Nr. 09 - Mai / Juni 2007
Bretagne: Frnakreichs wilder Westen Camargue: Land zwischen Fluss und Meer Metz: Centre Pompidou als Symbol des Aufbruchs Chanson: neue Musiktrends aus Frankreich Rezept: Blanquette de veau
Bretagne: Frnakreichs wilder Westen
Camargue: Land zwischen Fluss und Meer
Metz: Centre Pompidou als Symbol des Aufbruchs
Chanson: neue Musiktrends aus Frankreich
Rezept: Blanquette de veau
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Das erste deutschsprachige Frankreich-Magazin <strong>Nr</strong>. 9 · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong><br />
Bretagne<br />
Frankreichs wilder Westen<br />
Camargue<br />
Land zwischen<br />
Fluss und Meer<br />
Metz<br />
Centre Pompidou als<br />
Symbol des Aufbruchs<br />
Chanson<br />
Neue Musiktrends<br />
aus Frankreich<br />
Babyboom<br />
Kinderbetreuung<br />
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Wir alle brauchen das.
Editorial<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
die erste Runde der französischen Präsidentschaftswahlen<br />
ist gerade über die Bühne gegangen, nachdem<br />
sich zuvor die Favoriten Nicolas Sarkozy, Ségolène<br />
Royal und François Bayrou in den Meinungsumfragen<br />
ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert hatten.<br />
Noch während diese Ausgabe im Zeitschriftenhandel<br />
ausliegt, wird die zweite Wahlrunde stattfinden und<br />
Frankreich ein neues Staatsoberhaupt erhalten. Wir<br />
haben dies zum Anlass genommen, das Verhältnis<br />
zwischen Politik und Medien einmal genauer zu<br />
untersuchen. Denn gerade ausländische Beobachter<br />
empfinden die französische Medienlandschaft<br />
in politischen Angelegenheiten oftmals<br />
als recht « unfrei » und wenig kritisch.<br />
Politisch geht es auch in einem weiteren<br />
Artikel zu: der Familienpolitik bzw. der<br />
Kleinkinderbetreuung. Seit einiger Zeit<br />
macht Frankreich mit einem wahrhaften<br />
Babyboom von sich reden. Wir wollten<br />
wissen, worin die Ursachen für diese<br />
neue Gebärfreudigkeit liegen und<br />
ob wirklich alle kleinen Franzosen in Kinderkrippen<br />
aufwachsen. Sind die Kinder<br />
dann etwas größer, stellt sich die Frage nach<br />
dem Erlernen einer Fremdsprache. Viele Eltern<br />
und Schüler stehen vor der Wahl: Englisch,<br />
Spanisch oder lieber Deutsch? Das DeutschMobil<br />
möchte diese Entscheidung erleichtern und<br />
unterwegs gleich noch ein modernes Deutschlandbild<br />
vermitteln. Wir begleiteten eine Lektorin<br />
bei ihrer Reise zu den Schulen Aquitaniens.<br />
Apropos Reisen:<br />
Natürlich entführen wir<br />
Sie auch in dieser Ausgabe in<br />
einige der schönsten Gegenden Frankreichs.<br />
Zunächst geht es in die Bretagne, dem wilden<br />
Westen des Landes. Sicherlich werden Sie genauso wie<br />
wir vom rauen und unverfälschten Charme des Pays<br />
des Abers, dem « bretonischen Fjordland » im äußersten<br />
Nordwesten des Finistère, begeistert sein. Mit Rennes<br />
stellen wir Ihnen eine dynamische Stadt vor, die die moderne<br />
und urbane Seite der Bretagne symbolisiert. Und da<br />
die Bretagne nicht nur aus schroffen Küsten und einem<br />
tosenden Meer besteht, laden wir Sie zu einer Reise durchs<br />
beschauliche Inland entlang des Nantes-Brest-Kanals ein,<br />
die man gut mit dem Hausboot, zu Fuß oder per<br />
Fahrrad zurücklegen kann. Unterwegs bestehen<br />
viele Möglichkeiten, sich von der bretonischen<br />
Lebensart und den kulinarischen Verführungen<br />
der Region verzaubern zu lassen.<br />
Allerdings ist nicht nur Rennes eine Stadt,<br />
die sich im Aufbruch befindet. Auch das<br />
lothringische Metz sucht nach einem<br />
neuen Image und bereitet enthusiastisch<br />
die Eröffnung einer Zweigstelle des Pariser<br />
Centre Pompidou vor. Wen es dagegen mehr in<br />
den Süden des Landes zieht, der sollte bei seiner<br />
nächsten Reise vielleicht einen Abstecher in die<br />
Camargue einplanen. Die weiten Wiesen, Sümpfe<br />
und Lagunen wecken bei vielen Besuchern<br />
ein Gefühl der endlosen Freiheit. Wussten Sie<br />
schon, dass es in Paris Katakomben gibt? Oder eine<br />
internationale Studentenstadt? Entdecken Sie bei<br />
einem Spaziergang durchs 14. Arrondissement ein<br />
Paris jenseits der klassischen Sehenswürdigkeiten.<br />
Wie immer finden Sie auch in dieser Ausgabe<br />
wieder eine Reihe weiterer spannender Artikel. Ich<br />
wünsche Ihnen viel Spaß beim Schmökern.<br />
Titelbild: Kapelle Saint-Samson nahe Landunvez<br />
im Pays des Abers (Bretagne)<br />
Jean-Charles Albert<br />
Chefredakteur<br />
jc.albert@frankreicherleben.de<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> ·
Inhalt<br />
Bretagne – Frankreichs wilder Westen · 12<br />
Weit ragt sie in den Atlantik und wird gerne als das « Ende der Welt » beschrieben, doch die Bretagne bietet noch mehr als nur<br />
schroffe Küsten und stürmisches Wetter. Begleiten Sie uns auf einer Reise auf dem Nantes-Brest-Kanal durch das verschlafene<br />
Inland, zu den Fjorden des Pays des Abers im Nordwesten des Finistère und in die dynamische Hauptstadt Rennes.<br />
Camargue · 60<br />
Eingeklemmt zwischen<br />
den Flussarmen des<br />
Rhone-Deltas und dem<br />
Mittelmeer, lockt die<br />
Camargue mit endlosen<br />
Wiesen, Lagunen und<br />
einem weiten Horizont.<br />
Metz · 64<br />
Schon seit Jahren<br />
durchlebt Metz einen<br />
erstaunlichen Erneuerungsprozess.<br />
Nächster<br />
Höhepunkt wird die Eröffnung<br />
einer Zweigstelle<br />
des weltberühmten<br />
Centre Pompidou sein.<br />
Paris 14 e · 68<br />
Wie zeigt sich Paris jenseits der klassischen<br />
Sehenswürdigkeiten? Was gibt es in den<br />
weniger touristischen Stadtvierteln zu sehen?<br />
Auf Spurensuche nach einem authentischen<br />
Paris im 14. Arrondissement.<br />
· Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Fokus<br />
12 Bretagne – Frankreichs wilder Westen<br />
16 Le Pays des Abers Die Bretagne im Kleinformat<br />
mit Fjorden wie im hohen Norden<br />
24 Rennes Geschichtsträchtig und weltoffen<br />
30 Nantes-Brest-Kanal Und aus der Mitte<br />
entspringt ein Kanal<br />
Babyboom · 48<br />
Frankreich verzeichnet<br />
einen Geburtenrekord<br />
nach dem anderen.<br />
Was steckt hinter<br />
diesem Babyboom?<br />
38 Bretonische Lebensart Mehr als nur Klischees?<br />
44 Reise-Infos Bretagne<br />
Unterwegs in Frankreich<br />
60 Camargue Land zwischen Fluss und Meer<br />
64 Metz Im Osten etwas Neues<br />
68 Paris 14 e Stadtspaziergang durch das<br />
14. Arrondissement<br />
74 Hotel Le Domaine du Lac, Guebwiller<br />
Chanson · 78<br />
Die nouvelle scène<br />
macht Furore. Ihre<br />
Lieder sind genauso sehr<br />
Hommage an die Tradition<br />
des französischen<br />
Chansons wie dessen<br />
Neuinterpretation.<br />
Frankreich heute<br />
48 Babyboom Welche Rolle spielt die französische<br />
Familienpolitik?<br />
52 DeutschMobil Unterwegs im Auftrag<br />
der deutschen Sprache<br />
56 Medien und Politik Ein ambivalentes Verhältnis<br />
Art de vivre<br />
Vouvray · 86<br />
Ob perlender<br />
Schaumwein nach<br />
Vorbild des Champagners<br />
oder süßer<br />
Likörwein, der Vouvray<br />
überrascht mit seiner<br />
Vielfältigkeit.<br />
78 Chanson Neue französische Welle, was verbirgt<br />
sich hinter dem Begriff nouvelle scène?<br />
82 Kulturprogramm <strong>Mai</strong> & <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong><br />
84 Kulturszene CDs, Bücher, Filme<br />
86 Wein Vouvray<br />
90 Genuss Lichouseries, zuckersüße Köstlichkeiten<br />
aus der Bretagne<br />
92 Chantals Rezept Blanquette de Veau<br />
Rubriken<br />
12-45<br />
90<br />
86<br />
68<br />
64<br />
74<br />
5 Editorial<br />
8 On en parle<br />
46 Kulturschock<br />
51 Abonnement<br />
58 Leben in Frankreich<br />
76 Arte-Programm<br />
94 Leserbriefe<br />
94 Impressum<br />
95 Heftnachbestellungen<br />
98 Vorschau<br />
60<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> ·
On En Parle<br />
Billigfluggesellschaften<br />
im Aufwind<br />
Unverändert sind Billigfluggesellschaften auf<br />
dem französischen Markt weniger präsent als<br />
im restlichen Europa. Ihr Marktanteil beträgt<br />
lediglich 16 Prozent gegenüber 33 Prozent<br />
auf europäischer Ebene. Es scheint aber Bewegung<br />
in den Markt zu kommen, und schon<br />
heute ist easyJet mit 5,4 Millionen beförderten<br />
Passagieren die zweitgrößte Fluggesellschaft<br />
in Frankreich. Für <strong>2007</strong> hat die Airline<br />
zusätzliche Verbindungen angekündigt, und<br />
zwar von Lyon nach Madrid und Rom, von<br />
Bordeaux nach Bristol und Genf und von<br />
Toulouse nach Madrid. Von Deutschland aus<br />
baute kürzlich erst Ryanair sein Flugnetz in<br />
Richtung Frankreich aus.<br />
Neue TGV/ICE-Verbindungen aus Süddeutschland<br />
Am 10. <strong>Juni</strong> ist es soweit: Eine neue Ära des Bahnreiseverkehrs zwischen Süddeutschland und Frankreich<br />
wird eingeleitet. Der TGV wird von diesem Tag an Stuttgart und Karlsruhe mit Straßburg und Paris<br />
verbinden. Der ICE wird auf der Strecke von Frankfurt a.M., Mannheim, Kaiserslautern und Saarbrücken<br />
nach Paris verkehren. Zum ersten Mal werden zudem Reisende mit einem Ermäßigungsanspruch (Kinder,<br />
Senioren etc.) die gleichen Vergünstigungen auf beiden Seiten des Rheins erhalten.<br />
Neue Studie über das<br />
Sexleben der Franzosen<br />
Auf den Bio-<br />
Geschmack<br />
gekommen<br />
Nach einer Umfrage<br />
des Meinungsforschungsinstituts<br />
CSA geben acht<br />
von zehn Franzosen<br />
an, dass Bioprodukte<br />
natürlicher<br />
und besser für die<br />
Gesundheit seien.<br />
40 Prozent der Befragten konsumieren diese<br />
mindestens einmal im Monat, 23 Prozent<br />
mindestens einmal pro Woche und sieben<br />
Prozent jeden Tag. Außerdem erleben Bio-<br />
Supermärkte gerade einen großen Aufschwung<br />
in Frankreich.<br />
Die letzte Studie zum sexuellen Verhalten der<br />
Franzosen aus dem Jahre 1982 ist noch gar<br />
nicht so lange her und doch hat sich seitdem<br />
einiges verändert. Vor allem das Sexualleben<br />
der Frauen kennt signifikante Veränderungen:<br />
Haben sie heute im Durchschnitt 4,4<br />
Sexualpartner im Leben, waren es 1992 noch<br />
3,3 und 1970 nur 1,8. Weniger zurückhaltend<br />
sind dagegen die Männer, die durchschnittlich<br />
11,6 Sexualpartner haben. Auch die Romantik<br />
scheint im Rückzug begriffen: 57 Prozent der<br />
Männer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren<br />
geben an, nicht verliebt sein zu müssen, um<br />
Sex mit einem Menschen zu haben. Bei den<br />
Frauen sind dies nur 28 Prozent. Im Durchschnitt<br />
werden die Franzosen neunmal im Monat mit<br />
einem Partner intim.<br />
· Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Crashtest für Weinkorken<br />
Um den ungeliebten Korkgeschmack im<br />
Wein zu verhindern, ließ sich ein Labor<br />
aus dem Departement Vaucluse von<br />
den Crashtests für Autos inspirieren und<br />
entwickelte eine Testserie für Weinkorken.<br />
Biegbarkeit, Druckempfindlichkeit, Spannungsresistenz<br />
– alles wird genaustens<br />
überprüft, um eine höchst mögliche Korkenqualität<br />
zu garantieren.<br />
SCHNAPPSCHÜSSE<br />
Louvre Abu Dhabi<br />
Nun ist es endgültig: Der Louvre bekommt einen Ableger<br />
in den Vereinten Arabischen Emiraten. Ein entsprechender<br />
Vertrag wurde unterzeichnet. Danach sollen über 20 Jahre<br />
lang Leihgaben aus Frankreich im « Louvre Abu Dhabi » gezeigt<br />
werden. Das Emirat zahlt dafür 700 Millionen Euro, 400 Millionen<br />
davon alleine für den Markennamen « Louvre ».<br />
Wenige Frauen in Spitzenpositionen<br />
Nach einem Bericht des Wirtschafts- und Sozialrates sind nur<br />
sieben Prozent der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der<br />
200 größten französischen Unternehmen Frauen. Die Quote<br />
beträgt sogar nur fünf Prozent in den 40 größten Firmen.<br />
Franzosen sind Leseweltmeister<br />
Jeder Franzose liest im Durchschnitt 6,8 verschiedene Zeitungsund<br />
Magazintitel im Jahr, was ihn zu einem wahren Leseweltmeister<br />
kürt. Die größte Lesefreudigkeit weisen dabei Frauen im<br />
Alter von 15 bis 28 Jahren auf, die sogar 8,3 verschiedene Titel<br />
jährlich konsumieren. 97 Prozent aller Franzosen lesen zudem<br />
mindestens ein Heft pro Monat.<br />
Wiederentdeckung einer unzüchtigen Madonnenstatue<br />
Eine Madonnenstatue aus dem 16. Jahrhundert wurde in einer<br />
Kapelle in Kerluan im Departement Finistère wiederentdeckt. Ein<br />
Priester hatte sie aufgrund ihrer Unzüchtigkeit – die Madonna<br />
hält eine ihrer Brustwarzen zwischen den Fingern, um Jesus die<br />
Brust zu geben – vergraben. Der jetzige Geistliche will ihr wieder<br />
den ursprünglichen Platz einräumen.<br />
Alle gemeinsam gegen<br />
drohende Abschiebung<br />
Das kleine bretonische Dorf Montfort-sur-<br />
Meu mit 6.500 Einwohnern engagiert sich<br />
für seine Mitbürger ausländischer Herkunft<br />
ohne gültige Aufenthaltspapiere.<br />
Vom Pfarrer über den sozialistischen<br />
Bürgermeister bis zum Abgeordneten der<br />
konservativen UMP, die große Mehrheit<br />
der Dorfbevölkerung unterstützt 23 Malier,<br />
die als « illegale » Einwanderer gelten. Als<br />
Arbeiter der örtlichen Fabrik, Mitglieder<br />
des lokalen Fußballclubs und zuverlässige<br />
Teilnehmer des Alphabetisierungskurses<br />
seien sie perfekt in die Dorfgemeinschaft<br />
integriert. Einer wartet zusammen mit<br />
seiner bretonischen Partnerin sogar auf<br />
die Geburt des ersten Kindes. In einer Petition<br />
wurden 4.000 Unterschriften gegen<br />
die drohende Abschiebung gesammelt.<br />
Hitzeopfer nicht nur in Frankreich<br />
Der Sommer 2003 war ein schlimmer Schlag für die französische<br />
Regierung und Nation. Schlagzeilen über Tausende von Toten,<br />
die wegen der extremen Hitzewelle im Land starben, gingen um<br />
die Welt. Nun hat das Nationale Institut für die Gesundheit und<br />
medizinische Forschung (INSERM) im Auftrag der Europäischen<br />
Union einen ausführlichen Report veröffentlicht, wonach nicht<br />
nur Frankreich betroffen war. Auch in Luxemburg, Spanien<br />
und Italien wurde während dieser Hitzewelle ein ähnlich hoher<br />
Anstieg der Todesrate verzeichnet.<br />
Zwei französische Milliardäre unter den Top 20 der Welt<br />
In der neusten Liste der größten Vermögen der US-amerikanischen<br />
Zeitschrift Forbes schaffte es der französische « Luxuspapst »<br />
Bernard Arnault (LVMH) auf den siebten und Liliane Bettencourt<br />
(L’Oréal) auf den zwölften Platz.<br />
Flugverkehr im Aufwind<br />
Im letzten Jahr wurden mit 146,6 Millionen 4,5 Prozent mehr<br />
Passagiere auf französischen Flughäfen gezählt als ein Jahr<br />
zuvor. Rund zehn Millionen entfallen dabei auf die Flughäfen der<br />
Überseegebiete.<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> ·
On En Parle<br />
Präsidentschaftswahl I:<br />
François Bayrou im Lexikon<br />
Das Redaktionsteam des<br />
renommierten Larousse-Lexikons<br />
reagierte auf die Entwicklungen<br />
der letzten Monate und wird in<br />
der nächsten Auflage auch das<br />
Schlagwort « François Bayrou »<br />
aufnehmen. Die Namen seiner<br />
Kontrahenten Nicolas Sarkozy<br />
und Ségolène Royal<br />
sind bereits im<br />
Lexikon zu finden.<br />
Präsidentschaftswahl III:<br />
Kärcher wehrt sich gegen Sarkozy-Zitat<br />
Präsidentschaftswahl II:<br />
Wo stehen Frankreichs<br />
Fernsehstars politisch?<br />
Die Zeitschrift VSD ist mit dem Meinungsforschungsinstitut<br />
CSA der Frage<br />
nachgegangen, welchen politischen<br />
Eindruck die Franzosen von ihren Fernsehstars<br />
haben. Danach würden viele<br />
bekannte Showmaster und Moderatoren<br />
(Jean-Luc Delarue, Michel Drucker, Thierry<br />
Ardisson, Marc-Olivier Fogiel) eher dem<br />
konservativen Lager zugerechnet. Die<br />
meisten Komiker sieht man dagegen<br />
eher links der Mitte. Bei den Schauspielern<br />
herrscht ein zweigeteiltes Bild: Gérard<br />
Jugnot, Daniel Auteuil und Patrick Bruel<br />
werden eher als links, Carole Bouquet,<br />
Catherine Deneuve und Jean-Paul<br />
Belmondo eher als rechts eingestuft. Auch<br />
zwei Fußballgrößen schafften es in die Liste:<br />
Danach gilt Zinedine Zidane als eher links,<br />
Raymond Domenech als eher konservativ.<br />
Das Unternehmen Kärcher verurteilt die Benutzung seines Firmennamens<br />
im abgelaufenen Wahlkampf. Seitdem Nicolas Sarkozy<br />
2005 in Courneuve ankündigte, die unruhigen Vorstädte mit dem<br />
Kärcher säubern zu wollen, ist dieser Ausdruck in den politischen<br />
Sprachgebrauch übergegangen – sehr zum Leidwesen des Unternehmens.<br />
Präsidentschaftswahl IV:<br />
Schwerer Abschied<br />
Mit der Wahl eines neuen Staatsoberhauptes<br />
geht auch die Ära von Jacques Chirac<br />
im Elysée-Palast zu Ende. Seine Ehefrau<br />
Bernadette ließ in einem Interview bereits<br />
verlauten, dass ihr der Auszug schwerfallen<br />
wird, sie die Herausforderung aber natürlich<br />
annimmt. Hinzu kommt, dass die Familie schon<br />
seit Jahren in Dienstwohnungen verweilte,<br />
hatte Jacques Chirac doch ständig wichtige<br />
politische Ämter inne - Bürgermeister von<br />
Paris, Premierminister, Präsident. Zwar wird<br />
auch einem ehemaligen Präsidenten eine<br />
Wohnung gestellt, allerdings werden nicht<br />
mehr alle Kosten vom Staat übernommen.<br />
Es ist auch noch nicht klar, ob das Ehepaar<br />
das Angebot annimmt oder selbst auf<br />
Wohnungssuche gehen wird.<br />
Präsidentschaftswahl V:<br />
Wahlkampf zu wenig europäisch<br />
Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitut<br />
CSA wünschten sich 63 Prozent der Franzosen, dass<br />
die Debatte um eine gemeinsame europäische<br />
Verfassung einen höheren Stellenwert im französischen<br />
Präsidentschaftswahlkampf eingenommen hätte.<br />
10 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
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Fokus Bretagne<br />
Bretagne<br />
Frankreichs wilder Westen<br />
12 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Die Geschichte wirkt wie eine Anekdote und beschreibt die Bretagne dennoch gut. Wir<br />
schreiben das Jahr 1961. Frankreich befindet sich in einer großen Umbruchphase. Wie in<br />
vielen westlichen Ländern erschüttern die wirtschaftlichen Entwicklungen und technischen<br />
Neuerungen die traditionellen Gesellschaftsnormen. Die Industrie wächst, die Landwirtschaft<br />
verliert an Bedeutung, der Wohlstand kehrt in die Haushalte ein. In diesem Kontext kommen<br />
Wissenschaftler in Paris auf die Idee, die Veränderungsprozesse der Gesellschaft für zukünftige<br />
Generationen festhalten zu wollen. Am Beispiel eines typischen Dorfes möchten sie untersuchen,<br />
wie sich das moderne Leben auf das Verhalten der Menschen auswirkt.<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 13
Fokus Bretagne<br />
Um valide Ergebnisse zu erzielen,<br />
suchen die Wissenschaftler nach<br />
einem urtypischen französischen Dorf.<br />
Der Ort soll eher ländlich sein und<br />
dennoch die französische Gesellschaft<br />
möglichst umfassend abbilden. Die Suche<br />
gestaltet sich als schwierig. Letztlich<br />
wird das bretonische Plozévet mit<br />
seinen 3.700 Einwohnern auserkoren.<br />
Die kleine verschlafene Gemeinde im<br />
Finistère wird plötzlich zum Mittelpunkt<br />
der größten jemals in Frankreich<br />
durchgeführten Sozialstudie, die 1967<br />
schließlich unter der Oberhand von<br />
Edgar Morin veröffentlicht wird. Acht<br />
Jahre später, 1975, macht Plozévet<br />
nochmals Schlagzeilen: Dieses Mal<br />
geht es jedoch nicht um das Mittelmaß.<br />
Der Ort kürt sich damit, relativ<br />
gesehen die meisten Bürger mit überdurchschnittlich<br />
gutem Hochschulabschluss<br />
hervorgebracht zu haben. Die<br />
Bretagne, die von den Pariser Forschern<br />
aufgrund ihrer Isoliertheit und Durchschnittlichkeit<br />
ein wenig abschätzig<br />
ausgewählt wurde, « revanchiert » sich<br />
auf ihre eigene Weise.<br />
Diese kleine Geschichte resümiert<br />
treffend das Schicksal der Bretagne,<br />
ein Landstrich, der oft unterschätzt,<br />
manchmal sogar ins Lächerliche<br />
gezogen wird. Man braucht nur die<br />
Zeichnungen von Bécassine, die<br />
Generationen französischer Kinder<br />
geliebt haben, zu betrachten: Eine<br />
Karikatur der freundlichen Bretonin,<br />
die etwas naiv mit ihren Pantoffeln<br />
nach Paris kommt, wo ihr eine Reihe<br />
kleiner Missgeschicke widerfährt.<br />
Selbst der Staat zögerte nicht, die Bretagne<br />
in ihre Schranken zu weisen und<br />
nahm der Region ohne große Skrupel<br />
1941 unter der Vichy-Regierung ein<br />
Departement weg, das damalige Loire<br />
Inférieure mit der historischen bretonischen<br />
Hauptstadt Nantes, das bis<br />
heute als Loire Atlantique zur Region<br />
Pays de la Loire gehört.<br />
Aber die Bretagne hat sich niemals<br />
geschlagen gegeben und immer an<br />
sich selbst geglaubt. Trotz der Lage<br />
« am Ende der Welt » in Frankreichs<br />
extremen Westen herrscht hier keine<br />
Endzeitstimmung. Die Region zählt<br />
zu den erfolgreichsten des Landes.<br />
Kaum ein Landstrich hat sich seit den<br />
1960er-Jahren so stark entwickelt wie<br />
die Bretagne. Dabei war die Gegend<br />
früher sehr arm, lag weit abseits der<br />
europäischen Handelsströme und<br />
konnte unter dem Einfluss einer sehr<br />
konservativen katholischen Kirche nur<br />
mühsam in die Moderne aufbrechen.<br />
Viele Bretonen wanderten aus. Nicht<br />
Herr Minister,<br />
mein Sohn hat die<br />
Bretagne neu<br />
zugeschnitten...<br />
Sehr gute Arbeit,<br />
ist angenommen<br />
1941: Das Departement Loire Inférieure (heute Loire Atlantique) wird von der<br />
Bretagne abgetrennt.<br />
S. 12/13: Mündungsgebiet des Aber Wrac’h mit den<br />
beiden Leuchttürmen der Ile Vierge.<br />
Von oben nach unten: Stürmische See an der Côte de Granit Rose, Plage<br />
de l’Ecluse in Dinard, Ile d’Ouessant, Phare d’Eckmühl in Penmarc’h.<br />
14 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Es ist hart, aber<br />
ich bin Bretone, ich<br />
schaffe das! Es ist<br />
hart, aber ich bin<br />
Bretone, ich schaffe<br />
das!<br />
Das ist<br />
sein<br />
Doping!<br />
23. Juli 1979: Der Bretone Bernard<br />
Hinault gewinnt seine zweite Tour<br />
de France und gesellt sich zu dem<br />
Kreis zwei anderer siegreicher<br />
Bretonen, Robic und Bobet.<br />
ohne Grund ist die Gegend um Montparnasse<br />
in Paris für ihre vielen Crêperien<br />
berühmt, kamen dort am Bahnhof<br />
doch die Züge aus der Bretagne an.<br />
Die Menschen in der Bretagne<br />
sind aber für ihren Mut und ihre Entschlossenheit<br />
bekannt, so dass sich die<br />
Region längst nicht mehr zu verstecken<br />
braucht. Auch von Auswanderung<br />
kann keine Rede mehr sein: Seit 1999<br />
gewinnt die Bretagne durchschnittlich<br />
25.000 zusätzliche Einwohner pro<br />
Jahr. Zudem boomt die einheimische<br />
Wirtschaft, insbesondere im Dienstleistungssektor<br />
wie dem Handel, dem<br />
Tourismus, der Transportwirtschaft<br />
oder der IT-Branche. Einige Kinder des<br />
Landes brachten es sogar zu großem<br />
Reichtum, wie etwa François Pinault,<br />
Nummer 5 der reichsten Franzosen<br />
und Nummer 25 der reichsten Europäer,<br />
der bei der Eröffnung seines Museums<br />
für Moderne Kunst in Venedig<br />
stolz die bretonische Flagge vor dem<br />
venezianischen Stadtpalais hisste.<br />
Aber jenseits der beeindruckenden<br />
wirtschaftlichen Entwicklung der letzten<br />
Jahrzehnte ist die Bretagne natürlich<br />
auch eine Region mit grandioser<br />
Landschaft und wilder Natur geblieben.<br />
Von dem kleinen romantischen<br />
Fischerdorf bis zur stürmischen See<br />
am Pointe du Raz, von der Landzunge<br />
von Quiberon im Süden bis zur Bucht<br />
von Saint-Brieuc im Norden, von<br />
den kleinen Inseln Belle-Ile, Bréhat<br />
oder Groix bis zu den großen Städten<br />
Rennes, Vannes, Lorient oder Brest,<br />
die dennoch überschaubar in ihrer<br />
Größe geblieben sind, hat die Bretagne<br />
alles zu bieten, was einen Urlaub perfekt<br />
macht. Außerdem ist auf dieser<br />
Halbinsel mit einer Länge von 300<br />
Kilometern und einer Breite von 100<br />
Kilometern das Meer niemals wirklich<br />
weit weg.<br />
In die Bretagne kommt man selten<br />
per Zufall. Schließlich ist sie eine<br />
Art Sackgasse, wo nur noch der weite<br />
Ozean folgt. Es ist ein Urlaubsziel, das<br />
man sich ganz bewusst aussucht. Momente<br />
voller Emotionen sind hier allgegenwärtig,<br />
sei es bei einem romantischen<br />
Sonnenuntergang am Meer<br />
oder beim Genuss eines leckeren Crêpe.<br />
Man sollte dabei nicht versuchen, die<br />
Bretagne in eine Schublade zu stecken.<br />
Zu oft hat die Region schon darunter<br />
gelitten, dass man sie auf einige Klischees<br />
reduzieren wollte. Wer in die<br />
Bretagne reist, sollte sich überraschen<br />
lassen. Natürlich findet man auch<br />
zahlreiche Klischees wieder, wie etwa<br />
das eher windige und regnerische<br />
Klima. Doch dieses erlaubt auch faszinierende<br />
Lichtverhältnisse, oder hätte<br />
sich Paul Gauguin, der mit anderen<br />
Künstlern die Schule von Pont-Aven<br />
zwischen Concarneau und Quimperlé<br />
gründete, täuschen können? Auch<br />
die keltischen Ursprünge sind hier im<br />
Westen Frankreichs fest verankert.<br />
Nicht die Rationalität gibt immer den<br />
Ton an, sondern Legenden, Sagen,<br />
Kobolde oder Druiden gehören zum<br />
bretonischen Kulturgut. Die Bretagne<br />
ist eben eine Region voller Poesie und<br />
Überraschungen.<br />
Jedem Gast seinen<br />
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Fokus Bretagne<br />
Le Pays<br />
des Abers<br />
Die Bretagne im Kleinformat mit<br />
Fjorden wie im hohen Norden<br />
Oben: Aber Wrac’h; rechts: Boot zur Algengewinnung.<br />
Es ist eine der faszinierendsten Gegenden der Bretagne. Weniger bekannt als der<br />
Pointe du Raz oder einige bretonische Inseln, die inzwischen internationale Besucherströme<br />
anziehen, lockt das Pays des Abers nördlich von Brest im extremen Westen<br />
des Departements Finistère mit unverfälschter wilder Natur. Ein Stück Bretagne im<br />
Kleinformat, wo sich die Landschaft durch die Gezeiten ständig verändert. Wenn das<br />
Meer in die fjordähnlichen Buchten drückt, spürt man die unheimliche Kraft der Natur.<br />
16 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Geirangerfjord, Sognefjord oder<br />
Hardangerfjord, um nur einige<br />
der berühmtesten Fjorde Norwegens<br />
zu nennen, heißen hier Aber<br />
Wrac’h, Aber Benoît und Aber Ildut.<br />
Nur wenige Touristen wissen es, aber<br />
auch in der Bretagne gibt es Fjorde.<br />
Wenn sie auch weniger spektakulär als<br />
ihre nordischen Brüder ausfallen und<br />
nicht von hohen Bergen gesäumt sind,<br />
so verleihen sie dem nördlichen Finistère<br />
doch einen ganz besonderen Charme,<br />
gerade auch durch das Spiel der Gezeiten,<br />
das in diesen engen und bis zu vielen<br />
Kilometern langen Meeresbuchten<br />
besonders schön zu beobachten ist. Die<br />
Gegend ist außergewöhnlich, im Bretonischen<br />
spricht man auch vom Penn ar<br />
Bed, dem Ende der Welt. Es ist zudem<br />
die Küste der Legenden. Nicht ganz<br />
ohne Grund: Das Spektakel aus Ebbe<br />
und Flut regt die Phantasie und Imagination<br />
unweigerlich an. Wenn das<br />
Wasser in die Abers drückt, spürt man<br />
die immense Kraft des Meeres, als wolle<br />
es den Kontinent überfluten. Zieht<br />
es sich dann wieder zurück, bleiben<br />
Schlamm und Schlick, die sanft im<br />
Licht leuchten und Scharen von Vögeln<br />
auf Nahrungssuche anziehen.<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 17
Fokus Bretagne<br />
18 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Ein Land der Legenden<br />
Schon seit Jahrhunderten kursieren im Pays des<br />
Abers zahlreiche Legenden. Man erzählt davon, wie<br />
Schiffe auf oft mysteriöse Weise verschwanden – hier<br />
an der Küste der Havarien. Es gab einmal eine Zeit, da<br />
wurden die Schiffe nachts sogar mit Lichtern angelockt,<br />
um sie dann nach Schiffbruch auszurauben. Heute ist<br />
die Navigation vor der Küste natürlich friedfertig, und<br />
die Seeleute haben keine Angst mehr, sich an Land zu<br />
wagen. Hobbykapitäne machen es den Großen nach und<br />
bevölkern bei schönem Wetter mit ihren kleinen Booten<br />
gerne die Buchten der Pays des Abers.<br />
Und dennoch, noch immer schwingt eine mystische<br />
Atmosphäre in der Luft. Man entdeckt sie meist durch<br />
Zufall, beispielsweise wenn man an einem stürmischen<br />
Tag bei einem Spaziergang auf die Reste der Pont Krac’h<br />
– auf Bretonisch « Brücke des Teufels » – trifft, die Plouguerneau<br />
und Lannilis miteinander verband und deren<br />
Alter Respekt einflößt: Man vermutet, dass sie zwischen<br />
1.000 und 2.000 Jahre alt sein muss. Gebaut wurde sie<br />
in einer Epoche, als der Meeresspiegel noch niedriger<br />
war, so dass sie heutzutage bei jeder Flut überschwemmt<br />
wird. Lässt man das Bauwerk auf sich wirken, malt man<br />
sich unweigerlich aus, warum die Brücke wohl diesen<br />
teuflischen Namen trägt.<br />
Aber Wrac’h – der längste Fjord<br />
Der markanteste der drei Fjorde ist sicherlich der<br />
Aber Wrac’h. Er beeindruckt mit seiner Länge von 32<br />
Kilometern, wobei die ersten zehn Kilometer schiffbar<br />
sind. Seine Mündung weist eine stolze Breite von zwei<br />
Kilometern auf. Seine Fahrrinne ist selbst für große<br />
Frachtschiffe geeignet. Es ist ein großartiges Ereignis,<br />
wenn sich diese in den Fjord wagen, da der Aber oftmals<br />
nur so breit ist, wie die Schiffe lang sind. Allerdings gibt<br />
es ein derartiges Spektakel heutzutage immer seltener<br />
zu sehen. Der Fjord schlummert meist leise vor sich hin<br />
und ist ein Paradies für Wanderer und Segler geworden.<br />
Die Einheimischen erinnern sich dagegen noch an die<br />
Schiffe, die manchmal bei Ebbe in der Mitte der Meeresbucht<br />
gefangen waren und auf die Wiederkehr des<br />
Meeres warten mussten.<br />
Überhaupt bildet der Wechsel von Ebbe und Flut ein<br />
großartiges Schauspiel im Aber Wrac’h. Egal, ob man<br />
zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Auto unterwegs ist,<br />
immer wieder fällt die sich im Tagesverlauf verändernde<br />
Landschaft auf. Wenn sich das Wasser zurückzieht,<br />
schimmert der Schlamm farbenfroh, bevor die Sonne ihn<br />
austrocknen lässt. Der Sonnenuntergang ist ebenfalls ein<br />
magischer Moment, besonders wenn man von der Mitte<br />
des Fjordes in Richtung Westen schauen kann. Verlässt<br />
man Plouguerneau auf der alten schmalen Landstraße in<br />
Wo’s hingeht …<br />
Wo’s langgeht …<br />
Was los ist …<br />
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Gegenüberliegende Seite: Aber Ildut.
Fokus Bretagne<br />
Aber Benoît.<br />
Richtung Lannilis, erlaubt ein kleiner Parkplatz entlang der<br />
Strecke einen wunderschönen Panoramablick auf den Aber<br />
Wrac’h. Der Platz liegt etwas erhöht, so dass man die wahre<br />
Größe der Meeresbucht überblicken kann.<br />
An der Stelle, wo der Fjord in den Ozean übergeht,<br />
liegt auf der Südseite eine lang gezogene Bucht, die – wie in<br />
Nizza – den Namen Baie des Anges trägt. Dominiert wird<br />
die Mündung aber vom Leuchtturm der Ile Vierge. Er ist<br />
mit seinen 82,50 Metern der höchste Leuchtturm Europas<br />
und gleichzeitig der weltweit höchste Leuchtturm aus<br />
Stein. Auf 325 Stufen gelangt man zum Leuchtfeuer, das<br />
bei klarer Luft bis zu 52 Kilometer weit aufs Meer leuchtet.<br />
Alle fünf Sekunden weist ein weißer Lichtstrahl den Schiffen<br />
den Weg. Am Fuße des Leuchtturms steht ein weiterer,<br />
mit 33 Metern deutlich kleinerer. Es ist sein Vorgänger, der<br />
1845 in Betrieb genommen und 1902 durch den großen<br />
Leuchtturm ersetzt wurde. Heute beherbergt er noch einen<br />
Wärter. Bei Nebel ertönt von hier aus das Nebelhorn.<br />
Etwas weiter draußen, mitten in der Mündung, liegt<br />
noch eine weitere kleine Insel, die Ile Stagadon. Bei starker<br />
Ebbe kann man zu Fuß von der einen Insel zur anderen<br />
gelangen. Es ist ein wunderbarer Spaziergang durchs Watt.<br />
Man sollte aber den Rat der Einheimischen befolgen: Es ist<br />
größte Vorsicht geboten, denn das Meer kommt manchmal<br />
schneller zurück, als erwartet. Eine tückische Falle.<br />
Aber Benoît - der lieblichste Fjord<br />
Nur wenige Kilometer entfernt, in Richtung Ploudalmézeau,<br />
trifft man auf den kleinen Bruder des Aber Wrac’h,<br />
den Aber Benoît. Er ist mit einer Länge von acht Kilometern<br />
kürzer und zudem weniger tief. Alles wirkt hier etwas<br />
ruhiger und lieblicher. Austernzüchter gehen mit einer speziellen<br />
Technik ihrem Gewerbe nach. Im Aber Benoît vermischt<br />
sich das Salzwasser des Meeres mit dem Süßwasser<br />
aus dem Inland. Den Austern scheint es hervorragend zu<br />
bekommen, befindet sich doch hier seit 1898 die berühmte<br />
Leuchttürme auf der Ile Vierge.<br />
Austernfarm Prat-ar-Coum, die die renommiertesten Pariser<br />
Restaurants beliefert. Einigkeit besteht darüber, dass<br />
die Austern des Aber Benoît einen nussigen Geschmack<br />
aufweisen. Von der Form her sind sie länger als breit, und<br />
die Schale ist ziemlich platt.<br />
Zu dem Bild der Friedfertigkeit des Aber Benoît passt<br />
der kleine Fischerort Saint-Pabu auf der Südseite des Fjordes.<br />
Er scheint nur erbaut worden zu sein, um von seinen<br />
Gassen den Aber Benoît in alle Richtungen bestaunen zu<br />
können. Der Ausblick ist einzigartig. Im Laufe der Zeit<br />
wurden viele alte Häuser von den eingesessenen Bewohnern<br />
an Städter verkauft, vor allem aus dem nahen Brest. Der<br />
unvergleichbare Charme des Dorfes ist aber nicht vergangen.<br />
Hier lässt sich ohne Probleme ein ganzer Nachmittag<br />
verbringen. Dabei sollte man nicht vergessen, bis zum<br />
offenen Meer weiterzufahren, zu den Stränden von Benniguet,<br />
Coulouarm, Corn-ar-Gazel und d’Erléac’h. Je nach<br />
Jahreszeit können die Dünen wegen der Disteln blau oder<br />
grün schimmern.<br />
Wenn man die andere Richtung wählt, weg vom Atlantik<br />
ins Landesinnere, wird die Landschaft zusehends lieblicher.<br />
Agrarisch genutzte Felder wechseln sich mit Wäldern<br />
ab. Um den Aber zu überqueren, nimmt man die Brücke<br />
von Tréglonou in Richtung Lannilis. Von der Brücke aus<br />
ergibt sich nach links und rechts ein schöner Blick auf den<br />
Fjord. Auf der Nordseite kann man dann wieder in Richtung<br />
Meer fahren und sich so auf die gegenüberliegende<br />
Seite von Saint-Pabu begeben. Von dort weiter in Richtung<br />
Norden gelangt man zur Halbinsel Sainte-Marguerite und<br />
der Baie des Anges des Aber Wrac’h.<br />
Aber Ildut - der westlichste Fjord<br />
Er ist der am wenigsten bekannte der drei Fjorde und<br />
liegt ein wenig abseits im Südwesten des Aber Wrac’h und<br />
des Aber Benoît. Für den kleinen Abstecher entschädigt<br />
aber das pittoreske Dörfchen Lanildut mit seinen drei bis<br />
20 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
vier Jahrhunderte alten Häusern aus rosafarbenem<br />
Granit. Die Region wird für diesen<br />
Stein hochgeschätzt. Entlang des Meeresarms<br />
gab es im Laufe der Zeit bis zu 14 Steinbrüche.<br />
Heute ist der Ort aber vor allem wegen seiner<br />
Algen berühmt, verfügt er doch über den größten<br />
Algenhafen Europas.<br />
Dank der verbesserten Technik kann ein<br />
Algenfischer heute zehnmal mehr Algen ernten<br />
als seine Vorfahren. Die Algen werden dabei<br />
mit einem Spezialgerät aufgesammelt. Der<br />
Vorgang erinnert an das Essen von Spaghetti<br />
mit einer Gabel. In vielen Wirtschaftszweigen<br />
interessiert man sich heute für Algen, so in der<br />
Pharmaindustrie, der Gastronomie oder der<br />
Kosmetikbranche. Doch einmal im Jahr, am<br />
15. August, werden die historischen Techniken<br />
nachgeahmt. Dann werden die Algen wie früher<br />
mit einer Sichel an einem langen Holzstab<br />
geerntet, auf Pferdekarren, die sich vorsichtig<br />
im Wasser fortbewegen, abtransportiert und<br />
anschließend wie damals getrocknet und geräuchert.<br />
Eine einmalige Möglichkeit, in eine<br />
andere Epoche einzutauchen.<br />
Einmal im Jahr werden die Algen auf traditionelle Art<br />
geerntet, abtransportiert und geräuchert.<br />
Ecomusée des goémoniers<br />
et de l’algue<br />
Das Museum soll die Erinnerung an die<br />
traditionelle Algenernte und die Menschen,<br />
die diesen Beruf ausüb(t)en, wach halten.<br />
Dabei werden auch der technische Fortschritt<br />
und die heutigen Verwendungsarten der<br />
Algen gezeigt.<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 21
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Fokus Bretagne<br />
Das Hôtel Blossac, erbaut 1728, ist eines der schönsten Stadtpalais der Stadt. Heute<br />
befindet sich hier die Regionalverwaltung für kulturelle Angelegenheiten.<br />
R e n n e s<br />
G e s c h i c h t s t r ä c h t i g u n d w e l t o f f e n<br />
VAL-Station République.<br />
Etwas abseits der schroffen Küsten und kleinen Fischerdörfer<br />
gelegen, ist die bretonische Hauptstadt ein<br />
Symbol des Aufbruchs der Bretagne in die Zukunft.<br />
Schlendert man durch die Straßen von Rennes, fällt<br />
einem die gekonnte Mischung aus historischer Bausubstanz<br />
und modernen Einflüssen auf. Die Stadt ist<br />
jung, weltoffen und lebensfroh. Ein Stadtspaziergang.<br />
Es ist ein Detail und sagt doch<br />
einiges über das Lebensgefühl<br />
in der kleinen bretonischen<br />
Metropole aus: Sucht man in Rennes<br />
nach einem Restaurant, hat man die<br />
Qual der Wahl. Anders als in vielen<br />
Städten der Region dominiert nicht die<br />
bretonische Küche die Speisekarten der<br />
Gaststätten, obwohl es natürlich auch<br />
hier exzellente Crêperien gibt, sondern<br />
es lässt sich leicht eine kulinarische<br />
Reise um die Welt unternehmen. Ob<br />
chinesisch, japanisch, vietnamesisch,<br />
indisch, libanesisch, italienisch, griechisch<br />
oder gar kaukasisch-georgisch,<br />
hier wird jeder Gaumenwunsch erfüllt.<br />
Vielleicht ist dies aber auch nicht überraschend<br />
in einer Stadt, in der 60.000<br />
24 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
der 213.000 Einwohner Studenten<br />
sind. Zwei Universitäten besitzt<br />
Rennes. Allein eine davon zählt Hochschüler<br />
aus 120 Ländern. Die Hauptstadt<br />
der Bretagne zeigt sich als eine<br />
junge, der Welt zugewandte Stadt.<br />
Sicherlich hat auch die Lage an<br />
der Kreuzung zwischen Paris und<br />
dem äußersten Westen des Landes,<br />
zwischen Atlantik und Ärmelkanal zu<br />
einer Kultur des Austauschs beigetragen.<br />
Selbst in der Geschichte spielte<br />
Rennes des Öfteren eine Vorreiterrolle.<br />
So brodelten beispielsweise am Fuße<br />
des bretonischen Parlamentsgebäudes<br />
bereits im Januar 1789 die ersten Unruhen,<br />
die schließlich zum Sturm auf<br />
die Bastille im Juli des gleichen Jahres<br />
und somit zur Französischen Revolution<br />
führten. Auch heute ist die Stadt<br />
ein wichtiger Knotenpunkt geblieben.<br />
Der schnelle TGV braucht nur zwei<br />
Stunden ins 350 Kilometer entfernte<br />
Paris, der Flughafen verbuchte allein<br />
2006 einen Passagierzuwachs von 14<br />
Prozent und mit dem Auto ist Rennes<br />
aus allen Himmelsrichtungen auf modernen<br />
Autobahnen oder Schnellstraßen<br />
gut zu erreichen.<br />
Dank der geografischen Lage kann<br />
die Stadt auch als « Eingangstor » zur<br />
Bretagne gelten. Reist man von Osten<br />
aus an, bietet sich ein erstes Etappenziel<br />
in Rennes geradezu an. Es ist eine<br />
gute Möglichkeit, sich zu akklimatisieren<br />
und zum ersten Mal bretonische<br />
Luft zu schnuppern. Hier vermischt<br />
sich das Bewusstsein zur Erhaltung<br />
eines reichen kulturellen Erbes mit der<br />
Offenheit einer Großstadt, die ihren<br />
Blick in die Zukunft gerichtet hat. In<br />
Rennes kann man in einem Gebäude<br />
aus dem 15. Jahrhundert ein Café<br />
mit ultra-modernem Design finden.<br />
Gegensätze sind keine Widersprüche<br />
an der Vilaine, dem Fluss, der Rennes<br />
durchquert. Hier ist bretonische Lebensart<br />
mehr als nur eine folkloristische<br />
Veranstaltung. Dank der überschaubaren<br />
Größe kommt bei einem<br />
Prunk im Inneren des bretonischen<br />
Parlamentsgebäudes.<br />
Stadtbesuch niemals zuviel Hektik<br />
auf. Am besten man lässt sich treiben.<br />
Rennes ist eine Stadt der Plätze und<br />
Gassen.<br />
Auch die VAL-Station Le Blosne fällt durch ihre außergewöhnliche Architektur auf.<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 25
Fokus Bretagne<br />
Das Schwimmbad Saint-Georges im Art-Deco-Stil mit<br />
beeindruckenden Mosaiken von Odorico.<br />
Zur besseren Orientierung sollte<br />
man wissen, dass Rennes im Mittelalter<br />
eine zweigeteilte Stadt war.<br />
Nördlich der Vilaine befand sich die<br />
Oberstadt, die Stadt der Reichen und<br />
wichtigen Persönlichkeiten, die über<br />
das Geld zum Bau von Häusern aus<br />
Holz verfügten. Im Süden der Vilaine<br />
dagegen, der Unterstadt, hauste<br />
man bescheiden auf sumpfigem und<br />
feuchtem Untergrund. 1720 breitete<br />
sich jedoch ein enormes Feuer über die<br />
ganze Stadt aus, das einen Großteil<br />
der historischen Bebauung, insbesondere<br />
die Gebäude aus Holz, zerstörte.<br />
Der anschließende Wiederaufbau der<br />
Oberstadt erfolgte weitgehend aus<br />
Stein.<br />
Interview mit Edmond Hervé, Oberbürgermeister von<br />
Rennes und Präsident des Großraumrates Rennes Metropole<br />
Monsieur le <strong>Mai</strong>re, als wir das Fokus-Thema<br />
zur Bretagne vorbereiteten,<br />
fiel uns ganz besonders die Dynamik in<br />
Ihrer Stadt auf. Zwar versuchen zurzeit<br />
viele französische Städte, sich zu erneuern,<br />
aber in Rennes merkt man den Wandel<br />
zur Modernität schon bei einem ersten<br />
Spaziergang durch die Stadt.<br />
Ja, es stimmt, vielen Besuchern<br />
fällt dies auf. Oft reisen sie mit sehr<br />
klassischen Vorstellungen von der<br />
Bretagne an und sind dann über diese<br />
Dynamik erstaunt. Ich glaube, dass<br />
Rennes in den letzten 30 Jahren eine<br />
wahrhafte Metamorphose erlebte, die<br />
sich auf eine intellektuelle Aufbruchstimmung<br />
gründet, dessen Sockel die Universität ist. Wir<br />
haben eine lange universitäre Tradition, doch vor allem in<br />
den 1980er- und 1990er-Jahren wuchs die Studentenzahl<br />
beträchtlich. Rennes hat 213.000 Einwohner, was die<br />
Stadt zur zehntgrößten des Landes macht. Die Agglomeration<br />
Rennes, die insgesamt 37 Gemeinden umfasst, zählt<br />
375.000 Einwohner. Doch vor allem haben wir viele Studenten:<br />
60.000, verteilt auf zwei Universitäten, Rennes 1<br />
und Rennes 2. Die Stadt lebt in einem jugendlichen Rhythmus,<br />
denn das studentische Treiben spielt sich nicht nur auf<br />
dem Campus, sondern auch in der Innenstadt ab. Jeden Tag<br />
gibt es Konferenzen, Kolloquien und andere Veranstaltungen.<br />
Rennes ist eine Stadt, die sich der<br />
Zukunft zuwendet. Hier gibt es zahlreiche<br />
Forschungseinrichtungen, und<br />
wir haben bereits vor 20 Jahren einen<br />
bedeutenden Technologiepark ins Leben<br />
gerufen.<br />
Zur gleichen Zeit ist Rennes weit davon<br />
entfernt, eine Retortenstadt zu sein.<br />
Man findet hier viele Zeugnisse der französischen<br />
und bretonischen Geschichte.<br />
Ich merke, dass Sie viel durch<br />
unsere Straßen gelaufen sind. In der<br />
Tat, in Rennes trifft man auf viel<br />
Historisches. Nimmt man zum Beispiel<br />
die Architektur: In unserer Stadt<br />
sind alle Epochen vertreten. So haben wir einen römischen<br />
Befestigungswall aus dem Jahre 250 n. Chr. Im Museum<br />
der Bretagne befinden sich Steinskulpturen aus dem 1.<br />
Jahrhundert. An der Place des Lices markieren die Portes<br />
Mordelaises das Stadttor des mittelalterlichen Rennes.<br />
Am Platz selbst findet man zudem Stadthäuser aus dem<br />
18. Jahrhundert und etwas weiter Markthallen aus dem 19.<br />
Jahrhundert. Im Herzen der Stadt steht auch die Cité Judiciare,<br />
ein ultramoderner Glasbau von heute. Rennes weist<br />
Repräsentationsbauten aus vielen Jahrhunderten auf.<br />
Bei der Stadtbesichtigung stach uns die architektonische Vielfalt<br />
26 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Einen Stadtspaziergang beginnt<br />
man am besten im als Vieux Rennes<br />
bezeichneten Viertel um die Kathedrale<br />
herum. Zum Glück vernichtete<br />
das große Feuer nicht alle Gebäude, so<br />
dass man hier noch zahlreiche Häuser<br />
aus dem Mittelalter bewundern kann.<br />
Auf der Place des Lices zwischen der<br />
Rue des Minimes und der Rue des<br />
Innocents stehen eine Reihe von besonders<br />
schön restaurierten Fachwerkhäusern<br />
sowie die Baltard-Markthalle<br />
aus Metall, Ziegel und Glas aus dem<br />
19. Jahrhundert. Zwei Stadtpalais<br />
– Hôtel de la Noue und Hôtel Racapé<br />
de la Feuillée – mit auffälligen Dachstühlen<br />
in Schiffsrumpfform wurden<br />
1658 für Parlamentsmitglieder gebaut.<br />
An jedem Samstagmorgen wird hier<br />
zudem ein Wochenmarkt abgehalten,<br />
der zu den schönsten in ganz Frankreich<br />
zählt.<br />
In der nahen Rue Guillaume findet<br />
man ein gutes Beispiel für die<br />
gekonnte Mischung aus alt und neu.<br />
In einem Fachwerkhaus aus dem 16.<br />
Jahrhundert befindet sich heute einer<br />
der angesagtesten Nachtclubs der<br />
Stadt. Geht man dagegen zur Place<br />
du Bas des Lices, überraschen zwei<br />
Wohntürme aus den 1970er-Jahren<br />
von Georges <strong>Mai</strong>llols, der sich von der<br />
Architektur des Bauhauses und von<br />
Le Corbusier inspirieren ließ. Zurück<br />
im Viertel um die Kathedrale lohnt<br />
ein Abstecher zur pittoresken Rue du<br />
Les Champs Libres ist Rennes’<br />
neues Kulturzentrum.<br />
ins Auge; Gebäude aus Holz, Stein, Stahl, Glas mit verschiedenen<br />
Farben und Formen.<br />
Ja, die Architektur ist in ihren Farben und Formen sehr<br />
vielfältig. Die Stadt unterlag im Laufe der Jahrhunderte<br />
mannigfaltigen Einflüssen. Gehen Sie zum Beispiel zum<br />
Rosengarten des Jardin du Thabor und schauen Sie in Richtung<br />
Osten. Sie entdecken dort Dachziegel, die an Florenz<br />
erinnern. Das ist das Lycée Saint-Vincent. Ich finde, dass<br />
diese architektonische Vielfalt ein Ausdruck des Pluralismus<br />
ist, der diese Stadt bestimmt. Das kulturelle Erbe einer<br />
Stadt besteht aber nicht nur aus Gebäuden, sondern wird<br />
auch durch die Kunst ausgezeichnet. Nehmen Sie zum Beispiel<br />
die Straßenskulptur Alignements du XXIème Siècle.<br />
Sie ist ein Ausdruck künstlerischer Freiheit und Vielfalt.<br />
Gleichzeitig steht sie in einem Kontext zu den Menhiren<br />
von Carnac, hat also einen geschichtlichen Bezug. An dem<br />
Ort gibt es übrigens ein Spiel des Lichts, das zum Träumen<br />
verführt.<br />
Ist ein derart pluralistisches Konzept einer Stadt auch ein<br />
politischer Ansatz?<br />
Ganz sicher, den Bewohnern der Stadt ist der Pluralismus<br />
wichtig. Auf jeder Ebene übrigens. Nehmen Sie erneut<br />
die Kunst. Es ist wichtig, dass sie sich in ihrer ganzen<br />
Bandbreite entfalten kann. Warum sollte man einen Stil<br />
vorschreiben? Deshalb war es mir so wichtig, dass jede U-<br />
Bahn-Station von einem anderen Architekten entworfen<br />
wurde. Dies ist ein Reichtum für die Stadt. Unsere deutschen<br />
Freunde freuen sich übrigens oft, dass man in unserer<br />
Metro etwas aus der Heimat findet: Siemens. Rennes ist<br />
ohnehin eine sehr europäische Stadt. Beim letzten Referendum<br />
hatten 59 Prozent der Menschen für die Europäische<br />
Verfassung gestimmt. Auch der Vertrag von Maastricht<br />
wurde mit überdurchschnittlichen 69 Prozent befürwortet.<br />
Wie Sie sehen, Rennes ist eine weltoffene Stadt.<br />
Wir haben bei unseren Recherchen ohnehin festgestellt, dass<br />
die Bretagne viel zu oft auf ihre Klischees reduziert wird. Rennes<br />
trägt stark zum Image einer modernen Bretagne bei.<br />
Da haben Sie Recht. Es gibt viele Stereotypen über die<br />
Bretagne, aber die findet man auch über viele andere Orte,<br />
beispielsweise über Bayern. Lange Zeit wurde versucht,<br />
vor allem das traditionelle Bild der Bretagne, wie das Meer<br />
und die kulinarischen Spezialitäten, zu vermarkten. Aber<br />
die Bretagne besteht nicht nur aus Küsten. Hier gibt es<br />
auch Städte wie Saint-Malo, Brest, Lorient, Vannes und<br />
eben Rennes. Eine Vielfalt, die in Szene gesetzt werden<br />
musste. In den 1960er-Jahren begann zudem eine starke<br />
wirtschaftliche Entwicklung. Agrarwirtschaft und Fischerei<br />
haben sich modernisiert. Parallel wollten sich auch die<br />
Städte erneuern und Zusammenschlüsse sind entstanden.<br />
Und auch die Mentalitäten haben sich weiterentwickelt.<br />
Man darf nicht vergessen, dass die katholische Kirche vor<br />
50 Jahren noch einen sehr starken konservativen Einfluss<br />
auf die Region hatte. Ich habe die Veränderungen selbst<br />
miterlebt. In den 1960er-, 1970er-Jahren trat eine gewisse<br />
Liberalisierung der Gesellschaft ein. Ja, die Bretagne hat<br />
sich stark verändert. Wissen Sie, im März 2008 werde ich<br />
31 Jahre Bürgermeister von Rennes sein. Ich kenne also die<br />
Veränderungen der Stadt sehr gut. Diesen Wandel versteht<br />
man aber nur im Kontext mit den allgemeinen wirtschaftlichen<br />
und sozialen Entwicklungen. Eine Stadt ist immer in<br />
Bewegung und niemals fertig.<br />
Monsieur le <strong>Mai</strong>re, wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 27
Fokus Bretagne<br />
Das Bretonische Parlamentsgebäude im Herzen der Stadt.<br />
Place Sainte-Anne.<br />
Chapitre, die mit ihren Gebäuden aus dem Mittelalter bezirzt.<br />
Die Straße bildet zudem die Grenze zwischen dem<br />
mittelalterlichen Rennes und der nach dem Brand von 1720<br />
wiederaufgebauten Stadt. Zwei Stadtpalais von 1624 bzw.<br />
1728 beherbergen heute die Regionalverwaltung für kulturelle<br />
Angelegenheiten. Etwas weiter südlich trifft man<br />
auf das im 14. Jahrhundert erbaute ehemalige Krankenhaus<br />
Saint-Yves, das heute eine Dauerausstellung über das<br />
kulturelle Erbe der Stadt zeigt. In direkter Nachbarschaft<br />
befindet sich das örtliche Fremdenverkehrsamt, das unter<br />
anderem einen kostenlosen Reiseführer « Entdeckungsreise<br />
in die Geschichte von Rennes » auf Deutsch herausgibt.<br />
Ein wenig weiter in östlicher Richtung trifft man auf<br />
eine andere Epoche, das klassische Rennes. An der Place<br />
de la <strong>Mai</strong>rie bilden das Rathaus und das gegenüberstehende<br />
Theater ein harmonisches Ensemble. An der Rathausfassade<br />
fällt eine leere Nische auf. Dort stand früher eine Skulptur,<br />
die die Einheit der Bretagne mit Frankreich symbolisierte.<br />
Doch die Bretagne war als eine Frau dargestellt, die auf<br />
Knien die Hände zu einer mächtigen, sitzenden Frau, dem<br />
Abbild Frankreichs, reichte. Es war quasi unmöglich, darin<br />
keine Demütigung der Bretonen zu erkennen. So kam<br />
es, dass eine nationalistische bretonische Gruppe im Jahre<br />
1932 die Skulptur in die Luft sprengte. Seitdem blieb die<br />
Nische leer.<br />
Etwas weiter nach Norden erhebt sich stolz das bretonische<br />
Parlamentsgebäude, das heute den bretonischen Gerichtshof<br />
beherbergt. Es bedurfte leider einer kleinen Tragödie,<br />
dass das Gebäude heute in so frischem Glanz erstrahlt.<br />
Im Februar 1994 kam es anlässlich eines Besuchs des Premierministers<br />
zu Ausschreitungen zwischen den Ordnungskräften<br />
und demonstrierenden Fischern. Ein Schuss aus einer<br />
Schreckschusspistole löste versehentlich einen Brand aus, der<br />
einen Teil des Parlamentsgebäudes zerstörte, darunter auch<br />
den prächtigen Dachstuhl aus Eichenholz, für dessen Bau<br />
fast 1.000 Bäume notwendig waren. Doch der Wille der<br />
Bürger führte zu einem Wiederaufbau. Heute kann man das<br />
Gebäude wieder besichtigen. In der Nähe lohnt zudem ein<br />
Blick auf die Art-Deco-Fassade des Magasins Modernes,<br />
heute Virgin Megastore. Etwas weiter östlich lockt die Rue<br />
Saint-Georges, die nach einem einstigen Benediktinerkloster<br />
benannt ist, mit zahlreichen Lokalen. Um sich ein wenig vom<br />
Jardin du Thabor.<br />
Die Alignement du XXIème Siècle erinnern an die Menhire der Bretagne.<br />
28 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
11, rue Saint-Yves<br />
CS 26410 – F-35064 RENNES Cedex<br />
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urbanen Trubel zu erholen, bietet sich der Jardin du Thabor<br />
im Osten der Innenstadt an. Auf seiner zehn Hektar großen<br />
Fläche kann sich der Besucher an der barocken Gartenanlage,<br />
dem englischen Park, der romantischen Teufelsgrotte und<br />
einem Wasserfall erfreuen.<br />
Auf der anderen Seite der Vilaine sollte man vor allem<br />
zwei Kultureinrichtungen besuchen. Die erste ist das Museum<br />
der Schönen Künste. Spektakulärer ist jedoch die<br />
zweite, der Kulturkomplex Champs Libres. In einem aufsehenerregenden<br />
Gebäude, das im März 2006 eingeweiht<br />
wurde, befinden sich drei Einrichtungen unter einem Dach:<br />
das Museum der Bretagne, ein Wissenschaftszentrum, das<br />
vor allem für sein Planetarium gerühmt wird, sowie eine Bibliothek,<br />
die neben einer beeindruckenden Bücherauswahl<br />
von der letzten Etage aus auch einen wunderschönen Panoramablick<br />
über Rennes bietet. Die Architektur des Kulturkomplexes<br />
ist futuristisch, die verwendeten Materialien<br />
und Farben sind aber eine Reminiszenz an die örtlichen<br />
Gegebenheiten. So erinnert die farbliche Gestaltung der<br />
Museumsetage an die rosafarbenen Steine, die typisch fürs<br />
Departement Ille-et-Vilaine sind. Der Architekt Christian<br />
de Portzamparc, der auch die Französische Botschaft am<br />
Pariser Platz in Berlin entwarf, gestaltete außerdem Betonwände,<br />
die wie für die Bretagne typische Granitfelsen<br />
wirken. Das Museumscafé öffnet sich zu einem Park im<br />
Süden des Gebäudes. Ein idealer Ort, um bei einem Kaffee<br />
nochmals die Impressionen des Stadtrundgangs Revue passieren<br />
zu lassen.<br />
Zum Abschluss kann man mit der vollautomatisierten<br />
Metro VAL zurück in die Innenstadt fahren. Rennes ist die<br />
kleinste französische Stadt mit einer U-Bahn. Eingeweiht<br />
im Jahre 2002, verbindet sie auf einer 8,57 Kilometer langen<br />
Strecke in 16 Minuten Fahrzeit den Nordwesten mit<br />
dem Südosten der Stadt. Besonders die U-Bahn-Stationen<br />
sind sehenswert, wurden sie doch von verschiedenen Architekten,<br />
darunter so bekannte Namen wie Norman Foster,<br />
entworfen. Die futuristische VAL repräsentiert auf ihre<br />
Weise die Aufbruchstimmung in der dynamischen Stadt an<br />
der Vilaine.<br />
Fachwerkhaus Ty Coz aus dem 16. Jahrhundert<br />
in der Rue Saint-Guillaume.<br />
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Fokus Bretagne<br />
Oben: Rohan, rund 20 Kilometer östlich von Pontivy gelegen; unten: verwunschene Wälder entlang des Kanals.<br />
30 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Und aus der Mitte<br />
entspringt ein Kanal<br />
Gerne wird die Bretagne als ein Land umschrieben, das<br />
als westliche Vorhut tapfer dem stürmischen Atlantik<br />
trotzt. Schroffe Küsten, kleine Strandbuchten und anmutige<br />
Fischerdörfer prägen das Bild der Urlaubsregion.<br />
Dabei gibt es auch eine andere, weniger bekannte Seite:<br />
das verträumte Landesinnere. Der 360 Kilometer lange<br />
Kanal von Nantes nach Brest ist eine originelle Art,<br />
die Bretagne von Osten nach Westen zu durchqueren<br />
und eine Entdeckungsreise durchs bretonische Inland zu<br />
unternehmen.<br />
Zugegeben, das bretonische Landesinnere<br />
ist nicht das erste,<br />
was den meisten in den Sinn<br />
kommt, wenn sie an die Bretagne denken.<br />
Hier, im äußersten Westen ist der<br />
Ozean der Star. Der maritime Charakter<br />
der Region ist fest in den Köpfen<br />
der Touristen verankert. Dabei genügt<br />
es, einen Blick auf die Landkarte zu<br />
werfen: Die Bretagne besitzt ein großes<br />
Hinterland mit Städten und Dörfern<br />
und ganz eigenen Charakteristika. Versteckte<br />
Schönheiten, die meist noch auf<br />
ihre Entdeckung warten. Örtlichkeiten,<br />
die ihren ganz eigenen Charme bewahren<br />
konnten. Eine gute Möglichkeit,<br />
sich diesem Juwel zu nähern, ist eine<br />
Tour entlang des Kanals von Nantes<br />
nach Brest.<br />
Ob jung oder alt, die Strecke erlaubt<br />
es, eine Reise ganz nach eigenem<br />
Rhythmus und eigenen Vorlieben zu<br />
gestalten. Auch wer nur Teilabschnitte<br />
zurücklegen will, erhält einen um-<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 31
Fokus Bretagne<br />
Der Bau des Kanals dauerte<br />
mehr als 30 Jahre und war eine<br />
logistische Meisterleistung.<br />
236 Schleusen sorgen entlang der<br />
Strecke dafür, dass insgesamt 550<br />
Höhenmeter überwunden werden.<br />
fassenden Eindruck vom Inneren der<br />
Bretagne. Die abwechslungsreiche<br />
Landschaft lässt niemals Langeweile<br />
aufkommen. Wälder wechseln sich mit<br />
Moorgebieten ab, Felder mit Dörfern<br />
und Kleinstädten. Auch einige Burgen<br />
und Schlösser liegen an der Strecke.<br />
Der Nantes-Brest-Kanal ist dabei kein<br />
durchgängig künstlich geschaffener<br />
Wasserweg, wie der Name vermuten<br />
lässt, sondern setzt sich aus mehreren<br />
Flüssen zusammen, die durch Menschenhand<br />
miteinander verbunden<br />
wurden: Erdre, Isac, Oust, Blavet,<br />
Doré, Kergoat, Hyéres und Aulnes.<br />
32 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Von oben nach unten: die Schleuse<br />
von Malestroit, das Château des<br />
Ducs de Rohan im Dorf Josselin,<br />
Yachthafen zum Pausieren.<br />
In Neulliac sorgt eine Schleusentreppe dafür, dass selbst<br />
größere Höhenunterschiede ausgeglichen werden.<br />
Eine Reise durch die<br />
Geschichte der Bretagne<br />
Der Wasserweg von Nantes nach<br />
Brest ist außerdem ein historisches<br />
Zeugnis der wirtschaftlichen Entwicklung<br />
der Region. Die Idee<br />
für eine Wasserverbindung durchs<br />
Landesinnere der Bretagne ist alt.<br />
Schon im 16. Jahrhundert wurden<br />
die ersten Überlegungen dazu angestellt.<br />
Man wollte den Handel<br />
erleichtern und die Wirtschaft dynamisieren.<br />
Später, im Zeitalter der<br />
Aufklärung, begeisterte die Idee die<br />
Menschen erneut. « Das Wasser, das<br />
den Kanal entlangfließt, wird die<br />
Sinne beflügeln wie das Blut in den<br />
Adern, dem Rückrat des Lebens.<br />
Alles wird durch die Navigation<br />
anders werden. » (Memoiren von<br />
M. de Brie, 1784). Die notwendigen<br />
Arbeiten waren jedoch beachtlich,<br />
die technischen Möglichkeiten<br />
noch recht simple. Außerdem fehlte<br />
das Geld. Es dauerte deshalb bis<br />
zum Anfang des 19. Jahrhunderts<br />
und bedurfte der Unterstützung<br />
Napoleons, damit im Jahre 1811 die<br />
ersten Arbeiten beginnen konnten.<br />
Es war der Startschuss für ein<br />
äußerst komplexes Projekt, dessen<br />
Realisierung mehr als 30 Jahre dauerte.<br />
Das Relief der Bretagne eignet<br />
sich nicht besonders für eine Wasserverbindung<br />
im Landesinneren.<br />
Die Flüsse der Region, die von drei<br />
Seiten vom Meer umgeben ist, fließen<br />
meist senkrecht in Richtung Ozean.<br />
Um eine Ost-West-Verbindung herzustellen,<br />
mussten die Flussläufe also<br />
aufwendig miteinander verbunden werden.<br />
Außerdem war es erforderlich, auf<br />
der Gesamtstrecke Höhenunterschiede<br />
von 555 Metern zu überwinden. Ein<br />
ausgeklügeltes System aus Kanälen<br />
und Schleusen war notwendig. Am<br />
Ende der Arbeiten wurden insgesamt<br />
nicht weniger als 236 Schleusen konstruiert.<br />
Erschwerend kam hinzu, dass der<br />
Untergrund entlang der Flüsse oft aus<br />
Schwemmland bestand. Eine Schleuse<br />
kann aber bis zu 6.000 Tonnen wiegen,<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 33
Fokus Bretagne<br />
Die Treidelpfade sind auch für Fahrradfahrer und Spaziergänger ideal.<br />
34 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
so dass die Ingenieure extrem solide<br />
Fundamente bauen mussten. Dabei<br />
wurden Techniken angewandt, die bereits<br />
die Römer kannten. Die Arbeiten<br />
waren mühselig und wurden vor allem<br />
von Kriegsgefangenen und Sträflingen<br />
ausgeführt. Arbeitsunfälle waren<br />
an der Tagesordnung. Oft brauchte<br />
es Dutzende von Tagen, um nur ein<br />
wenig voranzukommen. Doch im Januar<br />
1842 wurde der Wasserweg mit<br />
seinen 236 Schleusen der Schifffahrt<br />
übergeben. Napoleon III. eröffnete ihn<br />
schließlich offiziell im Jahre 1858.<br />
Zwar erfüllte der Kanal seine<br />
Mission, Kähne transportierten Holz,<br />
Baumaterialien, Kohle, Getreide und<br />
andere Nahrungsmittel. Doch seine<br />
Konstruktion hatte lange gedauert, zu<br />
lange. In der Zwischenzeit stieg die<br />
Bedeutung der Eisenbahn, die eine<br />
alternative Transportmöglichkeit für<br />
Waren und Menschen bot. Der Kanal<br />
verlor deshalb als Folge des technischen<br />
ruhig vorbeiziehen zu lassen. Jegliche<br />
Alltagshektik ist fern. Schleusen<br />
können kostenlos passiert werden. Oft<br />
übernehmen auch die Schleusenwärter<br />
das Manövrieren. Tagesetappen lassen<br />
sich nach eigenen Vorlieben festlegen.<br />
Wer zudem ein Fahrrad mitnimmt,<br />
kann zu spannenden Ausflügen in<br />
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30 Kilometer zurücklegen, da nur selten<br />
Steigungen zu überwinden sind. In<br />
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die gesamte Strecke von Nantes bis<br />
Brest bewältigen. Auch Fahrradfahrer<br />
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Fortschritts schnell an wirtschaftlicher<br />
Bedeutung. Den finalen Todesstoß für<br />
den Frachtverkehr bedeutete der Beschluss<br />
im Jahre 1928 zum Bau eines<br />
Staudammes im Nordosten von Lorient,<br />
in Guerlédan, wodurch ein großflächiger<br />
Stausee von zwölf Kilometern<br />
Länge entstand. Seitdem wurde der<br />
See aber ein beliebtes Naherholungsgebiet<br />
und der Kanal fand seine zweite<br />
Jugend im Tourismusgeschäft.<br />
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das Hausboot, um den Nantes-Brest-<br />
Kanal zu erkunden. Zahlreiche Hausbootvermieter<br />
bieten ihre Dienste<br />
entlang der Strecke an. Dabei ist es<br />
noch nicht einmal erforderlich, einen<br />
Bootsführerschein zu besitzen. Bei der<br />
Anmietung werden die Hobbykapitäne<br />
mit dem Boot und den wichtigsten<br />
Manövrierübungen vertraut gemacht.<br />
Anschließend kann man gemütlich<br />
bei maximal sechs Stundenkilometern<br />
über das Wasser schippern. Die ideale<br />
Fortbewegung, um die Landschaft<br />
Ufernähe aufbrechen.<br />
Doch nicht nur mit dem Boot lässt<br />
sich der Nantes-Brest-Kanal entdecken.<br />
Für sportliche Urlauber bietet<br />
sich auch eine Reise mit dem Fahrrad<br />
oder zu Fuß an. Denn neben der Wasserstrecke<br />
verläuft ein Pfad, auf dem<br />
früher Pferde die Lastkähne zogen. Bis<br />
heute ist der Weg gut erhalten. Auf 90<br />
Prozent der Strecke besteht der Untergrund<br />
aus Erdboden, so dass jeglicher<br />
motorisierter Verkehr untersagt ist. Ein<br />
Paradies der Ruhe von 360 Kilometern<br />
müssen keine extremen Anstrengungen<br />
meistern. Der Pfad ist gut erhalten<br />
und lässt sich problemlos beradeln.<br />
Ein weiterer Vorzug des Uferweges<br />
liegt in seiner Durchgängigkeit. Im<br />
Gegensatz zu den Pfaden an anderen<br />
Kanälen, die oft durch Umgehungen,<br />
Straßen oder Dörfer unterbrochen<br />
werden, folgt dieser strikt dem Wasserverlauf,<br />
selbst in den Städten. Ist man<br />
also erst einmal unterwegs, kann man<br />
dem Kanal ohne Unterbrechungen<br />
blindlings folgen. Jedes Jahr trifft man<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 35
Fokus Bretagne<br />
Unterwegs fallen immer wieder die himmliche Ruhe und idyllische Natur auf.<br />
deshalb auch auf immer mehr Wanderer<br />
und Fahrradfahrer entlang der<br />
Strecke.<br />
Perfekte Infrastruktur<br />
Die Bretonen realisierten schnell,<br />
dass es aus historischen, kulturellen<br />
und wirtschaftlichen Gründen wichtig<br />
ist, den Wasserweg von Nantes nach<br />
Brest zu erhalten. Mehrere Akteure<br />
kümmern sich heute um den Unterhalt.<br />
1964 wurde der Verein Comité des Canaux<br />
Bretons gegründet, der sich um<br />
die Wiederbelebung und Erhaltung<br />
bretonischer Wasserwege kümmert.<br />
Im Laufe der Jahre konnte er eine<br />
hervorragende Konservierungsarbeit<br />
leisten und das touristische Angebot<br />
beständig ausbauen. Entlang der Ufer<br />
wurde zudem ein Klassifizierungssystem<br />
unter dem Namen « D’une rive à<br />
l’autre » eingeführt, das mit einer, zwei<br />
oder drei Libellen auf Sehenswürdigkeiten<br />
und Aktivitäten hinweist.<br />
Für die Verpflegung bietet es sich<br />
an, an Markttagen – meist mittwochs,<br />
samstags und sonntags – in den Dörfern<br />
entlang des Kanals anzuhalten<br />
und auf den Wochenmärkten einzukaufen.<br />
Aber auch zahlreiche Geschäfte<br />
sind auf die Bedürfnisse der<br />
Hobbykapitäne, Wanderer oder Fahrradfahrer<br />
eingestellt. Außerdem gibt<br />
es viele Pensionen, Gästehäuser oder<br />
kleine Hotels entlang der Strecke, teils<br />
direkt am Ufer, teils im nahen Hinterland.<br />
Und natürlich fehlen auch nicht<br />
die für Frankreich so typischen Cafés<br />
und kleinen Restaurants. Der Nantes-<br />
Brest-Kanal ist eine wunderbare Wahl,<br />
sich dem Landesinneren der Bretagne<br />
vom Wasser aus zu nähern.<br />
Le carnet de route<br />
Das Comité des Canaux Bretons<br />
gibt ein kostenloses Fahrtenbuch<br />
heraus. Auf mehreren Seiten werden<br />
die Schleusen entlang der Strecke<br />
und deren Abstand untereinander<br />
aufgelistet. Außerdem findet man in<br />
dem Buch kurze Beschreibungen der<br />
einzelnen Abschnitte des Kanals und<br />
Hinweise auf die Attraktionen am<br />
Ufer. Zudem können damit unterwegs<br />
Stempel gesammelt werden. Am<br />
Ende der Reise kann man das Heft ans<br />
Comité des Canaux Bretons senden,<br />
das es beglaubigt und mit einem<br />
Diplom, das einen als Ehrenmitglied<br />
des bretonischen Tourismus ausweist,<br />
wieder zurückschickt.<br />
36 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
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Fokus Bretagne<br />
Bretonische Lebensart –<br />
mehr als nur Klischees?<br />
Die Bretagne gehört zu den Ecken Frankreichs, deren Image mit zahlreichen<br />
Klischees belegt ist: raues Meer, wilde Küsten, Crêpes, Meeresfrüchte, Cidre,<br />
Legenden, tiefe Religiosität, Kruzifixe, Dudelsäcke. Die Bretonen geben sich<br />
damit aber nicht zufrieden. Eine Reise zu den Klischees und Realitäten der<br />
bretonischen Lebensart.<br />
Wer die Bretagne jedoch wirklich verstehen will,<br />
muss hinter diese Klischees schauen. Natürlich<br />
gehören all diese klassischen Vorzüge<br />
auch zum heutigen Leben, sind Teil des kulturellen Erbes.<br />
Doch die Bretagne hat sich weiterentwickelt. Es ist notwendig,<br />
die altbewährten Bilder in die Modernität zu<br />
übertragen. Dabei helfen zahlreiche Persönlichkeiten –<br />
vom innovativen Bürgermeister über den erfolgreichen<br />
Konzernchef bis hin zu experimentierfreudigen Journalisten<br />
– ein dynamisches Bild der Bretagne zu zeichnen.<br />
Zur kreativen Presse zählt beispielsweise die Monatszeitschrift<br />
Bretons, die mit Heimatliebe und Witz manches<br />
Klischee auf den Kopf stellt, oder der kleine Verlag Des<br />
Dessins & Des Mots aus Kerignan, der auf humorvolle<br />
Weise die Eigenschaften der Bretonen darstellt und dabei<br />
zum Beispiel schaut, wie die Bretonen vom Ausland her<br />
betrachtet werden oder wie sich die Region im 20. Jahrhundert<br />
verändert hat. Im Folgenden ein kleiner Ausschnitt<br />
der bretonischen Lebensart und deren Veränderung<br />
im Laufe der Zeit.<br />
38 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Land des Glaubens<br />
Die Bretagne gehört zu den Regionen Europas, in denen man auf<br />
zahlreiche Zeugnisse einer tiefen Religiosität stößt. Ob in Dörfern<br />
oder entlang der Landstraßen, Kreuze und Sakralbauten sind allgegenwärtig.<br />
Festlichkeiten huldigen regelmäßig den lokalen Heiligen.<br />
Die Bandbreite reicht dabei vom bescheidenen Gottesdienst bis hin<br />
zur großen Pilgerfahrt. Einige religiöse Ereignisse sind sogar sehr<br />
medienwirksam inszeniert, wie die Pilgertour der Motorradfahrer<br />
von Porcaro: Jedes Jahr empfängt dieses 500-Seelen-Dorf im Morbihan<br />
zehn Tage lang rund 20.000 Pilger auf ihren Motorrädern.<br />
Dennoch hat sich auch in der Bretagne der Glaube verändert. Heute<br />
scheinen viele Bretonen mehr vom traditionellen Aspekt solcher Veranstaltungen<br />
angezogen zu sein als vom religiösen. Für viele Bretonen<br />
beschränkt sich die Gottesfürchtigkeit auf einige ausgewählte große<br />
Ereignisse im Jahr und ist nur noch wenig im Alltag präsent.<br />
Kruzifix in der Kapelle Saint-Côme<br />
in der Baie de Douarnenez.<br />
Nicht Bretonisch<br />
sprechen.<br />
Das bringt den<br />
kleinen Jesus<br />
zum Weinen.<br />
Herr! Herr!<br />
Eine ganze Gruppe<br />
Bretonen! Endlich!<br />
Das bringt uns<br />
Abwechslung zu den<br />
gregorianischen<br />
Gesängen!<br />
Kreuz im Dorf Pencran.<br />
1902, ein Ministerbescheid<br />
untersagt die Benutzung<br />
des Bretonischen in Predigten<br />
und im Katechismus.<br />
Traditionelle Weihung der Pferde in Goudelin im Pays de Guingamp.<br />
Kreuzdarstellung in Plougastel-Daoulas.<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 39
Fokus Bretagne<br />
Der Wald von Brocéliande im Morbihan ist vielleicht der sagenumwobenste<br />
Wald Frankreichs. Hier sollen die Druiden mit ihren Kräften gewirkt<br />
haben, insbesondere an der Fontaine de Barenton.<br />
Ist das<br />
antike<br />
Kunst?<br />
Nein!<br />
Das ist ein<br />
modernes<br />
Möbelstück!<br />
Land der Legenden<br />
Besonders reich ist die Bretagne an Legenden, Sagen und Märchen.<br />
Besonders die 6.000 Menhire und rund 1.000 Dolmen, die<br />
man im äußersten Westen Frankreichs findet, regen immer wieder<br />
die Gemüter an. Wie auch immer man darüber denkt, eines ist sicher,<br />
zumindest die Menhire und Dolmen selbst sind keine Legende, sondern<br />
sehr reell.<br />
1923 gründen Jeanne Malivel und René-<br />
Yves Creston einen Verein zur Förderung<br />
der modernen bretonischen Kunst.<br />
40 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Saint-Just im Departement Ille-et-Vilaine ist zwar weniger<br />
bekannt als Carnac, aber nicht minder beeindruckend. Es<br />
ist die zweitgrößte Ansammlung von Menhiren in Frankreich.<br />
Nach der Legende soll jeder Hinkelstein ein junges Mädchen<br />
darstellen, das erstarrte, da es lieber tanzte als betete.<br />
Dolmen von Guilligot im Finistère.<br />
Carnac: Die weltberühmten Menhire und Dolmen sind mehr als 6.000 Jahre alt.<br />
Auf mehrere Stätten verteilt (Ménec, Kerlescan, Kermario und Le Petit Ménec)<br />
gehört Carnac zu den größten Megalithenansammlungen der Welt.<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 41
Fokus Bretagne<br />
Land der Musik und Festivals<br />
Die Bretagne ist die Region der Festivals in Frankreich: Von den sechs<br />
meistbesuchten Festivals im Lande werden vier in der Bretagne veranstaltet,<br />
darunter das mit 202.000 Besuchern (2006) am meisten frequentierte Festival<br />
Vieilles Charrues. Auch das Festival Terre-Neuvas in Bobital zieht mehr als<br />
120.000 Teilnehmer an, obwohl die Kommune selbst nur 1.000 Einwohner<br />
hat. Ohne Zweifel, die Bretagne weiß, wie man große Veranstaltungen organisiert<br />
und herzhaft feiert. Das Musikangebot ist dabei vielfältig: vom traditionellen<br />
Dudelsack bis zur Techno-Party.<br />
Das Festival Terre Neuvas in<br />
Bobital feiert dieses Jahr sein<br />
10-jähriges Bestehen. Hier treten<br />
die erfolgreichsten Musiker des<br />
Jahres auf. Verschiedene Stile<br />
sind präsent. Es ist Frankreichs<br />
zweitwichtigstes Musikfestival.<br />
Das Festival der Vieilles Charrues in Carhaix wurde 1992 ins Leben gerufen<br />
und ist heute das meistbesuchte Frankreichs. Verschiedene Musikrichtungen<br />
vermischen sich hier, um möglichst ein großes Publikum anzusprechen.<br />
1988: Gründung des bretonischen<br />
Regionalorchesters.<br />
42 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Fokus Bretagne<br />
Bayeux<br />
A84 / E401<br />
Pays des<br />
Abers<br />
D58<br />
N12/E50<br />
Lannion<br />
St. Malo<br />
Brest<br />
Morlaix<br />
Carhaix<br />
Châteulin<br />
Quimper<br />
St Guingamp<br />
N164<br />
Pontivy<br />
St Brieuc<br />
N12/E50<br />
Bobital<br />
D266<br />
Dinan<br />
N137<br />
Rennes<br />
Mayenne<br />
MAYENNE<br />
A 8<br />
N165/E60<br />
Lorient<br />
N24<br />
Vannes<br />
N166<br />
Redon<br />
N 137 / E 3<br />
Laval<br />
Châteu-Gontier<br />
la Segré<br />
SART<br />
ERDRE<br />
A 11 / E 60<br />
Angres<br />
St Nazaire<br />
Nantes<br />
LOIRE<br />
N 249<br />
A 87<br />
A 83 / E 3<br />
Anreise<br />
Auto: Die Bretagne ist gut ans französische<br />
Autobahn- und Schnellstraßensystem<br />
angebunden. Dank einer neuen<br />
Autobahnverbindung über Amiens,<br />
Rouen und Caen lässt sich bei einer<br />
Anreise aus Norddeutschland der staugeplagte<br />
Pariser Großraum weiträumig<br />
umfahren. Aus Süddeutschland und<br />
Österreich bietet sich die Anreise über<br />
Metz, Paris und Le Mans an. Aus der<br />
Schweiz erreicht man die Bretagne<br />
über Dijon, Paris und Le Mans. Berlin-<br />
Rennes ca. 1.400 km, Köln-Rennes ca.<br />
840 km, Wien-Rennes ca. 1.600 km,<br />
Zürich-Rennes ca. 960 km, Berlin-Brest<br />
ca. 1.600 km, Köln-Brest ca. 1.030 km,<br />
Wien-Brest ca. 1.820 km, Zürich-Brest<br />
ca. 1.200 km.<br />
Flugzeug: Weder Lufthansa noch Austrian<br />
oder Swiss fliegen bretonische Flughäfen<br />
an. Der nächste von diesen Flug-<br />
44 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong><br />
gesellschaften angeflogene Airport ist<br />
Paris-CDG. Air France bietet über das<br />
Pariser Drehkreuz bzw. Lyon jedoch zahlreiche<br />
Umsteigeverbindungen in die<br />
Bretagne an, u.a. nach Brest, Lannion,<br />
Lorient, Nantes, Quimper und Rennes.<br />
Bei den von Deutschland, Österreich<br />
und aus der Schweiz operierenden<br />
Billigfluggesellschaften ist die Bretagne<br />
noch nicht im Flugplan vertreten. Nur<br />
Ryanair bietet eine Verbindung von<br />
Hahn nach Nantes an.<br />
Zug: Die Bretagne ist gut ans französische<br />
Hochgeschwindigkeitsnetz der<br />
Bahn angebunden. Die Fahrzeit mit<br />
dem TGV von Paris nach Rennes dauert<br />
nur zwei Stunden. Hinter Rennes geht es<br />
jedoch mit langsamerem Tempo weiter,<br />
so dass der TGV von Paris nach Brest<br />
rund viereinhalb Stunden benötigt.<br />
Die Züge in Richtung Bretagne fahren<br />
normalerweise vom Pariser Bahnhof<br />
Montparnasse ab. Es gibt aber auch<br />
SÉVRE NANTAISE<br />
durchgängige Verbindungen vom<br />
Flughafenbahnhof Paris-CDG.<br />
Pays des Abers<br />
Office du Tourisme des Abers<br />
1, place de l’Eglise<br />
29870 Lannilis<br />
Telefon: +33 (0)2 98 04 05 43<br />
www.abers-tourisme.com<br />
Comité Départemental du Tourisme<br />
du Finistère<br />
4, rue du 19 mars 1962<br />
29100 Quimper<br />
Rochefort<br />
Telefon: +33 (0)2 98 76 20 70<br />
www.finisteretourisme.com<br />
Phare de Royan<br />
Pays des Abers - Côte Cordouan des Légendes<br />
Espace Kermaria Pointe de<br />
29260 Le Folgoët Grave<br />
Telefon: +33 (0)2 98 89 78 44<br />
www.aberslegendes-vacances.fr<br />
Lesparre<br />
Blaye<br />
Bordeaux<br />
Cholet<br />
St. Jean<br />
d’Angé<br />
Saintes<br />
Paulliac<br />
Cogna<br />
Jonzac<br />
A 10
Ecomusée des goémoniers<br />
et de l’algue<br />
29880 Plouguerneau<br />
Telefon: +33 (0)2 98 37 13 35<br />
http://bezhin.club.fr<br />
Öffnungszeiten:<br />
1.5. – 30.9.<br />
Mi – Mo 14.00 – 18.00 Uhr<br />
Eintrittspreis: 2,50 €<br />
Starkes Hochwasser Sommer <strong>2007</strong><br />
16. – 18. <strong>Mai</strong><br />
1./2. & 28. – 31. August<br />
1. & 26. – 30. September<br />
Hotels ** LES GENS DE MER<br />
• Beste Hafenlagen<br />
• Herzlicher Empfang<br />
• Qualitative Küche zum kleinen Preis<br />
• Interessante Zimmerpreise<br />
10% Rabatt auf die Unterkunft bei Vorlage dieses Magazins<br />
www.lesgensdemer.fr<br />
Dunkerque – Boulogne / Mer – Le Havre – Brest – Concarneau – Lorient – La Rochelle – Marseille<br />
Sitz: AGISM, 96 bd Auguste Blanqui – 75013 Paris – Frankreich – Tel: +33 (1) 43 49 07 07 – Fax: +33 (1) 43 49 69 43 – www.lesgensdemer.fr<br />
Rennes<br />
Office du Tourisme<br />
11, rue Saint-Yves<br />
35000 Rennes<br />
Telefon: +33 (0)2 99 67 11 11<br />
www.tourisme-rennes.com<br />
Parlement de Bretagne<br />
Place du Parlement<br />
35000 Rennes<br />
www.parlement-bretagne.com<br />
Les Champs Libres<br />
10, cours des Alliés<br />
35039 Rennes<br />
www.leschampslibres.fr<br />
Öffnungszeiten:<br />
Di 12.00 – 21.00 Uhr<br />
Mi – Fr 12.00 – 19.00 Uhr<br />
Sa & So 14.00 – 19.00 Uhr<br />
Kürzere Öffnungszeiten im Juli & August<br />
sowie an Feiertagen<br />
Nantes-Brest-Kanal<br />
Comité des Canaux Bretons<br />
6, rue Lourmel<br />
56300 Pontivy<br />
Telefon: +33 (0)2 97 25 38 24<br />
www.canaux-bretons.net<br />
Diverse Veranstalter bieten Hausboote<br />
zur führerscheinfreien Anmietung an,<br />
u.a.<br />
Nicols<br />
Telefon: 07851/8851980<br />
www.nicols.de<br />
Hausbootferien Reinwald<br />
Telefon: 02207/96880<br />
www.hausboot-online.de<br />
Bretonische Lebensart<br />
Festival des Vieilles Charrues<br />
29834 Carhaix<br />
www.vieillescharrues.asso.fr<br />
19. – 22. Juli <strong>2007</strong><br />
Festival Terre Neuvas<br />
22100 Bobital<br />
www.festival-terre-neuvas.com<br />
6. – 8. Juli <strong>2007</strong><br />
Buchtipp<br />
Editions des Dessins et des Mots<br />
Kerignan<br />
29380 Bannalec<br />
Telefon: +33 (0)2 98 35 40 56<br />
www.des-dessins-et-des-mots.fr<br />
Karikaturen dieses Fokus-Themas stammen<br />
aus den Bänden:<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 45
Kulturschock<br />
Mademoiselle<br />
Was denkt Alice Schwarzer wohl darüber? Immer<br />
wieder geht mir diese Frage durch den Kopf.<br />
Schließlich lebte die Symbolfigur der deutschen<br />
Emanzipationsbewegung jahrelang in Paris. Hat sie sich<br />
daran gestört? Fiel es ihr überhaupt auf? Empfand sie es<br />
vielleicht sogar als normal? Sie fragen sich jetzt wahrscheinlich,<br />
worüber ich eigentlich spreche. Nun, lassen Sie mich<br />
eine kleine Episode aus meinem Alltag in Paris erzählen.<br />
Es ist Freitagabend. Wie so oft am Wochenende gehe<br />
ich mit ein paar Freunden in ein Restaurant um die Ecke.<br />
Wir sind alle jung, so zwischen 25 und 30 Jahre alt, zwei<br />
Männer und drei Frauen, alle unverheiratet. Eine kleine bunte<br />
Gruppe. Hier im Restaurant kennt man uns schon. Wie<br />
immer werden wir höflich empfangen. Doch während unsere<br />
beiden männlichen Bekannten ein « Bonsoir Messieurs » erhalten,<br />
werden wir drei Frauen mit einem « Bonsoir Mesdemoiselles<br />
» begrüßt. Ja, Sie haben richtig gehört. Der junge<br />
Kellner wählte wohlweislich die Bezeichnung « Fräulein ».<br />
Nun, nicht dass Sie mich falsch verstehen. Ich bin nicht<br />
eine dieser jungen Frauen, die man wirklich als « Emanze<br />
» bezeichnen könnte. Ich denke, dass ich selbstbewusst<br />
durchs Leben gehe, wie meine Brüder eine gute Ausbildung<br />
absolviert und natürlich etwas von den Diskussionen über<br />
die Gleichberechtigung der Frauen aus den 1970er- und<br />
1980er-Jahren gehört habe. Gleichzeitig ist die Emanzipation<br />
aber kein Thema in meinem Leben. Ich liebe es durchaus,<br />
ein gewisses klassisches Rollenverständnis zu pflegen,<br />
und habe nichts dagegen, wenn man mir die Tür aufhält<br />
oder ich die Hemden von meinem Freund bügle. Eine, wie<br />
ich sagen würde, ganz « normale » Frau unserer Zeit eben.<br />
Im Jahre <strong>2007</strong> aber immer noch als « Fräulein » begrüßt<br />
zu werden, während meine männlichen Freunde mit der<br />
größten Selbstverständlichkeit als « Männer » angesehen<br />
werden, lässt selbst mich rebellieren. Und noch mehr erregt<br />
mich die Diskussion, die ich darüber schon mit etlichen<br />
befreundeten Franzosen geführt habe. Egal ob jung oder<br />
alt, männlich oder weiblich, konservativ oder modern, die<br />
Antworten auf meine Fragen sind immer die gleichen und<br />
ein Ausdruck größter kultureller Unterschiedlichkeit.<br />
So könnte ich Ihnen von einer Diskussion mit meiner<br />
Freundin Fabienne erzählen. Fabienne ist 30 Jahre alt, Pariserin,<br />
Anwältin, hat kurze knallrot gefärbte Haare und liebt<br />
es, von Zeit zu Zeit den Männern « auf die Füße zu treten ».<br />
Sie weist eigentlich alle Charakteristika auf, die sie in den<br />
Augen meiner deutschen Macho-Freunde klischeehaft als<br />
« kleine Emanze » qualifizieren würden. Auch sie selbst ist<br />
sich sehr bewusst darüber, dass sie wenig in das typische<br />
Klischee der jungen klassischen Pariserin passt. Und doch:<br />
Als das « Fräulein-Thema » aufkam, musste ich meine letzte<br />
Hoffnung fallen lassen, endlich einmal eine Verbündete in<br />
Frankreich zu finden. Lange erzählte sie mir davon, warum<br />
ich mich in meiner Wahrnehmung täusche und dass es hier<br />
nicht um eine Diskriminierung ginge. Kurzum, wir konnten<br />
keinen gemeinsamen Nenner finden.<br />
Auch an diesem Abend im Restaurant kommt es wieder<br />
einmal auf dieses Thema. Ich weiß gar nicht so genau warum,<br />
aber irgendwie mag ich es gelegentlich, die Angelegenheit<br />
anzusprechen. Vielleicht will ich die Hoffnung einfach<br />
nicht aufgeben, hinter das Geheimnis dieser so konträren<br />
Sichtweise zu kommen. An diesem Abend reizt dazu besonders<br />
die Tatsache, dass eine der drei Frauen ursprünglich<br />
aus Südafrika stammt. So kommt es schließlich, wie es<br />
kommen musste: Es dauert nicht lange und unsere Gruppe<br />
ist in zwei Lager gespalten. Auf der einen Seite meine französische<br />
Freundin und die beiden Jungs, auf der anderen<br />
Seite unsere südafrikanische Bekannte und ich.<br />
Während wir beide stolz darauf pochen, dass es in « modernen<br />
» Gesellschaften nicht mehr adäquat sei, zwischen<br />
« Frau » und « Fräulein » zu unterscheiden, dass weder das<br />
Alter noch der Ehestand durch eine solche Anrede sichtbar<br />
werden sollte, dass es zudem kein Problem gab, im<br />
Deutschen und Englischen das Wort « Fräulein » aus dem<br />
Wortschatz zu streichen, ohne dass das Abendland deshalb<br />
untergegangen wäre, hält die andere Seite dagegen, dass es<br />
bei der Benutzung des Wortes « Mademoiselle » gar nicht<br />
um eine Diskriminierung ginge, dass es eine Ehrerbietung<br />
gegenüber dem weiblichen Geschlecht sei, dass man eine<br />
junge Frau oder gar ein junges Mädchen doch niemals mit<br />
« Madame » anreden könnte, dass sich in Frankreich keine<br />
Frau darüber nur im weitesten Sinne entzürnte. Es ist also<br />
wie immer, es scheint einfach keine Verständigung darüber<br />
möglich zu sein, ob die Anrede « Mademoiselle » veraltet<br />
und diskriminierend ist oder nicht.<br />
Jetzt denken Sie vielleicht, was für ein « toller » Abend...<br />
Aber nein, keine Sorge. Wir haben eine weitere Flasche<br />
Wein bestellt, das Thema gewechselt und uns bis spät in<br />
die Nacht gut amüsiert. Doch als ich dann abends alleine<br />
nach Hause ging, kam mir die Diskussion wieder in den<br />
Sinn. Woran liegt es wohl, dass Deutsche – oder gar Nordeuropäer<br />
– in dieser Angelegenheit so anders denken als<br />
Franzosen? Wieso empfinden wir Frauen die Bezeichnung<br />
« Fräulein » als diskriminierend und fühlen sich selbst sehr<br />
« emanzipierte » Französinnen bei der Anrede « Mademoiselle<br />
» geschmeichelt? Und dann kommt wieder diese Frage<br />
danach, was wohl Alice Schwarzer dazu sagen würde. Vielleicht<br />
sollte ich sie einfach mal darauf ansprechen …<br />
Das Bild in unserer letzten Ausgabe war inspiriert durch<br />
den berühmten Pop-Art-Künstler Andy Warhol. Dieses Mal<br />
präsentieren wir Ihnen eine Reminiszenz an einen Künstler, der<br />
nur 36 Jahre alt wurde und von 1884 bis 1920 lebte.<br />
46 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 47
Frankreich Heute Babyboom<br />
Babyboomland<br />
Frankreich<br />
Welche Rolle spielt<br />
die französische<br />
Familienpolitik?<br />
In Deutschland wurde in den letzten Wochen munter über die Betreuung von Kleinkindern<br />
und die Einrichtung von Kinderkrippen diskutiert. Ein guter Moment, über den<br />
eigenen Tellerrand zu schauen und den Blick nach Frankreich zu richten. Seit einiger<br />
Zeit machen unsere Nachbarn mit einer für Europa rekordverdächtigen Geburtenrate<br />
Schlagzeilen. Die französische Familienpolitik – ein Modell zum Nachahmen?<br />
Wenn ein französisches Paar in Deutschland eine Familie gründet...<br />
Guillemette und Benoît, beide Franzosen, leben seit einiger<br />
Zeit in Wiesbaden, wo Benoît für ein großes französisches<br />
Unternehmen tätig ist. Seit Geburt ihrer inzwischen<br />
acht Monate alten Tochter Blanche ist Guillemette im Mutterschaftsurlaub.<br />
Wie in Frankreich stellt sich für die jungen<br />
Eltern also die Frage nach der Kinderbetreuung. Doch die<br />
Antworten sind andere in Deutschland, genauso wie die<br />
Einstellung der Gesellschaft zu dieser Angelegenheit.<br />
Benoît kam als Erster nach Deutschland und staunte<br />
nicht schlecht, als er die deutsche Mentalität in puncto<br />
Kindererziehung entdeckte: « Ich dachte, ich träume, als<br />
ich eines Abends fernsah. Es handelte sich um eine Diskussionsrunde<br />
über die Kinderbetreuung. Alles drehte sich<br />
um die Frage ‹ Küche oder Karriere ›. Besonders schockierte<br />
mich aber die Art und Weise, wie die Problematik präsentiert<br />
wurde. Sie erschien mir geradezu karikaturhaft. Die<br />
gewählten Wörter, wie ‹ Rabenmutter › zum Beispiel, waren<br />
hart. Im Grunde wurde propagiert, dass die Mutter die ersten<br />
drei Jahre zu Hause zu bleiben habe. Im Vergleich zu<br />
meiner Heimat verstand ich die Welt nicht mehr ».<br />
Auch Guillemette entdeckte seitdem diesen kulturellen<br />
Unterschied: « Es ist ganz eindeutig, dass es sich in<br />
Deutschland nicht gehört, sein Kind wegzugeben. Die Vorstellung,<br />
den Nachwuchs in eine Kinderkrippe zu bringen,<br />
wird ein wenig so gesehen, als ob die Mutter ihr Kleines<br />
preisgibt. Es bleibt den jungen Frauen meist nichts anderes<br />
übrig, als ihren Beruf zumindest zeitweise aufzugeben. Es<br />
gibt eine grundverschiedene Einstellung zur Mutterschaft<br />
und der Rolle der Frau im Vergleich zu meiner Heimat.<br />
Ich empfinde hier sogar einen starken sozialen Druck, der<br />
die Mütter mehr oder weniger zwingt, ihre Karriere aufzugeben.<br />
Ähnlich empfand ich eine subtile Verurteilung<br />
von Seiten meiner deutschen Freundinnen, als ich erzählte,<br />
dass ich Blanche nicht mehr stillen wolle. Ich kenne sogar<br />
Fälle, in denen deutsche Ärzte sich weigerten, nach drei<br />
anstatt sechs Monaten die Medikamente zur Beendigung<br />
der Milchproduktion zu verschreiben. In Frankreich ist das<br />
eine Selbstverständlichkeit. » Dabei wissen sowohl Benoît<br />
als auch Guillemette, dass ihre praktische Lebenssituation<br />
in Frankreich nicht viel anders wäre. « Mir ist bewusst »,<br />
erzählt Guillemette, « dass ich in Paris in der gleichen Situation<br />
wie hier wäre. Im 15. Arrondissement von Paris, wo<br />
48 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Bei einer Reise nach Frankreich fällt eines<br />
schnell auf: Wo man auch hinschaut – in<br />
den Straßen, auf den Plakaten oder im<br />
Fernsehen – Kinderwagen und schwangere<br />
Frauen sind allgegenwärtig. Frankreich ist – gemeinsam<br />
mit Irland – Europameister im Kinderkriegen.<br />
2006 wurden 830.000 Geburten registriert,<br />
was einer Geburtenrate von zwei Kindern<br />
pro Frau entspricht und damit sehr nahe<br />
an der Geburtenrate von 2,07 Kindern liegt, die<br />
für eine stabile Bevölkerungsentwicklung notwendig<br />
ist. Das französische Geburtenwunder<br />
interessiert inzwischen sogar das Ausland. Die<br />
renommierte US-amerikanische Zeitschrift<br />
Newsweek beschäftigte sich kürzlich mit der<br />
Frage, warum Französinnen so gebärfreudig<br />
geworden sind. Auch in Deutschland machte<br />
eine Modellrechnung des Instituts der deutschen<br />
Wirtschaft die Runde, wonach das kinderreiche<br />
Frankreich aufgrund der demografischen<br />
Entwicklung Deutschland im Jahre<br />
2035 als führende europäische Volkswirtschaft<br />
überholen könnte.<br />
Immer wieder wird dabei auf diverse Einflussfaktoren<br />
hingewiesen. Hierzu gehören das<br />
gute Sozialsystem des Landes, eine hohe Jobgarantie<br />
durch strenge Kündigungsregelungen,<br />
ein gutes Erziehungs- und Bildungssystem oder<br />
auch die 35-Stunden-Woche sowie die vielen<br />
Urlaubstage, die bei zahlreichen Eltern den<br />
Kinderwunsch förderten. Die Franzosen haben<br />
demnach so viele Kinder, weil alle Rahmenbedingungen<br />
für einen familienfreundlichen Lebensstil<br />
stimmen würden. Der Erklärungsversuch<br />
ist verführerisch, doch entspricht er auch<br />
der Realität? Tatsache ist, dass Frankreich eine<br />
für europäische Verhältnisse außergewöhnlich<br />
hohe Geburtenrate besitzt. Doch wie wirkt<br />
sich die Familienpolitik konkret darauf aus?<br />
80 Prozent der Mütter<br />
sind berufstätig<br />
Am 1. Januar 2006 lebten 4,8 Millionen<br />
Kinder unter sechs Jahren in Frankreich. Die<br />
Hälfte davon, rund 2,4 Millionen, waren sogar<br />
unter drei Jahre alt. Man sollte also vermuten,<br />
dass derartig viele Kinder das Berufsleben der<br />
jungen Eltern massiv beeinflusst, dass insbesondere<br />
ein Elternteil, trotz aller Emanzipationsbewegungen<br />
der letzten Jahrzehnte meist<br />
die Mutter, eine Berufspause einlegt oder<br />
gar seinen Job dauerhaft an den Nagel hängt.<br />
Doch weit gefehlt. In Frankreich ist nicht nur<br />
die Geburtenrate hoch, sondern auch die Quote<br />
der berufstätigen Mütter. Während junge<br />
Frauen in vielen Ländern vor der Wahl stehen,<br />
sich zwischen Kindern oder Karriere entscheiden<br />
zu müssen, verbinden ihre französischen<br />
Altersgenossen beides mit einer großen Selbstverständlichkeit<br />
miteinander. In Frankreich<br />
heißt das Motto nicht, « Kinder oder Karriere »,<br />
wir vorher wohnten, hätte ich wahrscheinlich keinen Platz<br />
für Blanche gefunden. Die Krippenplätze sind dort viel zu<br />
rar. »<br />
Dabei scheint sich die junge Mutter teilweise perfekt an<br />
ihre neue Heimat gewöhnt zu haben: « Um ehrlich zu sein,<br />
bin ich gar nicht so schockiert, zu Hause bleiben zu müssen.<br />
Es ist auch wichtig, sein Kind groß werden zu sehen,<br />
gerade in den ersten Jahren. Wenn ich das meinen Freundinnen<br />
in Frankreich erzähle, fragen sie mich, was ich denn<br />
den ganzen Tag mache, ob ich mich denn nicht langweile?<br />
Doch hier habe ich viele Möglichkeiten entdeckt, wie ich<br />
mit Blanche den Tag verbringen kann, zudem zu günstigen<br />
Preisen. Wenn sich in Deutschland eine Frau dazu entscheidet,<br />
ausschließlich Mutter zu sein, erhält sie Zuspruch.<br />
Es gibt auch viel staatliche Unterstützung. In Frankreich ist<br />
man nicht darauf eingestellt. »<br />
Ist die junge Französin also eine Verfechterin vom<br />
deutschen System geworden? Nicht ganz: « Ich liebe meine<br />
Tochter und mag es auch, meine Mutterschaft voll auszuleben.<br />
Aber ich habe auch studiert, hatte zuvor einen Job, der<br />
mir Spaß machte. Ich glaube nicht, dass man alles aufgeben<br />
sollte. Auch intellektuell fühle ich mich unterfordert und<br />
mag mich nicht auf die Mutterrolle reduzieren. Warum soll<br />
ich in den nächsten Jahren nur noch Mutter sein dürfen?<br />
Warum kann man nicht beides miteinander verbinden?<br />
Ich glaube, dass man mehrere Sachen gleichzeitig machen<br />
kann. Und auch für Blanche wäre es bestimmt gut, wenn<br />
sie schon früh mit anderen Kindern in Kontakt käme. Für<br />
mich ist keines der beiden Systeme ideal. Man müsste den<br />
goldenen Mittelweg finden. »<br />
Genau diesen Mittelweg wird es in Wiesbaden vielleicht<br />
bald geben. Vor einigen Wochen entdeckte Guillemette<br />
beim Einkaufen einen Aushang. Eine Nachbarin suchte<br />
andere Eltern, die bereit wären, eine deutsch-französische<br />
Kinderkrippe zu gründen. Eine Krippe, die die Erfahrungen<br />
aus beiden Ländern verbinden würde. Guillemette<br />
nahm sofort Kontakt auf. In kurzer Zeit wurde aus einer<br />
Idee ein konkretes Projekt, das wohl auf ein wirkliches Bedürfnis<br />
der heutigen Eltern stieß. Räume und Sponsoren<br />
wurden gefunden, je zwei deutsche und französische Erzieherinnen<br />
rekrutiert. Die Stadt sagte sogar Subventionen zu.<br />
Für den 1. <strong>Mai</strong> ist schließlich die Eröffnung geplant. Die<br />
Plätze sind so begehrt, das sie in kürzester Zeit vergeben<br />
waren. Und Benoît und Guillemette sind glücklich, dass<br />
ihre Blanche in einer Krippe aufwachsen kann, die das Beste<br />
von beiden Seiten miteinander verbinden will.<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 49
Frankreich Heute Babyboom<br />
sondern « Kinder und Karriere ». So verwundert<br />
es auch nicht, dass 80 Prozent aller Mütter<br />
zwischen 29 und 45 Jahren berufstätig sind. 60<br />
Prozent aller Kinder unter sechs Jahren wachsen<br />
in Familien auf, in denen der Vater und die<br />
Mutter arbeiten.<br />
Familienpolitik kostet ein<br />
Prozent des Bruttosozialprodukts<br />
Für die französische Regierung gehört es<br />
längst zu den Prioritäten, Familien zu unterstützen<br />
und junge Paare zur Familiengründung<br />
zu ermutigen. Die Soziologen sind sich heute<br />
weitgehend darin einig, dass das Geheimnis<br />
in der richtigen Verknüpfung der einzelnen<br />
Facetten der Familienpolitik liegt, vor allem<br />
die Kombination der direkten Zahlungen an<br />
die Eltern und der Steuererleichterungen für<br />
Familien und Unternehmen mit den Betreuungsangeboten<br />
für Kleinkinder, insbesondere den Kinderkrippen und den<br />
kostenlosen écoles maternelles ab dem dritten Lebensjahr.<br />
Eine derartig familienfreundliche Politik hat aber auch ihren<br />
Preis: Der Geburtenboom ist damit auch eine Folge signifikanter<br />
Investitionen. Rund 19 Milliarden Euro, circa ein<br />
Prozent des Bruttosozialprodukts, fließt in Frankreich in die<br />
Kinderbetreuung. Diverse Akteure aus dem öffentlichen und<br />
privaten Sektor wie der Staat, die Kommunen, die Sozialversicherungsträger,<br />
Vereine und Unternehmen sind involviert.<br />
Mythos der Komplettbetreuung<br />
Das viel geschürte Bild, wonach alle kleinen Franzosen<br />
in Kinderkrippen aufwachsen, ist allerdings weit von der<br />
Realität entfernt. Gerade auch durch die immer beliebter<br />
werdende Elternzeit kümmern sich viele Mütter und Väter<br />
selbst um ihren Nachwuchs bzw. suchen nach alternativen<br />
Lösungen im Familien- und Freundeskreis. So besucht im<br />
Landesdurchschnitt nur eines von zehn Kleinkindern eine<br />
Kinderkrippe. Allerdings liegt dies nicht an einem Widerwillen<br />
der Eltern gegenüber diesen Einrichtungen, sondern<br />
schlicht und einfach an zu wenigen Krippenplätzen. Denn<br />
anders als in vielen Ländern gibt es in Frankreich nicht das<br />
Vorurteil der « Rabenmutter », die ihr Kind zu früh in fremde<br />
Hände gibt. Ganz im Gegenteil, es ist ganz und gar akzeptiert,<br />
dass ein Kleinkind von anderen Menschen als der<br />
Mutter oder dem Vater betreut wird. Die kollektive Kinderbetreuung<br />
gilt sogar als wünschenswert, lernen die Kleinen<br />
doch von jung auf, sich wichtige soziale Verhaltensweisen<br />
in der Gemeinschaft anzueignen.<br />
Selbst im familienfreundlichen Frankreich mangelt es<br />
jedoch an Krippenplätzen. Möchten Eltern einen Platz für<br />
ihren Sprössling finden, bedarf es oft der Eigenschaft eines<br />
eisernen Kämpfers, gerade in den großen Ballungsräumen.<br />
Nicht selten ist es notwendig, das Baby noch vor der Geburt<br />
in einer Krippe anzumelden, möchte man erfolgreich<br />
sein. Und so hat auch der Babyboom der letzten Jahre<br />
seine Schattenseiten: Die Wartelisten werden länger, und<br />
immer mehr Eltern müssen unfreiwillig auf die staatliche<br />
Betreuung verzichten. Sie sind gezwungen, sich selbst um<br />
eine Betreuung zu kümmern: Familienmitglieder werden<br />
eingespannt, Mütter und Väter versuchen sich mit flexiblen<br />
Arbeitszeiten zu behelfen oder mehrere Familien tun sich<br />
zusammen, um den Nachwuchs privat zu betreuen.<br />
Politik verspricht neue Krippenplätze<br />
Die Politik ist sich der Problematik inzwischen bewusst<br />
geworden. Im letzten November schlug der französische<br />
Familienminister Philippe Bas vor, die Kinderbetreuung<br />
kontinuierlich auszubauen und von <strong>2007</strong> bis 2011 jedes Jahr<br />
12.000 neue Krippenplätze zu schaffen. Schon in einem<br />
früheren Plan wurden für <strong>2007</strong> und 2008 jeweils 10.000<br />
neue Plätze vorgesehen. Durch den Ausbau der Familienpolitik<br />
soll es den Eltern, aber vor allem den Müttern, ermöglicht<br />
werden, finanziell unabhängig zu bleiben und ein<br />
erfülltes Berufsleben neben den familiären Verpflichtungen<br />
führen zu können. Auch die politische Gegenseite hat<br />
dieses Thema entdeckt. Die sozialistische Präsidentschaftskandidatin<br />
Ségolène Royal kündigte an, einen « öffentlichen<br />
Sektor » für die Kinderbetreuung zu etablieren.<br />
Kinderkrippen haben in Frankreich also eine rosige<br />
Zukunft vor sich und sind das Herzstück der französischen<br />
Familienpolitik. Die Eltern « danken » es dem Staat mit<br />
einer hohen Geburtenrate. Der französische Weg in der<br />
Kleinkinderbetreuung kann also durchaus als Modell angesehen<br />
werden, auch wenn Frankreich noch nicht als uneingeschränktes<br />
Familienparadies gelten kann. Für einen<br />
« Export » dieser Politik sollte jedoch bedacht werden, dass<br />
große Mentalitätsunterschiede zu anderen Ländern bestehen.<br />
Gewohnheiten lassen sich nicht nur mit der Schaffung<br />
von ein paar Krippenplätzen verändern. Es ist ein ganzheitlicher<br />
Politikansatz dafür notwendig.<br />
50 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
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Frankreich Heute DeutschMobil<br />
Unterwegs<br />
im Auftrag<br />
der deutschen<br />
Sprache<br />
Da sich in den letzten Jahren immer weniger junge Franzosen<br />
für die deutsche Sprache erwärmen konnten, ist<br />
eine originelle Idee entstanden: das DeutschMobil. Mit<br />
einer deutschen Lektorin bzw. einem deutschen Lektor<br />
am Steuer reist es von Schule zu Schule, um Lust auf die<br />
Sprache jenseits des Rheins zu machen. Eine ungewöhnliche<br />
Art, ein dynamisches und modernes Deutschlandbild<br />
zu präsentieren.<br />
Anneke Viertel ist eine lebenslustige Berlinerin, 28<br />
Jahre jung, die zugleich die Rolle einer Botschafterin<br />
als auch einer Verkäuferin einnimmt. Ihre « diplomatische<br />
» Aufgabe besteht darin, die Schulen der Region<br />
Aquitanien zu besuchen, um so viele junge Franzosen wie<br />
möglich zu erreichen. Doch ihre Besuche haben ebenfalls<br />
eine « kommerzielle » Seite, wenn auch der besonderen Art:<br />
die Vermarktung der deutschen Sprache und Kultur. Anneke<br />
soll versuchen, möglichst viele Schüler davon zu überzeugen,<br />
dass das Erlernen der deutschen Sprache lohnenswert ist.<br />
Keine ganz einfache Mission, ist das Deutschlandbild der<br />
französischen Kinder und Jugendlichen doch meist recht<br />
unscharf oder weit von der Wirklichkeit entfernt.<br />
« Wenn ich in einer Klasse ankomme und frage, wer<br />
schon einmal in Deutschland war, ist die Antwort sehr eindeutig:<br />
Kaum einer hebt den Arm », erzählt Anneke. « Das<br />
ist aber auch normal, denn die meisten Schüler sind noch<br />
jung. Ich gehe vor allem in die fünfte oder sechste Klassen,<br />
wo die Kinder erst zwischen zehn und zwölf Jahre alt sind.<br />
Manchmal wende ich mich sogar an die noch Jüngeren.<br />
Da ist es also nicht so erstaunlich, dass die meisten Schüler<br />
noch nicht viel in Europa herumgereist sind. In einer solchen<br />
Situation versuche ich, weiterzufragen und den jungen<br />
Franzosen damit zu zeigen, dass sie durchaus etwas von<br />
Deutschland kennen, wenn auch auf ihre Art. Viele kennen<br />
zum Beispiel den Fußballclub Bayern München, manche<br />
sogar die Namen einiger Spieler. Meistens wissen sie auch,<br />
dass Berlin die deutsche Hauptstadt ist, oder können die<br />
Namen einiger großer Städte aufzählen. »<br />
Wo liegt eigentlich die<br />
Nordsee, wo die Ostsee?<br />
Die geografischen Kenntnisse erreichen dann aber<br />
meist schnell ihr Limit. « Fast alle verwechseln die Nordund<br />
Ostsee oder bringen dies gar mit dem Ärmelkanal<br />
durcheinander », berichtet Anneke von ihren Erfahrungen.<br />
« Auch die verschiedenen Bundesländer, soweit sie davon<br />
gehört haben, werden gerne durcheinandergeworfen. Dabei<br />
bin ich mir aber nicht so sicher, ob das in Deutschland<br />
soviel anders ist, ob deutsche Kinder wirklich wissen, wo<br />
beispielsweise Aquitanien liegt. » Anneke ist mit ihren<br />
Schülern nachsichtig. Wenn man sie unterwegs beobachtet,<br />
merkt man schnell, wie sehr sie die Kinder mag und ihre<br />
Arbeit zu einer Leidenschaft geworden ist. « Ich liebe es,<br />
mit anderen Menschen in Kontakt zu sein. Und am Steuer<br />
meines speziell ausgerüsteten Vito entdecke ich zudem<br />
Frankreichs Straßen. In nur fünf Monaten habe ich fast<br />
52 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Anneke Viertel in ihrem DeutschMobil.<br />
In nur fünf Monaten erreichte sie<br />
knapp 3.300 Schüler, um ihnen die<br />
deutsche Sprache näherzubringen.<br />
4.700 Kilometer zurückgelegt und mehr als 3.300 Schüler<br />
in 34 Schulen der Region besucht. Und Aquitanien ist eine<br />
große Region. Zum Glück bin ich nicht die einzige für ganz<br />
Frankreich. »<br />
Neun Lektoren, genauer gesagt acht Lektorinnen<br />
– nur ein einziger Mann ist im Team – sind mit ihrem<br />
DeutschMobil auf Frankreichs Straßen unterwegs. Die<br />
Kleinbusse werden dabei vom süddeutschen Automobilhersteller<br />
mit dem Stern gesponsert. Jede Region, in der<br />
sich ein Deutsch-Französisches Haus befindet, besitzt sein<br />
eigenes DeutschMobil: Languedoc-Roussillon, Pays de<br />
la Loire, Normandie, Lothringen, Aquitanien, Burgund,<br />
Provence-Alpes-Côte d’Azur, Ile de France und Midi-Pyrénées.<br />
Hinter der ganzen Aktion steht der Wunsch, ein<br />
fröhlicheres, aktuelleres und spannenderes Deutschlandbild<br />
zu vermitteln.<br />
Der Weg zur Verständigung<br />
Um dies zu erreichen, hat Anneke ihre eigene Methode<br />
entwickelt: « Ich fange immer damit an, mich auf Deutsch<br />
vorzustellen. Ich stelle mich an die Klassentür und begrüße<br />
jeden mit Handschlag und einem ‹ Guten Tag ›. Oft<br />
ist es das erste Mal, dass die Schüler ein deutsches Wort<br />
hören. Sie machen dann ganz große<br />
Augen. Danach stelle ich mich kurz<br />
vor, immer noch auf Deutsch, wobei<br />
ich jedoch möglichst einfache Wörter<br />
wie ‹ Familie ›, ‹ Norden ›, ‹ Süden › usw.<br />
verwende, die dem Französischen ähneln.<br />
Meistens fangen die Schüler an<br />
zu strahlen. Sie freuen sich, dass sie<br />
mich ein bisschen verstehen können.<br />
Und wenn ich dann später auf Französisch umschalte, ist<br />
die Verwunderung perfekt. Eine Deutsche, die auch Französisch<br />
spricht – das verbindet natürlich ». Anneke weiß<br />
außerdem zu berichten, dass die alten Vorurteile, die gerade<br />
mit den Weltkriegen zusammenhängen, mehr und mehr<br />
verschwinden. « Natürlich, wenn ich die Kinder manchmal<br />
nach deutschen Wörtern frage, die sie kennen, erhalte<br />
ich Antworten wie ‹ Achtung ›, ‹ Papiere bitte › oder ‹ Herr<br />
General ›. Der Ton, in dem sie diese Wörter aussprechen,<br />
macht dann schnell deutlich, dass sie die Ausdrücke alten<br />
Filmen aus der Zeit der Weltkriege entnommen haben. Die<br />
Einstellungen gegenüber Deutschland haben sich seitdem<br />
aber nachhaltig verändert. »<br />
Das Mirakel des « ß »<br />
Um die kleinen Franzosen aber wirklich von der deutschen<br />
Sprache zu überzeugen, muss die Lektorin ein wenig<br />
Phantasie anwenden. Vor allem muss Anneke erklären, dass<br />
die Sprache nicht so kompliziert ist, wie man gemeinhin in<br />
Frankreich sagt: « Eine Sache, die immer kleine Wunder<br />
bewirkt, ist der Buchstabe ‹ ß ›. Ich überrasche die Schüler<br />
damit, dass die deutsche Sprache einen Buchstaben mehr<br />
hat als die französische. Die Wirkung ist prompt. Neugierde<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 53
Frankreich Heute DeutschMobil<br />
macht sich sofort breit. Außerdem erkläre<br />
ich, dass man im Deutschen jeden<br />
Buchstaben ausspricht. Meistens gibt<br />
es einen Thomas in der Klasse. Dann<br />
erzähle ich, dass man in Deutschland<br />
das ‹ s › am Ende seines Namens aussprechen<br />
würde. Während es in Frankreich<br />
also zwei ‹ Sprachen › gibt, die<br />
geschriebene und die gesprochene, sei<br />
dies im Deutschen viel einfacher. Ein<br />
durchschlagendes Argument. »<br />
Es ist wichtig, die Sprache als etwas<br />
Lebendiges vorzustellen. Generationen<br />
von französischen Deutschlehren<br />
haben immer nur die Grammatik<br />
in den Vordergrund gestellt. Schafft<br />
man es dagegen, den Fokus mehr auf<br />
die Verständigung zu legen, fallen die<br />
Ressentiments. Dabei werden von der<br />
Lektorin auch unorthodoxe Ansätze<br />
gewählt. « Sobald man von Musik<br />
spricht », erzählt Anneke, « fallen den<br />
Kindern Beethoven oder Bach ein.<br />
Doch ich zeige ihnen, dass es auch<br />
zeitgenössische deutschsprachige Musik<br />
gibt. Beispielsweise kennen sehr<br />
viele die Gruppe Tokio Hotel. Aber<br />
nur selten wissen die Schüler, dass es<br />
eine deutsche Band ist. Sie sind dann<br />
meist stolz, diesen Umstand zu entdecken<br />
und davon ihren ‹ unwissenden ›<br />
Kameraden zu erzählen. Oft spielen<br />
wir auch mit bekannten deutschen<br />
Marken. Mein Ziel ist es, den Kindern<br />
nahezubringen, dass Deutschland kein<br />
weit entferntes Land ist, dass sogar<br />
viel ‹ Deutsches › in ihrem Alltag existiert<br />
und die deutsche Sprache keine so<br />
schwierige Sprache ist, deren Kenntnis<br />
im Vergleich zum Englischen auch einen<br />
großen Nutzen bringt. »<br />
Ein durchschlagender Erfolg<br />
Und es funktioniert. Nach der<br />
Vereinigung der Deutsch-Französischen<br />
Häuser in Frankreich hat die<br />
Anzahl der Schüler, die Deutsch als<br />
erste Fremdsprache wählen, in den<br />
Schulen, die vom DeutschMobil besucht<br />
wurden, um 25 Prozent zugenommen.<br />
Bei Schülern, die Deutsch<br />
als zweite Fremdsprache wählen,<br />
beträgt dieser Anstieg sogar 50 Prozent.<br />
Ein großartiger Erfolg. « Es<br />
sind die Deutschlehrer oder Schulen,<br />
die mich anfragen », erklärt Anneke<br />
in diesem Zusammenhang. « Ich helfe<br />
ihnen dabei, dass Deutsch nicht<br />
nur als eine Sprache mit schwieriger<br />
Grammatik wahrgenommen wird,<br />
sondern dass die Schüler dahinter<br />
ein lebendiges Land mit Menschen<br />
und Kultur sehen. »<br />
Originell ist jedoch nicht nur<br />
der konzeptionelle Ansatz der<br />
DeutschMobile, sondern auch die<br />
dahinterstehende Organisation und<br />
54 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Die Kinder lernen Deutsch nicht nur<br />
als Sprache kennen, sondern setzen<br />
sich auch mit Land und Leuten<br />
auseinander, wobei sie oft erstaunt<br />
feststellen, wie viel «Deutsches»<br />
bereits in ihrem Alltag vorhanden ist.<br />
Anneke geht bei ihrem Job gerne<br />
unkonventionelle Wege und erzielt<br />
damit hervorragende Erfolge.<br />
Finanzierung. Die Aktion hat ganz unterschiedliche Partner<br />
aus dem öffentlichen und privaten Bereich zusammengeführt:<br />
Minister, Regionen, die Deutsch-Französischen<br />
Häuser, das Goethe-Institut, die Robert-Bosch-Stiftung,<br />
DaimlerChrysler. Das Beispiel machte zudem Schule. Seit<br />
2002 haben die DeutschMobile Zuwachs auf der anderen<br />
Rheinseite bekommen. Seitdem fahren 13 FranceMobile<br />
durch Deutschland und versuchen ihrerseits, die jungen<br />
Deutschen zum Erlernen der französischen Sprache zu<br />
ermutigen.<br />
« Außerdem wird das System immer weiter perfektioniert<br />
», bemerkt Anneke mit einem Schmunzeln. « So war<br />
MDF07 Gewinnspiel-ANZ_175x80 20.03.<strong>2007</strong> 17:44 Uhr Seite 2<br />
es am Anfang nicht immer einfach, den richtigen Weg zu<br />
finden. Zu Weihnachten bekamen alle Lektoren daher ein<br />
Navigationssystem. Viele Kabel mussten angeschlossen<br />
werden. Im ersten Moment hatte ich nicht den Kopf dafür<br />
und benutzte weiterhin meine Landkarten. Dann merkte<br />
ich, dass es den anderen Lektorinnen genauso ging. Aber<br />
keine von uns traute sich, laut auszusprechen, dass wir<br />
nicht wussten, wie wir die Geräte anschließen sollten. Am<br />
Ende ergriff unser einziger männlicher Kollege die Initiative<br />
und erklärte allen, wie die Geräte zu montieren seien.<br />
Seitdem finden wir unseren Weg zu den französischen<br />
Schülern noch leichter. »<br />
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Frankreich heute Medien und Politik<br />
Medien und Politik –<br />
Ein ambivalentes Verhältnis<br />
In Wahlkampfzeiten, wie zur aktuellen<br />
Präsidentschaftswahl, taucht immer wieder<br />
die Frage nach der Verbindung zwischen<br />
Medien und Politik auf. Jede Demokratie<br />
steht vor der Herausforderung,<br />
das richtige Gleichgewicht zu finden. In<br />
Frankreich erscheint das Verhältnis allerdings<br />
als besonders eng und ambivalent.<br />
Eine Situationsanalyse.<br />
Sonntag, 25. Februar <strong>2007</strong>: Béatrice Schönberg, berühmte<br />
Moderatorin der Hauptnachrichtensendung<br />
des öffentlich-rechtlichen Vorzeigekanals France 2,<br />
legt temporär ihre Arbeit nieder, um erst nach den Präsidentschaftswahlen<br />
wieder auf dem Bildschirm zu erscheinen.<br />
Der Grund: Sie ist die Ehefrau des derzeitigen Ministers für<br />
den sozialen Zusammenhalt, Jean-Louis Borloo, der selbst<br />
seinen Parteikollegen Nicolas Sarkozy tatkräftig in dessen<br />
Wahlkampf unterstützt. Schönberg hält es nach eigenem<br />
Bekunden für wichtig, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen<br />
über alle Zweifel politischer Manipulation erhaben<br />
bleibt und erfährt bei ihrer Entscheidung die Unterstützung<br />
der Direktion.<br />
Bereits einige Tage vorher, dieses Mal auf France 3,<br />
einem anderen öffentlich-rechtlichen Kanal aus dem gleichen<br />
Hause, präsentiert die bekannte Journalistin Marie<br />
Drucker ebenfalls ihre letzte Abendsendung, wiederum für<br />
die Dauer der Präsidentschaftswahl. Der Grund ist identisch:<br />
Sie ist mit François Baroin, dem momentanen Minister<br />
für die französischen Überseegebiete, liiert.<br />
Dominique Strauss-Kahn, ehemaliger Finanz- und<br />
Wirtschafsminister, kämpft zurzeit im Namen der Parti<br />
Socialiste für den Wahlsieg von Ségolène Royal. Er genießt<br />
einen großen Bekanntheitsgrad, genauso wie seine Gattin<br />
Anne Sinclair, eine der einflussreichsten Journalistinnen<br />
Frankreichs, vor allem als ihr Ehemann noch das Ministeramt<br />
ausübte. Genauso verhält es sich bei Bernard Kouchner,<br />
ehemaliger Gesundheitsminister und unverändert sehr<br />
geschätzt von vielen Franzosen, der mit Christine Okrent<br />
verheiratet ist, die seit langem eine gewichtige Rolle in der<br />
Medienlandschaft einnimmt.<br />
Liebschaften und Freundschaften<br />
Die Franzosen sind es also schon lange gewohnt, dass<br />
ihre Politiker ohne Scham und in aller Offenheit mit den<br />
großen Namen der Medienbranche privat liiert sind. Es<br />
scheint eine Selbstverständlichkeit zu sein, an der sich kaum<br />
jemand stört. Doch die Arbeitspausen von Béatrice Schönberg<br />
und Marie Drucker zeigen, dass gerade in Wahlzeiten<br />
56 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
der Wunsch im Volk besteht, eine größere Distanz zwischen<br />
den Mächtigen der Politik und den Mächtigen der Medien zu<br />
haben. Im Fall von Béatrice Schönberg ist es aber vor allem<br />
die Flucht nach vorne gewesen, hatte sich doch bereits eine<br />
Polemik bei einigen Gewerkschaftlern des Senders France 2<br />
entwickelt, die Schönbergs Familiensituation und ihre Rolle<br />
als Nachrichtenmoderatorin für unvereinbar hielten.<br />
Die engen Verbindungen zwischen Politik und Medien<br />
beschränken sich aber nicht nur auf die Liebesbeziehungen<br />
einiger Akteure. Meistens geht es um das ambivalente Verhältnis<br />
zwischen Politikern und Journalisten, das nichts mit<br />
Herzensangelegenheiten zu tun hat. Auf der einen Seite<br />
sind Politiker bemüht, eine gewisse kameradschaftliche<br />
Nähe zu Journalisten aufzubauen, um damit eine möglichst<br />
wohlwollende Berichterstattung zu erreichen. Auf der anderen<br />
Seite suchen die Journalisten genau diese Nähe, um<br />
möglichst als erste an sensationelle Neuigkeiten zu kommen.<br />
Es ist ein verworrenes Zusammenspiel, bei dem jede<br />
Seite auf die andere angewiesen ist. Ein Spiel, bei dem jeder<br />
jeden benutzt.<br />
Der kleine Unterschied<br />
Soweit nichts Ungewöhnliches. Jede Demokratie, und<br />
nicht nur Frankreich, kennt diese Verflechtung zwischen<br />
Politik und Medien. Und doch scheint in Frankreich etwas<br />
anders zu sein, und zwar die Einstellung der Franzosen<br />
gegenüber dieser ambivalenten Situation. Der Pariser<br />
Korrespondent der englischen Tageszeitung The Guardien<br />
sagte kürzlich in der Zeitschrift Marianne treffend: « Für<br />
jemanden aus der angelsächsischen Welt fehlt im französischen<br />
Mediengeschehen eine gewisse Aggressivität, ein<br />
gewisser Wille, zu schädigen. Was man hier Interview<br />
nennt, ist nicht das gleiche, was wir zu Hause darunter<br />
verstehen. Es wird sofort sichtbar, dass man sich im Vorfeld<br />
auf die Fragen verständigt hat. Die Fragen sind also<br />
nichts anderes als die Unterbrechung einer Ansprache. Es<br />
gibt keinen ernsthaften Versuch, einen Politiker wirklich<br />
zu destabilisieren. » Auch der Korrespondent der Süddeutschen<br />
Zeitung, Marc Hujer, sieht dies ähnlich, selbst wenn<br />
die Tendenz ebenso in anderen Ländern zu finden ist: « In<br />
Deutschland, aber noch vielmehr in Frankreich versuchen<br />
die Politiker, eine fast intime Atmosphäre zu den Journalisten<br />
aufzubauen, indem sie mit ihnen ein Bier trinken oder<br />
zum Mittagessen gehen. »<br />
Um Nähe herzustellen, bedarf es manchmal noch nicht<br />
einmal eines gemeinsamen Mittagessens: Es reicht oft<br />
schon, etwa das Du anzubieten und sich damit von anderen<br />
Politikern zu unterscheiden. Gerne wird auch versucht, sich<br />
kameradschaftlich zu geben. So erzählt Philippe Ridet,<br />
Redakteur bei Le Monde, in einem Artikel von einer Reise<br />
mit Nicolas Sarkozy nach La Réunion: « Das Flugzeug war<br />
kaum gestartet, schon befand sich Nicolas Sarkozy unter<br />
uns. Er begrüßte die ihm bekannten Gesichter mit einem<br />
kräftigen Handschlag oder freundschaftlichen Stubsern.<br />
Und er interessierte sich für die Neuen, erkundigte sich, wie<br />
lange sie schon für eine Redaktion arbeiten würden. Zwölf<br />
Flugstunden sind lang, lang genug, um sich ausgiebig zu<br />
sehen. Und wenn er nicht nach hinten kam, lud er einige<br />
von uns zu sich nach vorne ein. »<br />
Eine große Familie<br />
Es sind aber nicht nur die persönlichen Beziehungen,<br />
die für die starken Verflechtungen zwischen Politik und<br />
Medien in Frankreich verantwortlich sind. Ein wichtiger<br />
Grund liegt auch in der hohen Konzentration der Medien,<br />
die im Besitz einiger weniger sind. Die Medienbosse unterhalten<br />
meist, insbesondere wenn es sich um den Privatsektor<br />
handelt, enge Beziehungen zu den Politikern. Sie bewegen<br />
sich zumeist in den gleichen Kreisen. Nicolas Sarkozy liebt<br />
es daher auch, leicht ironisch den Satz « Komisch, ich kenne<br />
alle Ihre Chefs » in einem Gespräch mit Journalisten einzubauen.<br />
So werden beispielsweise die Fernsehkanäle der<br />
TF1-Gruppe seit 1989 von Martin Bouygues geführt, dem<br />
Trauzeugen von Nicolas und Cécilia Sarkozy und Taufpaten<br />
ihres Sohnes Louis.<br />
Aber auch bei der Nominierung bedeutender Posten innerhalb<br />
der öffentlich-rechtlichen Medien spielen « Freundschaften<br />
» eine gewichtige Rolle. So hat der Intendant der<br />
öffentlich-rechtlichen Senderfamilie France Télévision,<br />
Patrick de Carolis, gemeinsam mit Bernadette Chirac, der<br />
Ehefrau des französischen Präsidenten, einen Bestseller<br />
veröffentlich. Alain de Pouzilhac, Präsident des neuen internationalen<br />
Nachrichtenkanals France 24, ist eindeutig<br />
auch mit Jacques Chiracs Hilfe ins Amt gekommen. Der<br />
Direktor der Nachrichtenagentur Agence France Presse,<br />
Pierre Louette, war Berater von Edouard Balladur, ehemaliger<br />
Premierminister. Philippe Baudillon, an der Spitze von<br />
France 2, ist ein enger Freund von Dominique de Villepin,<br />
dem derzeitigen Premierminister. Jean-Jacques Aillagon,<br />
ehemaliger Intendant von TV5, dem französischen Auslandssender,<br />
ist wiederum Jacques Chirac und dem ehemaligen<br />
Premierminister Jean-Pierre Raffarin nahe. Der<br />
aktuelle Intendant, François Bonnemain, war Berater von<br />
Jean-Pierre Raffarin und technischer Berater im Kabinett<br />
von Jacques Chirac, als dieser noch Premierminister war.<br />
Politik und Medien scheinen in Frankreich eine große<br />
Familie zu sein. Die Verflechtungen sind komplex. Fast<br />
jeder weiß und akzeptiert dies, und dennoch wird eine Distanz<br />
vorgegaukelt. Kommt mal etwas an die Öffentlichkeit,<br />
wird ein großes Erstaunen an den Tag gelegt. So wurde<br />
Alain Duhamel, bekannter Journalist und Herausgeber,<br />
kürzlich für die Zeit des aktuellen Wahlkampfes von den<br />
Bildschirmen von France Télévision und der Antenne von<br />
RTL, einer der großen privaten Radiosender des Landes,<br />
verbannt, da er sich offen für den Präsidentschaftskandidaten<br />
François Bayrou ausgesprochen hatte. Seitdem fordert<br />
ein anderer Journalist, Philippe Meyer, seine Kollegen auf,<br />
sich zu « ihrem » Kandidaten zu bekennen. Gerade in Wahlkampfzeiten<br />
wird das ambivalente Verhältnis zwischen Politik<br />
und Medien in Frankreich besonders deutlich.<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 57
Leben in Frankreich<br />
Wie funktioniert das französische<br />
Hotelklassifizierungssystem?<br />
In Frankreich sind Hotels in<br />
sechs Kategorien unterteilt, die<br />
– wie in den meisten anderen<br />
Ländern – durch eine Anzahl von<br />
Sternen gekennzeichnet werden.<br />
Vom 4-Sterne-Luxusetablissement<br />
bis zum Hotel ohne Stern reicht<br />
das Spektrum, wobei vorrangiges<br />
Klassifizierungsmerkmal der Hotelkomfort<br />
ist. Die Klassifizierung<br />
beruht also auf neutralen Faktoren<br />
und sagt beispielsweise nichts über<br />
die Sauberkeit eines Hotels oder<br />
die Freundlichkeit des Personals<br />
aus. Zurzeit sind in Frankreich fast<br />
18.000 Hotels mit über 600.000<br />
Zimmern klassifiziert, von denen<br />
sich über die Hälfte in der Kategorie<br />
mit zwei Sternen befindet. Jedes<br />
Hotel ist verpflichtet, ein Schild mit<br />
der Anzahl der Sterne – entsprechend<br />
der Kategorieeinstufung – an<br />
der Eingangsfassade anzubringen.<br />
Dabei hängt es von der Eigeninitiative<br />
des Hoteliers ab, sich selbst einer<br />
Einstufung zu unterziehen. Die<br />
Normen der Klassifizierung sind per<br />
Gesetz festgelegt und werden regelmäßig<br />
von den Behörden überprüft.<br />
So wird sichergestellt, dass die<br />
Standards der jeweiligen Kategorie<br />
auch eingehalten werden. Um diese<br />
auf einen Blick unterscheiden zu<br />
können, sind nachfolgend die wichtigsten<br />
Merkmale und Minimalanforderungen<br />
jeder Stufe aufgeführt.<br />
Hotel ohne Stern<br />
Hotel mit mindestens fünf Zimmern.<br />
Jedes Einzelzimmer muss<br />
größer als sieben Quadratmeter,<br />
jedes Doppelzimmer größer als acht<br />
Quadratmeter sein. Badezimmer,<br />
Dusche und WC können zur Gemeinschaftsbenutzung<br />
freigegeben<br />
sein. Allerdings muss in jedem<br />
Zimmer ein Waschbecken und im<br />
Hotel ein Gemeinschaftstelefon zur<br />
Verfügung stehen.<br />
Hotel mit einem Stern<br />
Hotel mit mindestens sieben<br />
Zimmern. Jedes Einzelzimmer muss<br />
größer als acht Quadratmeter, jedes<br />
Doppelzimmer größer als neun<br />
Quadratmeter sein. Mindestens in<br />
einem Viertel der Zimmer muss ein<br />
abgetrenntes Wachbecken vorhanden<br />
sein. Mindestens 20 Prozent<br />
der Zimmer müssen über eine Dusche/Badewanne<br />
und WC verfügen.<br />
Zusätzlich ist es vorgeschrieben,<br />
dass jedes Zimmer ein Telefon oder<br />
eine Direktleitung zur Rezeption<br />
aufweist.<br />
Hotel mit zwei Sternen<br />
Hotel mit mindestens sieben<br />
Zimmern. Jedes Einzelzimmer muss<br />
größer als acht Quadratmeter, jedes<br />
Doppelzimmer größer als neun<br />
Quadratmeter sein. Ab vier Stockwerken<br />
ist ein Aufzug obligatorisch.<br />
Das Badezimmer mit WC und<br />
Dusche oder Badewanne sollte eine<br />
Mindestgröße von 1,75 Quadratmetern<br />
aufweisen und in mindestens<br />
40 Prozent aller Zimmer vorhanden<br />
sein. Neben der Verfügbarkeit von<br />
einem Telefon auf jedem Zimmer<br />
sollte das Personal mindestens eine<br />
Fremdsprache beherrschen.<br />
Hotel mit drei Sternen<br />
Hotel mit mindestens zehn<br />
Zimmern. Jedes Einzelzimmer muss<br />
größer als neun Quadratmeter, jedes<br />
Doppelzimmer größer als zehn<br />
Quadratmeter sein. Ab drei Stockwerken<br />
muss das Hotel über einen<br />
Aufzug verfügen. Das Badezimmer<br />
mit WC und Dusche oder Badewanne<br />
sollte eine Mindestgröße<br />
von 2,5 Quadratmetern aufweisen<br />
und in mindestens 80 Prozent aller<br />
Zimmer vorhanden sein. Neben der<br />
Verfügbarkeit von einem Telefon<br />
auf jedem Zimmer sollte das Personal<br />
mindestens zwei Fremdsprachen<br />
beherrschen, darunter Englisch.<br />
Zusätzlich sollte die Möglichkeit<br />
bestehen, das Frühstück auf dem<br />
Zimmer serviert zu bekommen.<br />
Hotel mit vier Sternen<br />
Hotel mit mindestens zehn<br />
Zimmern. Jedes Einzelzimmer muss<br />
größer als zehn Quadratmeter, jedes<br />
Doppelzimmer größer als zwölf<br />
Quadratmeter sein. Ab zwei Stockwerken<br />
ist ein Fahrstuhl vorgeschrieben.<br />
Alle Zimmer sollen über<br />
WC und Dusche oder Badewanne<br />
verfügen und eine Mindestgröße<br />
von drei Quadratmetern haben. Die<br />
Hälfte aller Zimmer muss zudem<br />
sowohl eine Badewanne als auch<br />
eine Dusche aufweisen. Zusätzlich<br />
zur Telefonverfügbarkeit und den<br />
Fremdsprachenkenntnissen soll ein<br />
durchgehender Restaurantbetrieb<br />
sichergestellt sein.<br />
Hotel mit vier Sternen<br />
– Luxuskategorie<br />
Hotel mit mindestens zehn<br />
Zimmern. Jedes Einzelzimmer muss<br />
größer als zehn Quadratmeter, jedes<br />
Doppelzimmer größer als 14 Quadratmeter<br />
sein. Ein Fahrstuhl ist<br />
obligatorisch. Alle Zimmer sollen<br />
über ein Badezimmer von mindestens<br />
vier Quadratmetern mit WC,<br />
Dusche und Badewanne verfügen.<br />
Zusätzlich zur Telefonverfügbarkeit<br />
und den Fremdsprachenkenntnissen<br />
sollte ein durchgehender Restaurantbetrieb<br />
sichergestellt sein.<br />
58 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
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Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 59
Unterwegs in Frankreich Camargue<br />
Camargue<br />
Land zwischen Fluss und Meer<br />
Die Camargue ist keine Region<br />
wie jede andere. Hier geht das<br />
Land ins Meer über. Die Weite<br />
der Landschaft, die Unendlichkeit<br />
des Himmels, die vielen Vögel<br />
und Pferde – alles vermittelt<br />
ein Gefühl von Freiheit.<br />
Wenn ich in den Süden Frankreichs fahre, versuche ich jedes<br />
Mal, einen kleinen Umweg über die Camargue zu nehmen.<br />
Ist es auch nur für einen Tag oder ein kurzes Wochenende, ich<br />
möchte diese besondere Atmosphäre nicht missen. Hier fühle ich mich<br />
wie am Ende der Welt, wie ein Außerirdischer in einer Welt der weiten<br />
Horizonte. Für mich ist die Camargue eine Region der Widersprüche,<br />
eine Region der fließenden Übergänge. Eingezwängt zwischen den beiden<br />
Hauptarmen des Rhonedeltas und dem Mittelmeer vermittelt die<br />
flache Ebene von 145.000 Hektar dennoch ein Gefühl der Weite. Der<br />
Fluss und das Meer scheinen seit Jahrtausenden im ständigen Kampf<br />
miteinander zu liegen, einem Kampf mit ungleichen Mitteln. Doch keine<br />
der beiden Kräfte konnte dauerhaft siegen, vielmehr hat sich ein fragiles<br />
Gleichgewicht eingestellt, ein Gleichgewicht, das eine einzigartige Landschaft<br />
aus Wiesen, Lagunen und Sümpfen geschaffen hat, eine Landschaft,<br />
in der Wasser allgegenwärtig ist. Und auch verwaltungstechnisch<br />
befindet man sich hier in einem Gebiet des Übergangs. Im Westen das<br />
Departement Gard, das zur Region Languedoc-Roussillon gehört, im<br />
Osten das Departement Bouches-du-Rhône, das Teil der Region Provence-Alpes-Côte<br />
d’Azur ist.<br />
60 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Die Landschaft der Camargue zeichnet sich<br />
durch weite Wiesen, Sümpfe und Lagunen aus.<br />
Pferde gehören neben den Stieren und Vögeln<br />
zu den Markenzeichen der Camargue.<br />
In der nördlichen Hälfte der Camargue schaffte es der<br />
Mensch, die Natur zu bändigen. Hier ist das Reich der<br />
Landwirtschaft. Doch im Laufe der Geschichte musste er<br />
sich immer wieder vor dem Wasser schützen. 1859 wurde<br />
ein erster Deich zum Schutz vor den Fluten des Mittelmeers<br />
gebaut. Zehn Jahre später folgten Deiche entlang<br />
der Rhone. In der flachen Ebene ist es schwer, sich vor<br />
Hochwasser zu schützen. Schließlich übersteigt der höchste<br />
Punkt der Camargue nirgendwo viereinhalb Meter. Aber<br />
der Mensch hat es dennoch gemeistert, das Wasser zu regulieren,<br />
so dass heute rund 25.000 Hektar für eine landwirtschaftliche<br />
Nutzung zur Verfügung stehen. Angebaut<br />
werden Getreide, Spargel, Weintrauben und Reis. Außerdem<br />
spielt die Tierzucht, insbesondere die der Schafe und<br />
Stiere, eine bedeutende Rolle.<br />
Doch der Bereich der Camargue, der die meisten Besucher<br />
in ihren Bann zieht, befindet sich weiter im Süden.<br />
Je mehr man sich dem Mittelmeer nähert, desto klischeehafter<br />
wird die Fauna und Flora. Es ist die Camargue der<br />
Lagunen und Sümpfe, der Vögel, Pferde und Stiere, aber<br />
auch der Mücken. Das Land ist ganz flach, der Horizont<br />
weit. Oft wird in der Ferne das Meer oder ein Leuchtturm<br />
sichtbar. Vom Norden der Lagune von Vaccarès bis zum<br />
Mittelmeer erstreckt sich außerdem ein Naturschutzpark.<br />
Hier im Süden, abgesehen von einigen Ferienorten, hat die<br />
wilde Natur die Oberhand behalten. Der Besucher sollte<br />
dies niemals vergessen.<br />
Ich beginne meinen Abstecher in die Camargue meist<br />
mit einem kurzen Besuch einer meiner beiden Lieblingsstädte<br />
der Region: Nîmes oder Arles, meine ganz persönlichen<br />
« Eingangstore » in die Camargue. Richtig, Nîmes<br />
liegt ein wenig entfernt von der eigentlichen Camargue,<br />
dennoch fühle ich dort schon die geografische Nähe. Beide<br />
Städte sind so lebensfroh und bunt. Ihre Denkmäler aus<br />
einer anderen Epoche hinterlassen ein Gefühl der Fremdartigkeit.<br />
Wenn ich an der Arena von Nîmes vorbeischreite,<br />
stelle ich mir den Trubel bei einem Gladiatorenkampf<br />
vor. Das <strong>Mai</strong>son Carrée, dieser antike Tempel, der einst<br />
das administrative Herz der Stadt bildete, verstärkt meine<br />
Sehnsucht, aus dem Alltag zu fliehen. Genauso geht es mir<br />
in Arles, dem zweiten Rom, mit seinen vielen Gebäuden,<br />
die unter Denkmalschutz stehen, seiner Arena und seinem<br />
antiken Theater.<br />
Fahre ich dann weiter in den Süden, in Richtung Meer,<br />
gehen die Gedanken auf Reise. Mit jedem Kilometer rückt<br />
der Stress von gestern in den Hintergrund. Die Sonne<br />
strahlt vom stahlblauen Himmel, eine leichte Brise weht.<br />
Auch die Landschaft scheint sich immer mehr « aufzulösen<br />
». Sumpfgebiete und weite Wiesen dominieren – hier<br />
am Schnittpunkt zwischen Land und Wasser. Nach einiger<br />
Zeit werden in der Ferne weiße « Berge » sichtbar: Berge aus<br />
Salz. Es sind die einzigen Erhebungen weit und breit. Die<br />
kleine Arbeiterstadt Salin-de-Giraud besteht aus Gässchen<br />
mit flämischem Einschlag. Sie boomte im 19. Jahrhundert,<br />
als die Salzproduktion immer mehr Arbeiter anzog. Zwei<br />
Kilometer vom Ort entfernt ist ein Aussichtspunkt eingerichtet.<br />
Von dort bietet sich ein wunderbarer Blick auf die<br />
weißen Salinen. Um die Anlagen zu besichtigen, muss man<br />
einen kleinen Zug nehmen. Dabei erfährt man auch, dass<br />
die Salinen flächenmäßig etwa der Größe von Paris entsprechen<br />
und dass die jährlich produzierten 800.000 Tonnen<br />
Salz für die Industrie und den Winterdienst auf den<br />
Straßen bestimmt sind.<br />
Soviel Salz macht durstig. Oder ist es die Sonne? Zeit<br />
jedenfalls, um in einem der Orte der Camargue einzukehren.<br />
Die kleine Stadt Saint-Louis mit ihrer Befestigungsanlage<br />
zum Beispiel oder Saintes-Maries-de-la-Mer, welches<br />
durch die Pilgerfahrten der Roma und Sinti bekannt ist.<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 61
oulême<br />
e<br />
A 85<br />
mur<br />
9<br />
Alencon<br />
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Tours<br />
Nogent-le-Rotrou<br />
A 11 / E 50<br />
Chartres<br />
A 10 / E 60<br />
A 85 / E 604<br />
A 10 / E 5<br />
LOIRE<br />
A 71 / E 9<br />
Etampes<br />
Pithiviers<br />
Unterwegs in Frankreich Camargue<br />
Chahaignes<br />
La Chartre<br />
sur le Loir<br />
Vendôme<br />
Loches<br />
Châteaudun<br />
Blois<br />
Romorantin-<br />
Lanthenay<br />
Vierzon<br />
Issoudun<br />
Orleans<br />
Bourges<br />
An den Küsten zum Mittelmeer locken lange Sandstrände.<br />
Troyes<br />
N 77<br />
A 5 / E 17 - E 54<br />
Chaumont<br />
Oder Le Grau-du-Roi, La Grande-Motte, Port-Camargue,<br />
Palavas-les-Flots und andere. Namen, die nach Ferien klingen.<br />
Jeder dieser Orte ist ein guter Ausgangspunkt, um die<br />
Camargue für ein paar Tage zu erleben, auch wenn nicht<br />
alle den gleichen Charme besitzen. La Grande-Motte und<br />
Palavas-les-Flots sind vor allem Touristenhochburgen. Dafür<br />
bieten sie auf der anderen Seite auch ein hervorragendes<br />
Freizeitangebot für die ganze Familie.<br />
Die Camargue, die ich allerdings ganz besonders liebe,<br />
liegt abseits des Trubels. Es ist eine Camargue, die man<br />
suchen muss. Zum Beispiel, indem man morgens früh<br />
aufsteht, um mit seinem Auto ans Ende einer Straße zu<br />
fahren und dann zu Fuß weiterzugehen. Eine andere gute<br />
Möglichkeit besteht darin, durch die Camargue zu reiten.<br />
Schließlich sind die Pferde der Camargue weltberühmt.<br />
Diese Variante ist geradezu ideal, um die Vögel zu beobachten,<br />
hat man vom Pferd aus doch einen<br />
besseren Überblick als zu Fuß. Denn<br />
Chablis das fragile Ökosystem verbirgt sich<br />
oft<br />
Montbard<br />
hinter Schilf. Wie auch immer, ein<br />
Fernrohr sollte man für die Vogelbeobachtung<br />
nicht vergessen. Mehr als<br />
Avallon<br />
400 verschiedene Vogelarten wurden<br />
gezählt, darunter<br />
Dijon<br />
natürlich auch die<br />
bekannten rosafarbenen Flamingos,<br />
Dole<br />
die sich die Camargue als einziges<br />
Arc-et-Senans<br />
Brutgebiet in Frankreich ausgesucht<br />
haben. Seit 1983 nimmt die Population<br />
stetig zu. Heute Chalon paaren sich rund<br />
30.000 Flamingos pro Jahr, insbesondere<br />
in der Lagune von Fangassier.<br />
Lons-le-<br />
Saunier<br />
Die Camargue ist zudem ein wichtiges<br />
Überwinterungsgebiet für Vögel aus<br />
dem Norden, vor allem für Enten.<br />
Mâcon<br />
Je weiter man sich übrigens dem Meer nähert, desto<br />
stärker ist der Boden mit Salz durchmischt. Die Mixtur<br />
Nantua<br />
aus Wasser, Salz und Erde bekommt nur wenigen Pflanzen.<br />
Hier ganz im Süden findet man keine großen Bäume<br />
oder Büsche. Nur wenige Arten können in dieser unwirtlichen<br />
Umgebung überleben. So der Queller, der gerne in<br />
Salaten gereicht wird, und Tamarisken. Wenige Pflanzenarten<br />
bilden die typische Vegetation der südlichen<br />
Camargue. Doch der schönste Moment einer jeden Reise<br />
durch die Region ist vielleicht der Augenblick, wo man<br />
am Mittelmeer ankommt. Lange Sandstrände scheinen<br />
endlos am Horizont zu verschwinden. Ein kleiner Geheimtipp<br />
ist der Leuchtturm von Beauduc, auf dem Gebiet<br />
der Kommune Arles. Es ist der ideale Ort für ein<br />
Picknick nach einem langen Tag. Der Sonnenuntergang<br />
ist schlicht grandios.<br />
N 6<br />
D 965<br />
A 6<br />
A 38<br />
Valence<br />
A 31<br />
Neufchâteau<br />
A 39<br />
A 404<br />
A 36<br />
Epinal<br />
Vesoul<br />
Besanco<br />
Pontarlier<br />
St Claude<br />
A1<br />
Gen<br />
FRA<br />
Annecy<br />
Tho<br />
armande<br />
Anreise<br />
Auto: Aus Deutschland und der<br />
Schweiz erreicht man die Camargue<br />
über die Rhonetal-Autobahn A7. Aus<br />
Österreich bietet sich eine Anreise<br />
über Norditalien und die Côte d’Azur<br />
an. Berlin-Arles ca. 1.500 km, Köln-Arles<br />
ca. 1.000 km, Wien-Arles ca. 1.400 km,<br />
Zürich-Arles ca. 720 km.<br />
Flugzeug: Der nächste große<br />
internationale Flughafen ist in<br />
Marseille. Hierhin bestehen auch<br />
Direktverbindungen aus Deutschland.<br />
Nîmes verfügt über einige<br />
Billigflugverbindungen, jedoch<br />
nicht aus Deutschland, Österreich<br />
oder der Schweiz. Montpellier und<br />
Mende<br />
Avignon erreicht man mit Air France<br />
über Paris. Zudem bestehen Billigflugverbindungen<br />
aus Deutschland<br />
Florac<br />
nach<br />
Montpellier und Marseille.<br />
Millau<br />
Zug: Sowohl Nîmes als auch Marseille<br />
D 992<br />
A 75 / E 11<br />
www.tourisme.ville-arles.fr Béziers<br />
Lodève<br />
A 9<br />
Mialet<br />
sind in rund drei Stunden mit dem TGV<br />
aus Paris zu erreichen.<br />
Camargue im Internet<br />
www.parc-camargue.fr<br />
www.saintesmaries.com/de<br />
Montpellier<br />
D 907<br />
Privas<br />
Alès<br />
A 9<br />
N 106<br />
Nîmes<br />
E 15 – E 80<br />
A 7 / E 15<br />
Avignon<br />
Arles<br />
Camargue<br />
A7<br />
Aix-en-Provence<br />
A55<br />
Marseille<br />
A51<br />
A52<br />
A50<br />
A51<br />
Forcalquier<br />
A8/E80<br />
Toulon<br />
Ga<br />
F<br />
A<br />
62 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
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Unterwegs in Frankreich Metz<br />
Im Osten etwas Neues<br />
In seiner Geschichte erlebte Metz zahlreiche Umbrüche.<br />
Zeitweise dem Deutschen Reich, zeitweise Frankreich zugehörig,<br />
befand sich die Stadt seit jeher an einer Schnittstelle zwischen<br />
Nord- und Südeuropa. Über Jahrzehnte hinweg wurde sie vor allem<br />
als eine Mischung aus wilhelminischer Architektur und französischem<br />
Lebensgefühl wahrgenommen. Doch Metz befindet sich seit einiger<br />
Zeit auch in einer enormen Umbruchphase und schickt sich an,<br />
zu den großen Metropolen des Landes aufzurücken.<br />
Die Ignoranz der Pariser gegenüber dem<br />
als « Provinz » bezeichneten Rest des<br />
Landes ist sprichwörtlich. Es erscheint<br />
deshalb nicht verwunderlich, dass die Idee zu<br />
einem Wochenendausflug nach Metz bei einem<br />
Hauptstädter nicht gerade Freudenstürme auslöst.<br />
Doch auch an der Seine verändern sich die<br />
Mentalitäten. Nichts ist zurzeit einfacher, als<br />
einen Pariser für eine kleine Reise in Richtung<br />
Osten zu begeistern. Dafür braucht man sich<br />
nur zum weltbekannten Centre Pompidou zu<br />
begeben. Seit dem Sommer 2004 befindet sich<br />
auf einer der Terrassen der sechsten Etage ein<br />
ungewöhnlicher Aufbau: eine Art Röhre aus<br />
Karton, inspiriert vom japanischen Pavillon auf<br />
der Expo 2000 in Hannover, mit einer Länge<br />
von fast 35 Metern und einer Breite von 4,40<br />
Metern. Es handelt sich um ein studio temporaire,<br />
in dem das Team für das Projekt « Centre<br />
Pompidou Metz » arbeitet. Das bekannte Museum<br />
der Modernen Kunst bereitet nämlich<br />
seine Expansion an die Mosel vor.<br />
Denn Metz befindet sich – von vielen bisher<br />
unbemerkt – in einer bedeutenden Erneuerungsphase.<br />
Die Eröffnung einer Zweigstelle des Centre<br />
Pompidou mit einer Gesamtfläche von 10.000<br />
64 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Quadratmetern ist zweifelsohne der Höhepunkt<br />
dieser Entwicklung. Ist es doch das erste Mal,<br />
dass eine derart wichtige kulturelle Einrichtung<br />
in die « Provinz » zieht. Paris wird in Zukunft<br />
also einen Teil seines kulturellen Reichtums mit<br />
der kleinen lothringischen Metropole teilen.<br />
Offiziell heißt es deshalb auch: « Die nationalen<br />
Sammlungen, darunter die 58.000 Werke umfassende<br />
Kollektion des Museums für Moderne<br />
Kunst, sollen besser aufgeteilt werden ». Schließlich<br />
können in Paris nur rund 1.300 Exponate<br />
gleichzeitig gezeigt werden, keine sehr zufriedenstellende<br />
Situation. In Metz werden zudem<br />
eigene Ausstellungen organisiert.<br />
Für die Expansion wird nicht gekleckert,<br />
sondern geklotzt: 60 Millionen Euro sind für<br />
das Gesamtvorhaben eingeplant. 45 Millionen<br />
fließen davon in den neuen Museumsbau. 15<br />
Millionen werden für diverse Baunebenkosten<br />
wie Inneneinrichtung, Honorare, Erschließungsarbeiten<br />
etc. benötigt. Die Metropolenregion<br />
Metz, die 38 Kommunen und 230.000 Einwohner<br />
umfasst, trägt mit 34 Millionen Euro mehr<br />
als die Hälfte der Kosten. Der französische Staat<br />
steuert zwei Millionen, die Europäische Union<br />
vier Millionen, das Departement Moselle und die<br />
Region Lothringen jeweils 10 Millionen Euro<br />
bei. Die Eröffnung ist für 2008 geplant.<br />
Links: die neu erbaute Arena von Metz; kleine Fotos links: temporäres Studio des Projektteams<br />
in Paris; unten: Centre Pompidou Metz – der Baufortschritt läßt sich per Webcam verfolgen.<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 65
Unterwegs in Frankreich Metz<br />
Wilhelminische Prachtbauten wie der Bahnhof<br />
prägten bisher vor allem das Stadtbild.<br />
Wie der große Bruder in Paris wird auch das<br />
Centre Pompidou in Metz mit einer kühnen<br />
Architektur aufwarten. Sie wird sich deutlich<br />
von vielen historischen Bauten vor Ort unterscheiden.<br />
Wilhelm II. wollte die Stadt an der<br />
Mosel mit französischem Lebensgefühl auch<br />
architektonisch « germanisieren ». Noch immer<br />
finden sich viele Spuren wilhelminischer<br />
Architektur im Stadtbild. Das bekannteste<br />
Gebäude dieser Epoche ist vielleicht der monumentale<br />
Bahnhof, den der Architekt Kröger<br />
entwarf. Der Abfahrtsbereich wirkt wie eine<br />
Kirche, der Ankunftsbereich erinnert an einen<br />
Königspalast. Beides symbolisiert die Machtverhältnisse<br />
des Mittelalters.<br />
Die beiden Architekten des neuen Museums<br />
dagegen, Shigeru Ban und Jean de Gastines,<br />
verwirklichen nicht nur ihr viertes gemeinsames<br />
Projekt, sondern schenken Metz auch<br />
eine andere Architektursprache: Glas, Stahl<br />
und Beton sind die verwendeten Baustoffe, aus<br />
denen ein transparentes Gebäude entsteht, das<br />
ein großzügiges Raumempfinden zulässt. Der<br />
Kulturzentrum Arsenal. Rechts: Zahlreiche Plätze<br />
laden in der Innenstadt zum Verweilen ein.<br />
Dachstuhl ist eine Meisterleistung und orientiert<br />
sich an einem chinesischen Hut. Durch<br />
eine Netzstruktur lässt sich eine Tragweite von<br />
bis zu 40 Metern erzielen, so dass nur wenige<br />
Stützen notwendig sind. Das Dach selbst be-<br />
66 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
che<br />
trou<br />
Die protestantische Kirche Temple Neuf an<br />
der Mosel, die durch Metz fließt.<br />
Anreise<br />
Dunkerque<br />
A 25<br />
St. Omer<br />
A 26 / E 15<br />
Arras<br />
Lille<br />
Béthune<br />
Lens<br />
Douai<br />
FRANCE<br />
A 1 / E 15<br />
A 1 / E 17<br />
A 27<br />
Roubaix<br />
A 23<br />
Cambrai<br />
Gent<br />
Schon heute<br />
Liège<br />
sind steigende Immobilienpreise<br />
Namur<br />
BELGIEN<br />
Amiens<br />
wenn die neue TGV-Verbindung von<br />
Auto: Aus Süddeutschland, Österreich St. Quentin Süddeutschland nach Paris eröffnet<br />
und der Schweiz bietet sich eine Anreise<br />
Charlevillewird,<br />
werden sich<br />
Mézières<br />
die Verbindungen<br />
aus östlicher Richtung Montdidier über die A4 und noch weiter verbessern. Der Bahnhof Sedán<br />
Saarbrücken bzw. Straßburg an. Wer aus Laon Lorraine TGV wird dann beispielsweise<br />
West- und eventuell Norddeutschland von Frankfurt a.M. Rethel per Hochgeschwindigkeitszug<br />
kommt, wählt lieber Clermont die Route über Trier<br />
erreichbar sein. Vouziers<br />
Thionville<br />
und Luxemburg. Berlin-Metz ca. 790 km,<br />
Bois de Roucy<br />
Köln-Metz ca. 270 km, Wien-Metz ca.<br />
920 km, Zürich-Metz ca. 400 km.<br />
Metz im Internet<br />
Reims<br />
Verdun<br />
Flugzeug: Metz teilt sich einen Flughafen<br />
Epernay<br />
www.mairie-metz.fr<br />
mit Nancy, allerdings bestehen keine direkten<br />
Flugverbindungen aus Deutsch-<br />
Paris<br />
Chalons-en- FRANCE<br />
Informationen Champagnevor Ort<br />
Bar-le-Duc<br />
land, Österreich oder der Schweiz. Air<br />
France bindet Metz/Nancy über Paris Office du Tourisme<br />
an den internationalen Flugverkehr an. 2, place d’Armes<br />
St. Dizier<br />
Wichtige Flughäfen in der Umgebung 57000 Metz<br />
sind in Luxemburg und Saarbrücken. Telefon: +33 (0)3 87 55 53 76<br />
Chartres<br />
Etampes<br />
Zug: Schon heute ist Metz gut mir<br />
Troyes<br />
dem Zug aus Deutschland und der<br />
Centre Pompidou Metz<br />
Pithiviers<br />
Schweiz zu erreichen. Ab Saarbrücken<br />
Chaumont<br />
Châteaudun verkehren beispielsweise EC- und www.centrepompidou-metz.com<br />
A 10 / E 5<br />
BELGIQUE<br />
RE-Züge. Ab kommendem Sommer,<br />
N 77<br />
A26 / E17<br />
A 5 / E 17 - E 54<br />
steht aus einer weißen, 8.000 Quadratmeter<br />
großen Membran aus Glas- und Teflonfaser.<br />
Doch das Museum ist nur ein Symbol der<br />
Erneuerung neben anderen. Durch die Stadt<br />
ist in den letzten Jahren ein Ruck gegangen.<br />
Im kulturellen Bereich wurde mit dem Arsenal<br />
eine weitere anerkannte Einrichtung geschaffen.<br />
Ein Zentrum der Musik, des Tanzes und<br />
der plastischen Kunst, welches eine Reihe bedeutender<br />
Säle und Institutionen beherbergt,<br />
darunter das lothringische Nationalorchester.<br />
Nahe der Innenstadt wächst auf 27 Hektar zudem<br />
ein neues Stadtquartier mit dem Namen<br />
Amphitheater. Die Dynamik der Stadt zeigt<br />
sich auch in der politischen Öffnung nach<br />
Europa. Gemeinsam mit Luxemburg, Saarbrücken<br />
und Trier wurde das Projekt QuattroPole<br />
gegründet, ein loser grenzüberschreitender Zusammenschluss.<br />
Metz verändert sich merklich. Fuhren die<br />
Einheimischen früher am Freitagabend übers<br />
Wochenende nach Paris, Luxemburg oder<br />
Saarbrücken, strömen viele Besucher und<br />
Neugierige heute umgekehrt nach Metz. Bald<br />
sogar noch schneller: Mit der Eröffnung der<br />
neuen TGV-Strecke von Paris in Richtung<br />
Osten verkürzt sich die Fahrzeit allein aus<br />
der französischen Hauptstadt auf eine Stunde<br />
und 22 Minuten. Vom zentralen Bahnhof<br />
Lorraine-TGV, keine 30 Kilometer von der<br />
Innenstadt entfernt, werden dann auch Direktverbindungen<br />
nach Bordeaux, Nantes, Lille,<br />
aber auch ins benachbarte Ausland angeboten.<br />
Vorboten einer neuen Epoche für die sympathische<br />
Stadt an der Mosel.<br />
A4 / E50<br />
A 31<br />
Metz<br />
Nancy<br />
Epinal<br />
Saarbrücken<br />
A 4<br />
D 955<br />
N 74<br />
Sarrebourg<br />
N 4<br />
Hague<br />
A 4 / E 25<br />
Strasbou<br />
Molsheim<br />
Col<br />
Vendôme<br />
A 10 / E 60<br />
LOIRE<br />
Orleans<br />
D 965<br />
Chablis<br />
Montbard<br />
A 31<br />
Belfort<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 67<br />
Vesoul<br />
A 35 / E 25<br />
Mulho<br />
A 71 / E 9<br />
Blois<br />
N 6<br />
A
Unterwegs in Frankreich Paris 14 e<br />
PARIS 14 E<br />
In der Rue de la Gaîté findet sich heute eine bunte Mischung aus Theatern, Restaurants und Sexshops.<br />
Wer Paris besucht, interessiert sich meist für die touristischen<br />
Highlights der französischen Hauptstadt:<br />
Eiffelturm, Triumphbogen, Louvre, Notre-Dame –<br />
lang ist die Liste der weltberühmten Sehenswürdigkeiten<br />
an der Seine. Doch wie zeigt sich die Metropole<br />
jenseits der klassischen Attraktionen? Was gibt<br />
es in den Arrondissements zu sehen, in denen noch<br />
die Einheimischen und nicht die Touristen die Oberhand<br />
haben? Wir gehen dieser Frage mit einem<br />
Stadtbummel durch das 14. Arrondissement, einem<br />
gewöhnlichen und bürgerlichen Stadtviertel im Süden<br />
der Kapitale, nach.<br />
Zugegeben, Paris ist zu reich an Kulturschätzen<br />
von Weltruhm und legendären<br />
Stadtvierteln, als dass man<br />
ihnen wirklich entfliehen könnte. So hat<br />
auch jedes Arrondissement, das auf den ersten<br />
Blick noch so unspektakulär wirkt und<br />
weit entfernt von den großen Sehenswürdigkeiten<br />
liegt, seine weltbekannten Ecken.<br />
Auch beim 14. Arrondissement mit seinen<br />
fast 135.000 Einwohnern ist dies nicht anders.<br />
So beginnen wir unseren Stadtbummel<br />
auf der Place du 18 Juin 1940, im « Grenzgebiet<br />
» zwischen dem 6., 14. und 15. Arrondissement.<br />
In den 1920er- und 1930er-Jahren<br />
galt die Gegend, die unter dem Namen<br />
Montparnasse berühmt wurde, als angesagtes<br />
Künstlerviertel. Französische Maler<br />
68 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
herrscht buntes Treiben, auch viele junge Leute sind unterwegs.<br />
Nicht ganz ohne Grund, denn Montparnasse ist neben<br />
den Champs-Elysées und dem Viertel um die Garnier-<br />
Oper der wichtigste Kinostandort der Hauptstadt. Große<br />
Multiplexkinos zeigen Kassenschlager aus Hollywood und<br />
aus heimischer Produktion. Durch die gute Verkehrsanbindung<br />
zieht es auch viele Vorstädter hierher. Auf dem Gebiet<br />
des 14. Arrondissements gelten dabei vor allem die Rue de<br />
la Gaîté, die wir von der Place du 18 Juin 1940 über die Rue<br />
d’Odessa erreichen, und ihre Seitenstraßen als Amüsiermeile<br />
des Viertels. So ist der Name – übersetzt etwa « Straße<br />
der Vergnügtheit » – teilweise Programm. Denn neben den<br />
vielen Brasserien, Bars und Sushi-Restaurants trifft man<br />
auch auf einige Sexshops. Allerdings ist man hier weit von<br />
der Atmosphäre eines Rotlichtviertels entfernt, überwiegen<br />
doch die gastronomischen Verlockungen deutlich. Auch<br />
einige Theater wie die Comédie Italienne oder das Théâtre<br />
Montparnasse sind hier angesiedelt.<br />
Am südlichen Ende der Straße stößt man auf die Avenue<br />
du <strong>Mai</strong>ne, eine große Ausfallstraße. Jenseits des Boulevards<br />
wird es schnell ruhiger, Betonbauten dominieren das<br />
Bild. Für Architekturinteressierte lohnt sich vielleicht ein<br />
kleiner Abstecher zur Place de Catalogne. Die Mitte des<br />
Kreisels bildet eine schiefe Ebene, über die Wasser fließt.<br />
Ringsherum erheben sich Bauten von Ricardo Bofill, eine<br />
im postmodernen Stil entworfene Wohnanlage. Giebel und<br />
Säulen verbunden mit standardisierten Fertigbauteilen bilden<br />
ein putziges Ensemble, an dem die Zeichen der Zeit<br />
nicht spurlos vorübergegangen sind. Ein Zeugnis moderner<br />
Stadtplanung einer inzwischen vergangenen Epoche.<br />
Cimetière du Montparnasse:<br />
Friedhof der Berühmtheiten<br />
und US-amerikanische Schriftsteller ließen sich hier nieder,<br />
Picasso und Hemingway frequentierten die Bars der Gegend,<br />
so wie etwa La Coupole am Boulevard du Montparnasse.<br />
Viel ist von dieser Aura aber nicht übrig geblieben.<br />
Längst tost der Verkehr auf den großen Boulevards, haben<br />
die Filialen großer Handelsketten und Fast-Food-Lokale<br />
Einzug gehalten und hat der Sanierungswahn der 1970er-<br />
Jahre, in dessen Folge das ganze Quartier um die Gare<br />
Montparnasse umgestaltet und mit Hochhäusern bebaut<br />
wurde, das Gesicht der Gegend nachhaltig verändert.<br />
Wir wollen unseren Stadtrundgang aber in Richtung<br />
Osten fortsetzen, wo sich der 1824 eingerichtete Cimetière<br />
du Montparnasse erstreckt. Neben dem Cimetière Père<br />
Lachaise und dem Cimetière du Montmatre gehört er zu<br />
den drei legendären Friedhöfen der Stadt. Lang ist die<br />
Der Cimetière du Montparnasse mit dem<br />
Tour Montparnasse im Hintergrund.<br />
Montparnasse und Rue de la Gaîté:<br />
Mekka für Cineasten und Amüsiersüchtige<br />
Heute trifft man in Montparnasse nicht mehr unbedingt<br />
namhafte Künstler an, doch das Viertel hat eine fröhliche<br />
Lebendigkeit bewahrt. Gerade in den Abendstunden<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 69
Unterwegs in Frankreich Paris 14 e<br />
Die Fondation Cartier am Boulevard Raspail wurde vom<br />
französischen Architektenstar Jean Nouvel entworfen.<br />
Die eigentliche Attraktion der Place Denfert-Rochereau<br />
liegt unter der Erde: die Katakomben von Paris.<br />
Liste bekannter Persönlichkeiten, die hier ihre letzte Ruhe<br />
fanden: Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir, Frédéric-<br />
Auguste Bartholdi, Alfred Dreyfus, Serge Gainsbourg,<br />
Charles Garnier, Guy de Maupassant, Samuel Beckett, André<br />
Citroën, um nur einige illustre Namen zu nennen. Auch<br />
ein flügelloser Mühlenturm steht noch auf dem Gelände,<br />
das einst mehrere Mühlen beherbergte. Wandelt man heute<br />
zwischen den mal mehr, mal weniger herrschaftlichen<br />
Grabsteinen umher, erfüllt einen ein recht nachdenkliches<br />
Gefühl. Wie soll man damit umgehen, dass eine Totenruhestätte<br />
zu einer Sehenswürdigkeit mutierte? Darf man hier<br />
von der Schönheit des Ortes sprechen? Während wir noch<br />
unseren Gedanken nachhängen und einen letzten Blick auf<br />
den alles überragenden Tour Montparnasse im Hintergrund<br />
werfen, wenden wir uns dem östlichen Ausgang zu und<br />
erreichen kurz danach unser nächstes Ziel: die Fondation<br />
Cartier.<br />
Er zählt zu den ganz Großen der Welt und ist Aushängeschild<br />
der französischen Architekturszene von heute: Jean<br />
Nouvel. Hier, am viel befahrenen Boulevard Raspail, hat er<br />
einen Bau der Extraklasse geschaffen. Hinter<br />
einer hohen Wand aus Glas verbirgt sich<br />
ein verwunschener Garten, eine Oase<br />
im Großstadtrummel, worin sich<br />
in der Mitte ein Gebäude aus<br />
Stahl und Glas erhebt. Trotz<br />
der Baumasse wirkt alles<br />
leicht und transparent.<br />
Nouvel ist es gelungen,<br />
die Grenzen<br />
zwischen Innen und<br />
Außen verschwimmen<br />
zu lassen. Ein<br />
Meisterwerk moderner<br />
Architektur.<br />
Im Inneren<br />
des Gebäudes<br />
laden Wechselausstellungen<br />
zu einem Besuch ein. Eine gute Gelegenheit,<br />
für einen Moment in die Welt der Kunst abzutauchen<br />
und den Stadtbummel zu unterbrechen.<br />
Von der Fondation Cartier ist es nicht weit bis zur Place<br />
Denfert-Rochereau. Auf der nördlichen Seite des Platzes<br />
thront stolz ein Löwe. Der Verkehr ist chaotisch. Nicht weniger<br />
als sieben große Boulevards treffen hier aufeinander.<br />
Die Platzanlage ist großzügig. Häuser mit Sandsteinfassaden<br />
umschließen drei Seiten des Platzes. Kleine Grünanlagen<br />
wirken recht verloren zwischen den Automassen. Doch<br />
die eigentliche Attraktion der Place Denfert-Rochereau<br />
liegt im Untergrund. Denn durch eines der beiden Häuschen<br />
in der Platzmitte kann man die Katakomben von Paris<br />
betreten. Ein recht schauriges Erlebnis.<br />
Anders als die Katakomben von Rom stammen die Katakomben<br />
hier nicht aus der Antike, sondern aus dem 18.<br />
Ja h rhu nder t .<br />
Fondation Cartier und Denfert-Rochereau:<br />
Kunst und Katakomben<br />
70 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Die teilweise verkehrsberuhigte Rue Daguerre ist für<br />
ihre Feinkostläden und Fromageries bekannt.<br />
Alésia: ein Stück authentisches Paris. Tagsüber wirken die Geschäfte,<br />
abends die Restaurants und Kinos als Anziehungspunkt.<br />
Im ehemaligen Steinbruch von Tombe-Issoire wurden in<br />
den Jahren von 1786 bis 1814 Knochen von den städtischen<br />
Friedhöfen zusammengetragen, fein säuberlich nach Knochenarten<br />
getrennt. So schreitet man heute beispielsweise<br />
durch Gänge voller Schädel oder voller Fingerknochen,<br />
oftmals « kunstvoll » dekoriert. Auch wenn die Katakomben<br />
seit 1972 elektrisch beleuchtet sind, haben sie nichts von<br />
ihrer mysteriösen Seite verloren. Legenden und Schauermärchen<br />
zirkulieren unverändert und locken jedes Jahr<br />
Tausende von Besuchern an.<br />
Rue Daguerre und Alésia:<br />
Authentisches Alltagsleben<br />
Wer sich nach soviel Unterwelt nach etwas mehr Heiterkeit<br />
sehnt, sollte sich in die Rue Daguerre begeben. Die<br />
im östlichen Bereich verkehrsberuhigte Straße ist nicht nur<br />
bei den Bewohnern des 14. Arrondissements für ihre Feinkostläden<br />
und Fromageries bekannt. Auch aus benachbarten<br />
Stadtvierteln kommt man am Samstagmorgen gerne hierher,<br />
um Wochenendeinkäufe zu erledigen. Bistros erlauben<br />
es zudem, den müden Füßen eine kleine Auszeit zu gönnen.<br />
Hier trifft man auf ein authentisches Pariser Leben, das<br />
noch nicht durch Touristen verfälscht wurde.<br />
Gleiches gilt für die Avenue du Général Leclerc in<br />
Richtung Süden bis zur Metrostation Alésia. Es ist eine<br />
typische Einkaufsstraße mit Schuhläden und Modeketten,<br />
Schnellrestaurants und Banken. Eine<br />
Straße, wie man sie in vielen Arrondissements<br />
findet, nichts Spektakuläres und dennoch<br />
ein Stück alltägliches Paris. Auf der Place<br />
Victor et Hélène Basch, die die meisten<br />
Pariser nur unter dem Namen Alésia<br />
kennen, sorgen ein paar Palmen für<br />
südliches Flair im Süden von Paris.<br />
Hier kreuzt die enge, aber lebhafte<br />
Rue d’Alésia die Avenue du<br />
Général Leclerc. In westlicher<br />
Richtung gilt sie als Geheimtipp<br />
unter den einheimischen<br />
Shopping-Experten, reihen<br />
sich doch einige Outletshops,<br />
in denen man preisgünstig Markenmode erwerben kann,<br />
aneinander.<br />
Für alle Architekturliebhaber lohnt sich außerdem ein<br />
weiterer Abstecher. Kurz bevor die Rue d’Alésia an die<br />
Grenze zum 15. Arrondissement führt, geht nach Süden die<br />
Rue des Suisses ab. Passend zum Namen der Straße, wenngleich<br />
auch nur zufällig, haben hier die beiden berühmten<br />
Architekten Herzog und de Meuron aus Basel, die unter<br />
anderem die Allianz-Arena in München, die zukünftige<br />
Elbphilharmonie in Hamburg oder das Olympiastadium<br />
von Peking entworfen haben, einen ihrer wenigen Bauten<br />
auf französischem Boden errichtet: eine Wohnhausanlage<br />
mit einer Fassade aus Kupfer. Zur Straße hin wirkt der Bau<br />
allerdings recht abweisend.<br />
Wir wollen die Rue d’Alésia jedoch in östlicher Richtung<br />
weitergehen und an der nächsten Kreuzung nach<br />
rechts in die Rue de la Tombe Issoire, eine unscheinbare<br />
Wohnstraße, abbiegen. In Höhe der Hausnummer 128<br />
erhebt sich auf der linken Seite eine hohe Steinmauer.<br />
Was von außen wie eine große Lagerhalle aussieht, ist in<br />
Wirklichkeit ein immenses Trinkwasserreservoir für die<br />
Hauptstädter. Hübsch sehen die beiden Glashäuschen aus,<br />
die man von der Avenue Reille aus sieht. Eine Besonderheit<br />
des Reservoirs de Montsouris ist aber den Bewohnern der<br />
anliegenden Häusern vorbehalten, aber auch nur denjenigen<br />
der oberen Etagen: Das Dach der Anlage ist mit einer riesigen<br />
Rasenfläche begrünt.<br />
Square de Montsouris und Parc Montsouris:<br />
Wo die Metropole zur Provinz wird<br />
Auch wir gehen die Avenue Reille entlang und treffen<br />
schon bald auf der rechten Straßenseite auf ein auffallend<br />
weißes Gebäude. Es ist eine der « weißen Villen », die Le<br />
Corbusier in Paris gebaut hat. Hier zweigt auch die kleine<br />
Gasse mit dem Namen Square de Montsouris ab. Man mag<br />
seinen eigenen Augen kaum trauen: War man eben noch<br />
inmitten des Trubels einer Zehn-Millionen-Metropole, so<br />
fühlt man sich schlagartig in die Provinz versetzt. Rechts<br />
und links säumen kleine Einfamilienhäuser die kopfsteingepflasterte,<br />
enge Straße. Vogelgezwitscher liegt in der Luft.<br />
Ein wahrhaftiges Kleinod. Es gibt nicht mehr viele derart<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 71
Unterwegs in Frankreich Paris 14 e<br />
romantische Gassen in der französischen Hauptstadt.<br />
Am Ende der Gasse gelangen wir schließlich zum Parc<br />
Montsouris, die grüne Lunge des 14. Arrondissements ist<br />
ein beliebter Zufluchtsort für Sonnenanbeter, Eltern mit<br />
Kleinkindern und stressgeplagte Großstadtbewohner. Die<br />
hügelige Landschaft und zahlreichen Wiesen machen den<br />
Park ganz besonders attraktiv. Im nordöstlichen Bereich befindet<br />
sich sogar ein kleiner See, an dessen Ufern zahlreiche<br />
Pariser auf Bänken die ersten Sonnenstrahlen im Frühling<br />
genießen oder Kinder im Winter die Enten füttern. Auch<br />
die Tatsache, dass der Park von der RER-Linie B durchschnitten<br />
wird, tut der grünen Idylle keinen Abbruch. Gekonnt<br />
verschwinden die Schienen in einer Trogstrecke.<br />
Cité internationale universitaire:<br />
Treffpunkt der Nationen<br />
Bevor wir unseren Stadtbummel beenden, verlassen wir<br />
den Parc Montsouris in Richtung Süden und überqueren<br />
den Boulevard Jourdan mit seiner nagelneuen Straßenbahn.<br />
Parallel zum Stadtautobahnring, dem Boulevard Périférique,<br />
erstreckt sich die Cité internationale universitaire de<br />
Paris. Auf einem parkähnlichen Gelände verteilen sich 39<br />
Gebäude, die nach verschiedenen Nationen benannt sind,<br />
und die für 5.600 Studenten und wissenschaftliche Mitarbeiter<br />
der Pariser Universitäten ein kostengünstiges Zuhause<br />
bilden.<br />
Die Geschichte der Cité U, wie die Pariser sie nennen,<br />
beginnt im Jahre 1920, als ein bedeutender französischer<br />
Industrieller, Emile Deutsch de la Meurthe, sich sozial<br />
engagieren wollte und den Rektor der Pariser Universität<br />
diesbezüglich kontaktierte. Der Rektor erzählte ihm von<br />
den Problemen der Studenten, bezahlbare Unterkünfte zu<br />
finden. Die Idee einer Studentenstadt war geboren. Die erste<br />
Bauwelle dauerte bis 1937, eine zweite begann nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg und endete 1969. Auch ein deutsches<br />
Haus befindet sich auf dem Gelände, das Heinrich-Heine-<br />
Haus. Gebaut wurde es 1956 und dient seitdem deutschen<br />
Studenten und Forschern als temporäres Heim. Doch das<br />
Heinrich-Heine-Haus ist mehr als nur ein Studentenwohnheim.<br />
Eine Bibliothek und zahlreiche kulturelle Veranstaltungen<br />
liefern einen lebendigen Beitrag zur deutsch-französischen<br />
Verständigung.<br />
Der Tag geht langsam zu Ende, als wir zwischen den<br />
einzelnen Wohnheimen der Cité internationale universitaire<br />
umherschlendern. Auf der großen Wiese hinter dem<br />
Zentralgebäude spielen Studenten aus aller Herren Länder<br />
gemeinsam Fußball. Jogger aus der Umgebung wissen die<br />
Grünanlagen ebenfalls zu schätzen. Unsere Füße tun uns<br />
vom vielen Laufen weh. Aber hinter uns liegt ein Tag neuer<br />
Gewissheit. Der Gewissheit, dass man in Paris auch jenseits<br />
der klassischen Sehenswürdigkeiten auf viel Sehenswertes<br />
stoßen kann. Selbst in einem so gewöhnlichen Arrondissement<br />
wie dem 14.<br />
Die malerische Gasse Square de Montsouris mit ihrem<br />
fast ländlichen Charme begrüßt ihre Besucher gleich zu<br />
Anfang mit einer der berühmten Villen von Le Corbusier.<br />
72 · Frankreich erleben · · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Der Parc Montsouris ist eine grüne Oase mitten in der Stadt. Sehr international geht es hingegen in der<br />
Cité internationale universitaire zu: Viele Nationen haben dort Studentenwohnheime eingerichtet.<br />
Für den Stadtrundgang sollte man<br />
einen ganzen Tag einplanen und<br />
über eine gute Kondition verfügen. Ansonsten<br />
bietet es sich an, Teilabschnitte<br />
mit dem Bus oder der Métro<br />
zurückzulegen. Es ist unter Umständen<br />
ratsam, Schwerpunkte zu setzen.<br />
Parc Montsouris<br />
Öffnungszeiten: 8.00 Uhr (am Wochenende<br />
9.00 Uhr) bis 17.30 Uhr bzw. 21.30<br />
Uhr (je nach Jahreszeit)<br />
Cité internationale<br />
universitaire de Paris<br />
www.ciup.fr<br />
Heinrich-Heine-Haus<br />
www.maison-heinrich-heine.org<br />
14. Arrondissement<br />
im Internet<br />
www.mairie14.paris.fr<br />
La Coupole<br />
102, boulevard du Montparnasse<br />
75014 Paris<br />
Telefon: +33 (0)1 43 20 14 20<br />
Comédie Italienne<br />
17, rue de la Gaîté<br />
75014 Paris<br />
www.comedie-italienne.fr<br />
Place du 18 Juin 1940<br />
La Coupole<br />
Rue de la Gaîté Comédie italienne<br />
Théâtre Montparnasse<br />
Cimetière du Montparnasse<br />
Place de Catalogne<br />
Fondation Cartier<br />
Place Denfert-Rochereau<br />
Rue Daguerre<br />
Théâtre Montparnasse<br />
31, rue de la Gaîté<br />
75014 Paris<br />
www.theatremontparnasse.com<br />
Rue des Suisses<br />
Rue d'Alésia<br />
Alésia<br />
Avenue du Général Leclerc<br />
Cimetière du Montparnasse<br />
www.paris.fr<br />
> Parcs & Jardins > Cimetières parisiens<br />
> Cimetières intra-muros<br />
Réservoir de Montsouris<br />
Fondation Cartier<br />
261, boulevard Raspail<br />
75014 Paris<br />
www.fondation.cartier.fr<br />
Les Catacombes de Paris<br />
Eingang: Denfert-Rochereau<br />
Öffnungszeiten: Di – So 10.00 – 17.00 Uhr<br />
Square de Montsouris<br />
Parc Montsouris<br />
Cité universitaire<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 73
Unterwegs in Frankreich Hotel<br />
Ein modernes Hotel<br />
voller Überraschungen im Elsass<br />
Das erste, was bei der Ankunft<br />
auffällt, ist die Ruhe. Das Hotel<br />
befindet sich im Nordwesten<br />
von Mulhouse im kleinen Dorf<br />
Guebwiller, oder genauer gesagt, am<br />
Ortseingang. Hier ist alles überschaubar.<br />
Le Domaine du Lac ist nicht einer<br />
dieser Hotelkomplexe mit großem Park<br />
und hohen Mauern, sondern eine Anlage<br />
bescheidener Größe, welche sich<br />
gut in die Umgebung einpasst. Wirkt<br />
das Hotel von außen recht bieder und<br />
unscheinbar, merkt man aber schon<br />
beim Betreten der Lobby, dass der äußere<br />
Schein trügt. Le Domaine du Lac<br />
ist ein durch und durch modern gestaltetes<br />
Haus, das erst vor kurzem komplett<br />
renoviert wurde. Große Fenster<br />
öffnen sich zum See hin. Alles ist sehr<br />
hell und lichtdurchflutet.<br />
Im Gegensatz zu gewöhnlichen<br />
Design-Hotels wurde bei der Innengestaltung<br />
aber bewusst auf Extravaganzen<br />
verzichtet. Alles wirkt durchdacht<br />
und praktisch. Eine gewisse<br />
Bodenständigkeit ist auch nach der<br />
Renovierung und trotz der Vorliebe für<br />
modernes Design geblieben. Man will<br />
nicht um jeden Preis auffallen, sondern<br />
den Aufenthalt möglichst angenehm<br />
gestalten. Wenn man zu den Zimmern<br />
hochgeht, ist man ebenfalls positiv überrascht.<br />
Warme Farbtöne sorgen für eine<br />
große Behaglichkeit. Einige Zimmer<br />
bieten sogar einen Balkon mit Seeblick.<br />
Flachbildschirme, WLAN sowie moderne<br />
Badezimmer gehören zum Ausstattungsstandard.<br />
Im Elsass gibt es noch nicht viele<br />
Hotels mit modernem Design. Die<br />
meisten davon findet man vor allem in<br />
den großen Städten wie Straßburg. Die<br />
Entscheidung, ein solches Haus in Guebwiller<br />
zu eröffnen, kann also als durchaus<br />
mutig eingestuft werden. Doch nach nur<br />
einem Jahr scheint die Rechnung bereits<br />
aufgegangen zu sein. Das junge Team<br />
hinter dem Hotel ist motiviert und zuversichtlich.<br />
Der Direktor Alain Spinner, 35<br />
Jahre alt, sammelte zuvor Erfahrungen in<br />
diversen Restaurants, darunter im 3-Sterne-Restaurant<br />
Crayères Boyer in Reims<br />
sowie im Restaurant des Museums der<br />
Modernen Kunst in Straßburg. Der Küchenchef<br />
Pierre Irion, 28 Jahre alt, arbeitete<br />
bereits in zwei 3-Sterne-Restaurants.<br />
Der Sommelier Jérôme Davy, 44 Jahre<br />
alt, kann große Hotels wie das Sheraton<br />
Skyline in London oder das Flambard in<br />
Lille in seinem Lebenslauf verbuchen.<br />
74 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Gent<br />
Dunkerque<br />
St. Omer<br />
A 26 / E 15<br />
A 25<br />
Arras<br />
Lille<br />
Béthune<br />
Lens<br />
Douai<br />
FRANCE<br />
BELGIQUE<br />
A 1 / E 17<br />
A 27<br />
Roubaix<br />
A 23<br />
Cambrai<br />
Namur<br />
Liège<br />
BELGIEN<br />
A 1 / E 15<br />
Amiens<br />
Montdidier<br />
St. Quentin<br />
Laon<br />
Charleville-<br />
Mézières<br />
Sedán<br />
ampes<br />
Clermont<br />
Pithiviers<br />
leans<br />
n<br />
Bourges<br />
Paris<br />
Reims<br />
Rethel<br />
A26 / E17<br />
Es ist deshalb auch nicht erstaunlich,<br />
dass die Speisekarte des Hotel-<br />
Epernay<br />
restaurants innovativ daherkommt.<br />
Chalons-en-<br />
Viel Wert wird darauf Champagne gelegt, dass<br />
die einzelnen Bestandteile eines<br />
Gerichts ihren Geschmack bewahren.<br />
Zur Auswahl gehört ein Menu<br />
du marché zu attraktiven Preisen: 17<br />
Euro für zwei, 20 Euro für drei Gänge.<br />
Überhaupt liegt eine Troyes der größten<br />
Überraschungen des Hotels in der<br />
Preisgestaltung. Offiziell besitzt Le<br />
Domaine du Lac zwei Sterne, obwohl<br />
es ob seines Standards leicht drei<br />
Sterne tragen könnte. Hinter der Bescheidenheit<br />
steckt aber eine Chablis bewusste<br />
Strategie: Man möchte dem Gast ein<br />
ganz besonderes Preis-Leistungs-Verhältnis<br />
bieten. Eine Wahl, die erfolgversprechend<br />
zu sein scheint.<br />
Avallon<br />
N 6<br />
N 77<br />
D 965<br />
Vouziers<br />
Bois de Roucy<br />
FRANCE<br />
244, rue de la République<br />
Châteu-<br />
68500<br />
Bar-le-Duc<br />
Guebwiller Commercy Salins<br />
Telefon: +33 (0)3 89 76 15 00 Nancy<br />
Fax: +33 (0)3 89 74 14 63 Toul<br />
St. Dizier<br />
Lunéville<br />
E-<strong>Mai</strong>l: contact@<br />
domainedulac-alsace.com<br />
Montbard<br />
36 Zimmer, WLAN<br />
A 6<br />
Verdun<br />
Le Domaine du Lac<br />
Internet<br />
www.domainedulac-alsace.com Epinal<br />
Chaumont<br />
Zimmerpreise<br />
DZ ab 48 ,, DZ mit Seeblick ab 63 ,<br />
A 5 / E 17 - E 54<br />
Dijon<br />
A 38<br />
A4 / E50<br />
Hotelausstattung<br />
A 31<br />
Thionville<br />
Neufchâteau<br />
A 36<br />
Dole<br />
Arc-et-Senans<br />
Metz<br />
A 31<br />
Vesoul<br />
Besancon<br />
Saarbrücken<br />
A 4<br />
D 955<br />
N 74<br />
Sarrebourg<br />
N 4<br />
St.Die<br />
Belfort<br />
Molsheim<br />
Guebwiller<br />
5<br />
Mulhouse<br />
A 36 / E 60<br />
A 4 / E 25<br />
Colmar<br />
A 35 / E 25<br />
Haguenau<br />
Strasbourg<br />
Bern<br />
Basel<br />
Wissembourg<br />
Karlsruhe<br />
Freiburg<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 75<br />
Neuchâtel<br />
Baden-Bade
Arte-Programm<br />
programmempfehlungen<br />
Samstag, 5. <strong>Mai</strong> <strong>2007</strong>, 20.45 Uhr<br />
Trafalgar<br />
Fiktionale Dokumentation, Frankreich 2006, 52 min<br />
Die Seeschlacht von Trafalgar: für die Engländer<br />
der Triumph über die Weltmeere, für die<br />
Franzosen eine große Niederlage. Die fiktionale<br />
Dokumentation stellt die Seeschlacht von Trafalgar,<br />
die den Engländern die Vorherrschaft<br />
auf See sicherte, aus der Sicht des französischen<br />
Admirals Villeneuve dar. Kommentiert wird<br />
der erbitterte Kampf der Erzfeinde von Historikern<br />
und Seefahrtspezialisten vor der Kulisse<br />
beeindruckender Spezialeffekte.<br />
Mittwoch, 9. <strong>Mai</strong> <strong>2007</strong>, 20.15 Uhr<br />
Manon<br />
Oper, Deutschland <strong>2007</strong>,<br />
Musikalische Leitung: Daniel<br />
Barenboim;<br />
Inszenierung:<br />
Vincent Peterson; Komponist:<br />
Jules Massenet; Libretto:<br />
Henri Meilhac, Philippe Gille<br />
Das Traumpaar der Oper ist wieder da: Anna Netrebko<br />
in der Rolle der luxussüchtigen Kindfrau Manon und<br />
Rolando Villazón als Chevalier des Grieux machen die<br />
Aufführung der « Manon » an der Berliner Staatsoper zu<br />
einem Ereignis. In Szene gesetzt werden sie dabei von dem<br />
Choreografen und Regisseur Vincent Paterson. ARTE<br />
überträgt die Oper live aus Berlin. Durch den Abend führt<br />
Annette Gerlach.<br />
Montag – Freitag,<br />
ab 14. <strong>Mai</strong> <strong>2007</strong>, 20.15 Uhr<br />
Die Schule der Ärzte<br />
Doku-Reihe, Frankreich <strong>2007</strong>,<br />
10x 26 min<br />
Die zehnteilige Doku-Soap begleitet Medizinstudenten<br />
und Assistenzärzte auf ihrem nicht immer leichten Weg<br />
zum Arztberuf. Ob die jungen Mediziner ihre erste Patientenbefragung<br />
durchführen, zur Übung eine Leiche<br />
sezieren oder zum ersten Mal im OP assistieren – die Kamera<br />
ist immer dabei. Aus der Perspektive der zukünftigen<br />
Ärzte fängt sie die Situationen und Stimmungen in der<br />
Uniklinik ein.<br />
Sonntag, 6. <strong>Mai</strong> <strong>2007</strong>, 20.45 Uhr<br />
La Côte – Ein Traum vom Süden<br />
Themenabend<br />
Einst war die Côte d‘Azur Paradies und<br />
Inspiration für Maler und Dichter sowie<br />
Winterresidenz für die wenigen, die sich<br />
das Reisen leisten konnten. Heute prägt<br />
der Massentourismus, aber auch verschwenderischer<br />
Luxus die Region. Der<br />
Themenabend begibt sich auf eine Reise<br />
an die französische Mittelmeerküste.<br />
Dort begegnet er der großen Geschichte<br />
des Landstrichs, aber auch der immer<br />
noch faszinierenden Gegenwart.<br />
Dienstag, 22. <strong>Mai</strong> <strong>2007</strong>, 20.45 Uhr<br />
Glanz und Glamour<br />
an der Côte d’Azur<br />
Themenabend<br />
Anlässlich der 60. Filmfestspiele<br />
in Cannes unternimmt<br />
ARTE eine Reise<br />
zur legendären französischen<br />
Riveria auf den<br />
Spuren großer Filmstars. Ein Abend mit Brigitte Bardot,<br />
Catherine Deneuve, Sophie Marceau, aber auch mit Grace<br />
Kelly, Sophia Loren, Liz Taylor, Marlon Brando und John<br />
Wayne – sie alle haben sich auf der Croisette feiern und<br />
ablichten lassen. Der Dokumentarfilm « French Beauty<br />
» geht dem Geheimnis der berühmten französischen<br />
Schauspielerinnen auf den Grund. « Grace-Filmstar und<br />
Fürstin » erzählt die Geschichte der Hochzeit des Jahrhunderts<br />
von Grace Kelly und Fürst Rainier von Monaco. In<br />
den 1950er-Jahren war die Côte d’Azur Schauplatz eines<br />
gesellschaftlichen und kulturellen Spektakels von nie<br />
gesehener Grandezza. Davon erzählt zum Abschluss des<br />
Abends « Riviera Cocktail ».<br />
76 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
✔
Art de Vivre Chanson<br />
Neue französische Welle<br />
Was verbirgt sich hinter dem Begriff nouvelle scène?<br />
Dem französischen Chanson<br />
geht es gut – es fasziniert sein<br />
Publikum nach wie vor. So<br />
wurde die diesjährige Berlinale mit « La<br />
vie en rose », Olivier Dahans Filmbiographie<br />
der legendären Edith Piaf, eröffnet.<br />
Seine Hauptdarstellerin, Marion<br />
Cotillard, galt für ihre Verkörperung<br />
des « Spatzes von Paris » während des<br />
Festivals sogar als heiße Anwärterin auf<br />
den Darstellerinnenpreis – musste sich<br />
schließlich jedoch Nina Hoss geschlagen<br />
geben. Aber nicht nur die unsterblichen<br />
Sängerlegenden von gestern<br />
halten die Faszination am Leben. Zahlreiche<br />
junge französische Musikerinnen<br />
und Musiker haben die mittlerweile<br />
fast klassische Gattung des französischen<br />
Chansons für sich (wieder-)<br />
entdeckt und ihr neues Leben eingehaucht.<br />
In Frankreich spricht man von<br />
ihnen als den Vertretern der nouvelle<br />
scène. Um allerdings zu verstehen, was<br />
sich genau hinter diesem Schlagwort<br />
verbirgt, sollte man sich zunächst mit<br />
dem Begriff des Chansons beschäftigen.<br />
Leider ist es nicht ganz einfach zu<br />
erklären, was ein Lied zum Chanson<br />
macht. Die Vokabel chanson an sich<br />
(auf Deutsch schlicht « Lied ») hilft<br />
wenig weiter – schließlich bezeichnet<br />
der Begriff (deutsch wie französisch)<br />
unterschiedslos eine enorme Bandbreite<br />
musikalischer Äußerungen.<br />
Kinderlieder, Marsch- und Wanderlieder,<br />
Protest- und Volkslieder,<br />
Schlager, Pop- und Rocksongs – so<br />
ziemlich alles Gesungene lässt sich als<br />
Lied beschreiben, mit Ausnahme der<br />
Opernarie vielleicht. So fallen theoretisch<br />
auch die zahlreichen Titel der<br />
sogenannten variété française unter den<br />
Begriff Chanson. Allerdings bilden<br />
die gesammelten Werke von Sheila<br />
oder France Gall (den Hauptvertreterinnen<br />
der sogenannten yéyé-Welle in<br />
den 1960ern) oder die Hits von Claude<br />
François, Dalida, Mireille Mathieu<br />
und Sylvie Vartan (um nur einige der<br />
populärsten Sängerinnen und Sänger<br />
der 1970er zu nennen) ein Subgenre,<br />
das man in Deutschland eher als<br />
Schlager bezeichnen würde.<br />
Diese Lieder gelten in Frankreich<br />
hingegen ebenso als chansons wie die<br />
chansons à texte, also die engagierten,<br />
intellektuellen Lieder des Pariser Rive<br />
Gauche, deren Interpretation Juliette<br />
Gréco zur Muse der Existentialisten<br />
machte und die von so unterschiedlichen<br />
künstlerischen Charakteren wie<br />
Boris Vian, Jaques Brel, Georges Brassens,<br />
Barbara oder Serge Gainsbourg<br />
geschaffen wurden. Es mag für unsere<br />
französischen Nachbarn sprechen, dass<br />
Bureau de l’export de la musique française<br />
Interview mit Patrice Hourbette, Leiter der Berliner Niederlassung<br />
Herr Hourbette, was ist die Aufgabe des Bureau de l’export<br />
de la musique française (BM)?<br />
Das Berliner Büro des BM gibt es jetzt seit elf Jahren.<br />
Unsere Aufgabe ist es, mit allen uns möglichen Mitteln<br />
die französische Musik bekannt zu machen. Das Berliner<br />
Büro betreut dabei ein großes Gebiet. Neben den deutschsprachigen<br />
Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz)<br />
sind wir auch für die Niederlande und die Benelux-Länder<br />
zuständig. Darüber hinaus sind wir in Tschechien und Ungarn<br />
sehr aktiv.<br />
Im Kern ist unsere Aufgabe in all diesen Ländern ein<br />
vielfältiger Vermittlerjob. Das heißt, wir vermitteln französische<br />
Künstler an Festivals und Agenturen, wir vermitteln<br />
zwischen französischen und deutschen Labels, unterstützen<br />
den Vertrieb französischer Plattenfirmen und vieles mehr.<br />
Dem Publikum sind wir vielleicht weniger bekannt, wir<br />
arbeiten aber erfolgreich mit den Profis des Musikgeschäfts<br />
zusammen. Dabei beraten wir sowohl französische Plattenfirmen<br />
und Künstler im Hinblick auf den deutschen Markt,<br />
als auch deutsche Plattenfirmen und Konzertveranstalter,<br />
die Interesse an französischen Künstlern haben.<br />
Wie finanziert sich das Büro?<br />
Wir werden zu 50 Prozent von der französischen Botschaft<br />
und zu 50 Prozent von den Plattenfirmen finanziert.<br />
Die Mischung aus einer halb öffentlichen und halb privaten<br />
Finanzierung halte ich für eine gute Kombination, da uns<br />
die Plattenfirmen so praktisch als ihr eigenes Büro betrachten<br />
und gerne und gut mit uns zusammenarbeiten.<br />
Die Zahlen sprechen dabei für sich: Im letzten Jahr<br />
wurden in Deutschland über vier Millionen CDs französischsprachiger<br />
Künstler verkauft. Das entspricht einer Steigerung<br />
von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr, während<br />
gleichzeitig der Markt um 10 Prozent zurückgegangen ist.<br />
78 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Außerdem fanden 2006 allein in Deutschland über 1.500<br />
Konzerte statt. In Berlin treten pro Monat mindestens zehn<br />
französische Künstler auf. Die Zahlen stimmen also.<br />
Wo sehen Sie, angesichts dieser Erfolge, die Probleme und<br />
Herausforderungen der Zukunft?<br />
Unser Problem ist nicht so sehr das Publikum. Mittlerweile<br />
gilt Frankreich in Deutschland nicht mehr als das<br />
Land von Baguette und Akkordeonmusik, sondern die<br />
Menschen wissen, dass französische Musiker in allen<br />
Musikbereichen Gutes und Interessantes zu bieten haben.<br />
In Deutschland ist man sehr interessiert an dieser Musik<br />
– wenn man sie denn zu hören bekommt. Leider ist aber<br />
die Präsenz von französischer Musik in Radio und Fernsehen<br />
nach wie vor gering. Was ich mir wünschen würde,<br />
wäre mehr Air-Play, aber die Sender sind so formatiert,<br />
dass man französische Musik dort nur schwer unterbringen<br />
kann.<br />
Welche Termine müssen sich Fans französischer Musik in<br />
diesem Jahr vormerken?<br />
Wichtigster Termin ist auch für uns natürlich die Popkomm<br />
im September in Berlin, bei der wir mit zehn bis<br />
zwanzig Bands vertreten sein werden. Außerdem veranstalten<br />
wir vom 3. bis 7. Oktober das Jazzfestival « Jazzdor Berlin<br />
», sozusagen als Ableger des bekannten gleichnamigen<br />
Straßburger Jazzfestivals.<br />
Inwieweit hatte das Aufkommen der nouvelle scène in Frankreich<br />
Auswirkungen auf das Interesse an französischsprachiger<br />
Musik im Ausland?<br />
Die nouvelle scène ist trendy. Künstler wie Benjamin Biolay,<br />
Coralie Clement und andere haben das Chanson regeneriert<br />
und sind damit populär und erfolgreich. Die Journalisten interessieren<br />
sich für das Phänomen; zum Beispiel hat das ZDF<br />
eine zweistündige Sendung über die nouvelle scène gebracht.<br />
Dieses Interesse hilft uns natürlich. Die erfolgreichsten französischen<br />
Künstler in Deutschland sind – neben Bob Sinclair<br />
im elektronischen Bereich – Vertreterinnen der nouvelle scène:<br />
Carla Bruni und Charlotte Gainsbourg.<br />
Herr Hourbette, wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 79
Art de Vivre Chanson<br />
sie die typisch deutsche Unterscheidung<br />
zwischen U- und E-Musik – zumindest<br />
begrifflich – nicht vornehmen.<br />
Hilfreich ist sie aber schon, wenn man<br />
versucht, den Begriff Chanson näher<br />
zu bestimmen. Bezeichnen wir also<br />
der Einfachheit halber nur die etwas<br />
anspruchsvolleren chanson à texte als<br />
Chansons im Wortsinne.<br />
Kurt Tucholsky bezeichnete diese<br />
typisch französische Liedform einmal<br />
als ein « Welttheater in drei Minuten »<br />
und traf damit – einmal mehr – den<br />
Nagel auf den Kopf: Ein Chanson erzählt<br />
in kürzester Zeit eine Geschichte,<br />
ist gesungene Lyrik. Es bietet<br />
eine Bühne für Alltagsbegebenheiten<br />
und die große Liebe, für satirischen<br />
Spott und tiefe Gefühle, Privates und<br />
Politisches. Seine bildreiche, poetische<br />
Sprache und seine einfachen,<br />
eingängigen Melodien machen es zu<br />
einer populären Gattung. Musikalisch<br />
vielen Einflüssen und Stilrichtungen<br />
gegenüber offen, definiert sich das<br />
Chanson allerdings weniger über seine<br />
Musik als über die Bedeutung, die es<br />
dem Text und seiner möglichen Interpretationen<br />
beilegt. Während man also<br />
die Frage stellen könnte, ob der Chansontext<br />
eine eigenständige literarische<br />
Gattung ausmacht, lässt sich gleiches<br />
über dessen musikalische Form nicht<br />
sagen.<br />
Das Chanson verlangt nach einer<br />
theatralischen Ausdruckskraft, die<br />
ebenso Gesang wie Schauspiel ist.<br />
Edith Piaf ist für die Franzosen dabei<br />
nach wie vor die Referenzgröße, an der<br />
sich jede Sängerin und jeder Sänger<br />
messen lassen muss. So kommen auch<br />
die Kandidaten von « Nouvelle Star »<br />
und « Star Academy », den Castingshows<br />
des französischen Fernsehens,<br />
selbstverständlich nicht umhin, immer<br />
mal wieder mit ihrer Interpretation von<br />
« La vie en rose », « Hymne à l’amour »<br />
oder « Je ne regrette rien » um die Publikumsgunst<br />
zu buhlen. Die Vertreter<br />
der nouvelle scène versuchen hingegen<br />
nicht, die großen Vorbilder schlicht<br />
zu kopieren. Ihre Lieder sind genauso<br />
sehr Hommage an die Tradition des<br />
französischen Chansons wie dessen<br />
Neuinterpretation.<br />
Soviel zur grauen Theorie. Doch<br />
wer verbirgt sich konkret hinter der<br />
nouvelle scène? Zuvor jedoch eine Einschränkung:<br />
Wie immer bei Kategorisierungsversuchen<br />
sind auch hier die<br />
Grenzen verschwommen. Kein Musiker<br />
lässt sich gerne in eine Schublade<br />
stecken, und was der eine zur nouvelle<br />
scène zählt, rechnet die andere vielleicht<br />
eher zur Pop- oder Rockmusik.<br />
Sei’s drum: 2001 veröffentlichte Coralie<br />
Clément ihr Debütalbum « Salle de<br />
pas perdu », mit dem sie die Tradition<br />
von Chansonlegenden wie Jane Birkin<br />
und Françoise Hardy fortschreibt.<br />
Eine Tradition, die sie mit moderner<br />
Loungemusik und brasilianischem<br />
bossa nova gekonnt zu einem eigenen<br />
Stil verbindet. Die meisten ihrer Titel<br />
hat ihr Bruder für sie geschrieben<br />
– selbst einer der wichtigsten Vertreter<br />
der nouvelle scène, Benjamin Biolay. Er<br />
veröffentlichte im gleichen Jahr sein<br />
Solodebüt, das Konzeptalbum « Rose<br />
Kennedy », das in 14 jazzbeeinflussten,<br />
melancholischen Tracks die erfundene<br />
Geschichte eines bislang unbekannten<br />
Mitglieds des Kennedyclans erzählt.<br />
Biolays Folgealbum « Négatif », auf<br />
dem er seinem Klang Einflüsse des<br />
Folk beimischt, etablierte ihn endgültig<br />
als vielseitigen und kreativen Musiker,<br />
von dem sich auch anerkannte Größen<br />
mittlerweile gerne Titel schreiben lassen.<br />
So kam es 2003 mit dem Album<br />
« Aimez-vous les uns les autres ou bien<br />
disparaissez… » zu einer spannenden<br />
Begegnung zwischen alter und neuer<br />
Chansonszene. Auf diesem Album<br />
interpretiert Juliette Gréco nicht nur<br />
Lieder, die Biolay für sie komponiert<br />
hat, sondern ebenso Chansons von<br />
dessen Vorbild Serge Gainsbourg. Ein<br />
Jahr später veröffentlichte Biolay unter<br />
dem Titel « Home » eine CD mit Duetten,<br />
interpretiert von ihm und seiner<br />
Frau, der Schauspielerin und Deneuve-<br />
Tochter Chiara Mastroianni.<br />
2002 überraschte das ehemalige<br />
Topmodel Carla Bruni die Musikwelt<br />
mit ihrem Debütalbum « Quelqu’un<br />
m’a dit », das europaweit erfolgreich<br />
war und auch in Deutschland schnell in<br />
die Top 20 der Albumcharts aufstieg.<br />
Musikkritiker hören in ihren Chansons,<br />
die sie mit sinnlich-verhaltener<br />
Stimme singt, die Vorbilder Georges<br />
Brassens und Joni Mitchell. Mindestens<br />
ebenso erfolgreich ist zurzeit der<br />
Sänger Raphael, der bei den Victoires de<br />
la musique 2006 gleich dreimal ausgezeichnet<br />
wurde – als bester männlicher<br />
Sänger, für das beste Album und das<br />
beste Chanson. Dabei handelt es sich<br />
um den Titelsong seines im Jahr zuvor<br />
veröffentlichten Albums « Caravane ».<br />
Weitere Namen lassen sich nennen:<br />
Vincent Delerm, der mit satirischironischen<br />
musikalischen Alltagsgeschichten<br />
Erfolg hat. Auf seinem<br />
bescheiden nach ihm selbst benannten<br />
Album von 2002 erzählt er unter anderem<br />
von seiner Abneigung gegen<br />
lange Shakespearemonologe und<br />
seiner Verehrung für Fanny Ardant.<br />
Oder Aldebert, der 2004 sein drittes<br />
Chansonalbum, « L’annee du singe »,<br />
veröffentlichte, auf dem er mit « Carpe<br />
Diem » der Neuen in seiner Klasse<br />
nachträglich ein musikalisches Denkmal<br />
setzte. Oder schließlich Bénabar,<br />
der sich mit seinem Album « Les risques<br />
du métier » nahtlos in diese kleine<br />
Reihe der humoristischen Alltagsbeschreibungen<br />
einreiht.<br />
Anderes gilt es zu entdecken: Keren<br />
Ann, in Israel geborene Tochter<br />
eines russisch-jüdischen Vaters und einer<br />
holländisch-indonesischen Mutter,<br />
aufgewachsen in Paris, veröffentlichte<br />
2000 ihr Debütalbum « La Biographie<br />
de Luka Philipsen ». Dabei handelt<br />
es sich übrigens wiederum um ein<br />
erfolgreiches Projekt, an dem Benjamin<br />
Biolay beteiligt war. Gemeinsam<br />
schrieben sie darüber hinaus im gleichen<br />
Jahr einige Titel des Comeback-<br />
Albums von Henri Salvador, dem<br />
großen alten Herrn des französischen<br />
Chansons. Oder die Gruppe Tryo,<br />
die das Chanson mit Einflüssen des<br />
akustischen Reggae mischt. Oder<br />
schließlich die Paris Combo, die eine<br />
bemerkenswerte Mixtur aus Chanson<br />
und osteuropäischer Folklore liefert.<br />
Die nouvelle scène erweist sich als<br />
erstaunlich vielfältig – vielleicht kann<br />
sie sogar die Tradition, der sie ihre<br />
Referenz erweist und die sie in die Zukunft<br />
führt, an Vielfalt noch übertreffen.<br />
Wie gesagt: Dem französischen<br />
Chanson geht es gut – es fasziniert<br />
sein Publikum nach wie vor.<br />
80 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
7. Düsseldorfer Frankreichfest<br />
13.-15. Juli <strong>2007</strong> in der Düsseldorfer Altstadt<br />
Drei Tage »savoir vivre« in Düsseldorf<br />
6. Tour de Düsseldorf mit 150 französischen Oldtimern<br />
Kulinarische Köstlichkeiten und buntes Kulturprogramm
Art de Vivre Kulturprogramm<br />
Festival International<br />
des Jardins<br />
Chaumont-sur-Loire,<br />
bis 14.10.<strong>2007</strong><br />
Les Gobelins,<br />
1607-<strong>2007</strong><br />
Paris, 12.05. – 30.<strong>09</strong>.<strong>2007</strong><br />
44. Internationale<br />
Segelwoche<br />
La Rochelle, 17. – 20.05.<strong>2007</strong><br />
Seit 16 Jahren bezaubert das<br />
Gartenfestival an der Loire immer<br />
mehr Besucher und hat sich zu<br />
einer Veranstaltung mit internationalem<br />
Renommee gemausert. Das<br />
Prinzip dahinter ist einfach: Jedes<br />
Jahr wird eine Thematik sowie ein<br />
Slogan festgelegt, und Teams aus<br />
der ganzen Welt schaffen dazu passend<br />
ein Stück Garten in vorgegebenen<br />
Parzellen. <strong>2007</strong> geht es unter<br />
dem Motto « Mobiles » um die<br />
Mobilität. Die Ergebnisse sind oft<br />
überraschend und voller Ideen. Da<br />
das Festival von April bis Oktober<br />
dauert, lässt sich sogar der Verlauf<br />
der Jahreszeiten gut beobachten.<br />
Château de Chaumont-sur-Loire<br />
Conservatoire International des<br />
Parcs et Jardins et du Paysage<br />
41150 Chaumont-sur-Loire<br />
Telefon: +33 (0)2 54 20 99 22<br />
Internet<br />
www.chaumont-jardins.com<br />
Öffnungszeiten<br />
Täglich 9.30 Uhr bis zum Einbruch der<br />
Dunkelheit (Kassenschluss 19.00 Uhr)<br />
Eintrittspreise<br />
9,00 €, ermäßigt 6,50 €, Kinder bis 11<br />
Jahre 3,50 €, Kinder bis 6 Jahre frei<br />
Nach der Schließung im Jahre<br />
1972 wird die Galerie des Gobelins<br />
nach aufwendigen Renovierungsarbeiten<br />
diesen Frühling wieder fürs<br />
Publikum geöffnet. Zum 400. Jahrestag<br />
der Gründung der Weberei<br />
Faubourg Saint-Marcel durch Henri<br />
IV., woraus später die Manufacture<br />
des Gobelins wurde, wird in diesem<br />
historischen Gebäude eine Ausstellung<br />
zur Geschichte der Webkunst<br />
organisiert. Gezeigt werden vier<br />
Jahrzehnte der Kreation mit Meisterwerken<br />
der Vergangenheit und<br />
zeitgenössischen Exponaten. Eine<br />
Entdeckungsreise ins Reich der<br />
Dekoration, der Webarbeiten und<br />
des Designs im Allgemeinen.<br />
Galerie des Gobelins<br />
42, avenue des Gobelins<br />
75013 Paris<br />
Telefon: +33 (0)1 44 08 53 49<br />
Öffnungszeiten<br />
Di – So 12.30 – 18.30 Uhr<br />
Führungen um 14.00 & 14.45 Uhr<br />
Besichtigung der Manufaktur<br />
Di – Do 14.00 – 16.30 Uhr<br />
Eintrittspreise<br />
6,00 €, ermäßigt 4,00 €<br />
Ausstellung & Manufaktur 10,00 €<br />
La Rochelle an der Atlantikküste<br />
gehört zu den großen Orten<br />
des weltweiten Segel- und Wassersports.<br />
Der Hafen der Stadt ist<br />
regelmäßig Austragungsort bedeutender<br />
Veranstaltungen, wozu auch<br />
die internationale Segelwoche im<br />
<strong>Mai</strong> gehört, die dieses Jahr zum<br />
44. Mal stattfindet. Zu den Höhepunkten<br />
zählt ein Segelbootrennen<br />
bei Nacht sowie die Tour de Ré.<br />
Am 19. <strong>Mai</strong> treten zudem 250 Segelboote<br />
zu einem Wettkampf der<br />
drei Inseln an, womit die Inseln Ré,<br />
Aix und Oléron gemeint sind. Ob<br />
als Teilnehmer oder Besucher, La<br />
Rochelle wird sich in dieser Woche<br />
noch maritimer und festlicher als<br />
sonst präsentieren.<br />
Hafen von La Rochelle<br />
Informationen<br />
Office de Tourisme<br />
Le Gabut<br />
17000 La Rochelle<br />
Telefon: +33 (0)5 46 41 14 68<br />
Internet<br />
www.srr-sailing.com<br />
www.larochelle-tourisme.com<br />
Eintrittspreise<br />
Kostenlos<br />
82 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Nacht der Museen<br />
Landesweit, 19.05.<strong>2007</strong><br />
Grand Prix<br />
Automobile de<br />
Pau<br />
Pau, 01. – 03.06.<strong>2007</strong><br />
Bordeaux feiert<br />
seinen Strom<br />
Bordeaux, 21. – 24.06.<strong>2007</strong><br />
In vielen Städten Europas hat<br />
sich die Nacht der Museen als<br />
ein fester Termin im Veranstaltungskalender<br />
etabliert, so auch in<br />
Frankreich. Im letzten Jahr haben<br />
rund 1,2 Millionen Menschen die<br />
934 teilnehmenden Museen im<br />
ganzen Land besucht. Auch dieses<br />
Jahr wird wieder mit einem großen<br />
Besucherandrang gerechnet. Das<br />
Prinzip ist immer das gleiche: Die<br />
Museen öffnen kostenlos von Sonnenuntergang<br />
bis 1.00 Uhr nachts.<br />
Viele Museen veranstalten außerdem<br />
ein großes Begleitprogramm<br />
mit Vorführungen, Lesungen, Musikgruppen<br />
etc. <strong>2007</strong> liegt der Tag<br />
dabei besonders gut, fällt er doch<br />
mit dem langen Wochenende um<br />
Himmelfahrt zusammen. Ideal für<br />
alle auswärtigen Touristen.<br />
Diverse Veranstaltungsorte<br />
Programm und Informationen<br />
www.nuitdesmusees.culture.fr<br />
Öffnungszeiten<br />
Von Sonnenuntergang bis 1.00 Uhr<br />
Eintrittspreise<br />
Kostenlos<br />
Der Große Preis von Pau ist ein<br />
Unikum in Frankreich, ist es doch das<br />
letzte Autorennen, das noch innerhalb<br />
einer Stadt organisiert wird, und dies<br />
schon seit 1933. Der Rennsport hat<br />
in Pau schon immer eine besondere<br />
Rolle gespielt. So fand dort am 29.<br />
März 1948 der erste Grand Prix der<br />
Formel 1 außerhalb des Weltmeisterschaftszyklus<br />
statt. Seitdem waren<br />
alle großen Namen des Rennsports<br />
in der Stadt am Rande der Pyrenäen:<br />
Ascari, Clark, Hill, Rindt, Stewart,<br />
Prost, Alesi, Schumacher usw. Einige<br />
Tage vor dem eigentlichen Rennen<br />
wird außerdem ein Grand Prix Historique<br />
veranstaltet.<br />
Stadtgebiet Pau<br />
Informationen<br />
www.grandprixautomobilepau.com<br />
www.grandprixhistorique.com<br />
Telefon: +33 (0)5 59 27 69 34<br />
Veranstalter<br />
Grand Prix de Pau - Asac Vasco<br />
Béarnais<br />
1, boulevard Aragon<br />
64000 Pau<br />
Eintrittspreise<br />
10,00 € – 40,00 €, begrenztes<br />
Kontingent<br />
Wer Feste, außergewöhnliche<br />
Schiffe und Musik aus aller Welt<br />
liebt, ist in Bordeaux richtig aufgehoben:<br />
vier ausgelassene Tage<br />
unvergesslicher Festlichkeiten. Die<br />
fünfte Ausgabe der Veranstaltung<br />
« Bordeaux feiert seinen Strom »<br />
widmet sich wieder der Geschichte<br />
des Flusses sowie der historischen<br />
Verbindungen zur Welt. Geboten<br />
werden Ausstellungen, Animationen<br />
und maritimes Flair. Mit<br />
dabei ist dieses Jahr der majestätische<br />
Dreimaster « Le Belem ». Zum<br />
Programm gehören eine Seeparade,<br />
die Nacht der Lichter der Welt,<br />
diverse Musikveranstaltungen und<br />
insbesondere das berühmte Riesen-<br />
Picknick entlang der Garonne.<br />
Diverse Veranstaltungsorte<br />
Informationen<br />
Office du Tourisme<br />
12, cours du XXX Juillet<br />
33080 Bordeaux Cedex<br />
Telefon: +33 (0)5 56 00 66 00<br />
Internet<br />
www.bordeaux-fete-le-fleuve.com<br />
Eintrittspreise<br />
Kostenlos<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 83
Art De Vivre Kulturszene<br />
Le Pop 4<br />
CDs<br />
Die vierte Ausgabe der Compilation-Reihe<br />
widmet sich der nouvelle scène. Mit dabei<br />
sind bekannte Größen wie Vincent Delerm,<br />
Dominique A oder Jeanne Cherhal sowie einige<br />
Neuentdeckungen.<br />
CD von Le Pop Musik / Groove Attack<br />
Travelling<br />
Immer wieder haben französische Schauspielerinnen und<br />
Schauspieler Ausflüge in die Gefilde des französischen Liedguts<br />
unternommen. Die 18 Lieder dieser Compilation bieten eine<br />
einzigartige Variation musikalischer Stile, u.a. mit Catherine<br />
Deneuve, Isabelle Hubert, Brigitte Bardot, Jeanne Moreau etc.<br />
CD von Discograph<br />
Film<br />
Das Mädchen, das die<br />
Seiten umblättert<br />
Françoise Hardy: (Parenthèses...)<br />
Auf ihrem neuen Album singt die 61-jährige Françoise Hardy zwölf<br />
Lieder im Duett und trifft dabei gleich auf mehrere Generationen des<br />
französischen Chansons: absolute Legenden wie Iglesias, Alain Delon,<br />
Henri Salvador, aber auch junge Talente wie Benjamin Biolay.<br />
CD von Virgin/EMI<br />
Aktuelle Tourdaten französischer<br />
Artisten finden Sie auf<br />
www.french-music.org/de<br />
Frankreich 2006, 85 min • Originaltitel: La tourneuse de<br />
page • Ein Film von Denis Dercourt mit Catherine Frot,<br />
Déborah François, Pascal Greggory, Clotilde Mollet,<br />
Xavier de Guillebon, Antoine Martynciow • Kinostart:<br />
3. <strong>Mai</strong> <strong>2007</strong>, im Verleih von Alamode Film<br />
Mélanie, ein Mädchen aus bescheidenen<br />
Verhältnissen, spielt mit großer Begabung und<br />
voller Leidenschaft Klavier. Seit langem fiebert<br />
sie der Aufnahmeprüfung für das Konservatorium<br />
entgegen. Doch das Vorspielen endet im Fiasko, als<br />
die Jurypräsidentin Ariane, eine bekannte Pianistin,<br />
Mélanie beim Vorspielen mit ihrem taktlosen Verhalten<br />
aus der Fassung bringt. Enttäuscht und wütend<br />
beschließt sie, das Klavierspielen aufzugeben und<br />
ihren Traum von einer Karriere als Pianistin zu begraben.<br />
Zehn Jahre später kreuzen sich ihre Wege wieder.<br />
Mélanie macht ein Praktikum bei einem Anwalt und<br />
84 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Bücher<br />
Christiane Schott:<br />
Zur blauen Stunde kommt der Troubadour<br />
– Südfranzösische Lichtblicke<br />
132 Seiten, Pictus Verlag<br />
Es ist das Frankreich der Lebensfreude, der Wildschweinjäger, Trüffelsucher und<br />
Boulespieler, der sonnengelben Mimosen und des violetten Safrans, welches<br />
die Romanistin und freie Autorin in ihrem neuen Buch vorstellt. Elf Geschichten,<br />
in denen sie beispielsweise die Villa von Henri Matisse in Vence besucht, die<br />
Lässigkeit der Baskenmütze erkundet oder begabte Sterneköche aufsucht. Eine<br />
lohnende Einstimmung für eine Reise in Frankreichs Süden.<br />
Sylvie Simmons:<br />
Serge Gainsbourg<br />
– Für eine Hand<br />
voll Gitanes<br />
320 Seiten, Jens Seeling Verlag<br />
bietet an, sich in<br />
den Ferien um<br />
seinen klavierspielenden<br />
Sohn<br />
zu kümmern.<br />
Seine Mutter<br />
ist niemand<br />
anderes als die<br />
Pianistin aus<br />
ihrer Kindheit.<br />
Mélanie gewinnt<br />
schnell Arianes Vertrauen, deren Karriere<br />
auf der Kippe steht. Dank ihres musikalischen<br />
Talents macht sich Mélanie als<br />
persönliche Notenumblätterin unentbehrlich.<br />
Ariane ist nicht nur fasziniert von<br />
der jungen Frau, sondern fühlt sich immer<br />
mehr zu ihr hingezogen. Mélanies Spiel<br />
bleibt undurchsichtig. Hinter der Maske<br />
der Unschuld sinnt sie auf Rache. Leise<br />
nehmen subtile Manipulationen ihren<br />
Lauf. Mit fatalen Folgen…<br />
Zum ersten Mal ist eine deutschsprachige<br />
Biografie über Serge Gainsbourg<br />
erschienen. Der 1991 verstorbene<br />
Sänger, Texter, Komponist, Schauspieler,<br />
Regisseur, Werbefilmer, Schriftsteller und<br />
Provokateur gilt unverändert als eines<br />
der größten Genies der französischen<br />
Musikszene. Obwohl Gainsbourg auch außerhalb Frankreichs in den letzten<br />
Jahren einen stetig wachsenden Kultstatus erlangte, verbindet man mit seinem<br />
Namen in der breiten Öffentlichkeit meist nur den Hit « Je t‘aime, moi non plus »<br />
und eine Anzahl von Skandalen und Affären. Das Werk von Sylvie Simmons<br />
nimmt sich vor, dem Leser einen Einblick in das vielschichtige Lebenswerk<br />
des Künstlers zu geben. Der Bogen spannt sich von den Erlebnissen als Kind<br />
einer russisch-jüdischen Familie im Frankreich der NS-Besatzungszeit bis zu den<br />
Skandalauftritten, die seinen letzten Lebensabschnitt überschatteten.<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 85
Art De Vivre Wein<br />
Zuallererst ist Vouvray der Name eines kleinen Dorfes im<br />
Loire-Tal nahe der Stadt Tours, darüber hinaus aber<br />
auch eine nördlich des Flusses in Hanglage gelegene<br />
Appellation, die mit 2.100 Hektar Weinanbaugebiet und<br />
etwa 180 Winzern zwar klein ist, deren Größe sich aber in<br />
der Qualität ihres Weines zeigt, der nur aus einer einzigen<br />
Rebsorte gemacht wird, der Pineau-de-Loire-<br />
Rebe, besser bekannt als Chenin Blanc. Es ist ein Weißwein<br />
voller Überraschungen, der breiten Masse noch<br />
wenig geläufig, aber von Kennern geschätzt. Zweifellos<br />
ein Wein, den man entdecken sollte.<br />
Den berühmten französischen<br />
Schriftsteller des 19. Jahrhunderts<br />
aus Tours und Autor der<br />
« Menschlichen Komödie », Honoré de<br />
Balzac, würde diese Geschichte sicher<br />
zum Schmunzeln bringen; für ihn wäre<br />
es eine schöne Revanche gegenüber der<br />
Vergangenheit: Wir befinden uns im<br />
Park des Château Moncontour in<br />
Vouvray im Herzen der Touraine zwischen<br />
Amboise und Tours. Gilles Feray<br />
zeigt uns sein Weingut, die im 4. Jahrhundert<br />
gegründete Domaine de Moncontour.<br />
Plötzlich unterbricht er sich,<br />
um eine seiner Hündinnen zur Ordnung<br />
zu rufen: « Hanska, bei Fuß! » Er<br />
lächelt, als er unser Erstaunen bemerkt,<br />
und erklärt: « Ja, ich habe meine Hündin<br />
Hanska genannt. So wohnt am<br />
Ende doch noch eine Hanska in Moncontour.<br />
»<br />
Um diese Anekdote zu verstehen,<br />
muss man rund zwei Jahrhunderte<br />
zurückgehen, eben in die Zeit von<br />
Honoré de Balzac. Dieser war nicht<br />
nur in die Region verliebt, sondern<br />
auch in Moncontour und vor allem in<br />
86 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
den hiesigen Wein. So sehr, dass er<br />
das Weingut unbedingt kaufen wollte.<br />
Aber dazu fehlten dem Schriftsteller<br />
die finanziellen Mittel. Deshalb versuchte<br />
er, geeignete Investoren für die<br />
Finanzierung seines Projektes zu gewinnen.<br />
Darunter auch eine Freundin,<br />
die Gräfin Hanska. Um sie zu überreden,<br />
nahm Balzac seine schönste Feder<br />
zur Hand und schrieb ihr einen Brief,<br />
den heute jeder auf dem Gut kennt<br />
und der mit den Worten beginnt: « Ich<br />
habe eine Schwäche für Moncontour.<br />
Ich möchte, dass Du herkommst und<br />
es Dir ansiehst. » Es war ein schöner<br />
Versuch, aber der Schriftsteller wurde<br />
nie Eigentümer des Anwesens seiner<br />
Träume. Dank der Hündin von Gilles<br />
Feray hallt heute der Name Hanska<br />
trotzdem an den Mauern des ehrwürdigen<br />
Gutes wider.<br />
Was Balzac nicht wusste, ist, dass<br />
sein geliebter Wein, der Vouvray,<br />
eine rosige Zukunft vor sich hatte. Er<br />
wird heute in alle Welt verkauft, und<br />
die Appellation genießt unter Kennern<br />
große Anerkennung. Zahlreiche<br />
Winzer produzieren diesen Wein in<br />
dem kleinen Anbaugebiet. Philippe<br />
Brisebarre, selbst Weinbauer, ist ihr<br />
Repräsentant. Er empfängt uns in seiner<br />
Kellerei mitten in Vouvray. Schon<br />
im ersten Moment unserer Begegnung<br />
wird seine Begeisterung für seinen<br />
Wein spürbar, obwohl er sehr bescheiden<br />
bleibt: « In diesem Beruf darf man<br />
nicht protzen. Wenn man als Winzer<br />
sagt, man übe sein Metier seit 20<br />
Jahren aus, bedeutet dies im Grunde,<br />
dass man die großartige Erfahrung der<br />
Geburt eines Weines erst zwanzigmal<br />
durchlebt hat. Das ist schließlich nicht<br />
allzu oft. » Diese Bemerkung zeugt<br />
von einer großen Bodenhaftung.<br />
Auf einem kleinen Tisch vor uns<br />
stehen ein paar Flaschen aus seiner<br />
Produktion. « Wenn ich im Ausland<br />
etwas über Vouvray erzählen soll, sage<br />
ich immer zuerst, dass es im Loire-Tal<br />
liegt. Dann erkläre ich, dass es ein<br />
Weißwein ist, der ausschließlich aus<br />
der Rebe Chenin Blanc hergestellt<br />
wird. Aber vor allem betone ich, dass<br />
es verschiedene Sorten von diesem<br />
Wein gibt. An dieser Stelle beginnen<br />
sich meine Gesprächspartner meist zu<br />
Sehenswürdigkeit vor Ort:<br />
das Weingut Château<br />
Moncontour mit Museum<br />
Neben dem Weinverkauf bietet<br />
das Weingut Château Moncontour<br />
ein sehr interessantes Museum. Es<br />
befindet sich in den Kellereien, die<br />
im 10. Jahrhundert von Mönchen<br />
ausgegraben wurden, und<br />
beherbergt eine Sammlung über<br />
die Arbeit in den Weinbergen und<br />
den Weinanbau. Hier kann die<br />
soziale und kulturelle Geschichte<br />
des Weinanbaus zurückverfolgt<br />
werden. Nach der Führung steht eine<br />
Weinprobe auf dem Programm.<br />
Château Moncontour<br />
37210 Vouvray<br />
Telefon: +33 (0)2 47 52 60 77<br />
www.moncontour.com<br />
Eintrittspreise:<br />
4,00 €, einschließlich Audioguide<br />
und Weinprobe, Kinder bis 12 Jahre<br />
kostenlos<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 87
Art De Vivre Wein<br />
wundern, und ich habe ihre volle Aufmerksamkeit.<br />
» Und wirklich, ein Blick<br />
auf den Tisch bestätigt uns, dass der<br />
Vouvray sehr vielfältig zu sein scheint.<br />
« Wie Sie sehen », fährt Philippe Brisebarre<br />
fort, « haben wir eine ganze<br />
Produktpalette. Es gibt sogar eine<br />
Flasche, die an eine Champagnerflasche<br />
erinnert. » In der Tat, wäre da<br />
nicht das Etikett, könnte man meinen,<br />
eine Flasche der weltberühmten Appellation<br />
im Nordosten Frankreichs<br />
vor sich zu haben. Das ist die erste<br />
große Überraschung, die der Vouvray<br />
für uns bereithält: In der Nähe von<br />
Tours gibt es einen Wein, der nach<br />
der klassischen Champagner-Methode<br />
hergestellt wird.<br />
« Wenn man genauer darüber<br />
nachdenkt, wirft die Sache doch<br />
Fragen auf », stellt unser Gesprächspartner<br />
fest, während er die besagte<br />
Flasche öffnet. « Schaumwein in dieser<br />
Gegend? Das kann nicht von ungefähr<br />
kommen. Während des Krieges<br />
von 1870 ließen sich Familien aus<br />
der Champagne hier in der Nähe, in<br />
Saumur nieder. Sie entdeckten, dass<br />
es – wie in ihrer Heimat – auch an der<br />
Loire Kellereien und Weinanbau gab.<br />
Es gab sogar eine weiße Rebsorte.<br />
Sehr bald schon tauschten sich die<br />
Einwohner und die zugezogenen Winzer<br />
untereinander aus, und schließlich<br />
gaben diese Familien ihr Know-how<br />
der ‹ Champagner-Methode › preis.<br />
So begann man in Saumur, weißen<br />
Schaumwein zu produzieren. Später<br />
folgte auch Vouvray. »<br />
Beim Öffnen der Flasche ertönt das<br />
für Champagner typische Geräusch.<br />
Und der Wein mit seinem schönen,<br />
vielleicht etwas intensiveren gelborangefarbenen<br />
Ton sieht auch so aus.<br />
Die Bläschen prickeln angenehm im<br />
Mund. Vielleicht ist der Wein etwas<br />
« markanter », so wie alle Weine, die<br />
aus einer einzigen Rebsorte gemacht<br />
werden, im Gegensatz zum Champagner,<br />
für den eine Mischung verschiedener<br />
Rebsorten verwendet wird.<br />
Auf jeden Fall ist er purer Genuss und<br />
schmeckt genauso gut wie ein exzellenter<br />
Champagner. Leicht, frisch und<br />
sogar festlich. Philippe Brisebarre hält<br />
mit seinem Vergnügen nicht hinterm<br />
Berg, als er bemerkt, wie zufrieden<br />
wir sind: « Leute, die den Vouvray zum<br />
ersten Mal probieren, sind immer wieder<br />
verblüfft. Und sie sind es noch viel<br />
mehr, wenn sie erfahren, dass dieser<br />
nach der Champagner-Methode hergestellte<br />
Wein im Schnitt nur 6,00 bis<br />
8,50 Euro kostet. » Damit überrascht<br />
uns der Vouvray ein zweites Mal, und<br />
zwar gewaltig. Ein Wein dieser Qualität<br />
zu einem solchen Preis ist wirklich<br />
eine kleine Sensation.<br />
Aber die größte Überraschung<br />
kommt erst mit dem Genuss weiterer<br />
Flaschen. Denn den Vouvray gibt es<br />
nicht nur als perlenden, dem Champagner<br />
ähnlichen Weißwein, sondern<br />
auch ohne prickelnde Bläschen mit<br />
einer erstaunlichen Bandbreite. Dies<br />
wird uns etwas später im Weinkeller<br />
von Vouvray demonstriert, wo wir<br />
mit etwa einem Dutzend Winzern zu<br />
einer Probe der außergewöhnlichsten<br />
Weine verabredet sind. An diesem<br />
zauberhaften Ort, der in Tuffstein, das<br />
für diese Gegend typische Gestein,<br />
gegrabenen wurde, präsentieren die<br />
Erzeuger im Kerzenlicht ihre Weine.<br />
Ein beeindruckendes Panel wird<br />
uns angeboten. Neben dem perlenden<br />
Vouvray nach der traditionellen<br />
Champagner-Methode gibt es eine<br />
Reihe nicht perlender « stiller » Weine,<br />
die von trockenen über halbtrockene<br />
und halbsüße Weine bis hin zu Likörweinen<br />
reichen. Eine wirklich beeindruckende<br />
Vielfältigkeit.<br />
Dies ist auch das wahre Geheimnis<br />
des Vouvray: Aus einer einzigen<br />
Rebsorte können Weine mit sehr<br />
unterschiedlichen Charakteren hergestellt<br />
werden, und dies mit erstaunlicher<br />
Qualität und Ursprünglichkeit.<br />
Die Likörweine sind ein Muss. Sie<br />
können den großen Sauternes-Weinen,<br />
die ein wunderbarer Begleiter<br />
zur Foie Gras sind, das Wasser reichen.<br />
Und wieder verblüfft der Preis:<br />
Diese Weine werden hier zu etwa<br />
15,00 Euro je Flasche verkauft. Auch<br />
die trockenen oder halbtrockenen<br />
Weine sind von sehr hoher Qualität.<br />
Die Klimabedingungen der letzten<br />
Jahre haben milde Weine mit hoher<br />
Restsüße begünstigt. Am Ende dieses<br />
Tages freuen wir uns, eine ursprüngliche<br />
und sehr vielfältige Appellation<br />
entdeckt zu haben, die uns staunen<br />
lässt. Auch das macht das Wunder<br />
des Vouvray aus. Balzac hatte Recht,<br />
auch wir haben eine Schwäche für<br />
seinen Wein von der Loire!<br />
88 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Wo kann man den<br />
Vouvray kaufen?<br />
Natürlich vor Ort, aber alle Winzer,<br />
die wir getroffen haben, vertreiben<br />
ihre Weine auch in Deutschland. Für<br />
nähere Informationen können Sie sich<br />
direkt mit ihnen in Verbindung setzen.<br />
Frédéric Bourillon<br />
Domaine Bourillon d’Orléans<br />
(Caves Rupestres)<br />
30bis, rue de Vaufoynard<br />
37210 Rochecorbon<br />
Telefon: +33 (0)2 47 52 83 07<br />
E-<strong>Mai</strong>l: info@bourillon.com<br />
Vincent Carème<br />
Domaine de la Haute Borne<br />
1, rue du Haut Clos<br />
Keller:<br />
6, allée de la Vallée Chartier<br />
37210 Vernou-sur-Brenne<br />
Telefon: +33 (0)2 47 52 71 28<br />
E-<strong>Mai</strong>l: vincentcareme@<br />
vinibegood.com<br />
Catherine & Didier Champalou<br />
7, rue du Grand Ormeau<br />
37210 Vouvray<br />
Telefon: +33 (0)2 47 52 64 49<br />
E-<strong>Mai</strong>l: champalou@wanadoo.fr<br />
Pascal Delaleu<br />
Domaine de la Galinière<br />
La Galinière - Vallée de Cousse<br />
37210 Vernou-sur-Brenne<br />
Telefon: +33 (0)2 47 52 15 92<br />
Bernard Fouquet<br />
Domaine des Aubuisières<br />
37210 Vouvray<br />
Telefon: +33 (0)2 47 52 61 55<br />
E-<strong>Mai</strong>l: info@vouvrayfouquet.com<br />
Gilles Gaudron<br />
59, rue Neuve<br />
37210 Vernou-sur-Brenne<br />
Telefon: +33 (0)2 47 52 12 27<br />
E-<strong>Mai</strong>l: sylvain.gaudron@wanadoo.fr<br />
Lionel Gauthier<br />
Domaine du Viking<br />
Mélotin<br />
37380 Reugny<br />
Telefon: +33 (0)2 47 52 96 41<br />
E-<strong>Mai</strong>l: viking@france-vin.com<br />
Benoît Gautier<br />
Domaine de la Châtaigneraie<br />
La Châtaigneraie<br />
37210 Rochecorbon<br />
Telefon: +33 (0)2 47 52 84 63<br />
E-<strong>Mai</strong>l: info@vouvraygautier.com<br />
Alexandre Monmousseau<br />
Château Gaudrelle<br />
87, route de Monnaie<br />
37210 Vouvray<br />
Telefon: +33 (0)2 47 52 67 50<br />
E-<strong>Mai</strong>l: gaudrelle1@libertysurf.fr<br />
Isabelle Moreau<br />
Monmousseau<br />
71, route de Vierzon<br />
41400 Montrichard<br />
Telefon: +33 (0)2 54 71 66 66<br />
E-<strong>Mai</strong>l: monmousseau@<br />
monmousseau.com<br />
Vor Ort kann man in den Cave des<br />
Producteurs de Vouvray gehen, in dem<br />
etwa 40 Winzer ihre Weine präsentieren.<br />
Es werden auch Führungen durch die<br />
Kellerei angeboten. Die Gänge haben<br />
eine Länge von 2,5 Kilometern.<br />
Cave des Producteurs de Vouvray<br />
38, Vallée Coquette<br />
37210 Vouvray<br />
Telefon: +33 (0)2 47 52 75 03<br />
www.cp-vouvray.com<br />
Öffnungszeiten:<br />
Ganzjährig 9.00 – 12.30 Uhr &<br />
14.00 – 19.30 Uhr<br />
Frankfreicherleben_Heft9_<strong>2007</strong>:Frankreicherleben_Heft9_<strong>2007</strong> 21.3.<strong>2007</strong> 08:37 Seite 1<br />
Entdecken und genießen Sie das Tal der Loire mit all seinen Facetten.<br />
Verträumte Schlösser,<br />
geheimnisvolle Spuren der Templer,<br />
Radwege durch malerische Landschaften...<br />
erscheint im Frühjahr <strong>2007</strong><br />
komplett 4-farbig<br />
Weitere Informationen zum Reisehandbuch und zu unserem Gesamtprogramm finden Sie unter:<br />
www.iwanowski.de<br />
Salm-Reifferscheidt-Allee 37 - D-41540 Dormagen<br />
Tel: 02133-2603-11 - Fax: 02133-2603-33 - E-<strong>Mai</strong>l: info@iwanowski.de
Art de Vivre Genuss<br />
Lichouseries<br />
Zuckersüße Köstlichkeiten<br />
aus der Feinschmeckerregion<br />
Bretagne<br />
Die Bretonen essen sehr gerne. Sie sind bekannt für ihre Meeresfrüchteplatten<br />
und für leckere gesalzene Butter, die sie auf einer<br />
noch warmen Galette schmelzen lassen und das Ganze mit gut<br />
gekühltem Cidre beträufeln. Marie le Goazlou und Maryvonne Lahale,<br />
die als Bretoninnen beide das Essen sehr schätzen, sind durch ihre Region<br />
gereist, um ihren Korb mit den besten Spezialitäten zu füllen. Zu unserer<br />
großen Freude haben sie ein sehr schönes Buch mit wunderbaren<br />
Bildern herausgebracht, das voller Ratschläge und guter Adressen steckt.<br />
Im Folgenden stellen wir ein paar Auszüge über die bretonischen Süßigkeiten<br />
vor, die Lichouseries.<br />
Crêpes Dentelles<br />
Immer paarweise in Goldpapier eingewickelt, das ist wichtig für<br />
die Knusprigkeit des leichten Gebäcks, haben die Crêpes Dentelles<br />
die Leckermäuler der Welt für sich gewonnen. Als Marie-Catherine<br />
Cornic aus Quimper 1886 ihre Crêpe auf dem Feuer vergaß, war das<br />
die Geburtsstunde der Crêpe Dentelle. Das lange Backen verlieh der<br />
Crêpe eine feste, aber nicht brüchige Konsistenz. Der Crêpe rollte sich<br />
wie von selbst ein und war eine knusprige Neuheit, die alle Naschkatzen<br />
verführte. 1920 machte das kleine Geschäft drei Fabriken Platz.<br />
Die Crêperien von Loc Maria nennen ihr Vorzeigeprodukt « Gavotte ».<br />
1962 zogen sie nach Dinan um. In einem einzigartigen mechanischen<br />
Verfahren zum Aufrollen der Crêpes Dentelles wird die Handbewegung<br />
von früher reproduziert. Dadurch bleibt das Originalrezept erhalten und<br />
das traditionelle Know-how wird respektiert.<br />
Les Gavottes Loc Maria<br />
Fabrik und Geschäft<br />
Route de Dinard<br />
22100 Dinan<br />
Telefon: +33 (0)2 96 87 42 55<br />
www.locmaria.fr<br />
90 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Bretonischer Butterkuchen und<br />
Kouign Amann<br />
Wie der Kouign Amann wird auch der bretonische Butterkuchen<br />
sowohl in traditionellen Bäckereien als auch industriell hergestellt. Das<br />
Rezept hat ein Bäcker aus Douarnenez Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt.<br />
Der Kouign Amann wurde aus Brotteigresten gemacht und wird<br />
wie ein Blätterteig verarbeitet, indem man den Teig ausrollt und mehrmals<br />
faltet. Dabei darf man nicht vergessen, genug Butter und Zucker<br />
hinzuzufügen. Am besten schmeckt er, wenn er warm aus dem Ofen<br />
kommt und vor Butter und karamellisiertem Zucker trieft. Man sollte es<br />
mit dem Genuss aber nicht übertreiben! Während die Zubereitung des<br />
bretonischen Butterkuchens für eine gute Köchin nicht allzu schwierig<br />
ist, stellt der Kouign Amann schon eher eine Herausforderung dar. Aber<br />
auf die bretonischen Biskuithersteller ist Verlass und man kann ihn sogar<br />
über das Internet bestellen.<br />
Biscuiterie François-Garrec<br />
Route de Gouesnant<br />
29950 Bénodet<br />
Telefon: +33 (0)2 98 57 17 17<br />
www.garrec.com<br />
Biscuiterie de la Pointe du Raz<br />
Triguen<br />
29770 Plogoff<br />
Telefon: +33 (0)2 98 70 60 73<br />
www.biscuiteriedelapointeduraz.com<br />
Marie le Goaziou und<br />
Maryvonne Lehale:<br />
Panier Gourmand<br />
d’adresses et de<br />
produits bretons.<br />
Fotos von Bernard Galéron,<br />
Editions Des Dessins & Des Mots<br />
Bonbon-Spezialität:<br />
Caramel au beurre salé<br />
Wer ist nur auf<br />
die verrückte Idee<br />
gekommen, ein<br />
salziges Bonbon zu<br />
erfinden? Bis in die<br />
1970er-Jahre brüstete<br />
sich niemand<br />
damit, Gebäck<br />
und Süßwaren mit<br />
gesalzener Butter<br />
herzustellen. Vielleicht<br />
einfach deswegen,<br />
weil das in<br />
der Bretagne ganz<br />
selbstverständlich<br />
war. Aber als der<br />
Konditor Henri le<br />
Roux, der aus dem Pays Bigouden stammte, in die Heimat seiner<br />
Frau auf die Halbinsel Quiberon zog, wollte er, um dort heimisch zu<br />
werden, eine noch nicht da gewesene Leckerei kreieren. Auch wenn<br />
er sicher nicht der Erfinder der salzigen Karamellbonbons ist, so hat<br />
doch das Rezept, das er entwickelte und das er unter der Bezeichnung<br />
CBS patentieren ließ, seinem Geschäft zu hohem Ansehen verholfen.<br />
Und das in einer Stadt, in die man kommt, um im Thalassotherapie-<br />
Zentrum seine Pfunde zu verlieren!<br />
Le Roux, Chocolatier-Caramélier<br />
18, rue du Port-Maria<br />
56170 Quiberon<br />
Telefon: +33 (0)2 97 50 06 83<br />
www.chocolatleroux.com<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 91
Art de vivre Chantals Rezept<br />
«<br />
Das<br />
Blanquette de Veau (Kalbfleischfrikassee) war lange<br />
Zeit ein traditionelles Gericht, welches vor allem für das<br />
sonntägliche Familienmahl zubereitet wurde. Heutzutage<br />
ist es genauso schmackhaft, jedoch leichter geworden und<br />
wird von allen zu jeder Jahreszeit geschätzt. Bon appetit!<br />
»<br />
Chantal, Kochexpertin von Frankreich<br />
erleben, beantwortet gerne Ihre<br />
Fragen: chantal@frankreicherleben.de<br />
Für 4 Personen<br />
Zubereitungszeit: 15 min<br />
Garzeit: 2 Stunden<br />
Blanquette<br />
de Veau<br />
92 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
Zutaten<br />
1,2 kg Kalbsbrust, in große Würfel geschnitten<br />
2 Karotten, in runde Scheiben geschnitten<br />
2 Zwiebeln<br />
1 Gewürznelke<br />
1 Schalotte<br />
Petersilie, Thymian, Lorbeer<br />
200g Champignons, gewaschen und<br />
mit Zitronensaft beträufelt<br />
40 g Butter<br />
2 EL Mehl<br />
Kalbsbrühe<br />
100 g Crème Fraîche<br />
1 Eigelb<br />
1 Zitrone<br />
Salz & Pfeffer aus der Mühle<br />
Zubereitung<br />
• Das Kalbfleisch in einen gusseisernen Schmortopf<br />
geben und komplett mit kaltem Wasser bedecken.<br />
Das Ganze zum Kochen bringen, dann die Rückstände<br />
von der Oberfläche abschöpfen. Anschließend<br />
die Temperatur verringern und die Karotten, die<br />
ganzen Zwiebeln, die Gewürznelke, die Schalotte<br />
und die Petersilien-, Thymian- und Lorbeerbündel<br />
hinzugeben. Schließlich salzen, pfeffern und eine<br />
Stunde auf kleiner Flamme köcheln lassen.<br />
• Anschließend die Champignons hinzufügen und<br />
das Ganze nochmals eine Stunde garen lassen.<br />
• In einer separaten Schale die weiche Butter zerdrücken<br />
und mit dem Mehl vermengen. Danach die Masse<br />
in zwei Kellen Kalbsbrühe auflösen. Schließlich das<br />
Gemisch dem Schmortopf beimengen und fünf Minuten<br />
kochen lassen. Dadurch wird die Sauce samtig.<br />
• Kurz vor dem Servieren in einer weiteren Schale<br />
die Crème Fraîche, das Eigelb und den Saft einer<br />
halben Zitrone mit einem Holzlöffel vermengen und<br />
ebenfalls in den Schmortopf geben. Das feine<br />
Zitronenaroma bringt den Kalbsgeschmack erst<br />
richtig zur Geltung. Bei Bedarf nachwürzen.<br />
Serviervorschlag<br />
• Das fertige Gericht mit gehackter Petersilie bestreuen<br />
und mit Salzkartoffeln oder Reis servieren.<br />
• Als Wein empfiehlt sich insbesondere<br />
ein Weißwein aus dem Loire-Tal.<br />
Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 93
Leserbriefe<br />
Félicitations! Als Französin gefällt<br />
mir Ihre Zeitschrift sehr gut. Ich<br />
lebe jetzt in Deutschland und freue<br />
mich riesig auf jede Ausgabe. Bilder<br />
und Texte sind einfach toll. Wäre ein<br />
Beitrag über die Picardie möglich? Es<br />
wäre so wunderbar, einen Artikel über<br />
meine Region zu lesen. Seine Heimat<br />
vergisst man nie… Die wunderschönen<br />
Kathedralen, die Baie de Somme,<br />
Beauvais, Amiens, Abbeville wären ein<br />
paar Ideen für die nächsten Ausgaben.<br />
Nordfrankreich entdecken lohnt sich!<br />
Anne-Laure Machu, Mannheim<br />
Redaktion: Wir haben gute Nachrichten<br />
für Sie! Die Picardie wird noch dieses<br />
Jahr in unserem Magazin vorkommen.<br />
Für das nächste Jahr planen wir sogar<br />
ein Fokus-Thema zu Nordfrankreich.<br />
Mit Heft 8 (Elsass) ist Ihnen wieder<br />
eine ganz hervorragende Ausgabe<br />
von Frankreich erleben gelungen. Ob<br />
Weinstraßen, Stadtbummel, Klöster,<br />
Kirchen, Burgen – alles ist so anregend<br />
beschrieben, dass man – um’s<br />
württembergisch auszudrücken – ganz<br />
« schleckig » wird, um möglichst bald<br />
dieses herrliche Fleckchen Erde zu besuchen.<br />
Danke auch für Ihre weiteren,<br />
vielseitigen Anregungen.<br />
Stefan Schulze, Berlin<br />
Wir sind ein paar « alte Schachteln »,<br />
die sich vor Jahren bei einem Französisch-VHS-Kurs<br />
kennengelernt haben.<br />
Inzwischen sind wir Freundinnen<br />
geworden und treffen uns regelmäßig<br />
Hat Ihnen unser Magazin gefallen?<br />
Haben Sie Verbesserungsvorschläge<br />
oder Anregungen? Schreiben Sie uns.<br />
Wir sind gespannt auf Ihre Meinung!<br />
Per E-<strong>Mai</strong>l: leserbriefe@<br />
frankreicherleben.de<br />
Per Brief:<br />
Frankreich erleben - Leserbriefe -<br />
Globus Medien GmbH<br />
Heckscherstraße 29 · 20253 Hamburg<br />
Per Fax: +49 (0)40 38017863552<br />
zweimal im Monat bei einer von uns,<br />
um unsere Französischkenntnisse zu<br />
praktizieren und lebendig zu halten.<br />
Wir sind begeisterte Frankreichurlauber,<br />
zwei von uns haben sogar ein Ferienhaus<br />
in Frankreich. Ich möchte Ihnen<br />
hiermit, im Namen unserer fröhlichen<br />
Runde, einen herzlichen Glückwunsch<br />
zu Ihrer Zeitschrift und vor allem zum<br />
Einjährigen aussprechen. Wir haben<br />
enorme Freude daran, über einzelne<br />
Themen und Artikel zu diskutieren und<br />
Erfahrungen auszutauschen (vorzugsweise<br />
auf Französisch, versteht sich)<br />
über manches, was wir selber auch schon<br />
erlebt oder besucht haben. Deshalb sind<br />
wir besonders angetan von Ihrer Rubrik<br />
Kulturschock, haben wir doch auch schon<br />
hier und da ähnliche Erfahrungen gemacht.<br />
Wir stürzen uns geradezu jedes<br />
Mal darauf. Ganz besonders gefällt uns<br />
allen der flüssige Stil, in dem die Artikel<br />
in Frankreich erleben geschrieben sind.<br />
Leicht, locker, unterhaltsam und dabei<br />
sehr informativ. Hervorragende Journalisten<br />
arbeiten in ihrer Redaktion! Kompliment<br />
und herzliche Grüße an alle, die<br />
bei Ihnen mitarbeiten.<br />
Helga Lehniger, Hannover<br />
Ich gehöre zu Ihren Lesern der<br />
ersten Stunde und möchte bei dieser<br />
Gelegenheit einmal ein ganz besonderes<br />
Lob an Ihre Köchin Chantal aussprechen.<br />
Ich habe jedes Rezept nachgekocht<br />
und bin einfach begeistert! Es<br />
gelingt immer und schmeckt köstlich.<br />
Weiter so!<br />
Gabriele Kaufmann, München<br />
Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Fassung zu veröffentlichen.<br />
Bildnachweise (nach Seiten, Anordnung von links nach rechts, oben nach<br />
unten) : Titel: Comité Départemental du Tourisme (CDT)29, A.P. Sandford • S.5:<br />
Ajc Presse • S.3: Ajc Presse • S.6: Comité Régional du Tourisme de Bretagne<br />
(CRTB), J.P. Gratien; Fotolia, Thierry Matteis; Globus Medien, Dominique<br />
Cache • S.7: Ajc Presse; Serge Robin, M. Albert • S.8: Easyjet; Fotolia, Robert<br />
Mayer • S.9: Ajc Presse • S.9: OTP, Stéphane Querbes • S.10: Dr • S.12-13:<br />
CDT29, M.Sandford • S.14: CRTB, George Fischer; J.P. Gratien • S.16-17: CDT29<br />
Kristen Pelou • S.17: A.Vitet; S.18: CDT29 Kristen Pelou • S. 20-21: Agence<br />
de Développement du Pays des Abers Côte des Légendes • S.24-29: Ville de<br />
Rennes, José Mouret, Michel Ogier, Alain Amet-Musée de Bretagne, Office du<br />
Tourisme de Rennes • S.30-36: Comité des Canaux Bretons et Voies Navigables<br />
de l’Ouest • S.38: CRTB, Serge Jolivel; Jean Brau; Anatoly Bobrovitch; A.Schmitt<br />
• S.40: CRTB, J.M. Derouen • S.41: CRTB, J.P. Gratien; Anatoly Bobrovitch;<br />
Henry Marcou • S.42: CRTB • S.47: Chantal Cobac für Ajc Presse • S.48-50: Ajc<br />
Presse, Serge Robin • S.52-55: Dr; Ajc Presse • S.56: Fotolia, Philippe Leridon •<br />
S. 60-62: Fotolia, Thierry Burdin; Andreas Lettow; Thierry Matteis; Pascal Arnaud<br />
• S.64: Ville de Metz, Christian Legay, Marc Royer; Arbeitsstudio von Shigeru Ban,<br />
Didier Boy de la Tour; CA2M; Shigeru Ban Architects Europe & Jan de Gastines,<br />
Artefactory; CA2M, Shigeru Ban Architects Europe & Jan de Gastines, Artefactory,<br />
Pablo Picasso, Rideau pour le ballet “Parade”, 1917, Succession Picasso 2006,<br />
coll. Centre Pompidou/Mnam dis.RMN, Christian Bahier et Philippe Migeat •<br />
S.66: Ville de Metz, Christian Legay, Marc Royer • S.67: <strong>Mai</strong>rie de Metz, Marc<br />
Royer. • S.68-73: Globus Medien, Dominique Cache • S.74-75: Dr • S.76: Arte •<br />
S.78-79: Emi France, Benoît Peverelli; Jean-Baptiste Mondino; Pierre Even; Emi<br />
France, Jean-Baptiste Mondino; Virgin France, Benoît Peverelli; Claude Gassian;<br />
Bharrat; Aglaé Bory • S.82-85: Dr • S. 86-89: Ajc Presse, M.Albert • S.90-91:<br />
Editions des Dessins et des Mots, Bernard Galéron • S. 92-93: Ajc Presse,<br />
M.Albert • S.98: Istock, David Hughes; Fotolia, Urbanhearts, J.Y. Yan Lun; CRT<br />
Nord-Pas-de-Calais, Eric Le Brun.<br />
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Herausgeber: Markus Harnau<br />
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94 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
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Fokus Korsika<br />
Übersicht der Reisethemen,<br />
1 Paris und Umgebung<br />
• Paris-CDG - Hinter den Kulissen<br />
des Pariser Flughafens Charles-de-<br />
Gaulle <strong>Nr</strong>. 8<br />
• Paris Rive Gauche - Zukünftiges <strong>Nr</strong>. 7<br />
• Opéra National de Paris - Eine<br />
Bühne für das Publikum <strong>Nr</strong>. 7<br />
• Kaufhäuser - Mythos Grands<br />
Magasins: vom «Paradies der<br />
Damen» zum Konsumtempel <strong>Nr</strong>. 6<br />
• Interview - 1000 und ein<br />
Weihnachten <strong>Nr</strong>. 6<br />
• Avenue Montaigne - Nächtlicher Bummel<br />
über die Pariser Luxusmeile <strong>Nr</strong>. 6<br />
• Palais-Royal - Die Renaissance des<br />
Shoppings <strong>Nr</strong>. 6<br />
• Shoppingtour - Auf Einkaufstour<br />
durch Paris mit einem der<br />
legendärsten Autos Frankreichs, der<br />
Ente <strong>Nr</strong>. 6<br />
• Restaurant - Café Marly, Pariser<br />
Chic im Louvre <strong>Nr</strong>. 6<br />
• Pariser Museen - Andere Orte <strong>Nr</strong>. 5<br />
• Mac/Val - Zeitgenössischer Kunsttempel<br />
in einem Vorort von Paris <strong>Nr</strong>. 3<br />
• Hotel - Kube Rooms and Bars Paris<br />
<strong>Nr</strong>. 2<br />
7<br />
8<br />
• Stadtteile - Spaziergang durch eine<br />
sinnliche Metropole <strong>Nr</strong>. 1<br />
• Märkte - Jedem seinen Markt <strong>Nr</strong>. 1<br />
• Interview - Anne Hidalgo <strong>Nr</strong>. 1<br />
• Die Gewächshäuser von Auteuil <strong>Nr</strong>. 1<br />
• Bistros <strong>Nr</strong>. 1<br />
6<br />
5<br />
9<br />
• Gastronomie - Chez Antoine <strong>Nr</strong>. 1<br />
2<br />
1 3<br />
11<br />
4<br />
10<br />
12<br />
2 Nordfrankreich<br />
• Auf Lille 2004 folgt lille3000, die<br />
Verwandlung geht weiter <strong>Nr</strong>. 6<br />
• Hotel - L‘Hermitage Gantois, Lille <strong>Nr</strong>. 5<br />
• Lille - Frankreichs flämische<br />
Metropole <strong>Nr</strong>. 2<br />
3 Elsass / Lothringen /<br />
Champagne<br />
• Straßburg - Wenn Fachwerkhäuser<br />
auf Glaspaläste treffen <strong>Nr</strong>. 8<br />
• Bugatti in Molsheim - Die<br />
Wiederentdeckung einer<br />
automobilen Legende <strong>Nr</strong>. 8<br />
• Sainte-Marie-aux-Mines<br />
- Besuch einer Silbermine aus<br />
dem 16. Jahrhundert <strong>Nr</strong>. 8<br />
• Colmar - Der Zauber der Nacht <strong>Nr</strong>. 8<br />
• Dorfleben - Eine Reise zu den fünf<br />
schönsten Dörfern des Elsass <strong>Nr</strong>. 8<br />
• Golf im Elsass - Geheimtipp<br />
unter Golfern <strong>Nr</strong>. 8<br />
• Dominikanerkloster Guebwiller - Wo<br />
Musik Grenzen überwindet <strong>Nr</strong>. 8<br />
• Mulhouse - Europäische Hauptstadt<br />
der Technikmuseen <strong>Nr</strong>. 8<br />
• Elsässische Weinstraße<br />
- Eine Weingegend zeigt<br />
sich volksnah <strong>Nr</strong>. 8<br />
• Burgen - Auf den Spuren<br />
des Mittelalters <strong>Nr</strong>. 8<br />
• Skifahren in den Vogesen -<br />
Mittelgebirge hinter der Grenze <strong>Nr</strong>. 7<br />
• Elsass - Hochburg der<br />
Weihnachtsmärkte <strong>Nr</strong>. 6<br />
• Wein - Champagner, Lebensgenuss<br />
pur <strong>Nr</strong>. 5<br />
• Stockweiher <strong>Nr</strong>. 3<br />
4 Burgund / Jura<br />
• Saline Royale - Salz des<br />
Lebens: die königliche Saline<br />
von Arc-et-Senans <strong>Nr</strong>. 7<br />
• Skifahren im Jura - Landstrich<br />
der Geruhsamkeit <strong>Nr</strong>. 7<br />
• Burgund - Mit dem Hausboot auf<br />
dem Canal du Nivernais <strong>Nr</strong>. 2<br />
• Jura - Hundeschlittenfahren im<br />
hohen Norden... des Jura <strong>Nr</strong>. 1<br />
• Wein - Chablis, weißes Gold des<br />
Burgund <strong>Nr</strong>. 1<br />
5 Loire-Tal<br />
• Wein - Domaine de Beauséjour <strong>Nr</strong>. 8<br />
• Die etwas anderen Schlösser <strong>Nr</strong>. 3<br />
• Als Schlossherr im Jahr 2006... <strong>Nr</strong>. 3<br />
• Höhlenwohnungen - Moderne<br />
Troglodyten am Loir <strong>Nr</strong>. 3<br />
• Gärten & Parks <strong>Nr</strong>. 3<br />
• Fahrradtouren - Mit dem Fahrrad<br />
entlang der Loire <strong>Nr</strong>. 3<br />
• Wein - Jasnières du Loir <strong>Nr</strong>. 3<br />
• Gastronomie - Chez Miton <strong>Nr</strong>. 3<br />
6 Normandie<br />
• Trouville-sur-Mer - Bäderarchitektur<br />
vom Feinsten <strong>Nr</strong>. 8<br />
• Le Havre - Frankreichs neuestes<br />
Weltkulturerbe <strong>Nr</strong>. 3<br />
• Camembert-Herstellung <strong>Nr</strong>. 3<br />
7 Bretagne<br />
• Hotel - Grand Hôtel Barrière,<br />
Dinard <strong>Nr</strong>. 6<br />
• Bretagne - Thalassotherapie: die<br />
heilsamen Kräfte des Meeres <strong>Nr</strong>. 2<br />
8 Atlantikküste<br />
• Ein Traumwochenende im Bordelais<br />
<strong>Nr</strong>. 5<br />
• Cordouan - Das kleine Versailles im<br />
Atlantik <strong>Nr</strong>. 5<br />
• Inseln - Ile de Noirmoutier und Ile<br />
d‘Yeu - das Leben vor der Küste <strong>Nr</strong>. 4<br />
• LaLeyre - « Wenn du die Region<br />
wirklich kennen lernen möchtest,<br />
interessiere dich für die Leyre...» <strong>Nr</strong>. 4<br />
• Nantes - Eine Stadt organisiert<br />
ihre kulturelle Metamorphose <strong>Nr</strong>. 4<br />
• Hossegor - Wo Architektur den<br />
legendären Ruf eines Seebades<br />
begründet <strong>Nr</strong>. 4<br />
• Portraits - Salzbauern,<br />
Austernzüchter, Kiwiproduzenten,<br />
die Berufe entlang der Küste <strong>Nr</strong>. 4<br />
• Hotel - Les Sources de Caudalie,<br />
96 · Frankreich erleben · November / Dezember 2006
nach Regionen geordnet:<br />
Bordelais <strong>Nr</strong>. 3<br />
• Aquarium von La Rochelle <strong>Nr</strong>. 2<br />
• Wein - Bordelais: Les Vignobles<br />
Peyvergès <strong>Nr</strong>. 2<br />
• Bordeaux - Das Erwachen einer<br />
schlafenden Schönheit <strong>Nr</strong>. 1<br />
9 Zentralfrankreich /<br />
Pyrenäen<br />
• Skifahren im Zentralmassiv - Land<br />
der erloschenen Vulkane <strong>Nr</strong>. 7<br />
• Skifahren in den Pyrenäen -<br />
Bergkette zwischen zwei Meeren <strong>Nr</strong>. 7<br />
• Land der Katharer - Von Foix nach<br />
Carcassonne <strong>Nr</strong>. 4<br />
• Viadukt von Millau - Die Brücke<br />
über den Wolken <strong>Nr</strong>. 1<br />
10 Alpen / Rhone-Tal<br />
• Hotel - Hameau Albert 1er,<br />
Chamonix <strong>Nr</strong>. 7<br />
• Wein - Die Wahrheit über den<br />
Beaujolais Nouveau <strong>Nr</strong>. 7<br />
• Skifahren in den Nordalpen<br />
- Gebirge der Superlative <strong>Nr</strong>. 7<br />
• Skifahren in den Südalpen<br />
- Dem Mittelmeer so nah <strong>Nr</strong>. 7<br />
• Lyon - Eine Stadt entdeckt die<br />
Magie des Lichts <strong>Nr</strong>. 3<br />
11 Mittelmeerküste /<br />
Provence<br />
• Hotel - HI, Nizza <strong>Nr</strong>. 8<br />
• Cevennen - Das Rätsel der<br />
Höhle von Trabuc <strong>Nr</strong>. 7<br />
• Circuit du Var - Erste Formel-1-<br />
Fahrschule der Welt <strong>Nr</strong>. 6<br />
• Musée du Désert - Auf den Spuren des<br />
eigenen Namens <strong>Nr</strong>. 6<br />
• Marseille - 10 Gründe, die Hafenstadt<br />
zu mögen <strong>Nr</strong>. 5<br />
• Bambouseraie - Die Poesie eines 150<br />
Jahre alten Bambusgartens <strong>Nr</strong>. 4<br />
• Narbonnaise - Ein Morgen mit<br />
Gérard beim Aalfang... <strong>Nr</strong>. 4<br />
• Hotel - Le Delos, Mittelmeerküste <strong>Nr</strong>. 4<br />
• Saint-Tropez <strong>Nr</strong>. 2<br />
• Villages perchés - Wo Dörfer auf<br />
Gipfeln thronen <strong>Nr</strong>. 2<br />
• Confiserie - Wo Blüten zu süßen<br />
Köstlichkeiten werden <strong>Nr</strong>. 2<br />
• Gastronomie - Calissons <strong>Nr</strong>. 2<br />
12 Korsika<br />
• Calvi - Perle im Nordwesten<br />
Korsikas <strong>Nr</strong>. 8<br />
• Wenn Landstraßen zu Traumstraßen<br />
werden <strong>Nr</strong>. 5<br />
• Städtevergleich - Bastia versus<br />
Ajaccio <strong>Nr</strong>. 5<br />
• Gorges de la Restonica, Korsikas<br />
alpine Seite <strong>Nr</strong>. 5<br />
• Mit der Eisenbahn durch Korsikas<br />
Bergwelt <strong>Nr</strong>. 5<br />
• Restaurant - A Pineta <strong>Nr</strong>. 5<br />
• Hotel Casadelmar, Porto-Vecchio <strong>Nr</strong>. 1<br />
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Frankreich erleben · November / Dezember 2006 · 97
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Paris La Défense<br />
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Roubaix<br />
La Piscine<br />
Modernes<br />
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Schwimmhalle<br />
Mont Saint-Michel<br />
Renaturierung des Wattenmeeres<br />
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Ausgabe <strong>Nr</strong>. 10 - Juli / August <strong>2007</strong> erscheint am 27. <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong><br />
98 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>
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