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Nr. 09 - Mai / Juni 2007

Bretagne: Frnakreichs wilder Westen Camargue: Land zwischen Fluss und Meer Metz: Centre Pompidou als Symbol des Aufbruchs Chanson: neue Musiktrends aus Frankreich Rezept: Blanquette de veau

Bretagne: Frnakreichs wilder Westen
Camargue: Land zwischen Fluss und Meer
Metz: Centre Pompidou als Symbol des Aufbruchs
Chanson: neue Musiktrends aus Frankreich
Rezept: Blanquette de veau

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Das erste deutschsprachige Frankreich-Magazin <strong>Nr</strong>. 9 · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong><br />

Bretagne<br />

Frankreichs wilder Westen<br />

Camargue<br />

Land zwischen<br />

Fluss und Meer<br />

Metz<br />

Centre Pompidou als<br />

Symbol des Aufbruchs<br />

Chanson<br />

Neue Musiktrends<br />

aus Frankreich<br />

Babyboom<br />

Kinderbetreuung<br />

als Erfolgsrezept<br />

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Editorial<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

die erste Runde der französischen Präsidentschaftswahlen<br />

ist gerade über die Bühne gegangen, nachdem<br />

sich zuvor die Favoriten Nicolas Sarkozy, Ségolène<br />

Royal und François Bayrou in den Meinungsumfragen<br />

ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert hatten.<br />

Noch während diese Ausgabe im Zeitschriftenhandel<br />

ausliegt, wird die zweite Wahlrunde stattfinden und<br />

Frankreich ein neues Staatsoberhaupt erhalten. Wir<br />

haben dies zum Anlass genommen, das Verhältnis<br />

zwischen Politik und Medien einmal genauer zu<br />

untersuchen. Denn gerade ausländische Beobachter<br />

empfinden die französische Medienlandschaft<br />

in politischen Angelegenheiten oftmals<br />

als recht « unfrei » und wenig kritisch.<br />

Politisch geht es auch in einem weiteren<br />

Artikel zu: der Familienpolitik bzw. der<br />

Kleinkinderbetreuung. Seit einiger Zeit<br />

macht Frankreich mit einem wahrhaften<br />

Babyboom von sich reden. Wir wollten<br />

wissen, worin die Ursachen für diese<br />

neue Gebärfreudigkeit liegen und<br />

ob wirklich alle kleinen Franzosen in Kinderkrippen<br />

aufwachsen. Sind die Kinder<br />

dann etwas größer, stellt sich die Frage nach<br />

dem Erlernen einer Fremdsprache. Viele Eltern<br />

und Schüler stehen vor der Wahl: Englisch,<br />

Spanisch oder lieber Deutsch? Das DeutschMobil<br />

möchte diese Entscheidung erleichtern und<br />

unterwegs gleich noch ein modernes Deutschlandbild<br />

vermitteln. Wir begleiteten eine Lektorin<br />

bei ihrer Reise zu den Schulen Aquitaniens.<br />

Apropos Reisen:<br />

Natürlich entführen wir<br />

Sie auch in dieser Ausgabe in<br />

einige der schönsten Gegenden Frankreichs.<br />

Zunächst geht es in die Bretagne, dem wilden<br />

Westen des Landes. Sicherlich werden Sie genauso wie<br />

wir vom rauen und unverfälschten Charme des Pays<br />

des Abers, dem « bretonischen Fjordland » im äußersten<br />

Nordwesten des Finistère, begeistert sein. Mit Rennes<br />

stellen wir Ihnen eine dynamische Stadt vor, die die moderne<br />

und urbane Seite der Bretagne symbolisiert. Und da<br />

die Bretagne nicht nur aus schroffen Küsten und einem<br />

tosenden Meer besteht, laden wir Sie zu einer Reise durchs<br />

beschauliche Inland entlang des Nantes-Brest-Kanals ein,<br />

die man gut mit dem Hausboot, zu Fuß oder per<br />

Fahrrad zurücklegen kann. Unterwegs bestehen<br />

viele Möglichkeiten, sich von der bretonischen<br />

Lebensart und den kulinarischen Verführungen<br />

der Region verzaubern zu lassen.<br />

Allerdings ist nicht nur Rennes eine Stadt,<br />

die sich im Aufbruch befindet. Auch das<br />

lothringische Metz sucht nach einem<br />

neuen Image und bereitet enthusiastisch<br />

die Eröffnung einer Zweigstelle des Pariser<br />

Centre Pompidou vor. Wen es dagegen mehr in<br />

den Süden des Landes zieht, der sollte bei seiner<br />

nächsten Reise vielleicht einen Abstecher in die<br />

Camargue einplanen. Die weiten Wiesen, Sümpfe<br />

und Lagunen wecken bei vielen Besuchern<br />

ein Gefühl der endlosen Freiheit. Wussten Sie<br />

schon, dass es in Paris Katakomben gibt? Oder eine<br />

internationale Studentenstadt? Entdecken Sie bei<br />

einem Spaziergang durchs 14. Arrondissement ein<br />

Paris jenseits der klassischen Sehenswürdigkeiten.<br />

Wie immer finden Sie auch in dieser Ausgabe<br />

wieder eine Reihe weiterer spannender Artikel. Ich<br />

wünsche Ihnen viel Spaß beim Schmökern.<br />

Titelbild: Kapelle Saint-Samson nahe Landunvez<br />

im Pays des Abers (Bretagne)<br />

Jean-Charles Albert<br />

Chefredakteur<br />

jc.albert@frankreicherleben.de<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> ·


Inhalt<br />

Bretagne – Frankreichs wilder Westen · 12<br />

Weit ragt sie in den Atlantik und wird gerne als das « Ende der Welt » beschrieben, doch die Bretagne bietet noch mehr als nur<br />

schroffe Küsten und stürmisches Wetter. Begleiten Sie uns auf einer Reise auf dem Nantes-Brest-Kanal durch das verschlafene<br />

Inland, zu den Fjorden des Pays des Abers im Nordwesten des Finistère und in die dynamische Hauptstadt Rennes.<br />

Camargue · 60<br />

Eingeklemmt zwischen<br />

den Flussarmen des<br />

Rhone-Deltas und dem<br />

Mittelmeer, lockt die<br />

Camargue mit endlosen<br />

Wiesen, Lagunen und<br />

einem weiten Horizont.<br />

Metz · 64<br />

Schon seit Jahren<br />

durchlebt Metz einen<br />

erstaunlichen Erneuerungsprozess.<br />

Nächster<br />

Höhepunkt wird die Eröffnung<br />

einer Zweigstelle<br />

des weltberühmten<br />

Centre Pompidou sein.<br />

Paris 14 e · 68<br />

Wie zeigt sich Paris jenseits der klassischen<br />

Sehenswürdigkeiten? Was gibt es in den<br />

weniger touristischen Stadtvierteln zu sehen?<br />

Auf Spurensuche nach einem authentischen<br />

Paris im 14. Arrondissement.<br />

· Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Fokus<br />

12 Bretagne – Frankreichs wilder Westen<br />

16 Le Pays des Abers Die Bretagne im Kleinformat<br />

mit Fjorden wie im hohen Norden<br />

24 Rennes Geschichtsträchtig und weltoffen<br />

30 Nantes-Brest-Kanal Und aus der Mitte<br />

entspringt ein Kanal<br />

Babyboom · 48<br />

Frankreich verzeichnet<br />

einen Geburtenrekord<br />

nach dem anderen.<br />

Was steckt hinter<br />

diesem Babyboom?<br />

38 Bretonische Lebensart Mehr als nur Klischees?<br />

44 Reise-Infos Bretagne<br />

Unterwegs in Frankreich<br />

60 Camargue Land zwischen Fluss und Meer<br />

64 Metz Im Osten etwas Neues<br />

68 Paris 14 e Stadtspaziergang durch das<br />

14. Arrondissement<br />

74 Hotel Le Domaine du Lac, Guebwiller<br />

Chanson · 78<br />

Die nouvelle scène<br />

macht Furore. Ihre<br />

Lieder sind genauso sehr<br />

Hommage an die Tradition<br />

des französischen<br />

Chansons wie dessen<br />

Neuinterpretation.<br />

Frankreich heute<br />

48 Babyboom Welche Rolle spielt die französische<br />

Familienpolitik?<br />

52 DeutschMobil Unterwegs im Auftrag<br />

der deutschen Sprache<br />

56 Medien und Politik Ein ambivalentes Verhältnis<br />

Art de vivre<br />

Vouvray · 86<br />

Ob perlender<br />

Schaumwein nach<br />

Vorbild des Champagners<br />

oder süßer<br />

Likörwein, der Vouvray<br />

überrascht mit seiner<br />

Vielfältigkeit.<br />

78 Chanson Neue französische Welle, was verbirgt<br />

sich hinter dem Begriff nouvelle scène?<br />

82 Kulturprogramm <strong>Mai</strong> & <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong><br />

84 Kulturszene CDs, Bücher, Filme<br />

86 Wein Vouvray<br />

90 Genuss Lichouseries, zuckersüße Köstlichkeiten<br />

aus der Bretagne<br />

92 Chantals Rezept Blanquette de Veau<br />

Rubriken<br />

12-45<br />

90<br />

86<br />

68<br />

64<br />

74<br />

5 Editorial<br />

8 On en parle<br />

46 Kulturschock<br />

51 Abonnement<br />

58 Leben in Frankreich<br />

76 Arte-Programm<br />

94 Leserbriefe<br />

94 Impressum<br />

95 Heftnachbestellungen<br />

98 Vorschau<br />

60<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> ·


On En Parle<br />

Billigfluggesellschaften<br />

im Aufwind<br />

Unverändert sind Billigfluggesellschaften auf<br />

dem französischen Markt weniger präsent als<br />

im restlichen Europa. Ihr Marktanteil beträgt<br />

lediglich 16 Prozent gegenüber 33 Prozent<br />

auf europäischer Ebene. Es scheint aber Bewegung<br />

in den Markt zu kommen, und schon<br />

heute ist easyJet mit 5,4 Millionen beförderten<br />

Passagieren die zweitgrößte Fluggesellschaft<br />

in Frankreich. Für <strong>2007</strong> hat die Airline<br />

zusätzliche Verbindungen angekündigt, und<br />

zwar von Lyon nach Madrid und Rom, von<br />

Bordeaux nach Bristol und Genf und von<br />

Toulouse nach Madrid. Von Deutschland aus<br />

baute kürzlich erst Ryanair sein Flugnetz in<br />

Richtung Frankreich aus.<br />

Neue TGV/ICE-Verbindungen aus Süddeutschland<br />

Am 10. <strong>Juni</strong> ist es soweit: Eine neue Ära des Bahnreiseverkehrs zwischen Süddeutschland und Frankreich<br />

wird eingeleitet. Der TGV wird von diesem Tag an Stuttgart und Karlsruhe mit Straßburg und Paris<br />

verbinden. Der ICE wird auf der Strecke von Frankfurt a.M., Mannheim, Kaiserslautern und Saarbrücken<br />

nach Paris verkehren. Zum ersten Mal werden zudem Reisende mit einem Ermäßigungsanspruch (Kinder,<br />

Senioren etc.) die gleichen Vergünstigungen auf beiden Seiten des Rheins erhalten.<br />

Neue Studie über das<br />

Sexleben der Franzosen<br />

Auf den Bio-<br />

Geschmack<br />

gekommen<br />

Nach einer Umfrage<br />

des Meinungsforschungsinstituts<br />

CSA geben acht<br />

von zehn Franzosen<br />

an, dass Bioprodukte<br />

natürlicher<br />

und besser für die<br />

Gesundheit seien.<br />

40 Prozent der Befragten konsumieren diese<br />

mindestens einmal im Monat, 23 Prozent<br />

mindestens einmal pro Woche und sieben<br />

Prozent jeden Tag. Außerdem erleben Bio-<br />

Supermärkte gerade einen großen Aufschwung<br />

in Frankreich.<br />

Die letzte Studie zum sexuellen Verhalten der<br />

Franzosen aus dem Jahre 1982 ist noch gar<br />

nicht so lange her und doch hat sich seitdem<br />

einiges verändert. Vor allem das Sexualleben<br />

der Frauen kennt signifikante Veränderungen:<br />

Haben sie heute im Durchschnitt 4,4<br />

Sexualpartner im Leben, waren es 1992 noch<br />

3,3 und 1970 nur 1,8. Weniger zurückhaltend<br />

sind dagegen die Männer, die durchschnittlich<br />

11,6 Sexualpartner haben. Auch die Romantik<br />

scheint im Rückzug begriffen: 57 Prozent der<br />

Männer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren<br />

geben an, nicht verliebt sein zu müssen, um<br />

Sex mit einem Menschen zu haben. Bei den<br />

Frauen sind dies nur 28 Prozent. Im Durchschnitt<br />

werden die Franzosen neunmal im Monat mit<br />

einem Partner intim.<br />

· Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Crashtest für Weinkorken<br />

Um den ungeliebten Korkgeschmack im<br />

Wein zu verhindern, ließ sich ein Labor<br />

aus dem Departement Vaucluse von<br />

den Crashtests für Autos inspirieren und<br />

entwickelte eine Testserie für Weinkorken.<br />

Biegbarkeit, Druckempfindlichkeit, Spannungsresistenz<br />

– alles wird genaustens<br />

überprüft, um eine höchst mögliche Korkenqualität<br />

zu garantieren.<br />

SCHNAPPSCHÜSSE<br />

Louvre Abu Dhabi<br />

Nun ist es endgültig: Der Louvre bekommt einen Ableger<br />

in den Vereinten Arabischen Emiraten. Ein entsprechender<br />

Vertrag wurde unterzeichnet. Danach sollen über 20 Jahre<br />

lang Leihgaben aus Frankreich im « Louvre Abu Dhabi » gezeigt<br />

werden. Das Emirat zahlt dafür 700 Millionen Euro, 400 Millionen<br />

davon alleine für den Markennamen « Louvre ».<br />

Wenige Frauen in Spitzenpositionen<br />

Nach einem Bericht des Wirtschafts- und Sozialrates sind nur<br />

sieben Prozent der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der<br />

200 größten französischen Unternehmen Frauen. Die Quote<br />

beträgt sogar nur fünf Prozent in den 40 größten Firmen.<br />

Franzosen sind Leseweltmeister<br />

Jeder Franzose liest im Durchschnitt 6,8 verschiedene Zeitungsund<br />

Magazintitel im Jahr, was ihn zu einem wahren Leseweltmeister<br />

kürt. Die größte Lesefreudigkeit weisen dabei Frauen im<br />

Alter von 15 bis 28 Jahren auf, die sogar 8,3 verschiedene Titel<br />

jährlich konsumieren. 97 Prozent aller Franzosen lesen zudem<br />

mindestens ein Heft pro Monat.<br />

Wiederentdeckung einer unzüchtigen Madonnenstatue<br />

Eine Madonnenstatue aus dem 16. Jahrhundert wurde in einer<br />

Kapelle in Kerluan im Departement Finistère wiederentdeckt. Ein<br />

Priester hatte sie aufgrund ihrer Unzüchtigkeit – die Madonna<br />

hält eine ihrer Brustwarzen zwischen den Fingern, um Jesus die<br />

Brust zu geben – vergraben. Der jetzige Geistliche will ihr wieder<br />

den ursprünglichen Platz einräumen.<br />

Alle gemeinsam gegen<br />

drohende Abschiebung<br />

Das kleine bretonische Dorf Montfort-sur-<br />

Meu mit 6.500 Einwohnern engagiert sich<br />

für seine Mitbürger ausländischer Herkunft<br />

ohne gültige Aufenthaltspapiere.<br />

Vom Pfarrer über den sozialistischen<br />

Bürgermeister bis zum Abgeordneten der<br />

konservativen UMP, die große Mehrheit<br />

der Dorfbevölkerung unterstützt 23 Malier,<br />

die als « illegale » Einwanderer gelten. Als<br />

Arbeiter der örtlichen Fabrik, Mitglieder<br />

des lokalen Fußballclubs und zuverlässige<br />

Teilnehmer des Alphabetisierungskurses<br />

seien sie perfekt in die Dorfgemeinschaft<br />

integriert. Einer wartet zusammen mit<br />

seiner bretonischen Partnerin sogar auf<br />

die Geburt des ersten Kindes. In einer Petition<br />

wurden 4.000 Unterschriften gegen<br />

die drohende Abschiebung gesammelt.<br />

Hitzeopfer nicht nur in Frankreich<br />

Der Sommer 2003 war ein schlimmer Schlag für die französische<br />

Regierung und Nation. Schlagzeilen über Tausende von Toten,<br />

die wegen der extremen Hitzewelle im Land starben, gingen um<br />

die Welt. Nun hat das Nationale Institut für die Gesundheit und<br />

medizinische Forschung (INSERM) im Auftrag der Europäischen<br />

Union einen ausführlichen Report veröffentlicht, wonach nicht<br />

nur Frankreich betroffen war. Auch in Luxemburg, Spanien<br />

und Italien wurde während dieser Hitzewelle ein ähnlich hoher<br />

Anstieg der Todesrate verzeichnet.<br />

Zwei französische Milliardäre unter den Top 20 der Welt<br />

In der neusten Liste der größten Vermögen der US-amerikanischen<br />

Zeitschrift Forbes schaffte es der französische « Luxuspapst »<br />

Bernard Arnault (LVMH) auf den siebten und Liliane Bettencourt<br />

(L’Oréal) auf den zwölften Platz.<br />

Flugverkehr im Aufwind<br />

Im letzten Jahr wurden mit 146,6 Millionen 4,5 Prozent mehr<br />

Passagiere auf französischen Flughäfen gezählt als ein Jahr<br />

zuvor. Rund zehn Millionen entfallen dabei auf die Flughäfen der<br />

Überseegebiete.<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> ·


On En Parle<br />

Präsidentschaftswahl I:<br />

François Bayrou im Lexikon<br />

Das Redaktionsteam des<br />

renommierten Larousse-Lexikons<br />

reagierte auf die Entwicklungen<br />

der letzten Monate und wird in<br />

der nächsten Auflage auch das<br />

Schlagwort « François Bayrou »<br />

aufnehmen. Die Namen seiner<br />

Kontrahenten Nicolas Sarkozy<br />

und Ségolène Royal<br />

sind bereits im<br />

Lexikon zu finden.<br />

Präsidentschaftswahl III:<br />

Kärcher wehrt sich gegen Sarkozy-Zitat<br />

Präsidentschaftswahl II:<br />

Wo stehen Frankreichs<br />

Fernsehstars politisch?<br />

Die Zeitschrift VSD ist mit dem Meinungsforschungsinstitut<br />

CSA der Frage<br />

nachgegangen, welchen politischen<br />

Eindruck die Franzosen von ihren Fernsehstars<br />

haben. Danach würden viele<br />

bekannte Showmaster und Moderatoren<br />

(Jean-Luc Delarue, Michel Drucker, Thierry<br />

Ardisson, Marc-Olivier Fogiel) eher dem<br />

konservativen Lager zugerechnet. Die<br />

meisten Komiker sieht man dagegen<br />

eher links der Mitte. Bei den Schauspielern<br />

herrscht ein zweigeteiltes Bild: Gérard<br />

Jugnot, Daniel Auteuil und Patrick Bruel<br />

werden eher als links, Carole Bouquet,<br />

Catherine Deneuve und Jean-Paul<br />

Belmondo eher als rechts eingestuft. Auch<br />

zwei Fußballgrößen schafften es in die Liste:<br />

Danach gilt Zinedine Zidane als eher links,<br />

Raymond Domenech als eher konservativ.<br />

Das Unternehmen Kärcher verurteilt die Benutzung seines Firmennamens<br />

im abgelaufenen Wahlkampf. Seitdem Nicolas Sarkozy<br />

2005 in Courneuve ankündigte, die unruhigen Vorstädte mit dem<br />

Kärcher säubern zu wollen, ist dieser Ausdruck in den politischen<br />

Sprachgebrauch übergegangen – sehr zum Leidwesen des Unternehmens.<br />

Präsidentschaftswahl IV:<br />

Schwerer Abschied<br />

Mit der Wahl eines neuen Staatsoberhauptes<br />

geht auch die Ära von Jacques Chirac<br />

im Elysée-Palast zu Ende. Seine Ehefrau<br />

Bernadette ließ in einem Interview bereits<br />

verlauten, dass ihr der Auszug schwerfallen<br />

wird, sie die Herausforderung aber natürlich<br />

annimmt. Hinzu kommt, dass die Familie schon<br />

seit Jahren in Dienstwohnungen verweilte,<br />

hatte Jacques Chirac doch ständig wichtige<br />

politische Ämter inne - Bürgermeister von<br />

Paris, Premierminister, Präsident. Zwar wird<br />

auch einem ehemaligen Präsidenten eine<br />

Wohnung gestellt, allerdings werden nicht<br />

mehr alle Kosten vom Staat übernommen.<br />

Es ist auch noch nicht klar, ob das Ehepaar<br />

das Angebot annimmt oder selbst auf<br />

Wohnungssuche gehen wird.<br />

Präsidentschaftswahl V:<br />

Wahlkampf zu wenig europäisch<br />

Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitut<br />

CSA wünschten sich 63 Prozent der Franzosen, dass<br />

die Debatte um eine gemeinsame europäische<br />

Verfassung einen höheren Stellenwert im französischen<br />

Präsidentschaftswahlkampf eingenommen hätte.<br />

10 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


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Fokus Bretagne<br />

Bretagne<br />

Frankreichs wilder Westen<br />

12 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Die Geschichte wirkt wie eine Anekdote und beschreibt die Bretagne dennoch gut. Wir<br />

schreiben das Jahr 1961. Frankreich befindet sich in einer großen Umbruchphase. Wie in<br />

vielen westlichen Ländern erschüttern die wirtschaftlichen Entwicklungen und technischen<br />

Neuerungen die traditionellen Gesellschaftsnormen. Die Industrie wächst, die Landwirtschaft<br />

verliert an Bedeutung, der Wohlstand kehrt in die Haushalte ein. In diesem Kontext kommen<br />

Wissenschaftler in Paris auf die Idee, die Veränderungsprozesse der Gesellschaft für zukünftige<br />

Generationen festhalten zu wollen. Am Beispiel eines typischen Dorfes möchten sie untersuchen,<br />

wie sich das moderne Leben auf das Verhalten der Menschen auswirkt.<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 13


Fokus Bretagne<br />

Um valide Ergebnisse zu erzielen,<br />

suchen die Wissenschaftler nach<br />

einem urtypischen französischen Dorf.<br />

Der Ort soll eher ländlich sein und<br />

dennoch die französische Gesellschaft<br />

möglichst umfassend abbilden. Die Suche<br />

gestaltet sich als schwierig. Letztlich<br />

wird das bretonische Plozévet mit<br />

seinen 3.700 Einwohnern auserkoren.<br />

Die kleine verschlafene Gemeinde im<br />

Finistère wird plötzlich zum Mittelpunkt<br />

der größten jemals in Frankreich<br />

durchgeführten Sozialstudie, die 1967<br />

schließlich unter der Oberhand von<br />

Edgar Morin veröffentlicht wird. Acht<br />

Jahre später, 1975, macht Plozévet<br />

nochmals Schlagzeilen: Dieses Mal<br />

geht es jedoch nicht um das Mittelmaß.<br />

Der Ort kürt sich damit, relativ<br />

gesehen die meisten Bürger mit überdurchschnittlich<br />

gutem Hochschulabschluss<br />

hervorgebracht zu haben. Die<br />

Bretagne, die von den Pariser Forschern<br />

aufgrund ihrer Isoliertheit und Durchschnittlichkeit<br />

ein wenig abschätzig<br />

ausgewählt wurde, « revanchiert » sich<br />

auf ihre eigene Weise.<br />

Diese kleine Geschichte resümiert<br />

treffend das Schicksal der Bretagne,<br />

ein Landstrich, der oft unterschätzt,<br />

manchmal sogar ins Lächerliche<br />

gezogen wird. Man braucht nur die<br />

Zeichnungen von Bécassine, die<br />

Generationen französischer Kinder<br />

geliebt haben, zu betrachten: Eine<br />

Karikatur der freundlichen Bretonin,<br />

die etwas naiv mit ihren Pantoffeln<br />

nach Paris kommt, wo ihr eine Reihe<br />

kleiner Missgeschicke widerfährt.<br />

Selbst der Staat zögerte nicht, die Bretagne<br />

in ihre Schranken zu weisen und<br />

nahm der Region ohne große Skrupel<br />

1941 unter der Vichy-Regierung ein<br />

Departement weg, das damalige Loire<br />

Inférieure mit der historischen bretonischen<br />

Hauptstadt Nantes, das bis<br />

heute als Loire Atlantique zur Region<br />

Pays de la Loire gehört.<br />

Aber die Bretagne hat sich niemals<br />

geschlagen gegeben und immer an<br />

sich selbst geglaubt. Trotz der Lage<br />

« am Ende der Welt » in Frankreichs<br />

extremen Westen herrscht hier keine<br />

Endzeitstimmung. Die Region zählt<br />

zu den erfolgreichsten des Landes.<br />

Kaum ein Landstrich hat sich seit den<br />

1960er-Jahren so stark entwickelt wie<br />

die Bretagne. Dabei war die Gegend<br />

früher sehr arm, lag weit abseits der<br />

europäischen Handelsströme und<br />

konnte unter dem Einfluss einer sehr<br />

konservativen katholischen Kirche nur<br />

mühsam in die Moderne aufbrechen.<br />

Viele Bretonen wanderten aus. Nicht<br />

Herr Minister,<br />

mein Sohn hat die<br />

Bretagne neu<br />

zugeschnitten...<br />

Sehr gute Arbeit,<br />

ist angenommen<br />

1941: Das Departement Loire Inférieure (heute Loire Atlantique) wird von der<br />

Bretagne abgetrennt.<br />

S. 12/13: Mündungsgebiet des Aber Wrac’h mit den<br />

beiden Leuchttürmen der Ile Vierge.<br />

Von oben nach unten: Stürmische See an der Côte de Granit Rose, Plage<br />

de l’Ecluse in Dinard, Ile d’Ouessant, Phare d’Eckmühl in Penmarc’h.<br />

14 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Es ist hart, aber<br />

ich bin Bretone, ich<br />

schaffe das! Es ist<br />

hart, aber ich bin<br />

Bretone, ich schaffe<br />

das!<br />

Das ist<br />

sein<br />

Doping!<br />

23. Juli 1979: Der Bretone Bernard<br />

Hinault gewinnt seine zweite Tour<br />

de France und gesellt sich zu dem<br />

Kreis zwei anderer siegreicher<br />

Bretonen, Robic und Bobet.<br />

ohne Grund ist die Gegend um Montparnasse<br />

in Paris für ihre vielen Crêperien<br />

berühmt, kamen dort am Bahnhof<br />

doch die Züge aus der Bretagne an.<br />

Die Menschen in der Bretagne<br />

sind aber für ihren Mut und ihre Entschlossenheit<br />

bekannt, so dass sich die<br />

Region längst nicht mehr zu verstecken<br />

braucht. Auch von Auswanderung<br />

kann keine Rede mehr sein: Seit 1999<br />

gewinnt die Bretagne durchschnittlich<br />

25.000 zusätzliche Einwohner pro<br />

Jahr. Zudem boomt die einheimische<br />

Wirtschaft, insbesondere im Dienstleistungssektor<br />

wie dem Handel, dem<br />

Tourismus, der Transportwirtschaft<br />

oder der IT-Branche. Einige Kinder des<br />

Landes brachten es sogar zu großem<br />

Reichtum, wie etwa François Pinault,<br />

Nummer 5 der reichsten Franzosen<br />

und Nummer 25 der reichsten Europäer,<br />

der bei der Eröffnung seines Museums<br />

für Moderne Kunst in Venedig<br />

stolz die bretonische Flagge vor dem<br />

venezianischen Stadtpalais hisste.<br />

Aber jenseits der beeindruckenden<br />

wirtschaftlichen Entwicklung der letzten<br />

Jahrzehnte ist die Bretagne natürlich<br />

auch eine Region mit grandioser<br />

Landschaft und wilder Natur geblieben.<br />

Von dem kleinen romantischen<br />

Fischerdorf bis zur stürmischen See<br />

am Pointe du Raz, von der Landzunge<br />

von Quiberon im Süden bis zur Bucht<br />

von Saint-Brieuc im Norden, von<br />

den kleinen Inseln Belle-Ile, Bréhat<br />

oder Groix bis zu den großen Städten<br />

Rennes, Vannes, Lorient oder Brest,<br />

die dennoch überschaubar in ihrer<br />

Größe geblieben sind, hat die Bretagne<br />

alles zu bieten, was einen Urlaub perfekt<br />

macht. Außerdem ist auf dieser<br />

Halbinsel mit einer Länge von 300<br />

Kilometern und einer Breite von 100<br />

Kilometern das Meer niemals wirklich<br />

weit weg.<br />

In die Bretagne kommt man selten<br />

per Zufall. Schließlich ist sie eine<br />

Art Sackgasse, wo nur noch der weite<br />

Ozean folgt. Es ist ein Urlaubsziel, das<br />

man sich ganz bewusst aussucht. Momente<br />

voller Emotionen sind hier allgegenwärtig,<br />

sei es bei einem romantischen<br />

Sonnenuntergang am Meer<br />

oder beim Genuss eines leckeren Crêpe.<br />

Man sollte dabei nicht versuchen, die<br />

Bretagne in eine Schublade zu stecken.<br />

Zu oft hat die Region schon darunter<br />

gelitten, dass man sie auf einige Klischees<br />

reduzieren wollte. Wer in die<br />

Bretagne reist, sollte sich überraschen<br />

lassen. Natürlich findet man auch<br />

zahlreiche Klischees wieder, wie etwa<br />

das eher windige und regnerische<br />

Klima. Doch dieses erlaubt auch faszinierende<br />

Lichtverhältnisse, oder hätte<br />

sich Paul Gauguin, der mit anderen<br />

Künstlern die Schule von Pont-Aven<br />

zwischen Concarneau und Quimperlé<br />

gründete, täuschen können? Auch<br />

die keltischen Ursprünge sind hier im<br />

Westen Frankreichs fest verankert.<br />

Nicht die Rationalität gibt immer den<br />

Ton an, sondern Legenden, Sagen,<br />

Kobolde oder Druiden gehören zum<br />

bretonischen Kulturgut. Die Bretagne<br />

ist eben eine Region voller Poesie und<br />

Überraschungen.<br />

Jedem Gast seinen<br />

Urlaubstraum<br />

z.B. im Familienparadies<br />

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Fokus Bretagne<br />

Le Pays<br />

des Abers<br />

Die Bretagne im Kleinformat mit<br />

Fjorden wie im hohen Norden<br />

Oben: Aber Wrac’h; rechts: Boot zur Algengewinnung.<br />

Es ist eine der faszinierendsten Gegenden der Bretagne. Weniger bekannt als der<br />

Pointe du Raz oder einige bretonische Inseln, die inzwischen internationale Besucherströme<br />

anziehen, lockt das Pays des Abers nördlich von Brest im extremen Westen<br />

des Departements Finistère mit unverfälschter wilder Natur. Ein Stück Bretagne im<br />

Kleinformat, wo sich die Landschaft durch die Gezeiten ständig verändert. Wenn das<br />

Meer in die fjordähnlichen Buchten drückt, spürt man die unheimliche Kraft der Natur.<br />

16 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Geirangerfjord, Sognefjord oder<br />

Hardangerfjord, um nur einige<br />

der berühmtesten Fjorde Norwegens<br />

zu nennen, heißen hier Aber<br />

Wrac’h, Aber Benoît und Aber Ildut.<br />

Nur wenige Touristen wissen es, aber<br />

auch in der Bretagne gibt es Fjorde.<br />

Wenn sie auch weniger spektakulär als<br />

ihre nordischen Brüder ausfallen und<br />

nicht von hohen Bergen gesäumt sind,<br />

so verleihen sie dem nördlichen Finistère<br />

doch einen ganz besonderen Charme,<br />

gerade auch durch das Spiel der Gezeiten,<br />

das in diesen engen und bis zu vielen<br />

Kilometern langen Meeresbuchten<br />

besonders schön zu beobachten ist. Die<br />

Gegend ist außergewöhnlich, im Bretonischen<br />

spricht man auch vom Penn ar<br />

Bed, dem Ende der Welt. Es ist zudem<br />

die Küste der Legenden. Nicht ganz<br />

ohne Grund: Das Spektakel aus Ebbe<br />

und Flut regt die Phantasie und Imagination<br />

unweigerlich an. Wenn das<br />

Wasser in die Abers drückt, spürt man<br />

die immense Kraft des Meeres, als wolle<br />

es den Kontinent überfluten. Zieht<br />

es sich dann wieder zurück, bleiben<br />

Schlamm und Schlick, die sanft im<br />

Licht leuchten und Scharen von Vögeln<br />

auf Nahrungssuche anziehen.<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 17


Fokus Bretagne<br />

18 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Ein Land der Legenden<br />

Schon seit Jahrhunderten kursieren im Pays des<br />

Abers zahlreiche Legenden. Man erzählt davon, wie<br />

Schiffe auf oft mysteriöse Weise verschwanden – hier<br />

an der Küste der Havarien. Es gab einmal eine Zeit, da<br />

wurden die Schiffe nachts sogar mit Lichtern angelockt,<br />

um sie dann nach Schiffbruch auszurauben. Heute ist<br />

die Navigation vor der Küste natürlich friedfertig, und<br />

die Seeleute haben keine Angst mehr, sich an Land zu<br />

wagen. Hobbykapitäne machen es den Großen nach und<br />

bevölkern bei schönem Wetter mit ihren kleinen Booten<br />

gerne die Buchten der Pays des Abers.<br />

Und dennoch, noch immer schwingt eine mystische<br />

Atmosphäre in der Luft. Man entdeckt sie meist durch<br />

Zufall, beispielsweise wenn man an einem stürmischen<br />

Tag bei einem Spaziergang auf die Reste der Pont Krac’h<br />

– auf Bretonisch « Brücke des Teufels » – trifft, die Plouguerneau<br />

und Lannilis miteinander verband und deren<br />

Alter Respekt einflößt: Man vermutet, dass sie zwischen<br />

1.000 und 2.000 Jahre alt sein muss. Gebaut wurde sie<br />

in einer Epoche, als der Meeresspiegel noch niedriger<br />

war, so dass sie heutzutage bei jeder Flut überschwemmt<br />

wird. Lässt man das Bauwerk auf sich wirken, malt man<br />

sich unweigerlich aus, warum die Brücke wohl diesen<br />

teuflischen Namen trägt.<br />

Aber Wrac’h – der längste Fjord<br />

Der markanteste der drei Fjorde ist sicherlich der<br />

Aber Wrac’h. Er beeindruckt mit seiner Länge von 32<br />

Kilometern, wobei die ersten zehn Kilometer schiffbar<br />

sind. Seine Mündung weist eine stolze Breite von zwei<br />

Kilometern auf. Seine Fahrrinne ist selbst für große<br />

Frachtschiffe geeignet. Es ist ein großartiges Ereignis,<br />

wenn sich diese in den Fjord wagen, da der Aber oftmals<br />

nur so breit ist, wie die Schiffe lang sind. Allerdings gibt<br />

es ein derartiges Spektakel heutzutage immer seltener<br />

zu sehen. Der Fjord schlummert meist leise vor sich hin<br />

und ist ein Paradies für Wanderer und Segler geworden.<br />

Die Einheimischen erinnern sich dagegen noch an die<br />

Schiffe, die manchmal bei Ebbe in der Mitte der Meeresbucht<br />

gefangen waren und auf die Wiederkehr des<br />

Meeres warten mussten.<br />

Überhaupt bildet der Wechsel von Ebbe und Flut ein<br />

großartiges Schauspiel im Aber Wrac’h. Egal, ob man<br />

zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Auto unterwegs ist,<br />

immer wieder fällt die sich im Tagesverlauf verändernde<br />

Landschaft auf. Wenn sich das Wasser zurückzieht,<br />

schimmert der Schlamm farbenfroh, bevor die Sonne ihn<br />

austrocknen lässt. Der Sonnenuntergang ist ebenfalls ein<br />

magischer Moment, besonders wenn man von der Mitte<br />

des Fjordes in Richtung Westen schauen kann. Verlässt<br />

man Plouguerneau auf der alten schmalen Landstraße in<br />

Wo’s hingeht …<br />

Wo’s langgeht …<br />

Was los ist …<br />

Frankreich von seiner schönsten Seite!<br />

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Gegenüberliegende Seite: Aber Ildut.


Fokus Bretagne<br />

Aber Benoît.<br />

Richtung Lannilis, erlaubt ein kleiner Parkplatz entlang der<br />

Strecke einen wunderschönen Panoramablick auf den Aber<br />

Wrac’h. Der Platz liegt etwas erhöht, so dass man die wahre<br />

Größe der Meeresbucht überblicken kann.<br />

An der Stelle, wo der Fjord in den Ozean übergeht,<br />

liegt auf der Südseite eine lang gezogene Bucht, die – wie in<br />

Nizza – den Namen Baie des Anges trägt. Dominiert wird<br />

die Mündung aber vom Leuchtturm der Ile Vierge. Er ist<br />

mit seinen 82,50 Metern der höchste Leuchtturm Europas<br />

und gleichzeitig der weltweit höchste Leuchtturm aus<br />

Stein. Auf 325 Stufen gelangt man zum Leuchtfeuer, das<br />

bei klarer Luft bis zu 52 Kilometer weit aufs Meer leuchtet.<br />

Alle fünf Sekunden weist ein weißer Lichtstrahl den Schiffen<br />

den Weg. Am Fuße des Leuchtturms steht ein weiterer,<br />

mit 33 Metern deutlich kleinerer. Es ist sein Vorgänger, der<br />

1845 in Betrieb genommen und 1902 durch den großen<br />

Leuchtturm ersetzt wurde. Heute beherbergt er noch einen<br />

Wärter. Bei Nebel ertönt von hier aus das Nebelhorn.<br />

Etwas weiter draußen, mitten in der Mündung, liegt<br />

noch eine weitere kleine Insel, die Ile Stagadon. Bei starker<br />

Ebbe kann man zu Fuß von der einen Insel zur anderen<br />

gelangen. Es ist ein wunderbarer Spaziergang durchs Watt.<br />

Man sollte aber den Rat der Einheimischen befolgen: Es ist<br />

größte Vorsicht geboten, denn das Meer kommt manchmal<br />

schneller zurück, als erwartet. Eine tückische Falle.<br />

Aber Benoît - der lieblichste Fjord<br />

Nur wenige Kilometer entfernt, in Richtung Ploudalmézeau,<br />

trifft man auf den kleinen Bruder des Aber Wrac’h,<br />

den Aber Benoît. Er ist mit einer Länge von acht Kilometern<br />

kürzer und zudem weniger tief. Alles wirkt hier etwas<br />

ruhiger und lieblicher. Austernzüchter gehen mit einer speziellen<br />

Technik ihrem Gewerbe nach. Im Aber Benoît vermischt<br />

sich das Salzwasser des Meeres mit dem Süßwasser<br />

aus dem Inland. Den Austern scheint es hervorragend zu<br />

bekommen, befindet sich doch hier seit 1898 die berühmte<br />

Leuchttürme auf der Ile Vierge.<br />

Austernfarm Prat-ar-Coum, die die renommiertesten Pariser<br />

Restaurants beliefert. Einigkeit besteht darüber, dass<br />

die Austern des Aber Benoît einen nussigen Geschmack<br />

aufweisen. Von der Form her sind sie länger als breit, und<br />

die Schale ist ziemlich platt.<br />

Zu dem Bild der Friedfertigkeit des Aber Benoît passt<br />

der kleine Fischerort Saint-Pabu auf der Südseite des Fjordes.<br />

Er scheint nur erbaut worden zu sein, um von seinen<br />

Gassen den Aber Benoît in alle Richtungen bestaunen zu<br />

können. Der Ausblick ist einzigartig. Im Laufe der Zeit<br />

wurden viele alte Häuser von den eingesessenen Bewohnern<br />

an Städter verkauft, vor allem aus dem nahen Brest. Der<br />

unvergleichbare Charme des Dorfes ist aber nicht vergangen.<br />

Hier lässt sich ohne Probleme ein ganzer Nachmittag<br />

verbringen. Dabei sollte man nicht vergessen, bis zum<br />

offenen Meer weiterzufahren, zu den Stränden von Benniguet,<br />

Coulouarm, Corn-ar-Gazel und d’Erléac’h. Je nach<br />

Jahreszeit können die Dünen wegen der Disteln blau oder<br />

grün schimmern.<br />

Wenn man die andere Richtung wählt, weg vom Atlantik<br />

ins Landesinnere, wird die Landschaft zusehends lieblicher.<br />

Agrarisch genutzte Felder wechseln sich mit Wäldern<br />

ab. Um den Aber zu überqueren, nimmt man die Brücke<br />

von Tréglonou in Richtung Lannilis. Von der Brücke aus<br />

ergibt sich nach links und rechts ein schöner Blick auf den<br />

Fjord. Auf der Nordseite kann man dann wieder in Richtung<br />

Meer fahren und sich so auf die gegenüberliegende<br />

Seite von Saint-Pabu begeben. Von dort weiter in Richtung<br />

Norden gelangt man zur Halbinsel Sainte-Marguerite und<br />

der Baie des Anges des Aber Wrac’h.<br />

Aber Ildut - der westlichste Fjord<br />

Er ist der am wenigsten bekannte der drei Fjorde und<br />

liegt ein wenig abseits im Südwesten des Aber Wrac’h und<br />

des Aber Benoît. Für den kleinen Abstecher entschädigt<br />

aber das pittoreske Dörfchen Lanildut mit seinen drei bis<br />

20 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


vier Jahrhunderte alten Häusern aus rosafarbenem<br />

Granit. Die Region wird für diesen<br />

Stein hochgeschätzt. Entlang des Meeresarms<br />

gab es im Laufe der Zeit bis zu 14 Steinbrüche.<br />

Heute ist der Ort aber vor allem wegen seiner<br />

Algen berühmt, verfügt er doch über den größten<br />

Algenhafen Europas.<br />

Dank der verbesserten Technik kann ein<br />

Algenfischer heute zehnmal mehr Algen ernten<br />

als seine Vorfahren. Die Algen werden dabei<br />

mit einem Spezialgerät aufgesammelt. Der<br />

Vorgang erinnert an das Essen von Spaghetti<br />

mit einer Gabel. In vielen Wirtschaftszweigen<br />

interessiert man sich heute für Algen, so in der<br />

Pharmaindustrie, der Gastronomie oder der<br />

Kosmetikbranche. Doch einmal im Jahr, am<br />

15. August, werden die historischen Techniken<br />

nachgeahmt. Dann werden die Algen wie früher<br />

mit einer Sichel an einem langen Holzstab<br />

geerntet, auf Pferdekarren, die sich vorsichtig<br />

im Wasser fortbewegen, abtransportiert und<br />

anschließend wie damals getrocknet und geräuchert.<br />

Eine einmalige Möglichkeit, in eine<br />

andere Epoche einzutauchen.<br />

Einmal im Jahr werden die Algen auf traditionelle Art<br />

geerntet, abtransportiert und geräuchert.<br />

Ecomusée des goémoniers<br />

et de l’algue<br />

Das Museum soll die Erinnerung an die<br />

traditionelle Algenernte und die Menschen,<br />

die diesen Beruf ausüb(t)en, wach halten.<br />

Dabei werden auch der technische Fortschritt<br />

und die heutigen Verwendungsarten der<br />

Algen gezeigt.<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 21


SIE GLAUBEN AN WIEDERGEBURT?<br />

HIER STEHT DER BEWEIS.<br />

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„Göttin“ – und genau wie die legendäre CITROËN DS sorgt<br />

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viele gewartet haben.<br />

CITROËN C6<br />

NICHTS BEWEGT SIE WIE EIN CITROËN


Fokus Bretagne<br />

Das Hôtel Blossac, erbaut 1728, ist eines der schönsten Stadtpalais der Stadt. Heute<br />

befindet sich hier die Regionalverwaltung für kulturelle Angelegenheiten.<br />

R e n n e s<br />

G e s c h i c h t s t r ä c h t i g u n d w e l t o f f e n<br />

VAL-Station République.<br />

Etwas abseits der schroffen Küsten und kleinen Fischerdörfer<br />

gelegen, ist die bretonische Hauptstadt ein<br />

Symbol des Aufbruchs der Bretagne in die Zukunft.<br />

Schlendert man durch die Straßen von Rennes, fällt<br />

einem die gekonnte Mischung aus historischer Bausubstanz<br />

und modernen Einflüssen auf. Die Stadt ist<br />

jung, weltoffen und lebensfroh. Ein Stadtspaziergang.<br />

Es ist ein Detail und sagt doch<br />

einiges über das Lebensgefühl<br />

in der kleinen bretonischen<br />

Metropole aus: Sucht man in Rennes<br />

nach einem Restaurant, hat man die<br />

Qual der Wahl. Anders als in vielen<br />

Städten der Region dominiert nicht die<br />

bretonische Küche die Speisekarten der<br />

Gaststätten, obwohl es natürlich auch<br />

hier exzellente Crêperien gibt, sondern<br />

es lässt sich leicht eine kulinarische<br />

Reise um die Welt unternehmen. Ob<br />

chinesisch, japanisch, vietnamesisch,<br />

indisch, libanesisch, italienisch, griechisch<br />

oder gar kaukasisch-georgisch,<br />

hier wird jeder Gaumenwunsch erfüllt.<br />

Vielleicht ist dies aber auch nicht überraschend<br />

in einer Stadt, in der 60.000<br />

24 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


der 213.000 Einwohner Studenten<br />

sind. Zwei Universitäten besitzt<br />

Rennes. Allein eine davon zählt Hochschüler<br />

aus 120 Ländern. Die Hauptstadt<br />

der Bretagne zeigt sich als eine<br />

junge, der Welt zugewandte Stadt.<br />

Sicherlich hat auch die Lage an<br />

der Kreuzung zwischen Paris und<br />

dem äußersten Westen des Landes,<br />

zwischen Atlantik und Ärmelkanal zu<br />

einer Kultur des Austauschs beigetragen.<br />

Selbst in der Geschichte spielte<br />

Rennes des Öfteren eine Vorreiterrolle.<br />

So brodelten beispielsweise am Fuße<br />

des bretonischen Parlamentsgebäudes<br />

bereits im Januar 1789 die ersten Unruhen,<br />

die schließlich zum Sturm auf<br />

die Bastille im Juli des gleichen Jahres<br />

und somit zur Französischen Revolution<br />

führten. Auch heute ist die Stadt<br />

ein wichtiger Knotenpunkt geblieben.<br />

Der schnelle TGV braucht nur zwei<br />

Stunden ins 350 Kilometer entfernte<br />

Paris, der Flughafen verbuchte allein<br />

2006 einen Passagierzuwachs von 14<br />

Prozent und mit dem Auto ist Rennes<br />

aus allen Himmelsrichtungen auf modernen<br />

Autobahnen oder Schnellstraßen<br />

gut zu erreichen.<br />

Dank der geografischen Lage kann<br />

die Stadt auch als « Eingangstor » zur<br />

Bretagne gelten. Reist man von Osten<br />

aus an, bietet sich ein erstes Etappenziel<br />

in Rennes geradezu an. Es ist eine<br />

gute Möglichkeit, sich zu akklimatisieren<br />

und zum ersten Mal bretonische<br />

Luft zu schnuppern. Hier vermischt<br />

sich das Bewusstsein zur Erhaltung<br />

eines reichen kulturellen Erbes mit der<br />

Offenheit einer Großstadt, die ihren<br />

Blick in die Zukunft gerichtet hat. In<br />

Rennes kann man in einem Gebäude<br />

aus dem 15. Jahrhundert ein Café<br />

mit ultra-modernem Design finden.<br />

Gegensätze sind keine Widersprüche<br />

an der Vilaine, dem Fluss, der Rennes<br />

durchquert. Hier ist bretonische Lebensart<br />

mehr als nur eine folkloristische<br />

Veranstaltung. Dank der überschaubaren<br />

Größe kommt bei einem<br />

Prunk im Inneren des bretonischen<br />

Parlamentsgebäudes.<br />

Stadtbesuch niemals zuviel Hektik<br />

auf. Am besten man lässt sich treiben.<br />

Rennes ist eine Stadt der Plätze und<br />

Gassen.<br />

Auch die VAL-Station Le Blosne fällt durch ihre außergewöhnliche Architektur auf.<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 25


Fokus Bretagne<br />

Das Schwimmbad Saint-Georges im Art-Deco-Stil mit<br />

beeindruckenden Mosaiken von Odorico.<br />

Zur besseren Orientierung sollte<br />

man wissen, dass Rennes im Mittelalter<br />

eine zweigeteilte Stadt war.<br />

Nördlich der Vilaine befand sich die<br />

Oberstadt, die Stadt der Reichen und<br />

wichtigen Persönlichkeiten, die über<br />

das Geld zum Bau von Häusern aus<br />

Holz verfügten. Im Süden der Vilaine<br />

dagegen, der Unterstadt, hauste<br />

man bescheiden auf sumpfigem und<br />

feuchtem Untergrund. 1720 breitete<br />

sich jedoch ein enormes Feuer über die<br />

ganze Stadt aus, das einen Großteil<br />

der historischen Bebauung, insbesondere<br />

die Gebäude aus Holz, zerstörte.<br />

Der anschließende Wiederaufbau der<br />

Oberstadt erfolgte weitgehend aus<br />

Stein.<br />

Interview mit Edmond Hervé, Oberbürgermeister von<br />

Rennes und Präsident des Großraumrates Rennes Metropole<br />

Monsieur le <strong>Mai</strong>re, als wir das Fokus-Thema<br />

zur Bretagne vorbereiteten,<br />

fiel uns ganz besonders die Dynamik in<br />

Ihrer Stadt auf. Zwar versuchen zurzeit<br />

viele französische Städte, sich zu erneuern,<br />

aber in Rennes merkt man den Wandel<br />

zur Modernität schon bei einem ersten<br />

Spaziergang durch die Stadt.<br />

Ja, es stimmt, vielen Besuchern<br />

fällt dies auf. Oft reisen sie mit sehr<br />

klassischen Vorstellungen von der<br />

Bretagne an und sind dann über diese<br />

Dynamik erstaunt. Ich glaube, dass<br />

Rennes in den letzten 30 Jahren eine<br />

wahrhafte Metamorphose erlebte, die<br />

sich auf eine intellektuelle Aufbruchstimmung<br />

gründet, dessen Sockel die Universität ist. Wir<br />

haben eine lange universitäre Tradition, doch vor allem in<br />

den 1980er- und 1990er-Jahren wuchs die Studentenzahl<br />

beträchtlich. Rennes hat 213.000 Einwohner, was die<br />

Stadt zur zehntgrößten des Landes macht. Die Agglomeration<br />

Rennes, die insgesamt 37 Gemeinden umfasst, zählt<br />

375.000 Einwohner. Doch vor allem haben wir viele Studenten:<br />

60.000, verteilt auf zwei Universitäten, Rennes 1<br />

und Rennes 2. Die Stadt lebt in einem jugendlichen Rhythmus,<br />

denn das studentische Treiben spielt sich nicht nur auf<br />

dem Campus, sondern auch in der Innenstadt ab. Jeden Tag<br />

gibt es Konferenzen, Kolloquien und andere Veranstaltungen.<br />

Rennes ist eine Stadt, die sich der<br />

Zukunft zuwendet. Hier gibt es zahlreiche<br />

Forschungseinrichtungen, und<br />

wir haben bereits vor 20 Jahren einen<br />

bedeutenden Technologiepark ins Leben<br />

gerufen.<br />

Zur gleichen Zeit ist Rennes weit davon<br />

entfernt, eine Retortenstadt zu sein.<br />

Man findet hier viele Zeugnisse der französischen<br />

und bretonischen Geschichte.<br />

Ich merke, dass Sie viel durch<br />

unsere Straßen gelaufen sind. In der<br />

Tat, in Rennes trifft man auf viel<br />

Historisches. Nimmt man zum Beispiel<br />

die Architektur: In unserer Stadt<br />

sind alle Epochen vertreten. So haben wir einen römischen<br />

Befestigungswall aus dem Jahre 250 n. Chr. Im Museum<br />

der Bretagne befinden sich Steinskulpturen aus dem 1.<br />

Jahrhundert. An der Place des Lices markieren die Portes<br />

Mordelaises das Stadttor des mittelalterlichen Rennes.<br />

Am Platz selbst findet man zudem Stadthäuser aus dem<br />

18. Jahrhundert und etwas weiter Markthallen aus dem 19.<br />

Jahrhundert. Im Herzen der Stadt steht auch die Cité Judiciare,<br />

ein ultramoderner Glasbau von heute. Rennes weist<br />

Repräsentationsbauten aus vielen Jahrhunderten auf.<br />

Bei der Stadtbesichtigung stach uns die architektonische Vielfalt<br />

26 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Einen Stadtspaziergang beginnt<br />

man am besten im als Vieux Rennes<br />

bezeichneten Viertel um die Kathedrale<br />

herum. Zum Glück vernichtete<br />

das große Feuer nicht alle Gebäude, so<br />

dass man hier noch zahlreiche Häuser<br />

aus dem Mittelalter bewundern kann.<br />

Auf der Place des Lices zwischen der<br />

Rue des Minimes und der Rue des<br />

Innocents stehen eine Reihe von besonders<br />

schön restaurierten Fachwerkhäusern<br />

sowie die Baltard-Markthalle<br />

aus Metall, Ziegel und Glas aus dem<br />

19. Jahrhundert. Zwei Stadtpalais<br />

– Hôtel de la Noue und Hôtel Racapé<br />

de la Feuillée – mit auffälligen Dachstühlen<br />

in Schiffsrumpfform wurden<br />

1658 für Parlamentsmitglieder gebaut.<br />

An jedem Samstagmorgen wird hier<br />

zudem ein Wochenmarkt abgehalten,<br />

der zu den schönsten in ganz Frankreich<br />

zählt.<br />

In der nahen Rue Guillaume findet<br />

man ein gutes Beispiel für die<br />

gekonnte Mischung aus alt und neu.<br />

In einem Fachwerkhaus aus dem 16.<br />

Jahrhundert befindet sich heute einer<br />

der angesagtesten Nachtclubs der<br />

Stadt. Geht man dagegen zur Place<br />

du Bas des Lices, überraschen zwei<br />

Wohntürme aus den 1970er-Jahren<br />

von Georges <strong>Mai</strong>llols, der sich von der<br />

Architektur des Bauhauses und von<br />

Le Corbusier inspirieren ließ. Zurück<br />

im Viertel um die Kathedrale lohnt<br />

ein Abstecher zur pittoresken Rue du<br />

Les Champs Libres ist Rennes’<br />

neues Kulturzentrum.<br />

ins Auge; Gebäude aus Holz, Stein, Stahl, Glas mit verschiedenen<br />

Farben und Formen.<br />

Ja, die Architektur ist in ihren Farben und Formen sehr<br />

vielfältig. Die Stadt unterlag im Laufe der Jahrhunderte<br />

mannigfaltigen Einflüssen. Gehen Sie zum Beispiel zum<br />

Rosengarten des Jardin du Thabor und schauen Sie in Richtung<br />

Osten. Sie entdecken dort Dachziegel, die an Florenz<br />

erinnern. Das ist das Lycée Saint-Vincent. Ich finde, dass<br />

diese architektonische Vielfalt ein Ausdruck des Pluralismus<br />

ist, der diese Stadt bestimmt. Das kulturelle Erbe einer<br />

Stadt besteht aber nicht nur aus Gebäuden, sondern wird<br />

auch durch die Kunst ausgezeichnet. Nehmen Sie zum Beispiel<br />

die Straßenskulptur Alignements du XXIème Siècle.<br />

Sie ist ein Ausdruck künstlerischer Freiheit und Vielfalt.<br />

Gleichzeitig steht sie in einem Kontext zu den Menhiren<br />

von Carnac, hat also einen geschichtlichen Bezug. An dem<br />

Ort gibt es übrigens ein Spiel des Lichts, das zum Träumen<br />

verführt.<br />

Ist ein derart pluralistisches Konzept einer Stadt auch ein<br />

politischer Ansatz?<br />

Ganz sicher, den Bewohnern der Stadt ist der Pluralismus<br />

wichtig. Auf jeder Ebene übrigens. Nehmen Sie erneut<br />

die Kunst. Es ist wichtig, dass sie sich in ihrer ganzen<br />

Bandbreite entfalten kann. Warum sollte man einen Stil<br />

vorschreiben? Deshalb war es mir so wichtig, dass jede U-<br />

Bahn-Station von einem anderen Architekten entworfen<br />

wurde. Dies ist ein Reichtum für die Stadt. Unsere deutschen<br />

Freunde freuen sich übrigens oft, dass man in unserer<br />

Metro etwas aus der Heimat findet: Siemens. Rennes ist<br />

ohnehin eine sehr europäische Stadt. Beim letzten Referendum<br />

hatten 59 Prozent der Menschen für die Europäische<br />

Verfassung gestimmt. Auch der Vertrag von Maastricht<br />

wurde mit überdurchschnittlichen 69 Prozent befürwortet.<br />

Wie Sie sehen, Rennes ist eine weltoffene Stadt.<br />

Wir haben bei unseren Recherchen ohnehin festgestellt, dass<br />

die Bretagne viel zu oft auf ihre Klischees reduziert wird. Rennes<br />

trägt stark zum Image einer modernen Bretagne bei.<br />

Da haben Sie Recht. Es gibt viele Stereotypen über die<br />

Bretagne, aber die findet man auch über viele andere Orte,<br />

beispielsweise über Bayern. Lange Zeit wurde versucht,<br />

vor allem das traditionelle Bild der Bretagne, wie das Meer<br />

und die kulinarischen Spezialitäten, zu vermarkten. Aber<br />

die Bretagne besteht nicht nur aus Küsten. Hier gibt es<br />

auch Städte wie Saint-Malo, Brest, Lorient, Vannes und<br />

eben Rennes. Eine Vielfalt, die in Szene gesetzt werden<br />

musste. In den 1960er-Jahren begann zudem eine starke<br />

wirtschaftliche Entwicklung. Agrarwirtschaft und Fischerei<br />

haben sich modernisiert. Parallel wollten sich auch die<br />

Städte erneuern und Zusammenschlüsse sind entstanden.<br />

Und auch die Mentalitäten haben sich weiterentwickelt.<br />

Man darf nicht vergessen, dass die katholische Kirche vor<br />

50 Jahren noch einen sehr starken konservativen Einfluss<br />

auf die Region hatte. Ich habe die Veränderungen selbst<br />

miterlebt. In den 1960er-, 1970er-Jahren trat eine gewisse<br />

Liberalisierung der Gesellschaft ein. Ja, die Bretagne hat<br />

sich stark verändert. Wissen Sie, im März 2008 werde ich<br />

31 Jahre Bürgermeister von Rennes sein. Ich kenne also die<br />

Veränderungen der Stadt sehr gut. Diesen Wandel versteht<br />

man aber nur im Kontext mit den allgemeinen wirtschaftlichen<br />

und sozialen Entwicklungen. Eine Stadt ist immer in<br />

Bewegung und niemals fertig.<br />

Monsieur le <strong>Mai</strong>re, wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 27


Fokus Bretagne<br />

Das Bretonische Parlamentsgebäude im Herzen der Stadt.<br />

Place Sainte-Anne.<br />

Chapitre, die mit ihren Gebäuden aus dem Mittelalter bezirzt.<br />

Die Straße bildet zudem die Grenze zwischen dem<br />

mittelalterlichen Rennes und der nach dem Brand von 1720<br />

wiederaufgebauten Stadt. Zwei Stadtpalais von 1624 bzw.<br />

1728 beherbergen heute die Regionalverwaltung für kulturelle<br />

Angelegenheiten. Etwas weiter südlich trifft man<br />

auf das im 14. Jahrhundert erbaute ehemalige Krankenhaus<br />

Saint-Yves, das heute eine Dauerausstellung über das<br />

kulturelle Erbe der Stadt zeigt. In direkter Nachbarschaft<br />

befindet sich das örtliche Fremdenverkehrsamt, das unter<br />

anderem einen kostenlosen Reiseführer « Entdeckungsreise<br />

in die Geschichte von Rennes » auf Deutsch herausgibt.<br />

Ein wenig weiter in östlicher Richtung trifft man auf<br />

eine andere Epoche, das klassische Rennes. An der Place<br />

de la <strong>Mai</strong>rie bilden das Rathaus und das gegenüberstehende<br />

Theater ein harmonisches Ensemble. An der Rathausfassade<br />

fällt eine leere Nische auf. Dort stand früher eine Skulptur,<br />

die die Einheit der Bretagne mit Frankreich symbolisierte.<br />

Doch die Bretagne war als eine Frau dargestellt, die auf<br />

Knien die Hände zu einer mächtigen, sitzenden Frau, dem<br />

Abbild Frankreichs, reichte. Es war quasi unmöglich, darin<br />

keine Demütigung der Bretonen zu erkennen. So kam<br />

es, dass eine nationalistische bretonische Gruppe im Jahre<br />

1932 die Skulptur in die Luft sprengte. Seitdem blieb die<br />

Nische leer.<br />

Etwas weiter nach Norden erhebt sich stolz das bretonische<br />

Parlamentsgebäude, das heute den bretonischen Gerichtshof<br />

beherbergt. Es bedurfte leider einer kleinen Tragödie,<br />

dass das Gebäude heute in so frischem Glanz erstrahlt.<br />

Im Februar 1994 kam es anlässlich eines Besuchs des Premierministers<br />

zu Ausschreitungen zwischen den Ordnungskräften<br />

und demonstrierenden Fischern. Ein Schuss aus einer<br />

Schreckschusspistole löste versehentlich einen Brand aus, der<br />

einen Teil des Parlamentsgebäudes zerstörte, darunter auch<br />

den prächtigen Dachstuhl aus Eichenholz, für dessen Bau<br />

fast 1.000 Bäume notwendig waren. Doch der Wille der<br />

Bürger führte zu einem Wiederaufbau. Heute kann man das<br />

Gebäude wieder besichtigen. In der Nähe lohnt zudem ein<br />

Blick auf die Art-Deco-Fassade des Magasins Modernes,<br />

heute Virgin Megastore. Etwas weiter östlich lockt die Rue<br />

Saint-Georges, die nach einem einstigen Benediktinerkloster<br />

benannt ist, mit zahlreichen Lokalen. Um sich ein wenig vom<br />

Jardin du Thabor.<br />

Die Alignement du XXIème Siècle erinnern an die Menhire der Bretagne.<br />

28 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


11, rue Saint-Yves<br />

CS 26410 – F-35064 RENNES Cedex<br />

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urbanen Trubel zu erholen, bietet sich der Jardin du Thabor<br />

im Osten der Innenstadt an. Auf seiner zehn Hektar großen<br />

Fläche kann sich der Besucher an der barocken Gartenanlage,<br />

dem englischen Park, der romantischen Teufelsgrotte und<br />

einem Wasserfall erfreuen.<br />

Auf der anderen Seite der Vilaine sollte man vor allem<br />

zwei Kultureinrichtungen besuchen. Die erste ist das Museum<br />

der Schönen Künste. Spektakulärer ist jedoch die<br />

zweite, der Kulturkomplex Champs Libres. In einem aufsehenerregenden<br />

Gebäude, das im März 2006 eingeweiht<br />

wurde, befinden sich drei Einrichtungen unter einem Dach:<br />

das Museum der Bretagne, ein Wissenschaftszentrum, das<br />

vor allem für sein Planetarium gerühmt wird, sowie eine Bibliothek,<br />

die neben einer beeindruckenden Bücherauswahl<br />

von der letzten Etage aus auch einen wunderschönen Panoramablick<br />

über Rennes bietet. Die Architektur des Kulturkomplexes<br />

ist futuristisch, die verwendeten Materialien<br />

und Farben sind aber eine Reminiszenz an die örtlichen<br />

Gegebenheiten. So erinnert die farbliche Gestaltung der<br />

Museumsetage an die rosafarbenen Steine, die typisch fürs<br />

Departement Ille-et-Vilaine sind. Der Architekt Christian<br />

de Portzamparc, der auch die Französische Botschaft am<br />

Pariser Platz in Berlin entwarf, gestaltete außerdem Betonwände,<br />

die wie für die Bretagne typische Granitfelsen<br />

wirken. Das Museumscafé öffnet sich zu einem Park im<br />

Süden des Gebäudes. Ein idealer Ort, um bei einem Kaffee<br />

nochmals die Impressionen des Stadtrundgangs Revue passieren<br />

zu lassen.<br />

Zum Abschluss kann man mit der vollautomatisierten<br />

Metro VAL zurück in die Innenstadt fahren. Rennes ist die<br />

kleinste französische Stadt mit einer U-Bahn. Eingeweiht<br />

im Jahre 2002, verbindet sie auf einer 8,57 Kilometer langen<br />

Strecke in 16 Minuten Fahrzeit den Nordwesten mit<br />

dem Südosten der Stadt. Besonders die U-Bahn-Stationen<br />

sind sehenswert, wurden sie doch von verschiedenen Architekten,<br />

darunter so bekannte Namen wie Norman Foster,<br />

entworfen. Die futuristische VAL repräsentiert auf ihre<br />

Weise die Aufbruchstimmung in der dynamischen Stadt an<br />

der Vilaine.<br />

Fachwerkhaus Ty Coz aus dem 16. Jahrhundert<br />

in der Rue Saint-Guillaume.<br />

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Rennes<br />

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der Kunst und Geschichte<br />

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Fokus Bretagne<br />

Oben: Rohan, rund 20 Kilometer östlich von Pontivy gelegen; unten: verwunschene Wälder entlang des Kanals.<br />

30 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Und aus der Mitte<br />

entspringt ein Kanal<br />

Gerne wird die Bretagne als ein Land umschrieben, das<br />

als westliche Vorhut tapfer dem stürmischen Atlantik<br />

trotzt. Schroffe Küsten, kleine Strandbuchten und anmutige<br />

Fischerdörfer prägen das Bild der Urlaubsregion.<br />

Dabei gibt es auch eine andere, weniger bekannte Seite:<br />

das verträumte Landesinnere. Der 360 Kilometer lange<br />

Kanal von Nantes nach Brest ist eine originelle Art,<br />

die Bretagne von Osten nach Westen zu durchqueren<br />

und eine Entdeckungsreise durchs bretonische Inland zu<br />

unternehmen.<br />

Zugegeben, das bretonische Landesinnere<br />

ist nicht das erste,<br />

was den meisten in den Sinn<br />

kommt, wenn sie an die Bretagne denken.<br />

Hier, im äußersten Westen ist der<br />

Ozean der Star. Der maritime Charakter<br />

der Region ist fest in den Köpfen<br />

der Touristen verankert. Dabei genügt<br />

es, einen Blick auf die Landkarte zu<br />

werfen: Die Bretagne besitzt ein großes<br />

Hinterland mit Städten und Dörfern<br />

und ganz eigenen Charakteristika. Versteckte<br />

Schönheiten, die meist noch auf<br />

ihre Entdeckung warten. Örtlichkeiten,<br />

die ihren ganz eigenen Charme bewahren<br />

konnten. Eine gute Möglichkeit,<br />

sich diesem Juwel zu nähern, ist eine<br />

Tour entlang des Kanals von Nantes<br />

nach Brest.<br />

Ob jung oder alt, die Strecke erlaubt<br />

es, eine Reise ganz nach eigenem<br />

Rhythmus und eigenen Vorlieben zu<br />

gestalten. Auch wer nur Teilabschnitte<br />

zurücklegen will, erhält einen um-<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 31


Fokus Bretagne<br />

Der Bau des Kanals dauerte<br />

mehr als 30 Jahre und war eine<br />

logistische Meisterleistung.<br />

236 Schleusen sorgen entlang der<br />

Strecke dafür, dass insgesamt 550<br />

Höhenmeter überwunden werden.<br />

fassenden Eindruck vom Inneren der<br />

Bretagne. Die abwechslungsreiche<br />

Landschaft lässt niemals Langeweile<br />

aufkommen. Wälder wechseln sich mit<br />

Moorgebieten ab, Felder mit Dörfern<br />

und Kleinstädten. Auch einige Burgen<br />

und Schlösser liegen an der Strecke.<br />

Der Nantes-Brest-Kanal ist dabei kein<br />

durchgängig künstlich geschaffener<br />

Wasserweg, wie der Name vermuten<br />

lässt, sondern setzt sich aus mehreren<br />

Flüssen zusammen, die durch Menschenhand<br />

miteinander verbunden<br />

wurden: Erdre, Isac, Oust, Blavet,<br />

Doré, Kergoat, Hyéres und Aulnes.<br />

32 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Von oben nach unten: die Schleuse<br />

von Malestroit, das Château des<br />

Ducs de Rohan im Dorf Josselin,<br />

Yachthafen zum Pausieren.<br />

In Neulliac sorgt eine Schleusentreppe dafür, dass selbst<br />

größere Höhenunterschiede ausgeglichen werden.<br />

Eine Reise durch die<br />

Geschichte der Bretagne<br />

Der Wasserweg von Nantes nach<br />

Brest ist außerdem ein historisches<br />

Zeugnis der wirtschaftlichen Entwicklung<br />

der Region. Die Idee<br />

für eine Wasserverbindung durchs<br />

Landesinnere der Bretagne ist alt.<br />

Schon im 16. Jahrhundert wurden<br />

die ersten Überlegungen dazu angestellt.<br />

Man wollte den Handel<br />

erleichtern und die Wirtschaft dynamisieren.<br />

Später, im Zeitalter der<br />

Aufklärung, begeisterte die Idee die<br />

Menschen erneut. « Das Wasser, das<br />

den Kanal entlangfließt, wird die<br />

Sinne beflügeln wie das Blut in den<br />

Adern, dem Rückrat des Lebens.<br />

Alles wird durch die Navigation<br />

anders werden. » (Memoiren von<br />

M. de Brie, 1784). Die notwendigen<br />

Arbeiten waren jedoch beachtlich,<br />

die technischen Möglichkeiten<br />

noch recht simple. Außerdem fehlte<br />

das Geld. Es dauerte deshalb bis<br />

zum Anfang des 19. Jahrhunderts<br />

und bedurfte der Unterstützung<br />

Napoleons, damit im Jahre 1811 die<br />

ersten Arbeiten beginnen konnten.<br />

Es war der Startschuss für ein<br />

äußerst komplexes Projekt, dessen<br />

Realisierung mehr als 30 Jahre dauerte.<br />

Das Relief der Bretagne eignet<br />

sich nicht besonders für eine Wasserverbindung<br />

im Landesinneren.<br />

Die Flüsse der Region, die von drei<br />

Seiten vom Meer umgeben ist, fließen<br />

meist senkrecht in Richtung Ozean.<br />

Um eine Ost-West-Verbindung herzustellen,<br />

mussten die Flussläufe also<br />

aufwendig miteinander verbunden werden.<br />

Außerdem war es erforderlich, auf<br />

der Gesamtstrecke Höhenunterschiede<br />

von 555 Metern zu überwinden. Ein<br />

ausgeklügeltes System aus Kanälen<br />

und Schleusen war notwendig. Am<br />

Ende der Arbeiten wurden insgesamt<br />

nicht weniger als 236 Schleusen konstruiert.<br />

Erschwerend kam hinzu, dass der<br />

Untergrund entlang der Flüsse oft aus<br />

Schwemmland bestand. Eine Schleuse<br />

kann aber bis zu 6.000 Tonnen wiegen,<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 33


Fokus Bretagne<br />

Die Treidelpfade sind auch für Fahrradfahrer und Spaziergänger ideal.<br />

34 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


so dass die Ingenieure extrem solide<br />

Fundamente bauen mussten. Dabei<br />

wurden Techniken angewandt, die bereits<br />

die Römer kannten. Die Arbeiten<br />

waren mühselig und wurden vor allem<br />

von Kriegsgefangenen und Sträflingen<br />

ausgeführt. Arbeitsunfälle waren<br />

an der Tagesordnung. Oft brauchte<br />

es Dutzende von Tagen, um nur ein<br />

wenig voranzukommen. Doch im Januar<br />

1842 wurde der Wasserweg mit<br />

seinen 236 Schleusen der Schifffahrt<br />

übergeben. Napoleon III. eröffnete ihn<br />

schließlich offiziell im Jahre 1858.<br />

Zwar erfüllte der Kanal seine<br />

Mission, Kähne transportierten Holz,<br />

Baumaterialien, Kohle, Getreide und<br />

andere Nahrungsmittel. Doch seine<br />

Konstruktion hatte lange gedauert, zu<br />

lange. In der Zwischenzeit stieg die<br />

Bedeutung der Eisenbahn, die eine<br />

alternative Transportmöglichkeit für<br />

Waren und Menschen bot. Der Kanal<br />

verlor deshalb als Folge des technischen<br />

ruhig vorbeiziehen zu lassen. Jegliche<br />

Alltagshektik ist fern. Schleusen<br />

können kostenlos passiert werden. Oft<br />

übernehmen auch die Schleusenwärter<br />

das Manövrieren. Tagesetappen lassen<br />

sich nach eigenen Vorlieben festlegen.<br />

Wer zudem ein Fahrrad mitnimmt,<br />

kann zu spannenden Ausflügen in<br />

nicols_anz_115x60 14.03.<strong>2007</strong> 15:16 Uhr Seite 1<br />

H A U S B O O T F E R I E N<br />

in Frankreich, Portugal und Deutschland<br />

Länge, ideal zum Fahrradfahren und<br />

Wandern. Per Pedes lassen sich pro<br />

Tag ohne Probleme zwischen 25 und<br />

30 Kilometer zurücklegen, da nur selten<br />

Steigungen zu überwinden sind. In<br />

rund zwei Wochen kann man folglich<br />

die gesamte Strecke von Nantes bis<br />

Brest bewältigen. Auch Fahrradfahrer<br />

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Fortschritts schnell an wirtschaftlicher<br />

Bedeutung. Den finalen Todesstoß für<br />

den Frachtverkehr bedeutete der Beschluss<br />

im Jahre 1928 zum Bau eines<br />

Staudammes im Nordosten von Lorient,<br />

in Guerlédan, wodurch ein großflächiger<br />

Stausee von zwölf Kilometern<br />

Länge entstand. Seitdem wurde der<br />

See aber ein beliebtes Naherholungsgebiet<br />

und der Kanal fand seine zweite<br />

Jugend im Tourismusgeschäft.<br />

Mit dem Hausboot, per<br />

Pedes oder auf dem Zweirad<br />

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Wasserratten wählen heute meist<br />

das Hausboot, um den Nantes-Brest-<br />

Kanal zu erkunden. Zahlreiche Hausbootvermieter<br />

bieten ihre Dienste<br />

entlang der Strecke an. Dabei ist es<br />

noch nicht einmal erforderlich, einen<br />

Bootsführerschein zu besitzen. Bei der<br />

Anmietung werden die Hobbykapitäne<br />

mit dem Boot und den wichtigsten<br />

Manövrierübungen vertraut gemacht.<br />

Anschließend kann man gemütlich<br />

bei maximal sechs Stundenkilometern<br />

über das Wasser schippern. Die ideale<br />

Fortbewegung, um die Landschaft<br />

Ufernähe aufbrechen.<br />

Doch nicht nur mit dem Boot lässt<br />

sich der Nantes-Brest-Kanal entdecken.<br />

Für sportliche Urlauber bietet<br />

sich auch eine Reise mit dem Fahrrad<br />

oder zu Fuß an. Denn neben der Wasserstrecke<br />

verläuft ein Pfad, auf dem<br />

früher Pferde die Lastkähne zogen. Bis<br />

heute ist der Weg gut erhalten. Auf 90<br />

Prozent der Strecke besteht der Untergrund<br />

aus Erdboden, so dass jeglicher<br />

motorisierter Verkehr untersagt ist. Ein<br />

Paradies der Ruhe von 360 Kilometern<br />

müssen keine extremen Anstrengungen<br />

meistern. Der Pfad ist gut erhalten<br />

und lässt sich problemlos beradeln.<br />

Ein weiterer Vorzug des Uferweges<br />

liegt in seiner Durchgängigkeit. Im<br />

Gegensatz zu den Pfaden an anderen<br />

Kanälen, die oft durch Umgehungen,<br />

Straßen oder Dörfer unterbrochen<br />

werden, folgt dieser strikt dem Wasserverlauf,<br />

selbst in den Städten. Ist man<br />

also erst einmal unterwegs, kann man<br />

dem Kanal ohne Unterbrechungen<br />

blindlings folgen. Jedes Jahr trifft man<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 35


Fokus Bretagne<br />

Unterwegs fallen immer wieder die himmliche Ruhe und idyllische Natur auf.<br />

deshalb auch auf immer mehr Wanderer<br />

und Fahrradfahrer entlang der<br />

Strecke.<br />

Perfekte Infrastruktur<br />

Die Bretonen realisierten schnell,<br />

dass es aus historischen, kulturellen<br />

und wirtschaftlichen Gründen wichtig<br />

ist, den Wasserweg von Nantes nach<br />

Brest zu erhalten. Mehrere Akteure<br />

kümmern sich heute um den Unterhalt.<br />

1964 wurde der Verein Comité des Canaux<br />

Bretons gegründet, der sich um<br />

die Wiederbelebung und Erhaltung<br />

bretonischer Wasserwege kümmert.<br />

Im Laufe der Jahre konnte er eine<br />

hervorragende Konservierungsarbeit<br />

leisten und das touristische Angebot<br />

beständig ausbauen. Entlang der Ufer<br />

wurde zudem ein Klassifizierungssystem<br />

unter dem Namen « D’une rive à<br />

l’autre » eingeführt, das mit einer, zwei<br />

oder drei Libellen auf Sehenswürdigkeiten<br />

und Aktivitäten hinweist.<br />

Für die Verpflegung bietet es sich<br />

an, an Markttagen – meist mittwochs,<br />

samstags und sonntags – in den Dörfern<br />

entlang des Kanals anzuhalten<br />

und auf den Wochenmärkten einzukaufen.<br />

Aber auch zahlreiche Geschäfte<br />

sind auf die Bedürfnisse der<br />

Hobbykapitäne, Wanderer oder Fahrradfahrer<br />

eingestellt. Außerdem gibt<br />

es viele Pensionen, Gästehäuser oder<br />

kleine Hotels entlang der Strecke, teils<br />

direkt am Ufer, teils im nahen Hinterland.<br />

Und natürlich fehlen auch nicht<br />

die für Frankreich so typischen Cafés<br />

und kleinen Restaurants. Der Nantes-<br />

Brest-Kanal ist eine wunderbare Wahl,<br />

sich dem Landesinneren der Bretagne<br />

vom Wasser aus zu nähern.<br />

Le carnet de route<br />

Das Comité des Canaux Bretons<br />

gibt ein kostenloses Fahrtenbuch<br />

heraus. Auf mehreren Seiten werden<br />

die Schleusen entlang der Strecke<br />

und deren Abstand untereinander<br />

aufgelistet. Außerdem findet man in<br />

dem Buch kurze Beschreibungen der<br />

einzelnen Abschnitte des Kanals und<br />

Hinweise auf die Attraktionen am<br />

Ufer. Zudem können damit unterwegs<br />

Stempel gesammelt werden. Am<br />

Ende der Reise kann man das Heft ans<br />

Comité des Canaux Bretons senden,<br />

das es beglaubigt und mit einem<br />

Diplom, das einen als Ehrenmitglied<br />

des bretonischen Tourismus ausweist,<br />

wieder zurückschickt.<br />

36 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


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zum Beispiel nach Rennes, Nantes, Quimper, Lorient, Brest und Lannion.<br />

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Fokus Bretagne<br />

Bretonische Lebensart –<br />

mehr als nur Klischees?<br />

Die Bretagne gehört zu den Ecken Frankreichs, deren Image mit zahlreichen<br />

Klischees belegt ist: raues Meer, wilde Küsten, Crêpes, Meeresfrüchte, Cidre,<br />

Legenden, tiefe Religiosität, Kruzifixe, Dudelsäcke. Die Bretonen geben sich<br />

damit aber nicht zufrieden. Eine Reise zu den Klischees und Realitäten der<br />

bretonischen Lebensart.<br />

Wer die Bretagne jedoch wirklich verstehen will,<br />

muss hinter diese Klischees schauen. Natürlich<br />

gehören all diese klassischen Vorzüge<br />

auch zum heutigen Leben, sind Teil des kulturellen Erbes.<br />

Doch die Bretagne hat sich weiterentwickelt. Es ist notwendig,<br />

die altbewährten Bilder in die Modernität zu<br />

übertragen. Dabei helfen zahlreiche Persönlichkeiten –<br />

vom innovativen Bürgermeister über den erfolgreichen<br />

Konzernchef bis hin zu experimentierfreudigen Journalisten<br />

– ein dynamisches Bild der Bretagne zu zeichnen.<br />

Zur kreativen Presse zählt beispielsweise die Monatszeitschrift<br />

Bretons, die mit Heimatliebe und Witz manches<br />

Klischee auf den Kopf stellt, oder der kleine Verlag Des<br />

Dessins & Des Mots aus Kerignan, der auf humorvolle<br />

Weise die Eigenschaften der Bretonen darstellt und dabei<br />

zum Beispiel schaut, wie die Bretonen vom Ausland her<br />

betrachtet werden oder wie sich die Region im 20. Jahrhundert<br />

verändert hat. Im Folgenden ein kleiner Ausschnitt<br />

der bretonischen Lebensart und deren Veränderung<br />

im Laufe der Zeit.<br />

38 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Land des Glaubens<br />

Die Bretagne gehört zu den Regionen Europas, in denen man auf<br />

zahlreiche Zeugnisse einer tiefen Religiosität stößt. Ob in Dörfern<br />

oder entlang der Landstraßen, Kreuze und Sakralbauten sind allgegenwärtig.<br />

Festlichkeiten huldigen regelmäßig den lokalen Heiligen.<br />

Die Bandbreite reicht dabei vom bescheidenen Gottesdienst bis hin<br />

zur großen Pilgerfahrt. Einige religiöse Ereignisse sind sogar sehr<br />

medienwirksam inszeniert, wie die Pilgertour der Motorradfahrer<br />

von Porcaro: Jedes Jahr empfängt dieses 500-Seelen-Dorf im Morbihan<br />

zehn Tage lang rund 20.000 Pilger auf ihren Motorrädern.<br />

Dennoch hat sich auch in der Bretagne der Glaube verändert. Heute<br />

scheinen viele Bretonen mehr vom traditionellen Aspekt solcher Veranstaltungen<br />

angezogen zu sein als vom religiösen. Für viele Bretonen<br />

beschränkt sich die Gottesfürchtigkeit auf einige ausgewählte große<br />

Ereignisse im Jahr und ist nur noch wenig im Alltag präsent.<br />

Kruzifix in der Kapelle Saint-Côme<br />

in der Baie de Douarnenez.<br />

Nicht Bretonisch<br />

sprechen.<br />

Das bringt den<br />

kleinen Jesus<br />

zum Weinen.<br />

Herr! Herr!<br />

Eine ganze Gruppe<br />

Bretonen! Endlich!<br />

Das bringt uns<br />

Abwechslung zu den<br />

gregorianischen<br />

Gesängen!<br />

Kreuz im Dorf Pencran.<br />

1902, ein Ministerbescheid<br />

untersagt die Benutzung<br />

des Bretonischen in Predigten<br />

und im Katechismus.<br />

Traditionelle Weihung der Pferde in Goudelin im Pays de Guingamp.<br />

Kreuzdarstellung in Plougastel-Daoulas.<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 39


Fokus Bretagne<br />

Der Wald von Brocéliande im Morbihan ist vielleicht der sagenumwobenste<br />

Wald Frankreichs. Hier sollen die Druiden mit ihren Kräften gewirkt<br />

haben, insbesondere an der Fontaine de Barenton.<br />

Ist das<br />

antike<br />

Kunst?<br />

Nein!<br />

Das ist ein<br />

modernes<br />

Möbelstück!<br />

Land der Legenden<br />

Besonders reich ist die Bretagne an Legenden, Sagen und Märchen.<br />

Besonders die 6.000 Menhire und rund 1.000 Dolmen, die<br />

man im äußersten Westen Frankreichs findet, regen immer wieder<br />

die Gemüter an. Wie auch immer man darüber denkt, eines ist sicher,<br />

zumindest die Menhire und Dolmen selbst sind keine Legende, sondern<br />

sehr reell.<br />

1923 gründen Jeanne Malivel und René-<br />

Yves Creston einen Verein zur Förderung<br />

der modernen bretonischen Kunst.<br />

40 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Saint-Just im Departement Ille-et-Vilaine ist zwar weniger<br />

bekannt als Carnac, aber nicht minder beeindruckend. Es<br />

ist die zweitgrößte Ansammlung von Menhiren in Frankreich.<br />

Nach der Legende soll jeder Hinkelstein ein junges Mädchen<br />

darstellen, das erstarrte, da es lieber tanzte als betete.<br />

Dolmen von Guilligot im Finistère.<br />

Carnac: Die weltberühmten Menhire und Dolmen sind mehr als 6.000 Jahre alt.<br />

Auf mehrere Stätten verteilt (Ménec, Kerlescan, Kermario und Le Petit Ménec)<br />

gehört Carnac zu den größten Megalithenansammlungen der Welt.<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 41


Fokus Bretagne<br />

Land der Musik und Festivals<br />

Die Bretagne ist die Region der Festivals in Frankreich: Von den sechs<br />

meistbesuchten Festivals im Lande werden vier in der Bretagne veranstaltet,<br />

darunter das mit 202.000 Besuchern (2006) am meisten frequentierte Festival<br />

Vieilles Charrues. Auch das Festival Terre-Neuvas in Bobital zieht mehr als<br />

120.000 Teilnehmer an, obwohl die Kommune selbst nur 1.000 Einwohner<br />

hat. Ohne Zweifel, die Bretagne weiß, wie man große Veranstaltungen organisiert<br />

und herzhaft feiert. Das Musikangebot ist dabei vielfältig: vom traditionellen<br />

Dudelsack bis zur Techno-Party.<br />

Das Festival Terre Neuvas in<br />

Bobital feiert dieses Jahr sein<br />

10-jähriges Bestehen. Hier treten<br />

die erfolgreichsten Musiker des<br />

Jahres auf. Verschiedene Stile<br />

sind präsent. Es ist Frankreichs<br />

zweitwichtigstes Musikfestival.<br />

Das Festival der Vieilles Charrues in Carhaix wurde 1992 ins Leben gerufen<br />

und ist heute das meistbesuchte Frankreichs. Verschiedene Musikrichtungen<br />

vermischen sich hier, um möglichst ein großes Publikum anzusprechen.<br />

1988: Gründung des bretonischen<br />

Regionalorchesters.<br />

42 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Fokus Bretagne<br />

Bayeux<br />

A84 / E401<br />

Pays des<br />

Abers<br />

D58<br />

N12/E50<br />

Lannion<br />

St. Malo<br />

Brest<br />

Morlaix<br />

Carhaix<br />

Châteulin<br />

Quimper<br />

St Guingamp<br />

N164<br />

Pontivy<br />

St Brieuc<br />

N12/E50<br />

Bobital<br />

D266<br />

Dinan<br />

N137<br />

Rennes<br />

Mayenne<br />

MAYENNE<br />

A 8<br />

N165/E60<br />

Lorient<br />

N24<br />

Vannes<br />

N166<br />

Redon<br />

N 137 / E 3<br />

Laval<br />

Châteu-Gontier<br />

la Segré<br />

SART<br />

ERDRE<br />

A 11 / E 60<br />

Angres<br />

St Nazaire<br />

Nantes<br />

LOIRE<br />

N 249<br />

A 87<br />

A 83 / E 3<br />

Anreise<br />

Auto: Die Bretagne ist gut ans französische<br />

Autobahn- und Schnellstraßensystem<br />

angebunden. Dank einer neuen<br />

Autobahnverbindung über Amiens,<br />

Rouen und Caen lässt sich bei einer<br />

Anreise aus Norddeutschland der staugeplagte<br />

Pariser Großraum weiträumig<br />

umfahren. Aus Süddeutschland und<br />

Österreich bietet sich die Anreise über<br />

Metz, Paris und Le Mans an. Aus der<br />

Schweiz erreicht man die Bretagne<br />

über Dijon, Paris und Le Mans. Berlin-<br />

Rennes ca. 1.400 km, Köln-Rennes ca.<br />

840 km, Wien-Rennes ca. 1.600 km,<br />

Zürich-Rennes ca. 960 km, Berlin-Brest<br />

ca. 1.600 km, Köln-Brest ca. 1.030 km,<br />

Wien-Brest ca. 1.820 km, Zürich-Brest<br />

ca. 1.200 km.<br />

Flugzeug: Weder Lufthansa noch Austrian<br />

oder Swiss fliegen bretonische Flughäfen<br />

an. Der nächste von diesen Flug-<br />

44 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong><br />

gesellschaften angeflogene Airport ist<br />

Paris-CDG. Air France bietet über das<br />

Pariser Drehkreuz bzw. Lyon jedoch zahlreiche<br />

Umsteigeverbindungen in die<br />

Bretagne an, u.a. nach Brest, Lannion,<br />

Lorient, Nantes, Quimper und Rennes.<br />

Bei den von Deutschland, Österreich<br />

und aus der Schweiz operierenden<br />

Billigfluggesellschaften ist die Bretagne<br />

noch nicht im Flugplan vertreten. Nur<br />

Ryanair bietet eine Verbindung von<br />

Hahn nach Nantes an.<br />

Zug: Die Bretagne ist gut ans französische<br />

Hochgeschwindigkeitsnetz der<br />

Bahn angebunden. Die Fahrzeit mit<br />

dem TGV von Paris nach Rennes dauert<br />

nur zwei Stunden. Hinter Rennes geht es<br />

jedoch mit langsamerem Tempo weiter,<br />

so dass der TGV von Paris nach Brest<br />

rund viereinhalb Stunden benötigt.<br />

Die Züge in Richtung Bretagne fahren<br />

normalerweise vom Pariser Bahnhof<br />

Montparnasse ab. Es gibt aber auch<br />

SÉVRE NANTAISE<br />

durchgängige Verbindungen vom<br />

Flughafenbahnhof Paris-CDG.<br />

Pays des Abers<br />

Office du Tourisme des Abers<br />

1, place de l’Eglise<br />

29870 Lannilis<br />

Telefon: +33 (0)2 98 04 05 43<br />

www.abers-tourisme.com<br />

Comité Départemental du Tourisme<br />

du Finistère<br />

4, rue du 19 mars 1962<br />

29100 Quimper<br />

Rochefort<br />

Telefon: +33 (0)2 98 76 20 70<br />

www.finisteretourisme.com<br />

Phare de Royan<br />

Pays des Abers - Côte Cordouan des Légendes<br />

Espace Kermaria Pointe de<br />

29260 Le Folgoët Grave<br />

Telefon: +33 (0)2 98 89 78 44<br />

www.aberslegendes-vacances.fr<br />

Lesparre<br />

Blaye<br />

Bordeaux<br />

Cholet<br />

St. Jean<br />

d’Angé<br />

Saintes<br />

Paulliac<br />

Cogna<br />

Jonzac<br />

A 10


Ecomusée des goémoniers<br />

et de l’algue<br />

29880 Plouguerneau<br />

Telefon: +33 (0)2 98 37 13 35<br />

http://bezhin.club.fr<br />

Öffnungszeiten:<br />

1.5. – 30.9.<br />

Mi – Mo 14.00 – 18.00 Uhr<br />

Eintrittspreis: 2,50 €<br />

Starkes Hochwasser Sommer <strong>2007</strong><br />

16. – 18. <strong>Mai</strong><br />

1./2. & 28. – 31. August<br />

1. & 26. – 30. September<br />

Hotels ** LES GENS DE MER<br />

• Beste Hafenlagen<br />

• Herzlicher Empfang<br />

• Qualitative Küche zum kleinen Preis<br />

• Interessante Zimmerpreise<br />

10% Rabatt auf die Unterkunft bei Vorlage dieses Magazins<br />

www.lesgensdemer.fr<br />

Dunkerque – Boulogne / Mer – Le Havre – Brest – Concarneau – Lorient – La Rochelle – Marseille<br />

Sitz: AGISM, 96 bd Auguste Blanqui – 75013 Paris – Frankreich – Tel: +33 (1) 43 49 07 07 – Fax: +33 (1) 43 49 69 43 – www.lesgensdemer.fr<br />

Rennes<br />

Office du Tourisme<br />

11, rue Saint-Yves<br />

35000 Rennes<br />

Telefon: +33 (0)2 99 67 11 11<br />

www.tourisme-rennes.com<br />

Parlement de Bretagne<br />

Place du Parlement<br />

35000 Rennes<br />

www.parlement-bretagne.com<br />

Les Champs Libres<br />

10, cours des Alliés<br />

35039 Rennes<br />

www.leschampslibres.fr<br />

Öffnungszeiten:<br />

Di 12.00 – 21.00 Uhr<br />

Mi – Fr 12.00 – 19.00 Uhr<br />

Sa & So 14.00 – 19.00 Uhr<br />

Kürzere Öffnungszeiten im Juli & August<br />

sowie an Feiertagen<br />

Nantes-Brest-Kanal<br />

Comité des Canaux Bretons<br />

6, rue Lourmel<br />

56300 Pontivy<br />

Telefon: +33 (0)2 97 25 38 24<br />

www.canaux-bretons.net<br />

Diverse Veranstalter bieten Hausboote<br />

zur führerscheinfreien Anmietung an,<br />

u.a.<br />

Nicols<br />

Telefon: 07851/8851980<br />

www.nicols.de<br />

Hausbootferien Reinwald<br />

Telefon: 02207/96880<br />

www.hausboot-online.de<br />

Bretonische Lebensart<br />

Festival des Vieilles Charrues<br />

29834 Carhaix<br />

www.vieillescharrues.asso.fr<br />

19. – 22. Juli <strong>2007</strong><br />

Festival Terre Neuvas<br />

22100 Bobital<br />

www.festival-terre-neuvas.com<br />

6. – 8. Juli <strong>2007</strong><br />

Buchtipp<br />

Editions des Dessins et des Mots<br />

Kerignan<br />

29380 Bannalec<br />

Telefon: +33 (0)2 98 35 40 56<br />

www.des-dessins-et-des-mots.fr<br />

Karikaturen dieses Fokus-Themas stammen<br />

aus den Bänden:<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 45


Kulturschock<br />

Mademoiselle<br />

Was denkt Alice Schwarzer wohl darüber? Immer<br />

wieder geht mir diese Frage durch den Kopf.<br />

Schließlich lebte die Symbolfigur der deutschen<br />

Emanzipationsbewegung jahrelang in Paris. Hat sie sich<br />

daran gestört? Fiel es ihr überhaupt auf? Empfand sie es<br />

vielleicht sogar als normal? Sie fragen sich jetzt wahrscheinlich,<br />

worüber ich eigentlich spreche. Nun, lassen Sie mich<br />

eine kleine Episode aus meinem Alltag in Paris erzählen.<br />

Es ist Freitagabend. Wie so oft am Wochenende gehe<br />

ich mit ein paar Freunden in ein Restaurant um die Ecke.<br />

Wir sind alle jung, so zwischen 25 und 30 Jahre alt, zwei<br />

Männer und drei Frauen, alle unverheiratet. Eine kleine bunte<br />

Gruppe. Hier im Restaurant kennt man uns schon. Wie<br />

immer werden wir höflich empfangen. Doch während unsere<br />

beiden männlichen Bekannten ein « Bonsoir Messieurs » erhalten,<br />

werden wir drei Frauen mit einem « Bonsoir Mesdemoiselles<br />

» begrüßt. Ja, Sie haben richtig gehört. Der junge<br />

Kellner wählte wohlweislich die Bezeichnung « Fräulein ».<br />

Nun, nicht dass Sie mich falsch verstehen. Ich bin nicht<br />

eine dieser jungen Frauen, die man wirklich als « Emanze<br />

» bezeichnen könnte. Ich denke, dass ich selbstbewusst<br />

durchs Leben gehe, wie meine Brüder eine gute Ausbildung<br />

absolviert und natürlich etwas von den Diskussionen über<br />

die Gleichberechtigung der Frauen aus den 1970er- und<br />

1980er-Jahren gehört habe. Gleichzeitig ist die Emanzipation<br />

aber kein Thema in meinem Leben. Ich liebe es durchaus,<br />

ein gewisses klassisches Rollenverständnis zu pflegen,<br />

und habe nichts dagegen, wenn man mir die Tür aufhält<br />

oder ich die Hemden von meinem Freund bügle. Eine, wie<br />

ich sagen würde, ganz « normale » Frau unserer Zeit eben.<br />

Im Jahre <strong>2007</strong> aber immer noch als « Fräulein » begrüßt<br />

zu werden, während meine männlichen Freunde mit der<br />

größten Selbstverständlichkeit als « Männer » angesehen<br />

werden, lässt selbst mich rebellieren. Und noch mehr erregt<br />

mich die Diskussion, die ich darüber schon mit etlichen<br />

befreundeten Franzosen geführt habe. Egal ob jung oder<br />

alt, männlich oder weiblich, konservativ oder modern, die<br />

Antworten auf meine Fragen sind immer die gleichen und<br />

ein Ausdruck größter kultureller Unterschiedlichkeit.<br />

So könnte ich Ihnen von einer Diskussion mit meiner<br />

Freundin Fabienne erzählen. Fabienne ist 30 Jahre alt, Pariserin,<br />

Anwältin, hat kurze knallrot gefärbte Haare und liebt<br />

es, von Zeit zu Zeit den Männern « auf die Füße zu treten ».<br />

Sie weist eigentlich alle Charakteristika auf, die sie in den<br />

Augen meiner deutschen Macho-Freunde klischeehaft als<br />

« kleine Emanze » qualifizieren würden. Auch sie selbst ist<br />

sich sehr bewusst darüber, dass sie wenig in das typische<br />

Klischee der jungen klassischen Pariserin passt. Und doch:<br />

Als das « Fräulein-Thema » aufkam, musste ich meine letzte<br />

Hoffnung fallen lassen, endlich einmal eine Verbündete in<br />

Frankreich zu finden. Lange erzählte sie mir davon, warum<br />

ich mich in meiner Wahrnehmung täusche und dass es hier<br />

nicht um eine Diskriminierung ginge. Kurzum, wir konnten<br />

keinen gemeinsamen Nenner finden.<br />

Auch an diesem Abend im Restaurant kommt es wieder<br />

einmal auf dieses Thema. Ich weiß gar nicht so genau warum,<br />

aber irgendwie mag ich es gelegentlich, die Angelegenheit<br />

anzusprechen. Vielleicht will ich die Hoffnung einfach<br />

nicht aufgeben, hinter das Geheimnis dieser so konträren<br />

Sichtweise zu kommen. An diesem Abend reizt dazu besonders<br />

die Tatsache, dass eine der drei Frauen ursprünglich<br />

aus Südafrika stammt. So kommt es schließlich, wie es<br />

kommen musste: Es dauert nicht lange und unsere Gruppe<br />

ist in zwei Lager gespalten. Auf der einen Seite meine französische<br />

Freundin und die beiden Jungs, auf der anderen<br />

Seite unsere südafrikanische Bekannte und ich.<br />

Während wir beide stolz darauf pochen, dass es in « modernen<br />

» Gesellschaften nicht mehr adäquat sei, zwischen<br />

« Frau » und « Fräulein » zu unterscheiden, dass weder das<br />

Alter noch der Ehestand durch eine solche Anrede sichtbar<br />

werden sollte, dass es zudem kein Problem gab, im<br />

Deutschen und Englischen das Wort « Fräulein » aus dem<br />

Wortschatz zu streichen, ohne dass das Abendland deshalb<br />

untergegangen wäre, hält die andere Seite dagegen, dass es<br />

bei der Benutzung des Wortes « Mademoiselle » gar nicht<br />

um eine Diskriminierung ginge, dass es eine Ehrerbietung<br />

gegenüber dem weiblichen Geschlecht sei, dass man eine<br />

junge Frau oder gar ein junges Mädchen doch niemals mit<br />

« Madame » anreden könnte, dass sich in Frankreich keine<br />

Frau darüber nur im weitesten Sinne entzürnte. Es ist also<br />

wie immer, es scheint einfach keine Verständigung darüber<br />

möglich zu sein, ob die Anrede « Mademoiselle » veraltet<br />

und diskriminierend ist oder nicht.<br />

Jetzt denken Sie vielleicht, was für ein « toller » Abend...<br />

Aber nein, keine Sorge. Wir haben eine weitere Flasche<br />

Wein bestellt, das Thema gewechselt und uns bis spät in<br />

die Nacht gut amüsiert. Doch als ich dann abends alleine<br />

nach Hause ging, kam mir die Diskussion wieder in den<br />

Sinn. Woran liegt es wohl, dass Deutsche – oder gar Nordeuropäer<br />

– in dieser Angelegenheit so anders denken als<br />

Franzosen? Wieso empfinden wir Frauen die Bezeichnung<br />

« Fräulein » als diskriminierend und fühlen sich selbst sehr<br />

« emanzipierte » Französinnen bei der Anrede « Mademoiselle<br />

» geschmeichelt? Und dann kommt wieder diese Frage<br />

danach, was wohl Alice Schwarzer dazu sagen würde. Vielleicht<br />

sollte ich sie einfach mal darauf ansprechen …<br />

Das Bild in unserer letzten Ausgabe war inspiriert durch<br />

den berühmten Pop-Art-Künstler Andy Warhol. Dieses Mal<br />

präsentieren wir Ihnen eine Reminiszenz an einen Künstler, der<br />

nur 36 Jahre alt wurde und von 1884 bis 1920 lebte.<br />

46 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 47


Frankreich Heute Babyboom<br />

Babyboomland<br />

Frankreich<br />

Welche Rolle spielt<br />

die französische<br />

Familienpolitik?<br />

In Deutschland wurde in den letzten Wochen munter über die Betreuung von Kleinkindern<br />

und die Einrichtung von Kinderkrippen diskutiert. Ein guter Moment, über den<br />

eigenen Tellerrand zu schauen und den Blick nach Frankreich zu richten. Seit einiger<br />

Zeit machen unsere Nachbarn mit einer für Europa rekordverdächtigen Geburtenrate<br />

Schlagzeilen. Die französische Familienpolitik – ein Modell zum Nachahmen?<br />

Wenn ein französisches Paar in Deutschland eine Familie gründet...<br />

Guillemette und Benoît, beide Franzosen, leben seit einiger<br />

Zeit in Wiesbaden, wo Benoît für ein großes französisches<br />

Unternehmen tätig ist. Seit Geburt ihrer inzwischen<br />

acht Monate alten Tochter Blanche ist Guillemette im Mutterschaftsurlaub.<br />

Wie in Frankreich stellt sich für die jungen<br />

Eltern also die Frage nach der Kinderbetreuung. Doch die<br />

Antworten sind andere in Deutschland, genauso wie die<br />

Einstellung der Gesellschaft zu dieser Angelegenheit.<br />

Benoît kam als Erster nach Deutschland und staunte<br />

nicht schlecht, als er die deutsche Mentalität in puncto<br />

Kindererziehung entdeckte: « Ich dachte, ich träume, als<br />

ich eines Abends fernsah. Es handelte sich um eine Diskussionsrunde<br />

über die Kinderbetreuung. Alles drehte sich<br />

um die Frage ‹ Küche oder Karriere ›. Besonders schockierte<br />

mich aber die Art und Weise, wie die Problematik präsentiert<br />

wurde. Sie erschien mir geradezu karikaturhaft. Die<br />

gewählten Wörter, wie ‹ Rabenmutter › zum Beispiel, waren<br />

hart. Im Grunde wurde propagiert, dass die Mutter die ersten<br />

drei Jahre zu Hause zu bleiben habe. Im Vergleich zu<br />

meiner Heimat verstand ich die Welt nicht mehr ».<br />

Auch Guillemette entdeckte seitdem diesen kulturellen<br />

Unterschied: « Es ist ganz eindeutig, dass es sich in<br />

Deutschland nicht gehört, sein Kind wegzugeben. Die Vorstellung,<br />

den Nachwuchs in eine Kinderkrippe zu bringen,<br />

wird ein wenig so gesehen, als ob die Mutter ihr Kleines<br />

preisgibt. Es bleibt den jungen Frauen meist nichts anderes<br />

übrig, als ihren Beruf zumindest zeitweise aufzugeben. Es<br />

gibt eine grundverschiedene Einstellung zur Mutterschaft<br />

und der Rolle der Frau im Vergleich zu meiner Heimat.<br />

Ich empfinde hier sogar einen starken sozialen Druck, der<br />

die Mütter mehr oder weniger zwingt, ihre Karriere aufzugeben.<br />

Ähnlich empfand ich eine subtile Verurteilung<br />

von Seiten meiner deutschen Freundinnen, als ich erzählte,<br />

dass ich Blanche nicht mehr stillen wolle. Ich kenne sogar<br />

Fälle, in denen deutsche Ärzte sich weigerten, nach drei<br />

anstatt sechs Monaten die Medikamente zur Beendigung<br />

der Milchproduktion zu verschreiben. In Frankreich ist das<br />

eine Selbstverständlichkeit. » Dabei wissen sowohl Benoît<br />

als auch Guillemette, dass ihre praktische Lebenssituation<br />

in Frankreich nicht viel anders wäre. « Mir ist bewusst »,<br />

erzählt Guillemette, « dass ich in Paris in der gleichen Situation<br />

wie hier wäre. Im 15. Arrondissement von Paris, wo<br />

48 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Bei einer Reise nach Frankreich fällt eines<br />

schnell auf: Wo man auch hinschaut – in<br />

den Straßen, auf den Plakaten oder im<br />

Fernsehen – Kinderwagen und schwangere<br />

Frauen sind allgegenwärtig. Frankreich ist – gemeinsam<br />

mit Irland – Europameister im Kinderkriegen.<br />

2006 wurden 830.000 Geburten registriert,<br />

was einer Geburtenrate von zwei Kindern<br />

pro Frau entspricht und damit sehr nahe<br />

an der Geburtenrate von 2,07 Kindern liegt, die<br />

für eine stabile Bevölkerungsentwicklung notwendig<br />

ist. Das französische Geburtenwunder<br />

interessiert inzwischen sogar das Ausland. Die<br />

renommierte US-amerikanische Zeitschrift<br />

Newsweek beschäftigte sich kürzlich mit der<br />

Frage, warum Französinnen so gebärfreudig<br />

geworden sind. Auch in Deutschland machte<br />

eine Modellrechnung des Instituts der deutschen<br />

Wirtschaft die Runde, wonach das kinderreiche<br />

Frankreich aufgrund der demografischen<br />

Entwicklung Deutschland im Jahre<br />

2035 als führende europäische Volkswirtschaft<br />

überholen könnte.<br />

Immer wieder wird dabei auf diverse Einflussfaktoren<br />

hingewiesen. Hierzu gehören das<br />

gute Sozialsystem des Landes, eine hohe Jobgarantie<br />

durch strenge Kündigungsregelungen,<br />

ein gutes Erziehungs- und Bildungssystem oder<br />

auch die 35-Stunden-Woche sowie die vielen<br />

Urlaubstage, die bei zahlreichen Eltern den<br />

Kinderwunsch förderten. Die Franzosen haben<br />

demnach so viele Kinder, weil alle Rahmenbedingungen<br />

für einen familienfreundlichen Lebensstil<br />

stimmen würden. Der Erklärungsversuch<br />

ist verführerisch, doch entspricht er auch<br />

der Realität? Tatsache ist, dass Frankreich eine<br />

für europäische Verhältnisse außergewöhnlich<br />

hohe Geburtenrate besitzt. Doch wie wirkt<br />

sich die Familienpolitik konkret darauf aus?<br />

80 Prozent der Mütter<br />

sind berufstätig<br />

Am 1. Januar 2006 lebten 4,8 Millionen<br />

Kinder unter sechs Jahren in Frankreich. Die<br />

Hälfte davon, rund 2,4 Millionen, waren sogar<br />

unter drei Jahre alt. Man sollte also vermuten,<br />

dass derartig viele Kinder das Berufsleben der<br />

jungen Eltern massiv beeinflusst, dass insbesondere<br />

ein Elternteil, trotz aller Emanzipationsbewegungen<br />

der letzten Jahrzehnte meist<br />

die Mutter, eine Berufspause einlegt oder<br />

gar seinen Job dauerhaft an den Nagel hängt.<br />

Doch weit gefehlt. In Frankreich ist nicht nur<br />

die Geburtenrate hoch, sondern auch die Quote<br />

der berufstätigen Mütter. Während junge<br />

Frauen in vielen Ländern vor der Wahl stehen,<br />

sich zwischen Kindern oder Karriere entscheiden<br />

zu müssen, verbinden ihre französischen<br />

Altersgenossen beides mit einer großen Selbstverständlichkeit<br />

miteinander. In Frankreich<br />

heißt das Motto nicht, « Kinder oder Karriere »,<br />

wir vorher wohnten, hätte ich wahrscheinlich keinen Platz<br />

für Blanche gefunden. Die Krippenplätze sind dort viel zu<br />

rar. »<br />

Dabei scheint sich die junge Mutter teilweise perfekt an<br />

ihre neue Heimat gewöhnt zu haben: « Um ehrlich zu sein,<br />

bin ich gar nicht so schockiert, zu Hause bleiben zu müssen.<br />

Es ist auch wichtig, sein Kind groß werden zu sehen,<br />

gerade in den ersten Jahren. Wenn ich das meinen Freundinnen<br />

in Frankreich erzähle, fragen sie mich, was ich denn<br />

den ganzen Tag mache, ob ich mich denn nicht langweile?<br />

Doch hier habe ich viele Möglichkeiten entdeckt, wie ich<br />

mit Blanche den Tag verbringen kann, zudem zu günstigen<br />

Preisen. Wenn sich in Deutschland eine Frau dazu entscheidet,<br />

ausschließlich Mutter zu sein, erhält sie Zuspruch.<br />

Es gibt auch viel staatliche Unterstützung. In Frankreich ist<br />

man nicht darauf eingestellt. »<br />

Ist die junge Französin also eine Verfechterin vom<br />

deutschen System geworden? Nicht ganz: « Ich liebe meine<br />

Tochter und mag es auch, meine Mutterschaft voll auszuleben.<br />

Aber ich habe auch studiert, hatte zuvor einen Job, der<br />

mir Spaß machte. Ich glaube nicht, dass man alles aufgeben<br />

sollte. Auch intellektuell fühle ich mich unterfordert und<br />

mag mich nicht auf die Mutterrolle reduzieren. Warum soll<br />

ich in den nächsten Jahren nur noch Mutter sein dürfen?<br />

Warum kann man nicht beides miteinander verbinden?<br />

Ich glaube, dass man mehrere Sachen gleichzeitig machen<br />

kann. Und auch für Blanche wäre es bestimmt gut, wenn<br />

sie schon früh mit anderen Kindern in Kontakt käme. Für<br />

mich ist keines der beiden Systeme ideal. Man müsste den<br />

goldenen Mittelweg finden. »<br />

Genau diesen Mittelweg wird es in Wiesbaden vielleicht<br />

bald geben. Vor einigen Wochen entdeckte Guillemette<br />

beim Einkaufen einen Aushang. Eine Nachbarin suchte<br />

andere Eltern, die bereit wären, eine deutsch-französische<br />

Kinderkrippe zu gründen. Eine Krippe, die die Erfahrungen<br />

aus beiden Ländern verbinden würde. Guillemette<br />

nahm sofort Kontakt auf. In kurzer Zeit wurde aus einer<br />

Idee ein konkretes Projekt, das wohl auf ein wirkliches Bedürfnis<br />

der heutigen Eltern stieß. Räume und Sponsoren<br />

wurden gefunden, je zwei deutsche und französische Erzieherinnen<br />

rekrutiert. Die Stadt sagte sogar Subventionen zu.<br />

Für den 1. <strong>Mai</strong> ist schließlich die Eröffnung geplant. Die<br />

Plätze sind so begehrt, das sie in kürzester Zeit vergeben<br />

waren. Und Benoît und Guillemette sind glücklich, dass<br />

ihre Blanche in einer Krippe aufwachsen kann, die das Beste<br />

von beiden Seiten miteinander verbinden will.<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 49


Frankreich Heute Babyboom<br />

sondern « Kinder und Karriere ». So verwundert<br />

es auch nicht, dass 80 Prozent aller Mütter<br />

zwischen 29 und 45 Jahren berufstätig sind. 60<br />

Prozent aller Kinder unter sechs Jahren wachsen<br />

in Familien auf, in denen der Vater und die<br />

Mutter arbeiten.<br />

Familienpolitik kostet ein<br />

Prozent des Bruttosozialprodukts<br />

Für die französische Regierung gehört es<br />

längst zu den Prioritäten, Familien zu unterstützen<br />

und junge Paare zur Familiengründung<br />

zu ermutigen. Die Soziologen sind sich heute<br />

weitgehend darin einig, dass das Geheimnis<br />

in der richtigen Verknüpfung der einzelnen<br />

Facetten der Familienpolitik liegt, vor allem<br />

die Kombination der direkten Zahlungen an<br />

die Eltern und der Steuererleichterungen für<br />

Familien und Unternehmen mit den Betreuungsangeboten<br />

für Kleinkinder, insbesondere den Kinderkrippen und den<br />

kostenlosen écoles maternelles ab dem dritten Lebensjahr.<br />

Eine derartig familienfreundliche Politik hat aber auch ihren<br />

Preis: Der Geburtenboom ist damit auch eine Folge signifikanter<br />

Investitionen. Rund 19 Milliarden Euro, circa ein<br />

Prozent des Bruttosozialprodukts, fließt in Frankreich in die<br />

Kinderbetreuung. Diverse Akteure aus dem öffentlichen und<br />

privaten Sektor wie der Staat, die Kommunen, die Sozialversicherungsträger,<br />

Vereine und Unternehmen sind involviert.<br />

Mythos der Komplettbetreuung<br />

Das viel geschürte Bild, wonach alle kleinen Franzosen<br />

in Kinderkrippen aufwachsen, ist allerdings weit von der<br />

Realität entfernt. Gerade auch durch die immer beliebter<br />

werdende Elternzeit kümmern sich viele Mütter und Väter<br />

selbst um ihren Nachwuchs bzw. suchen nach alternativen<br />

Lösungen im Familien- und Freundeskreis. So besucht im<br />

Landesdurchschnitt nur eines von zehn Kleinkindern eine<br />

Kinderkrippe. Allerdings liegt dies nicht an einem Widerwillen<br />

der Eltern gegenüber diesen Einrichtungen, sondern<br />

schlicht und einfach an zu wenigen Krippenplätzen. Denn<br />

anders als in vielen Ländern gibt es in Frankreich nicht das<br />

Vorurteil der « Rabenmutter », die ihr Kind zu früh in fremde<br />

Hände gibt. Ganz im Gegenteil, es ist ganz und gar akzeptiert,<br />

dass ein Kleinkind von anderen Menschen als der<br />

Mutter oder dem Vater betreut wird. Die kollektive Kinderbetreuung<br />

gilt sogar als wünschenswert, lernen die Kleinen<br />

doch von jung auf, sich wichtige soziale Verhaltensweisen<br />

in der Gemeinschaft anzueignen.<br />

Selbst im familienfreundlichen Frankreich mangelt es<br />

jedoch an Krippenplätzen. Möchten Eltern einen Platz für<br />

ihren Sprössling finden, bedarf es oft der Eigenschaft eines<br />

eisernen Kämpfers, gerade in den großen Ballungsräumen.<br />

Nicht selten ist es notwendig, das Baby noch vor der Geburt<br />

in einer Krippe anzumelden, möchte man erfolgreich<br />

sein. Und so hat auch der Babyboom der letzten Jahre<br />

seine Schattenseiten: Die Wartelisten werden länger, und<br />

immer mehr Eltern müssen unfreiwillig auf die staatliche<br />

Betreuung verzichten. Sie sind gezwungen, sich selbst um<br />

eine Betreuung zu kümmern: Familienmitglieder werden<br />

eingespannt, Mütter und Väter versuchen sich mit flexiblen<br />

Arbeitszeiten zu behelfen oder mehrere Familien tun sich<br />

zusammen, um den Nachwuchs privat zu betreuen.<br />

Politik verspricht neue Krippenplätze<br />

Die Politik ist sich der Problematik inzwischen bewusst<br />

geworden. Im letzten November schlug der französische<br />

Familienminister Philippe Bas vor, die Kinderbetreuung<br />

kontinuierlich auszubauen und von <strong>2007</strong> bis 2011 jedes Jahr<br />

12.000 neue Krippenplätze zu schaffen. Schon in einem<br />

früheren Plan wurden für <strong>2007</strong> und 2008 jeweils 10.000<br />

neue Plätze vorgesehen. Durch den Ausbau der Familienpolitik<br />

soll es den Eltern, aber vor allem den Müttern, ermöglicht<br />

werden, finanziell unabhängig zu bleiben und ein<br />

erfülltes Berufsleben neben den familiären Verpflichtungen<br />

führen zu können. Auch die politische Gegenseite hat<br />

dieses Thema entdeckt. Die sozialistische Präsidentschaftskandidatin<br />

Ségolène Royal kündigte an, einen « öffentlichen<br />

Sektor » für die Kinderbetreuung zu etablieren.<br />

Kinderkrippen haben in Frankreich also eine rosige<br />

Zukunft vor sich und sind das Herzstück der französischen<br />

Familienpolitik. Die Eltern « danken » es dem Staat mit<br />

einer hohen Geburtenrate. Der französische Weg in der<br />

Kleinkinderbetreuung kann also durchaus als Modell angesehen<br />

werden, auch wenn Frankreich noch nicht als uneingeschränktes<br />

Familienparadies gelten kann. Für einen<br />

« Export » dieser Politik sollte jedoch bedacht werden, dass<br />

große Mentalitätsunterschiede zu anderen Ländern bestehen.<br />

Gewohnheiten lassen sich nicht nur mit der Schaffung<br />

von ein paar Krippenplätzen verändern. Es ist ein ganzheitlicher<br />

Politikansatz dafür notwendig.<br />

50 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Frankreich erleben<br />

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Frankreich Heute DeutschMobil<br />

Unterwegs<br />

im Auftrag<br />

der deutschen<br />

Sprache<br />

Da sich in den letzten Jahren immer weniger junge Franzosen<br />

für die deutsche Sprache erwärmen konnten, ist<br />

eine originelle Idee entstanden: das DeutschMobil. Mit<br />

einer deutschen Lektorin bzw. einem deutschen Lektor<br />

am Steuer reist es von Schule zu Schule, um Lust auf die<br />

Sprache jenseits des Rheins zu machen. Eine ungewöhnliche<br />

Art, ein dynamisches und modernes Deutschlandbild<br />

zu präsentieren.<br />

Anneke Viertel ist eine lebenslustige Berlinerin, 28<br />

Jahre jung, die zugleich die Rolle einer Botschafterin<br />

als auch einer Verkäuferin einnimmt. Ihre « diplomatische<br />

» Aufgabe besteht darin, die Schulen der Region<br />

Aquitanien zu besuchen, um so viele junge Franzosen wie<br />

möglich zu erreichen. Doch ihre Besuche haben ebenfalls<br />

eine « kommerzielle » Seite, wenn auch der besonderen Art:<br />

die Vermarktung der deutschen Sprache und Kultur. Anneke<br />

soll versuchen, möglichst viele Schüler davon zu überzeugen,<br />

dass das Erlernen der deutschen Sprache lohnenswert ist.<br />

Keine ganz einfache Mission, ist das Deutschlandbild der<br />

französischen Kinder und Jugendlichen doch meist recht<br />

unscharf oder weit von der Wirklichkeit entfernt.<br />

« Wenn ich in einer Klasse ankomme und frage, wer<br />

schon einmal in Deutschland war, ist die Antwort sehr eindeutig:<br />

Kaum einer hebt den Arm », erzählt Anneke. « Das<br />

ist aber auch normal, denn die meisten Schüler sind noch<br />

jung. Ich gehe vor allem in die fünfte oder sechste Klassen,<br />

wo die Kinder erst zwischen zehn und zwölf Jahre alt sind.<br />

Manchmal wende ich mich sogar an die noch Jüngeren.<br />

Da ist es also nicht so erstaunlich, dass die meisten Schüler<br />

noch nicht viel in Europa herumgereist sind. In einer solchen<br />

Situation versuche ich, weiterzufragen und den jungen<br />

Franzosen damit zu zeigen, dass sie durchaus etwas von<br />

Deutschland kennen, wenn auch auf ihre Art. Viele kennen<br />

zum Beispiel den Fußballclub Bayern München, manche<br />

sogar die Namen einiger Spieler. Meistens wissen sie auch,<br />

dass Berlin die deutsche Hauptstadt ist, oder können die<br />

Namen einiger großer Städte aufzählen. »<br />

Wo liegt eigentlich die<br />

Nordsee, wo die Ostsee?<br />

Die geografischen Kenntnisse erreichen dann aber<br />

meist schnell ihr Limit. « Fast alle verwechseln die Nordund<br />

Ostsee oder bringen dies gar mit dem Ärmelkanal<br />

durcheinander », berichtet Anneke von ihren Erfahrungen.<br />

« Auch die verschiedenen Bundesländer, soweit sie davon<br />

gehört haben, werden gerne durcheinandergeworfen. Dabei<br />

bin ich mir aber nicht so sicher, ob das in Deutschland<br />

soviel anders ist, ob deutsche Kinder wirklich wissen, wo<br />

beispielsweise Aquitanien liegt. » Anneke ist mit ihren<br />

Schülern nachsichtig. Wenn man sie unterwegs beobachtet,<br />

merkt man schnell, wie sehr sie die Kinder mag und ihre<br />

Arbeit zu einer Leidenschaft geworden ist. « Ich liebe es,<br />

mit anderen Menschen in Kontakt zu sein. Und am Steuer<br />

meines speziell ausgerüsteten Vito entdecke ich zudem<br />

Frankreichs Straßen. In nur fünf Monaten habe ich fast<br />

52 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Anneke Viertel in ihrem DeutschMobil.<br />

In nur fünf Monaten erreichte sie<br />

knapp 3.300 Schüler, um ihnen die<br />

deutsche Sprache näherzubringen.<br />

4.700 Kilometer zurückgelegt und mehr als 3.300 Schüler<br />

in 34 Schulen der Region besucht. Und Aquitanien ist eine<br />

große Region. Zum Glück bin ich nicht die einzige für ganz<br />

Frankreich. »<br />

Neun Lektoren, genauer gesagt acht Lektorinnen<br />

– nur ein einziger Mann ist im Team – sind mit ihrem<br />

DeutschMobil auf Frankreichs Straßen unterwegs. Die<br />

Kleinbusse werden dabei vom süddeutschen Automobilhersteller<br />

mit dem Stern gesponsert. Jede Region, in der<br />

sich ein Deutsch-Französisches Haus befindet, besitzt sein<br />

eigenes DeutschMobil: Languedoc-Roussillon, Pays de<br />

la Loire, Normandie, Lothringen, Aquitanien, Burgund,<br />

Provence-Alpes-Côte d’Azur, Ile de France und Midi-Pyrénées.<br />

Hinter der ganzen Aktion steht der Wunsch, ein<br />

fröhlicheres, aktuelleres und spannenderes Deutschlandbild<br />

zu vermitteln.<br />

Der Weg zur Verständigung<br />

Um dies zu erreichen, hat Anneke ihre eigene Methode<br />

entwickelt: « Ich fange immer damit an, mich auf Deutsch<br />

vorzustellen. Ich stelle mich an die Klassentür und begrüße<br />

jeden mit Handschlag und einem ‹ Guten Tag ›. Oft<br />

ist es das erste Mal, dass die Schüler ein deutsches Wort<br />

hören. Sie machen dann ganz große<br />

Augen. Danach stelle ich mich kurz<br />

vor, immer noch auf Deutsch, wobei<br />

ich jedoch möglichst einfache Wörter<br />

wie ‹ Familie ›, ‹ Norden ›, ‹ Süden › usw.<br />

verwende, die dem Französischen ähneln.<br />

Meistens fangen die Schüler an<br />

zu strahlen. Sie freuen sich, dass sie<br />

mich ein bisschen verstehen können.<br />

Und wenn ich dann später auf Französisch umschalte, ist<br />

die Verwunderung perfekt. Eine Deutsche, die auch Französisch<br />

spricht – das verbindet natürlich ». Anneke weiß<br />

außerdem zu berichten, dass die alten Vorurteile, die gerade<br />

mit den Weltkriegen zusammenhängen, mehr und mehr<br />

verschwinden. « Natürlich, wenn ich die Kinder manchmal<br />

nach deutschen Wörtern frage, die sie kennen, erhalte<br />

ich Antworten wie ‹ Achtung ›, ‹ Papiere bitte › oder ‹ Herr<br />

General ›. Der Ton, in dem sie diese Wörter aussprechen,<br />

macht dann schnell deutlich, dass sie die Ausdrücke alten<br />

Filmen aus der Zeit der Weltkriege entnommen haben. Die<br />

Einstellungen gegenüber Deutschland haben sich seitdem<br />

aber nachhaltig verändert. »<br />

Das Mirakel des « ß »<br />

Um die kleinen Franzosen aber wirklich von der deutschen<br />

Sprache zu überzeugen, muss die Lektorin ein wenig<br />

Phantasie anwenden. Vor allem muss Anneke erklären, dass<br />

die Sprache nicht so kompliziert ist, wie man gemeinhin in<br />

Frankreich sagt: « Eine Sache, die immer kleine Wunder<br />

bewirkt, ist der Buchstabe ‹ ß ›. Ich überrasche die Schüler<br />

damit, dass die deutsche Sprache einen Buchstaben mehr<br />

hat als die französische. Die Wirkung ist prompt. Neugierde<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 53


Frankreich Heute DeutschMobil<br />

macht sich sofort breit. Außerdem erkläre<br />

ich, dass man im Deutschen jeden<br />

Buchstaben ausspricht. Meistens gibt<br />

es einen Thomas in der Klasse. Dann<br />

erzähle ich, dass man in Deutschland<br />

das ‹ s › am Ende seines Namens aussprechen<br />

würde. Während es in Frankreich<br />

also zwei ‹ Sprachen › gibt, die<br />

geschriebene und die gesprochene, sei<br />

dies im Deutschen viel einfacher. Ein<br />

durchschlagendes Argument. »<br />

Es ist wichtig, die Sprache als etwas<br />

Lebendiges vorzustellen. Generationen<br />

von französischen Deutschlehren<br />

haben immer nur die Grammatik<br />

in den Vordergrund gestellt. Schafft<br />

man es dagegen, den Fokus mehr auf<br />

die Verständigung zu legen, fallen die<br />

Ressentiments. Dabei werden von der<br />

Lektorin auch unorthodoxe Ansätze<br />

gewählt. « Sobald man von Musik<br />

spricht », erzählt Anneke, « fallen den<br />

Kindern Beethoven oder Bach ein.<br />

Doch ich zeige ihnen, dass es auch<br />

zeitgenössische deutschsprachige Musik<br />

gibt. Beispielsweise kennen sehr<br />

viele die Gruppe Tokio Hotel. Aber<br />

nur selten wissen die Schüler, dass es<br />

eine deutsche Band ist. Sie sind dann<br />

meist stolz, diesen Umstand zu entdecken<br />

und davon ihren ‹ unwissenden ›<br />

Kameraden zu erzählen. Oft spielen<br />

wir auch mit bekannten deutschen<br />

Marken. Mein Ziel ist es, den Kindern<br />

nahezubringen, dass Deutschland kein<br />

weit entferntes Land ist, dass sogar<br />

viel ‹ Deutsches › in ihrem Alltag existiert<br />

und die deutsche Sprache keine so<br />

schwierige Sprache ist, deren Kenntnis<br />

im Vergleich zum Englischen auch einen<br />

großen Nutzen bringt. »<br />

Ein durchschlagender Erfolg<br />

Und es funktioniert. Nach der<br />

Vereinigung der Deutsch-Französischen<br />

Häuser in Frankreich hat die<br />

Anzahl der Schüler, die Deutsch als<br />

erste Fremdsprache wählen, in den<br />

Schulen, die vom DeutschMobil besucht<br />

wurden, um 25 Prozent zugenommen.<br />

Bei Schülern, die Deutsch<br />

als zweite Fremdsprache wählen,<br />

beträgt dieser Anstieg sogar 50 Prozent.<br />

Ein großartiger Erfolg. « Es<br />

sind die Deutschlehrer oder Schulen,<br />

die mich anfragen », erklärt Anneke<br />

in diesem Zusammenhang. « Ich helfe<br />

ihnen dabei, dass Deutsch nicht<br />

nur als eine Sprache mit schwieriger<br />

Grammatik wahrgenommen wird,<br />

sondern dass die Schüler dahinter<br />

ein lebendiges Land mit Menschen<br />

und Kultur sehen. »<br />

Originell ist jedoch nicht nur<br />

der konzeptionelle Ansatz der<br />

DeutschMobile, sondern auch die<br />

dahinterstehende Organisation und<br />

54 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Die Kinder lernen Deutsch nicht nur<br />

als Sprache kennen, sondern setzen<br />

sich auch mit Land und Leuten<br />

auseinander, wobei sie oft erstaunt<br />

feststellen, wie viel «Deutsches»<br />

bereits in ihrem Alltag vorhanden ist.<br />

Anneke geht bei ihrem Job gerne<br />

unkonventionelle Wege und erzielt<br />

damit hervorragende Erfolge.<br />

Finanzierung. Die Aktion hat ganz unterschiedliche Partner<br />

aus dem öffentlichen und privaten Bereich zusammengeführt:<br />

Minister, Regionen, die Deutsch-Französischen<br />

Häuser, das Goethe-Institut, die Robert-Bosch-Stiftung,<br />

DaimlerChrysler. Das Beispiel machte zudem Schule. Seit<br />

2002 haben die DeutschMobile Zuwachs auf der anderen<br />

Rheinseite bekommen. Seitdem fahren 13 FranceMobile<br />

durch Deutschland und versuchen ihrerseits, die jungen<br />

Deutschen zum Erlernen der französischen Sprache zu<br />

ermutigen.<br />

« Außerdem wird das System immer weiter perfektioniert<br />

», bemerkt Anneke mit einem Schmunzeln. « So war<br />

MDF07 Gewinnspiel-ANZ_175x80 20.03.<strong>2007</strong> 17:44 Uhr Seite 2<br />

es am Anfang nicht immer einfach, den richtigen Weg zu<br />

finden. Zu Weihnachten bekamen alle Lektoren daher ein<br />

Navigationssystem. Viele Kabel mussten angeschlossen<br />

werden. Im ersten Moment hatte ich nicht den Kopf dafür<br />

und benutzte weiterhin meine Landkarten. Dann merkte<br />

ich, dass es den anderen Lektorinnen genauso ging. Aber<br />

keine von uns traute sich, laut auszusprechen, dass wir<br />

nicht wussten, wie wir die Geräte anschließen sollten. Am<br />

Ende ergriff unser einziger männlicher Kollege die Initiative<br />

und erklärte allen, wie die Geräte zu montieren seien.<br />

Seitdem finden wir unseren Weg zu den französischen<br />

Schülern noch leichter. »<br />

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Frankreich heute Medien und Politik<br />

Medien und Politik –<br />

Ein ambivalentes Verhältnis<br />

In Wahlkampfzeiten, wie zur aktuellen<br />

Präsidentschaftswahl, taucht immer wieder<br />

die Frage nach der Verbindung zwischen<br />

Medien und Politik auf. Jede Demokratie<br />

steht vor der Herausforderung,<br />

das richtige Gleichgewicht zu finden. In<br />

Frankreich erscheint das Verhältnis allerdings<br />

als besonders eng und ambivalent.<br />

Eine Situationsanalyse.<br />

Sonntag, 25. Februar <strong>2007</strong>: Béatrice Schönberg, berühmte<br />

Moderatorin der Hauptnachrichtensendung<br />

des öffentlich-rechtlichen Vorzeigekanals France 2,<br />

legt temporär ihre Arbeit nieder, um erst nach den Präsidentschaftswahlen<br />

wieder auf dem Bildschirm zu erscheinen.<br />

Der Grund: Sie ist die Ehefrau des derzeitigen Ministers für<br />

den sozialen Zusammenhalt, Jean-Louis Borloo, der selbst<br />

seinen Parteikollegen Nicolas Sarkozy tatkräftig in dessen<br />

Wahlkampf unterstützt. Schönberg hält es nach eigenem<br />

Bekunden für wichtig, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen<br />

über alle Zweifel politischer Manipulation erhaben<br />

bleibt und erfährt bei ihrer Entscheidung die Unterstützung<br />

der Direktion.<br />

Bereits einige Tage vorher, dieses Mal auf France 3,<br />

einem anderen öffentlich-rechtlichen Kanal aus dem gleichen<br />

Hause, präsentiert die bekannte Journalistin Marie<br />

Drucker ebenfalls ihre letzte Abendsendung, wiederum für<br />

die Dauer der Präsidentschaftswahl. Der Grund ist identisch:<br />

Sie ist mit François Baroin, dem momentanen Minister<br />

für die französischen Überseegebiete, liiert.<br />

Dominique Strauss-Kahn, ehemaliger Finanz- und<br />

Wirtschafsminister, kämpft zurzeit im Namen der Parti<br />

Socialiste für den Wahlsieg von Ségolène Royal. Er genießt<br />

einen großen Bekanntheitsgrad, genauso wie seine Gattin<br />

Anne Sinclair, eine der einflussreichsten Journalistinnen<br />

Frankreichs, vor allem als ihr Ehemann noch das Ministeramt<br />

ausübte. Genauso verhält es sich bei Bernard Kouchner,<br />

ehemaliger Gesundheitsminister und unverändert sehr<br />

geschätzt von vielen Franzosen, der mit Christine Okrent<br />

verheiratet ist, die seit langem eine gewichtige Rolle in der<br />

Medienlandschaft einnimmt.<br />

Liebschaften und Freundschaften<br />

Die Franzosen sind es also schon lange gewohnt, dass<br />

ihre Politiker ohne Scham und in aller Offenheit mit den<br />

großen Namen der Medienbranche privat liiert sind. Es<br />

scheint eine Selbstverständlichkeit zu sein, an der sich kaum<br />

jemand stört. Doch die Arbeitspausen von Béatrice Schönberg<br />

und Marie Drucker zeigen, dass gerade in Wahlzeiten<br />

56 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


der Wunsch im Volk besteht, eine größere Distanz zwischen<br />

den Mächtigen der Politik und den Mächtigen der Medien zu<br />

haben. Im Fall von Béatrice Schönberg ist es aber vor allem<br />

die Flucht nach vorne gewesen, hatte sich doch bereits eine<br />

Polemik bei einigen Gewerkschaftlern des Senders France 2<br />

entwickelt, die Schönbergs Familiensituation und ihre Rolle<br />

als Nachrichtenmoderatorin für unvereinbar hielten.<br />

Die engen Verbindungen zwischen Politik und Medien<br />

beschränken sich aber nicht nur auf die Liebesbeziehungen<br />

einiger Akteure. Meistens geht es um das ambivalente Verhältnis<br />

zwischen Politikern und Journalisten, das nichts mit<br />

Herzensangelegenheiten zu tun hat. Auf der einen Seite<br />

sind Politiker bemüht, eine gewisse kameradschaftliche<br />

Nähe zu Journalisten aufzubauen, um damit eine möglichst<br />

wohlwollende Berichterstattung zu erreichen. Auf der anderen<br />

Seite suchen die Journalisten genau diese Nähe, um<br />

möglichst als erste an sensationelle Neuigkeiten zu kommen.<br />

Es ist ein verworrenes Zusammenspiel, bei dem jede<br />

Seite auf die andere angewiesen ist. Ein Spiel, bei dem jeder<br />

jeden benutzt.<br />

Der kleine Unterschied<br />

Soweit nichts Ungewöhnliches. Jede Demokratie, und<br />

nicht nur Frankreich, kennt diese Verflechtung zwischen<br />

Politik und Medien. Und doch scheint in Frankreich etwas<br />

anders zu sein, und zwar die Einstellung der Franzosen<br />

gegenüber dieser ambivalenten Situation. Der Pariser<br />

Korrespondent der englischen Tageszeitung The Guardien<br />

sagte kürzlich in der Zeitschrift Marianne treffend: « Für<br />

jemanden aus der angelsächsischen Welt fehlt im französischen<br />

Mediengeschehen eine gewisse Aggressivität, ein<br />

gewisser Wille, zu schädigen. Was man hier Interview<br />

nennt, ist nicht das gleiche, was wir zu Hause darunter<br />

verstehen. Es wird sofort sichtbar, dass man sich im Vorfeld<br />

auf die Fragen verständigt hat. Die Fragen sind also<br />

nichts anderes als die Unterbrechung einer Ansprache. Es<br />

gibt keinen ernsthaften Versuch, einen Politiker wirklich<br />

zu destabilisieren. » Auch der Korrespondent der Süddeutschen<br />

Zeitung, Marc Hujer, sieht dies ähnlich, selbst wenn<br />

die Tendenz ebenso in anderen Ländern zu finden ist: « In<br />

Deutschland, aber noch vielmehr in Frankreich versuchen<br />

die Politiker, eine fast intime Atmosphäre zu den Journalisten<br />

aufzubauen, indem sie mit ihnen ein Bier trinken oder<br />

zum Mittagessen gehen. »<br />

Um Nähe herzustellen, bedarf es manchmal noch nicht<br />

einmal eines gemeinsamen Mittagessens: Es reicht oft<br />

schon, etwa das Du anzubieten und sich damit von anderen<br />

Politikern zu unterscheiden. Gerne wird auch versucht, sich<br />

kameradschaftlich zu geben. So erzählt Philippe Ridet,<br />

Redakteur bei Le Monde, in einem Artikel von einer Reise<br />

mit Nicolas Sarkozy nach La Réunion: « Das Flugzeug war<br />

kaum gestartet, schon befand sich Nicolas Sarkozy unter<br />

uns. Er begrüßte die ihm bekannten Gesichter mit einem<br />

kräftigen Handschlag oder freundschaftlichen Stubsern.<br />

Und er interessierte sich für die Neuen, erkundigte sich, wie<br />

lange sie schon für eine Redaktion arbeiten würden. Zwölf<br />

Flugstunden sind lang, lang genug, um sich ausgiebig zu<br />

sehen. Und wenn er nicht nach hinten kam, lud er einige<br />

von uns zu sich nach vorne ein. »<br />

Eine große Familie<br />

Es sind aber nicht nur die persönlichen Beziehungen,<br />

die für die starken Verflechtungen zwischen Politik und<br />

Medien in Frankreich verantwortlich sind. Ein wichtiger<br />

Grund liegt auch in der hohen Konzentration der Medien,<br />

die im Besitz einiger weniger sind. Die Medienbosse unterhalten<br />

meist, insbesondere wenn es sich um den Privatsektor<br />

handelt, enge Beziehungen zu den Politikern. Sie bewegen<br />

sich zumeist in den gleichen Kreisen. Nicolas Sarkozy liebt<br />

es daher auch, leicht ironisch den Satz « Komisch, ich kenne<br />

alle Ihre Chefs » in einem Gespräch mit Journalisten einzubauen.<br />

So werden beispielsweise die Fernsehkanäle der<br />

TF1-Gruppe seit 1989 von Martin Bouygues geführt, dem<br />

Trauzeugen von Nicolas und Cécilia Sarkozy und Taufpaten<br />

ihres Sohnes Louis.<br />

Aber auch bei der Nominierung bedeutender Posten innerhalb<br />

der öffentlich-rechtlichen Medien spielen « Freundschaften<br />

» eine gewichtige Rolle. So hat der Intendant der<br />

öffentlich-rechtlichen Senderfamilie France Télévision,<br />

Patrick de Carolis, gemeinsam mit Bernadette Chirac, der<br />

Ehefrau des französischen Präsidenten, einen Bestseller<br />

veröffentlich. Alain de Pouzilhac, Präsident des neuen internationalen<br />

Nachrichtenkanals France 24, ist eindeutig<br />

auch mit Jacques Chiracs Hilfe ins Amt gekommen. Der<br />

Direktor der Nachrichtenagentur Agence France Presse,<br />

Pierre Louette, war Berater von Edouard Balladur, ehemaliger<br />

Premierminister. Philippe Baudillon, an der Spitze von<br />

France 2, ist ein enger Freund von Dominique de Villepin,<br />

dem derzeitigen Premierminister. Jean-Jacques Aillagon,<br />

ehemaliger Intendant von TV5, dem französischen Auslandssender,<br />

ist wiederum Jacques Chirac und dem ehemaligen<br />

Premierminister Jean-Pierre Raffarin nahe. Der<br />

aktuelle Intendant, François Bonnemain, war Berater von<br />

Jean-Pierre Raffarin und technischer Berater im Kabinett<br />

von Jacques Chirac, als dieser noch Premierminister war.<br />

Politik und Medien scheinen in Frankreich eine große<br />

Familie zu sein. Die Verflechtungen sind komplex. Fast<br />

jeder weiß und akzeptiert dies, und dennoch wird eine Distanz<br />

vorgegaukelt. Kommt mal etwas an die Öffentlichkeit,<br />

wird ein großes Erstaunen an den Tag gelegt. So wurde<br />

Alain Duhamel, bekannter Journalist und Herausgeber,<br />

kürzlich für die Zeit des aktuellen Wahlkampfes von den<br />

Bildschirmen von France Télévision und der Antenne von<br />

RTL, einer der großen privaten Radiosender des Landes,<br />

verbannt, da er sich offen für den Präsidentschaftskandidaten<br />

François Bayrou ausgesprochen hatte. Seitdem fordert<br />

ein anderer Journalist, Philippe Meyer, seine Kollegen auf,<br />

sich zu « ihrem » Kandidaten zu bekennen. Gerade in Wahlkampfzeiten<br />

wird das ambivalente Verhältnis zwischen Politik<br />

und Medien in Frankreich besonders deutlich.<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 57


Leben in Frankreich<br />

Wie funktioniert das französische<br />

Hotelklassifizierungssystem?<br />

In Frankreich sind Hotels in<br />

sechs Kategorien unterteilt, die<br />

– wie in den meisten anderen<br />

Ländern – durch eine Anzahl von<br />

Sternen gekennzeichnet werden.<br />

Vom 4-Sterne-Luxusetablissement<br />

bis zum Hotel ohne Stern reicht<br />

das Spektrum, wobei vorrangiges<br />

Klassifizierungsmerkmal der Hotelkomfort<br />

ist. Die Klassifizierung<br />

beruht also auf neutralen Faktoren<br />

und sagt beispielsweise nichts über<br />

die Sauberkeit eines Hotels oder<br />

die Freundlichkeit des Personals<br />

aus. Zurzeit sind in Frankreich fast<br />

18.000 Hotels mit über 600.000<br />

Zimmern klassifiziert, von denen<br />

sich über die Hälfte in der Kategorie<br />

mit zwei Sternen befindet. Jedes<br />

Hotel ist verpflichtet, ein Schild mit<br />

der Anzahl der Sterne – entsprechend<br />

der Kategorieeinstufung – an<br />

der Eingangsfassade anzubringen.<br />

Dabei hängt es von der Eigeninitiative<br />

des Hoteliers ab, sich selbst einer<br />

Einstufung zu unterziehen. Die<br />

Normen der Klassifizierung sind per<br />

Gesetz festgelegt und werden regelmäßig<br />

von den Behörden überprüft.<br />

So wird sichergestellt, dass die<br />

Standards der jeweiligen Kategorie<br />

auch eingehalten werden. Um diese<br />

auf einen Blick unterscheiden zu<br />

können, sind nachfolgend die wichtigsten<br />

Merkmale und Minimalanforderungen<br />

jeder Stufe aufgeführt.<br />

Hotel ohne Stern<br />

Hotel mit mindestens fünf Zimmern.<br />

Jedes Einzelzimmer muss<br />

größer als sieben Quadratmeter,<br />

jedes Doppelzimmer größer als acht<br />

Quadratmeter sein. Badezimmer,<br />

Dusche und WC können zur Gemeinschaftsbenutzung<br />

freigegeben<br />

sein. Allerdings muss in jedem<br />

Zimmer ein Waschbecken und im<br />

Hotel ein Gemeinschaftstelefon zur<br />

Verfügung stehen.<br />

Hotel mit einem Stern<br />

Hotel mit mindestens sieben<br />

Zimmern. Jedes Einzelzimmer muss<br />

größer als acht Quadratmeter, jedes<br />

Doppelzimmer größer als neun<br />

Quadratmeter sein. Mindestens in<br />

einem Viertel der Zimmer muss ein<br />

abgetrenntes Wachbecken vorhanden<br />

sein. Mindestens 20 Prozent<br />

der Zimmer müssen über eine Dusche/Badewanne<br />

und WC verfügen.<br />

Zusätzlich ist es vorgeschrieben,<br />

dass jedes Zimmer ein Telefon oder<br />

eine Direktleitung zur Rezeption<br />

aufweist.<br />

Hotel mit zwei Sternen<br />

Hotel mit mindestens sieben<br />

Zimmern. Jedes Einzelzimmer muss<br />

größer als acht Quadratmeter, jedes<br />

Doppelzimmer größer als neun<br />

Quadratmeter sein. Ab vier Stockwerken<br />

ist ein Aufzug obligatorisch.<br />

Das Badezimmer mit WC und<br />

Dusche oder Badewanne sollte eine<br />

Mindestgröße von 1,75 Quadratmetern<br />

aufweisen und in mindestens<br />

40 Prozent aller Zimmer vorhanden<br />

sein. Neben der Verfügbarkeit von<br />

einem Telefon auf jedem Zimmer<br />

sollte das Personal mindestens eine<br />

Fremdsprache beherrschen.<br />

Hotel mit drei Sternen<br />

Hotel mit mindestens zehn<br />

Zimmern. Jedes Einzelzimmer muss<br />

größer als neun Quadratmeter, jedes<br />

Doppelzimmer größer als zehn<br />

Quadratmeter sein. Ab drei Stockwerken<br />

muss das Hotel über einen<br />

Aufzug verfügen. Das Badezimmer<br />

mit WC und Dusche oder Badewanne<br />

sollte eine Mindestgröße<br />

von 2,5 Quadratmetern aufweisen<br />

und in mindestens 80 Prozent aller<br />

Zimmer vorhanden sein. Neben der<br />

Verfügbarkeit von einem Telefon<br />

auf jedem Zimmer sollte das Personal<br />

mindestens zwei Fremdsprachen<br />

beherrschen, darunter Englisch.<br />

Zusätzlich sollte die Möglichkeit<br />

bestehen, das Frühstück auf dem<br />

Zimmer serviert zu bekommen.<br />

Hotel mit vier Sternen<br />

Hotel mit mindestens zehn<br />

Zimmern. Jedes Einzelzimmer muss<br />

größer als zehn Quadratmeter, jedes<br />

Doppelzimmer größer als zwölf<br />

Quadratmeter sein. Ab zwei Stockwerken<br />

ist ein Fahrstuhl vorgeschrieben.<br />

Alle Zimmer sollen über<br />

WC und Dusche oder Badewanne<br />

verfügen und eine Mindestgröße<br />

von drei Quadratmetern haben. Die<br />

Hälfte aller Zimmer muss zudem<br />

sowohl eine Badewanne als auch<br />

eine Dusche aufweisen. Zusätzlich<br />

zur Telefonverfügbarkeit und den<br />

Fremdsprachenkenntnissen soll ein<br />

durchgehender Restaurantbetrieb<br />

sichergestellt sein.<br />

Hotel mit vier Sternen<br />

– Luxuskategorie<br />

Hotel mit mindestens zehn<br />

Zimmern. Jedes Einzelzimmer muss<br />

größer als zehn Quadratmeter, jedes<br />

Doppelzimmer größer als 14 Quadratmeter<br />

sein. Ein Fahrstuhl ist<br />

obligatorisch. Alle Zimmer sollen<br />

über ein Badezimmer von mindestens<br />

vier Quadratmetern mit WC,<br />

Dusche und Badewanne verfügen.<br />

Zusätzlich zur Telefonverfügbarkeit<br />

und den Fremdsprachenkenntnissen<br />

sollte ein durchgehender Restaurantbetrieb<br />

sichergestellt sein.<br />

58 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


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Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 59


Unterwegs in Frankreich Camargue<br />

Camargue<br />

Land zwischen Fluss und Meer<br />

Die Camargue ist keine Region<br />

wie jede andere. Hier geht das<br />

Land ins Meer über. Die Weite<br />

der Landschaft, die Unendlichkeit<br />

des Himmels, die vielen Vögel<br />

und Pferde – alles vermittelt<br />

ein Gefühl von Freiheit.<br />

Wenn ich in den Süden Frankreichs fahre, versuche ich jedes<br />

Mal, einen kleinen Umweg über die Camargue zu nehmen.<br />

Ist es auch nur für einen Tag oder ein kurzes Wochenende, ich<br />

möchte diese besondere Atmosphäre nicht missen. Hier fühle ich mich<br />

wie am Ende der Welt, wie ein Außerirdischer in einer Welt der weiten<br />

Horizonte. Für mich ist die Camargue eine Region der Widersprüche,<br />

eine Region der fließenden Übergänge. Eingezwängt zwischen den beiden<br />

Hauptarmen des Rhonedeltas und dem Mittelmeer vermittelt die<br />

flache Ebene von 145.000 Hektar dennoch ein Gefühl der Weite. Der<br />

Fluss und das Meer scheinen seit Jahrtausenden im ständigen Kampf<br />

miteinander zu liegen, einem Kampf mit ungleichen Mitteln. Doch keine<br />

der beiden Kräfte konnte dauerhaft siegen, vielmehr hat sich ein fragiles<br />

Gleichgewicht eingestellt, ein Gleichgewicht, das eine einzigartige Landschaft<br />

aus Wiesen, Lagunen und Sümpfen geschaffen hat, eine Landschaft,<br />

in der Wasser allgegenwärtig ist. Und auch verwaltungstechnisch<br />

befindet man sich hier in einem Gebiet des Übergangs. Im Westen das<br />

Departement Gard, das zur Region Languedoc-Roussillon gehört, im<br />

Osten das Departement Bouches-du-Rhône, das Teil der Region Provence-Alpes-Côte<br />

d’Azur ist.<br />

60 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Die Landschaft der Camargue zeichnet sich<br />

durch weite Wiesen, Sümpfe und Lagunen aus.<br />

Pferde gehören neben den Stieren und Vögeln<br />

zu den Markenzeichen der Camargue.<br />

In der nördlichen Hälfte der Camargue schaffte es der<br />

Mensch, die Natur zu bändigen. Hier ist das Reich der<br />

Landwirtschaft. Doch im Laufe der Geschichte musste er<br />

sich immer wieder vor dem Wasser schützen. 1859 wurde<br />

ein erster Deich zum Schutz vor den Fluten des Mittelmeers<br />

gebaut. Zehn Jahre später folgten Deiche entlang<br />

der Rhone. In der flachen Ebene ist es schwer, sich vor<br />

Hochwasser zu schützen. Schließlich übersteigt der höchste<br />

Punkt der Camargue nirgendwo viereinhalb Meter. Aber<br />

der Mensch hat es dennoch gemeistert, das Wasser zu regulieren,<br />

so dass heute rund 25.000 Hektar für eine landwirtschaftliche<br />

Nutzung zur Verfügung stehen. Angebaut<br />

werden Getreide, Spargel, Weintrauben und Reis. Außerdem<br />

spielt die Tierzucht, insbesondere die der Schafe und<br />

Stiere, eine bedeutende Rolle.<br />

Doch der Bereich der Camargue, der die meisten Besucher<br />

in ihren Bann zieht, befindet sich weiter im Süden.<br />

Je mehr man sich dem Mittelmeer nähert, desto klischeehafter<br />

wird die Fauna und Flora. Es ist die Camargue der<br />

Lagunen und Sümpfe, der Vögel, Pferde und Stiere, aber<br />

auch der Mücken. Das Land ist ganz flach, der Horizont<br />

weit. Oft wird in der Ferne das Meer oder ein Leuchtturm<br />

sichtbar. Vom Norden der Lagune von Vaccarès bis zum<br />

Mittelmeer erstreckt sich außerdem ein Naturschutzpark.<br />

Hier im Süden, abgesehen von einigen Ferienorten, hat die<br />

wilde Natur die Oberhand behalten. Der Besucher sollte<br />

dies niemals vergessen.<br />

Ich beginne meinen Abstecher in die Camargue meist<br />

mit einem kurzen Besuch einer meiner beiden Lieblingsstädte<br />

der Region: Nîmes oder Arles, meine ganz persönlichen<br />

« Eingangstore » in die Camargue. Richtig, Nîmes<br />

liegt ein wenig entfernt von der eigentlichen Camargue,<br />

dennoch fühle ich dort schon die geografische Nähe. Beide<br />

Städte sind so lebensfroh und bunt. Ihre Denkmäler aus<br />

einer anderen Epoche hinterlassen ein Gefühl der Fremdartigkeit.<br />

Wenn ich an der Arena von Nîmes vorbeischreite,<br />

stelle ich mir den Trubel bei einem Gladiatorenkampf<br />

vor. Das <strong>Mai</strong>son Carrée, dieser antike Tempel, der einst<br />

das administrative Herz der Stadt bildete, verstärkt meine<br />

Sehnsucht, aus dem Alltag zu fliehen. Genauso geht es mir<br />

in Arles, dem zweiten Rom, mit seinen vielen Gebäuden,<br />

die unter Denkmalschutz stehen, seiner Arena und seinem<br />

antiken Theater.<br />

Fahre ich dann weiter in den Süden, in Richtung Meer,<br />

gehen die Gedanken auf Reise. Mit jedem Kilometer rückt<br />

der Stress von gestern in den Hintergrund. Die Sonne<br />

strahlt vom stahlblauen Himmel, eine leichte Brise weht.<br />

Auch die Landschaft scheint sich immer mehr « aufzulösen<br />

». Sumpfgebiete und weite Wiesen dominieren – hier<br />

am Schnittpunkt zwischen Land und Wasser. Nach einiger<br />

Zeit werden in der Ferne weiße « Berge » sichtbar: Berge aus<br />

Salz. Es sind die einzigen Erhebungen weit und breit. Die<br />

kleine Arbeiterstadt Salin-de-Giraud besteht aus Gässchen<br />

mit flämischem Einschlag. Sie boomte im 19. Jahrhundert,<br />

als die Salzproduktion immer mehr Arbeiter anzog. Zwei<br />

Kilometer vom Ort entfernt ist ein Aussichtspunkt eingerichtet.<br />

Von dort bietet sich ein wunderbarer Blick auf die<br />

weißen Salinen. Um die Anlagen zu besichtigen, muss man<br />

einen kleinen Zug nehmen. Dabei erfährt man auch, dass<br />

die Salinen flächenmäßig etwa der Größe von Paris entsprechen<br />

und dass die jährlich produzierten 800.000 Tonnen<br />

Salz für die Industrie und den Winterdienst auf den<br />

Straßen bestimmt sind.<br />

Soviel Salz macht durstig. Oder ist es die Sonne? Zeit<br />

jedenfalls, um in einem der Orte der Camargue einzukehren.<br />

Die kleine Stadt Saint-Louis mit ihrer Befestigungsanlage<br />

zum Beispiel oder Saintes-Maries-de-la-Mer, welches<br />

durch die Pilgerfahrten der Roma und Sinti bekannt ist.<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 61


oulême<br />

e<br />

A 85<br />

mur<br />

9<br />

Alencon<br />

e Mans<br />

lèche<br />

Mamers<br />

LOIR<br />

LOIRE<br />

Chinon<br />

Tours<br />

Nogent-le-Rotrou<br />

A 11 / E 50<br />

Chartres<br />

A 10 / E 60<br />

A 85 / E 604<br />

A 10 / E 5<br />

LOIRE<br />

A 71 / E 9<br />

Etampes<br />

Pithiviers<br />

Unterwegs in Frankreich Camargue<br />

Chahaignes<br />

La Chartre<br />

sur le Loir<br />

Vendôme<br />

Loches<br />

Châteaudun<br />

Blois<br />

Romorantin-<br />

Lanthenay<br />

Vierzon<br />

Issoudun<br />

Orleans<br />

Bourges<br />

An den Küsten zum Mittelmeer locken lange Sandstrände.<br />

Troyes<br />

N 77<br />

A 5 / E 17 - E 54<br />

Chaumont<br />

Oder Le Grau-du-Roi, La Grande-Motte, Port-Camargue,<br />

Palavas-les-Flots und andere. Namen, die nach Ferien klingen.<br />

Jeder dieser Orte ist ein guter Ausgangspunkt, um die<br />

Camargue für ein paar Tage zu erleben, auch wenn nicht<br />

alle den gleichen Charme besitzen. La Grande-Motte und<br />

Palavas-les-Flots sind vor allem Touristenhochburgen. Dafür<br />

bieten sie auf der anderen Seite auch ein hervorragendes<br />

Freizeitangebot für die ganze Familie.<br />

Die Camargue, die ich allerdings ganz besonders liebe,<br />

liegt abseits des Trubels. Es ist eine Camargue, die man<br />

suchen muss. Zum Beispiel, indem man morgens früh<br />

aufsteht, um mit seinem Auto ans Ende einer Straße zu<br />

fahren und dann zu Fuß weiterzugehen. Eine andere gute<br />

Möglichkeit besteht darin, durch die Camargue zu reiten.<br />

Schließlich sind die Pferde der Camargue weltberühmt.<br />

Diese Variante ist geradezu ideal, um die Vögel zu beobachten,<br />

hat man vom Pferd aus doch einen<br />

besseren Überblick als zu Fuß. Denn<br />

Chablis das fragile Ökosystem verbirgt sich<br />

oft<br />

Montbard<br />

hinter Schilf. Wie auch immer, ein<br />

Fernrohr sollte man für die Vogelbeobachtung<br />

nicht vergessen. Mehr als<br />

Avallon<br />

400 verschiedene Vogelarten wurden<br />

gezählt, darunter<br />

Dijon<br />

natürlich auch die<br />

bekannten rosafarbenen Flamingos,<br />

Dole<br />

die sich die Camargue als einziges<br />

Arc-et-Senans<br />

Brutgebiet in Frankreich ausgesucht<br />

haben. Seit 1983 nimmt die Population<br />

stetig zu. Heute Chalon paaren sich rund<br />

30.000 Flamingos pro Jahr, insbesondere<br />

in der Lagune von Fangassier.<br />

Lons-le-<br />

Saunier<br />

Die Camargue ist zudem ein wichtiges<br />

Überwinterungsgebiet für Vögel aus<br />

dem Norden, vor allem für Enten.<br />

Mâcon<br />

Je weiter man sich übrigens dem Meer nähert, desto<br />

stärker ist der Boden mit Salz durchmischt. Die Mixtur<br />

Nantua<br />

aus Wasser, Salz und Erde bekommt nur wenigen Pflanzen.<br />

Hier ganz im Süden findet man keine großen Bäume<br />

oder Büsche. Nur wenige Arten können in dieser unwirtlichen<br />

Umgebung überleben. So der Queller, der gerne in<br />

Salaten gereicht wird, und Tamarisken. Wenige Pflanzenarten<br />

bilden die typische Vegetation der südlichen<br />

Camargue. Doch der schönste Moment einer jeden Reise<br />

durch die Region ist vielleicht der Augenblick, wo man<br />

am Mittelmeer ankommt. Lange Sandstrände scheinen<br />

endlos am Horizont zu verschwinden. Ein kleiner Geheimtipp<br />

ist der Leuchtturm von Beauduc, auf dem Gebiet<br />

der Kommune Arles. Es ist der ideale Ort für ein<br />

Picknick nach einem langen Tag. Der Sonnenuntergang<br />

ist schlicht grandios.<br />

N 6<br />

D 965<br />

A 6<br />

A 38<br />

Valence<br />

A 31<br />

Neufchâteau<br />

A 39<br />

A 404<br />

A 36<br />

Epinal<br />

Vesoul<br />

Besanco<br />

Pontarlier<br />

St Claude<br />

A1<br />

Gen<br />

FRA<br />

Annecy<br />

Tho<br />

armande<br />

Anreise<br />

Auto: Aus Deutschland und der<br />

Schweiz erreicht man die Camargue<br />

über die Rhonetal-Autobahn A7. Aus<br />

Österreich bietet sich eine Anreise<br />

über Norditalien und die Côte d’Azur<br />

an. Berlin-Arles ca. 1.500 km, Köln-Arles<br />

ca. 1.000 km, Wien-Arles ca. 1.400 km,<br />

Zürich-Arles ca. 720 km.<br />

Flugzeug: Der nächste große<br />

internationale Flughafen ist in<br />

Marseille. Hierhin bestehen auch<br />

Direktverbindungen aus Deutschland.<br />

Nîmes verfügt über einige<br />

Billigflugverbindungen, jedoch<br />

nicht aus Deutschland, Österreich<br />

oder der Schweiz. Montpellier und<br />

Mende<br />

Avignon erreicht man mit Air France<br />

über Paris. Zudem bestehen Billigflugverbindungen<br />

aus Deutschland<br />

Florac<br />

nach<br />

Montpellier und Marseille.<br />

Millau<br />

Zug: Sowohl Nîmes als auch Marseille<br />

D 992<br />

A 75 / E 11<br />

www.tourisme.ville-arles.fr Béziers<br />

Lodève<br />

A 9<br />

Mialet<br />

sind in rund drei Stunden mit dem TGV<br />

aus Paris zu erreichen.<br />

Camargue im Internet<br />

www.parc-camargue.fr<br />

www.saintesmaries.com/de<br />

Montpellier<br />

D 907<br />

Privas<br />

Alès<br />

A 9<br />

N 106<br />

Nîmes<br />

E 15 – E 80<br />

A 7 / E 15<br />

Avignon<br />

Arles<br />

Camargue<br />

A7<br />

Aix-en-Provence<br />

A55<br />

Marseille<br />

A51<br />

A52<br />

A50<br />

A51<br />

Forcalquier<br />

A8/E80<br />

Toulon<br />

Ga<br />

F<br />

A<br />

62 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


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Unterwegs in Frankreich Metz<br />

Im Osten etwas Neues<br />

In seiner Geschichte erlebte Metz zahlreiche Umbrüche.<br />

Zeitweise dem Deutschen Reich, zeitweise Frankreich zugehörig,<br />

befand sich die Stadt seit jeher an einer Schnittstelle zwischen<br />

Nord- und Südeuropa. Über Jahrzehnte hinweg wurde sie vor allem<br />

als eine Mischung aus wilhelminischer Architektur und französischem<br />

Lebensgefühl wahrgenommen. Doch Metz befindet sich seit einiger<br />

Zeit auch in einer enormen Umbruchphase und schickt sich an,<br />

zu den großen Metropolen des Landes aufzurücken.<br />

Die Ignoranz der Pariser gegenüber dem<br />

als « Provinz » bezeichneten Rest des<br />

Landes ist sprichwörtlich. Es erscheint<br />

deshalb nicht verwunderlich, dass die Idee zu<br />

einem Wochenendausflug nach Metz bei einem<br />

Hauptstädter nicht gerade Freudenstürme auslöst.<br />

Doch auch an der Seine verändern sich die<br />

Mentalitäten. Nichts ist zurzeit einfacher, als<br />

einen Pariser für eine kleine Reise in Richtung<br />

Osten zu begeistern. Dafür braucht man sich<br />

nur zum weltbekannten Centre Pompidou zu<br />

begeben. Seit dem Sommer 2004 befindet sich<br />

auf einer der Terrassen der sechsten Etage ein<br />

ungewöhnlicher Aufbau: eine Art Röhre aus<br />

Karton, inspiriert vom japanischen Pavillon auf<br />

der Expo 2000 in Hannover, mit einer Länge<br />

von fast 35 Metern und einer Breite von 4,40<br />

Metern. Es handelt sich um ein studio temporaire,<br />

in dem das Team für das Projekt « Centre<br />

Pompidou Metz » arbeitet. Das bekannte Museum<br />

der Modernen Kunst bereitet nämlich<br />

seine Expansion an die Mosel vor.<br />

Denn Metz befindet sich – von vielen bisher<br />

unbemerkt – in einer bedeutenden Erneuerungsphase.<br />

Die Eröffnung einer Zweigstelle des Centre<br />

Pompidou mit einer Gesamtfläche von 10.000<br />

64 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Quadratmetern ist zweifelsohne der Höhepunkt<br />

dieser Entwicklung. Ist es doch das erste Mal,<br />

dass eine derart wichtige kulturelle Einrichtung<br />

in die « Provinz » zieht. Paris wird in Zukunft<br />

also einen Teil seines kulturellen Reichtums mit<br />

der kleinen lothringischen Metropole teilen.<br />

Offiziell heißt es deshalb auch: « Die nationalen<br />

Sammlungen, darunter die 58.000 Werke umfassende<br />

Kollektion des Museums für Moderne<br />

Kunst, sollen besser aufgeteilt werden ». Schließlich<br />

können in Paris nur rund 1.300 Exponate<br />

gleichzeitig gezeigt werden, keine sehr zufriedenstellende<br />

Situation. In Metz werden zudem<br />

eigene Ausstellungen organisiert.<br />

Für die Expansion wird nicht gekleckert,<br />

sondern geklotzt: 60 Millionen Euro sind für<br />

das Gesamtvorhaben eingeplant. 45 Millionen<br />

fließen davon in den neuen Museumsbau. 15<br />

Millionen werden für diverse Baunebenkosten<br />

wie Inneneinrichtung, Honorare, Erschließungsarbeiten<br />

etc. benötigt. Die Metropolenregion<br />

Metz, die 38 Kommunen und 230.000 Einwohner<br />

umfasst, trägt mit 34 Millionen Euro mehr<br />

als die Hälfte der Kosten. Der französische Staat<br />

steuert zwei Millionen, die Europäische Union<br />

vier Millionen, das Departement Moselle und die<br />

Region Lothringen jeweils 10 Millionen Euro<br />

bei. Die Eröffnung ist für 2008 geplant.<br />

Links: die neu erbaute Arena von Metz; kleine Fotos links: temporäres Studio des Projektteams<br />

in Paris; unten: Centre Pompidou Metz – der Baufortschritt läßt sich per Webcam verfolgen.<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 65


Unterwegs in Frankreich Metz<br />

Wilhelminische Prachtbauten wie der Bahnhof<br />

prägten bisher vor allem das Stadtbild.<br />

Wie der große Bruder in Paris wird auch das<br />

Centre Pompidou in Metz mit einer kühnen<br />

Architektur aufwarten. Sie wird sich deutlich<br />

von vielen historischen Bauten vor Ort unterscheiden.<br />

Wilhelm II. wollte die Stadt an der<br />

Mosel mit französischem Lebensgefühl auch<br />

architektonisch « germanisieren ». Noch immer<br />

finden sich viele Spuren wilhelminischer<br />

Architektur im Stadtbild. Das bekannteste<br />

Gebäude dieser Epoche ist vielleicht der monumentale<br />

Bahnhof, den der Architekt Kröger<br />

entwarf. Der Abfahrtsbereich wirkt wie eine<br />

Kirche, der Ankunftsbereich erinnert an einen<br />

Königspalast. Beides symbolisiert die Machtverhältnisse<br />

des Mittelalters.<br />

Die beiden Architekten des neuen Museums<br />

dagegen, Shigeru Ban und Jean de Gastines,<br />

verwirklichen nicht nur ihr viertes gemeinsames<br />

Projekt, sondern schenken Metz auch<br />

eine andere Architektursprache: Glas, Stahl<br />

und Beton sind die verwendeten Baustoffe, aus<br />

denen ein transparentes Gebäude entsteht, das<br />

ein großzügiges Raumempfinden zulässt. Der<br />

Kulturzentrum Arsenal. Rechts: Zahlreiche Plätze<br />

laden in der Innenstadt zum Verweilen ein.<br />

Dachstuhl ist eine Meisterleistung und orientiert<br />

sich an einem chinesischen Hut. Durch<br />

eine Netzstruktur lässt sich eine Tragweite von<br />

bis zu 40 Metern erzielen, so dass nur wenige<br />

Stützen notwendig sind. Das Dach selbst be-<br />

66 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


che<br />

trou<br />

Die protestantische Kirche Temple Neuf an<br />

der Mosel, die durch Metz fließt.<br />

Anreise<br />

Dunkerque<br />

A 25<br />

St. Omer<br />

A 26 / E 15<br />

Arras<br />

Lille<br />

Béthune<br />

Lens<br />

Douai<br />

FRANCE<br />

A 1 / E 15<br />

A 1 / E 17<br />

A 27<br />

Roubaix<br />

A 23<br />

Cambrai<br />

Gent<br />

Schon heute<br />

Liège<br />

sind steigende Immobilienpreise<br />

Namur<br />

BELGIEN<br />

Amiens<br />

wenn die neue TGV-Verbindung von<br />

Auto: Aus Süddeutschland, Österreich St. Quentin Süddeutschland nach Paris eröffnet<br />

und der Schweiz bietet sich eine Anreise<br />

Charlevillewird,<br />

werden sich<br />

Mézières<br />

die Verbindungen<br />

aus östlicher Richtung Montdidier über die A4 und noch weiter verbessern. Der Bahnhof Sedán<br />

Saarbrücken bzw. Straßburg an. Wer aus Laon Lorraine TGV wird dann beispielsweise<br />

West- und eventuell Norddeutschland von Frankfurt a.M. Rethel per Hochgeschwindigkeitszug<br />

kommt, wählt lieber Clermont die Route über Trier<br />

erreichbar sein. Vouziers<br />

Thionville<br />

und Luxemburg. Berlin-Metz ca. 790 km,<br />

Bois de Roucy<br />

Köln-Metz ca. 270 km, Wien-Metz ca.<br />

920 km, Zürich-Metz ca. 400 km.<br />

Metz im Internet<br />

Reims<br />

Verdun<br />

Flugzeug: Metz teilt sich einen Flughafen<br />

Epernay<br />

www.mairie-metz.fr<br />

mit Nancy, allerdings bestehen keine direkten<br />

Flugverbindungen aus Deutsch-<br />

Paris<br />

Chalons-en- FRANCE<br />

Informationen Champagnevor Ort<br />

Bar-le-Duc<br />

land, Österreich oder der Schweiz. Air<br />

France bindet Metz/Nancy über Paris Office du Tourisme<br />

an den internationalen Flugverkehr an. 2, place d’Armes<br />

St. Dizier<br />

Wichtige Flughäfen in der Umgebung 57000 Metz<br />

sind in Luxemburg und Saarbrücken. Telefon: +33 (0)3 87 55 53 76<br />

Chartres<br />

Etampes<br />

Zug: Schon heute ist Metz gut mir<br />

Troyes<br />

dem Zug aus Deutschland und der<br />

Centre Pompidou Metz<br />

Pithiviers<br />

Schweiz zu erreichen. Ab Saarbrücken<br />

Chaumont<br />

Châteaudun verkehren beispielsweise EC- und www.centrepompidou-metz.com<br />

A 10 / E 5<br />

BELGIQUE<br />

RE-Züge. Ab kommendem Sommer,<br />

N 77<br />

A26 / E17<br />

A 5 / E 17 - E 54<br />

steht aus einer weißen, 8.000 Quadratmeter<br />

großen Membran aus Glas- und Teflonfaser.<br />

Doch das Museum ist nur ein Symbol der<br />

Erneuerung neben anderen. Durch die Stadt<br />

ist in den letzten Jahren ein Ruck gegangen.<br />

Im kulturellen Bereich wurde mit dem Arsenal<br />

eine weitere anerkannte Einrichtung geschaffen.<br />

Ein Zentrum der Musik, des Tanzes und<br />

der plastischen Kunst, welches eine Reihe bedeutender<br />

Säle und Institutionen beherbergt,<br />

darunter das lothringische Nationalorchester.<br />

Nahe der Innenstadt wächst auf 27 Hektar zudem<br />

ein neues Stadtquartier mit dem Namen<br />

Amphitheater. Die Dynamik der Stadt zeigt<br />

sich auch in der politischen Öffnung nach<br />

Europa. Gemeinsam mit Luxemburg, Saarbrücken<br />

und Trier wurde das Projekt QuattroPole<br />

gegründet, ein loser grenzüberschreitender Zusammenschluss.<br />

Metz verändert sich merklich. Fuhren die<br />

Einheimischen früher am Freitagabend übers<br />

Wochenende nach Paris, Luxemburg oder<br />

Saarbrücken, strömen viele Besucher und<br />

Neugierige heute umgekehrt nach Metz. Bald<br />

sogar noch schneller: Mit der Eröffnung der<br />

neuen TGV-Strecke von Paris in Richtung<br />

Osten verkürzt sich die Fahrzeit allein aus<br />

der französischen Hauptstadt auf eine Stunde<br />

und 22 Minuten. Vom zentralen Bahnhof<br />

Lorraine-TGV, keine 30 Kilometer von der<br />

Innenstadt entfernt, werden dann auch Direktverbindungen<br />

nach Bordeaux, Nantes, Lille,<br />

aber auch ins benachbarte Ausland angeboten.<br />

Vorboten einer neuen Epoche für die sympathische<br />

Stadt an der Mosel.<br />

A4 / E50<br />

A 31<br />

Metz<br />

Nancy<br />

Epinal<br />

Saarbrücken<br />

A 4<br />

D 955<br />

N 74<br />

Sarrebourg<br />

N 4<br />

Hague<br />

A 4 / E 25<br />

Strasbou<br />

Molsheim<br />

Col<br />

Vendôme<br />

A 10 / E 60<br />

LOIRE<br />

Orleans<br />

D 965<br />

Chablis<br />

Montbard<br />

A 31<br />

Belfort<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 67<br />

Vesoul<br />

A 35 / E 25<br />

Mulho<br />

A 71 / E 9<br />

Blois<br />

N 6<br />

A


Unterwegs in Frankreich Paris 14 e<br />

PARIS 14 E<br />

In der Rue de la Gaîté findet sich heute eine bunte Mischung aus Theatern, Restaurants und Sexshops.<br />

Wer Paris besucht, interessiert sich meist für die touristischen<br />

Highlights der französischen Hauptstadt:<br />

Eiffelturm, Triumphbogen, Louvre, Notre-Dame –<br />

lang ist die Liste der weltberühmten Sehenswürdigkeiten<br />

an der Seine. Doch wie zeigt sich die Metropole<br />

jenseits der klassischen Attraktionen? Was gibt<br />

es in den Arrondissements zu sehen, in denen noch<br />

die Einheimischen und nicht die Touristen die Oberhand<br />

haben? Wir gehen dieser Frage mit einem<br />

Stadtbummel durch das 14. Arrondissement, einem<br />

gewöhnlichen und bürgerlichen Stadtviertel im Süden<br />

der Kapitale, nach.<br />

Zugegeben, Paris ist zu reich an Kulturschätzen<br />

von Weltruhm und legendären<br />

Stadtvierteln, als dass man<br />

ihnen wirklich entfliehen könnte. So hat<br />

auch jedes Arrondissement, das auf den ersten<br />

Blick noch so unspektakulär wirkt und<br />

weit entfernt von den großen Sehenswürdigkeiten<br />

liegt, seine weltbekannten Ecken.<br />

Auch beim 14. Arrondissement mit seinen<br />

fast 135.000 Einwohnern ist dies nicht anders.<br />

So beginnen wir unseren Stadtbummel<br />

auf der Place du 18 Juin 1940, im « Grenzgebiet<br />

» zwischen dem 6., 14. und 15. Arrondissement.<br />

In den 1920er- und 1930er-Jahren<br />

galt die Gegend, die unter dem Namen<br />

Montparnasse berühmt wurde, als angesagtes<br />

Künstlerviertel. Französische Maler<br />

68 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


herrscht buntes Treiben, auch viele junge Leute sind unterwegs.<br />

Nicht ganz ohne Grund, denn Montparnasse ist neben<br />

den Champs-Elysées und dem Viertel um die Garnier-<br />

Oper der wichtigste Kinostandort der Hauptstadt. Große<br />

Multiplexkinos zeigen Kassenschlager aus Hollywood und<br />

aus heimischer Produktion. Durch die gute Verkehrsanbindung<br />

zieht es auch viele Vorstädter hierher. Auf dem Gebiet<br />

des 14. Arrondissements gelten dabei vor allem die Rue de<br />

la Gaîté, die wir von der Place du 18 Juin 1940 über die Rue<br />

d’Odessa erreichen, und ihre Seitenstraßen als Amüsiermeile<br />

des Viertels. So ist der Name – übersetzt etwa « Straße<br />

der Vergnügtheit » – teilweise Programm. Denn neben den<br />

vielen Brasserien, Bars und Sushi-Restaurants trifft man<br />

auch auf einige Sexshops. Allerdings ist man hier weit von<br />

der Atmosphäre eines Rotlichtviertels entfernt, überwiegen<br />

doch die gastronomischen Verlockungen deutlich. Auch<br />

einige Theater wie die Comédie Italienne oder das Théâtre<br />

Montparnasse sind hier angesiedelt.<br />

Am südlichen Ende der Straße stößt man auf die Avenue<br />

du <strong>Mai</strong>ne, eine große Ausfallstraße. Jenseits des Boulevards<br />

wird es schnell ruhiger, Betonbauten dominieren das<br />

Bild. Für Architekturinteressierte lohnt sich vielleicht ein<br />

kleiner Abstecher zur Place de Catalogne. Die Mitte des<br />

Kreisels bildet eine schiefe Ebene, über die Wasser fließt.<br />

Ringsherum erheben sich Bauten von Ricardo Bofill, eine<br />

im postmodernen Stil entworfene Wohnanlage. Giebel und<br />

Säulen verbunden mit standardisierten Fertigbauteilen bilden<br />

ein putziges Ensemble, an dem die Zeichen der Zeit<br />

nicht spurlos vorübergegangen sind. Ein Zeugnis moderner<br />

Stadtplanung einer inzwischen vergangenen Epoche.<br />

Cimetière du Montparnasse:<br />

Friedhof der Berühmtheiten<br />

und US-amerikanische Schriftsteller ließen sich hier nieder,<br />

Picasso und Hemingway frequentierten die Bars der Gegend,<br />

so wie etwa La Coupole am Boulevard du Montparnasse.<br />

Viel ist von dieser Aura aber nicht übrig geblieben.<br />

Längst tost der Verkehr auf den großen Boulevards, haben<br />

die Filialen großer Handelsketten und Fast-Food-Lokale<br />

Einzug gehalten und hat der Sanierungswahn der 1970er-<br />

Jahre, in dessen Folge das ganze Quartier um die Gare<br />

Montparnasse umgestaltet und mit Hochhäusern bebaut<br />

wurde, das Gesicht der Gegend nachhaltig verändert.<br />

Wir wollen unseren Stadtrundgang aber in Richtung<br />

Osten fortsetzen, wo sich der 1824 eingerichtete Cimetière<br />

du Montparnasse erstreckt. Neben dem Cimetière Père<br />

Lachaise und dem Cimetière du Montmatre gehört er zu<br />

den drei legendären Friedhöfen der Stadt. Lang ist die<br />

Der Cimetière du Montparnasse mit dem<br />

Tour Montparnasse im Hintergrund.<br />

Montparnasse und Rue de la Gaîté:<br />

Mekka für Cineasten und Amüsiersüchtige<br />

Heute trifft man in Montparnasse nicht mehr unbedingt<br />

namhafte Künstler an, doch das Viertel hat eine fröhliche<br />

Lebendigkeit bewahrt. Gerade in den Abendstunden<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 69


Unterwegs in Frankreich Paris 14 e<br />

Die Fondation Cartier am Boulevard Raspail wurde vom<br />

französischen Architektenstar Jean Nouvel entworfen.<br />

Die eigentliche Attraktion der Place Denfert-Rochereau<br />

liegt unter der Erde: die Katakomben von Paris.<br />

Liste bekannter Persönlichkeiten, die hier ihre letzte Ruhe<br />

fanden: Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir, Frédéric-<br />

Auguste Bartholdi, Alfred Dreyfus, Serge Gainsbourg,<br />

Charles Garnier, Guy de Maupassant, Samuel Beckett, André<br />

Citroën, um nur einige illustre Namen zu nennen. Auch<br />

ein flügelloser Mühlenturm steht noch auf dem Gelände,<br />

das einst mehrere Mühlen beherbergte. Wandelt man heute<br />

zwischen den mal mehr, mal weniger herrschaftlichen<br />

Grabsteinen umher, erfüllt einen ein recht nachdenkliches<br />

Gefühl. Wie soll man damit umgehen, dass eine Totenruhestätte<br />

zu einer Sehenswürdigkeit mutierte? Darf man hier<br />

von der Schönheit des Ortes sprechen? Während wir noch<br />

unseren Gedanken nachhängen und einen letzten Blick auf<br />

den alles überragenden Tour Montparnasse im Hintergrund<br />

werfen, wenden wir uns dem östlichen Ausgang zu und<br />

erreichen kurz danach unser nächstes Ziel: die Fondation<br />

Cartier.<br />

Er zählt zu den ganz Großen der Welt und ist Aushängeschild<br />

der französischen Architekturszene von heute: Jean<br />

Nouvel. Hier, am viel befahrenen Boulevard Raspail, hat er<br />

einen Bau der Extraklasse geschaffen. Hinter<br />

einer hohen Wand aus Glas verbirgt sich<br />

ein verwunschener Garten, eine Oase<br />

im Großstadtrummel, worin sich<br />

in der Mitte ein Gebäude aus<br />

Stahl und Glas erhebt. Trotz<br />

der Baumasse wirkt alles<br />

leicht und transparent.<br />

Nouvel ist es gelungen,<br />

die Grenzen<br />

zwischen Innen und<br />

Außen verschwimmen<br />

zu lassen. Ein<br />

Meisterwerk moderner<br />

Architektur.<br />

Im Inneren<br />

des Gebäudes<br />

laden Wechselausstellungen<br />

zu einem Besuch ein. Eine gute Gelegenheit,<br />

für einen Moment in die Welt der Kunst abzutauchen<br />

und den Stadtbummel zu unterbrechen.<br />

Von der Fondation Cartier ist es nicht weit bis zur Place<br />

Denfert-Rochereau. Auf der nördlichen Seite des Platzes<br />

thront stolz ein Löwe. Der Verkehr ist chaotisch. Nicht weniger<br />

als sieben große Boulevards treffen hier aufeinander.<br />

Die Platzanlage ist großzügig. Häuser mit Sandsteinfassaden<br />

umschließen drei Seiten des Platzes. Kleine Grünanlagen<br />

wirken recht verloren zwischen den Automassen. Doch<br />

die eigentliche Attraktion der Place Denfert-Rochereau<br />

liegt im Untergrund. Denn durch eines der beiden Häuschen<br />

in der Platzmitte kann man die Katakomben von Paris<br />

betreten. Ein recht schauriges Erlebnis.<br />

Anders als die Katakomben von Rom stammen die Katakomben<br />

hier nicht aus der Antike, sondern aus dem 18.<br />

Ja h rhu nder t .<br />

Fondation Cartier und Denfert-Rochereau:<br />

Kunst und Katakomben<br />

70 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Die teilweise verkehrsberuhigte Rue Daguerre ist für<br />

ihre Feinkostläden und Fromageries bekannt.<br />

Alésia: ein Stück authentisches Paris. Tagsüber wirken die Geschäfte,<br />

abends die Restaurants und Kinos als Anziehungspunkt.<br />

Im ehemaligen Steinbruch von Tombe-Issoire wurden in<br />

den Jahren von 1786 bis 1814 Knochen von den städtischen<br />

Friedhöfen zusammengetragen, fein säuberlich nach Knochenarten<br />

getrennt. So schreitet man heute beispielsweise<br />

durch Gänge voller Schädel oder voller Fingerknochen,<br />

oftmals « kunstvoll » dekoriert. Auch wenn die Katakomben<br />

seit 1972 elektrisch beleuchtet sind, haben sie nichts von<br />

ihrer mysteriösen Seite verloren. Legenden und Schauermärchen<br />

zirkulieren unverändert und locken jedes Jahr<br />

Tausende von Besuchern an.<br />

Rue Daguerre und Alésia:<br />

Authentisches Alltagsleben<br />

Wer sich nach soviel Unterwelt nach etwas mehr Heiterkeit<br />

sehnt, sollte sich in die Rue Daguerre begeben. Die<br />

im östlichen Bereich verkehrsberuhigte Straße ist nicht nur<br />

bei den Bewohnern des 14. Arrondissements für ihre Feinkostläden<br />

und Fromageries bekannt. Auch aus benachbarten<br />

Stadtvierteln kommt man am Samstagmorgen gerne hierher,<br />

um Wochenendeinkäufe zu erledigen. Bistros erlauben<br />

es zudem, den müden Füßen eine kleine Auszeit zu gönnen.<br />

Hier trifft man auf ein authentisches Pariser Leben, das<br />

noch nicht durch Touristen verfälscht wurde.<br />

Gleiches gilt für die Avenue du Général Leclerc in<br />

Richtung Süden bis zur Metrostation Alésia. Es ist eine<br />

typische Einkaufsstraße mit Schuhläden und Modeketten,<br />

Schnellrestaurants und Banken. Eine<br />

Straße, wie man sie in vielen Arrondissements<br />

findet, nichts Spektakuläres und dennoch<br />

ein Stück alltägliches Paris. Auf der Place<br />

Victor et Hélène Basch, die die meisten<br />

Pariser nur unter dem Namen Alésia<br />

kennen, sorgen ein paar Palmen für<br />

südliches Flair im Süden von Paris.<br />

Hier kreuzt die enge, aber lebhafte<br />

Rue d’Alésia die Avenue du<br />

Général Leclerc. In westlicher<br />

Richtung gilt sie als Geheimtipp<br />

unter den einheimischen<br />

Shopping-Experten, reihen<br />

sich doch einige Outletshops,<br />

in denen man preisgünstig Markenmode erwerben kann,<br />

aneinander.<br />

Für alle Architekturliebhaber lohnt sich außerdem ein<br />

weiterer Abstecher. Kurz bevor die Rue d’Alésia an die<br />

Grenze zum 15. Arrondissement führt, geht nach Süden die<br />

Rue des Suisses ab. Passend zum Namen der Straße, wenngleich<br />

auch nur zufällig, haben hier die beiden berühmten<br />

Architekten Herzog und de Meuron aus Basel, die unter<br />

anderem die Allianz-Arena in München, die zukünftige<br />

Elbphilharmonie in Hamburg oder das Olympiastadium<br />

von Peking entworfen haben, einen ihrer wenigen Bauten<br />

auf französischem Boden errichtet: eine Wohnhausanlage<br />

mit einer Fassade aus Kupfer. Zur Straße hin wirkt der Bau<br />

allerdings recht abweisend.<br />

Wir wollen die Rue d’Alésia jedoch in östlicher Richtung<br />

weitergehen und an der nächsten Kreuzung nach<br />

rechts in die Rue de la Tombe Issoire, eine unscheinbare<br />

Wohnstraße, abbiegen. In Höhe der Hausnummer 128<br />

erhebt sich auf der linken Seite eine hohe Steinmauer.<br />

Was von außen wie eine große Lagerhalle aussieht, ist in<br />

Wirklichkeit ein immenses Trinkwasserreservoir für die<br />

Hauptstädter. Hübsch sehen die beiden Glashäuschen aus,<br />

die man von der Avenue Reille aus sieht. Eine Besonderheit<br />

des Reservoirs de Montsouris ist aber den Bewohnern der<br />

anliegenden Häusern vorbehalten, aber auch nur denjenigen<br />

der oberen Etagen: Das Dach der Anlage ist mit einer riesigen<br />

Rasenfläche begrünt.<br />

Square de Montsouris und Parc Montsouris:<br />

Wo die Metropole zur Provinz wird<br />

Auch wir gehen die Avenue Reille entlang und treffen<br />

schon bald auf der rechten Straßenseite auf ein auffallend<br />

weißes Gebäude. Es ist eine der « weißen Villen », die Le<br />

Corbusier in Paris gebaut hat. Hier zweigt auch die kleine<br />

Gasse mit dem Namen Square de Montsouris ab. Man mag<br />

seinen eigenen Augen kaum trauen: War man eben noch<br />

inmitten des Trubels einer Zehn-Millionen-Metropole, so<br />

fühlt man sich schlagartig in die Provinz versetzt. Rechts<br />

und links säumen kleine Einfamilienhäuser die kopfsteingepflasterte,<br />

enge Straße. Vogelgezwitscher liegt in der Luft.<br />

Ein wahrhaftiges Kleinod. Es gibt nicht mehr viele derart<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 71


Unterwegs in Frankreich Paris 14 e<br />

romantische Gassen in der französischen Hauptstadt.<br />

Am Ende der Gasse gelangen wir schließlich zum Parc<br />

Montsouris, die grüne Lunge des 14. Arrondissements ist<br />

ein beliebter Zufluchtsort für Sonnenanbeter, Eltern mit<br />

Kleinkindern und stressgeplagte Großstadtbewohner. Die<br />

hügelige Landschaft und zahlreichen Wiesen machen den<br />

Park ganz besonders attraktiv. Im nordöstlichen Bereich befindet<br />

sich sogar ein kleiner See, an dessen Ufern zahlreiche<br />

Pariser auf Bänken die ersten Sonnenstrahlen im Frühling<br />

genießen oder Kinder im Winter die Enten füttern. Auch<br />

die Tatsache, dass der Park von der RER-Linie B durchschnitten<br />

wird, tut der grünen Idylle keinen Abbruch. Gekonnt<br />

verschwinden die Schienen in einer Trogstrecke.<br />

Cité internationale universitaire:<br />

Treffpunkt der Nationen<br />

Bevor wir unseren Stadtbummel beenden, verlassen wir<br />

den Parc Montsouris in Richtung Süden und überqueren<br />

den Boulevard Jourdan mit seiner nagelneuen Straßenbahn.<br />

Parallel zum Stadtautobahnring, dem Boulevard Périférique,<br />

erstreckt sich die Cité internationale universitaire de<br />

Paris. Auf einem parkähnlichen Gelände verteilen sich 39<br />

Gebäude, die nach verschiedenen Nationen benannt sind,<br />

und die für 5.600 Studenten und wissenschaftliche Mitarbeiter<br />

der Pariser Universitäten ein kostengünstiges Zuhause<br />

bilden.<br />

Die Geschichte der Cité U, wie die Pariser sie nennen,<br />

beginnt im Jahre 1920, als ein bedeutender französischer<br />

Industrieller, Emile Deutsch de la Meurthe, sich sozial<br />

engagieren wollte und den Rektor der Pariser Universität<br />

diesbezüglich kontaktierte. Der Rektor erzählte ihm von<br />

den Problemen der Studenten, bezahlbare Unterkünfte zu<br />

finden. Die Idee einer Studentenstadt war geboren. Die erste<br />

Bauwelle dauerte bis 1937, eine zweite begann nach dem<br />

Zweiten Weltkrieg und endete 1969. Auch ein deutsches<br />

Haus befindet sich auf dem Gelände, das Heinrich-Heine-<br />

Haus. Gebaut wurde es 1956 und dient seitdem deutschen<br />

Studenten und Forschern als temporäres Heim. Doch das<br />

Heinrich-Heine-Haus ist mehr als nur ein Studentenwohnheim.<br />

Eine Bibliothek und zahlreiche kulturelle Veranstaltungen<br />

liefern einen lebendigen Beitrag zur deutsch-französischen<br />

Verständigung.<br />

Der Tag geht langsam zu Ende, als wir zwischen den<br />

einzelnen Wohnheimen der Cité internationale universitaire<br />

umherschlendern. Auf der großen Wiese hinter dem<br />

Zentralgebäude spielen Studenten aus aller Herren Länder<br />

gemeinsam Fußball. Jogger aus der Umgebung wissen die<br />

Grünanlagen ebenfalls zu schätzen. Unsere Füße tun uns<br />

vom vielen Laufen weh. Aber hinter uns liegt ein Tag neuer<br />

Gewissheit. Der Gewissheit, dass man in Paris auch jenseits<br />

der klassischen Sehenswürdigkeiten auf viel Sehenswertes<br />

stoßen kann. Selbst in einem so gewöhnlichen Arrondissement<br />

wie dem 14.<br />

Die malerische Gasse Square de Montsouris mit ihrem<br />

fast ländlichen Charme begrüßt ihre Besucher gleich zu<br />

Anfang mit einer der berühmten Villen von Le Corbusier.<br />

72 · Frankreich erleben · · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Der Parc Montsouris ist eine grüne Oase mitten in der Stadt. Sehr international geht es hingegen in der<br />

Cité internationale universitaire zu: Viele Nationen haben dort Studentenwohnheime eingerichtet.<br />

Für den Stadtrundgang sollte man<br />

einen ganzen Tag einplanen und<br />

über eine gute Kondition verfügen. Ansonsten<br />

bietet es sich an, Teilabschnitte<br />

mit dem Bus oder der Métro<br />

zurückzulegen. Es ist unter Umständen<br />

ratsam, Schwerpunkte zu setzen.<br />

Parc Montsouris<br />

Öffnungszeiten: 8.00 Uhr (am Wochenende<br />

9.00 Uhr) bis 17.30 Uhr bzw. 21.30<br />

Uhr (je nach Jahreszeit)<br />

Cité internationale<br />

universitaire de Paris<br />

www.ciup.fr<br />

Heinrich-Heine-Haus<br />

www.maison-heinrich-heine.org<br />

14. Arrondissement<br />

im Internet<br />

www.mairie14.paris.fr<br />

La Coupole<br />

102, boulevard du Montparnasse<br />

75014 Paris<br />

Telefon: +33 (0)1 43 20 14 20<br />

Comédie Italienne<br />

17, rue de la Gaîté<br />

75014 Paris<br />

www.comedie-italienne.fr<br />

Place du 18 Juin 1940<br />

La Coupole<br />

Rue de la Gaîté Comédie italienne<br />

Théâtre Montparnasse<br />

Cimetière du Montparnasse<br />

Place de Catalogne<br />

Fondation Cartier<br />

Place Denfert-Rochereau<br />

Rue Daguerre<br />

Théâtre Montparnasse<br />

31, rue de la Gaîté<br />

75014 Paris<br />

www.theatremontparnasse.com<br />

Rue des Suisses<br />

Rue d'Alésia<br />

Alésia<br />

Avenue du Général Leclerc<br />

Cimetière du Montparnasse<br />

www.paris.fr<br />

> Parcs & Jardins > Cimetières parisiens<br />

> Cimetières intra-muros<br />

Réservoir de Montsouris<br />

Fondation Cartier<br />

261, boulevard Raspail<br />

75014 Paris<br />

www.fondation.cartier.fr<br />

Les Catacombes de Paris<br />

Eingang: Denfert-Rochereau<br />

Öffnungszeiten: Di – So 10.00 – 17.00 Uhr<br />

Square de Montsouris<br />

Parc Montsouris<br />

Cité universitaire<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 73


Unterwegs in Frankreich Hotel<br />

Ein modernes Hotel<br />

voller Überraschungen im Elsass<br />

Das erste, was bei der Ankunft<br />

auffällt, ist die Ruhe. Das Hotel<br />

befindet sich im Nordwesten<br />

von Mulhouse im kleinen Dorf<br />

Guebwiller, oder genauer gesagt, am<br />

Ortseingang. Hier ist alles überschaubar.<br />

Le Domaine du Lac ist nicht einer<br />

dieser Hotelkomplexe mit großem Park<br />

und hohen Mauern, sondern eine Anlage<br />

bescheidener Größe, welche sich<br />

gut in die Umgebung einpasst. Wirkt<br />

das Hotel von außen recht bieder und<br />

unscheinbar, merkt man aber schon<br />

beim Betreten der Lobby, dass der äußere<br />

Schein trügt. Le Domaine du Lac<br />

ist ein durch und durch modern gestaltetes<br />

Haus, das erst vor kurzem komplett<br />

renoviert wurde. Große Fenster<br />

öffnen sich zum See hin. Alles ist sehr<br />

hell und lichtdurchflutet.<br />

Im Gegensatz zu gewöhnlichen<br />

Design-Hotels wurde bei der Innengestaltung<br />

aber bewusst auf Extravaganzen<br />

verzichtet. Alles wirkt durchdacht<br />

und praktisch. Eine gewisse<br />

Bodenständigkeit ist auch nach der<br />

Renovierung und trotz der Vorliebe für<br />

modernes Design geblieben. Man will<br />

nicht um jeden Preis auffallen, sondern<br />

den Aufenthalt möglichst angenehm<br />

gestalten. Wenn man zu den Zimmern<br />

hochgeht, ist man ebenfalls positiv überrascht.<br />

Warme Farbtöne sorgen für eine<br />

große Behaglichkeit. Einige Zimmer<br />

bieten sogar einen Balkon mit Seeblick.<br />

Flachbildschirme, WLAN sowie moderne<br />

Badezimmer gehören zum Ausstattungsstandard.<br />

Im Elsass gibt es noch nicht viele<br />

Hotels mit modernem Design. Die<br />

meisten davon findet man vor allem in<br />

den großen Städten wie Straßburg. Die<br />

Entscheidung, ein solches Haus in Guebwiller<br />

zu eröffnen, kann also als durchaus<br />

mutig eingestuft werden. Doch nach nur<br />

einem Jahr scheint die Rechnung bereits<br />

aufgegangen zu sein. Das junge Team<br />

hinter dem Hotel ist motiviert und zuversichtlich.<br />

Der Direktor Alain Spinner, 35<br />

Jahre alt, sammelte zuvor Erfahrungen in<br />

diversen Restaurants, darunter im 3-Sterne-Restaurant<br />

Crayères Boyer in Reims<br />

sowie im Restaurant des Museums der<br />

Modernen Kunst in Straßburg. Der Küchenchef<br />

Pierre Irion, 28 Jahre alt, arbeitete<br />

bereits in zwei 3-Sterne-Restaurants.<br />

Der Sommelier Jérôme Davy, 44 Jahre<br />

alt, kann große Hotels wie das Sheraton<br />

Skyline in London oder das Flambard in<br />

Lille in seinem Lebenslauf verbuchen.<br />

74 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Gent<br />

Dunkerque<br />

St. Omer<br />

A 26 / E 15<br />

A 25<br />

Arras<br />

Lille<br />

Béthune<br />

Lens<br />

Douai<br />

FRANCE<br />

BELGIQUE<br />

A 1 / E 17<br />

A 27<br />

Roubaix<br />

A 23<br />

Cambrai<br />

Namur<br />

Liège<br />

BELGIEN<br />

A 1 / E 15<br />

Amiens<br />

Montdidier<br />

St. Quentin<br />

Laon<br />

Charleville-<br />

Mézières<br />

Sedán<br />

ampes<br />

Clermont<br />

Pithiviers<br />

leans<br />

n<br />

Bourges<br />

Paris<br />

Reims<br />

Rethel<br />

A26 / E17<br />

Es ist deshalb auch nicht erstaunlich,<br />

dass die Speisekarte des Hotel-<br />

Epernay<br />

restaurants innovativ daherkommt.<br />

Chalons-en-<br />

Viel Wert wird darauf Champagne gelegt, dass<br />

die einzelnen Bestandteile eines<br />

Gerichts ihren Geschmack bewahren.<br />

Zur Auswahl gehört ein Menu<br />

du marché zu attraktiven Preisen: 17<br />

Euro für zwei, 20 Euro für drei Gänge.<br />

Überhaupt liegt eine Troyes der größten<br />

Überraschungen des Hotels in der<br />

Preisgestaltung. Offiziell besitzt Le<br />

Domaine du Lac zwei Sterne, obwohl<br />

es ob seines Standards leicht drei<br />

Sterne tragen könnte. Hinter der Bescheidenheit<br />

steckt aber eine Chablis bewusste<br />

Strategie: Man möchte dem Gast ein<br />

ganz besonderes Preis-Leistungs-Verhältnis<br />

bieten. Eine Wahl, die erfolgversprechend<br />

zu sein scheint.<br />

Avallon<br />

N 6<br />

N 77<br />

D 965<br />

Vouziers<br />

Bois de Roucy<br />

FRANCE<br />

244, rue de la République<br />

Châteu-<br />

68500<br />

Bar-le-Duc<br />

Guebwiller Commercy Salins<br />

Telefon: +33 (0)3 89 76 15 00 Nancy<br />

Fax: +33 (0)3 89 74 14 63 Toul<br />

St. Dizier<br />

Lunéville<br />

E-<strong>Mai</strong>l: contact@<br />

domainedulac-alsace.com<br />

Montbard<br />

36 Zimmer, WLAN<br />

A 6<br />

Verdun<br />

Le Domaine du Lac<br />

Internet<br />

www.domainedulac-alsace.com Epinal<br />

Chaumont<br />

Zimmerpreise<br />

DZ ab 48 ,, DZ mit Seeblick ab 63 ,<br />

A 5 / E 17 - E 54<br />

Dijon<br />

A 38<br />

A4 / E50<br />

Hotelausstattung<br />

A 31<br />

Thionville<br />

Neufchâteau<br />

A 36<br />

Dole<br />

Arc-et-Senans<br />

Metz<br />

A 31<br />

Vesoul<br />

Besancon<br />

Saarbrücken<br />

A 4<br />

D 955<br />

N 74<br />

Sarrebourg<br />

N 4<br />

St.Die<br />

Belfort<br />

Molsheim<br />

Guebwiller<br />

5<br />

Mulhouse<br />

A 36 / E 60<br />

A 4 / E 25<br />

Colmar<br />

A 35 / E 25<br />

Haguenau<br />

Strasbourg<br />

Bern<br />

Basel<br />

Wissembourg<br />

Karlsruhe<br />

Freiburg<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 75<br />

Neuchâtel<br />

Baden-Bade


Arte-Programm<br />

programmempfehlungen<br />

Samstag, 5. <strong>Mai</strong> <strong>2007</strong>, 20.45 Uhr<br />

Trafalgar<br />

Fiktionale Dokumentation, Frankreich 2006, 52 min<br />

Die Seeschlacht von Trafalgar: für die Engländer<br />

der Triumph über die Weltmeere, für die<br />

Franzosen eine große Niederlage. Die fiktionale<br />

Dokumentation stellt die Seeschlacht von Trafalgar,<br />

die den Engländern die Vorherrschaft<br />

auf See sicherte, aus der Sicht des französischen<br />

Admirals Villeneuve dar. Kommentiert wird<br />

der erbitterte Kampf der Erzfeinde von Historikern<br />

und Seefahrtspezialisten vor der Kulisse<br />

beeindruckender Spezialeffekte.<br />

Mittwoch, 9. <strong>Mai</strong> <strong>2007</strong>, 20.15 Uhr<br />

Manon<br />

Oper, Deutschland <strong>2007</strong>,<br />

Musikalische Leitung: Daniel<br />

Barenboim;<br />

Inszenierung:<br />

Vincent Peterson; Komponist:<br />

Jules Massenet; Libretto:<br />

Henri Meilhac, Philippe Gille<br />

Das Traumpaar der Oper ist wieder da: Anna Netrebko<br />

in der Rolle der luxussüchtigen Kindfrau Manon und<br />

Rolando Villazón als Chevalier des Grieux machen die<br />

Aufführung der « Manon » an der Berliner Staatsoper zu<br />

einem Ereignis. In Szene gesetzt werden sie dabei von dem<br />

Choreografen und Regisseur Vincent Paterson. ARTE<br />

überträgt die Oper live aus Berlin. Durch den Abend führt<br />

Annette Gerlach.<br />

Montag – Freitag,<br />

ab 14. <strong>Mai</strong> <strong>2007</strong>, 20.15 Uhr<br />

Die Schule der Ärzte<br />

Doku-Reihe, Frankreich <strong>2007</strong>,<br />

10x 26 min<br />

Die zehnteilige Doku-Soap begleitet Medizinstudenten<br />

und Assistenzärzte auf ihrem nicht immer leichten Weg<br />

zum Arztberuf. Ob die jungen Mediziner ihre erste Patientenbefragung<br />

durchführen, zur Übung eine Leiche<br />

sezieren oder zum ersten Mal im OP assistieren – die Kamera<br />

ist immer dabei. Aus der Perspektive der zukünftigen<br />

Ärzte fängt sie die Situationen und Stimmungen in der<br />

Uniklinik ein.<br />

Sonntag, 6. <strong>Mai</strong> <strong>2007</strong>, 20.45 Uhr<br />

La Côte – Ein Traum vom Süden<br />

Themenabend<br />

Einst war die Côte d‘Azur Paradies und<br />

Inspiration für Maler und Dichter sowie<br />

Winterresidenz für die wenigen, die sich<br />

das Reisen leisten konnten. Heute prägt<br />

der Massentourismus, aber auch verschwenderischer<br />

Luxus die Region. Der<br />

Themenabend begibt sich auf eine Reise<br />

an die französische Mittelmeerküste.<br />

Dort begegnet er der großen Geschichte<br />

des Landstrichs, aber auch der immer<br />

noch faszinierenden Gegenwart.<br />

Dienstag, 22. <strong>Mai</strong> <strong>2007</strong>, 20.45 Uhr<br />

Glanz und Glamour<br />

an der Côte d’Azur<br />

Themenabend<br />

Anlässlich der 60. Filmfestspiele<br />

in Cannes unternimmt<br />

ARTE eine Reise<br />

zur legendären französischen<br />

Riveria auf den<br />

Spuren großer Filmstars. Ein Abend mit Brigitte Bardot,<br />

Catherine Deneuve, Sophie Marceau, aber auch mit Grace<br />

Kelly, Sophia Loren, Liz Taylor, Marlon Brando und John<br />

Wayne – sie alle haben sich auf der Croisette feiern und<br />

ablichten lassen. Der Dokumentarfilm « French Beauty<br />

» geht dem Geheimnis der berühmten französischen<br />

Schauspielerinnen auf den Grund. « Grace-Filmstar und<br />

Fürstin » erzählt die Geschichte der Hochzeit des Jahrhunderts<br />

von Grace Kelly und Fürst Rainier von Monaco. In<br />

den 1950er-Jahren war die Côte d’Azur Schauplatz eines<br />

gesellschaftlichen und kulturellen Spektakels von nie<br />

gesehener Grandezza. Davon erzählt zum Abschluss des<br />

Abends « Riviera Cocktail ».<br />

76 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>



Art de Vivre Chanson<br />

Neue französische Welle<br />

Was verbirgt sich hinter dem Begriff nouvelle scène?<br />

Dem französischen Chanson<br />

geht es gut – es fasziniert sein<br />

Publikum nach wie vor. So<br />

wurde die diesjährige Berlinale mit « La<br />

vie en rose », Olivier Dahans Filmbiographie<br />

der legendären Edith Piaf, eröffnet.<br />

Seine Hauptdarstellerin, Marion<br />

Cotillard, galt für ihre Verkörperung<br />

des « Spatzes von Paris » während des<br />

Festivals sogar als heiße Anwärterin auf<br />

den Darstellerinnenpreis – musste sich<br />

schließlich jedoch Nina Hoss geschlagen<br />

geben. Aber nicht nur die unsterblichen<br />

Sängerlegenden von gestern<br />

halten die Faszination am Leben. Zahlreiche<br />

junge französische Musikerinnen<br />

und Musiker haben die mittlerweile<br />

fast klassische Gattung des französischen<br />

Chansons für sich (wieder-)<br />

entdeckt und ihr neues Leben eingehaucht.<br />

In Frankreich spricht man von<br />

ihnen als den Vertretern der nouvelle<br />

scène. Um allerdings zu verstehen, was<br />

sich genau hinter diesem Schlagwort<br />

verbirgt, sollte man sich zunächst mit<br />

dem Begriff des Chansons beschäftigen.<br />

Leider ist es nicht ganz einfach zu<br />

erklären, was ein Lied zum Chanson<br />

macht. Die Vokabel chanson an sich<br />

(auf Deutsch schlicht « Lied ») hilft<br />

wenig weiter – schließlich bezeichnet<br />

der Begriff (deutsch wie französisch)<br />

unterschiedslos eine enorme Bandbreite<br />

musikalischer Äußerungen.<br />

Kinderlieder, Marsch- und Wanderlieder,<br />

Protest- und Volkslieder,<br />

Schlager, Pop- und Rocksongs – so<br />

ziemlich alles Gesungene lässt sich als<br />

Lied beschreiben, mit Ausnahme der<br />

Opernarie vielleicht. So fallen theoretisch<br />

auch die zahlreichen Titel der<br />

sogenannten variété française unter den<br />

Begriff Chanson. Allerdings bilden<br />

die gesammelten Werke von Sheila<br />

oder France Gall (den Hauptvertreterinnen<br />

der sogenannten yéyé-Welle in<br />

den 1960ern) oder die Hits von Claude<br />

François, Dalida, Mireille Mathieu<br />

und Sylvie Vartan (um nur einige der<br />

populärsten Sängerinnen und Sänger<br />

der 1970er zu nennen) ein Subgenre,<br />

das man in Deutschland eher als<br />

Schlager bezeichnen würde.<br />

Diese Lieder gelten in Frankreich<br />

hingegen ebenso als chansons wie die<br />

chansons à texte, also die engagierten,<br />

intellektuellen Lieder des Pariser Rive<br />

Gauche, deren Interpretation Juliette<br />

Gréco zur Muse der Existentialisten<br />

machte und die von so unterschiedlichen<br />

künstlerischen Charakteren wie<br />

Boris Vian, Jaques Brel, Georges Brassens,<br />

Barbara oder Serge Gainsbourg<br />

geschaffen wurden. Es mag für unsere<br />

französischen Nachbarn sprechen, dass<br />

Bureau de l’export de la musique française<br />

Interview mit Patrice Hourbette, Leiter der Berliner Niederlassung<br />

Herr Hourbette, was ist die Aufgabe des Bureau de l’export<br />

de la musique française (BM)?<br />

Das Berliner Büro des BM gibt es jetzt seit elf Jahren.<br />

Unsere Aufgabe ist es, mit allen uns möglichen Mitteln<br />

die französische Musik bekannt zu machen. Das Berliner<br />

Büro betreut dabei ein großes Gebiet. Neben den deutschsprachigen<br />

Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz)<br />

sind wir auch für die Niederlande und die Benelux-Länder<br />

zuständig. Darüber hinaus sind wir in Tschechien und Ungarn<br />

sehr aktiv.<br />

Im Kern ist unsere Aufgabe in all diesen Ländern ein<br />

vielfältiger Vermittlerjob. Das heißt, wir vermitteln französische<br />

Künstler an Festivals und Agenturen, wir vermitteln<br />

zwischen französischen und deutschen Labels, unterstützen<br />

den Vertrieb französischer Plattenfirmen und vieles mehr.<br />

Dem Publikum sind wir vielleicht weniger bekannt, wir<br />

arbeiten aber erfolgreich mit den Profis des Musikgeschäfts<br />

zusammen. Dabei beraten wir sowohl französische Plattenfirmen<br />

und Künstler im Hinblick auf den deutschen Markt,<br />

als auch deutsche Plattenfirmen und Konzertveranstalter,<br />

die Interesse an französischen Künstlern haben.<br />

Wie finanziert sich das Büro?<br />

Wir werden zu 50 Prozent von der französischen Botschaft<br />

und zu 50 Prozent von den Plattenfirmen finanziert.<br />

Die Mischung aus einer halb öffentlichen und halb privaten<br />

Finanzierung halte ich für eine gute Kombination, da uns<br />

die Plattenfirmen so praktisch als ihr eigenes Büro betrachten<br />

und gerne und gut mit uns zusammenarbeiten.<br />

Die Zahlen sprechen dabei für sich: Im letzten Jahr<br />

wurden in Deutschland über vier Millionen CDs französischsprachiger<br />

Künstler verkauft. Das entspricht einer Steigerung<br />

von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr, während<br />

gleichzeitig der Markt um 10 Prozent zurückgegangen ist.<br />

78 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Außerdem fanden 2006 allein in Deutschland über 1.500<br />

Konzerte statt. In Berlin treten pro Monat mindestens zehn<br />

französische Künstler auf. Die Zahlen stimmen also.<br />

Wo sehen Sie, angesichts dieser Erfolge, die Probleme und<br />

Herausforderungen der Zukunft?<br />

Unser Problem ist nicht so sehr das Publikum. Mittlerweile<br />

gilt Frankreich in Deutschland nicht mehr als das<br />

Land von Baguette und Akkordeonmusik, sondern die<br />

Menschen wissen, dass französische Musiker in allen<br />

Musikbereichen Gutes und Interessantes zu bieten haben.<br />

In Deutschland ist man sehr interessiert an dieser Musik<br />

– wenn man sie denn zu hören bekommt. Leider ist aber<br />

die Präsenz von französischer Musik in Radio und Fernsehen<br />

nach wie vor gering. Was ich mir wünschen würde,<br />

wäre mehr Air-Play, aber die Sender sind so formatiert,<br />

dass man französische Musik dort nur schwer unterbringen<br />

kann.<br />

Welche Termine müssen sich Fans französischer Musik in<br />

diesem Jahr vormerken?<br />

Wichtigster Termin ist auch für uns natürlich die Popkomm<br />

im September in Berlin, bei der wir mit zehn bis<br />

zwanzig Bands vertreten sein werden. Außerdem veranstalten<br />

wir vom 3. bis 7. Oktober das Jazzfestival « Jazzdor Berlin<br />

», sozusagen als Ableger des bekannten gleichnamigen<br />

Straßburger Jazzfestivals.<br />

Inwieweit hatte das Aufkommen der nouvelle scène in Frankreich<br />

Auswirkungen auf das Interesse an französischsprachiger<br />

Musik im Ausland?<br />

Die nouvelle scène ist trendy. Künstler wie Benjamin Biolay,<br />

Coralie Clement und andere haben das Chanson regeneriert<br />

und sind damit populär und erfolgreich. Die Journalisten interessieren<br />

sich für das Phänomen; zum Beispiel hat das ZDF<br />

eine zweistündige Sendung über die nouvelle scène gebracht.<br />

Dieses Interesse hilft uns natürlich. Die erfolgreichsten französischen<br />

Künstler in Deutschland sind – neben Bob Sinclair<br />

im elektronischen Bereich – Vertreterinnen der nouvelle scène:<br />

Carla Bruni und Charlotte Gainsbourg.<br />

Herr Hourbette, wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 79


Art de Vivre Chanson<br />

sie die typisch deutsche Unterscheidung<br />

zwischen U- und E-Musik – zumindest<br />

begrifflich – nicht vornehmen.<br />

Hilfreich ist sie aber schon, wenn man<br />

versucht, den Begriff Chanson näher<br />

zu bestimmen. Bezeichnen wir also<br />

der Einfachheit halber nur die etwas<br />

anspruchsvolleren chanson à texte als<br />

Chansons im Wortsinne.<br />

Kurt Tucholsky bezeichnete diese<br />

typisch französische Liedform einmal<br />

als ein « Welttheater in drei Minuten »<br />

und traf damit – einmal mehr – den<br />

Nagel auf den Kopf: Ein Chanson erzählt<br />

in kürzester Zeit eine Geschichte,<br />

ist gesungene Lyrik. Es bietet<br />

eine Bühne für Alltagsbegebenheiten<br />

und die große Liebe, für satirischen<br />

Spott und tiefe Gefühle, Privates und<br />

Politisches. Seine bildreiche, poetische<br />

Sprache und seine einfachen,<br />

eingängigen Melodien machen es zu<br />

einer populären Gattung. Musikalisch<br />

vielen Einflüssen und Stilrichtungen<br />

gegenüber offen, definiert sich das<br />

Chanson allerdings weniger über seine<br />

Musik als über die Bedeutung, die es<br />

dem Text und seiner möglichen Interpretationen<br />

beilegt. Während man also<br />

die Frage stellen könnte, ob der Chansontext<br />

eine eigenständige literarische<br />

Gattung ausmacht, lässt sich gleiches<br />

über dessen musikalische Form nicht<br />

sagen.<br />

Das Chanson verlangt nach einer<br />

theatralischen Ausdruckskraft, die<br />

ebenso Gesang wie Schauspiel ist.<br />

Edith Piaf ist für die Franzosen dabei<br />

nach wie vor die Referenzgröße, an der<br />

sich jede Sängerin und jeder Sänger<br />

messen lassen muss. So kommen auch<br />

die Kandidaten von « Nouvelle Star »<br />

und « Star Academy », den Castingshows<br />

des französischen Fernsehens,<br />

selbstverständlich nicht umhin, immer<br />

mal wieder mit ihrer Interpretation von<br />

« La vie en rose », « Hymne à l’amour »<br />

oder « Je ne regrette rien » um die Publikumsgunst<br />

zu buhlen. Die Vertreter<br />

der nouvelle scène versuchen hingegen<br />

nicht, die großen Vorbilder schlicht<br />

zu kopieren. Ihre Lieder sind genauso<br />

sehr Hommage an die Tradition des<br />

französischen Chansons wie dessen<br />

Neuinterpretation.<br />

Soviel zur grauen Theorie. Doch<br />

wer verbirgt sich konkret hinter der<br />

nouvelle scène? Zuvor jedoch eine Einschränkung:<br />

Wie immer bei Kategorisierungsversuchen<br />

sind auch hier die<br />

Grenzen verschwommen. Kein Musiker<br />

lässt sich gerne in eine Schublade<br />

stecken, und was der eine zur nouvelle<br />

scène zählt, rechnet die andere vielleicht<br />

eher zur Pop- oder Rockmusik.<br />

Sei’s drum: 2001 veröffentlichte Coralie<br />

Clément ihr Debütalbum « Salle de<br />

pas perdu », mit dem sie die Tradition<br />

von Chansonlegenden wie Jane Birkin<br />

und Françoise Hardy fortschreibt.<br />

Eine Tradition, die sie mit moderner<br />

Loungemusik und brasilianischem<br />

bossa nova gekonnt zu einem eigenen<br />

Stil verbindet. Die meisten ihrer Titel<br />

hat ihr Bruder für sie geschrieben<br />

– selbst einer der wichtigsten Vertreter<br />

der nouvelle scène, Benjamin Biolay. Er<br />

veröffentlichte im gleichen Jahr sein<br />

Solodebüt, das Konzeptalbum « Rose<br />

Kennedy », das in 14 jazzbeeinflussten,<br />

melancholischen Tracks die erfundene<br />

Geschichte eines bislang unbekannten<br />

Mitglieds des Kennedyclans erzählt.<br />

Biolays Folgealbum « Négatif », auf<br />

dem er seinem Klang Einflüsse des<br />

Folk beimischt, etablierte ihn endgültig<br />

als vielseitigen und kreativen Musiker,<br />

von dem sich auch anerkannte Größen<br />

mittlerweile gerne Titel schreiben lassen.<br />

So kam es 2003 mit dem Album<br />

« Aimez-vous les uns les autres ou bien<br />

disparaissez… » zu einer spannenden<br />

Begegnung zwischen alter und neuer<br />

Chansonszene. Auf diesem Album<br />

interpretiert Juliette Gréco nicht nur<br />

Lieder, die Biolay für sie komponiert<br />

hat, sondern ebenso Chansons von<br />

dessen Vorbild Serge Gainsbourg. Ein<br />

Jahr später veröffentlichte Biolay unter<br />

dem Titel « Home » eine CD mit Duetten,<br />

interpretiert von ihm und seiner<br />

Frau, der Schauspielerin und Deneuve-<br />

Tochter Chiara Mastroianni.<br />

2002 überraschte das ehemalige<br />

Topmodel Carla Bruni die Musikwelt<br />

mit ihrem Debütalbum « Quelqu’un<br />

m’a dit », das europaweit erfolgreich<br />

war und auch in Deutschland schnell in<br />

die Top 20 der Albumcharts aufstieg.<br />

Musikkritiker hören in ihren Chansons,<br />

die sie mit sinnlich-verhaltener<br />

Stimme singt, die Vorbilder Georges<br />

Brassens und Joni Mitchell. Mindestens<br />

ebenso erfolgreich ist zurzeit der<br />

Sänger Raphael, der bei den Victoires de<br />

la musique 2006 gleich dreimal ausgezeichnet<br />

wurde – als bester männlicher<br />

Sänger, für das beste Album und das<br />

beste Chanson. Dabei handelt es sich<br />

um den Titelsong seines im Jahr zuvor<br />

veröffentlichten Albums « Caravane ».<br />

Weitere Namen lassen sich nennen:<br />

Vincent Delerm, der mit satirischironischen<br />

musikalischen Alltagsgeschichten<br />

Erfolg hat. Auf seinem<br />

bescheiden nach ihm selbst benannten<br />

Album von 2002 erzählt er unter anderem<br />

von seiner Abneigung gegen<br />

lange Shakespearemonologe und<br />

seiner Verehrung für Fanny Ardant.<br />

Oder Aldebert, der 2004 sein drittes<br />

Chansonalbum, « L’annee du singe »,<br />

veröffentlichte, auf dem er mit « Carpe<br />

Diem » der Neuen in seiner Klasse<br />

nachträglich ein musikalisches Denkmal<br />

setzte. Oder schließlich Bénabar,<br />

der sich mit seinem Album « Les risques<br />

du métier » nahtlos in diese kleine<br />

Reihe der humoristischen Alltagsbeschreibungen<br />

einreiht.<br />

Anderes gilt es zu entdecken: Keren<br />

Ann, in Israel geborene Tochter<br />

eines russisch-jüdischen Vaters und einer<br />

holländisch-indonesischen Mutter,<br />

aufgewachsen in Paris, veröffentlichte<br />

2000 ihr Debütalbum « La Biographie<br />

de Luka Philipsen ». Dabei handelt<br />

es sich übrigens wiederum um ein<br />

erfolgreiches Projekt, an dem Benjamin<br />

Biolay beteiligt war. Gemeinsam<br />

schrieben sie darüber hinaus im gleichen<br />

Jahr einige Titel des Comeback-<br />

Albums von Henri Salvador, dem<br />

großen alten Herrn des französischen<br />

Chansons. Oder die Gruppe Tryo,<br />

die das Chanson mit Einflüssen des<br />

akustischen Reggae mischt. Oder<br />

schließlich die Paris Combo, die eine<br />

bemerkenswerte Mixtur aus Chanson<br />

und osteuropäischer Folklore liefert.<br />

Die nouvelle scène erweist sich als<br />

erstaunlich vielfältig – vielleicht kann<br />

sie sogar die Tradition, der sie ihre<br />

Referenz erweist und die sie in die Zukunft<br />

führt, an Vielfalt noch übertreffen.<br />

Wie gesagt: Dem französischen<br />

Chanson geht es gut – es fasziniert<br />

sein Publikum nach wie vor.<br />

80 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


7. Düsseldorfer Frankreichfest<br />

13.-15. Juli <strong>2007</strong> in der Düsseldorfer Altstadt<br />

Drei Tage »savoir vivre« in Düsseldorf<br />

6. Tour de Düsseldorf mit 150 französischen Oldtimern<br />

Kulinarische Köstlichkeiten und buntes Kulturprogramm


Art de Vivre Kulturprogramm<br />

Festival International<br />

des Jardins<br />

Chaumont-sur-Loire,<br />

bis 14.10.<strong>2007</strong><br />

Les Gobelins,<br />

1607-<strong>2007</strong><br />

Paris, 12.05. – 30.<strong>09</strong>.<strong>2007</strong><br />

44. Internationale<br />

Segelwoche<br />

La Rochelle, 17. – 20.05.<strong>2007</strong><br />

Seit 16 Jahren bezaubert das<br />

Gartenfestival an der Loire immer<br />

mehr Besucher und hat sich zu<br />

einer Veranstaltung mit internationalem<br />

Renommee gemausert. Das<br />

Prinzip dahinter ist einfach: Jedes<br />

Jahr wird eine Thematik sowie ein<br />

Slogan festgelegt, und Teams aus<br />

der ganzen Welt schaffen dazu passend<br />

ein Stück Garten in vorgegebenen<br />

Parzellen. <strong>2007</strong> geht es unter<br />

dem Motto « Mobiles » um die<br />

Mobilität. Die Ergebnisse sind oft<br />

überraschend und voller Ideen. Da<br />

das Festival von April bis Oktober<br />

dauert, lässt sich sogar der Verlauf<br />

der Jahreszeiten gut beobachten.<br />

Château de Chaumont-sur-Loire<br />

Conservatoire International des<br />

Parcs et Jardins et du Paysage<br />

41150 Chaumont-sur-Loire<br />

Telefon: +33 (0)2 54 20 99 22<br />

Internet<br />

www.chaumont-jardins.com<br />

Öffnungszeiten<br />

Täglich 9.30 Uhr bis zum Einbruch der<br />

Dunkelheit (Kassenschluss 19.00 Uhr)<br />

Eintrittspreise<br />

9,00 €, ermäßigt 6,50 €, Kinder bis 11<br />

Jahre 3,50 €, Kinder bis 6 Jahre frei<br />

Nach der Schließung im Jahre<br />

1972 wird die Galerie des Gobelins<br />

nach aufwendigen Renovierungsarbeiten<br />

diesen Frühling wieder fürs<br />

Publikum geöffnet. Zum 400. Jahrestag<br />

der Gründung der Weberei<br />

Faubourg Saint-Marcel durch Henri<br />

IV., woraus später die Manufacture<br />

des Gobelins wurde, wird in diesem<br />

historischen Gebäude eine Ausstellung<br />

zur Geschichte der Webkunst<br />

organisiert. Gezeigt werden vier<br />

Jahrzehnte der Kreation mit Meisterwerken<br />

der Vergangenheit und<br />

zeitgenössischen Exponaten. Eine<br />

Entdeckungsreise ins Reich der<br />

Dekoration, der Webarbeiten und<br />

des Designs im Allgemeinen.<br />

Galerie des Gobelins<br />

42, avenue des Gobelins<br />

75013 Paris<br />

Telefon: +33 (0)1 44 08 53 49<br />

Öffnungszeiten<br />

Di – So 12.30 – 18.30 Uhr<br />

Führungen um 14.00 & 14.45 Uhr<br />

Besichtigung der Manufaktur<br />

Di – Do 14.00 – 16.30 Uhr<br />

Eintrittspreise<br />

6,00 €, ermäßigt 4,00 €<br />

Ausstellung & Manufaktur 10,00 €<br />

La Rochelle an der Atlantikküste<br />

gehört zu den großen Orten<br />

des weltweiten Segel- und Wassersports.<br />

Der Hafen der Stadt ist<br />

regelmäßig Austragungsort bedeutender<br />

Veranstaltungen, wozu auch<br />

die internationale Segelwoche im<br />

<strong>Mai</strong> gehört, die dieses Jahr zum<br />

44. Mal stattfindet. Zu den Höhepunkten<br />

zählt ein Segelbootrennen<br />

bei Nacht sowie die Tour de Ré.<br />

Am 19. <strong>Mai</strong> treten zudem 250 Segelboote<br />

zu einem Wettkampf der<br />

drei Inseln an, womit die Inseln Ré,<br />

Aix und Oléron gemeint sind. Ob<br />

als Teilnehmer oder Besucher, La<br />

Rochelle wird sich in dieser Woche<br />

noch maritimer und festlicher als<br />

sonst präsentieren.<br />

Hafen von La Rochelle<br />

Informationen<br />

Office de Tourisme<br />

Le Gabut<br />

17000 La Rochelle<br />

Telefon: +33 (0)5 46 41 14 68<br />

Internet<br />

www.srr-sailing.com<br />

www.larochelle-tourisme.com<br />

Eintrittspreise<br />

Kostenlos<br />

82 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Nacht der Museen<br />

Landesweit, 19.05.<strong>2007</strong><br />

Grand Prix<br />

Automobile de<br />

Pau<br />

Pau, 01. – 03.06.<strong>2007</strong><br />

Bordeaux feiert<br />

seinen Strom<br />

Bordeaux, 21. – 24.06.<strong>2007</strong><br />

In vielen Städten Europas hat<br />

sich die Nacht der Museen als<br />

ein fester Termin im Veranstaltungskalender<br />

etabliert, so auch in<br />

Frankreich. Im letzten Jahr haben<br />

rund 1,2 Millionen Menschen die<br />

934 teilnehmenden Museen im<br />

ganzen Land besucht. Auch dieses<br />

Jahr wird wieder mit einem großen<br />

Besucherandrang gerechnet. Das<br />

Prinzip ist immer das gleiche: Die<br />

Museen öffnen kostenlos von Sonnenuntergang<br />

bis 1.00 Uhr nachts.<br />

Viele Museen veranstalten außerdem<br />

ein großes Begleitprogramm<br />

mit Vorführungen, Lesungen, Musikgruppen<br />

etc. <strong>2007</strong> liegt der Tag<br />

dabei besonders gut, fällt er doch<br />

mit dem langen Wochenende um<br />

Himmelfahrt zusammen. Ideal für<br />

alle auswärtigen Touristen.<br />

Diverse Veranstaltungsorte<br />

Programm und Informationen<br />

www.nuitdesmusees.culture.fr<br />

Öffnungszeiten<br />

Von Sonnenuntergang bis 1.00 Uhr<br />

Eintrittspreise<br />

Kostenlos<br />

Der Große Preis von Pau ist ein<br />

Unikum in Frankreich, ist es doch das<br />

letzte Autorennen, das noch innerhalb<br />

einer Stadt organisiert wird, und dies<br />

schon seit 1933. Der Rennsport hat<br />

in Pau schon immer eine besondere<br />

Rolle gespielt. So fand dort am 29.<br />

März 1948 der erste Grand Prix der<br />

Formel 1 außerhalb des Weltmeisterschaftszyklus<br />

statt. Seitdem waren<br />

alle großen Namen des Rennsports<br />

in der Stadt am Rande der Pyrenäen:<br />

Ascari, Clark, Hill, Rindt, Stewart,<br />

Prost, Alesi, Schumacher usw. Einige<br />

Tage vor dem eigentlichen Rennen<br />

wird außerdem ein Grand Prix Historique<br />

veranstaltet.<br />

Stadtgebiet Pau<br />

Informationen<br />

www.grandprixautomobilepau.com<br />

www.grandprixhistorique.com<br />

Telefon: +33 (0)5 59 27 69 34<br />

Veranstalter<br />

Grand Prix de Pau - Asac Vasco<br />

Béarnais<br />

1, boulevard Aragon<br />

64000 Pau<br />

Eintrittspreise<br />

10,00 € – 40,00 €, begrenztes<br />

Kontingent<br />

Wer Feste, außergewöhnliche<br />

Schiffe und Musik aus aller Welt<br />

liebt, ist in Bordeaux richtig aufgehoben:<br />

vier ausgelassene Tage<br />

unvergesslicher Festlichkeiten. Die<br />

fünfte Ausgabe der Veranstaltung<br />

« Bordeaux feiert seinen Strom »<br />

widmet sich wieder der Geschichte<br />

des Flusses sowie der historischen<br />

Verbindungen zur Welt. Geboten<br />

werden Ausstellungen, Animationen<br />

und maritimes Flair. Mit<br />

dabei ist dieses Jahr der majestätische<br />

Dreimaster « Le Belem ». Zum<br />

Programm gehören eine Seeparade,<br />

die Nacht der Lichter der Welt,<br />

diverse Musikveranstaltungen und<br />

insbesondere das berühmte Riesen-<br />

Picknick entlang der Garonne.<br />

Diverse Veranstaltungsorte<br />

Informationen<br />

Office du Tourisme<br />

12, cours du XXX Juillet<br />

33080 Bordeaux Cedex<br />

Telefon: +33 (0)5 56 00 66 00<br />

Internet<br />

www.bordeaux-fete-le-fleuve.com<br />

Eintrittspreise<br />

Kostenlos<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 83


Art De Vivre Kulturszene<br />

Le Pop 4<br />

CDs<br />

Die vierte Ausgabe der Compilation-Reihe<br />

widmet sich der nouvelle scène. Mit dabei<br />

sind bekannte Größen wie Vincent Delerm,<br />

Dominique A oder Jeanne Cherhal sowie einige<br />

Neuentdeckungen.<br />

CD von Le Pop Musik / Groove Attack<br />

Travelling<br />

Immer wieder haben französische Schauspielerinnen und<br />

Schauspieler Ausflüge in die Gefilde des französischen Liedguts<br />

unternommen. Die 18 Lieder dieser Compilation bieten eine<br />

einzigartige Variation musikalischer Stile, u.a. mit Catherine<br />

Deneuve, Isabelle Hubert, Brigitte Bardot, Jeanne Moreau etc.<br />

CD von Discograph<br />

Film<br />

Das Mädchen, das die<br />

Seiten umblättert<br />

Françoise Hardy: (Parenthèses...)<br />

Auf ihrem neuen Album singt die 61-jährige Françoise Hardy zwölf<br />

Lieder im Duett und trifft dabei gleich auf mehrere Generationen des<br />

französischen Chansons: absolute Legenden wie Iglesias, Alain Delon,<br />

Henri Salvador, aber auch junge Talente wie Benjamin Biolay.<br />

CD von Virgin/EMI<br />

Aktuelle Tourdaten französischer<br />

Artisten finden Sie auf<br />

www.french-music.org/de<br />

Frankreich 2006, 85 min • Originaltitel: La tourneuse de<br />

page • Ein Film von Denis Dercourt mit Catherine Frot,<br />

Déborah François, Pascal Greggory, Clotilde Mollet,<br />

Xavier de Guillebon, Antoine Martynciow • Kinostart:<br />

3. <strong>Mai</strong> <strong>2007</strong>, im Verleih von Alamode Film<br />

Mélanie, ein Mädchen aus bescheidenen<br />

Verhältnissen, spielt mit großer Begabung und<br />

voller Leidenschaft Klavier. Seit langem fiebert<br />

sie der Aufnahmeprüfung für das Konservatorium<br />

entgegen. Doch das Vorspielen endet im Fiasko, als<br />

die Jurypräsidentin Ariane, eine bekannte Pianistin,<br />

Mélanie beim Vorspielen mit ihrem taktlosen Verhalten<br />

aus der Fassung bringt. Enttäuscht und wütend<br />

beschließt sie, das Klavierspielen aufzugeben und<br />

ihren Traum von einer Karriere als Pianistin zu begraben.<br />

Zehn Jahre später kreuzen sich ihre Wege wieder.<br />

Mélanie macht ein Praktikum bei einem Anwalt und<br />

84 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Bücher<br />

Christiane Schott:<br />

Zur blauen Stunde kommt der Troubadour<br />

– Südfranzösische Lichtblicke<br />

132 Seiten, Pictus Verlag<br />

Es ist das Frankreich der Lebensfreude, der Wildschweinjäger, Trüffelsucher und<br />

Boulespieler, der sonnengelben Mimosen und des violetten Safrans, welches<br />

die Romanistin und freie Autorin in ihrem neuen Buch vorstellt. Elf Geschichten,<br />

in denen sie beispielsweise die Villa von Henri Matisse in Vence besucht, die<br />

Lässigkeit der Baskenmütze erkundet oder begabte Sterneköche aufsucht. Eine<br />

lohnende Einstimmung für eine Reise in Frankreichs Süden.<br />

Sylvie Simmons:<br />

Serge Gainsbourg<br />

– Für eine Hand<br />

voll Gitanes<br />

320 Seiten, Jens Seeling Verlag<br />

bietet an, sich in<br />

den Ferien um<br />

seinen klavierspielenden<br />

Sohn<br />

zu kümmern.<br />

Seine Mutter<br />

ist niemand<br />

anderes als die<br />

Pianistin aus<br />

ihrer Kindheit.<br />

Mélanie gewinnt<br />

schnell Arianes Vertrauen, deren Karriere<br />

auf der Kippe steht. Dank ihres musikalischen<br />

Talents macht sich Mélanie als<br />

persönliche Notenumblätterin unentbehrlich.<br />

Ariane ist nicht nur fasziniert von<br />

der jungen Frau, sondern fühlt sich immer<br />

mehr zu ihr hingezogen. Mélanies Spiel<br />

bleibt undurchsichtig. Hinter der Maske<br />

der Unschuld sinnt sie auf Rache. Leise<br />

nehmen subtile Manipulationen ihren<br />

Lauf. Mit fatalen Folgen…<br />

Zum ersten Mal ist eine deutschsprachige<br />

Biografie über Serge Gainsbourg<br />

erschienen. Der 1991 verstorbene<br />

Sänger, Texter, Komponist, Schauspieler,<br />

Regisseur, Werbefilmer, Schriftsteller und<br />

Provokateur gilt unverändert als eines<br />

der größten Genies der französischen<br />

Musikszene. Obwohl Gainsbourg auch außerhalb Frankreichs in den letzten<br />

Jahren einen stetig wachsenden Kultstatus erlangte, verbindet man mit seinem<br />

Namen in der breiten Öffentlichkeit meist nur den Hit « Je t‘aime, moi non plus »<br />

und eine Anzahl von Skandalen und Affären. Das Werk von Sylvie Simmons<br />

nimmt sich vor, dem Leser einen Einblick in das vielschichtige Lebenswerk<br />

des Künstlers zu geben. Der Bogen spannt sich von den Erlebnissen als Kind<br />

einer russisch-jüdischen Familie im Frankreich der NS-Besatzungszeit bis zu den<br />

Skandalauftritten, die seinen letzten Lebensabschnitt überschatteten.<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 85


Art De Vivre Wein<br />

Zuallererst ist Vouvray der Name eines kleinen Dorfes im<br />

Loire-Tal nahe der Stadt Tours, darüber hinaus aber<br />

auch eine nördlich des Flusses in Hanglage gelegene<br />

Appellation, die mit 2.100 Hektar Weinanbaugebiet und<br />

etwa 180 Winzern zwar klein ist, deren Größe sich aber in<br />

der Qualität ihres Weines zeigt, der nur aus einer einzigen<br />

Rebsorte gemacht wird, der Pineau-de-Loire-<br />

Rebe, besser bekannt als Chenin Blanc. Es ist ein Weißwein<br />

voller Überraschungen, der breiten Masse noch<br />

wenig geläufig, aber von Kennern geschätzt. Zweifellos<br />

ein Wein, den man entdecken sollte.<br />

Den berühmten französischen<br />

Schriftsteller des 19. Jahrhunderts<br />

aus Tours und Autor der<br />

« Menschlichen Komödie », Honoré de<br />

Balzac, würde diese Geschichte sicher<br />

zum Schmunzeln bringen; für ihn wäre<br />

es eine schöne Revanche gegenüber der<br />

Vergangenheit: Wir befinden uns im<br />

Park des Château Moncontour in<br />

Vouvray im Herzen der Touraine zwischen<br />

Amboise und Tours. Gilles Feray<br />

zeigt uns sein Weingut, die im 4. Jahrhundert<br />

gegründete Domaine de Moncontour.<br />

Plötzlich unterbricht er sich,<br />

um eine seiner Hündinnen zur Ordnung<br />

zu rufen: « Hanska, bei Fuß! » Er<br />

lächelt, als er unser Erstaunen bemerkt,<br />

und erklärt: « Ja, ich habe meine Hündin<br />

Hanska genannt. So wohnt am<br />

Ende doch noch eine Hanska in Moncontour.<br />

»<br />

Um diese Anekdote zu verstehen,<br />

muss man rund zwei Jahrhunderte<br />

zurückgehen, eben in die Zeit von<br />

Honoré de Balzac. Dieser war nicht<br />

nur in die Region verliebt, sondern<br />

auch in Moncontour und vor allem in<br />

86 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


den hiesigen Wein. So sehr, dass er<br />

das Weingut unbedingt kaufen wollte.<br />

Aber dazu fehlten dem Schriftsteller<br />

die finanziellen Mittel. Deshalb versuchte<br />

er, geeignete Investoren für die<br />

Finanzierung seines Projektes zu gewinnen.<br />

Darunter auch eine Freundin,<br />

die Gräfin Hanska. Um sie zu überreden,<br />

nahm Balzac seine schönste Feder<br />

zur Hand und schrieb ihr einen Brief,<br />

den heute jeder auf dem Gut kennt<br />

und der mit den Worten beginnt: « Ich<br />

habe eine Schwäche für Moncontour.<br />

Ich möchte, dass Du herkommst und<br />

es Dir ansiehst. » Es war ein schöner<br />

Versuch, aber der Schriftsteller wurde<br />

nie Eigentümer des Anwesens seiner<br />

Träume. Dank der Hündin von Gilles<br />

Feray hallt heute der Name Hanska<br />

trotzdem an den Mauern des ehrwürdigen<br />

Gutes wider.<br />

Was Balzac nicht wusste, ist, dass<br />

sein geliebter Wein, der Vouvray,<br />

eine rosige Zukunft vor sich hatte. Er<br />

wird heute in alle Welt verkauft, und<br />

die Appellation genießt unter Kennern<br />

große Anerkennung. Zahlreiche<br />

Winzer produzieren diesen Wein in<br />

dem kleinen Anbaugebiet. Philippe<br />

Brisebarre, selbst Weinbauer, ist ihr<br />

Repräsentant. Er empfängt uns in seiner<br />

Kellerei mitten in Vouvray. Schon<br />

im ersten Moment unserer Begegnung<br />

wird seine Begeisterung für seinen<br />

Wein spürbar, obwohl er sehr bescheiden<br />

bleibt: « In diesem Beruf darf man<br />

nicht protzen. Wenn man als Winzer<br />

sagt, man übe sein Metier seit 20<br />

Jahren aus, bedeutet dies im Grunde,<br />

dass man die großartige Erfahrung der<br />

Geburt eines Weines erst zwanzigmal<br />

durchlebt hat. Das ist schließlich nicht<br />

allzu oft. » Diese Bemerkung zeugt<br />

von einer großen Bodenhaftung.<br />

Auf einem kleinen Tisch vor uns<br />

stehen ein paar Flaschen aus seiner<br />

Produktion. « Wenn ich im Ausland<br />

etwas über Vouvray erzählen soll, sage<br />

ich immer zuerst, dass es im Loire-Tal<br />

liegt. Dann erkläre ich, dass es ein<br />

Weißwein ist, der ausschließlich aus<br />

der Rebe Chenin Blanc hergestellt<br />

wird. Aber vor allem betone ich, dass<br />

es verschiedene Sorten von diesem<br />

Wein gibt. An dieser Stelle beginnen<br />

sich meine Gesprächspartner meist zu<br />

Sehenswürdigkeit vor Ort:<br />

das Weingut Château<br />

Moncontour mit Museum<br />

Neben dem Weinverkauf bietet<br />

das Weingut Château Moncontour<br />

ein sehr interessantes Museum. Es<br />

befindet sich in den Kellereien, die<br />

im 10. Jahrhundert von Mönchen<br />

ausgegraben wurden, und<br />

beherbergt eine Sammlung über<br />

die Arbeit in den Weinbergen und<br />

den Weinanbau. Hier kann die<br />

soziale und kulturelle Geschichte<br />

des Weinanbaus zurückverfolgt<br />

werden. Nach der Führung steht eine<br />

Weinprobe auf dem Programm.<br />

Château Moncontour<br />

37210 Vouvray<br />

Telefon: +33 (0)2 47 52 60 77<br />

www.moncontour.com<br />

Eintrittspreise:<br />

4,00 €, einschließlich Audioguide<br />

und Weinprobe, Kinder bis 12 Jahre<br />

kostenlos<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 87


Art De Vivre Wein<br />

wundern, und ich habe ihre volle Aufmerksamkeit.<br />

» Und wirklich, ein Blick<br />

auf den Tisch bestätigt uns, dass der<br />

Vouvray sehr vielfältig zu sein scheint.<br />

« Wie Sie sehen », fährt Philippe Brisebarre<br />

fort, « haben wir eine ganze<br />

Produktpalette. Es gibt sogar eine<br />

Flasche, die an eine Champagnerflasche<br />

erinnert. » In der Tat, wäre da<br />

nicht das Etikett, könnte man meinen,<br />

eine Flasche der weltberühmten Appellation<br />

im Nordosten Frankreichs<br />

vor sich zu haben. Das ist die erste<br />

große Überraschung, die der Vouvray<br />

für uns bereithält: In der Nähe von<br />

Tours gibt es einen Wein, der nach<br />

der klassischen Champagner-Methode<br />

hergestellt wird.<br />

« Wenn man genauer darüber<br />

nachdenkt, wirft die Sache doch<br />

Fragen auf », stellt unser Gesprächspartner<br />

fest, während er die besagte<br />

Flasche öffnet. « Schaumwein in dieser<br />

Gegend? Das kann nicht von ungefähr<br />

kommen. Während des Krieges<br />

von 1870 ließen sich Familien aus<br />

der Champagne hier in der Nähe, in<br />

Saumur nieder. Sie entdeckten, dass<br />

es – wie in ihrer Heimat – auch an der<br />

Loire Kellereien und Weinanbau gab.<br />

Es gab sogar eine weiße Rebsorte.<br />

Sehr bald schon tauschten sich die<br />

Einwohner und die zugezogenen Winzer<br />

untereinander aus, und schließlich<br />

gaben diese Familien ihr Know-how<br />

der ‹ Champagner-Methode › preis.<br />

So begann man in Saumur, weißen<br />

Schaumwein zu produzieren. Später<br />

folgte auch Vouvray. »<br />

Beim Öffnen der Flasche ertönt das<br />

für Champagner typische Geräusch.<br />

Und der Wein mit seinem schönen,<br />

vielleicht etwas intensiveren gelborangefarbenen<br />

Ton sieht auch so aus.<br />

Die Bläschen prickeln angenehm im<br />

Mund. Vielleicht ist der Wein etwas<br />

« markanter », so wie alle Weine, die<br />

aus einer einzigen Rebsorte gemacht<br />

werden, im Gegensatz zum Champagner,<br />

für den eine Mischung verschiedener<br />

Rebsorten verwendet wird.<br />

Auf jeden Fall ist er purer Genuss und<br />

schmeckt genauso gut wie ein exzellenter<br />

Champagner. Leicht, frisch und<br />

sogar festlich. Philippe Brisebarre hält<br />

mit seinem Vergnügen nicht hinterm<br />

Berg, als er bemerkt, wie zufrieden<br />

wir sind: « Leute, die den Vouvray zum<br />

ersten Mal probieren, sind immer wieder<br />

verblüfft. Und sie sind es noch viel<br />

mehr, wenn sie erfahren, dass dieser<br />

nach der Champagner-Methode hergestellte<br />

Wein im Schnitt nur 6,00 bis<br />

8,50 Euro kostet. » Damit überrascht<br />

uns der Vouvray ein zweites Mal, und<br />

zwar gewaltig. Ein Wein dieser Qualität<br />

zu einem solchen Preis ist wirklich<br />

eine kleine Sensation.<br />

Aber die größte Überraschung<br />

kommt erst mit dem Genuss weiterer<br />

Flaschen. Denn den Vouvray gibt es<br />

nicht nur als perlenden, dem Champagner<br />

ähnlichen Weißwein, sondern<br />

auch ohne prickelnde Bläschen mit<br />

einer erstaunlichen Bandbreite. Dies<br />

wird uns etwas später im Weinkeller<br />

von Vouvray demonstriert, wo wir<br />

mit etwa einem Dutzend Winzern zu<br />

einer Probe der außergewöhnlichsten<br />

Weine verabredet sind. An diesem<br />

zauberhaften Ort, der in Tuffstein, das<br />

für diese Gegend typische Gestein,<br />

gegrabenen wurde, präsentieren die<br />

Erzeuger im Kerzenlicht ihre Weine.<br />

Ein beeindruckendes Panel wird<br />

uns angeboten. Neben dem perlenden<br />

Vouvray nach der traditionellen<br />

Champagner-Methode gibt es eine<br />

Reihe nicht perlender « stiller » Weine,<br />

die von trockenen über halbtrockene<br />

und halbsüße Weine bis hin zu Likörweinen<br />

reichen. Eine wirklich beeindruckende<br />

Vielfältigkeit.<br />

Dies ist auch das wahre Geheimnis<br />

des Vouvray: Aus einer einzigen<br />

Rebsorte können Weine mit sehr<br />

unterschiedlichen Charakteren hergestellt<br />

werden, und dies mit erstaunlicher<br />

Qualität und Ursprünglichkeit.<br />

Die Likörweine sind ein Muss. Sie<br />

können den großen Sauternes-Weinen,<br />

die ein wunderbarer Begleiter<br />

zur Foie Gras sind, das Wasser reichen.<br />

Und wieder verblüfft der Preis:<br />

Diese Weine werden hier zu etwa<br />

15,00 Euro je Flasche verkauft. Auch<br />

die trockenen oder halbtrockenen<br />

Weine sind von sehr hoher Qualität.<br />

Die Klimabedingungen der letzten<br />

Jahre haben milde Weine mit hoher<br />

Restsüße begünstigt. Am Ende dieses<br />

Tages freuen wir uns, eine ursprüngliche<br />

und sehr vielfältige Appellation<br />

entdeckt zu haben, die uns staunen<br />

lässt. Auch das macht das Wunder<br />

des Vouvray aus. Balzac hatte Recht,<br />

auch wir haben eine Schwäche für<br />

seinen Wein von der Loire!<br />

88 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Wo kann man den<br />

Vouvray kaufen?<br />

Natürlich vor Ort, aber alle Winzer,<br />

die wir getroffen haben, vertreiben<br />

ihre Weine auch in Deutschland. Für<br />

nähere Informationen können Sie sich<br />

direkt mit ihnen in Verbindung setzen.<br />

Frédéric Bourillon<br />

Domaine Bourillon d’Orléans<br />

(Caves Rupestres)<br />

30bis, rue de Vaufoynard<br />

37210 Rochecorbon<br />

Telefon: +33 (0)2 47 52 83 07<br />

E-<strong>Mai</strong>l: info@bourillon.com<br />

Vincent Carème<br />

Domaine de la Haute Borne<br />

1, rue du Haut Clos<br />

Keller:<br />

6, allée de la Vallée Chartier<br />

37210 Vernou-sur-Brenne<br />

Telefon: +33 (0)2 47 52 71 28<br />

E-<strong>Mai</strong>l: vincentcareme@<br />

vinibegood.com<br />

Catherine & Didier Champalou<br />

7, rue du Grand Ormeau<br />

37210 Vouvray<br />

Telefon: +33 (0)2 47 52 64 49<br />

E-<strong>Mai</strong>l: champalou@wanadoo.fr<br />

Pascal Delaleu<br />

Domaine de la Galinière<br />

La Galinière - Vallée de Cousse<br />

37210 Vernou-sur-Brenne<br />

Telefon: +33 (0)2 47 52 15 92<br />

Bernard Fouquet<br />

Domaine des Aubuisières<br />

37210 Vouvray<br />

Telefon: +33 (0)2 47 52 61 55<br />

E-<strong>Mai</strong>l: info@vouvrayfouquet.com<br />

Gilles Gaudron<br />

59, rue Neuve<br />

37210 Vernou-sur-Brenne<br />

Telefon: +33 (0)2 47 52 12 27<br />

E-<strong>Mai</strong>l: sylvain.gaudron@wanadoo.fr<br />

Lionel Gauthier<br />

Domaine du Viking<br />

Mélotin<br />

37380 Reugny<br />

Telefon: +33 (0)2 47 52 96 41<br />

E-<strong>Mai</strong>l: viking@france-vin.com<br />

Benoît Gautier<br />

Domaine de la Châtaigneraie<br />

La Châtaigneraie<br />

37210 Rochecorbon<br />

Telefon: +33 (0)2 47 52 84 63<br />

E-<strong>Mai</strong>l: info@vouvraygautier.com<br />

Alexandre Monmousseau<br />

Château Gaudrelle<br />

87, route de Monnaie<br />

37210 Vouvray<br />

Telefon: +33 (0)2 47 52 67 50<br />

E-<strong>Mai</strong>l: gaudrelle1@libertysurf.fr<br />

Isabelle Moreau<br />

Monmousseau<br />

71, route de Vierzon<br />

41400 Montrichard<br />

Telefon: +33 (0)2 54 71 66 66<br />

E-<strong>Mai</strong>l: monmousseau@<br />

monmousseau.com<br />

Vor Ort kann man in den Cave des<br />

Producteurs de Vouvray gehen, in dem<br />

etwa 40 Winzer ihre Weine präsentieren.<br />

Es werden auch Führungen durch die<br />

Kellerei angeboten. Die Gänge haben<br />

eine Länge von 2,5 Kilometern.<br />

Cave des Producteurs de Vouvray<br />

38, Vallée Coquette<br />

37210 Vouvray<br />

Telefon: +33 (0)2 47 52 75 03<br />

www.cp-vouvray.com<br />

Öffnungszeiten:<br />

Ganzjährig 9.00 – 12.30 Uhr &<br />

14.00 – 19.30 Uhr<br />

Frankfreicherleben_Heft9_<strong>2007</strong>:Frankreicherleben_Heft9_<strong>2007</strong> 21.3.<strong>2007</strong> 08:37 Seite 1<br />

Entdecken und genießen Sie das Tal der Loire mit all seinen Facetten.<br />

Verträumte Schlösser,<br />

geheimnisvolle Spuren der Templer,<br />

Radwege durch malerische Landschaften...<br />

erscheint im Frühjahr <strong>2007</strong><br />

komplett 4-farbig<br />

Weitere Informationen zum Reisehandbuch und zu unserem Gesamtprogramm finden Sie unter:<br />

www.iwanowski.de<br />

Salm-Reifferscheidt-Allee 37 - D-41540 Dormagen<br />

Tel: 02133-2603-11 - Fax: 02133-2603-33 - E-<strong>Mai</strong>l: info@iwanowski.de


Art de Vivre Genuss<br />

Lichouseries<br />

Zuckersüße Köstlichkeiten<br />

aus der Feinschmeckerregion<br />

Bretagne<br />

Die Bretonen essen sehr gerne. Sie sind bekannt für ihre Meeresfrüchteplatten<br />

und für leckere gesalzene Butter, die sie auf einer<br />

noch warmen Galette schmelzen lassen und das Ganze mit gut<br />

gekühltem Cidre beträufeln. Marie le Goazlou und Maryvonne Lahale,<br />

die als Bretoninnen beide das Essen sehr schätzen, sind durch ihre Region<br />

gereist, um ihren Korb mit den besten Spezialitäten zu füllen. Zu unserer<br />

großen Freude haben sie ein sehr schönes Buch mit wunderbaren<br />

Bildern herausgebracht, das voller Ratschläge und guter Adressen steckt.<br />

Im Folgenden stellen wir ein paar Auszüge über die bretonischen Süßigkeiten<br />

vor, die Lichouseries.<br />

Crêpes Dentelles<br />

Immer paarweise in Goldpapier eingewickelt, das ist wichtig für<br />

die Knusprigkeit des leichten Gebäcks, haben die Crêpes Dentelles<br />

die Leckermäuler der Welt für sich gewonnen. Als Marie-Catherine<br />

Cornic aus Quimper 1886 ihre Crêpe auf dem Feuer vergaß, war das<br />

die Geburtsstunde der Crêpe Dentelle. Das lange Backen verlieh der<br />

Crêpe eine feste, aber nicht brüchige Konsistenz. Der Crêpe rollte sich<br />

wie von selbst ein und war eine knusprige Neuheit, die alle Naschkatzen<br />

verführte. 1920 machte das kleine Geschäft drei Fabriken Platz.<br />

Die Crêperien von Loc Maria nennen ihr Vorzeigeprodukt « Gavotte ».<br />

1962 zogen sie nach Dinan um. In einem einzigartigen mechanischen<br />

Verfahren zum Aufrollen der Crêpes Dentelles wird die Handbewegung<br />

von früher reproduziert. Dadurch bleibt das Originalrezept erhalten und<br />

das traditionelle Know-how wird respektiert.<br />

Les Gavottes Loc Maria<br />

Fabrik und Geschäft<br />

Route de Dinard<br />

22100 Dinan<br />

Telefon: +33 (0)2 96 87 42 55<br />

www.locmaria.fr<br />

90 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Bretonischer Butterkuchen und<br />

Kouign Amann<br />

Wie der Kouign Amann wird auch der bretonische Butterkuchen<br />

sowohl in traditionellen Bäckereien als auch industriell hergestellt. Das<br />

Rezept hat ein Bäcker aus Douarnenez Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt.<br />

Der Kouign Amann wurde aus Brotteigresten gemacht und wird<br />

wie ein Blätterteig verarbeitet, indem man den Teig ausrollt und mehrmals<br />

faltet. Dabei darf man nicht vergessen, genug Butter und Zucker<br />

hinzuzufügen. Am besten schmeckt er, wenn er warm aus dem Ofen<br />

kommt und vor Butter und karamellisiertem Zucker trieft. Man sollte es<br />

mit dem Genuss aber nicht übertreiben! Während die Zubereitung des<br />

bretonischen Butterkuchens für eine gute Köchin nicht allzu schwierig<br />

ist, stellt der Kouign Amann schon eher eine Herausforderung dar. Aber<br />

auf die bretonischen Biskuithersteller ist Verlass und man kann ihn sogar<br />

über das Internet bestellen.<br />

Biscuiterie François-Garrec<br />

Route de Gouesnant<br />

29950 Bénodet<br />

Telefon: +33 (0)2 98 57 17 17<br />

www.garrec.com<br />

Biscuiterie de la Pointe du Raz<br />

Triguen<br />

29770 Plogoff<br />

Telefon: +33 (0)2 98 70 60 73<br />

www.biscuiteriedelapointeduraz.com<br />

Marie le Goaziou und<br />

Maryvonne Lehale:<br />

Panier Gourmand<br />

d’adresses et de<br />

produits bretons.<br />

Fotos von Bernard Galéron,<br />

Editions Des Dessins & Des Mots<br />

Bonbon-Spezialität:<br />

Caramel au beurre salé<br />

Wer ist nur auf<br />

die verrückte Idee<br />

gekommen, ein<br />

salziges Bonbon zu<br />

erfinden? Bis in die<br />

1970er-Jahre brüstete<br />

sich niemand<br />

damit, Gebäck<br />

und Süßwaren mit<br />

gesalzener Butter<br />

herzustellen. Vielleicht<br />

einfach deswegen,<br />

weil das in<br />

der Bretagne ganz<br />

selbstverständlich<br />

war. Aber als der<br />

Konditor Henri le<br />

Roux, der aus dem Pays Bigouden stammte, in die Heimat seiner<br />

Frau auf die Halbinsel Quiberon zog, wollte er, um dort heimisch zu<br />

werden, eine noch nicht da gewesene Leckerei kreieren. Auch wenn<br />

er sicher nicht der Erfinder der salzigen Karamellbonbons ist, so hat<br />

doch das Rezept, das er entwickelte und das er unter der Bezeichnung<br />

CBS patentieren ließ, seinem Geschäft zu hohem Ansehen verholfen.<br />

Und das in einer Stadt, in die man kommt, um im Thalassotherapie-<br />

Zentrum seine Pfunde zu verlieren!<br />

Le Roux, Chocolatier-Caramélier<br />

18, rue du Port-Maria<br />

56170 Quiberon<br />

Telefon: +33 (0)2 97 50 06 83<br />

www.chocolatleroux.com<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 91


Art de vivre Chantals Rezept<br />

«<br />

Das<br />

Blanquette de Veau (Kalbfleischfrikassee) war lange<br />

Zeit ein traditionelles Gericht, welches vor allem für das<br />

sonntägliche Familienmahl zubereitet wurde. Heutzutage<br />

ist es genauso schmackhaft, jedoch leichter geworden und<br />

wird von allen zu jeder Jahreszeit geschätzt. Bon appetit!<br />

»<br />

Chantal, Kochexpertin von Frankreich<br />

erleben, beantwortet gerne Ihre<br />

Fragen: chantal@frankreicherleben.de<br />

Für 4 Personen<br />

Zubereitungszeit: 15 min<br />

Garzeit: 2 Stunden<br />

Blanquette<br />

de Veau<br />

92 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


Zutaten<br />

1,2 kg Kalbsbrust, in große Würfel geschnitten<br />

2 Karotten, in runde Scheiben geschnitten<br />

2 Zwiebeln<br />

1 Gewürznelke<br />

1 Schalotte<br />

Petersilie, Thymian, Lorbeer<br />

200g Champignons, gewaschen und<br />

mit Zitronensaft beträufelt<br />

40 g Butter<br />

2 EL Mehl<br />

Kalbsbrühe<br />

100 g Crème Fraîche<br />

1 Eigelb<br />

1 Zitrone<br />

Salz & Pfeffer aus der Mühle<br />

Zubereitung<br />

• Das Kalbfleisch in einen gusseisernen Schmortopf<br />

geben und komplett mit kaltem Wasser bedecken.<br />

Das Ganze zum Kochen bringen, dann die Rückstände<br />

von der Oberfläche abschöpfen. Anschließend<br />

die Temperatur verringern und die Karotten, die<br />

ganzen Zwiebeln, die Gewürznelke, die Schalotte<br />

und die Petersilien-, Thymian- und Lorbeerbündel<br />

hinzugeben. Schließlich salzen, pfeffern und eine<br />

Stunde auf kleiner Flamme köcheln lassen.<br />

• Anschließend die Champignons hinzufügen und<br />

das Ganze nochmals eine Stunde garen lassen.<br />

• In einer separaten Schale die weiche Butter zerdrücken<br />

und mit dem Mehl vermengen. Danach die Masse<br />

in zwei Kellen Kalbsbrühe auflösen. Schließlich das<br />

Gemisch dem Schmortopf beimengen und fünf Minuten<br />

kochen lassen. Dadurch wird die Sauce samtig.<br />

• Kurz vor dem Servieren in einer weiteren Schale<br />

die Crème Fraîche, das Eigelb und den Saft einer<br />

halben Zitrone mit einem Holzlöffel vermengen und<br />

ebenfalls in den Schmortopf geben. Das feine<br />

Zitronenaroma bringt den Kalbsgeschmack erst<br />

richtig zur Geltung. Bei Bedarf nachwürzen.<br />

Serviervorschlag<br />

• Das fertige Gericht mit gehackter Petersilie bestreuen<br />

und mit Salzkartoffeln oder Reis servieren.<br />

• Als Wein empfiehlt sich insbesondere<br />

ein Weißwein aus dem Loire-Tal.<br />

Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong> · 93


Leserbriefe<br />

Félicitations! Als Französin gefällt<br />

mir Ihre Zeitschrift sehr gut. Ich<br />

lebe jetzt in Deutschland und freue<br />

mich riesig auf jede Ausgabe. Bilder<br />

und Texte sind einfach toll. Wäre ein<br />

Beitrag über die Picardie möglich? Es<br />

wäre so wunderbar, einen Artikel über<br />

meine Region zu lesen. Seine Heimat<br />

vergisst man nie… Die wunderschönen<br />

Kathedralen, die Baie de Somme,<br />

Beauvais, Amiens, Abbeville wären ein<br />

paar Ideen für die nächsten Ausgaben.<br />

Nordfrankreich entdecken lohnt sich!<br />

Anne-Laure Machu, Mannheim<br />

Redaktion: Wir haben gute Nachrichten<br />

für Sie! Die Picardie wird noch dieses<br />

Jahr in unserem Magazin vorkommen.<br />

Für das nächste Jahr planen wir sogar<br />

ein Fokus-Thema zu Nordfrankreich.<br />

Mit Heft 8 (Elsass) ist Ihnen wieder<br />

eine ganz hervorragende Ausgabe<br />

von Frankreich erleben gelungen. Ob<br />

Weinstraßen, Stadtbummel, Klöster,<br />

Kirchen, Burgen – alles ist so anregend<br />

beschrieben, dass man – um’s<br />

württembergisch auszudrücken – ganz<br />

« schleckig » wird, um möglichst bald<br />

dieses herrliche Fleckchen Erde zu besuchen.<br />

Danke auch für Ihre weiteren,<br />

vielseitigen Anregungen.<br />

Stefan Schulze, Berlin<br />

Wir sind ein paar « alte Schachteln »,<br />

die sich vor Jahren bei einem Französisch-VHS-Kurs<br />

kennengelernt haben.<br />

Inzwischen sind wir Freundinnen<br />

geworden und treffen uns regelmäßig<br />

Hat Ihnen unser Magazin gefallen?<br />

Haben Sie Verbesserungsvorschläge<br />

oder Anregungen? Schreiben Sie uns.<br />

Wir sind gespannt auf Ihre Meinung!<br />

Per E-<strong>Mai</strong>l: leserbriefe@<br />

frankreicherleben.de<br />

Per Brief:<br />

Frankreich erleben - Leserbriefe -<br />

Globus Medien GmbH<br />

Heckscherstraße 29 · 20253 Hamburg<br />

Per Fax: +49 (0)40 38017863552<br />

zweimal im Monat bei einer von uns,<br />

um unsere Französischkenntnisse zu<br />

praktizieren und lebendig zu halten.<br />

Wir sind begeisterte Frankreichurlauber,<br />

zwei von uns haben sogar ein Ferienhaus<br />

in Frankreich. Ich möchte Ihnen<br />

hiermit, im Namen unserer fröhlichen<br />

Runde, einen herzlichen Glückwunsch<br />

zu Ihrer Zeitschrift und vor allem zum<br />

Einjährigen aussprechen. Wir haben<br />

enorme Freude daran, über einzelne<br />

Themen und Artikel zu diskutieren und<br />

Erfahrungen auszutauschen (vorzugsweise<br />

auf Französisch, versteht sich)<br />

über manches, was wir selber auch schon<br />

erlebt oder besucht haben. Deshalb sind<br />

wir besonders angetan von Ihrer Rubrik<br />

Kulturschock, haben wir doch auch schon<br />

hier und da ähnliche Erfahrungen gemacht.<br />

Wir stürzen uns geradezu jedes<br />

Mal darauf. Ganz besonders gefällt uns<br />

allen der flüssige Stil, in dem die Artikel<br />

in Frankreich erleben geschrieben sind.<br />

Leicht, locker, unterhaltsam und dabei<br />

sehr informativ. Hervorragende Journalisten<br />

arbeiten in ihrer Redaktion! Kompliment<br />

und herzliche Grüße an alle, die<br />

bei Ihnen mitarbeiten.<br />

Helga Lehniger, Hannover<br />

Ich gehöre zu Ihren Lesern der<br />

ersten Stunde und möchte bei dieser<br />

Gelegenheit einmal ein ganz besonderes<br />

Lob an Ihre Köchin Chantal aussprechen.<br />

Ich habe jedes Rezept nachgekocht<br />

und bin einfach begeistert! Es<br />

gelingt immer und schmeckt köstlich.<br />

Weiter so!<br />

Gabriele Kaufmann, München<br />

Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Fassung zu veröffentlichen.<br />

Bildnachweise (nach Seiten, Anordnung von links nach rechts, oben nach<br />

unten) : Titel: Comité Départemental du Tourisme (CDT)29, A.P. Sandford • S.5:<br />

Ajc Presse • S.3: Ajc Presse • S.6: Comité Régional du Tourisme de Bretagne<br />

(CRTB), J.P. Gratien; Fotolia, Thierry Matteis; Globus Medien, Dominique<br />

Cache • S.7: Ajc Presse; Serge Robin, M. Albert • S.8: Easyjet; Fotolia, Robert<br />

Mayer • S.9: Ajc Presse • S.9: OTP, Stéphane Querbes • S.10: Dr • S.12-13:<br />

CDT29, M.Sandford • S.14: CRTB, George Fischer; J.P. Gratien • S.16-17: CDT29<br />

Kristen Pelou • S.17: A.Vitet; S.18: CDT29 Kristen Pelou • S. 20-21: Agence<br />

de Développement du Pays des Abers Côte des Légendes • S.24-29: Ville de<br />

Rennes, José Mouret, Michel Ogier, Alain Amet-Musée de Bretagne, Office du<br />

Tourisme de Rennes • S.30-36: Comité des Canaux Bretons et Voies Navigables<br />

de l’Ouest • S.38: CRTB, Serge Jolivel; Jean Brau; Anatoly Bobrovitch; A.Schmitt<br />

• S.40: CRTB, J.M. Derouen • S.41: CRTB, J.P. Gratien; Anatoly Bobrovitch;<br />

Henry Marcou • S.42: CRTB • S.47: Chantal Cobac für Ajc Presse • S.48-50: Ajc<br />

Presse, Serge Robin • S.52-55: Dr; Ajc Presse • S.56: Fotolia, Philippe Leridon •<br />

S. 60-62: Fotolia, Thierry Burdin; Andreas Lettow; Thierry Matteis; Pascal Arnaud<br />

• S.64: Ville de Metz, Christian Legay, Marc Royer; Arbeitsstudio von Shigeru Ban,<br />

Didier Boy de la Tour; CA2M; Shigeru Ban Architects Europe & Jan de Gastines,<br />

Artefactory; CA2M, Shigeru Ban Architects Europe & Jan de Gastines, Artefactory,<br />

Pablo Picasso, Rideau pour le ballet “Parade”, 1917, Succession Picasso 2006,<br />

coll. Centre Pompidou/Mnam dis.RMN, Christian Bahier et Philippe Migeat •<br />

S.66: Ville de Metz, Christian Legay, Marc Royer • S.67: <strong>Mai</strong>rie de Metz, Marc<br />

Royer. • S.68-73: Globus Medien, Dominique Cache • S.74-75: Dr • S.76: Arte •<br />

S.78-79: Emi France, Benoît Peverelli; Jean-Baptiste Mondino; Pierre Even; Emi<br />

France, Jean-Baptiste Mondino; Virgin France, Benoît Peverelli; Claude Gassian;<br />

Bharrat; Aglaé Bory • S.82-85: Dr • S. 86-89: Ajc Presse, M.Albert • S.90-91:<br />

Editions des Dessins et des Mots, Bernard Galéron • S. 92-93: Ajc Presse,<br />

M.Albert • S.98: Istock, David Hughes; Fotolia, Urbanhearts, J.Y. Yan Lun; CRT<br />

Nord-Pas-de-Calais, Eric Le Brun.<br />

Impressum<br />

Frankreich erleben erscheint im Verlag<br />

Globus Medien GmbH<br />

Heckscherstraße 29 · 20253 Hamburg<br />

Telefon: +49 (0)40 43<strong>09</strong>1648<br />

Fax: +49 (0)40 38017863552<br />

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www.frankreicherleben.de<br />

ISSN: 1861-4256<br />

Herausgeber: Markus Harnau<br />

Chefredakteur (V.i.S.d.P.): Jean-Charles Albert<br />

Redaktionsbüro:<br />

Ajc Presse · 3, rue Franquet · 75015 Paris<br />

Ajc Presse · 42, rue Henri IV · 33000 Bordeaux<br />

Telefon: +33 (0)1 75 439 440<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />

Jean-Julien Bault, Walter Bianchi, Chantal Cobac,<br />

Dominique Cache, Kristina von Domarus, Luis Encinas,<br />

Andrea Garbe, Dr. Jan Grasshoff, Sebastian Griese,<br />

Sylvain Hirigoyen, Olivier Huonnic, Nolwen Lequerre, Dr.<br />

Petra Morich, Gérard Rival, Serge Robin, Ester Segura,<br />

Emanuelle Wurth<br />

Lektorat: Ina Muñoz, Susanne Ziegler<br />

Layout: Werner Hasselbach Design<br />

Anzeigen Deutschland, Österreich und Schweiz:<br />

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Kasernenstraße 69 · 40213 Düsseldorf<br />

Anzeigenleitung: Ralf Zawatzky<br />

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Sämtliche Informationen sind nach bestem Wissen und<br />

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unverlangte Einsendungen. Die Redaktion behält sich die<br />

Kürzung und Bearbeitung von Leserbriefen vor. Es gelten die<br />

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Frankreich erleben erscheint alle zwei Monate und ist<br />

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94 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


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Fokus Korsika<br />

Übersicht der Reisethemen,<br />

1 Paris und Umgebung<br />

• Paris-CDG - Hinter den Kulissen<br />

des Pariser Flughafens Charles-de-<br />

Gaulle <strong>Nr</strong>. 8<br />

• Paris Rive Gauche - Zukünftiges <strong>Nr</strong>. 7<br />

• Opéra National de Paris - Eine<br />

Bühne für das Publikum <strong>Nr</strong>. 7<br />

• Kaufhäuser - Mythos Grands<br />

Magasins: vom «Paradies der<br />

Damen» zum Konsumtempel <strong>Nr</strong>. 6<br />

• Interview - 1000 und ein<br />

Weihnachten <strong>Nr</strong>. 6<br />

• Avenue Montaigne - Nächtlicher Bummel<br />

über die Pariser Luxusmeile <strong>Nr</strong>. 6<br />

• Palais-Royal - Die Renaissance des<br />

Shoppings <strong>Nr</strong>. 6<br />

• Shoppingtour - Auf Einkaufstour<br />

durch Paris mit einem der<br />

legendärsten Autos Frankreichs, der<br />

Ente <strong>Nr</strong>. 6<br />

• Restaurant - Café Marly, Pariser<br />

Chic im Louvre <strong>Nr</strong>. 6<br />

• Pariser Museen - Andere Orte <strong>Nr</strong>. 5<br />

• Mac/Val - Zeitgenössischer Kunsttempel<br />

in einem Vorort von Paris <strong>Nr</strong>. 3<br />

• Hotel - Kube Rooms and Bars Paris<br />

<strong>Nr</strong>. 2<br />

7<br />

8<br />

• Stadtteile - Spaziergang durch eine<br />

sinnliche Metropole <strong>Nr</strong>. 1<br />

• Märkte - Jedem seinen Markt <strong>Nr</strong>. 1<br />

• Interview - Anne Hidalgo <strong>Nr</strong>. 1<br />

• Die Gewächshäuser von Auteuil <strong>Nr</strong>. 1<br />

• Bistros <strong>Nr</strong>. 1<br />

6<br />

5<br />

9<br />

• Gastronomie - Chez Antoine <strong>Nr</strong>. 1<br />

2<br />

1 3<br />

11<br />

4<br />

10<br />

12<br />

2 Nordfrankreich<br />

• Auf Lille 2004 folgt lille3000, die<br />

Verwandlung geht weiter <strong>Nr</strong>. 6<br />

• Hotel - L‘Hermitage Gantois, Lille <strong>Nr</strong>. 5<br />

• Lille - Frankreichs flämische<br />

Metropole <strong>Nr</strong>. 2<br />

3 Elsass / Lothringen /<br />

Champagne<br />

• Straßburg - Wenn Fachwerkhäuser<br />

auf Glaspaläste treffen <strong>Nr</strong>. 8<br />

• Bugatti in Molsheim - Die<br />

Wiederentdeckung einer<br />

automobilen Legende <strong>Nr</strong>. 8<br />

• Sainte-Marie-aux-Mines<br />

- Besuch einer Silbermine aus<br />

dem 16. Jahrhundert <strong>Nr</strong>. 8<br />

• Colmar - Der Zauber der Nacht <strong>Nr</strong>. 8<br />

• Dorfleben - Eine Reise zu den fünf<br />

schönsten Dörfern des Elsass <strong>Nr</strong>. 8<br />

• Golf im Elsass - Geheimtipp<br />

unter Golfern <strong>Nr</strong>. 8<br />

• Dominikanerkloster Guebwiller - Wo<br />

Musik Grenzen überwindet <strong>Nr</strong>. 8<br />

• Mulhouse - Europäische Hauptstadt<br />

der Technikmuseen <strong>Nr</strong>. 8<br />

• Elsässische Weinstraße<br />

- Eine Weingegend zeigt<br />

sich volksnah <strong>Nr</strong>. 8<br />

• Burgen - Auf den Spuren<br />

des Mittelalters <strong>Nr</strong>. 8<br />

• Skifahren in den Vogesen -<br />

Mittelgebirge hinter der Grenze <strong>Nr</strong>. 7<br />

• Elsass - Hochburg der<br />

Weihnachtsmärkte <strong>Nr</strong>. 6<br />

• Wein - Champagner, Lebensgenuss<br />

pur <strong>Nr</strong>. 5<br />

• Stockweiher <strong>Nr</strong>. 3<br />

4 Burgund / Jura<br />

• Saline Royale - Salz des<br />

Lebens: die königliche Saline<br />

von Arc-et-Senans <strong>Nr</strong>. 7<br />

• Skifahren im Jura - Landstrich<br />

der Geruhsamkeit <strong>Nr</strong>. 7<br />

• Burgund - Mit dem Hausboot auf<br />

dem Canal du Nivernais <strong>Nr</strong>. 2<br />

• Jura - Hundeschlittenfahren im<br />

hohen Norden... des Jura <strong>Nr</strong>. 1<br />

• Wein - Chablis, weißes Gold des<br />

Burgund <strong>Nr</strong>. 1<br />

5 Loire-Tal<br />

• Wein - Domaine de Beauséjour <strong>Nr</strong>. 8<br />

• Die etwas anderen Schlösser <strong>Nr</strong>. 3<br />

• Als Schlossherr im Jahr 2006... <strong>Nr</strong>. 3<br />

• Höhlenwohnungen - Moderne<br />

Troglodyten am Loir <strong>Nr</strong>. 3<br />

• Gärten & Parks <strong>Nr</strong>. 3<br />

• Fahrradtouren - Mit dem Fahrrad<br />

entlang der Loire <strong>Nr</strong>. 3<br />

• Wein - Jasnières du Loir <strong>Nr</strong>. 3<br />

• Gastronomie - Chez Miton <strong>Nr</strong>. 3<br />

6 Normandie<br />

• Trouville-sur-Mer - Bäderarchitektur<br />

vom Feinsten <strong>Nr</strong>. 8<br />

• Le Havre - Frankreichs neuestes<br />

Weltkulturerbe <strong>Nr</strong>. 3<br />

• Camembert-Herstellung <strong>Nr</strong>. 3<br />

7 Bretagne<br />

• Hotel - Grand Hôtel Barrière,<br />

Dinard <strong>Nr</strong>. 6<br />

• Bretagne - Thalassotherapie: die<br />

heilsamen Kräfte des Meeres <strong>Nr</strong>. 2<br />

8 Atlantikküste<br />

• Ein Traumwochenende im Bordelais<br />

<strong>Nr</strong>. 5<br />

• Cordouan - Das kleine Versailles im<br />

Atlantik <strong>Nr</strong>. 5<br />

• Inseln - Ile de Noirmoutier und Ile<br />

d‘Yeu - das Leben vor der Küste <strong>Nr</strong>. 4<br />

• LaLeyre - « Wenn du die Region<br />

wirklich kennen lernen möchtest,<br />

interessiere dich für die Leyre...» <strong>Nr</strong>. 4<br />

• Nantes - Eine Stadt organisiert<br />

ihre kulturelle Metamorphose <strong>Nr</strong>. 4<br />

• Hossegor - Wo Architektur den<br />

legendären Ruf eines Seebades<br />

begründet <strong>Nr</strong>. 4<br />

• Portraits - Salzbauern,<br />

Austernzüchter, Kiwiproduzenten,<br />

die Berufe entlang der Küste <strong>Nr</strong>. 4<br />

• Hotel - Les Sources de Caudalie,<br />

96 · Frankreich erleben · November / Dezember 2006


nach Regionen geordnet:<br />

Bordelais <strong>Nr</strong>. 3<br />

• Aquarium von La Rochelle <strong>Nr</strong>. 2<br />

• Wein - Bordelais: Les Vignobles<br />

Peyvergès <strong>Nr</strong>. 2<br />

• Bordeaux - Das Erwachen einer<br />

schlafenden Schönheit <strong>Nr</strong>. 1<br />

9 Zentralfrankreich /<br />

Pyrenäen<br />

• Skifahren im Zentralmassiv - Land<br />

der erloschenen Vulkane <strong>Nr</strong>. 7<br />

• Skifahren in den Pyrenäen -<br />

Bergkette zwischen zwei Meeren <strong>Nr</strong>. 7<br />

• Land der Katharer - Von Foix nach<br />

Carcassonne <strong>Nr</strong>. 4<br />

• Viadukt von Millau - Die Brücke<br />

über den Wolken <strong>Nr</strong>. 1<br />

10 Alpen / Rhone-Tal<br />

• Hotel - Hameau Albert 1er,<br />

Chamonix <strong>Nr</strong>. 7<br />

• Wein - Die Wahrheit über den<br />

Beaujolais Nouveau <strong>Nr</strong>. 7<br />

• Skifahren in den Nordalpen<br />

- Gebirge der Superlative <strong>Nr</strong>. 7<br />

• Skifahren in den Südalpen<br />

- Dem Mittelmeer so nah <strong>Nr</strong>. 7<br />

• Lyon - Eine Stadt entdeckt die<br />

Magie des Lichts <strong>Nr</strong>. 3<br />

11 Mittelmeerküste /<br />

Provence<br />

• Hotel - HI, Nizza <strong>Nr</strong>. 8<br />

• Cevennen - Das Rätsel der<br />

Höhle von Trabuc <strong>Nr</strong>. 7<br />

• Circuit du Var - Erste Formel-1-<br />

Fahrschule der Welt <strong>Nr</strong>. 6<br />

• Musée du Désert - Auf den Spuren des<br />

eigenen Namens <strong>Nr</strong>. 6<br />

• Marseille - 10 Gründe, die Hafenstadt<br />

zu mögen <strong>Nr</strong>. 5<br />

• Bambouseraie - Die Poesie eines 150<br />

Jahre alten Bambusgartens <strong>Nr</strong>. 4<br />

• Narbonnaise - Ein Morgen mit<br />

Gérard beim Aalfang... <strong>Nr</strong>. 4<br />

• Hotel - Le Delos, Mittelmeerküste <strong>Nr</strong>. 4<br />

• Saint-Tropez <strong>Nr</strong>. 2<br />

• Villages perchés - Wo Dörfer auf<br />

Gipfeln thronen <strong>Nr</strong>. 2<br />

• Confiserie - Wo Blüten zu süßen<br />

Köstlichkeiten werden <strong>Nr</strong>. 2<br />

• Gastronomie - Calissons <strong>Nr</strong>. 2<br />

12 Korsika<br />

• Calvi - Perle im Nordwesten<br />

Korsikas <strong>Nr</strong>. 8<br />

• Wenn Landstraßen zu Traumstraßen<br />

werden <strong>Nr</strong>. 5<br />

• Städtevergleich - Bastia versus<br />

Ajaccio <strong>Nr</strong>. 5<br />

• Gorges de la Restonica, Korsikas<br />

alpine Seite <strong>Nr</strong>. 5<br />

• Mit der Eisenbahn durch Korsikas<br />

Bergwelt <strong>Nr</strong>. 5<br />

• Restaurant - A Pineta <strong>Nr</strong>. 5<br />

• Hotel Casadelmar, Porto-Vecchio <strong>Nr</strong>. 1<br />

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Frankreich erleben · November / Dezember 2006 · 97


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Fokus: Provence<br />

Paris La Défense<br />

Neue Projekte fürs Pariser Geschäftsviertel<br />

Roubaix<br />

La Piscine<br />

Modernes<br />

Museum in alter<br />

Schwimmhalle<br />

Mont Saint-Michel<br />

Renaturierung des Wattenmeeres<br />

... und viele weitere Themen<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 10 - Juli / August <strong>2007</strong> erscheint am 27. <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong><br />

98 · Frankreich erleben · <strong>Mai</strong> / <strong>Juni</strong> <strong>2007</strong>


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