man als weltlicher Volksvertreter eigentlich<br />
gar nicht residieren.<br />
Der Hauptflügel des Schlosses existiert leider nicht<br />
mehr. Er wurde 1802 von einem Architekten aus Orléans<br />
abgerissen, der das ganze Anwesen, das bereits während<br />
der Französischen Revolution empfindlich beschädigt<br />
wurde, zuvor gekauft hatte. Früher, als das Gebäudeensemble<br />
noch komplett war, soll das Schloss zu einem der<br />
schönsten entlang der Loire gehört haben. Den Grundstein<br />
dafür setzte das französische Adelsgeschlecht der<br />
Kapetinger. Im 11. Jahrhundert ließ Heinrich I., König<br />
von Frankreich von 1031 bis 1060 und aus der Kapetinger-Dynastie<br />
stammend, an der Stelle eine erste Festung<br />
errichten. Da es zur damaligen Zeit das jüngste der königlichen<br />
Schlösser war, nannte man es wenig einfallsreich<br />
château neuf (dt. neues Schloss). Daraus entstand der heutige<br />
Stadtname Châteauneuf-sur-Loire.<br />
Als 1328 Karl IV. der Schöne in dem Anwesen verstarb,<br />
verschwand damit auch die Hauptlinie der Kapetinger-Dynastie.<br />
Später diente das Schloss den Herzögen<br />
von Orléans als Sitz. Ludwig XIV. verkaufte es Mitte<br />
des 17. Jahrhunderts an seinen Staatssekretär und Zeremonienmeister<br />
Louis I. Phélypeaux de La Vrillière, der<br />
die Festung zu einem « kleinen Versailles » umbaute. Im<br />
18. Jahrhundert kam es in den Besitz eines Enkels des<br />
Sonnenkönigs, der das Anwesen nochmals erweiterte. So<br />
wurde das Schloss von Châteauneuf-sur-Loire zu einem<br />
kleinen Schmuckstück – bis die Französische Revolution<br />
ihre Spuren hinterließ und der besagte Architekt den<br />
Hauptflügel abriss.<br />
Doch auch wenn heute nicht mehr die ganze Pracht<br />
von einst zu bewundern ist, lohnt sich trotzdem ein Bummel<br />
durch den schön angelegten Schlosspark mit seinen<br />
üppigen Rhododendronbüschen und anderen schönen<br />
Pflanzen. Man sieht dabei sogar noch Gräben und Befestigungsmauern,<br />
die von der ursprünglichen Festung an dem<br />
Ort stammen. Außerdem ist im ehemaligen königlichen<br />
Pferdestall ein Museum untergebracht, das durchaus einen<br />
kurzen Besuch wert ist: das Musée de la Marine de Loire.<br />
CHÂTEAUNEUF-SUR-LOIRE<br />
Eine einst lebhafte Handelsstadt<br />
Denn schon im Mittelalter lebte Châteauneuf-sur-<br />
Loire von der Schifffahrt und dem Handel auf der Loire.<br />
Der Ort war ein wichtiges wirtschaftliches Zentrum der<br />
Region. Anders als heute, wo die Loire nur streckenweise<br />
schiffbar ist, so dass sie nicht die Bedeutung als Wasserstraße<br />
besitzt wie etwa die Rhône oder der Rhein, spielte<br />
früher der Fluss eine wichtige Rolle als Transportweg.<br />
Das Museum ist zwar nicht sehr groß, es bietet aber interessante<br />
Einblicke in diese Epoche. Außerdem erfährt<br />
man einiges über Schifffahrtstechniken.<br />
Aber nicht nur wegen des Schlossparks lohnt ein Stopp<br />
in Châteauneuf-sur-Loire. Auch das Ortszentrum selbst<br />
ist recht idyllisch, wenn auch ohne herausragende Sehens-<br />
<strong>56</strong> · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 57
UNTERWEGS IN FRANKREICH Loiret<br />
Oben: Im Schlosspark von Châteauneuf-sur-Loire. Im Gebäude links ist das Rathaus untergebracht. Der Graben stammt noch von<br />
der einstigen Festung an dieser Stelle. Rechte Seite: Die Basilika von Saint-Benoît-sur-Loire. S. <strong>56</strong>/57: Die Loire bei Les Boutrons.<br />
würdigkeiten. Hier spürt man das unaufgeregte Leben<br />
einer kleinen Kommune im Dunstkreis von Orléans, der<br />
Hauptstadt der Region Centre-Val-de-Loire, die auch nach<br />
dem anstehenden Neuzuschnitt von Frankreichs Regionen<br />
eigenständig bleiben wird. Der Bürgermeister hat also auch<br />
sonst keinen Grund zur Klage. Es gibt sicherlich Kollegen<br />
im Land, die größere Probleme zu meistern haben als er.<br />
Nur ein kleines Ärgernis gibt es, doch dafür tragen die<br />
Kapetinger und ihre fehlende Fantasie bei der Namensfindung<br />
die Schuld: Châteauneuf-sur-Loire ist nicht der<br />
einzige Ort im Land, der sich Châteauneuf nennt. Es<br />
existieren über zwei Dutzend Kommunen mit diesem<br />
Namen. Dies führt gerne einmal zu Verwechslungen und<br />
macht es schwerer, sich ein unverwechselbares Image aufzubauen.<br />
Dabei steht Châteauneuf-sur-Loire insbesondere<br />
im Schatten des viel berühmteren Châteauneuf-du-Pape<br />
in der Provence. Aber ein echtes Problem ist dies nun auch<br />
wieder nicht.<br />
DIE LOIRE<br />
Einer der letzten wilden Flüsse Europas<br />
Wenn man anschließend von Châteauneuf-sur-Loire<br />
die Reise weiter in Richtung Osten entlang der Loire fortsetzt,<br />
fährt man zunächst durch eine beschauliche Feldund<br />
Wiesenlandschaft. Hinter Germigny-des-Prés und<br />
vor Saint-Benoît-sur-Loire führt die Landstraße in Höhe<br />
von Les Boutrons ganz nah an die Loire heran.<br />
Eine äußerst idyllische Flusslandschaft breitet sich<br />
vor dem Augen des Betrachters aus. Obwohl es bis zur<br />
Mündung in den Atlantik bei Saint-Nazaire noch gut<br />
400 Kilometer sind, ist die Loire bereits erstaunlich breit.<br />
Gleichzeitig versteht man, warum der Fluss für die moderne<br />
Schifffahrt wenig geeignet ist. Sogar vom Ufer aus<br />
erkennt man, dass der Strom nicht sehr tief ist. Diverse<br />
teils bewachsene, teils nicht bewachsene Sandbänke und<br />
Flussinseln bilden die Flussmitte. Sie sind allerdings nicht<br />
statisch, sondern verändern im Laufe der Zeit immer<br />
wieder ihr Aussehen. Keine Staudämme oder Schleusen<br />
hindern den natürlichen Lauf des Flusses.<br />
Die Loire ist ein gemütlich dahinfließender Strom,<br />
der trotz allem technischen Fortschritts seine Ursprünglichkeit<br />
und Natürlichkeit bewahren konnte. Etwas, was<br />
im hochindustrialisierten Europa für einen so wichtigen<br />
Fluss – mit einer Länge von 1.004 Kilometern immerhin<br />
der längste Frankreichs – durchaus eine Seltenheit darstellt.<br />
Die Schönheit des Flusses und seiner Umgebung<br />
zog seit Beginn des 16. Jahrhunderts den französischen<br />
Adel an, der unzählige Schlösser errichtete und Paris fast<br />
zur Provinz werden ließ. Bis heute ist diese Schönheit und<br />
Natürlichkeit der Loire erhalten geblieben. Von Sully-sur-<br />
Loire im Osten bis Chalonnes-sur-Loire im Westen steht<br />
das Loire-Tal deshalb unter dem Schutz des Weltkulturerbes<br />
der UNESCO. Hier zwischen Châteauneuf-sur-Loire<br />
und Saint-Benoît-sur-Loire versteht man sehr gut warum.<br />
SAINT-BENOÎT-SUR-LOIRE<br />
Ein Dorf mit einer zu großen Basilika<br />
Konnte Châteauneuf-sur-Loire mit einem königlichen<br />
Baudenkmal punkten, dreht sich in Saint-Benoît-sur-<br />
Loire alles um eine kirchliche Sehenswürdigkeit: eine Abtei<br />
mit großer Basilika. Das Gotteshaus wirkt für die noch<br />
nicht einmal 2.000 Einwohner zählende Kommune allerdings<br />
vollkommen überdimensioniert. Dies zeigt jedoch,<br />
welche religiöse Bedeutung der Ort im Mittelalter besaß.<br />
Die heute zu bewundernde Kirche entstand im Wesentlichen<br />
im 11. und 12. Jahrhundert. Das Hauptschiff<br />
zeichnet sich durch hohe Gewölbe aus, die sicherlich nicht<br />
an eine übliche Dorfkirche erinnern. Durch das helle<br />
Mauerwerk und die großzügig bemessenen Fenster ist das<br />
Gotteshaus sehr lichtdurchflutet. Die Basilika von Saint-<br />
Benoît-sur-Loire ist eine freundliche und einladende Kirche.<br />
Sie gilt als ein Paradebeispiel romanischer Baukunst,<br />
obwohl auch einige gotische Elemente vorhanden sind,<br />
etwa das Gewölbe des Hauptschiffes.<br />
Die Ursprünge der Abtei reichen jedoch noch viel<br />
weiter als bis ins 11. Jahrhundert zurück. Schon in der<br />
Mitte des 7. Jahrhunderts wurde in Saint-Benoît-sur-<br />
Loire ein Kloster gegründet. Damals trugen der Ort und<br />
das Kloster den Namen Fleury. Einer der Gründe für den<br />
folgenden Aufschwung der Abtei war die Umsiedlung von<br />
Reliquien des Heiligen Benedikt aus Italien an die Loire.<br />
Denn zahlreiche Wunder und Heilungen, die in einem<br />
Zusammenhang mit diesen Reliquien gestanden haben<br />
sollen, sorgten für den Zustrom vieler Pilger. Wegen der<br />
wertvollen Überreste des Heiligen Benedikts kam es dann<br />
auch zur Umbenennung in Saint-Benoît-sur-Loire.<br />
Auch heute leben Mönche in der Abtei, 32 aktuell, obwohl<br />
das Kloster während der Französischen Revolution<br />
aufgelöst wurde. Möglich machte dies eine Wiederaufnahme<br />
klösterlichen Lebens im Jahre 1944. Die Glaubensbrüder<br />
nennen ihre Abtei jedoch immer noch Fleury,<br />
so wie das Kloster ursprünglich hieß. Wer ihren Alltag<br />
etwas besser kennenlernen will, kann sich für eine Woche<br />
ins Klosterleben zurückziehen und an ihren Ritualen<br />
teilnehmen.<br />
Abgesehen von dieser sehenswerten Basilika gibt es als<br />
Besucher allerdings wenig Spannendes in Saint-Benoîtsur-Loire<br />
zu entdecken, so dass man nach einer Besichtigung<br />
der Kirche getrost seine Reise in Richtung Sullysur-Loire<br />
fortsetzen kann.<br />
SULLY-SUR-LOIRE<br />
Ein Schloss wie eine Burg<br />
Um den Ort und sein Schloss zu erreichen, muss man<br />
die Uferseite wechseln. Dies ist dank einer Brücke in Höhe<br />
der Kommune problemlos möglich. Die Flussüberquerung<br />
führt geradezu auf das Schloss von Sully-sur-Loire zu.<br />
Umgeben wird es von einem breiten Wassergraben. Dieser<br />
sowie die massiven Rundtürme verleihen dem Schloss<br />
einen sehr wehrhaften Charakter. Ähnlichkeiten mit einer<br />
mittelalterlichen Burg sind nicht zu leugnen. Durch diese<br />
58 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 59
UNTERWEGS IN FRANKREICH Loiret<br />
Oben: Blick auf die Kleinstadt Gien und ihr Schloss, das über den Dächern der Altstadt thront.<br />
Linke Seite: Das Schloss von Sully-sur-Loire. Die wehrhafte Architektur erinnert an eine Burg.<br />
besondere Architektur, die Lage direkt an der Loire sowie<br />
den kleinen, aber schönen Schlossgarten ist das Schloss von<br />
Sully-sur-Loire eines der schönsten östlich von Orléans.<br />
Errichtet wurde es im 14. Jahrhundert. Im Jahre 1429<br />
versuchte Jeanne d’Arc, die als Jungfrau von Orléans in die<br />
Geschichtsbücher einging, im Schloss von Sully-sur-Loire<br />
Karl VII. zu überreden, sich in der Kathedrale von Reims<br />
zum König Frankreichs krönen zu lassen. Sie hatte mit<br />
ihrer Bitte Erfolg. Karl VII. gab ihr dort das Versprechen,<br />
ihrem Plan zu folgen.<br />
Doch die französische Nationalheldin im Hundertjährigen<br />
Krieg war nicht die einzige Berühmtheit, die ins<br />
Schloss von Sully-sur-Loire kam. Knapp 300 Jahre später<br />
suchte Voltaire Zuflucht hinter den dicken Mauern. Der<br />
Philosoph und Schriftsteller war zuvor aus Paris verbannt<br />
worden. Der Herzog von Sully wusste den Witz und<br />
Geist des damals gerade einmal 22-Jährigen dagegen zu<br />
schätzen und gewährte ihm Unterschlupf. Im Park des<br />
Schlosses frönte Voltaire einigen Liebeleien. Im Ehrensaal<br />
des Schlosses ließ er Stücke von sich aufführen. So fanden<br />
hier die Premieren für « Artémise » und « Ödipus » statt.<br />
Bis ins 20. Jahrhundert hinein blieb das Schloss in<br />
Familienbesitz. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg, in<br />
dem das Schloss Beschädigungen erfuhr, konnte die letzte<br />
Besitzerin der Familiendynastie das Anwesen aus finanziellen<br />
Gründen nicht mehr halten und verkaufte es ans<br />
Departement, dem es bis heute gehört. Das Departement<br />
unternahm seitdem bemerkenswerte Anstrengungen zur<br />
Erhaltung des Anwesens. Unter anderem baute man einen<br />
1918 abgebrannten Flügel des Schlosses wieder vollständig<br />
auf und möblierte ihn erneut im historischen Kontext.<br />
Kurzum, das Schloss von Sully-sur-Loire ist heute eine<br />
für die Öffentlichkeit zugängliche Sehenswürdigkeit, die<br />
definitiv einen Abstecher lohnt.<br />
GIEN<br />
Eines der ersten Schlösser an der Loire<br />
Von Sully-sur-Loire aus kann man wählen, auf welcher<br />
Uferseite der Loire man das nächste Ziel ansteuern<br />
will. Vorteilhafter ist die Weiterfahrt auf der linken Uferseite,<br />
denn dann kann man nach einigen Kilometern einen<br />
tollen Blick auf das überwiegend auf der rechten Uferseite<br />
liegende Gien genießen. Anders als Châteauneuf-sur-<br />
Loire, Saint-Benoît-sur-Loire und Sully-sur-Loire ist<br />
Gien eine echte Kleinstadt. Hauptsehenswürdigkeit ist<br />
auch hier ein Schloss, das oberhalb der Innenstadt thront<br />
und die Stadtsilhouette dominiert.<br />
Die lokale Tourismuszentrale vermarktet es gerne als<br />
eines der « ersten Schlösser entlang der Loire », wobei<br />
man sich einerseits auf die geografische Lage – von der<br />
Mündung aus gesehen liegt es am « Anfang » einer Kette<br />
von berühmten Schlössern – und andererseits auf sein<br />
Alter bezieht – erbaut wurde es in seiner jetzigen Form<br />
im 15. Jahrhundert, aber es gab an der Stelle bereits zuvor<br />
60 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 61
Arras<br />
UNTERWEGS IN FRANKREICH Loiret<br />
Der Pont-Canal de Briare. Heute wird die Kanalbrücke über die<br />
Loire noch von Freizeitkapitänen und Fußgängern genutzt.<br />
ein noch älteres Jagdschloss. Wie auch immer man diesen<br />
Marketingspruch bewerten mag, nötig hat ihn das Schloss<br />
mit Sicherheit nicht. Denn auch ohne große Sprüche<br />
lohnt ein Besuch des Ortes schon allein wegen des Anblickes<br />
der einzigartigen Stadtsilhouette.<br />
Ins Innere des Schlosses, wo sich normalerweise ein<br />
internationales Jagdmuseum befindet, kommt man zurzeit<br />
ohnehin nicht, denn das Departement, dem die Anlage<br />
seit 1823 genauso wie das Schloss von Sully-sur-Loire<br />
gehört, führt gerade umfangreiche Sanierungsarbeiten<br />
durch. Dafür kann man sich am äußeren Anblick erfreuen.<br />
Die Architektur ist ein gutes Beispiel für die französische<br />
Renaissance, als diese noch nicht zu sehr durch<br />
italienische Moden beeinflusst war. Durch seine rote Ziegelfassade<br />
unterscheidet sich das Schloss optisch von den<br />
meisten anderen Schlössern entlang der Loire.<br />
Wer ein paar Besorgungen zu erledigen hat oder sich<br />
in der ansonsten sehr ländlichen Umgebung nach etwas<br />
städtischem Leben sehnt, sollte noch einen Stadtbummel<br />
durch Gien einplanen. Cafés und Bistros laden zum Verweilen<br />
ein. Der Ort hat eine fast schon urbane Atmosphäre<br />
– jedenfalls im Vergleich zur näheren Umgebung.<br />
62 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
PONT-CANAL DE BRIARE<br />
Eine Brücke für Schiffe<br />
Von Gien aus ist es nur noch ein Katzensprung bis zu<br />
einer weiteren Attraktion auf dieser Reise durchs Departement<br />
Loiret, dem Pont-Canal de Briare. Gewöhnlich werden<br />
Brücken für Menschen und Fahrzeuge errichtet. Doch<br />
südlich von Briare wurde eine Brücke aus einem anderen<br />
Grund gebaut. An dieser Stelle kreuzt ein Kanal die Loire.<br />
Anstatt die Schiffe auf dem Kanal durch Schleusen auf das<br />
niedrigere Niveau der Loire zu bringen und anschließend<br />
wiederum durch Schleusen auf das Niveau des Kanals zu<br />
heben, entschied man sich für den Bau einer Brücke. So<br />
können Schiffe die Loire überqueren, wie dies sonst nur Autos<br />
oder Menschen tun.<br />
Allerdings stellte sich die Idee anfangs als nicht<br />
Ile<br />
realisierbar<br />
heraus. Denn die Loire ist für ihre Hochwasser be-<br />
de Sein<br />
rüchtigt. Eine zu massive Brücke hätte sich im Falle Pointe eines<br />
du Raz<br />
Hochwassers schnell als Barriere entpuppen können, die<br />
das Wasser noch mehr aufgestaut und die Umgebung zusätzlichen<br />
Gefahren ausgesetzt hätte. Erst als man im 19.<br />
Jahrhundert ausreichend Erfahrung damit hatte, im großen<br />
Stil Metall als Baumaterial einzusetzen, ließ sich dieses Problem<br />
durch eine dank dieser Technik filigraneren Bauweise<br />
lösen. Gustave Eiffel war als einer der Spezialisten, der viel<br />
Erfahrung mit dem Einsatz dieses Baustoffes hatte, am Bau<br />
der Brückenfundamente beteiligt. Errichtet wurde die Kanalbrücke<br />
von 1890 bis 1896.<br />
Um auch ästhetischen Ansprüchen gerecht zu werden,<br />
wurde die Brücke äußerst elegant entworfen. Hübsche Laternen<br />
und Geländer schmücken die Fahrrinne. Am Ende<br />
der Brücke thronen jeweils zwei große und reich verzierte<br />
Säulen. Das unterscheidet das Bauwerk von der monotonen<br />
Sachlichkeit der meisten Brücken aus heutiger Zeit. Außerdem<br />
bettet sich die Brücke durch ihre Farbe und Leichtigkeit<br />
bestens in die Umgebung ein.<br />
Links und rechts der Fahrrinne wurden Treidelpfade<br />
angelegt, auf denen man heute das Bauwerk zu Fuß überqueren<br />
kann. Sie sind frei zugänglich. Es ist schon ein ungewöhnliches<br />
Gefühl, wenn man mitten auf der 662 Meter<br />
langen Brücke steht und nicht nur unter sich Wasser sieht,<br />
sondern auch auf der Brücke selbst. Mit ein bisschen Glück<br />
kann man außerdem beobachten, wie Freizeitkapitäne über<br />
die Brücke navigieren. Für moderne Lastkähne ist die Fahrrinne<br />
dagegen längst zu schmal.<br />
Die Kanalbrücke von Briare ist ein idealer Abschluss<br />
einer Reise entlang der Loire im Departement Loiret.<br />
Nicht nur, dass sie ein wenig Abwechslung zu den sonst<br />
eher üblichen Schlössern bietet. Am Brückenende von Briare<br />
befindet sich neben der Brückeneinfahrt außerdem ein<br />
altes Steinhaus mit einem Bistro, in dem man lecker essen<br />
kann. Ideal, wenn gerade kein Kapitän auf der Brücke unterwegs<br />
ist und man deshalb noch ein bisschen warten will.<br />
Außerdem stellen die Gastronomen ihre eigene Schokolade<br />
her, die man auch käuflich erwerben kann – ein perfektes<br />
Mitbringsel von einer Reise entlang der Loire abseits ausgetretener<br />
Touristenpfade.<br />
Brest<br />
Guyencourt-Saulco<br />
Amiens<br />
Cherbourg-<br />
<br />
Wenn man das Loire-Tal Octeville im Loiret<br />
kehren IC-Züge nach Orléans. Das<br />
A1/E15-E19<br />
in der angegebenen Reihenfolge<br />
Loire-Tal östlich von Orléans ist da gegen<br />
nicht ans Zugnetz an A131 ge schlossen. Jumièges<br />
Le A29/E44 Havre<br />
Rouen<br />
abfahren will, sollte man über den<br />
Honfleur<br />
Norden bzw. Osten nach Orléans<br />
A26/E17<br />
anreisen und von dort über die D960<br />
N13 www.tourisme-loiret.com<br />
Caen A13/E46<br />
A13/E5<br />
Châteauneuf-sur-Loire ansteuern. Für Saint-Lô<br />
A16<br />
Eilige bietet sich auch der paral lele<br />
Agence de Développement et de Evreux<br />
Schnellweg D2060 an. Hinter Châteauneuf-sur-Loire<br />
A84/E401 Réservation Touristique du Loiret<br />
A4/E50<br />
nimmt man bis<br />
8, rue d’Escures<br />
PARIS<br />
Lannion<br />
DinardSaint-Malo<br />
Sully-sur-Loire die D60. Von dort führt<br />
Avranches<br />
A28/E402<br />
45000 Orléans<br />
Dreux<br />
N12/E50 auf der anderen Uferseite N176/E401 die Mont-Saint-Michel<br />
D951<br />
Telefon: +33 (0)2 38 78 04 04<br />
Saint-Brieuc<br />
nach Gien. N12/E50Von Gien nach Briare<br />
A6/E15<br />
A84<br />
A11/E50<br />
A5/E54<br />
und zu der Kanalbrücke des Ortes<br />
Musée de Alençon la Marine de Loire Chartres<br />
N164<br />
führt die D952.<br />
1, place Aristide Briand<br />
Quimper<br />
45110 Châteauneuf-sur-Loire<br />
D768 Châteauneuf-sur-Loire … Rennes<br />
Telefon: +33 (0)2 38 58 41 18<br />
A10/E5<br />
Sens<br />
N165/E60 … Berlin 1.207 N24 km … Hamburg 1.053 km<br />
www.musee-marinedeloire.fr<br />
Châteauneufsur-Loire<br />
A6/E15<br />
… Köln 650 km … München 918 km<br />
Le Mans<br />
Orléans<br />
Lorient<br />
A11/E501<br />
… Wien 1.351 km … Zürich 630 km<br />
Abbaye de Fleury<br />
Saint-Benoît-sur-Loire<br />
Vannes<br />
A28/E502<br />
45730 Saint-Benoît-sur-Loire<br />
Sully-sur-Loire<br />
N165/E60<br />
Gien<br />
Blois<br />
Quiberon Der nächste aus dem deutsch sprachigen<br />
Raum angeflogene Flughafen ist A11/E60 www.abbaye-fleury.com<br />
Cheverny<br />
A77<br />
Telefon: +33 (0)2 38 25 72 43<br />
Chambord<br />
A10/E5-E60<br />
Briare<br />
Angers<br />
La Baule<br />
in Paris. Es gibt zahlreiche Direktflüge<br />
A86/E60<br />
Tours<br />
A71/E9<br />
St. Nazaire<br />
A85<br />
aus vielen Städten in Deutschland, Nantes Château de Sully-sur-Loire<br />
Österreich und der Schweiz, unter<br />
A87<br />
Chemin de la Salle Montsverte<br />
A10/E5<br />
Bourges<br />
Clisson<br />
an derem mit Air France, Lufthansa, Cholet 4<strong>56</strong>00 Sully-sur-Loire<br />
Swiss, Austrian, EasyJet, airberlin und A83<br />
Telefon: +33 (0)2 38 36 36 86<br />
A20/E9<br />
Ger man wings.<br />
www.chateausully.fr<br />
A71/E11<br />
Les Sablesd’Olonne<br />
Hervé Roussel<br />
Aus dem deutschsprachigen Raum<br />
Musée de la chasse<br />
Artisan chocolatier<br />
A83<br />
Poitiers<br />
gibt es keine direkten Zug ver bindun<br />
Château de Gien<br />
Pont-Canal<br />
gen ins Loire-Tal. In Paris muss je-<br />
Saint-Sigismond 45500 Gien<br />
45250 Briare<br />
weils umgestiegen und der Bahn hof N11/E601 Telefon: Niort+33 (0)2 38 67 69 69<br />
Telefon: +33 (0)2 Montluçon 38 37 10 58<br />
gewechselt werden. Von dort ver-<br />
La RochelleWiedereröffnung für 2016 geplant<br />
Nur im Sommer geöffnet<br />
E5/A10<br />
A71/E11<br />
LESETIPPS E602/A837 FÜR AUSFLÜGE IN DIE UMGEBUNG<br />
Clermont-<br />
A7<br />
Limoges<br />
Ferrand<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 36<br />
A89/E70 Puy de Dôme<br />
Angoulême Ausgabe <strong>Nr</strong>. 43<br />
A75/E11<br />
Blois: Ein Schloss der Geheimnisse und Intrigen<br />
Cheverny: Das Schloss von Tim und Struppi<br />
le Mont-Dore<br />
Auf einem kleinen Hügel über der Loire liegt<br />
Chenonceau, Chambord, Azay-le-Rideau, die großen<br />
Montalivet<br />
idyllisch die Stadt Blois. Dabei birgt<br />
Namen im Loire-Tal lassen manchmal vergessen,<br />
sie furchtbare Geheimnisse. Hier<br />
Périgueux dass auch weniger Tulle bekannte Schlösser in der<br />
wirkt alles, als wäre die Zeit immer<br />
Nachbarschaft Brive-la-Gaillarde<br />
einen Umweg lohnen. Ein solches<br />
A89/E70<br />
genauso ruhig dahingezogen wie E5/A10<br />
befindet sich südöstlich Beaulieu-sur-Dordogne<br />
von Blois in Cheverny. Zwar<br />
der Fluss vor ihren Toren. Doch oben<br />
hat hier niemals ein König gewohnt,<br />
Le Porge<br />
Aurillac dafür ist das<br />
Sarlat-le-Canéda<br />
über der Stadt hat das Bordeaux Schloss<br />
Schloss den meisten Kindern und Erwachsenen<br />
Intrigen, Verschwörungen und Skandale gesehen, die<br />
wegen einer Comicserie bekannt: Tim und Struppi. Cheverny war das<br />
Cap-Ferret<br />
A52/E72<br />
dramatisch und nur selten amüsant waren. Ein Besuch in der Vorbild für das berühmte Schloss Mühlenhof von Kapitän Haddock.<br />
ehemaligen Residenz der französischen Könige ist eine gute Darüber hinaus erzählt es von einer großen Familiendynastie und<br />
Gelegenheit, einige besondere Seiten des französischen ist eines der heute noch am prunkvollsten eingerichteten Schlösser<br />
Geschichtsbuchs aufzuschlagen.<br />
Mimizan<br />
entlang der Loire.<br />
INFORMATIONEN E5-E70/A63 ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 90.<br />
Hossegor<br />
Biarritz<br />
Hendaye<br />
Bayonne<br />
France<br />
A64/E80<br />
Toulouse<br />
A75/E11<br />
Saint-G<br />
le-Dés<br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 63Lodève<br />
Montpell<br />
A9
UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne<br />
Presqu’île<br />
de Crozon<br />
Halbinsel der schroffen Kaps<br />
und spektakulären Ausblicke<br />
Den südlichen Rand der Reede von Brest<br />
bildet die Crozon-Halbinsel. Eine großartige<br />
Landschaft mit steilen Küsten, schroffen<br />
Kaps und viel unberührter Natur. Doch trotz<br />
dieser Naturschönheiten ist die Halbinsel<br />
selbst in der Hochsaison selten überlaufen.<br />
Die Presqu’île de Crozon ist ein Geheimtipp<br />
für alle, die eine Bretagne wie aus dem<br />
Bilderbuch erleben wollen und den großen<br />
Trubel scheuen.<br />
64 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 65
UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne<br />
Ganz oben: Der neue Pont de Térénez. Darunter: Herrschaftliche<br />
Villen in Morgat. Links: Blick von Morgat auf die Südküste der<br />
Halbinsel. S. 64/65: Pointe de Penhir mit den Tas de Pois.<br />
Wenn man von Brest aus übers Wasser in den Süden<br />
schaut, meint man, die Crozon-Halbinsel<br />
greifen zu können. Doch obwohl sie so nah<br />
scheint, ist sie weiter weg, als man denkt. Auch in Höhe<br />
der Goulet de Brest, der recht engen Einfahrt in die Reede<br />
von Brest, führt keine Brücke auf die andere Uferseite. Wer<br />
die Crozon-Halbinsel erobern will, muss mühsam die<br />
Bucht umfahren, um sich dann von Osten her auf die<br />
Halbinsel zu begeben. So kommen von der Brester Innenstadt<br />
bis zur Pointe des Espagnols, die der Stadt gleich gegenüber<br />
liegt, stolze 75 Kilometer zusammen, während<br />
Vögel dafür keine fünf Kilometer fliegen müssen.<br />
Aber die Anreise lohnt sich und bereits die Annäherung<br />
macht neugierig. Von Brest aus kommend muss man<br />
die Aulne überqueren, um auf die Presqu’île de Crozon<br />
zu gelangen. So fühlt sich ein Ausflug auf die Halbinsel<br />
fast wie eine Reise auf eine echte Insel an, denn die Aulne<br />
ist relativ breit und wirkt mehr wie ein Fjord als wie ein<br />
Fluss. Für die Überquerung des Stroms hat man von 2007<br />
bis 2011 eine neue, über 500 Meter lange Schrägseilbrücke<br />
errichtet, den Pont de Térénez. Es ist die erste Schrägseilbrücke<br />
Frankreichs, die als Kurve gebaut wurde. Ihr Anblick<br />
inmitten der bewaldeten Umgebung ist malerisch.<br />
Die Brücke ist auf jeden Fall ein würdiges « Eingangstor »<br />
auf die Halbinsel.<br />
Doch auch schon vor der Eröffnung der neuen Brücke<br />
im April 2011 gab es eine Straßenüberquerung an dieser<br />
Stelle. Es war ebenfalls eine Hängebrücke, allerdings war<br />
sie dem Verkehr nicht mehr gewachsen und wies an den Betonpylonen<br />
erhebliche Schäden auf. Deshalb entschied man<br />
sich für einen Neubau mit optimierter Straßenführung. Die<br />
letzten Spuren der alten Brücke werden gerade beseitigt.<br />
Hat man den Pont de Térénez überquert, hat man die<br />
Qual der Wahl: Die Crozon-Halbinsel ist derart mit Kaps<br />
und schönen Aussichtspunkten gesegnet, dass man gar<br />
nicht weiß, wo man mit einer Besichtigungstour anfangen<br />
soll. Ob Cap de la Chèvre ganz im Süden, die Pointes de<br />
Dinan, de Penhir und du Toulinguet im Westen oder die<br />
Pointe des Espagnols im Norden, alle Endpunkte dieser<br />
Halbinsel lohnen einen Besuch.<br />
Crozon und Morgat<br />
Hauptstadt und Seebad<br />
Am noch unspektakulärsten ist vermutlich das Cap<br />
de la Chèvre ganz im Süden. Um die Rundreise dramaturgisch<br />
steigern zu können, bietet es sich deshalb als<br />
erstes Ziel an. Um dorthin zu gelangen, durchquert man,<br />
die « Hauptstadt » der Halbinsel, die kleine Kommune<br />
Crozon. Große Sehenswürdigkeiten hat der Ort nicht<br />
zu bieten. Er dient vor allem als Versorgungszentrum für<br />
Einheimische und Touristen.<br />
Etwas schmucker ist dagegen das sich gleich im Süden<br />
anschließende Morgat. Obwohl Crozon und das Seebad<br />
quasi ineinander übergehen, hat Morgat seine administrative<br />
Eigenständigkeit bis heute bewahrt. Schließlich ist<br />
die Kommune so etwas wie der Pionierort des modernen<br />
Fremdenverkehrs auf der Halbinsel. Kein Geringerer als<br />
der Automobilbauer Armand Peugeot rief gegen Ende des<br />
19. Jahrhunderts in dem einstigen Fischerdörfchen einen<br />
Verein zur Förderung des Fremdenverkehrs ins Leben.<br />
Der Gründer des heutigen Weltkonzerns war weitsichtig.<br />
Er sah voraus, dass die zunehmende Mobilisierung der<br />
Menschen die Gewohnheiten verändern und einst abseits<br />
66 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 67
UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne<br />
gelegene Ecken des Landes für eine breite Masse zugänglich<br />
machen würde. Er sollte Recht behalten: Heute ist<br />
Morgat ein bedeutender Ferienort an der bretonischen<br />
Westküste. Es locken ein großer breiter Strand und viele<br />
Wassersportmöglichkeiten.<br />
Cap de la Chèvre<br />
Ganz unten im Süden<br />
Von Morgat sind es noch rund acht Kilometer, bis man<br />
schließlich die äußerste Südspitze der Crozon-Halbinsel<br />
erreicht hat. Auf den letzten Metern wird die Landschaft<br />
immer karger. Nur noch kleine Gebüsche trotzen mutig<br />
den oft heftigen Winden am Kap. Irgendwann geht die<br />
Straße dann nicht mehr weiter. Das südliche Ende ist<br />
erreicht. Dem Besucher eröffnet sich ein 360-Grad-Panorama.<br />
Weit gleitet der Blick über die Baie de Douarnenez<br />
und den Atlantik. Man befindet sich an dieser Stelle rund<br />
100 Meter über dem Meeresspiegel.<br />
Auf der anderen Seite der Baie de Douarnenez erkennt<br />
man die Sizun-Halbinsel mit der weltberühmten Pointe du<br />
Raz. Außerdem lässt sich in weiter Ferne die Ile-de-Sein<br />
erahnen. Wenn man die anderen spektakuläreren Kaps<br />
der Crozon-Halbinsel noch nicht kennt, ist das Cap de la<br />
Chèvre durchaus ein grandioser Ort. Obwohl die französische<br />
Marine am Kap anwesend ist, wird das großartige<br />
Naturerlebnis nicht wirklich getrübt. Doch die Crozon-<br />
Halbinsel bietet noch spektakulärere Kaps als dieses. Eine<br />
Steigerung stellt bereits die nicht weit entfernte Pointe du<br />
Dinan dar, die man als nächstes ansteuern sollte.<br />
Auf dem Weg dorthin muss man jedoch unbedingt<br />
einen Abstecher zu den bewachsenen Dünen der Plage de<br />
la Palud unternehmen. Der selbst im Hochsommer gottverlassene<br />
Strand liegt auf halber Strecke vom Cap de la<br />
Chèvre zur Pointe de Dinan und lässt sich nur über eine<br />
schmale Stichstraße erreichen. Die letzten Meter hinunter<br />
zur Küste sind höhenbeschränkt und äußerst buckelig.<br />
Viele Besucher lassen ihre Fahrzeuge deshalb vor der Höhenbeschränkung<br />
stehen und gehen die letzten Meter bis<br />
zum Meer zu Fuß.<br />
Egal, ob man sich zu dieser kleinen Wanderung entschließt<br />
oder lieber von einem Schlagloch zum nächsten<br />
schaukelt, am Ende erwartet einen einer der schönsten<br />
Strände der Halbinsel. Hier kann man Natur pur genießen.<br />
Es besteht auch keine Gefahr, von einem mobilen<br />
Eisverkäufer aus seinen Tagträumen gerissen zu werden.<br />
Dafür ist der Strand viel zu abgelegen. Das Baden im<br />
Meer ist wegen der starken Brandung und Strömung verboten.<br />
Dies mindert aber nicht den Reiz dieses schönen<br />
Strandes. Die Plage de la Palud ist der perfekte Ort, um<br />
den Alltag zu vergessen und stundenlang aufs Meer zu<br />
schauen.<br />
Oben: Pointe de Dinan. Auf dem<br />
rechten Bild erkennt man das Château<br />
de Dinan mit der Natursteinbrücke.<br />
Links und unten: Pointe de Penhir.<br />
Pointe de Dinan<br />
Ein Fels wie eine Burg<br />
Um zur Pointe de Dinan weiterzufahren, muss man<br />
sich wieder ein Stückchen von der Küste entfernen. Als<br />
direkte Verbindung entlang der Küste gibt es nur einen<br />
Wanderweg. Mit dem Auto geht es dagegen über kleine<br />
Straßen im Hinterland weiter. Entlang der Strecke stehen<br />
einige malerische Wohn- und Ferienhäuser. Nach der rauen<br />
Küste wirkt das Hinterland an dieser Stelle fast schon<br />
lieblich.<br />
Die Pointe de Dinan ist so etwas wie die kleine<br />
Schwester der Pointe de Penhir an der Westküste der<br />
Halbinsel. Wie am Cap de la Chèvre zeigt sich auch kurz<br />
vor der Pointe de Dinan die Vegetation immer spärlicher.<br />
Nur eine simple Heidelandschaft überlebt die widrigen<br />
Bedingungen am Kap. Am Fuße des Kaps muss das Fahrzeug<br />
abgestellt werden. Dann geht es per pedes hinauf auf<br />
die Pointe de Dinan.<br />
Erneut erfreut sich das Auge an einem grandiosen<br />
360-Grad-Panorama. Außerdem zeigt sich die Bretagne<br />
an dieser Stelle, wie man sie von unzähligen Postkarten<br />
kennt: als eine zerklüftete Küste mit felsige Buchten und<br />
dunkelblauem bis türkisfarbenem Meer. Es ist eine Landschaft<br />
wie aus einem bretonischen Bilderbuch.<br />
Ein dem Kap vorgelagerter Felsklotz ist durch eine Natursteinbrücke<br />
mit der Pointe de Dinan verbunden. Dieser<br />
Felsklotz inmitten der aufgewühlten Brandung wird Château<br />
de Dinan genannt, denn die felsigen Klippen sollen an<br />
eine Burgruine erinnern. Die Legende besagt, dass hier einst<br />
barbarische Riesen lebten, die sich von Seefahrern ernährten.<br />
Die Felsburg, die nie eine echte Burg war, lässt sich begehen.<br />
Rutschfeste Schuhe sind aber unerlässlich. Die Absturzgefahr<br />
von den Klippen sollte niemand unterschätzen.<br />
Pointe de Penhir<br />
Eines der schönsten Kaps der Bretagne<br />
Wer sich an den felsigen Buchten und schroffen Klippen<br />
der Pointe de Dinan nicht genug sattsehen kann,<br />
muss nicht traurig sein, wenn die Weiterfahrt ansteht.<br />
Denn wie die Pointe de Dinan, nur noch schöner und<br />
spektakulärer, ist die Pointe de Penhir. Dieses Kap an der<br />
äußersten Westspitze der Halbinsel kann es sogar mit der<br />
bekannten Pointe du Raz aufnehmen. Nicht wenige finden<br />
die Pointe de Penhir sogar noch spektakulärer als das<br />
Kap weiter südlich. Außerdem ist es weniger überlaufen.<br />
Die Klippen ragen bis zu 70 Meter über den Meeresspiegel.<br />
In engen Felsbuchten gurgelt der Atlantik. Kräftige<br />
Blau-, Türkis- und Grüntöne prägen die Umgebung. Und<br />
68 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 69
UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne<br />
Oben: Blick auf Camaret-sur-Mer. Unten<br />
links: Der Goulet de Brest. Unten rechts: Blick<br />
auf die Stadtsilhouette von Brest. Rechte<br />
Seite: Die Klosterruine von Landévennec.<br />
als ob das alles noch nicht genug wäre, hat die Natur ein<br />
paar Felsbrocken als Verlängerung des Kaps im Meer drapiert.<br />
Les Tas de Pois, Erbsenhaufen, heißen diese winzigen<br />
Eilande. Ein Anblick, der fotogener nicht sein könnte.<br />
Die Pointe de Penhir ist zweifelsfrei nicht nur das<br />
schönste Kap der Crozon-Halbinsel, sondern auch eines<br />
der schönsten der ganzen Bretagne. Es ist daher nicht<br />
unbedingt notwendig, auch noch die Pointe du Toulinguet<br />
zu besuchen, die etwas weiter nördlich liegt und<br />
gemeinsam mit der Pointe de Penhir die Westspitze der<br />
Halbinsel bildet. Nicht entgehen lassen sollte man sich<br />
aber den hübschen Ort Camaret-sur-Mer, der sich gleich<br />
im Hinterland der beiden Kaps befindet.<br />
Camaret-sur-Mer<br />
Vom Fischerdorf zum Ferienort<br />
Neben Morgat ist Camaret-sur-Mer einer der Hauptferienorte<br />
der Crozon-Halbinsel. Früher war das Dorf durch<br />
den Fischfang geprägt. Heute liegen mehr Jachten als Fischerboote<br />
im Hafen. An der Uferpromenade laden diverse<br />
Restaurants und Bistros zum Verweilen ein. Die Gemeinde<br />
ist froh, dass der Tourismus ein wenig Geld in die Kassen<br />
spült. Vom Fischfang kann hier kaum noch einer leben.<br />
Eine der Sehenswürdigkeiten des Ortes ist die Tour<br />
Vauban. Der Turm steht auf einem 600 Meter langen<br />
Naturdamm, der die Bucht vom Meer abtrennt. Errichtet<br />
wurde er von Vauban, dem großen Baumeister von Frankreichs<br />
Verteidigungsanlagen unter dem Sonnenkönig. Der<br />
Turm bewies seine schützende Funktion bei Angriffen der<br />
Engländer und Holländer. Heute wird er für Ausstellungen<br />
genutzt.<br />
Neben der Tour Vauban steht die Chapelle Notre-Dame-de-Rocamadour.<br />
Sie stammt aus dem 17. Jahrhundert<br />
und diente als Zwischenstation für Pilger auf dem Weg<br />
zum Wallfahrtsort Rocamadour im Südwesten Frankreichs.<br />
Beide Gebäude zusammen bilden eine hübsche<br />
Silhouette, wenn man von der Uferstraße des Ortes aufs<br />
Meer schaut. Camaret-sur-Mer und seine Restaurants bieten<br />
sich deshalb perfekt für eine kleine Erholungspause an.<br />
Pointe des Espagnols<br />
Panoramablick auf Brest<br />
Danach steht das letzte bedeutende Kap auf dem Programm,<br />
die Pointe des Espagnols. Im Vergleich zu den<br />
bisher gesehenen Kaps ist die Vegetation an der äußersten<br />
Nordspitze der Crozon-Halbinsel fast schon üppig. Es ist<br />
ohnehin weniger das Kap selbst, das einen Besuch lohnt,<br />
sondern viel mehr die hübsche Aussicht auf die Großstadt<br />
Brest am anderen Ufer.<br />
Die Pointe des Espagnols liegt an der schmalsten Stelle<br />
der Reede von Brest, der Goulet de Brest. Sie dient als<br />
Einfahrt in die Bucht, die schon seit Jahrhunderten als natürlicher<br />
Hafen geschätzt wird. Von hier sind es nur rund<br />
fünf Kilometer Luftlinie bis ins Herz der Hafenstadt. Der<br />
Blick auf die Stadtsilhouette wirkt nach der vielen Natur<br />
zuvor wie der Blick auf eine fremde Welt. Wegen der<br />
strategischen Bedeutung wurde das Kap im Laufe der Geschichte<br />
immer mehr zur Festung. Die Spuren aus dieser<br />
Zeit sind allgegenwärtig.<br />
Der Name der Pointe des Espagnols rührt übrigens<br />
von einer spanischen Besetzung im 16. Jahrhundert her.<br />
Die Spanier errichteten damals ein Fort an dieser Stelle,<br />
um den Seehandel in der Bucht von Brest zu kontrollieren.<br />
Dies blieb allerdings eine kurze Episode in der Geschichte<br />
der Region.<br />
Von der Pointe des Espagnols aus sieht man auch die<br />
Ile Longue weiter südöstlich. Die Landzunge ist einer der<br />
wichtigsten Stützpunkte der französischen Marine. Hier<br />
ist der Heimathafen der französischen Atom-U-Boote.<br />
Entsprechend ist die Landzunge gut gesichert und für die<br />
Öffentlichkeit gesperrt. Wo sich die Atom-U-Boote aber<br />
gerade befinden, ist ein wohlgehütetes Geheimnis. Bekannt<br />
ist nur, dass sie nie alle an der gleichen Stelle liegen.<br />
Landévennec<br />
Klosterruine mit Meerblick<br />
Nach diesen vielen Kaps hat man definitiv die wichtigsten<br />
Naturschönheiten der Crozon-Halbinsel gesehen.<br />
Nach den vielen grandiosen Natureindrücken ist es ohnehin<br />
schwer, die einzelnen Höhepunkte im Kopf auseinanderzuhalten.<br />
Eine kulturelle Attraktion wartet allerdings<br />
noch, und zwar ganz im Osten der Halbinsel unweit der<br />
am Morgen überquerten Brücke: Landévennec und seine<br />
Klosterruine.<br />
Die Ruine der Abtei am Ufer der Mündung der Aulne<br />
ist äußerst malerisch. Hinter den übriggebliebenen<br />
Mauern der einstigen Klosterkirchen schimmert das blaue<br />
Wasser. Dahinter schaut man auf die Hügel des bretonischen<br />
Festlandes. Erneut ist man der Versuchung nahe,<br />
70 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 71
UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne<br />
mit dem Fotografieren nicht aufzuhören. Das Kloster<br />
wurde bei der Französischen Revolution aufgegeben und<br />
verfiel anschließend. Allerdings gab es nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg in Landévennec einen Neuanfang der Benediktiner.<br />
Das neue Kloster befindet sich oberhalb der Klosterruine.<br />
Auf dem Rückweg zum Pont de Térénez kommt man<br />
kurz hinter dem Ort noch an einem Schiffsfriedhof vorbei.<br />
In der letzten Schleife, bevor die Aulne in die Reede von<br />
Brest mündet, hat die französische Marine ausgemusterte<br />
Kriegsschiffe ankern lassen. Ein etwas surrealer Anblick<br />
in dieser ansonsten grünen Oase. Doch die Schiffe erinnern<br />
daran, dass die Reede von Brest seit je von großer<br />
militärischer Bedeutung war. Eine Bucht, die es ohne die<br />
Crozon-Halbinsel nicht geben würde.<br />
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Gespenstiger Anblick: Der Schiffsfriedhof<br />
auf der Aulne bei Landévennec.<br />
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IN FINISTÈRE, BRETAGNE<br />
LESETIPPS FÜR AUSFLÜGE IN DIE UMGEBUNG<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 31<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41<br />
Pointe du Raz: Das Ende der Welt<br />
Brest: Die unterschätzte Hafenstadt am Ende der Welt<br />
Die Bretonen nennen den westlichsten Punkt<br />
Für viele liegt Brest in einer Sackgasse ganz weit weg<br />
Frankreichs « Penn ar Bed », was « Ende der Welt »<br />
im Westen der Bretagne, jedenfalls irgendwo, wohin<br />
bedeutet. Keine Frage, ein solcher Ort<br />
man sich nicht so schnell verirrt. Die letzte<br />
flößt Respekt ein. An der Pointe du<br />
französische Großstadt vor den Weiten des<br />
Raz im Departement Finistère fällt das<br />
Atlantischen Ozeans litt lange Zeit unter ihrer<br />
französische Festland über eine bis zu<br />
isolierten Lage. Doch Brest ist heute alles<br />
72 Meter hohe Steilküste in den Ozean.<br />
andere als ein verschlafenes Provinznest.<br />
Wo die Wellen unaufhörlich an die<br />
Trotz einer sehr bewegten und oft tragischen<br />
Felsen klatschen, lockt ein majestätisches Kap, das jeden in Geschichte hat die Hafenstadt ihr ganz eigenes Lebensgefühl<br />
seinen Bann zieht.<br />
gefunden. Brest überrascht und lohnt definitiv die weite Anreise.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 39<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 54<br />
Abbaye de Daoulas:<br />
Montagnes Noires: Wo die Bretagne in die Höhe wächst<br />
Kloster der Kultur und der Heilpflanzen<br />
Bretagne und Berge, sind das nicht zwei Begriffe, die<br />
Die Abtei von Daoulas rund 20 Kilometer südöstlich<br />
von Brest kann mit einem<br />
Leben relativ. Dies gilt auch für die « Schwarzen<br />
sich einander ausschließen? Wie man weiß, ist vieles im<br />
Kreuzgang aus dem 12. Jahr hun dert<br />
Berge » im Hinterland von Quimper, die weder<br />
im romanischen Stil, einem Ora tor ium<br />
schwarz noch wirklich hoch sind. Doch in<br />
aus dem 16. Jahr hun dert, einem<br />
einer eher flachen Region wird eine hügelige<br />
Brunnen mit magischen Kräf ten, einem<br />
Landschaft, die es auf Höhen zwischen 300<br />
der schönsten Heil pflanzengärten<br />
bis 320 Metern schafft, gerne schon einmal<br />
des Kontinents und mit Schafen, die zu den kleinsten der Welt als bergig bezeichnet. Die Montages Noires gehören zusammen<br />
gehören, aufwarten. Das religiöse Erbe und die kulturelle<br />
mit den weiter nördlich gelegenen Monts d’Arrée zu den beiden<br />
Nutzung von heute bilden dabei eine reizvolle Symbiose.<br />
« Gebirgen » der westlichen Bretagne. Der Namenszusatz « schwarz »<br />
Alles Gründe, bei der nächsten Reise in die Bretagne einen lässt vermuten, dass sie früher einmal stark bewaldet waren. Heute<br />
Abstecher zu dieser Abtei einzuplanen.<br />
prägen eher sanft gewellte Wiesen und Felder diese Landschaft.<br />
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Är mel kanals via Amiens, Le Havre,<br />
Caen, Saint-Brieuc und Brest bzw. aus<br />
Süd deutschland, Österreich und der<br />
Schweiz über den Osten Frankreichs,<br />
Paris, Le Mans, Rennes, Saint-Brieuc<br />
und Brest. Alternativ kann man von<br />
Ren nes aus auch den Schnellweg<br />
durchs Inland der Bretagne nehmen<br />
und via Châteaulin auf die Halbinsel<br />
gelan gen.<br />
Crozon …<br />
… Berlin 1.603 km … Hamburg 1.439 km<br />
… Köln 1.031 km … München 1.425 km<br />
… Wien 1.833 km<br />
… Zürich 1.163 km<br />
Der nächste Flughafen ist in Brest.<br />
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die Stadt mit Umsteigen in Paris an.<br />
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Österreich und der Schweiz in<br />
die Bretagne existieren nicht.<br />
Direkte Zugverbindungen aus dem<br />
deutschsprachigen Raum in die<br />
Bretagne existieren nicht. Brest ist<br />
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Office de Tourisme<br />
Boulevard de Pralognan la Vannoise<br />
29160 Crozon<br />
Telefon: +33 (0)2 98 27 07 92<br />
Musée de l’ancienne abbaye de<br />
Landévennec<br />
Place Yann de Landévennec<br />
29<strong>56</strong>0 Landévennec<br />
Telefon: +33 (0)2 98 27 35 90<br />
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L<br />
72 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 73
FRANKREICH HEUTE Geschichte<br />
Ein Floß aus Burgund<br />
Wie Paris über Jahrhunderte<br />
mit Holz versorgt wurde<br />
Die Geschichte ist nicht sehr bekannt,<br />
doch ohne sie wäre Paris heute vermutlich<br />
nicht die Stadt, die sie ist: Drei Jahrhunderte<br />
lang, von 1547 bis 1877, versorgte sich die<br />
französische Hauptstadt mit Holz aus dem<br />
Morvan, ein Höhenzug in Burgund, 250<br />
Kilometer südöstlich der Seine-Metropole.<br />
Ungewöhnlich war dabei vor allem, wie<br />
das Holz nach Paris transportiert wurde.<br />
Mangels der technischen Möglichkeiten<br />
der heutigen Zeit formte man aus dem Holz<br />
Flöße, die über Flüsse bis in die Hauptstadt<br />
trieben. Viele Familien im Morvan lebten<br />
von diesem Handel. Doch am Ende des<br />
19. Jahrhunderts war Schluss und diese<br />
alte Tradition geriet in Vergessenheit. Bis<br />
diesen Sommer einige geschichtsbewusste<br />
Burgunder die Vergangenheit wiederaufleben<br />
ließen und einmalig einen Holztransport<br />
wie vor 150 Jahren organisierten.<br />
Wenn man weiß, wie stark der Schiffsverkehr auf<br />
der Seine im Pariser Großraum reglementiert<br />
ist, versteht man, warum die Hauptstädter am 5.<br />
Juli äußerst erstaunt auf ihren Fluss schauten: An diesem<br />
Sonntag schwamm etwas auf dem Wasser, was aussah wie<br />
zwei lange, miteinander verbundene Flöße. Kaum ein Einheimischer<br />
oder Tourist konnte sich jedoch erklären, was es<br />
mit diesen schwimmenden Holzstämmen wirklich auf sich<br />
hatte. Wurde vielleicht gerade ein Film gedreht? Oder war<br />
dies Teil einer Aufführung? Doch weder gab es Kameras an<br />
den Ufern noch ein Publikum. Abgesehen von diesen zusammen<br />
rund 72 Meter langen Flößen ließ sich nichts<br />
Ungewöhnliches feststellen.<br />
Auf den zusammengebundenen Stämmen konnte man<br />
jeweils zwei Männer sehen, die die Flöße offensichtlich<br />
navigierten. Eine Steuerkabine oder Ähnliches gab es allerdings<br />
nicht. Nur eine Art Zelt aus Holzstämmen stand<br />
auf der Holzfläche über dem Wasser. Außerdem winkten<br />
die Männer auf den Flößen den überraschten Menschen<br />
an den Ufern der Seine zu.<br />
Die Erklärung dieses Spektakels sowie weitere Informationen<br />
zu der Geschichte dahinter konnten die Pariser<br />
in den folgenden Tagen in diversen Artikeln in der Presse<br />
nachlesen. Denn diese Flöße waren keine Flöße im Sinne<br />
eines dauerhaft bestehenden Wasserfahrzeugs. Vielmehr<br />
ging es um eine Aktion, die an die Vergangenheit der<br />
Holzflößer aus Burgund erinnern sollte, die mit ihrer tollkühnen<br />
Arbeit über Jahrhunderte die französische Hauptstadt<br />
mit Holz aus dem Morvan versorgten. Der Verein<br />
Flotescale wollte damit diese Epoche aus der Geschichte<br />
seiner Heimat ins Gedächtnis rufen.<br />
Ab dem 16. Jahrhundert war Holz in Paris, das damals<br />
bereits 300.000 Einwohner zählte, knapp geworden. Die<br />
umliegenden Wälder waren abgeholzt oder dienten der<br />
Krone als Jagdreviere. Man brauchte jedoch dringend<br />
Holz, nicht nur um Häuser, insbesondere Dachstühle,<br />
zu bauen, sondern auch um im Winter zu heizen und die<br />
Öfen der Bäcker der Stadt am Laufen zu halten. Ohne<br />
Öfen gab es schließlich kein Brot und keine Baguettes. So<br />
rückte der Morvan in den Fokus der Hauptstädter.<br />
Der burgundische Höhenzug war für seine großen<br />
Eichen- und Buchenwälder bekannt. Holz aus dieser Gegend<br />
wurde bereits für den Schiffs- und Hausbau benutzt.<br />
Doch warum sollte man die Ressourcen aus dem Morvan<br />
nicht auch fürs Heizen und Feuern verwenden? Um dieses<br />
Ansinnen zu realisieren, mussten die Holzscheite aus Burgund<br />
jedoch nach Paris geschafft werden. Eine zur damaligen<br />
Zeit nicht ganz einfach zu lösende Herausforderung.<br />
Während sich große Stämme recht leicht schwimmend<br />
transportieren ließen, da man sie ohne großen Aufwand<br />
miteinander zu einem Floß verbinden konnte, war dies<br />
mit kleineren Stämmen bzw. Holzscheiten schwieriger.<br />
Zudem betrug die Strecke, die bewältigt werden musste,<br />
fast 300 Kilometer. Trotzdem beschloss die königliche<br />
Polemik über den Erfinder<br />
der Holztransporte<br />
Lange Zeit hieß es, dass Jean Rouvet im 16. Jahrhundert den<br />
Holztransport per Floß von Burgund nach Paris erfunden<br />
hatte. Jean Rouvet war in Clamecy geboren worden und<br />
machte als Holzhändler in Paris ein kleines Vermögen. 1549<br />
soll er zum ersten Mal einen Holztransport organisiert haben.<br />
Zu seinen Ehren installierte man deshalb 1828 auf dem Pont<br />
Bethléem im Zentrum von Clamecy eine Statue.<br />
Forscher fanden später allerdings heraus, dass Jean Rouvet<br />
womöglich gar nicht der Erste war, der Holz aus dem<br />
Morvan nach Paris über das Wasser transportierte. Deshalb<br />
ersetzte man die Statue 1945 durch eine neue Statue, die<br />
anonymisiert allen Flößern der Region die Ehre erweisen<br />
sollte.<br />
Heute sind sich die Historiker ziemlich einig, dass Jean Rouvet<br />
nicht der Erfinder der Flöße war. Vor ihm erhielt bereits ein<br />
gewisser Guillaume Salonnier die Erlaubnis, die Flüsse für<br />
den Holztransport vorzubereiten. Der erste Transport soll<br />
dann von einem Charles Leconte 1547 organisiert worden<br />
sein, also zwei Jahre vor dem Floß von Jean Rouvet. Dies<br />
bescheinigt ein Protokoll vom 21. April 1547 aus Paris. Darin<br />
heißt es: « Charles Leconte hat am Vorabend, am 20. April<br />
1547, im Rahmen eines Experiments Brennholz als Floß nach<br />
Paris gebracht. »<br />
74 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 75
FRANKREICH HEUTE Geschichte<br />
Verwaltung, dieses Experiment zu wagen. Die Hauptstadt<br />
brauchte schließlich dringend Holz. Die ersten Versuche<br />
fanden in den Jahren von 1547 bis 1549 statt. Ausgangspunkte<br />
waren Châtel-Censoir und Clamecy. Da die Tests<br />
erfolgreich verliefen, entwickelte sich daraus in der Folgezeit<br />
ein prosperierender Wirtschaftszweig.<br />
Jeden Herbst begann man im Morvan, Bäume, die<br />
meist um die 20 Jahre alt waren, zu schlagen. Die Holzfäller<br />
zersägten anschließend die Stämme und Äste in<br />
kleine Stücke (marktüblich war damals eine Länge von<br />
1,14 Metern). Händler aus Paris kamen nach Burgund<br />
und erwarben das Holz. Um es später wiederzuerkennen,<br />
hinterließen sie auf der gekauften Ware einen Abdruck.<br />
Sobald die Schneeschmelze oder Regenfälle die Bäche<br />
des Morvan ausreichend anschwellen ließen, wurden die<br />
zersägten Holzstämme ins Wasser geworfen. Sie trieben<br />
dann dank eines ausgetüftelten Systems in Richtung Clamecy.<br />
War die natürliche Strömung nicht stark genug,<br />
wurde das Wasser unterwegs an einigen Stellen gestaut,<br />
um anschließend eine ausreichende Druckwelle zu schaffen.<br />
Im Hafen von Clamecy holte man das Holz wieder<br />
aus dem Wasser und sortierte es. Dann formte man aus<br />
den Holzstücken Flöße. 36 Meter waren sie jeweils lang.<br />
Diese wurden anschließend wieder in den Fluss geworfen<br />
und auf die Reise geschickt, gesteuert von zwei Männern<br />
oder – noch üblicher – einem Mann und einem Jungen.<br />
Etwas weiter flussabwärts, in Auxerre, verband man zwei<br />
Flöße jeweils miteinander. Dadurch konnte einer der beiden<br />
Steuermänner, der Junge, wenn einer an Bord war,<br />
wieder zu Fuß nach Hause zurückzukehren. Die anderen<br />
beiden Männer der nun verbundenen zwei Flöße setzten<br />
ihre Reise bis nach Paris fort, um dann von dort ebenfalls<br />
zu Fuß heimzukehren. Insgesamt dauerte der Transport<br />
von Burgund bis Paris zehn bis 15 Tage.<br />
Laut dem Archiv von Clamecy wurden zum Beispiel<br />
im Jahre 1804 stolze 3.350 solcher Flöße in Richtung<br />
Hauptstadt geschickt. 5.000 Menschen waren damals in<br />
der Branche beschäftigt. Über mehrere Jahrhunderte lebte<br />
der Morvan von diesem Handel. Durch den Bau des<br />
Canal du Nivernais, der 1843 fertiggestellt wurde, sowie<br />
die Entwicklung der Eisenbahn und den zunehmenden<br />
Einsatz von Kohle wurde dieses Geschäft im 19. Jahrhundert<br />
jedoch immer weniger lukrativ. Der letzte Floßkonvoi<br />
fand deshalb 1877 statt. Eine jahrhundertelange Tradition<br />
ging zu Ende.<br />
Oben: Historische Fotografie der<br />
schwim menden Holzstämme in<br />
Cla mecy. Links daneben: Statue<br />
zu Ehren der Flößer auf dem<br />
Pont Bethléem in Clamecy. Links:<br />
Historische Stiche der Holz transporte<br />
aus dem 16. und 17. Jahr hun dert.<br />
Linke Seite: Ankunft des Floßes<br />
am Eiffelturm in diesem Som mer.<br />
Daneben: Register der Holz transporte<br />
und Abdrücke der Holzkäufer,<br />
beides Exponate des Museums<br />
von Clamecy. S. 74: Nachspiel der<br />
Holztransporte im Jahr <strong>2015</strong>. S. 75:<br />
Originalaufnahme von der Arbeit<br />
der Flößer im vorletzten Jahrhundert.<br />
Die Wiederholung dieser Transporte in diesem Sommer<br />
erfolgte quasi nach den gleichen Regeln wie damals.<br />
Es mussten kaum Konzessionen an die Moderne in Kauf<br />
genommen werden. Lediglich ein kleiner Motor war an<br />
Bord, um die Flöße im Notfall manövrierfähig zu halten.<br />
Außerdem mussten die beteiligten Männer Schwimmwesten<br />
unter ihren Blousons tragen. Ansonsten wurde das<br />
Holz so transportiert, wie es die Vorfahren vor über einem<br />
Jahrhundert auch gemacht hatten. Für die 267 Kilometer<br />
und 64 Schleusen bis zum Hafen von Paris-Bercy brauchte<br />
man 21 Tage. Von dort ging es dann weiter mitten durch<br />
Paris bis zum Vorort Boulogne-Billancourt.<br />
Gérard Durand, der Präsident des Vereins hinter diesem<br />
Spektakel, war ob des Erfolgs dieser Aktion, die vier<br />
Jahre lang vorbereitet wurde, überglücklich: « Es war eine<br />
große Herausforderung, dieses Abenteuer zu organisieren.<br />
Wir mussten vergessene Metiers und die Handgriffe unserer<br />
Vorfahren neu erlernen ».<br />
Das Unterfangen war auch deshalb so schwierig, da<br />
keine Pläne mehr existierten, wie man solche Flöße zusammenbaut.<br />
Nach dem Ende der Holztransporte im 19.<br />
Jahrhundert wurde dieses Wissen nicht mehr von Generation<br />
zu Generation weitergegeben. Nur ein Modell aus<br />
dem 19. Jahrhundert diente als Informationsquelle. Zum<br />
Glück, denn ohne diese Vorlage wäre ein möglichst authentisches<br />
Nachspielen der Transporte nicht denkbar<br />
gewesen. So hatte man wenigstens ein paar Hinweise, wie<br />
die Holzstämme miteinander verbunden werden mussten.<br />
Gérard Durand und sein Verein können deshalb zu Recht<br />
stolz auf diese Aktion sein. Sie haben es geschafft, die Geschichte<br />
wiederauferstehen zu lassen.<br />
Bemerkenswert ist zudem, dass die beteiligten Menschen<br />
aus dem Morvan diese Aktion ohne jegliche finanzielle<br />
Unterstützung durchführten. Es ging ihnen einfach<br />
darum, dass die Vergangenheit dieser Region nicht in<br />
Vergessenheit gerät. Sie wollten den Hauptstädtern zeigen,<br />
wer sich über viele Jahrhunderte um ihre Versorgung<br />
gekümmert hatte. Außerdem bescherten sie mit diesem<br />
Projekt der Seine-Metropole einen wunderbaren Moment<br />
voller Poesie.<br />
76 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 77
FRANKREICH HEUTE Infrastruktur<br />
50 Jahre Montblanc-Tunnel<br />
Vor 50 Jahren, am 16. Juli 1965, weihten die<br />
Staatspräsidenten Frankreichs und Italiens,<br />
Charles de Gaulle und Giuseppe Saragat,<br />
den Montblanc-Tunnel ein. Damit entstand<br />
die – abgesehen von den Straßen entlang<br />
der Côte d’Azur – damals einzige Straßenverbindung<br />
zwischen den beiden Ländern,<br />
die auch im Winter befahrbar war. Das französische<br />
Savoyen und das italienische Aosta-<br />
Tal waren nur noch gut zehn Minuten mit<br />
dem Auto voneinander entfernt. Ein Meilenstein<br />
im Ausbau der transalpinen Infrastruktur.<br />
1999 sorgte der Montblanc-Tunnel jedoch für<br />
traurige Schlagzeilen. Bei einem Brand verloren<br />
39 Menschen ihr Leben. Eine Tragödie,<br />
mit der niemand gerechnet hatte. Es folgte<br />
eine dreijährige Schließung des Tunnels, die<br />
für aufwendige Umbauarbeiten genutzt wurde.<br />
Heute gilt der Montblanc-Tunnel sicherheitstechnisch<br />
als beispielhaft. Ein Rückblick<br />
zum Jubiläum.<br />
Das Montblanc-Massiv galt über lange Zeit als eine<br />
natürliche, quasi nicht überwindbare Barriere. Immerhin<br />
sind die Ausmaße des Massivs beindruckend:<br />
Es nimmt eine Fläche von 400 Quadratkilometern ein. An<br />
der höchsten Stelle erreicht es eine Höhe von 4.810,45 Metern,<br />
wie man seit 2009 nach einer neuen Vermessung weiß.<br />
Vorher ging man von einer Höhe von 4.807 Metern aus. Unabhängig<br />
von diesem Zuwachs von drei Metern gilt der<br />
Montblanc seit jeher als der höchste Berg Europas außerhalb<br />
des Kaukasus. Das Massiv ist damit so etwas wie das Dach<br />
des Kontinents und damit von großer Symbolhaftigkeit.<br />
Der besondere Mythos des Montblanc rührt aber nicht<br />
nur von diesen Dimensionen her. So erinnern sich gerade die<br />
älteren Franzosen daran, wie sie in der Schule Zeichnungen<br />
von Elefanten sahen, die sich mühsam über die Gletscher<br />
und Hänge des Massivs quälten. Es handelte sich um die<br />
Geschichte des römischen Feldherrn Hannibal, der mit<br />
seinen 50.000 Soldaten und Elefanten das Massiv im Jahre<br />
218 v. Chr. überquerte. Dies ist aber nicht die einzige, respekteinflößende<br />
Geschichte, die die Franzosen in der Schule<br />
über das Montblanc-Massiv gehört haben. In den Schulbüchern<br />
wird auch über eine andere Überquerung berichtet,<br />
die von Napoleon Bonaparte und seinen 40.000 Soldaten. In<br />
beiden Fällen bildeten die Berge eine schwer überwindbare<br />
Hürde. Es sind Geschichten, die die Fantasie von Kindern<br />
zu beflügeln wissen.<br />
Aber auch in der Literatur wird der Montblanc gerne<br />
mythenhaft verklärt. Ob François-René de Chateaubriand,<br />
Gustave Flaubert, Théophile Gautier, Alexandre Dumas,<br />
Stendhal, Victor Hugo oder Roger Frison-Roche, sie alle<br />
und einige weitere schrieben über dieses besondere Massiv<br />
in den Alpen. In manchem Roman wurde der Berg sogar<br />
zur Hauptfigur. So beschrieb Victor Hugo in seinem Werk<br />
« Fragment d’un voyage aux Alpes » den Montblanc als « eine<br />
Stadt aus Obelisken, Säulen und Pyramiden » sowie « einen<br />
von Feen gebauten Palast für die Seelen ». François-René de<br />
Chateaubriand verklärte das Massiv dagegen nicht auf romantische<br />
Art und Weise, sondern gab in seinem Buch « Voyage<br />
autour du Mont Blanc » offen zu, dass er « beim Anblick<br />
der Größe verängstigt sei ».<br />
Es war deshalb eine kühne Idee, als die ersten Überlegungen<br />
aufkamen, dieses respekteinflößende und mythische<br />
Bergmassiv durchbohren zu wollen. Doch die Industrialisierung<br />
und die Notwendigkeit des infrastrukturellen Ausbaus<br />
schrien geradezu danach. Hinzu kam, dass von 1857 bis 1871<br />
der Fréjus-Eisenbahntunnel von Modane in Frankreich nach<br />
Bardonècchia in Italien realisiert werden konnte. Warum<br />
sollte dann nicht auch ein Autotunnel zwischen den beiden<br />
Ländern möglich sein?<br />
Die erste politische Initiative dafür ging von einem italienischen<br />
Abgeordneten aus, von Francesco Farinet. Die<br />
erste Machbarkeitsstudie stammte dagegen von einem Franzosen,<br />
dem Ingenieur Arnold Monod. Er legte seine Pläne<br />
1908 den Delegationen des französischen und italienischen<br />
Parlaments vor, die von den jeweiligen Premierministern der<br />
beiden Länder, Giovanni Giolitti und Georges Clémenceau,<br />
unterstützt wurden. Doch der Erste Weltkrieg kam dem<br />
Vorhaben in die Quere. 1934 holte Monod seine Pläne erneut<br />
aus der Schublade, doch der nächste Weltkrieg verhinderte<br />
das Projekt wiederum.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg versuchte ein Ingenieur<br />
aus Piemont, Dino Lora Totino, dagegen, endlich Fakten zu<br />
schaffen. Auf eigene Kosten begann er 1946 von der italienischen<br />
Seite aus mit der Bohrung eines Tunnels. Es lag aber<br />
auf der Hand, dass diese private Initiative kaum Aussicht<br />
auf Erfolg hatte. Schon nach einem Jahr und 260 Metern<br />
im Berg musste der Unternehmer auf politische und militärische<br />
Anweisung seine Arbeiten einstellen. Ihm war es<br />
mit seinem Vorgehen aber trotzdem gelungen, die Frage des<br />
Montblanc-Tunnels wieder auf die politische Tagesordnung<br />
zu setzen.<br />
Kurz darauf, 1949, schlossen Frankreich und Italien eine<br />
Vereinbarung über den Bau eines Autotunnels durch das<br />
Montblanc-Massiv. 1954 wurde diese vom italienischen und<br />
1957 vom französischen Parlament ratifiziert. Auf beiden<br />
Seiten der Grenze gründete man eine Gesellschaft zum Bau<br />
und Betrieb des Tunnels. Jede Baugesellschaft bekam den<br />
Auftrag, einen jeweils 5,8 Kilometer langen Tunnel in den<br />
Berg zu bohren. Die Arbeiten dafür begannen auf der italienischen<br />
Seite im Januar 1959 und auf der französischen Seite<br />
im Juni des gleichen Jahres.<br />
Es war ein Bauvorhaben von gigantischem Ausmaß. Fast<br />
eine Million Kubikmeter Felsen musste aus dem Bergmassiv<br />
geholt werden. 1.200 Tonnen Sprengstoff brauchte man dafür.<br />
200.000 Kubikmeter Beton wurden für das Anlegen der<br />
Tunnelröhren verbaut. Unterstützt wurden die Bauarbeiter<br />
von einer großen Bohrmaschine, die auf Schienen fuhr und<br />
100 Tonnen wog. Für die damalige Zeit war diese Baustelle<br />
eine der größten ihrer Art.<br />
Im Mai und Juli 1962 fanden die letzten Arbeiten auf<br />
beiden Seiten der Grenze statt. Am 14. August des Jahres<br />
wurde um 11.31 Uhr der letzte Felsen zwischen den beiden<br />
Röhren weggesprengt. Die französischen und italienischen<br />
Teams konnten sich in der Mitte des Berges begegnen. Außerdem<br />
zeigte sich, mit welcher Präzision der geplante Verlauf<br />
der Röhre eingehalten wurde. Beide Röhren begegneten<br />
sich fast perfekt. Es gab nur einen leichten Unterschied von<br />
lächerlichen 13 Zentimetern.<br />
Danach waren drei weitere Jahre für das Anlegen der<br />
Straße und den Einbau der Sicherheitstechnik notwendig.<br />
Am 16. Juli 1965 konnte der Montblanc-Tunnel schließlich<br />
eingeweiht werden. Drei Tage später, am 19. Juli um 6.00<br />
Uhr morgens, durften die ersten Fahrzeuge die Verbindung<br />
zwischen den beiden Ländern benutzen.<br />
Bei seiner Eröffnung war der 11,6 Kilometer lange Montblanc-Tunnel<br />
der längste Autotunnel der Welt. Erst 1978<br />
musste er diesen Titel an den Alberg-Tunnel in Österreich<br />
abgeben. 1980 bekam er zudem « Konkurrenz » vom Fréjus-<br />
Autotunnel. Beide Tunnel bilden bis heute die wichtigsten<br />
alpinen Verbindungen zwischen Frankreich und Italien.<br />
Der Montblanc-Tunnel galt in all den Jahrzehnten seit<br />
seiner Eröffnung als eine technische Meisterleistung. Doch<br />
dann kam der 24. März 1999. Ein mit Margarine und Mehl<br />
beladener Lastwagen fing im Tunnel Feuer. Daraus entwickelte<br />
sich ein Inferno, das rund 30 andere Fahrzeuge erfasste.<br />
Die Feuermänner brauchten drei Tage, um den Brand<br />
endlich unter Kontrolle zu bringen. Für 39 Menschen kam<br />
jede Hilfe zu spät. Sie fanden auf grausame Art ihren Tod im<br />
Tunnel. Aus dem ingenieurmäßigen Meisterwerk wurde ein<br />
Trauma für eine ganze Region.<br />
2005 verurteilten Gerichte 13 Menschen als verantwortlich<br />
für dieses Drama. Die höchste Strafe bekam der Sicherheitschef.<br />
Er wurde zu 30 Monaten Gefängnis, davon sechs<br />
ohne Bewährung, verurteilt. Während der Prozesse kamen<br />
massive Schlampereien im Bereich der Sicherheitspolitik<br />
zutage. Außerdem stellten die Richter unnötige Verzögerungen<br />
im Verhalten der Mitarbeiter fest, nachdem der Unfall<br />
passiert war. Die Angehörigen der Opfer wurden mit insgesamt<br />
27 Millionen Euro entschädigt.<br />
Um den Montblanc-Tunnel nach diesem einschneidenden<br />
Drama wieder fit zu machen, wurden 380 Millionen<br />
Euro investiert. Außerdem entwarf man die sicherheitstechnischen<br />
Vorkehrungen vollkommen neu. 2002 fand die<br />
Wiedereröffnung des Tunnels statt.<br />
Die Sicherheitsstandards zählen seit diesem Umbau<br />
zu den höchsten der Welt. Es gibt 116 Notfallnischen mit<br />
Telefon und Feuerlöscher. Alle 300 Meter existieren darüber<br />
hinaus Schutzräume, die vor eventuellem Rauch in der<br />
Tunnelröhre geschützt und mit einer Evakuierungsröhre<br />
verbunden sind. Die Luftversorgung und der Rauchabzug<br />
im Katastrophenfall wurden komplett neu konstruiert. An<br />
beiden Ausgängen finden sich Feuerwachen, die rund um die<br />
Uhr besetzt sind. Mit 157 Kameras werden die Fahrbahnen<br />
überwacht. Detektoren erfassen insgesamt 35.000 Messwerte<br />
im Tunnel, die per Computer in Realzeit ausgewertet<br />
werden. Damit gilt der Montblanc-Tunnel heute wieder als<br />
beispielhaft. Immer wieder reisen Expertengruppen aus der<br />
ganzen Welt an, um sich an diesem Vorbild zu orientieren.<br />
Wer durch den Tunnel fahren will, muss tief in die Tasche<br />
greifen. 43,50 Euro kostet die einfache Fahrt für ein<br />
Auto, zwischen 157,90 und 317,30 Euro werden für einen<br />
Lastwagen fällig. Trotzdem ist der Erfolg des Tunnels ungebrochen.<br />
Letztes Jahr passierten durchschnittlich 3.387<br />
Autos, 1.517 Lastwagen und 41 Busse den Tunnel pro Tag.<br />
Deshalb erhitzt inzwischen ein anderes Thema als der<br />
Unfall die Gemüter der Menschen an den beiden Ausgängen<br />
der Tunnelröhre: die Luftverschmutzung. Durch die<br />
starke Nutzung des Tunnels liegen die Schadstoffwerte in<br />
den beiden Tälern oft über den zulässigen Grenzwerten.<br />
Deshalb hat die französische Regierung der Idee des italienischen<br />
Tunnelbetreibers, der mit einer weiteren Röhre die<br />
Verbindung ausbauen möchte, eine klare Absage erteilt. In<br />
Frankreich sieht man die Zukunft des Transitverkehrs auf<br />
der Schiene und nicht auf der Straße.<br />
78 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 79
FRANKREICH HEUTE Interview<br />
Maren<br />
Kroymann<br />
Eine Künstlerin, die in<br />
Frankreich politisch wurde<br />
Für ihre Arbeit als Satirikerin, Schauspielerin,<br />
Sängerin und Entertainerin bekam Maren<br />
Kroymann in diesem Jahr den Ehrenpreis des<br />
baden-württembergischen Kleinkunstpreises<br />
und 2014 als erste Frau den Sonderpreis « Reif<br />
und bekloppt » des Prix Pantheon. 1949 geboren,<br />
wuchs sie als Professorentochter in<br />
Tübingen auf, studierte Englisch und Französisch<br />
und spielte schon als Studentin im Zimmertheater<br />
in Tübingen. In den 1990er-Jahren<br />
hatte sie als erste Frau in der ARD ihre<br />
eigene Satiresendung « Nachtschwester<br />
Kroymann ». Sie trat in Fernsehserien wie « Oh<br />
Gott, Herr Pfarrer », « Mein Leben und ich »,<br />
« Eichwald, MdB » und Doris Dörries « Klimawechsel<br />
» auf und war in den Kinofilmen wie<br />
« Das Superweib », « Maria, ihm schmeckt’s<br />
nicht », « Das Fremde in mir » und « Verfolgt »<br />
zu sehen. Mit Frankreich erleben sprach sie<br />
über ihre Zeit in Paris, ihr aktuelles Programm,<br />
die Unterschiede zwischen Deutschland und<br />
Frankreich und warum die Quote für Frauen<br />
im Fernsehen wichtig ist.<br />
Maren Kroymann, weshalb gingen Sie 1971 als Studentin<br />
nach Paris?<br />
Ich studierte Englisch und Französisch, konnte aber<br />
kein Französisch und musste an der Uni Übersetzungskurse<br />
belegen. Dort waren lauter Mädchen, denn « Englisch/Französisch<br />
» ist ja eine typische « Mädchenkombination<br />
». Die hatten jahrelang Französisch an der Schule<br />
gelernt. Ich kam von einem humanistischen Gymnasium,<br />
konnte Latein, Alt-Griechisch und Englisch. So saß ich<br />
im Übersetzungskurs, hatte wirklich keinen Schimmer<br />
und machte die abenteuerlichsten Ableitungen aus dem<br />
80 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Lateinischen. Bei der Zwischenprüfung wurde mir gesagt,<br />
es sei sehr originell, aber es sei nicht Französisch. Ich<br />
habe mich dann um ein Stipendium bemüht und bin so<br />
nach Paris gekommen.<br />
Was wussten Sie damals über Frankreich?<br />
Wir lebten in Tübingen in der französischen Besatzungszone<br />
und meine älteren Brüder hatten Französisch<br />
als moderne Fremdsprache gelernt. Meine gesamte Familie<br />
sprach Französisch, nur<br />
ich nicht. Meine Mutter hatte<br />
sogar Französisch studiert.<br />
Wir hatten eine französische<br />
Partnerfamilie, die vier Kinder<br />
im Alter meiner Brüder<br />
hatten. Nur in meinem Alter<br />
gab es kein Kind. Die besuchten<br />
uns regelmäßig. Ich<br />
durfte als einziges Kind aber<br />
nicht hin, weil ich kein Französisch<br />
gelernt hatte und<br />
das Kind im richtigen Alter<br />
fehlte.<br />
«Das muss man<br />
sich einmal<br />
vorstellen im<br />
Jahr 1952, sieben Jahre<br />
nach dem Ende der<br />
Nazizeit, eine französische<br />
Familie, die zum<br />
Jugendaustausch mit<br />
einer deutschen Familie<br />
bereit war. Das war<br />
ein großes Geschenk<br />
für unsere Familie.<br />
Mein ältester Bruder kam immer mit den schicksten<br />
Sachen zurück, brachte mir aber auch stets etwas mit. Ich<br />
kann mich noch gut an einen blau-grau karierten Schottenrock<br />
erinnern und einen Shetland-Pullover, dazu rote<br />
Strumpfhosen. Damit fiel ich in der Schule natürlich auf.<br />
Frankreich schien mir ein sehr elegantes Land zu sein,<br />
obwohl ich noch gar nicht dort gewesen war.<br />
Woher hatte Ihre Familie den Kontakt zu der französischen<br />
Familie?<br />
Meine Eltern hatten diese Familie über einen belgischen<br />
Kollegen meines Vaters kennengelernt. Monsieur<br />
Bataille, der Vater der Familie, war als Arzt bei der Einnahme<br />
von Stuttgart durch die französische Armee 1945<br />
dabei. Das muss man sich einmal vorstellen im Jahr 1952,<br />
sieben Jahre nach dem Ende der Nazizeit, eine französische<br />
Familie, die zum Jugendaustausch mit einer deutschen<br />
Familie bereit war. Das war ein großes Geschenk<br />
für unsere Familie. Familie Bataille kam uns besuchen,<br />
um ihre Kinder zu uns zu bringen. Die kamen mit der<br />
DS vorgefahren. Mein Vater fuhr einen Fiat Topolino.<br />
Das war der Inbegriff der großen weiten Welt und es roch<br />
immer so gut aus dem Koffer von Claude, der Tochter der<br />
Familie. Wir sind jetzt in der vierten Generation als Familien<br />
befreundet.<br />
Als Sie für ein Jahr nach Paris gingen, lernten Sie aber nicht<br />
nur Französisch, oder?<br />
Durch die anderen deutschen Studenten wurde ich<br />
politisiert. In Tübingen hatte ich von 1968 und den Folgen<br />
wenig mitbekommen. Dort war ich vor allem mit<br />
dem Zimmertheater beschäftigt, wo ich jede freie Minute<br />
verbrachte. Es ging eher um Bewusstseinserweiterung und<br />
das Aufbrechen verkrusteter Strukturen. Das war bunt<br />
und lebendig. In Paris kam die Theorie. Mit den deutschen<br />
Studenten habe ich Marx‘ Feuerbachthesen gelesen,<br />
mich mit Literaturtheorie, mit Brecht, Lukace und Bloch<br />
befasst.<br />
Es klingt ein bisschen absurd: Ich war in Frankreich<br />
und holte dort mit den anderen Stipendiaten die deutsche<br />
Studentenbewegung nach. Aber die Franzosen lernten<br />
auch von uns. Wir machten Praxis. Wir sprengten eine<br />
Klausur. Das war in Deutschland an der Tagesordnung,<br />
aber in Frankreich kannte das keiner. Die französischen<br />
Studenten kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus.<br />
Die hatten noch Frontalunterricht, das ist ja zum Teil bis<br />
heute so geblieben. In der Pädagogik hat sich durch 1968<br />
in Frankreich nicht so viel verändert. Die ganzen Examina<br />
in Frankreich beruhten auf auswendig lernen und<br />
wieder ausspucken. In Deutschland diskutierte man Anfang<br />
der 1970er-Jahre, da gab es Basisgruppen und Plena.<br />
« Ausdiskutieren » oder Proteste wie « Sit-Ins » kannten<br />
die Franzosen nicht.<br />
Weshalb haben Sie in Frankreich zum<br />
ersten Mal an einer Demonstration<br />
teilgenommen?<br />
Mein großes Glück war, 1970/71<br />
in Frankreich gewesen zu sein. Am<br />
1. Mai wurden damals « 100 Jahre<br />
Commune » gefeiert. Das war das<br />
«Es klingt ein bisschen<br />
absurd: Ich<br />
war in Frankreich<br />
und holte dort mit den<br />
anderen Stipendiaten<br />
die deutsche Studentenbewegung<br />
nach.<br />
Aber die Franzosen<br />
lernten auch von uns.<br />
gigantischste Volksfest, das ich je erlebt habe. Bei dieser<br />
Demo waren eine Million Leute auf der Straße. Es war<br />
unglaublich. Das hat mich umgehauen, weil die deutschen<br />
linken Demonstranten damals eher freudlos und<br />
schmallippig daherkamen.<br />
In Frankreich war es eine «Es war nicht<br />
Party. Diese erste Demo verpönt, in der<br />
meines Lebens war einfach kommunistischen<br />
ein gigantisches Erlebnis. Partei zu sein. Die Mitglieder<br />
kamen aus allen<br />
In Tübingen bin ich<br />
nicht auf die Straße gegangen,<br />
da ich diese bürgerliche trotz der linken Welt-<br />
Schichten und lebten<br />
Hemmung hatte. Aber in anschauung mit großer<br />
Paris bin ich mitgelaufen. Da Sinnlichkeit. Das hat<br />
gingen ja auch die Intellektuellen<br />
und Professoren mit.<br />
mich sehr beeindruckt.<br />
Alle wählten damals die Kommunisten. Die hatten die<br />
Mehrheit der Stimmen, auch wenn sie nicht den Präsidenten<br />
gestellt haben. Es war nicht verpönt, in der kommunistischen<br />
Partei zu sein. Die Mitglieder kamen aus allen<br />
Schichten und lebten trotz der linken Weltanschauung<br />
mit großer Sinnlichkeit. Das hat mich sehr beeindruckt.<br />
Das war ja auch der « Eurokommunismus ». Der war nicht<br />
stalinistisch.<br />
Einmal gingen wir zu einem Meeting der kommunistischen<br />
Partei. Das war schon komisch. Auf einmal standen<br />
alle auf, reckten die Faust und sangen die Internationale.<br />
Das Lied kannte ich damals noch nicht. Ich wusste<br />
nicht, was sie da sangen. Das konnte ich nicht mitmachen,<br />
da hätte ich mich auch verlogen gefühlt.<br />
Sie sind also nicht als Kommunistin nach Deutschland zurückgekommen?<br />
Nein, aber als Linke. Bevor ich nach Paris ging, war<br />
ich unpolitisch. Ich hatte wenig Bewusstsein für soziale<br />
Unterschiede und dafür, was soziale Prägung bedeutet.<br />
So etwas wie die Arbeiterklasse gab es in Tübingen nicht.<br />
Nach dem Jahr in Paris war klar, dass ich bei einem marxistischen<br />
Literaturwissenschaftler weiterstudieren wollte.<br />
Das machte ich an der TU in Berlin. Ich wollte dahin, wo<br />
die Studentenbewegung war. Damit setzte ich mich auch<br />
endgültig von meinen Eltern ab – von meinem Vater, der<br />
selbst Professor war, wirklich kein Marxist, aber einer der<br />
gebildetsten Menschen, denen ich jemals begegnet bin.<br />
Meine Mutter unterstützte es, dass ich nach Berlin ging.<br />
Sie fand, dass ihre Kinder nicht in Tübingen alt werden<br />
sollten. Sie war ja auch Berlinerin. Aber das mit<br />
den Linken war meinen liberalen Eltern sehr<br />
suspekt.<br />
In Berlin merkte ich, dass Frauen bei den<br />
Linken nicht vorkamen. Schüchtern war ich immer<br />
noch und die Typen wollten uns Frauen vor<br />
allem ins Bett kriegen. Da habe ich den sozialistischen<br />
Frauenbund entdeckt. Ich wusste zwar<br />
nicht, was das ist, aber ich dachte, sozialistisch<br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 81
FRANKREICH HEUTE Interview<br />
und Frauen, das klingt gut und ist etwas für mich.<br />
Wie sind Sie aber vom Sozialistischen Frauenbund zu Ihrem<br />
ersten Soloprogramm « Auf Du und Du mit dem Stöckelschuh<br />
gekommen »?<br />
«Ich applizierte<br />
auf die<br />
Schlagertexte<br />
dasselbe, was ich auf<br />
ein Gedicht von Aragon<br />
oder einen Text von<br />
Balzac applizierte.<br />
Im Grunde genommen<br />
machte ich Musiksoziologie<br />
unter Genderaspekten,<br />
den Begriff<br />
« Gender » gab es<br />
damals nur noch nicht.<br />
Das war ein feministisches<br />
Programm mit Stöckelschuhen.<br />
Das verstanden<br />
aber nicht gleich alle, auch<br />
nicht alle Frauen. Als ich in<br />
Frankfurt in der Batschkapp<br />
auftrat, bin ich mit Tomaten<br />
beworfen worden, weil die<br />
Linken dort Schlager reaktionär<br />
fanden. Außerdem: die<br />
Stöckelschuhe!<br />
Darauf gekommen bin<br />
ich über den Hanns-Eisler<br />
Chor in Berlin. Früher hatte<br />
ich im Schulchor und im Kirchenchor gesungen. Jetzt<br />
wollte ich auch politischere Lieder singen. In Berlin gründete<br />
sich in den 1970er-Jahren der Hanns-Eisler-Chor.<br />
Musikalisch solidarisierten wir uns mit den aufständischen<br />
Bewegungen der damaligen Zeit – mit Chile, mit<br />
Griechenland, mit Portugal. Und natürlich sangen wir die<br />
alten Arbeiterlieder. Dabei wurde entdeckt, dass ich auch<br />
solo singen kann.<br />
Ich war ja früher Schlagerfan. Durch meinen Bruder<br />
kannte ich Elvis Presley. Ganz früher hörte ich mit dem<br />
Dienstmädchen deutsche Schlager, die in meiner Familie<br />
natürlich verpönt waren. Bei einem bunten Abend des<br />
Hanns-Eisler-Chores parodierte ich erstmals Marilyn<br />
Monroe und sang etwas von Marlene Dietrich. Ich wollte<br />
mit den Schlagern, die ich mochte, etwas politisch Anspruchsvolles<br />
machen. Ich überhöhte sie leicht parodistisch<br />
und setzte mich so mit dem Frauenbild der 1950er-<br />
Jahre auseinander – mit den Männern, die um die Welt<br />
gefahren sind, und den Frauen, die immer am Kai standen<br />
und warteten. Nur, dass « er » dann nie kam.<br />
Mein Studium half mir sehr, als ich das Programm<br />
schrieb. Ich applizierte auf die Schlagertexte dasselbe, was<br />
ich auf ein Gedicht von Aragon oder einen Text von Balzac<br />
applizierte. Im Grunde genommen machte ich Musiksoziologie<br />
unter Genderaspekten, den Begriff « Gender »<br />
gab es damals nur noch nicht.<br />
Sie sind Mitglied bei « Pro Quote Regie » und « Pro Quote Medien<br />
». Brauchen wir heute wirklich noch Quotenfrauen?<br />
Ich hätte die Quote gerne gehabt, als meine Satiresendung<br />
« Nachtschwester Kroymann » abgesetzt wurde.<br />
Dann hätten sie mich weiter beschäftigen oder einer anderen<br />
schlauen Frau den Sendeplatz geben müssen. Man<br />
hätte immer gesehen: Es gibt zumindest eine kluge Frau<br />
im Fernsehen, die witzig ist. Ich versuchte nach dem Absetzen<br />
von « Nachtschwester Kroymann » vieles, um wieder<br />
eine ähnliche Sendung zu erhalten – vergeblich. Auch<br />
deswegen brauchen wir die Quote, weil in den Sendern<br />
stark nach dem persönlichen erotischen Geschmack der<br />
verantwortlichen Redakteure besetzt wird. Darauf wies<br />
ich auch hin, als ich den Ehrenpreis des Landes Baden-<br />
Württemberg bekam.<br />
Wenn Frauen entscheiden, wird anders geguckt und es<br />
werden andere Frauen besetzt. Inzwischen sind ein paar<br />
Frauen in Spitzenpositionen und ich bekomme auf einmal<br />
Engagements für den Sonntagabend um 20.15 Uhr. Es<br />
fällt mir immer wieder auf: Frauen jeden Alters engagieren<br />
mich und jüngere und schwule Männer. Die alten<br />
Hetero-Machos konnten oft nichts mit mir anfangen. Ich<br />
verstehe mich auch gut mit jungen Regisseuren, weil die<br />
keine Angst vor mir haben. Im Zweifelsfall haben sie eine<br />
starke Mutter in meinem Alter. Das ist ganz toll. Man<br />
muss nur durchhalten und darf nicht zu früh sterben.<br />
Postklimakterisch ist das Leben echt super.<br />
Das zeigen Sie auch mit ihrem<br />
aktuellen Programm « In my<br />
Sixties ».<br />
Ja und ich sage am Anfang:<br />
Damit feiere ich 50<br />
Jahre Pubertät. In der Pubertät<br />
freut man sich auf<br />
das, was kommt. Von diesem<br />
Gefühl kann man viel auf das Klimakterium übertragen.<br />
Es geht noch mal etwas Neues los. Ich bin viel freier als<br />
früher. Das liegt natürlich auch daran, dass ich nicht mehr<br />
mit Männern zusammen bin. Aber jetzt, mit 66, bin ich<br />
jenseits von gut und böse.<br />
Ältere Frauen tragen überwiegend beige und haben<br />
alles hinter sich – so das Klischee. Das kann ich schön ins<br />
Wanken bringen, meinen relativ fitten Körper präsentieren<br />
und trotz meiner Falten sexy Kleider tragen, die einer<br />
Feministin eigentlich gar nicht zustehen. Bis jetzt wollte<br />
ich das nicht. Ich war immer die feministische Schauspielerin.<br />
Ich wollte immer Rollen spielen, mit denen das<br />
Frauenbild verändert wird. Ich kann durch die Mutterrollen,<br />
die ich übernehme, nicht das Bewusstsein verändern.<br />
Das wäre zu größenwahnsinnig. Aber ich kann es ins<br />
Schleudern bringen, kann verunsichern. Die Leute sollen<br />
stutzig werden.<br />
Es macht mir großen Spaß, das Vorurteil zu unterlaufen,<br />
dass Frauen ab einem bestimmten Alter keine Erotik<br />
mehr haben. Ich möchte im Fernsehen auch Frauen sehen,<br />
die ein weibliches Pendant zu Dieter Hildebrandt oder<br />
Gerhard Polt sind – klug, originell, eben eine Type. Dafür<br />
kämpfe ich. Die sollen auf denselben Sendeplätzen zu sehen<br />
sein wie die üblichen TV-Beauties. Das gilt vor allem<br />
auch für Kabarettistinnen.<br />
Aber Sie sind doch attraktiv.<br />
«Auch deswegen<br />
brauchen wir die<br />
Quote, weil in<br />
den Sendern stark nach<br />
dem persönlichen erotischen<br />
Geschmack der<br />
verantwortlichen Redakteure<br />
besetzt wird.<br />
Nur wenn ich geschminkt bin. Ungeschminkt sehe ich<br />
aus wie ein Schluck Wasser in der Kurve, total verhuscht<br />
und unscheinbar. Wenn ich nicht geschminkt bin, guckt<br />
mich kein Arsch an. Wenn ich für die Bühne groß geschminkt<br />
bin, was ich auch gerne mache, kann ich punktuell<br />
Glamour entfalten, aber im Herzen bin ich immer<br />
noch die verhuschte Studentin.<br />
Geht es den Frauen in Frankreich besser als in Deutschland?<br />
Das ist schichtabhängig. Die Frauen der Oberschicht<br />
konnten immer Familie und Beruf perfekt verbinden. Ségolène<br />
Royal bekam als Ministerin ihr drittes Kind. Das<br />
wäre bei uns zu der Zeit undenkbar gewesen. Die Französinnen<br />
haben den großen Vorteil, dass es den Begriff der<br />
Rabenmutter nicht gibt. Wir haben uns ja immer noch<br />
nicht völlig von der Idee der Nazis befreit, dass Frauen in<br />
erster Linie Mütter zu sein haben – trotz 1968 und einer<br />
starken Frauenbewegung.<br />
Ich finde, dass die Frauenbewegung bei uns stärker<br />
rezipiert worden ist. Hier gab es ja die Phase, in der sich<br />
Frauen nur noch im Schlabberlook präsentiert haben und<br />
das war wichtig. Diese Phase fehlt den Französinnen. Die<br />
sind immer noch relativ zwanghaft elegant. Die müssen<br />
kochen können, die müssen immer schick sein. Das ist<br />
Stress, das muss man nicht auch noch haben, wenn man<br />
berufstätig ist.<br />
Hier werden die Französinnen doch als Vorbild hingestellt,<br />
weil sie so entspannte Mütter sind.<br />
Entspannte Mütter? Gehen Sie mal in einen französischen<br />
Park und hören, wie die Mütter dort mit ihren<br />
Kindern reden. Entspannt klingt das nicht. „Arrete! Laisse<br />
ça! Viens ici! Non, non!“. Die Französin ist aber keine<br />
Rabenmutter, wenn sie das Kind den ganzen Tag weggibt.<br />
Das ist eher, wie es in der DDR war, aber die Französinnen<br />
sind dabei natürlich besser angezogen.<br />
Können Sie mir erklären, warum<br />
die Franzosen in neuen Umfragen<br />
Dominique Strauss-Kahn wieder in<br />
wichtigen Ämtern sehen möchten? Das<br />
kann man sich in Deutschland nicht<br />
vorstellen.<br />
«Die Französinnen<br />
haben den<br />
großen Vorteil,<br />
dass es den Begriff<br />
der Rabenmutter nicht<br />
gibt. Wir haben uns ja<br />
immer noch nicht völlig<br />
von der Idee der Nazis<br />
befreit, dass Frauen<br />
in erster Linie Mütter<br />
zu sein haben – trotz<br />
1968 und einer starken<br />
Frauenbewegung.<br />
Hier wird deutlich, dass der<br />
Feminismus in Frankreich in der<br />
breiten Öffentlichkeit noch nicht<br />
wirklich verankert ist. Das frauenfeindliche,<br />
das entwürdigende Verhalten<br />
zählt bei den Franzosen als<br />
erotische Verfehlung, als Caprice.<br />
So ist Homosexualität auch lange behandelt worden. Als<br />
Caprice war es total okay. Aber wenn die Homosexuellen<br />
Rechte fordern, wird es schwierig. Und wenn die Frauen<br />
nicht entwürdigt werden und eben als Zimmermädchen<br />
nicht vergewaltigt werden wollen, wird es eben auch<br />
schwierig.<br />
Erklärt das auch, warum in<br />
Frankreich so viele auf die<br />
Straße gingen, um die Ehe<br />
unter Homosexuellen zu<br />
verhindern?<br />
«Hier wird deutlich,<br />
dass der<br />
Feminismus in<br />
Frankreich in der breiten<br />
Öffentlichkeit noch<br />
nicht wirklich verankert<br />
ist. Das frauenfeindliche,<br />
das entwürdigende<br />
Verhalten zählt bei<br />
den Franzosen als<br />
erotische Verfehlung,<br />
als Caprice. So ist Homosexualität<br />
auch lange<br />
behandelt worden.<br />
Da hat man sich<br />
wirklich gewundert. Das<br />
Land von « Fraternité,<br />
Egalité, Liberté ». Das<br />
dort so etwas möglich<br />
war. Dazu habe ich jedoch<br />
eine Theorie: Bei<br />
uns wurde Homosexualität<br />
offener gelebt. Es gab öffentliche homosexuelle Personen<br />
wie Rosa von Praunheim, Volker Beck oder Hella<br />
von Sinnen. Jetzt war ich nicht immer in Frankreich,<br />
aber mir fallen keine Prominenten ein, die offen homosexuell<br />
gelebt haben. Es wurde immer eher als erotische<br />
Eskapade abgetan.<br />
Als François Hollande Präsident wurde, bereitete er<br />
das Gesetz schnell vor. In Frankreich gab es nicht die<br />
Diskussionsprozesse wie in Deutschland, seitdem die rotgrüne<br />
Regierung das Thema etabliert hatte. Hier wurde<br />
in jeder Talkshow diskutiert, ob Schwule und Lesben<br />
heiraten und Kinder adoptieren dürfen. Außerdem war<br />
der Mainstream in Frankreich immer anti-klerikal. Die<br />
Katholiken und die anderen Konservativen fühlten sich<br />
von dieser laizistischen Dominanz im politischen und<br />
intellektuellen Bereich übergangen. Die nahmen jetzt<br />
dieses Thema, um mit ihren Wertevorstellungen an die<br />
Öffentlichkeit zu gehen und auch mal die Massen für<br />
die Straße zu mobilisieren. Es hat mir immer gefallen,<br />
dass der Klerus in Frankreich nicht so viel zu sagen hat,<br />
aber es gibt ihn natürlich und seine Anhänger<br />
wollen auch mal gehört werden.<br />
Wie oft sind Sie heute noch in Frankreich?<br />
Seit drei Jahren wieder öfter, meistens in der<br />
Bretagne. Man hat ja im Leben so verschiedene<br />
Phasen mit Urlaubsländern. Einmal war ich<br />
auch auf den Filmfestspielen in Cannes, um<br />
einen Film vorzustellen. Da habe ich es sehr<br />
genossen, auf Französisch zu diskutieren. Ich<br />
würde gerne mal in einem französischen Film<br />
spielen. In mein Programm habe ich das französische<br />
Lied « Toi jamais », das Catherine Deneuve<br />
in dem Film « Acht Frauen » von Francois<br />
Ozon gesungen hat, aufgenommen.<br />
Maren Kroymann, wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />
82 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 83
ART DE VIVRE Wein<br />
Hôtel de Paris<br />
Am Eingang wartet ein Bodyguard auf mich,<br />
dabei bin ich weder berühmt noch gefährdet.<br />
Schnell wird aber klar, dass es auch gar nicht<br />
um meinen Personenschutz geht, sondern sich<br />
die Sorge vielmehr auf die Weinkostbarkeiten<br />
bezieht, die es zu besichtigen gilt. Ich habe das<br />
außerordentlich seltene Glück, eine Privatführung<br />
im weltweit größten Weinkeller eines Hotels zu<br />
bekommen, durch den Weinkeller des Hôtel de<br />
Paris in Monaco. Glücklicherweise wartet nicht<br />
nur der Bodyguard auf mich, sondern auch einer<br />
der 35 Sommeliers des Hauses. Die nächsten<br />
zwei Stunden werde ich unter seiner fachkundigen<br />
Begleitung unter Tage verbringen und mir<br />
ausführlich die Geschichte sowie die<br />
verschiedenen Schätze erklären lassen.<br />
Während sich draußen bei über 30 Grad die Touristen vor dem<br />
Kasino an den automobilen Kostbarkeiten sattsehen, erwarten<br />
mich kühle zwölf Grad. Von einem versteckten Hintereingang<br />
des Hôtel de Paris geht es einen langen Weg hinunter zu einem<br />
der bestgeschütztesten Weinkeller der Welt. Wohlweislich habe ich keine<br />
Tasche dabei, so dass der Bodyguard keine Sorge haben muss, dass<br />
ich mit einer edlen Flasche eines Château Petrus heimlich den Weinkeller<br />
verlasse. Bevor wir jedoch unsere Rundtour durch die weitverzweigten<br />
Gänge des 1.500 Quadratmeter großen Weinkellers beginnen, erzählt<br />
mir der Sommelier Pascal erst einmal ein wenig von der Geschichte<br />
dieses außergewöhnlichen Ortes.<br />
Zwischen 1874 und 1884 wurde der Weinkeller in der jetzigen<br />
Form 13 Meter unter der Erdoberfläche angelegt und über die Jahre<br />
von mehr als 100 spezialisierten Arbeitern ausgebaut. Ursprünglich lagerten<br />
ganze Weinfässer im Weinkeller, die dann vor Ort in Flaschen<br />
umgefüllt wurden. Da sich im letzten Jahrhundert jedoch durchgesetzte,<br />
dass die Flaschen bereits im Château abgefüllt werden, lagern heute<br />
in den perfekt klimatisierten Gängen keine Weinfässer mehr ein, sondern<br />
je nach Saison und Jahr bis zu 600.000 Flaschen von<br />
6.000 verschiedenen Weingütern. Da es sich ausnahmslos<br />
um große Weine von berühmten Weingütern handelt, liegen<br />
in den mehr als einen Kilometer langen Regalen Millionenwerte,<br />
was wiederum die Politik des Hauses erklärt,<br />
jeden Besucher von einem Sicherheitsbeamten begleiten<br />
zu lassen.<br />
Ganz am Ende des Weinkellers gibt es sogar einen<br />
Bereich, der eine ganz besondere Geschichte aufweist. Als<br />
die Nazis während des Zweiten Weltkriegs Frankreich<br />
besetzten, ging in Monaco die Angst um, dass der kostbare<br />
Weinkeller des Hôtel de Paris von ihnen geplündert<br />
werden könnte. So wurden alle Raritäten, rund 20.000<br />
Flaschen, in den absolut hintersten Teil des Weinkellers<br />
gebracht. Der Durchgang davor wurde mit einer sechs<br />
Meter dicken Wand aus leeren Flaschen zugestellt.<br />
Als die Nazis in den Weinkeller eindrangen und die<br />
nicht so teueren Flaschen mitnahmen, entdeckten sie<br />
auch die leeren Flaschen. Da sie weitere Kostbarkeiten<br />
vermuteten, fingen sie an, diese Flaschen wegzuräumen.<br />
Doch nach vier Metern gaben sie auf. Diesem glücklichen<br />
Umstand verdankt das Hôtel de Paris heute, dass es der<br />
erlesenen Kundschaft noch einige originale Weinraritäten<br />
aus den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg anbieten kann.<br />
Die älteste Flasche im Weinkeller stammt vom Château<br />
d’Aligre aus dem Jahr 1835. Auf der Karte des Sternerestaurants<br />
des Hotels finden sich außerdem ein Château<br />
Margaux aus dem Jahr 1929, ein Château Yquem von 1890<br />
sowie ein Cognac aus der Zeit Napoleons.<br />
1945 war es Sir Winston Churchill persönlich vorbehalten,<br />
den Weinkeller wiederzueröffnen. Zur Feier des<br />
Tages wurde damals eine Flasche Rum aus dem Jahr 1811<br />
geöffnet. Der Weinkeller hat ohnehin häufiger Berühmtheiten<br />
zu Gesicht bekommen. So feierten beispielsweise<br />
1976 Fürst Rainer III. von Monaco und Prinzessin Grace<br />
hier im engsten Kreis ihr 20-jähriges Hochzeitsjubiläum.<br />
Pro Jahr werden in den 32 Restaurants, die der Société<br />
de Bain de Mer de Monaco (SBM) gehören, die auch<br />
das Hôtel de Paris und seinen Weinkeller bewirtschaftet,<br />
über 100.000 Weinflaschen verköstigt. Dies bedeutet,<br />
dass jährlich neue Millionenwerte angeschafft und in dem<br />
Weinkeller, der für alle Restaurants der Gesellschaft benutzt<br />
wird, gelagert werden müssen.<br />
Pascal erklärt mir ausführlich jeden einzelnen Gang,<br />
in dem jeweils Unmengen an Flaschen lagern. Nur eine<br />
kleine Schiefertafel, mit Kreide beschrieben, erläutert,<br />
was sich in dem jeweiligen Fach befindet. Die Sommeliers<br />
und ihre fleißigen Lageristen benötigen diese Tafeln jedoch<br />
nicht, da sie sich geradezu blind in dem Weinkeller<br />
zurechtfinden.<br />
Mir ermöglicht es jedoch, meinen Begleiter nach der<br />
Anschaffungspolitik des Hauses zu fragen, da ich nach 60<br />
Minuten Rundgang auf den Schiefertafeln ausschließlich<br />
die Namen von französischen Weinen gelesen habe. Pascal<br />
erläutert mir, dass nur wenige Weine der sogenannten<br />
neuen Welt eingekauft werden, obwohl das Publikum<br />
des Hôtel de Paris in Monaco aus aller Herren Ländern<br />
anreist. Der Wunsch nach großen, traditionellen Weinen<br />
herrscht trotz der Internationalität des Publikums immer<br />
noch vor, so dass ein Großteil des Weinkellers mit den<br />
herausragenden Lagen des Bordelais, schätzungsweise ein<br />
Drittel aller Flaschen, oder Burgunds sowie der Champagne<br />
bestückt ist.<br />
Trotz des obligatorischen Bodyguards gibt es in dem<br />
Weinkeller sogar einen Bereich, der noch einmal separat<br />
mit Gitterstäben gesichert ist. Dort befinden sich die<br />
außergewöhnlichsten Schätze des Weinkellers und die<br />
seltensten und ältesten Jahrgänge. Hier haben nur wenige<br />
Mitarbeiter des Hôtel de Paris Zugang, was bei den Werten<br />
nur allzu verständlich ist. Einzelne Flaschen kosten<br />
hier fünfstellige Summen und ganz besondere Raritäten<br />
können locker mit den Preisen der edlen Luxuslimousinen<br />
vor dem Kasino mithalten. Zur Politik des Hauses gehört<br />
es auch, nicht nur ausreichende Mengen eines Jahrgangs<br />
einzukaufen, sondern bei besonderen Weingütern wie<br />
dem Château Yquem oder dem Château Petrus auch von<br />
den mehr als 50 Jahre alten Jahrgängen immer noch mehr<br />
als 30 Flaschen vorzuhalten.<br />
Obwohl der Weinkeller nicht öffentlich zugänglich<br />
ist, gibt es einen Bereich, in dem Weinverkostungen sowie<br />
Abendessen und Empfänge veranstaltet werden. Dies<br />
bleibt jedoch entweder sehr guten Gästen des Hauses oder<br />
denjenigen vorbehalten, die bereit sind, die « bescheidene »<br />
Summe von 4.000 EUR für eine Weinverkostung zu bezahlen.<br />
Da dies mein Journalistengehalt sprengen würde,<br />
verkoste ich keinen Wein. Ich freue mich, dass ich trotzdem<br />
das seltene Vergnügen habe, aufgrund meines Berufes<br />
einen solch exklusiven Ort besuchen zu dürfen.<br />
Seit 15 Jahren ist Pascal bereits Sommelier im Hôtel<br />
de Paris und obwohl er jeden Tag mehrmals in den Weinkeller<br />
hinabsteigt, ist es auch für ihn immer noch etwas<br />
Besonderes, mit diesen erlesenen Weinen zu tun zu haben.<br />
Ungefähr genauso lange lagern die meisten Weine<br />
im Weinkeller, bevor sie in den verschiedenen Restaurants<br />
auf die Karte kommen, momentan sind es Weine aus den<br />
Jahrgängen vor dem Jahr 2000. Selbst wenn es weltweit<br />
noch andere große Hotels mit einem exquisiten Weinkeller<br />
gibt, keiner kommt in Größe, Anzahl und Exklusivität<br />
an diesen heran und so sieht es der Sommelier als außergewöhnliches<br />
Privileg, hier arbeiten zu dürfen.<br />
Ich kann ihn bestens verstehen und würde mich gerne<br />
mal eine Nacht im Weinkeller einschließen lassen. Aber<br />
da passt mein Bodyguard schon auf. Er achtet darauf, dass<br />
ich den Weinkeller mit ihm verlasse. So komme ich nach<br />
einer wundervollen zweistündigen Reise in die Tiefe wieder<br />
an das Tageslicht. Um mich herum laufen viele Touristen<br />
vorbei, die sich wahrscheinlich nicht im Geringsten<br />
vorstellen können, dass hinter diesem unscheinbaren<br />
Eingang unglaubliche Schätze verborgen sind. Für einen<br />
Weinliebhaber aber ist es wahrlich ein Paradies, das kostbarer<br />
ist als die teuren Limousinen und Sportwagen vor<br />
dem nahen Kasino.<br />
84 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 85
«<br />
ART DE VIVRE Chantals Rezept<br />
Als Kind bewunderte ich immer das<br />
Gebäck in den Vitrinen der Bäcker,<br />
das an kleine Windbeutel erinnert.<br />
Bis heute hat es seine Anziehungskraft<br />
auf mich – wie auf viele Franzosen –<br />
nicht verloren. Man findet es in jeder<br />
guten Bäckerei, oft neben der Kasse,<br />
damit man als Käufer unterschwellig<br />
in Versuchung geführt wird. Unter<br />
« chouquettes » versteht man die simpelste<br />
Art dieses Gebäcks aus Brandteig.<br />
Gefüllt nimmt es dann andere Namen an<br />
wie « éclair au chocolat ». Bon appétit!»<br />
Les chouquettes<br />
Vorbereitungszeit: 30 min • Backzeit: 15 min<br />
Zutaten<br />
125 ml Milch<br />
125 ml Wasser<br />
110 g Butter<br />
140 g Mehl<br />
5 g Zucker<br />
4 g Salz<br />
5 Eier<br />
Puderzucker oder<br />
grobkörniger Zucker<br />
Zubereitung<br />
• Milch, Wasser, Butter, Zucker<br />
und Salz in einem Topf vorsichtig<br />
zum Sieden bringen.<br />
• Sobald die Mischung siedet, den<br />
Topf von der heißen Kochplatte<br />
nehmen und das Mehl hinzuschütten.<br />
Alles gut miteinander<br />
vermischen. Anschließend den<br />
Topf wieder auf die heiße Kochplatte<br />
stellen und den Teig unter<br />
ständigem Rühren eine Minute<br />
trocknen lassen, so dass er sich vom<br />
Topfboden löst. Anschließend den<br />
Teig in eine Schüssel umfüllen.<br />
• Eier in einer anderen Schüssel<br />
schaumig schlagen und anschließend<br />
in mehreren Schüben<br />
unter den Teig mischen. Alles<br />
dabei stets gut verrühren.<br />
• Auf einem mit Backpapier ausgelegten<br />
Backblech aus dem Teig<br />
mit Hilfe eines Spritzbeutels oder<br />
zweier Kochlöffel kleine Häufchen<br />
formen. Anschließend die kleinen<br />
Teighäufchen mit Puderzucker oder<br />
grobkörnigem Zucker bestreuen.<br />
• Das Backblech in den vorgeheizten<br />
Backofen schieben und circa 15<br />
Minuten lang bei 200 Grad backen<br />
lassen. Anschließend das Gebäck<br />
abkühlen lassen. Auf keinen Fall<br />
sollte es im warmen Zustand gestapelt<br />
werden, da es sonst weich wird.<br />
Tipp<br />
• Wer Lust hat, kann mehrere<br />
Gebäckstücke mit Hilfe von<br />
karamellisiertem Zucker miteinander<br />
verbinden und lustige<br />
Formen entstehen lassen. Dafür 100<br />
Gramm Zucker mit einem Esslöffel<br />
Wasser karamellisieren lassen.<br />
86 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 87
ART DE VIVRE Produkte<br />
Serie: Typisch französische Produkte (6)<br />
l’école des loisirs<br />
In dieser Serie werden Produkte vorgestellt,<br />
die sich in fast jedem französischen Haushalt<br />
befinden oder die für viele Franzosen kleine<br />
Nationalheiligtümer sind, auch wenn sie –<br />
vom Ausland aus betrachtet – vielleicht nicht<br />
immer als typisch französisch wahrgenommen<br />
werden. Hierzu zählen die Kinderbücher<br />
aus dem Verlag l’ecole des loisirs. 1965,<br />
als sich kaum jemand für diesen Markt interessierte,<br />
gründeten die beiden Franzosen<br />
Jean Delas und Jean Fabre sowie der<br />
Schweizer Arthur Hubschmid dieses Verlagshaus.<br />
Im Laufe der Zeit wurde aus den bescheidenen<br />
Anfängen eine Institution, deren<br />
Werke sich in allen französischen Kinderzimmern<br />
befinden. Der Kinderbuchverlag ist<br />
heute sogar so bedeutend, dass sein 50.<br />
Geburtstag zu den wenigen Jubiläen in<br />
diesem Jahr gehört, die vom Kulturministerium<br />
offiziell unterstützt werden.<br />
50 Jahre! Schon 50 Jahre? Am Anfang<br />
wollte ich es gar nicht glauben. Es gibt<br />
Geburtstage, die will man nicht wahrhaben.<br />
Doch es stimmt: Der Lieblingsverlag aus meiner<br />
Kindheit feiert dieses Jahr sein 50-jähriges Bestehen. Dies<br />
bedeutet aber auch, dass ich in Kürze genauso alt werde.<br />
Die zweite erschreckende Erkenntnis, die ich nicht wahrhaben<br />
will. Wie für die meisten Franzosen, die in den<br />
1960er-/1970er-Jahren geboren wurden, spielte dieser<br />
Kinderbuchverlag auch eine ganz besondere Rolle in meiner<br />
Kindheit. So wie ein Glas Nutella erinnert er mich an<br />
die Unbekümmertheit der ersten Lebensjahre auf diesem<br />
Planeten.<br />
Ich weiß noch, wie meine Eltern mit mir in den<br />
Buchladen « Chantelivre » in der Rue de Sèvres in<br />
Paris gingen. Er wurde 1974 von dem Verlag selbst<br />
eröffnet und war damals eine kleine<br />
Sensation. Denn zum ersten Mal konnte<br />
man auch als Kind in einem Buchladen<br />
nach Büchern stöbern und diese vor<br />
Ort probelesen. Ein Konzept, das heute in<br />
Buchläden Standard ist, damals aber noch nicht<br />
existierte. Vor allem nicht für Kinderbücher.<br />
Damals waren Kinderbücher noch eine Angelegenheit<br />
unter Erwachsenen.<br />
Der Verlag wollte dies ändern. Er wollte mit seinen<br />
Büchern beim Nachwuchs vor allem die Lust am Lesen<br />
fördern. Es ging darum, Vergnügen zu bereiten und die<br />
Fantasie anzuregen. Auch das war neu. Bis dahin sollten<br />
Kinderbücher vor allem einen pädagogischen Auftrag<br />
erfüllen. Die « Freizeitschule », wenn man den Namen<br />
des Verlages wörtlich übersetzen würde, wollte dagegen<br />
die Neugierde wecken, insbesondere die Neugierde aufs<br />
geschriebene Wort. Die Bücher des Verlages waren deshalb<br />
bunter. Natürlich sollten die Kinder dabei auch etwas<br />
lernen, doch die versteckte Pädagogik kam spielerischer<br />
daher. Ein Novum in der bis dahin sehr seriösen Welt der<br />
Kinderbücher.<br />
Was ich später erfahren habe: Nicht nur die Werke<br />
des Verlages sind etwas Besonderes, sondern auch der<br />
Verlag selbst. In einer sich schnell wandelnden Welt<br />
und trotz des großen Erfolges wird der Verlag bis<br />
heute als Familienunternehmen geführt. An der<br />
Spitze stehen immer noch die Namen Delas, Fabre<br />
und Hubschmid. In den beiden ersten Fällen liegt<br />
das Wohl des Unternehmens bereits in den Händen<br />
der jüngeren Generation. Der dritte Gründer<br />
hat vielleicht ein bisschen grauere Haare als damals<br />
in den Anfangsjahren, aber er spürt immer noch die<br />
gleiche Liebe für das, was er tut.<br />
Heute umfasst der Katalog des Verlages rund 5.000<br />
Titel. Etwa 300 Titel kommen jedes Jahr neu hinzu.<br />
Mehr als 1.000 Autoren arbeiten für das Verlagshaus. 150<br />
Mitarbeiter kümmern sich um sie und alle verlegerischen<br />
Angelegenheiten. Damit ist das Unternehmen groß genug,<br />
um im harten Wettbewerb zu überleben, aber auch<br />
klein genug, um seinen besonderen Charme nicht zu<br />
verlieren. Vor allem eines hat sich in den 50 Jahren seit<br />
der Gründung nicht verändern: Man schaut unverändert<br />
neugierig und mit viel Offenheit auf die Welt. Es ist der<br />
unvoreingenommene Blick eines Kindes. Daran ändert<br />
auch der 50. Geburtstag nichts.<br />
In den letzten Ausgaben sind erschienen: Hollywood- und Malabar-Kaugummis (Ausgabe <strong>Nr</strong>. 51), Petit Suisse (Ausgabe <strong>Nr</strong>. 52),<br />
Orangina (Ausgabe <strong>Nr</strong>. 53), Duralex-Gläser (Ausgabe <strong>Nr</strong>. 54), Messer (Ausgabe <strong>Nr</strong>. 55)<br />
Louis Delas<br />
Urenkel von Jean Delas und einer der Verlagsleiter<br />
Monsieur Delas, wie erklären Sie sich den Erfolg eines relativ<br />
kleinen Verlages wie dem Ihren in einer Buchwelt, die in<br />
Frankreich ansonsten von einigen wenigen großen Verlagen<br />
dominiert wird?<br />
Das stimmt, das kann überraschen. Wir sind in der<br />
Welt der Verlage so etwas wie das gallische Dorf von<br />
Asterix und Obelix. Wir sind darüber aber sehr glücklich.<br />
Ich weiß auch gar nicht, ob es ein Geheimnis hinter<br />
diesem Erfolg gibt. Vielleicht liegt es daran, dass wir unsere<br />
Arbeit mit Leidenschaft tun. Wir machen wirklich<br />
Bücher für Kinder. Kinderbücher von anderen Verlagen<br />
haben dagegen meist doch die Eltern im Blickwinkel. Bei<br />
uns geht es um die Wünsche der Kinder. Wir wollen den<br />
Kindern helfen, die Welt zu verstehen. Aber wir nehmen<br />
ihre Sichtweise ein. Und Kinder täuschen sich selten. Sie<br />
wählen die Bücher, die ihnen wirklich gefallen.<br />
Die Verbundenheit vieler Franzosen zu unserem Verlag<br />
zeigt sich auch daran, dass viele unsere Bücher ein<br />
Leben lang aufheben. Machen Sie den Test: Wenn Sie in<br />
Ihrem Leben schon einmal umgezogen sind, haben Sie<br />
bestimmt viele Dinge aussortiert. Ich bin mir aber<br />
sicher, dass Sie die Kiste mit Ihren eigenen Kinderbüchern<br />
oder denen, die Sie für Ihre Kinder gekauft<br />
haben, noch irgendwo stehen haben. Diese Verbundenheit<br />
ist natürlich auch einer der Gründe für<br />
unseren Erfolg.<br />
War es schwierig, die Gewohnheiten der Franzosen<br />
im Bereich der Kinderbuchliteratur zu verändern?<br />
Es war sicherlich nicht einfach. Doch<br />
auch, wenn ich das eher selbst als Kind erlebt<br />
habe, erinnere ich mich daran, dass es<br />
den Familien der Gründer Spaß gemacht hat.<br />
Natürlich war es nicht unproblematisch, die Kaufgewohnheiten<br />
der Eltern zu verändern. Umso schöner war es dann<br />
jedoch, den Erfolg der eigenen Bemühungen zu spüren.<br />
Die 50 Jahre sind wie im Flug vergangen. Vielleicht auch,<br />
weil wir unseren Idealen stets treu geblieben sind.<br />
Als wir für das Firmenjubiläum in unseren Archiven<br />
gewühlt haben, fanden wir ein Schreiben meines Urgroßvaters<br />
mit dem Titel « Moralisches Testament für die zukünftigen<br />
Leiter des Verlages ». Darin hatte er aufgezeichnet,<br />
was er für den Verlag als essenziell erachtete. Etwa,<br />
dass der Verlag nie seine finanzielle Unabhängigkeit oder<br />
seinen Mut verlieren dürfe. Wir konnten feststellen, dass<br />
wir alle seine Grundsätze eingehalten hatten, ohne von<br />
diesem Dokument gewusst zu haben.<br />
Wo kam damals die Inspiration für die Gründung<br />
dieses Verlages her?<br />
Ich bin überzeugt, dass sie sich aus der<br />
Begegnung von Menschen ergeben hat. Einmal die zwischen<br />
unseren Familien, den Gründern. Aber auch die<br />
zwischen ihnen und Autoren, Buchhändlern, Lehrern<br />
usw. Es waren Begegnungen mit Menschen, die eine<br />
Faszination teilten: Kindern die Welt des Buches näherzubringen.<br />
Außerdem wirken auch Unterschiede inspirierend. Bei<br />
uns sieht man es an dem Vorhandensein der französischen<br />
und deutschschweizerischen Kultur im Verlag. Seit der<br />
Gründung des Verlages war Arthur Hubschmid mit an<br />
Bord. Er fing als Zeichner an. Mit seinem sehr präzisen<br />
Blick auf die Dinge brachte er eine andere Note in den<br />
Verlag als der vielleicht verspieltere Blick der Franzosen.<br />
So haben sich die verschiedenen Kulturen gegenseitig befruchtet.<br />
Arthur ist bis heute im Verlag als Verlagsleiter<br />
tätig.<br />
Apropos deutschschweizerische Kultur: Sie haben auch eine<br />
Filiale in Deutsch land gegründet. Sehen Sie Unterschiede<br />
zwischen der fran zösischen und der deutsch en Kinderliteratur?<br />
Richtig, wir haben vor 20 Jahren den Moritz Verlag<br />
in Frankfurt am Main gegründet. Das läuft sehr gut. Am<br />
Anfang wurden vor allem in Frankreich erfolgreiche<br />
Bücher ins Deutsche übersetzt. Heute hat der Verlag<br />
aber auch seine ganz eigenen Titel.<br />
Ja, wir spüren einen Unterschied zwischen<br />
Deutschland und Frankreich. In Deutschland<br />
ist der pädagogische Auftrag in der Kinderliteratur<br />
immer noch präsenter als in Frankreich.<br />
Würden Sie den Erfolg Ihres Verlages als « typisch<br />
französisch » qualifizieren?<br />
Ich glaube schon. Aber natürlich gab es<br />
internationale Einflüsse. So den deutschschweizerischen<br />
Blickwinkel von Arthur.<br />
Aber auch andere Einflüsse aus den USA oder Japan.<br />
Gleichzeitig ist der Verlag aber auch durch und durch<br />
französisch. Meine ganze Familie kommt beispielsweise<br />
aus dem Südwesten Frankreichs. Wir fühlen uns unserer<br />
Heimat sehr verbunden.<br />
Außerdem trägt die französische Kulturpolitik viel<br />
dazu bei, dass wir so sein können, wie wir sind. Etwa die<br />
Buchpreisbindung. Dank ihrer gibt es in Frankreich 4.000<br />
unabhängige Buchläden, was auch Titeln aus kleinen Verlagen<br />
bessere Chancen im Markt ermöglicht. Für uns ist<br />
das überlebenswichtig. Zum Vergleich: In den viel größeren<br />
USA gibt es nur 3.000 solcher Händler.<br />
Außerdem konnten wir ein enges Netz mit dem Bildungssystem<br />
spannen. Tausende Lehrer und Bibliothekare<br />
wissen unsere Arbeit zu schätzen. Dies geht aber auch<br />
nur, da man in Frankreich viel Wert aufs Lesen legt. Dies<br />
ist politisch gewollt. Man könnte fast sagen: eine nationale<br />
Überzeugung. Und da passt es sehr gut, dass wir ein<br />
Verlag aus Überzeugung sind.<br />
Monsieur Delas, wir bedanken uns für das Gespräch.<br />
88 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 89
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8<br />
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4<br />
15<br />
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18<br />
Künstlerdörfer – 10 Künstlerdörfer zum Verlieben 54<br />
Kultur – Museumseröffnungen wie am Fließband 54<br />
Brücken – Frankreichs bemerkenswerteste Brücken 53<br />
Küsten – Frankreichs schönste Küsten 51<br />
Dörfer – Frankreichs spektakulärste Dörfer 50<br />
Traumstraßen – Frankreichs spektakulärste Traumstraßen 48<br />
Camping – Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze 45<br />
(Teil 2: Westfrankreich)<br />
Camping – Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze 44<br />
(Teil 1: Ostfrankreich)<br />
Wellness in den Bergen – Nach dem Sport die Erholung 43<br />
10 Ideen... – ...für Ferien am Meer 40<br />
Kathedralen – Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Inseln – Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Naturwunder – Die 10 schönsten Naturwunder Frankreichs 33<br />
Gärten – Die 10 schönsten Gärten Frankreichs 32<br />
1 Paris <strong>Nr</strong>.<br />
Events – Olympische Spiele oder Weltausstellung? 55<br />
Pariser Rathaus – Ein Palast für die Hauptstädter 53<br />
Stadtentwicklung – Die ambitionierten Projekte der neuen 51<br />
Bürgermeisterin<br />
Louvre – Wie Mona Lisa & Co. den Krieg überlebten 50<br />
Oscar Niemeyer – Mit Frankreich auf Du und Du 48<br />
Monnaie de Paris – MétaLmorphoses, die Geburt eines neuen 48<br />
Stadtteils<br />
Monnaie de Paris – Eine Fabrik hinter königlicher Fassade 46<br />
Paris mit Kindern – Tipps für einen Städtebesuch mit dem 42<br />
Nachwuchs<br />
Le Bon Marché – Eine Pariser Institution feiert ihren 160. 41<br />
Geburtstag<br />
Hôtel des Invalides – Ein kleines Militär-Versailles mitten in 38<br />
Paris<br />
Les Arènes de Lutèce – Die unerwartete Entdeckung eines 37<br />
römischen Amphitheaters<br />
Lido – Carien, Porträt einer Startänzerin 37<br />
Avenue des Champs-Elysées – Wie steht es um den Glanz 36<br />
des Prachtboulevards?<br />
Musée Rodin – Der Charme eines Künstleranwesens mit 35<br />
einzigartigem Garten<br />
Haussmann und die Impressionisten – Wie Haussmann 34<br />
Paris neu erfand<br />
Pantheon – Großes Gebäude für die Großen Frankreichs 32<br />
Butte-aux-Cailles – Aus der Mitte entsprang ein Fluss 31<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen 31<br />
Hauptstadt (6): Designrestaurants<br />
Gärten in Paris – Oasen der Ruhe 29<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen 29<br />
Hauptstadt (4) – Weinbars<br />
Batobus – Mit dem Linienschiff über die Seine 28<br />
Stadtentwicklung – Seine-Ufer: Neugestaltung der Ufer der 28<br />
Seine<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen 28<br />
Hauptstadt (3) – Ungewöhnliche Restaurants<br />
Mehr als nur Kino – Legendäre Lichtspielhäuser der<br />
23<br />
französischen Hauptstadt<br />
Hotels<br />
La Belle Juliette – Paris 54<br />
Hotel Lutetia – Paris 32<br />
2 Pariser Umland <strong>Nr</strong>.<br />
Ecouen – Ein Museum für die Renaissance 50<br />
Saint-Denis – Ruhestätte der Könige 33<br />
3 Norden & Champagne <strong>Nr</strong>.<br />
Le Touquet-Paris-Plage – Ein Strand für die Hauptstadt 55<br />
Lille – Die unterschätzte Metropole 54<br />
Calais – Eine Stadt mit Spitze 48<br />
Musée Matisse – Kunstgenuss auf dem platten Land 47<br />
Pays de Condé – Eine Bergbaugegend erfindet sich neu 43<br />
Maison de Robert Schuman – Zu Besuch bei einem der Väter 42<br />
des vereinten Europas<br />
Marne – In der Heimat des Champagners 40<br />
10 Ideen... für Nord-Pas-de-Calais 38<br />
Arras & Douai – Riesen für den Kleinen 36<br />
Jardin Mosaic – Ein Spaziergang wird zur Reise 33<br />
Belfriede – Symbole der Freiheit 29<br />
Hotels<br />
Pasino – Saint-Amand-les-Eaux 43<br />
4 Elsass & Lothringen <strong>Nr</strong>.<br />
Château de Lunéville – Wie Phoenix aus der Asche 52<br />
Grosbliederstroff & Kleinblittersdorf – Ein Grenzfall: Zwei 49<br />
zwangsverbrüderte Orte stellen sich vor<br />
Abbaye de Murbach – Es steht ein Kloster im Walde 47<br />
Schiffshebewerk Saint-Louis/Arzviller – Ein Fahrstuhl für 45<br />
Schiffe<br />
Musée Lalique – Eine Hommage an die Glasmacherkunst 43<br />
Genuss – Die AOC des Elsass 42<br />
10 Ideen... für ein Wochenende im Elsass 41<br />
Haut-Koenigsbourg – Ein wahrhaft deutsch-französisches 40<br />
Kulturerbe<br />
Bitche – Das zweite Leben einer Zitadelle 38<br />
Grand Ballon – Eine Wanderung auf die Spitze der Vogesen 37<br />
Neufchef & Aumetz – Das stolze Erbe der lothringischen 36<br />
Kumpel<br />
Mont Sainte-Odile – Berg der Hoffnung und der Tragödie 35<br />
Städtevergleich – Metz versus Nancy 34<br />
Route des Crêtes – Höhenrausch in den Vogesen 29<br />
Hotels<br />
La Clairière Bio- & Spa-Hotel – La Petite-Pierre 38<br />
Museumotel L’Utopie – Râon-l’Etape 29<br />
5 Burgund & Jura <strong>Nr</strong>.<br />
Dijon – Mehr als nur Senf 53<br />
Genuss – Die AOC der Franche-Comté 47<br />
Genuss – Die AOC Burgunds 48<br />
Saône – Mit dem Hausboot auf der Saône unterwegs 44<br />
Maison de Louis Pasteur – Ein Dorf im Fokus der<br />
43<br />
Wissenschaft<br />
Hospices de Beaune – Ein Krankenhaus mit Weinbergen 41<br />
Lac de Pannecière – Spaziergang durch die Ruinen eines 41<br />
untergegangenen Dorfes<br />
Montbéliard – Die Farben einer Stadt 41<br />
Peugeot-Museum – Mehr als ein Automobilmuseum 39<br />
Roche de Solutré & Roche de Vergisson – Zwei Felsen, ein 35<br />
Wanderparadies<br />
Wein – Saint-Véran aus Burgund 35<br />
Châtillon-sur-Seine – Das Erwachen einer verschlafenen 34<br />
Provinzstadt<br />
Château de Saint-Fargeau – Wo der Blick hinter die Kulissen<br />
erlaubt ist<br />
6 Loire-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
Saumur – Stall, Schloss, Fluss 55<br />
Genuss – Die AOC der Pays de la Loire 45<br />
Cheverny – Das Schloss von Tim und Struppi 43<br />
Ballonfahrt übers Loire-Tal – Bitte zeichne mir ein Schloss 38<br />
Blois – Ein Schloss der Geheimnisse und Intrigen 36<br />
Wein – Chinon, ein Wein für alle Fälle 34<br />
Le Mans – Unerwartet anders 33<br />
Angers – Einfach l(i)ebenswert 30<br />
Hotels<br />
Troglododo – Azay-le-Rideau 31<br />
7 Normandie <strong>Nr</strong>.<br />
Cherbourg – Dem Meer zugewandt 53<br />
Rouen – Die normannische Hauptstadt 51<br />
Cabour, Deauville, Trouville-sur-Mer, Honfleur – Die Stars 49<br />
der Côte Fleurie<br />
Oscar Niemeyer – Mit Frankreich auf Du und Du 48<br />
Mont-Saint-Michel – Der Wunsch, eine Insel zu werden 48<br />
Impressionismus – Normandie, Heimat des Impressionismus 45<br />
Genuss – Die AOC der Normandie 39<br />
10 Ideen... für die Normandie 37<br />
Dieppe – Die Stadt und das Meer 34<br />
Livarot – Das Brot der armen Leute 32<br />
Mémorial Caen – Ein Museum für den Frieden 31<br />
Ile de Tatihou – Eine fantastische Reise 28<br />
Jumièges – Die Ruinenreste der Abtei von Jumièges 23<br />
Hotels<br />
Hotel de Bourgtheroulde – Rouen 51<br />
Hôtel les bains de Cabourg – Cabourg 49<br />
Domaine de la Corniche – Rolleboise 36<br />
8 Bretagne <strong>Nr</strong>.<br />
L’Aber-Wrac’h – Eine Handbreit Wasser unterm Kiel 55<br />
Montagnes Noires – Wo die Bretagne in die Höhe wächst 54<br />
Côte d’Emeraude – Vom Cap Fréhel zur Pointe du Grouin 52<br />
Ploumanac’h – Die Magie der bretonischen Nordküste 48<br />
Vitré, Fougères, Combourg, Château des Rochers-Sévigné 47<br />
– Mittelalterliche Festungen und literarische Vermächtnisse<br />
Brest – Die unterschätzte Hafenstadt am Ende der Welt 41<br />
Genuss – Die AOC der Bretagne 40<br />
Abbaye de Daoulas – Kloster der Kultur und der Heilpflanzen 39<br />
Golfe du Morbihan – Ein typisch bretonisches Naturerlebnis 35<br />
Pointe du Raz – Das Ende der Welt 31<br />
Ile de Bréhat – Die Insel ruft 29<br />
Hotels<br />
Castel Beau Site – Ploumanac’h 48<br />
9 Atlantikküste <strong>Nr</strong>.<br />
Baskenland – Corniche Basque, von Saint-Jean-de-Luz nach 55<br />
Hendaye<br />
Angoulême – Provinznest und Hauptstadt 52<br />
Rochefort – Die Stadt, die ihre Träume lebt 49<br />
Wein – Jurade de Saint-Emilion 47<br />
Bordeaux – Bordeaux 2.0 46<br />
Ile d’Oléron, Ile de Ré, Ile Madame, Ile d’Aix, Fort Boyard – 46<br />
Reif für die Insel(n)<br />
Wein – Ein asiatischer Winzer im Bordelais 46<br />
Loire-Mündung – Kunst am Fluss 45<br />
Nantes – Im Westen viel Neues 44<br />
Cognac – Von betrunkenen Spinnen und verdächtig<br />
42<br />
schwarzen Fassaden<br />
Radfernweg – Velodyssey, immer am Atlantik entlang 41<br />
Klöster – Abteien, die sogar Kinder begeistern 40<br />
Marais Poitevin – Die grünen Kanäle des Marais Poitevin 38<br />
Likör – Angélique de Niort, Likor aus einer Heilpflanze 38<br />
Wein – Château Bardins 37<br />
Futuroscope – Zukunftspark mit rosiger Zukunft 37<br />
Gironde – Wie Vauban eine Flussmündung abriegelte 36<br />
Stadtentwicklung – Bordeaux, eine Stadt mit Ambitionen 35<br />
32<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 53<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 54 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 55
Genuss – Gâteau basque 34<br />
Clisson – Ein Stück Italien im Westen Frankreichs 32<br />
Saint-Jean-Pied-de-Port – Ein baskisches Schmuckstück 32<br />
Bassin d’Arcachon – Auf den Spuren der Austernzüchter 28<br />
Hotels<br />
Surprenantes – Nantes 55<br />
Hôtel Napoléon – Ile d’Aix 46<br />
Logis Saint-Martin – Saint-Maixent-l’Ecole 37<br />
L’Avant-Scène – Bordeaux 34<br />
10 Auvergne & Limousin <strong>Nr</strong>.<br />
Cevennen – Im Land einsamer Hochebenen und tiefer 52<br />
Schluchten<br />
Vichy – Ein Kurbad mit schicksalhafter Vergangenheit 49<br />
Genuss – Die AOC des Limousin 48<br />
Clermont-Ferrand – Aufbruch aus schwieriger Position 47<br />
Genuss – Die AOC der Auvergne 38<br />
Viaduc de Garabit – Der horizontale Eiffelturm im<br />
37<br />
Zentralmassiv<br />
Hotels<br />
Domaine Saint Estève – Millau 53<br />
11 Périgord & Midi-Pyrénées <strong>Nr</strong>.<br />
Rodez – In der Heimat von Pierre Soulages 54<br />
Genuss – Die AOC von Midi-Pyrénées 50<br />
Tradition – Toulouse im Zeichen des Veilchens 47<br />
Airbus-Fabrik – Zu Besuch bei Airbus in Toulouse 46<br />
Gouffre de Padirac – Der Erdmitte ein Stückchen<br />
44<br />
näherkommen<br />
Trüffel in Sarlat-la-Canéda – Schwarze Diamanten 44<br />
Pastell – Das blaue Gold 43<br />
Bastiden – Die neuen Städte des Mittelalters 42<br />
Genuss – Diskrete Früchtchen, Backpflaumen aus Agen 33<br />
Im Katharerland – Ein Wanderweg zwischen Mittelmeer und 30<br />
den Pyrenäen<br />
Hotels<br />
Grand Hôtel Le Turenne – Beaulieu-sur-Dordogne 47<br />
Le Grand Balcon – Toulouse 42<br />
12 Pyrenäen <strong>Nr</strong>.<br />
Le Train Jaune – Ein Zug als Wahrzeichen 45<br />
Saint-Jean-Pied-de-Port – Ein baskisches Schmuckstück 32<br />
13 Languedoc-Roussillon <strong>Nr</strong>.<br />
La Grande-Motte – Retrochic am Mittelmeer 50<br />
Sète – Authentisch und definitiv südländisch 48<br />
Saint-Guilhem-le-Désert – Wenn ein Krieger zum<br />
47<br />
Klosterbruder wird<br />
Stadtentwicklung – Montpellier, ein Synonym für Dynamik 47<br />
Le Train Jaune – Ein Zug als Wahrzeichen 45<br />
Wein – Les Grés de Montpellier 44<br />
Pont du Gard – Altes Aquädukt erfrischend jung 41<br />
Céret & Collioure – Zwei Dörfer im Fokus der Kunst 37<br />
Wein – AOC Fitou, Qualitätsgarant aus dem Süden 33<br />
Nîmes – Römische Baudenkmäler und mediterrane<br />
23<br />
Lebensfreude<br />
14 Rhône-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
Lyon-Confluence – 24 Stunden im Neubauviertel 48<br />
Montélimar & Umgebung – Eine Reise zwischen gestern und 46<br />
morgen<br />
Lyon & Umgebung – Eine Reise zu den städtebaulichen 44<br />
Utopien des 20. Jahrhunderts<br />
Tradition – Guignol, kleine Helden aus Lyon 43<br />
Drôme-Tal – Ein Geheimtipp zwischen Provence und Alpen 42<br />
Wein – Clairette de Die 42<br />
Genuss – Die AOC von Rhône-Alpes 41<br />
Grignan – Im Land der schönen Briefe: eine Reise nach 40<br />
Grignan<br />
Wein – Lirac, das «mediterranste» Weinanbaugebiet im 40<br />
Rhône-Tal<br />
Jardin Zen d’Erik Borja – Auf der Suche nach dem verlorenen 39<br />
Garten<br />
Gastronomie – Michel Chabran, der Luxus der Simplizität 39<br />
Genuss – L’O Provençale: Olivenöl aus Nyons 36<br />
Genuss – Nougat aus Montélimar 35<br />
Ardèche – Zu den schönsten Dörfern der Ardèche 34<br />
Palais Idéal du Facteur Cheval – Die Kraft eines Traumes 33<br />
Hotels<br />
Cour des Loges – Lyon 44<br />
Manoir de la Roseraie – Grignan 40<br />
Helvie – Vals-les-Bains 23<br />
15 Alpen <strong>Nr</strong>.<br />
Lac d’Annecy – Einmal um den Lac d’Annecy 51<br />
Chambéry – Die alte Hauptstadt Savoyens 50<br />
Route Napoleon – Einmal quer durch die Alpen 49<br />
Montblanc – Alpine Winterfreuden 31<br />
Val d’Isère – Internationale Skistation auf 1.850 Metern Höhe 30<br />
Vogelpark von Villars-les-Dombes – Gefiederte Freunde 28<br />
Hotels<br />
Petit Hôtel Confidentiel – Chambéry 50<br />
Avenue Lodge Hotel – Val d’Isère 28<br />
16 Provence <strong>Nr</strong>.<br />
Sénanque – Klösterliche Besinnung in der Provence 55<br />
Arles – Römische Pracht und prachtvolle Kunstvorlage 53<br />
Roussillon – Das Colorado Frankreichs 52<br />
Marseille – Die Renaissance einer Metropole!? 49<br />
Umwelt – Lavendel der Provence in Gefahr 46<br />
Les Baux-de-Provence – Die unerwarteten Reize eines viel 44<br />
besuchten Dorfes<br />
Genuss – Die AOC von Provence-Alpes-Côte d’Azur 44<br />
Orange – Eine Stadt spielt Theater 42<br />
10 Ideen... für die Provence 39<br />
Dentelles de Montmirail – Mit dem Mountainbike durch das 34<br />
kleine Gebirge<br />
Saint-Rémy-de-Provence – Die provenzalische Idylle von 33<br />
Saint-Rémy<br />
Avignon – Ein Tag in der Stadt der Päpste 31<br />
Wanderung – Auf Schusters Rappen durch die Provence 29<br />
Hotels<br />
B Design & Spa – Le Paradou 39<br />
Attrap’Rêves – Allauch 33<br />
17 Côte d’Azur <strong>Nr</strong>.<br />
Antibes – Die Überraschung an der französischen Riviera 54<br />
Monaco – Internationales Zirkusfestival von Monte Carlo 53<br />
Parks & Gärten – Exotische Gärten und grüne Oasen an der 51<br />
Côte d’Azur<br />
Gonfaron – Ein Eldorado für Schildkröten 50<br />
Monaco – Die unglaubliche Saga eines kleines Fürstentums 47<br />
Grasse – Der Duft einer Hauptstadt 45<br />
Bormes-les-Mimosas – Wo Blumen wie Königinnen verehrt 39<br />
werden<br />
Ile de Port-Cros – Kleine Trauminsel im Mittelmeer 38<br />
Domaine du Rayol – Die Geschichte eines ungewöhnlichen 36<br />
Parks<br />
Eze – Wo die Berge ins Meer fallen 35<br />
Nizza – Frühlingsgefühle einer Diva 32<br />
Côte d’Azur – Jean Cocteau zwischen Nizza und Menton 28<br />
Hotels<br />
Mas du Grand Vallon – Mougins 45<br />
Clarion Grand Hôtel Aston – Nizza 41<br />
Château de la Messardière – Saint-Tropez 35<br />
18 Korsika <strong>Nr</strong>.<br />
Filitosa – Wenn Steine zu sprechen beginnen 55<br />
Bonifacio – Korsikas geschichtsträchtiger Höhepunkt 51<br />
Cap Corse – Türme, Kühe und Kanonen: Unterwegs auf dem 49<br />
Zöllnerpfad vom Cap Corse<br />
Gesellschaft – Korsika, die Revolution der Frauen geht weiter 44<br />
Genuss – Die AOC Korsikas 43<br />
Überseegebiete (DOM/TOM)<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Guadeloupe – Mehr als eine Insel, ein ganzes Archipel 52<br />
Französisch-Guayana – Natur, Geschichte, Raumfahrt 37<br />
Martinique – Entdeckungen in einer Postkartenidylle 31<br />
Ti’Punch & Planteur – Der Charme der Antillen in zwei 31<br />
Cocktails<br />
Hotels<br />
La Toubana Hôtel & Spa – Guadeloupe 52<br />
Cap Est Lagoon Resort & Spa – Martinique 30<br />
Weitere Themen<br />
Chantals Rezepte<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Appetitanreger<br />
Gratin de légumes du jardin 47<br />
Suppen<br />
La soupe aux champignons de Paris 52<br />
Soupe à l’oignon gratinée 48<br />
Gaspacho de tomates et fraises 46<br />
Gaspacho de tomate 40<br />
Velouté de laitue 38<br />
Salate<br />
Salade au crottin de chèvre chaud 34<br />
Quiches & Tartes<br />
Spezial: Quiches 55<br />
Quiche sans pâte 44<br />
Tarte aux rillettes 37<br />
Quiche Lorraine 33<br />
Gratins, Aufläufe & Toasts<br />
Croque Monsieur & Croque Madame 54<br />
Gratin dauphinois 35<br />
Parmentier de canard 31<br />
Fleischgerichte<br />
Steak tartare 51<br />
Coq au vin 43<br />
Meeresfrüchtegerichte<br />
Huitres chaudes à la fondue de poireaux et son sabayon 32<br />
Moules à la crème 29<br />
Desserts<br />
Ile flottante 49<br />
Fondant au chocolat au coeur de framboises 45<br />
Poires safranées et ses tuiles à l’orange 42<br />
Crème brûlée à la fleur d’oranger 39<br />
Soupe de fraises 28<br />
Gebäck<br />
Les petits sablés de Noël 53<br />
Le Paris-Brest 50<br />
Cannelés 41<br />
Baba au rhum 23<br />
Getränke<br />
Liqueur d’estragon 36<br />
Weine & Alkoholika<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Produktpiraterie – Wenn Weinflaschen gefälscht sind 54<br />
Weltkulturerbe – Frankreichs Winzer greifen zum Welterbetitel:<br />
53<br />
Les coteaux, maisons et caves de Champagne (Teil 2)<br />
Weltkulturerbe – Frankreichs Winzer greifen zum<br />
52<br />
Welterbetitel: Les Climats de Bourgogne (Teil 1)<br />
Muscadet – Ein Wein voller Überraschungen 51<br />
Châteauneuf-du-Pape – Ein Wein mit päpstlicher Aura 50<br />
Aperitif – Die Kunst des Aperitifs 49<br />
Weinfarbe – Eine kleine Weinfarbenkunde 48<br />
Jurade de Saint-Emilion – Mehr als Folklore: eine Tradition, 47<br />
die lebt!<br />
Peter Kwok – Ein asiatischer Winzer im Bordelais 46<br />
Karaffieren und Dekantieren – Die Kunst des Karaffierens 45<br />
und Dekantierens<br />
Les Grés de Montpellier – Ein Weinanbaugebiet auf dem 44<br />
Sprung in die nächste Liga<br />
Picon – «Un Picon-Bière, s’il vous plaît» 43<br />
Cognac – Von betrunkenen Spinnen und verdächtig<br />
42<br />
schwarzen Fassaden<br />
Clairette de Die – Der Schaumwein für glückliche Menschen 42<br />
Lagerung – Tipps zum Aufbewahren von Wein 41<br />
Bier – Schattendasein oder Geheimtipp? 40<br />
Lirac – Das «mediterranste» Weinanbaugebiet im Rhône-Tal 40<br />
Wein & Gesundheit – Vive le vin! Vive la santé! 39<br />
Angélique de Niort – Likor aus einer Heilpflanze 38<br />
Château Bardins – Ein kleines Familien-Weingut in Pessac- 37<br />
Léognan<br />
Cognac – Eine ungewöhnliche Erfolgsgeschichte 36<br />
Saint-Véran – Erschwinglicher Spitzenwein aus Burgund 35<br />
Vinexpo – Die Welt des Weins zu Gast in Frankreich 35<br />
Chinon – Ein Wein für alle Fälle 34<br />
AOC Fitou – Qualitätsgarant aus dem Süden 33<br />
Crème de Cassis – Ein Getränk, das kein großes Brimborium 32<br />
um sich macht<br />
Ti’Punch & Planteur – Der Charme der Antillen in zwei 31<br />
Cocktails<br />
Saint-Pourçain – Wein von der Tafel der Mächtigen 29<br />
Alpillen – Das Weingebiet Les Baux-de-Provence 28<br />
Rum – Hochprozentiges aus Übersee 23<br />
Genuss<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Spitzengastronomie – Fabian Feldmann, ein deutscher 53<br />
Sternekoch im Land der Feinschmecker<br />
Produkte – Orangina 53<br />
Produkte – Petit Suisse 52<br />
Produkte – Hollywood- und Malabar-Kaugummis 51<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC von Midi-Pyrénées 50<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC Aquitaniens 49<br />
Pays de la Loire – Gut essen im Pays-de-la-Loire 49<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC des Limousin 48<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Franche-Comté 47<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC Burgunds 46<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Pays de la Loire 45<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC von Provence-Alpes-Côte 44<br />
d’Azur<br />
Trüffel – Schwarze Diamanten 44<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC Korsikas 43<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC des Elsass 42<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC von Rhône-Alpes 41<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Bretagne 40<br />
Gastronomie – Michel Chabran, der Luxus der Simplizität 39<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Normandie 39<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Auvergne 38<br />
Rillettes – Einfach, deftig, köstlich 37<br />
L’O Provençale – Olivenöl aus Nyons 36<br />
Nougat – Süßigkeit aus Montélimar 35<br />
Gâteau basque – Traditionelles Gebäck aus dem Baskenland 34<br />
Backpflaumen aus Agen – Diskrete Früchtchen 33<br />
Livarot – Das Brot der armen Leute 32<br />
Ti’Punch & Planteur – Der Charme der Antillen in zwei 31<br />
Cocktails<br />
Guide Michelin – Eine Deutsche an der Spitze der<br />
29<br />
französischen Gastronomiebibel<br />
Politik & Wirtschaft<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Events – Paris: Olympische Spiele oder Weltausstellung? 55<br />
Regionen – Auf der Suche nach neuen Hauptstädten 55<br />
Regionen – Auf der Suche nach neuen Namen 54<br />
Kindergeld – Ist eine Reform überhaupt möglich? 53<br />
Pestizide – Marie-Lys Bibeyran, eine Frau kämpft gegen 53<br />
Pestizide<br />
Regionen – Neugliederung der Regionen 52<br />
SNCM – Ist die Fährgesellschaft noch zu retten? 51<br />
Landesstruktur – Reform der Regionen und Departements 50<br />
François Hollande – Es ist nicht einfach, Präsident zu sein 49<br />
Verkehrspolitik – Die Wiederentdeckung der Langsamkeit 47<br />
Monnaie de Paris – Pessac, hinter den Kulissen der Euro- 47<br />
Münzprägung<br />
Hochschulpolitik – Teaching in English? Oh mon Dieu! 46<br />
Umwelt – Lavendel der Provence in Gefahr 46<br />
Deutsch-Französische Freundschaft – Wenn eine<br />
44<br />
Freundschaft zum Ritual wird<br />
Gregor Gysi – Der Linken-Politiker und Frankreich 43<br />
Machtverhältnisse – Alles nach links 41<br />
Medien – Die politische Ausrichtung französischer Medien 40<br />
Tourismus – Hauptsache außergewöhnlich 40<br />
Volksabstimmungen – Modethema im Wahlkampf 39<br />
Fünf Jahre Sarkozy – Zeit für eine Bilanz 38<br />
François Hollande – Der neue Präsident? 37<br />
Umweltschutz – Kettensägenmassaker am Welterbe Canal 36<br />
du Midi<br />
Präsidentschaftswahl 2012 – Die Kultur als<br />
35<br />
Wahlkampfthema<br />
Laizität – Ein Thema von immerwährender Aktualität 34<br />
TGV – Wieviel Hochgeschwindigkeit kann sich Frankreich 34<br />
leisten?<br />
Bistrosterben – Naht das Ende des Bistros? 33<br />
Marine Le Pen – Das «neue» Gesicht des französischen 32<br />
Rechtsextremismus<br />
Austernkrise – Sterben Frankreichs Austern aus? 32<br />
Eine Übersicht aller jemals erschienenen Themen,<br />
also auch der ausverkauften Ausgaben,<br />
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maximal 21,00 € pro Bestellung. Das Angebot gilt nur, solange der Vorrat einer Ausgabe reicht.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 23<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 28<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 29<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 31<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 32<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 34<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 35<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 36<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 37<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 38<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 39<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 40<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 42<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 43<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 44<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 45<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 46<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 47<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 48<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 49<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 50<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 51<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 52<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 53<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 54<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 55<br />
Staatsbankette – Wenn die Politik durch den Magen geht 29<br />
Reiseziele der Politiker – Plages de gauche, plages de 28<br />
droite, Urlaub in politischen Farben<br />
Frankophonie – Eine Situationsanalyse 28<br />
Frédéric Mitterrand – Der neue französische Kulturminister 23<br />
Gesellschaft & Alltag<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Innenstädte – Das Comeback der Innenstädte 55<br />
Erinnerungskultur – Passen Gedenken und Tourismus 52<br />
zusammen?<br />
Vergangenheitsbewältigung – Die geklauten Kinder von La 51<br />
Réunion<br />
Fußball – Annike Krahn, eine deutsche Fußballerin in Paris 50<br />
Wandern – Die Franzosen entdecken das Wandern 49<br />
Deutsch-Französische Freundschaft – Ein Grenzfall: Zwei 49<br />
zwangsverbrüderte Orte stellen sich vor<br />
Fußball-EM 2016 – Frankreich im Stadienbaurausch 48<br />
Franzosen und Gesellschaftsspiele – Ein Markt mit<br />
45<br />
Steigerungspotential<br />
Verkehr – Neuer Trend: Der Bahnhof wird zum Flughafen 44<br />
Gewalt auf Korsika – Die Revolution der Frauen geht weiter 44<br />
EU-Hauptstadtjahre: 2013 – Nantes und Marseille werden 43<br />
europäische Hauptstädte<br />
Winterschlussverkauf – Der andere Wintersport 43<br />
Michel Chevalet – Der Mann, der den Franzosen die<br />
42<br />
Wissenschaft erklärt<br />
Kriminalität – Angst über der Stadt 42<br />
Bürgerbewegung – Libérez les menhirs 42<br />
Jean Viard – Der Mann, der Frankreich beobachtet 41<br />
Simone Hérault – Die Stimme Frankreichs 40<br />
Berühmtheiten – Die 100 bekanntesten Franzosen 39<br />
Frankreichbild – Frankreichs Image in der Welt 39<br />
Académie Française – Die Unsterblichen, die 40 Wächter der 39<br />
französischen Sprache<br />
Der Präfekt – Lebendes Symbol des Zentralismus 38<br />
Lido – Carien, Startänzerin im Lido 37<br />
Tourismus – Trends für den Winterurlaub 2011/12 36<br />
Gardienne – Félisa, Gardienne in Paris 36<br />
Spendenbereitschaft – Wie großzügig sind die Franzosen? 35<br />
Ladenöffnungszeiten – Wird der Sonntag zum Werktag 34<br />
Ehrenlegion – Geht es noch um Verdienste? 33<br />
Frauen – Madame Glückspilz? Die Situation der französischen 32<br />
Frauen<br />
Mona Ozouf – Bretonin, Französin und Europäerin 31<br />
Elite-Hochschulen – Es lebe die Elite!: Frankreichs Grandes 29<br />
Ecoles<br />
Fußball – Ist der Ball denn auch in Frankreich rund? 28<br />
Frankophonie – Eine Situationsanalyse 28<br />
Versailles – Traditionelle Berufe hinter historischen Mauern 23<br />
Vorname / Name<br />
Straße / Hausnummer<br />
PLZ<br />
Land<br />
Ort<br />
Telefonnummer für Rückfragen<br />
Kunst & Kultur<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Neue Museen – Museumseröffnungen wie am Fließband 54<br />
Künstlerdörfer – 10 Künstlerdörfer zum Verlieben 54<br />
Musée Soulages Rodez – In der Heimat von Pierre Soulages 54<br />
Louvre – Wie Mona Lisa & Co. den Krieg überlebten 50<br />
Musée Matisse – Kunstgenuss auf dem platten Land 47<br />
Götz Alsmann – Götz Alsmann in Paris 46<br />
Patricia Kaas – Französische Chansonsängerin mit deutschen 45<br />
Wurzeln<br />
Museen – Frankreichs Museen auf der Überholspur 45<br />
ST-ART – Eine Kunstmesse zwischen den Welten 38<br />
Céret & Collioure – Zwei Dörfer im Fokus der Kunst 37<br />
Musée Rodin – Der Charme eines Künstleranwesens mit 35<br />
einzigartigem Garten<br />
Französisches Historisches Museum – Ein Projekt schlägt 31<br />
hohe Wellen<br />
Pariser Philharmonie – Wenn Politik von der Realität<br />
31<br />
eingeholt wird<br />
Jean Cocteau an der Côte d’Azur – Jean Cocteau zwischen 28<br />
Nizza und Menton<br />
Lebensart<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Café-Kultur – Auf der Terrasse eines französischen Cafés... 55<br />
Produkte – Messer 55<br />
Spiele – Ein Puzzle als Unikat 54<br />
Produkte – Duralex-Gläser 54<br />
Tradition – Toulouse im Zeichen des Veilchens 47<br />
Guignol – Kleine Helden aus Lyon 43<br />
Le Bon Marché – Eine Pariser Institution feiert ihren 160. 41<br />
Geburtstag<br />
Bunte Töpfe – Keramik aus Vallauris 28<br />
DEN BESTELLPREIS<br />
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belasten Sie bitte meiner Kreditkarte:<br />
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Visa<br />
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MasterCard<br />
Kartennummer Gültig Monat/Jahr Prüfziffer<br />
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ziehen Sie bitte von meinem Bankkonto ein<br />
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Ich ermächtige die AVZ GmbH, Storkower Straße 127a, 10407 Berlin,<br />
Gläubiger-Identifikationsnummer DE39Z0200000080844 den Bestellpreis<br />
von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Die Mandatsreferenz<br />
wird mir gesondert mitgeteilt.<br />
Datum, Unterschrift<br />
Diese Bestellung kann innerhalb von 14 Tagen beim Aboservice<br />
schriftlich ohne Angabe von Gründen widerrufen werden.
KULTURSCHOCK<br />
Soeben hat uns die Assistentin der stellvertretenden<br />
Bürgermeisterin aufgefordert, unsere Plätze einzunehmen.<br />
Für das Brautpaar stehen zwei breite Stühle<br />
vor einem eleganten Tisch bereit. Daneben stehen jeweils<br />
links und rechts davon zwei weitere, etwas schlichtere<br />
Stühle für die Trauzeugen. In Frankreich sind diese unverändert<br />
Pflicht, wenn man sich das Ja-Wort geben will. Maximal<br />
darf jeder Ehepartner zwei Trauzeugen benennen.<br />
Meine Freunde haben aus den Vollen geschöpft und diese<br />
Obergrenze ausgereizt. Ich, der die Ehre hat, einer dieser<br />
vier Trauzeugen zu sein, setze mich auf den äußersten<br />
Stuhl nahe der Tür. Die übrigen Gäste machen noch eilig<br />
ein paar Fotos, bevor sie auf den Stühlen im hinteren Bereich<br />
des ehrwürdigen Saales des Rathauses Platz nehmen.<br />
Alles scheint gut vorbereitet zu sein. Die Zeremonie<br />
kann in Kürze losgehen. Die Assistentin klärt uns noch<br />
kurz auf, dass wir uns alle erheben müssen, wenn die<br />
stellvertretende Bürgermeisterin den Saal betritt. Ich<br />
bin dankbar für diesen Hinweis. Vermutlich hätte ich es<br />
ohnehin mitbekommen, wenn alle anderen aufstehen.<br />
Aber so fühle ich mich gut gerüstet für das, was kommt.<br />
Schließlich bin ich das erste Mal Treuzeuge in Frankreich.<br />
Alle warten also auf die stellvertretende Bürgermeisterin.<br />
Nur eine Sache wundert mich: Durch die offene<br />
Tür zum Flur drängt immer noch Lärm in den Saal. Ein<br />
Paar, das vor uns gerade seine Zeremonie beendet hatte,<br />
und dessen Angehörige machen noch Fotos. Außerdem<br />
scheinen schon einige Gäste für die Trauung nach unserer<br />
Feier einzutrudeln. Es ist kein sehr lauter Lärm, aber<br />
ich empfinde ihn als störend. Vielleicht auch, weil ich als<br />
nächster zur offenen Tür hin sitze. Der Geräuschpegel aus<br />
dem Flur passt in meinen Augen jedenfalls nicht zu dem<br />
feierlichen Anlass.<br />
Also überlege ich für einen Moment, ob ich die Tür<br />
schließen soll. Anscheinend hat das die Assistentin vergessen.<br />
Doch gerade in dem Moment, in dem ich aufstehen<br />
will, geht die große Tür hinter dem Tisch auf und die<br />
stellvertretende Bürgermeisterin tritt in den Saal. Alle erheben<br />
sich pflichtgemäß. Da die Zeremonie zu beginnen<br />
scheint, traue ich mich nun nicht mehr, die paar Schritte<br />
zur Tür zu gehen und diese zu schließen. Immerhin bin<br />
ich der einzige Ausländer hier, denke ich mir. Warum soll<br />
also gerade ich mich darum kümmern? Die Zeremonie<br />
beginnt. Wir setzen uns alle wieder hin und die Bürgermeisterin<br />
beginnt mit der Trauung.<br />
In Frankreich werden Eheschließungen grundsätzlich<br />
vom Bürgermeister oder, wenn die Stadt zu groß ist, von<br />
einem seiner Stellvertreter vorgenommen. Hauptberufliche<br />
Standesbeamte, die ausschließlich für Hochzeiten<br />
zuständig sind, gibt es nicht. Die Amtspersonen tragen<br />
dabei eine Schärpe in den französischen Nationalfarben.<br />
Mir wird immer wieder bewusst, wie selbstverständlich<br />
die Franzosen mit ihrem Patriotismus umgehen. Selbst<br />
bei einem so persönlichen Akt wie der Eheschließung darf<br />
ein starkes staatliches Symbol nicht fehlen. Entsprechend<br />
wird in der Rede der stellvertretenden Bürgermeisterin<br />
auch diverse Male auf die Republik Bezug genommen.<br />
Doch dies ist nicht das einzige, was mir auffällt. An<br />
der Wand hinter der stellvertretenden Bürgermeisterin,<br />
auf die mein Blick unweigerlich fällt, will ich meinen<br />
Kopf nicht ständig nach rechts zum Brautpaar drehen,<br />
hängt ein Bild von François Hollande. Etwas steif steht er<br />
im Garten des Elysée-Palastes und schaut von der Wand<br />
auf die Hochzeitsgesellschaft herunter. Auch wenn die<br />
Französische Republik natürlich nichts mit der Deutschen<br />
Demokratischen Republik gemeinsam hat, so muss ich<br />
unweigerlich an die Porträts von Erich Honecker an den<br />
Wänden der Amtsstuben der DDR denken. Ich kann mir<br />
ein innerliches Lächeln nicht verkneifen. Man stelle sich<br />
vor, deutsche Ehepaare müssten sich ihr Ja-Wort vor den<br />
Augen von Angela Merkel oder Joachim Gauck geben.<br />
Ich glaube, da gäbe es Widerstand.<br />
Während ich über das Bild an der Wand nachdenke,<br />
zitiert die stellvertretende Bürgermeisterin diverse Paragraphen<br />
aus dem Familiengesetzbuch bezüglich der Ehe.<br />
Das hört sich für mich relativ administrativ an. Doch<br />
dann wechselt die Amtsinhaberin plötzlich das Thema<br />
und fängt an, davon zu erzählen, dass die Stadt, in der die<br />
Trauung stattfindet, eine der beliebtesten der Franzosen<br />
sei. Sie schwärmt von der Lebensqualität und dem friedlichen<br />
Zusammenleben in der Kommune. Für einen Moment<br />
frage ich mich, ob die werte Frau vielleicht vergessen<br />
hat, bei einer Trauung zu sein und nicht auf einer Wahlkampfveranstaltung.<br />
Außer mir scheint das niemanden zu<br />
stören. Es scheint also alles seine Richtigkeit zu haben.<br />
Am Ende dieser inhaltlichen Ausschweifung fordert sie<br />
das Brautpaar noch auf, sich stets für ein gutes Zusammenleben<br />
der Bürger der Stadt einzusetzen. Die Rede für<br />
die Trauung dient also gleichzeitig als kleine Belehrung in<br />
Sachen Staatsbürgerkunde.<br />
Draußen vor dem Saal wird es währenddessen immer<br />
lauter. Weitere Gäste der folgenden Trauung kommen<br />
an. Ich ärgere mich, dass ich vor Beginn der Zeremonie<br />
so zögerlich war und die Tür nicht zugemacht habe. Aber<br />
irgendwie scheint es auch die Assistentin der stellvertretenden<br />
Bürgermeisterin nicht zu stören.<br />
Dann kommt der Höhepunkt der Zeremonie. Das<br />
Brautpaar wird aufgefordert aufzustehen und gefragt,<br />
ob es den Bund der Ehe eingehen möchte. Als beide Ja<br />
sagen und sich danach einen Kuss geben, werden meine<br />
Augen ganz feucht. Es ist immer wieder ergreifend, wenn<br />
zwei Menschen Verantwortung füreinander übernehmen.<br />
Ganz egal, in welchen Land und welcher Nationalität.<br />
Danach müssen das Brautpaar sowie wir vier Trauzeugen<br />
ein Dokument in zweifacher Ausfertigung unterschreiben.<br />
Ein langer Text steht auf dem Dokument. Zu<br />
gerne würde ich mir den in Ruhe durchlesen. Immerhin<br />
soll ich ihn unterschreiben. Aber dafür ist natürlich keine<br />
Zeit. Anschließend wünscht die stellvertretende Bürgermeisterin<br />
den Frischvermählten alles Gute. Und weil man<br />
in Frankreich ist, kommt sie dafür um den großen Tisch<br />
herum und gibt beiden ein Küsschen links und rechts auf<br />
die Wange. Danach verschwindet sie wieder durch die<br />
große Tür.<br />
Nun ist es an uns Gästen, den beiden zu gratulieren,<br />
bevor wir alle gemeinsam den Saal verlassen. Wie bei<br />
jeder Hochzeit, werden vor dem Rathaus noch unzählige<br />
Fotos in allen möglichen Konstellationen gemacht. Währenddessen<br />
kommt einer der anderen Trauzeugen zu mir<br />
und fragt mich, wie ich die Zeremonie fand und ob sie<br />
sich sehr von einer solchen in Deutschland unterscheide.<br />
Ich beantworte die erste Frage mit einem « sehr rührend »<br />
und die zweite mit einem « nein, eigentlich nicht ».<br />
« Nur eines hat mich gestört », füge ich noch hinzu,<br />
« die offene Tür. Ich ärgere mich, dass ich sie nicht zugemacht<br />
habe. Aber Du hast es ja auch nicht gemacht und<br />
ich habe mich nicht mehr getraut, als die stellvertretende<br />
Bürgermeisterin eintrat. » Mein « Kollege » fängt schallend<br />
an zu lachen. Er sieht mein verdutztes Gesicht und erklärt:<br />
« Wie gut, dass Du die Tür nicht angefasst hast. Sonst<br />
wäre diese Ehe nun womöglich ungültig. » Ich verstehe<br />
nicht. « Ja, in Frankreich ist das Tradition », klärt er mich<br />
auf. « Die Tür muss offen bleiben, denn die Eheschließung<br />
ist ein öffentlicher Akt. Jeder Bürger soll sehen können,<br />
was in der Amtsstube passiert. Eine Ehe wird nie hinter<br />
verschlossenen Türen geschlossen. »<br />
Oh je, bin ich froh, dass ich diese dämliche Tür nicht<br />
zugemacht habe...<br />
94 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 95
GUÉWEN A TESTÉ<br />
Wie groß ist das Angebot an Ferienimmobilien?<br />
Frankreich ist das Eldorado der Zweitwohnsitze. Laut<br />
des nationalen Statistikamtes INSEE sind 3,2 Millionen<br />
der Wohnungen und Häuser im Land Ferien- oder<br />
Wochenenddomizile. Das sind zwölfmal so viele wie in<br />
Deutschland. Neun Prozent der Ferienimmobilien gehören<br />
Ausländern, davon 28 Prozent Briten, 14 Prozent Italienern<br />
und elf Prozent Deutschen.<br />
Ist es zurzeit ein guter Moment zu kaufen?<br />
Tendenziell ja. 2014 ging die Zahl der Immobilienverkäufe<br />
um 30 Prozent zurück. Dieser starke Einbruch erklärt sich<br />
durch die wirtschaftlich angespannte Lage in Frankreich sowie<br />
eine höhere Besteuerung von Verkaufsgewinnen. Durch<br />
den Rückgang der Vertragsabschlüsse müssen Verkäufer<br />
teilweise ihre Preise senken. In der Bretagne und der Region<br />
Provence-Alpes-Côte d’Azur reduzierten sich 2014 die<br />
Preise um 6,5 Prozent. In der Region Rhône-Alpes waren es<br />
4,4 Prozent. In manchen Gegenden sieht es noch günstiger<br />
aus: So haben seit Beginn der Krise Ferienimmobilien im Périgord,<br />
im Gers oder in der Creuse 50 Prozent ihres Wertes<br />
verloren. Es schlägt also die Stunde der Schnäppchenjäger.<br />
Wie findet man seine Traumferienimmobilie?<br />
Die meisten Immobilienverkäufe werden über Makler<br />
abgewickelt. Die meisten Objekte werden dabei im Internet<br />
annonciert. Beliebte Portale sind www.seloger.com und<br />
www.leboncoin.fr. Wer lieber von privat kaufen will, hat<br />
dagegen eine geringere Auswahl. Eine Internetseite hat sich<br />
jedoch auf den Immobilienhandel zwischen Privatleuten<br />
spezialisiert: www.pap.fr.<br />
Welche Verhandlungsstrategie ist die beste?<br />
Auch wenn es schwerfällt und man gerade sein Traumobjekt<br />
besichtigt, sollte man sich gegenüber dem Verkäufer<br />
oder dem Makler nie zu enthusiastisch zeigen. Je mehr das<br />
Gegenüber merkt, dass man unbedingt kaufen will, desto<br />
schwieriger wird es, den Preis zu verhandeln. Da der Ferienimmobilienmarkt<br />
in Frankreich zurzeit eher ein Käufermarkt<br />
ist, sind große Nachlässe möglich. Je nach Objekt<br />
und Lage sollte man durchaus wagen, zunächst mit einem<br />
Kaufpreisgebot zu beginnen, das bis zu 20 Prozent unter<br />
dem geforderten Verkaufspreis liegt.<br />
Guéwen a testé …<br />
... Kauf einer Ferienimmobilie<br />
Haben Sie auch schon einmal davon geträumt, ein Ferienhaus<br />
oder eine Ferienwohnung in Frankreich zu besitzen? Ich habe für<br />
Sie die wichtigsten Punkte zusammengestellt, die Sie bei einem Immobilienkauf<br />
beachten sollten.<br />
Welche Nebenkosten sind zu beachten?<br />
Immobilienkäufe müssen über einen Notar abgewickelt<br />
werden. Die Kosten dafür sowie die fällige Grunderwerbssteuer<br />
betragen rund acht Prozent des Kaufpreises. Hinzu<br />
kommen die Maklergebühren, falls die Immobilie über<br />
einen Makler erworben wird. Diese ist jedoch schon im<br />
Kaufpreis enthalten. Wenn man später seine Immobilie<br />
wieder verkauft und dabei einen höheren Preis erzielt als<br />
beim Kauf, wird der Wertzuwachs mit 34,5 Prozent besteuert<br />
(für EU-Staatsbürger).<br />
Was muss man über einen<br />
Vertragsabschluss wissen?<br />
Will man eine Immobilie erwerben, gibt man ein<br />
formales Gebot ab. Dieses reserviert das Objekt sieben<br />
Tage lang, ohne dass man endgültige Verpflichtungen<br />
eingeht. Ist man nach dieser Zeit immer noch vom Kauf<br />
überzeugt, wird der eigentliche Kaufvertragsprozess<br />
angeschoben. Anders als im deutschsprachigen Raum<br />
steht die Unterzeichnung des Kaufvertrages aber ganz<br />
am Ende dieses Prozesses. Am Tag der Vertragsunterzeichnung<br />
müssen alle Vorbereitungen abgeschlossen<br />
sein. Man wird sofort Eigentümer und erhält gleich die<br />
Schlüssel für die Immobilie. Da für einen Immobilienkauf<br />
allerdings diverse Vorbereitungen zu treffen sind,<br />
zum Beispiel müssen die Eigentumsverhältnisse eindeutig<br />
geklärt sein oder eventuell ein Immobilienkredit abgeschlossen<br />
werden, wird vor dem eigentlichen Vertrag<br />
ein Vorvertrag abgeschlossen, dessen Inhalt aber schon<br />
wesentlich den Inhalt des endgültigen Vertrages regelt.<br />
Also Augen auf und nur einen Vorvertrag unterschreiben,<br />
den man ganz verstanden hat und mit dessen Inhalt<br />
man einverstanden ist.<br />
Wie teuer ist ein Feriendomizil im Unterhalt?<br />
Natürlich lässt sich diese Frage schwer pauschal beantworten.<br />
Man geht davon aus, dass eine 250.000 Euro teure<br />
Ferienimmobilie jährliche Folgekosten von circa 4.000<br />
Euro nach sich zieht. In Frankreich wird eine Grundsteuer<br />
für Immobilien fällig. Hinzu kommt die Taxe d’habitation,<br />
die gewisse kommunale Abgaben wie etwa die Müllabfuhr<br />
abdeckt. Wenn die Immobilie über 1,3 Millionen Euro gekostet<br />
hat und dafür kein Darlehen aufgenommen wurde,<br />
wird zudem eine Vermögenssteuer fällig.<br />
Impressum<br />
Frankreich erleben ist das Ergebnis von Teamarbeit. Neben den<br />
Autoren und Fotografen tragen auch die Lektoren, Grafiker und<br />
alle anderen Mitarbeiter zur Qualität der einzelnen Artikel bei.<br />
Daher sind keine einzelnen Personen am Ende eines Artikels<br />
hervorgehoben, sondern findet die Nennung im Impressum statt.<br />
Frankreich erleben erscheint im Verlag<br />
Globus Medien GmbH · Metzer Straße 12 · 10405 Berlin<br />
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ISSN: 1861-42<strong>56</strong><br />
Herausgeber: Markus Harnau<br />
Chefredakteur (V.i.S.d.P.): Jean-Charles Albert<br />
Redaktionsbüro:<br />
Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux<br />
Telefon: +33 (0)1 75 439 440 · Fax: +33 (0)1 75 434 549<br />
Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />
Jean-Julien Bault, Florence Boyer, Guéwen Brown, Chantal<br />
Cobac, Dominique Cache, Stefanie Dracker, Andrea Garbe, Dr.<br />
Jan Grasshoff, Olivier Huonnic, Ute Jessel, Alain Lardière, Dr. Petra<br />
Morich, Ina Muñoz, Winfried Ressler, Gérard Rival, Serge Robin,<br />
Susanne Ziegler<br />
Layout: Zauberhaus.eu<br />
Anzeigen:<br />
Isabelle Schmidt<br />
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Gültige Anzeigenpreisliste: 13/2014<br />
Druck: pva, Druck und Medien-Dienstleistungen GmbH, Landau<br />
Vetrieb:<br />
VU Verlagsunion KG · Am Klingenweg 10 · 65396 Walluf<br />
Telefon: +49 (0)6123 620138<br />
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Sorgfalt zusammen gestellt. Eine Gewährleistung für die Rich tigkeit<br />
und Vollständigkeit kann jedoch nicht über nom men wer den.<br />
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Die Redaktion behält sich die Kür zung und Bearbeitung von<br />
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geschützt. Nach druck, auch aus zugs weise, Ver viel fäl ti gung auf<br />
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Frankreich erleben erscheint alle drei Monate und ist im gut<br />
sortierten Zeitschriftenhandel in Deutschland, Österreich, der<br />
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erhältlich.<br />
Einzelpreise im Handel: 5,90 € (D), 6,50 € (A),<br />
9,60 CHF (CH), 7,00 € (F/L/B/NL), 7,00 € (I)<br />
Abonnement (Preise pro Jahr): 19,90 € (D), 21,90 € (A),<br />
33,90 CHF (CH), alle anderen Länder: 26,90 €<br />
Bezugspreise beinhalten, wo erforderlich, die gesetzliche<br />
Mehrwertsteuer.<br />
© <strong>2015</strong> Globus Medien GmbH, Berlin<br />
Bildnachweise (nach Seiten, Anordnung von links nach rechts,<br />
oben nach unten): Titel: Dr Jan Grasshoff, Globus Medien •<br />
S.3: Serge Robin, Ajc Presse • S.4: Monte-Carlo Société des<br />
Bains de Mer, DR; Dr Jan Grasshoff, Globus Medien; Milena<br />
Schlösser; Autoroutes et Tunnel du Mont Blanc, DR • S.6-7:<br />
Serge Robin, Ajc Presse; Germain Thyssen, Musée Raimu; Vins<br />
Sud de France, DR • S.8: Serge Robin, Ajc Presse; Grand Hotel<br />
de Bordeaux, DR • S.10: Armelle, Les Climats du Vignoble de<br />
Bourgogne; Cité de la Voile de Lorient, DR ; Thibaut Chapotot,<br />
Château de Fontainebleau • S.11: Brasserie Perle, DR; La Tarte<br />
Tropézienne, DR • S.12-13: DR • S.14-15: DR • S.16: DR • S.18:<br />
DR • S.19: Arte, DR • S.20: DR • S.22-28: Dr Jan Grasshoff,<br />
Globus Medien • S.31: Dr Jan Grasshoff, Globus Medien;<br />
Georges Lévêque, DR Château d’Eyrignac • S.32-36: Dr Jan<br />
Grasshoff, Globus Medien • S.38-42: Dr Jan Grasshoff, Globus<br />
Medien • S. 44-51: Dr Jan Grasshoff, Globus Medien • S.55:<br />
Hotel Duo, DR • S.<strong>56</strong>-62: Dr Jan Grasshoff, Globus Medien •<br />
S.64-72: Dr Jan Grasshoff, Globus Medien • S.74-77: ADT58-<br />
Flotescale, DR; Serge Robin, Ajc Presse • S.79: Autoroutes et<br />
Tunnel du Mont Blanc, DR • S.80: Milena Schlösser • S.84:<br />
Monte-Carlo Société des Bains de Mer, DR • S.86-87: Maurice<br />
Albert, Ajc Presse • S.88-89: L’école des Loisirs, DR • S.94:<br />
Chantal Cobac für Frankreich erleben • S.96: Serge Robin,<br />
Ajc Presse • S.98: N’PY La Pierre Saint-Martin, DR; Office de<br />
Tourisme de Kaysersberg , DR; Serge Robin, Ajc Presse.<br />
Leserbriefe<br />
In der aktuellen Ausgabe berichten<br />
Sie über die Pariser Bewerbung<br />
um die Olympischen Sommerspiele<br />
2024 und die Weltausstellung 2025.<br />
Während mir die erste Bewerbung<br />
schon aus der Presse bekannt war,<br />
hatte ich von der zweiten bisher<br />
nichts gehört. Mir hat der Artikel<br />
wieder einmal gezeigt, wie unterschiedlich<br />
Deutschland und Frankreich<br />
sind. Wir in Deutschland meinen<br />
doch wirklich, mit einer Stadt<br />
wie Hamburg gewinnen zu können.<br />
Dabei hätte es wahrscheinlich schon<br />
Berlin als einzige echte Weltstadt<br />
im Land schwer, sich international<br />
durchzusetzen. In Frankreich käme<br />
man dagegen gar nicht auf die Idee,<br />
eine andere Stadt als Paris zu nominieren.<br />
Obwohl ich selbst in der<br />
« Provinz » lebe, würde ich mir einen<br />
etwas größeren Weitblick meiner<br />
Landsleute wünschen. Ich drücke<br />
jedenfalls Paris die Daumen, die<br />
richtige Wahl zu treffen und sich am<br />
Ende im weltweiten Wettbewerb<br />
durchzusetzen.<br />
Rolf Krause, Stuttgart<br />
Mit einem Schmunzeln im Gesicht<br />
habe ich Ihren Artikel über die<br />
Gewohnheiten der Franzosen auf<br />
den Terrassen der Cafés im Land<br />
gelesen. Schockiert hat mich jedoch,<br />
dass es nicht « schicklich » sein soll,<br />
als Frau ein Bier zu bestellen. Leben<br />
die Franzosen noch im Mittelalter?<br />
Aber wahrscheinlich war das ja auch<br />
gar nicht ganz ernst gemeint. Wobei:<br />
In Frankreich sagt man ja auch<br />
immer noch Fräulein. Ich würde<br />
den Französinnen den Mut für ein<br />
bisschen mehr Emanzipation wünschen.<br />
Ina Tomann, Schwerin<br />
Ich fand es toll, dass Sie über Le<br />
Touquet-Paris-Plage geschrieben<br />
haben. Wir fahren schon seit Jahren<br />
regelmäßig dorthin. Wie Sie selbst<br />
sagen, steht die Ärmelkanalküste<br />
zu Unrecht im Schatten anderer<br />
Seebäder im Land. Dafür hat sie<br />
den Vorteil, schneller von Deutschland<br />
aus erreichbar zu sein. Unweit<br />
von Le Touquet-Paris-Plage gibt es<br />
übrigens ein weiteres tolles Ziel: die<br />
Mündung der Somme. Eine tolle<br />
Bucht mit hübschen Orten. Vielleicht<br />
ist das ein guter Tipp für den<br />
einen oder anderen Leser. Ansonsten<br />
machen Sie weiter so! Ich bin ein<br />
treuer Fan Ihrer Zeitschrift!<br />
Jan Sommerhof, Berlin<br />
Beste Grüße an Chantal! Die<br />
Quiche-Rezepte in der aktuellen<br />
Ausgabe sind genial. Ich habe vier<br />
davon bereits ausprobiert und kann<br />
nur sagen, dass jede einzelne Quiche<br />
ganz toll geschmeckt hat. Das ist<br />
das wunderbare an der französischen<br />
Küche: Es braucht manchmal<br />
gar nicht viel an Arbeit und Zutaten<br />
und trotzdem schmeckt es köstlich.<br />
Birgit Müller, per E-Mail<br />
Hat Ihnen unser Magazin gefallen? Haben Sie Verbesserungsvorschläge oder<br />
Anregungen? Schreiben Sie uns. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung!<br />
Per E-Mail: leserbriefe@frankreicherleben.de<br />
Per Brief: Frankreich erleben - Leserbriefe<br />
Globus Medien GmbH · Metzer Straße 12 · 10405 Berlin<br />
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LESERBRIEFE · IMPRESSUM<br />
Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Fassung zu veröffentlichen.<br />
96 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong> · 97
VORSCHAU<br />
Weihnachtsmärkte<br />
Wo geht es noch authentisch zu?<br />
Erleben Sie die Bretagne<br />
mit Frankreich erleben!<br />
Ploumanac’h<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 48<br />
Ile de Bréhat<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 29<br />
Winterurlaub<br />
Romantische Skistationen<br />
anstatt Bettenburgen<br />
Brest<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41<br />
Carcassonne<br />
Imponierende Festungsstadt<br />
des Mittelalters<br />
Côte Vermeille<br />
Paulilles, wenn die Hölle<br />
zum Paradies wird<br />
L’Aber-Wrac’h<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 55<br />
Côte d’Emeraude<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 52<br />
Brest<br />
Saint-Brieuc<br />
Vitré, Fougères,<br />
Combourg<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 47<br />
Rennes<br />
Lorient<br />
Pointe du Raz<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 31<br />
Montagnes Noires<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 54<br />
... und viele<br />
weitere Themen<br />
Paris<br />
Eines der unbekanntesten<br />
Museen der Stadt<br />
Abbaye<br />
de Daoulas<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 39<br />
Golfe de Morbihan<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 35<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 57 – Winter 2016 erscheint am 24. November <strong>2015</strong><br />
98 · Frankreich erleben · Herbst <strong>2015</strong><br />
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Provenzalischer Stil trifft auf modernes Design, so lautet das<br />
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komplett sanierte und 2014 neu möblierte Haus bendet sich<br />
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