Familien- und Erziehungsberatung Jahresbericht 2019
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Familien- und Erziehungsberatung Jahresbericht 2019
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<strong>Jahresbericht</strong><br />
<strong>2019</strong>
J a h r e s b e r i c h t | 2<br />
Vorwort<br />
Sehr geehrte Leserinnen <strong>und</strong> Leser,<br />
die Artikel <strong>und</strong> statistischen Daten in dem Ihnen vorliegenden <strong>Jahresbericht</strong> machen<br />
deutlich, dass der Bedarf an Beratung für <strong>Familien</strong> ungebrochen hoch <strong>und</strong><br />
vielschichtig ist. Die Gesamtzahl der in <strong>2019</strong> betreuten Personen übersteigt die der<br />
letzten Jahre.<br />
Bei der Schilderung ihres Anliegens im Erstgespräch beginnen Eltern oft mit den<br />
Worten „Ich weiß gar nicht, ob ich hier überhaupt richtig bin….“ Gr<strong>und</strong> für ihre<br />
Unsicherheit ist nicht selten die Tatsache, dass sie bereits mehrere Stationen auf der<br />
Suche nach Unterstützung hinter sich haben.<br />
Die Problemlagen in den <strong>Familien</strong> entwickeln sich zunehmend vielschichtig. So<br />
stecken beispielsweise hinter der vermeintlichen „Spielsucht“ des 13-jährigen Tim (s.<br />
Artikel S. 10) mehrere Faktoren, die zunächst gar nicht damit in Zusammenhang<br />
gebracht wurden. Wer ist dafür zuständig <strong>und</strong> kann helfen? Schule, DROBS,<br />
Psychotherapeuten? Es ist für Eltern nicht immer ersichtlich, an wen sie sich wenden<br />
können.<br />
Die 6-jährige Lena nässt plötzlich nachts wieder ein – der Kinderarzt kann keine<br />
organische Ursache feststellen – <strong>und</strong> jetzt?<br />
Erziehungs- <strong>und</strong> <strong>Familien</strong>beratung ist ein niederschwelliges, kostenloses Angebot<br />
für Kinder, Jugendliche <strong>und</strong> Eltern. Alle Klienten, die zu uns kommen, haben einen<br />
Leidensdruck. Sie brauchen sich keine Gedanken darüber zu machen, ob ihr<br />
Anliegen „zu klein“ oder „zu heftig“ für einen Termin bei uns ist.<br />
Wir hören zu <strong>und</strong> besprechen gemeinsam welches Angebot für die entsprechende<br />
Familie sinnvoll ist. Wir vermitteln ebenso an interne <strong>und</strong> externe Partner im<br />
Netzwerk, damit der benannten oft mehrschichtigen Ausgangslage auf allen nötigen<br />
Ebenen begegnet werden kann.<br />
Wir selbst bieten spezialisierte Beratungs- <strong>und</strong> Therapieangebote unter stetiger<br />
Berücksichtigung einer systemischen Metaebene, die aufgr<strong>und</strong> eben der immer<br />
komplexer werdenden Lebenssituationen, Anforderungen <strong>und</strong> Belastungen für<br />
<strong>Familien</strong> wichtiger denn je erscheint. Dies bedeutet auch für uns, durch<br />
bedarfsgerechte Gestaltung <strong>und</strong> Weiterentwicklung unserer Angebotsstruktur sich<br />
immer wieder ein Stück neu zu erfinden unter Wahrung bewährter <strong>und</strong> wirksamer<br />
Anteile. Den Beraterinnen <strong>und</strong> Teamassistentinnen gebührt an dieser Stelle ein<br />
besonderer Dank, da sie sich ungebrochen engagiert <strong>und</strong> flexibel den<br />
Herausforderungen stellen <strong>und</strong> den Klienten professionell <strong>und</strong> wertschätzend<br />
begegnen. Ebenso dem Caritasverband Iserlohn, Hemer, Menden <strong>und</strong> Balve e.V. als<br />
Träger der Beratungsstelle, der uns, vertreten durch seinen Vorstand <strong>und</strong> der<br />
Verwaltung, die notwendigen Voraussetzungen <strong>und</strong> den Rückhalt für unsere tägliche<br />
Arbeit sichert.<br />
Dass es sich lohnt <strong>und</strong> <strong>Erziehungsberatung</strong> tatsächlich wirkungsvoll ist, belegen nun<br />
auch wissenschaftlich f<strong>und</strong>ierte Ergebnisse der b<strong>und</strong>esweiten „Wir.EB Studie“.<br />
Wurden früher in Beratungsstellen anonymisierte Fragebögen ausgegeben, brachten<br />
Klienten hierauf ihre hohe Zufriedenheit zum Ausdruck.
J a h r e s b e r i c h t | 3<br />
Mit diesen, „selbst gestrickten“ Instrumenten bildete sich jedoch vor allem die<br />
Strukturqualität ab. Die Klienten fühlten sich durch die Abläufe von der Anmeldung<br />
bis zur Beendigung der Beratung sehr gut aufgehoben.<br />
Die „Wir.EB Studie“ bescheinigt nun der Erziehungs- <strong>und</strong> <strong>Familien</strong>beratung im<br />
Vergleich aller Jugendhilfemaßnahmen ebenso sehr hohe Erfolgsquoten bezogen<br />
auf Ergebnisqualität. Unsere Beratungsstellen haben ein Jahr lang an der<br />
b<strong>und</strong>esweiten Studie teilgenommen.<br />
Nun wünsche ich Ihnen Freude bei der Lektüre der nächsten Seiten, die Ihnen einen<br />
Überblick über die statistischen Daten sowie unsere inhaltliche Arbeit im Berichtsjahr<br />
<strong>2019</strong> geben <strong>und</strong> bedanke mich für Ihr Interesse.<br />
Iserlohn, Januar 2020<br />
Torsten Filthaut<br />
Leiter der Beratungsstelle
J a h r e s b e r i c h t | 4<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Unsere Standorte<br />
2. Das Team<br />
2.1. Honorarkräfte<br />
3. TreffSicher – Ein Kursangebot für Eltern mit psychischen Erkrankungen<br />
oder Belastungen<br />
4. „Von Medienangst <strong>und</strong> Medienabhängigkeit…“<br />
5. Kooperation <strong>Erziehungsberatung</strong> – Schulsozialarbeit<br />
6. Chamäleon durch Europa (CdE) – ein nachhaltiges Abenteuer<br />
7. Offene Sprechst<strong>und</strong>e<br />
8. Sprechst<strong>und</strong>en in <strong>Familien</strong>zentren<br />
9. Gruppen- <strong>und</strong> Kursangebote in unseren Beratungsstellen<br />
10. Infoveranstaltungen in <strong>Familien</strong>zentren <strong>und</strong> Schulen<br />
11. Darstellung <strong>und</strong> Interpretation der Statistik<br />
11.1. Anteil der Klienten in den einzelnen Städten im Jahr <strong>2019</strong><br />
11.2. Wartezeit zwischen Anmeldung <strong>und</strong> 1. Fachkontakt<br />
11.3. Wartezeit zwischen Anmeldung <strong>und</strong> kontinuierlicher Weiterbetreuung<br />
11.4. Anzahl der Fachkontakte bis zum Abschluss der Beratung<br />
11.5. Alter der Kinder bei abgeschlossenen Beratungen<br />
11.6. Herkunft der Eltern<br />
11.7. Anteil Schwerpunktbereiche bei abgeschlossenen Fällen<br />
12. Ausblick auf das Berichtsjahr 2020
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1. Unsere Standorte<br />
Caritasverband Iserlohn, Hemer, Menden, Balve e.V.<br />
<strong>Familien</strong>- <strong>und</strong> <strong>Erziehungsberatung</strong> Iserlohn<br />
Karlstraße 15 ° 58636 Iserlohn<br />
E-Mail eb@caritas-iserlohn.de<br />
Fon (02371) 81 86 70<br />
Fax (02371) 81 86 81<br />
<strong>Familien</strong>- <strong>und</strong> <strong>Erziehungsberatung</strong> Hemer<br />
Berliner Straße 50 ° 58675 Hemer<br />
E-Mail eb@caritas-hemer.de<br />
Fon (02371) 81 86 70<br />
Fax (02371) 81 86 81<br />
<strong>Familien</strong>- <strong>und</strong> <strong>Erziehungsberatung</strong> Menden<br />
Kirchplatz 1a ° 58706 Menden<br />
E-Mail eb@caritas-menden.de<br />
Fon (02373) 95 96 50<br />
Fax (02373) 95 96 557<br />
<strong>Familien</strong>- <strong>und</strong> <strong>Erziehungsberatung</strong> Balve<br />
Brucknerweg 4 ° 58802 Balve<br />
E-Mail eb@caritas-balve.de<br />
Fon (02375) 91 84 889<br />
Fax (02373) 95 96 557
J a h r e s b e r i c h t | 6<br />
2. Das Team<br />
Arndt, Silke<br />
Staatlich anerkannte Heilpädagogin, Systemische Kinder- <strong>und</strong><br />
Jugendlichentherapeutin (SG), systemische <strong>Familien</strong>beraterin (SG)<br />
s.arndt@caritas-menden.de<br />
Becker, Melanie<br />
M. Sc. Psychologin<br />
m.becker@caritas-menden.de<br />
Cebulla, Jennifer<br />
M. Sc. Psychologin<br />
j.cebulla@caritas-menden.de<br />
Filthaut, Torsten<br />
Diplom - Sozialarbeiter, psychoanalytisch - systemischer Kinder- <strong>und</strong><br />
Jugendlichentherapeut (SG), systemischer Interaktionstherapeut <strong>und</strong> Berater<br />
t.filthaut@caritas-iserlohn.de<br />
Giordano, Nella<br />
Staatlich anerkannte Heilpädagogin, Kreativtherapeutin W.I.R.,<br />
Entspannungspädagogin<br />
n.giordano@caritas-menden.de<br />
Gloddeck-Goeke, Heidi<br />
Staatlich anerkannte Heilpädagogin, systemische Therapeutin / <strong>Familien</strong>therapeutin<br />
(DGSF)<br />
h.goeke@caritas-iserlohn.de<br />
Hinterberg, Stefanie<br />
Diplom – Sozialpädagogin, Mediatorin, Erziehungs- <strong>und</strong> <strong>Familien</strong>beraterin<br />
s.hinterberg@caritas-iserlohn.de<br />
Jolk, Silvia<br />
Teamassistentin<br />
eb@caritas-menden.de<br />
Raabe, Hildegard<br />
Staatlich anerkannte Heilpädagogin, Erziehungs- <strong>und</strong> <strong>Familien</strong>beraterin<br />
h.raabe@caritas-iserlohn.de
J a h r e s b e r i c h t | 7<br />
Stuchlik, Anke<br />
Verwaltungsmitarbeiterin<br />
info@caritas-iserlohn.de<br />
Wodaege, Marius<br />
M. Sc. Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut<br />
m.wodaege@caritas-iserlohn.de<br />
Semesterpraktikantinnen:<br />
Marie-Luise Klotz<br />
FH Dortm<strong>und</strong> (Soziale Arbeit, BA)<br />
Chantal Storkebaum<br />
FH Dortm<strong>und</strong> (Soziale Arbeit, BA)<br />
Evelyn Heinrich<br />
Fliedner FH Düsseldorf (Soziale Arbeit, BA)<br />
2.1. Honorarkräfte<br />
Morales-Ramos, Isabel<br />
Staatlich anerkannte Heilpädagogin<br />
Pollok, Babs<br />
Diplom-Sozialpädagogin, staatlich anerkannte Heilpädagogin
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3. TreffSicher<br />
TreffSicher ist ein neues Kursangebot für Eltern mit psychischen Erkrankungen oder<br />
Belastungen.<br />
In <strong>2019</strong> konnten wir zwei Kursdurchläufe erfolgreich abschließen. In jeweils 12<br />
Treffen setzten sich die Kursteilnehmerinnen intensiv damit auseinander, wie sie den<br />
Bedürfnissen ihrer Kinder gerecht werden können, auch wenn sie sich selbst gerade<br />
in einer Phase hoher psychischer Belastung befinden.<br />
Das Kursprogramm setzt sich aus vier Modulen<br />
zusammen:<br />
1: Mentalisieren<br />
Hierbei geht es darum, „in die Welt des Kindes<br />
bzw. einer anderen Person zu gehen“, dessen<br />
Handlungen, Befindlichkeiten <strong>und</strong> Gedanken<br />
besser einschätzen <strong>und</strong> verstehen zu lernen. Zu<br />
erkennen, dass das eigene Verhalten <strong>und</strong> das des<br />
Gegenübers im Zusammenhang steht mit inneren<br />
mentalen Zuständen.<br />
Die Kursteilnehmerinnen erlernen Strategien, wie<br />
sie sich selbst in Stresssituationen beruhigen<br />
können um dann reflektiert zu handeln.<br />
2: Gefühle <strong>und</strong> Umgang mit Gefühlen<br />
Emotionen steuern unsere Handlungen, andere Menschen wiederum können durch<br />
ihre Handlungen unsere Gefühle beeinflussen. In diesem Modul geht es um<br />
bewusstes Wahrnehmen der eigenen Gefühle <strong>und</strong> dem kontrollierten Umgang damit,<br />
insbesondere in Interaktionen mit Konfliktpotenzial. Der Inhalt des Moduls lehnt sich<br />
an das Konzept der emotionalen Unter- bzw. Überregulierung an. Manchen<br />
Menschen fällt es schwer, ihre Gefühle zu regulieren <strong>und</strong> lernen hier ihre Impulsivität<br />
zu verringern. Anderen Personen hingegen fällt es sehr schwer, schmerzhafte,<br />
belastende Gefühle zuzulassen. Sie werden darin unterstützt, diese wahrzunehmen,<br />
auszuhalten <strong>und</strong> auszudrücken.<br />
3: Stressbewältigung<br />
<strong>Familien</strong>, in denen Elternteile unter einer psychischen oder Suchterkrankung leiden,<br />
erleben sich häufig in einem Zustand hoher Stressbelastung. Dies geht einher mit<br />
Empfindungen von Überlastung <strong>und</strong> Hilflosigkeit in Bezug auf Erziehungs- <strong>und</strong><br />
Beziehungsgestaltung zu den eigenen Kindern. Die Stressbelastung der Eltern führt<br />
zu Auffälligkeiten der Kinder, was wiederum Stressfaktor für die Eltern ist <strong>und</strong> deren<br />
psychische Ges<strong>und</strong>heit verschlechtert.<br />
Dieses Modul zeigt auf, wie Belastungssituationen frühzeitig wahr- <strong>und</strong><br />
ernstgenommen werden. In der Gruppe werden gemeinsam alternative<br />
Handlungsstrategien entwickelt um in Alltagssituationen aus dem erworbenen<br />
Lösungsrepertoire schöpfen zu können.
J a h r e s b e r i c h t | 9<br />
4: Förderung des sozialen Beziehungsnetzes<br />
Ziel ist die Entwicklung bzw. der Ausbau eines individuellen sozialen Netzwerkes,<br />
was wesentlich zur seelischen <strong>und</strong> körperlichen Ges<strong>und</strong>heit des Menschen beiträgt<br />
<strong>und</strong> Unterstützung sowie Entlastung bei der Bewältigung belastender<br />
Alltagssituationen darstellt. Menschen mit psychischen- oder Suchterkrankungen<br />
haben die Tendenz, sich aus verschiedenen Gründen aus ihrem sozialen Umfeld<br />
zurückzuziehen oder werden anders herum aus sozialen Bezügen ausgeschlossen.<br />
Die Kursteilnehmer werden ermutigt, ihre eigene Netzwerkkarte zu entwickeln <strong>und</strong><br />
zu analysieren, welche Menschen eine Ressource für sie darstellen könnten. Es wird<br />
vorbereitet, im zweiten Schritt (wieder) auf diese Menschen zuzugehen.<br />
Das Kursprogramm ist im Rahmen des<br />
Kooperationsprojekts „Kinder schützen durch<br />
Stärkung der Eltern“ des Caritasverbandes für<br />
das Erzbistum Paderborn e.V. <strong>und</strong> des Instituts<br />
für Ges<strong>und</strong>heitsforschung <strong>und</strong> Soziale<br />
Psychiatrie (igsp) der Katholischen Hochschule<br />
NRW entwickelt <strong>und</strong> evaluiert worden.<br />
Es ist inzwischen an vielen Standorten in<br />
Deutschland <strong>und</strong> der Schweiz implementiert.<br />
In der Durchführung hier vor Ort haben wir das<br />
Programm durch bewährte Inhalte <strong>und</strong> Methoden<br />
aus unserer langjährigen Erfahrung in der Arbeit<br />
mit <strong>Familien</strong>, in denen ein oder beide Elternteile<br />
an einer psychischen- oder Suchterkrankung<br />
leiden, ergänzt.<br />
Der Kurs findet in Kooperation mit der Abteilung<br />
der Frühen Hilfen „FrühAuf“ statt.<br />
Für die Teilnahme am Kurs ist keine ärztlich bescheinigte Diagnose erforderlich.<br />
Weitere Informationen zum Kurs <strong>und</strong> zur Anmeldung finden Sie unter www.caritasfamilienberatung.de<br />
.
J a h r e s b e r i c h t | 10<br />
4. „Von Medienangst <strong>und</strong> Medienabhängigkeit…“<br />
…war der Titel der In-House-Fortbildung, die im Juli <strong>2019</strong><br />
im Caritashaus in Iserlohn stattgef<strong>und</strong>en hat. Philipp Theis<br />
(Hannover) referierte vor den Teams der<br />
<strong>Erziehungsberatung</strong>, der Suchtberatung, der Frühen<br />
Hilfen <strong>und</strong> des <strong>Familien</strong>zentrums.<br />
Unsere Motivation für die Fortbildung war, dass das Thema<br />
„Umgang mit <strong>und</strong> Gefahren durch Medien“ die <strong>Familien</strong><strong>und</strong><br />
<strong>Erziehungsberatung</strong> zunehmend beschäftigt. Die Zahl<br />
der Eltern, die sich bei uns melden, weil sie befürchten,<br />
dass ihr Sohn internetsüchtig sein könnte oder ihre Tochter<br />
Opfer von Cybermobbing geworden ist, nimmt zu.<br />
Die folgende Geschichte über Tim <strong>und</strong> seine Familie ist exemplarisch:<br />
(Alle Namen <strong>und</strong> Daten sind verändert)<br />
Tim ist 13 Jahre alt. Er besucht die sechste Klasse einer weiterführenden Schule. Bis<br />
vor einigen Monaten waren seine Schulnoten „im grünen Bereich“, nun steht er in<br />
Mathe, Englisch <strong>und</strong> Bio fünf. Er spielte seit dem Kindergarten begeistert Fußball <strong>und</strong><br />
ging regelmäßig zum Training, ohne daran erinnert werden zu müssen. Er freute sich<br />
auf die Spiele an den Wochenenden. Seit einiger Zeit bleibt er lieber zuhause. Er<br />
verabredete sich in seiner Freizeit gerne mit Fre<strong>und</strong>en um zu skaten, jetzt spielt er<br />
stattdessen lieber Fortnite.<br />
Die Eltern berichten verzweifelt, dass sich sein komplettes Verhalten verändert habe.<br />
Wenn sie das „Zocken“ begrenzen reagiere Tim zunehmend aggressiv. Auch wenn<br />
er in dem Spiel nicht erfolgreich ist sei er total frustriert, dann „fliege“ auch schon mal<br />
der Kontroller durchs Zimmer.<br />
Was die Eltern von Tim im Erstgespräch in unserer Beratungsstelle beschreiben ist<br />
sehr typisch: Eine oftmals für die Familie unerklärliche, massive<br />
Verhaltensveränderung des Kindes im Zusammenhang mit zunehmendem Zocken.<br />
Jungen sind signifikant häufiger betroffen als Mädchen. Dabei ist immer exzessiveres<br />
Spielen am PC oder der Konsole in den meisten Fällen nicht das Gr<strong>und</strong>problem,<br />
sondern die Konsequenz bereits bestehender ungünstiger Faktoren.<br />
Jugendliche, die sich immer mehr hinter ihren Bildschirm zurückziehen, geben an,<br />
sich im realen Leben überfordert, niedergeschlagen, gescheitert, hässlich oder<br />
isoliert zu fühlen. Diesen schlechten Gefühlen, die oft verb<strong>und</strong>en sind mit<br />
mangelndem Selbstwertempfinden, setzen insbesondere Onlinespiele etwas<br />
entgegen, indem sie den Spielern unmittelbare Anerkennung, Motivation <strong>und</strong><br />
Erfolgserleben liefern.<br />
Die Spiele sind so entwickelt, dass sie – wie auch stoffgeb<strong>und</strong>ene Drogen – auf das<br />
Belohnungssystem im Gehirn wirken mit dem Effekt, dass der Nutzer immer mehr<br />
von den „Glücksmomenten“ benötigt <strong>und</strong> dies immer häufiger, um ein<br />
gleichbleibendes Level an vermeintlichem Wohlbefinden <strong>und</strong> Glücksgefühl zu
J a h r e s b e r i c h t | 11<br />
empfinden. Eine Falle, die natürlich nicht funktioniert <strong>und</strong> dem Betroffenen in seiner<br />
psychosozialen, ges<strong>und</strong>heitlichen Entwicklung schadet.<br />
Insofern haben Tims Eltern absolut Recht, wenn sie in großer Not sind <strong>und</strong> sich<br />
Sorgen um ihren Sprössling machen. In ihrer elterlichen Angst sehen sie in dem<br />
Spiel an sich den Gr<strong>und</strong> für die angespannte Situation.<br />
An diesem Punkt setzt durch Psychoedukation der erste wichtige Schritt im<br />
Beratungsprozess ein, denn Tim fühlte sich schon lange bevor er überhaupt online<br />
gehen durfte schlecht. Das Zocken empfand er folglich eher als einen<br />
„Lösungsversuch“, um wieder besser „drauf zu kommen“.<br />
In diesem Sinne ist es in der Beratung also notwendig gemeinsam herauszufinden,<br />
welches mögliche Auslöser sind, wenn sich das Befinden bzw. die<br />
Lebenszufriedenheit <strong>und</strong> Ausgeglichenheit von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
verschlechtert. Gründe dafür können sehr unterschiedlich sein: Konflikte in der<br />
Familie, Trennung der Eltern oder (psychische) Erkrankung eines <strong>Familien</strong>mitglieds,<br />
Leistungsdruck, Mobbing in der Schule….<br />
In diesen Zusammenhängen teilen Kinder <strong>und</strong> Jugendliche ihre Gefühle <strong>und</strong> Sorgen<br />
häufig nicht unmittelbar mit, versuchen es mit sich selbst auszumachen. Dabei „hilft“<br />
dann eben wie beschrieben die erst einmal erleichternde Wirkung beim Zocken - eine<br />
Falle.<br />
Konkret bedeutet dies, dass in dem Beratungsprozess mit Tim <strong>und</strong> seinen Eltern<br />
zunächst die Ursachen geklärt wurden, warum Tim sich immer weiter zurückzog. In<br />
seinem Fall war es tatsächlich ein schon länger währender Paarkonflikt der Eltern,<br />
von dem er viel mehr mitbekam als diese dachten. Er machte sich viele Gedanken<br />
darüber, wie es wohl alles weiter gehe, ob sie sich wohl trennen <strong>und</strong> wo er dann<br />
wohne, was mit dem Haus passiere….<br />
Hinzu kam, dass er beim Fußball in der letzten Zeit nicht mehr so erfolgreich war <strong>und</strong><br />
da auch Kritik einstecken musste. Als dann auch noch die Noten absackten, da er<br />
sich aufgr<strong>und</strong> seiner Sorgen <strong>und</strong> Gedanken überhaupt nicht mehr konzentrieren<br />
konnte, geriet er in eine Überforderungssituation. Tim hat in seiner Familie ein<br />
großes Repertoire an Strategien erlernt, auch mit Problemen zurechtzukommen.<br />
Dies war nun aber alles zu viel <strong>und</strong> die Strategien funktionierten nicht mehr. Ein<br />
Gefühl des Scheiterns setzte ein.<br />
Tim benötigte also einen Rückgewinn an Sicherheit, eine Beantwortung seiner<br />
Fragen an die Eltern, die er bisher nicht gestellt hatte <strong>und</strong> einen „Fahrplan“, wieder<br />
ins reale Leben, sprich Fre<strong>und</strong>e treffen, Sport machen, um den Kopf dann auch<br />
wieder in der Schule frei zu haben.<br />
Darüber hinaus ist es sinnvoll das zukünftige Spielverhalten zu besprechen, Regeln<br />
<strong>und</strong> Absprachen dafür zu vereinbaren.<br />
Zeitregelungen, wie sie im Internet oder auch von uns empfohlen werden, sind dabei<br />
lediglich als Anhaltspunkte zu verstehen. Viel wichtiger ist es, dass die Balance<br />
zwischen virtueller <strong>und</strong> realer Welt erhalten bleibt.<br />
Wenn Zocken einen Teil der Freizeitgestaltung neben vielen anderen einnimmt geht<br />
davon – unter Berücksichtigung der Alterseignung der Spiele – sicher keine Gefahr<br />
aus.
J a h r e s b e r i c h t | 12<br />
5. Kooperation <strong>Erziehungsberatung</strong> - Schulsozialarbeit<br />
Auf unserer Agenda <strong>2019</strong> stand die „Auffrischung“ der Vernetzung zu allen<br />
Schulsozialarbeitern für Iserlohn, Hemer, Menden <strong>und</strong> Balve. Dazu luden wir uns in<br />
die entsprechenden Gremien der Schulsozialarbeit in den einzelnen Städten sowie in<br />
die JanS - Konferenz (Ev. Jugendhilfe Iserlohn) ein <strong>und</strong> wurden herzlich begrüßt –<br />
vielen Dank!<br />
Schüler aller Gr<strong>und</strong>schulen <strong>und</strong> weiterführender Schulen in Iserlohn, Hemer, Menden<br />
<strong>und</strong> Balve sind Ratsuchende in unseren Beratungsstellen, meist mit deren <strong>Familien</strong>.<br />
Oder umgekehrt ausgedrückt: Fast alle Kinder <strong>und</strong> Jugendliche, die die<br />
<strong>Familien</strong>beratung aufsuchen sind Schüler einer Schule vor Ort.<br />
Die Anliegen, die die Schüler zu uns bewegen, betreffen meist mehrere<br />
Lebensbereiche. Unter systemischer Sicht versteht es sich deshalb von selbst, dass<br />
die Institutionen, die eine Verantwortung für Kinder <strong>und</strong> Jugendliche haben, gut<br />
voneinander wissen, sich in den Angeboten <strong>und</strong> Unterstützungsmöglichkeiten<br />
ergänzen.<br />
Die <strong>Familien</strong>- <strong>und</strong> <strong>Erziehungsberatung</strong> versteht sich als ein Element in diesem<br />
Spektrum.<br />
Im Rahmen dieser Vernetzungsarbeit mit den Schulen entstand eine<br />
Kooperationsvereinbarung mit der Realschule Balve. Hier bieten wir wie bereits seit<br />
vielen Jahren in der Realschule Menden nun auch Sprechzeiten für Schüler, Eltern<br />
<strong>und</strong> Lehrer vor Ort an.
J a h r e s b e r i c h t | 13<br />
6. Chamäleon durch Europa (CdE) - ein nachhaltiges Abenteuer<br />
Am 31.08.<strong>2019</strong> rollte Dennis Breiser nach 16.450 geradelten Kilometern durch 19<br />
Länder wieder auf dem Ihmerter Schulhof ein <strong>und</strong> wurde herzlichst <strong>und</strong> dankbar von<br />
seiner Familie, Fre<strong>und</strong>en, interessierten Menschen <strong>und</strong> dem Caritasteam in Empfang<br />
genommen. Ein sehr emotionales Ereignis.<br />
Als Botschafter für „Kinder aus sucht- <strong>und</strong> seelisch belasteten <strong>Familien</strong>“ verlieh er<br />
diesem Thema durch die Verbindung von Leistungssport <strong>und</strong> Charity eine große<br />
Aufmerksamkeit.<br />
Mehr noch als das beträchtliche Spendenaufkommen, welches die Aktion erzielte<br />
sind diese erlangte Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Öffentlichkeit von entscheidender <strong>und</strong><br />
nachhaltiger Wirkung.<br />
Die Kinder in unseren Chamäleongruppen mussten leider sehr oft „lernen“, die<br />
psychische- oder Suchterkrankung eines oder beider Elternteile zu verheimlichen.<br />
Aus Scham oder um nicht mit Fragen über die familiäre Situation konfrontiert zu<br />
werden. In den Gruppentreffen lernen die Kinder, ihre Ängste <strong>und</strong> Gefühle<br />
auszudrücken, es nicht mit sich selbst ausmachen zu müssen <strong>und</strong> aus der Isolation<br />
herauszutreten. Ebenso hat Dennis das Anliegen dieser Kinder in die Welt<br />
hinausgetragen. Die öffentliche <strong>und</strong> mediale Wirkung hat breit für das Thema<br />
sensibilisiert.<br />
Dies ist ein Geschenk für betroffene Kinder <strong>und</strong> Jugendliche, wenn sie durch die<br />
Aktion auf mehr Verständnis für <strong>und</strong> Kenntnis über ihre Situation in ihrem Umfeld<br />
treffen.
J a h r e s b e r i c h t | 14<br />
Dennis ist für sie zu einem Idol geworden der ihnen vorlebt <strong>und</strong> auch sagt, dass es<br />
sich lohnt <strong>und</strong> möglich ist, seine Ziele <strong>und</strong> Wünsche zu verwirklichen.<br />
Er ist ein „Turboboost“ (O-Ton Dennis Breiser) für Perspektivenentwicklung bei<br />
Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen.<br />
Lieber Dennis,<br />
selbst ein „Riesendankeschön“ wird deinem Einsatz wohl kaum gerecht.<br />
Wir möchten dir nun ebenfalls einen „Turboboost“ mit auf den Weg geben für deine<br />
ambitionierten Pläne bezüglich deiner Zukunft im Leistungssport!<br />
Dein Caritasteam
J a h r e s b e r i c h t | 15<br />
7. Offene Sprechst<strong>und</strong>e<br />
Im März <strong>2019</strong> eröffnete die wöchentlich stattfindende, offene Sprechst<strong>und</strong>e in der<br />
Beratungsstelle Iserlohn. Einige Klienten nutzen sie als Einmalberatung, einige<br />
wünschten danach eine kontinuierliche Weiterbetreuung.<br />
Für die Inanspruchnahme der offenen Sprechst<strong>und</strong>e ist keine Voranmeldung<br />
notwendig. Sie bietet Ratsuchenden die Möglichkeit, niederschwellig <strong>und</strong> kurzfristig<br />
ein Beratungsangebot oder eine Kurzzeitintervention zu erhalten.<br />
Sich ggf. anschließende, fortlaufende Beratungen <strong>und</strong> Therapien werden nach einer<br />
Wartezeit (s. S. 19ff) außerhalb der offenen Sprechst<strong>und</strong>e angeboten.
J a h r e s b e r i c h t | 16<br />
8. Sprechst<strong>und</strong>en in <strong>Familien</strong>zentren <strong>und</strong> Schulen<br />
Im Sinne des § 21 des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) bieten wir Sprechst<strong>und</strong>en in<br />
diesen 19 <strong>Familien</strong>zentren vor Ort an:<br />
Iserlohn<br />
AWO <strong>Familien</strong>zentrum Kinderland<br />
Caritas <strong>Familien</strong>zentrum<br />
<strong>Familien</strong>zentrum Hand in Hand<br />
<strong>Familien</strong>zentrum Die Kleinen vom Erbenberg<br />
Katholisches <strong>Familien</strong>zentrum Iserlohn – Mitte<br />
<strong>Familien</strong>zentrum Ein Haus für alle Kinder<br />
Katholisches <strong>Familien</strong>zentrum Iserlohn – Letmathe<br />
Katholisches <strong>Familien</strong>zentrum St. Hedwig<br />
Hemer<br />
<strong>Familien</strong>zentrum Auf Draht<br />
<strong>Familien</strong>zentrum Meilenstein<br />
<strong>Familien</strong>zentrum Stübecken / Geitbecke<br />
<strong>Familien</strong>zentrum Kompass<br />
<strong>Familien</strong>zentrum Zaubergarten<br />
<strong>Familien</strong>zentrum Stüps<br />
Menden<br />
DRK <strong>Familien</strong>zentrum Obsthof<br />
<strong>Familien</strong>zentrum Menden – Mitte<br />
<strong>Familien</strong>zentrum Platte Heide<br />
<strong>Familien</strong>zentrum St. Josef<br />
Balve<br />
<br />
Katholisches <strong>Familien</strong>zentrum Heilige Drei Könige Garbeck<br />
Im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung führen wir Sprechst<strong>und</strong>en in folgenden<br />
Schulen durch:<br />
<br />
<br />
Realschule Menden<br />
Realschule Balve
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9. Gruppen <strong>und</strong> Kurse in unseren Beratungsstellen<br />
Im Jahr <strong>2019</strong> haben in unseren Beratungsstellen folgende Gruppen <strong>und</strong> Kurse<br />
stattgef<strong>und</strong>en:<br />
Chamäleon (Gruppe für Kinder <strong>und</strong> Jugendliche aus sucht- <strong>und</strong> seelisch<br />
belasteten <strong>Familien</strong>)<br />
Trennungs- <strong>und</strong> Scheidungskindergruppe<br />
Mädchengruppe<br />
MuTiger (Gruppe für Kinder, die unsicher oder ängstlich sind)<br />
MuTiger Elternkurs (Eltern unterstützen ihre Kinder dabei mutiger zu werden)<br />
TreffSicher Elternkurs (s. Seite 8)<br />
Aufmerksamkeitstraining<br />
Heilpädagogische Fördergruppen<br />
Elterngruppe für Alleinerziehende<br />
10. Infoveranstaltungen in <strong>Familien</strong>zentren <strong>und</strong> Schulen<br />
Zu folgenden Themen haben wir in <strong>2019</strong> in <strong>Familien</strong>zentren <strong>und</strong> Schulen<br />
Infoveranstaltungen mit Eltern, Erzieherinnen oder Lehrern durchgeführt:<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Umgang mit Medien<br />
Psychosexuelle Entwicklung („Doktorspiele“)<br />
„Die Brüllfalle“<br />
Trotzphase<br />
Flucht <strong>und</strong> Trauma
J a h r e s b e r i c h t | 18<br />
11. Darstellung <strong>und</strong> Interpretation der Statistik<br />
2017 2018 <strong>2019</strong><br />
Gesamtzahl der betreuten Personen: 845 822 891<br />
davon abgeschlossene Beratungen/Therapien: 562 518 519<br />
ins Folgejahr übernommene Klienten: 283 304 372<br />
Klienten aus Iserlohn 337 354 372<br />
Menden 269 264 277<br />
Hemer 159 143 166<br />
Balve 80 61 76<br />
Insgesamt: 845 822 891<br />
11.1. Anteil der Klienten in den einzelnen Städten im Jahr <strong>2019</strong><br />
Städte<br />
76<br />
Iserlohn<br />
277<br />
372<br />
Hemer<br />
Menden<br />
Balve<br />
166
J a h r e s b e r i c h t | 19<br />
2016 2017 2018 <strong>2019</strong><br />
Gesamtzahl der Neuanmeldungen 594 619 599 581<br />
davon nicht zum Erstkontakt erschienen 53 61 40 47<br />
Die Gesamtzahl der betreuten Personen ist in <strong>2019</strong> im Vergleich zu den Vorjahren in<br />
allen vier Städten gestiegen. Dabei ist zu verzeichnen, dass die Zahl der<br />
Übernahmen in das jeweilige Folgejahr gegenüber den Neuanmeldungen<br />
zugenommen hat.<br />
In Balve waren die Zahlen im Jahr 2017 infolge des tragischen Todesfalles einer<br />
Balver Schülerin vorrübergehend signifikant angestiegen.<br />
11.2. Wartezeit zwischen Anmeldung <strong>und</strong> 1. Fachkontakt<br />
Wartezeit bis zu 14 Tagen 448 Beratungen = 77 %<br />
bis zu 1 Monat 97 Beratungen = 17 %<br />
länger als 1 Monat 35 Beratungen = 6 %<br />
500<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
14 Tage 1 Monat länger 1<br />
Monat<br />
14 Tage<br />
1 Monat<br />
2 Monate<br />
Mit 77 % liegt der Anteil der Klienten, denen wir innerhalb von 14 Tagen ein<br />
Erstgespräch anbieten konnten, etwas niedriger als im Vorjahr. Es ist unser selbst<br />
gestecktes Ziel, jedem Ratsuchenden innerhalb von 14 Tagen nach Anmeldung<br />
einen Ersttermin anbieten zu können.
J a h r e s b e r i c h t | 20<br />
11.3. Wartezeit zwischen Anmeldung <strong>und</strong> Weiterbetreuung<br />
bis zu 14 Tagen 32 Beratungen = 5,5 %<br />
bis zu 1 Monat 77 Beratungen = 13,3 %<br />
bis zu 2 Monaten 53 Beratungen = 9,2 %<br />
bis zu 3 Monaten 28 Beratungen = 4,8 %<br />
länger als 3 Monate 130 Beratungen = 22,5 %<br />
Es ist leider festzustellen, dass sich die Wartezeit zwischen dem Ersttermin <strong>und</strong> der<br />
kontinuierlichen Weiterberatung verlängert hat. So musste mit 22,5% fast ein Viertel<br />
der Klienten länger als drei Monate auf Folgetermine warten. Zu den in der obigen<br />
Tabelle aufgeführten Zahlen kommt noch ein gestiegener Anteil an<br />
Einmalberatungen hinzu. Diese haben durch unser Angebot der wöchentlichen<br />
offenen Sprechst<strong>und</strong>e zugenommen.<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
14 Tage 1 Monat 2 3<br />
Monate Monate<br />
länger<br />
14 Tage<br />
1 Monat<br />
2 Monate<br />
3 Monate<br />
länger<br />
Im Berichtsjahr haben sich mit steigender Tendenz <strong>Familien</strong> in Krisensituationen in<br />
den Beratungsstellen angemeldet, bei denen das Angebot einer zeitnahen<br />
Intervention notwendig war. Damit erklärt sich, dass mehr Klienten als zuvor schon<br />
innerhalb eines Monats einen oder mehrere Folgetermine angeboten bekamen.<br />
Wie oben beschrieben wirkt sich dies allerdings negativ auf die Gesamtstatistik der<br />
Wartezeit aus.<br />
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass Krisenintervention eine Aufgabe von<br />
<strong>Erziehungsberatung</strong> ist. Hierbei handelt es sich aber zunehmend um<br />
kompensatorische oder überbrückende Interventionen, da die der Indikation nach<br />
passenden, spezialisierten ambulanten bzw. stationären Therapieangebote nicht<br />
(zeitnah) vorhanden sind.
J a h r e s b e r i c h t | 21<br />
11.4. Anzahl der Fachkontakte bis zum Abschluss der Beratung<br />
Beratungen mit 1 Fachkontakt 98 Klienten = 19 %<br />
2 - 5 Fachkontakten 302 Klienten = 58 %<br />
6 - 15 Fachkontakten 80 Klienten = 15 %<br />
16 - 30 Fachkontakten 19 Klienten = 6 %<br />
über 30 Fachkontakten 10 Klienten = 2 %<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
1 2-5 6-15 16-30<br />
Fachk. Fachk. Fachk. Fachk.<br />
über<br />
30<br />
1 Fachk.<br />
2-5 Fachk.<br />
6-15 Fachk.<br />
16-30 Fachk.<br />
über 30<br />
Wie in den Vorjahren finden bis zum Abschluss der Beratung im Durchschnitt ca. fünf<br />
Fachkontakte statt.<br />
Der Anteil der längeren Beratungen ist nicht signifikant gestiegen.
J a h r e s b e r i c h t | 22<br />
11.5. Alter der Kinder bei abgeschlossenen Beratungen<br />
Unter 3 Jahre 34 Personen = 6,6 %<br />
3 bis unter 6 Jahre 111 Personen = 21,4 %<br />
6 bis unter 9 Jahre 108 Personen = 20,8 %<br />
9 bis unter 12 Jahre 91 Personen = 17,5 %<br />
12 bis unter 15 Jahre 90 Personen = 17,3 %<br />
15 bis unter 18 Jahre 45 Personen = 8,7 %<br />
18 bis unter 21 Jahre 24 Personen = 4,3 %<br />
21 bis unter 27 Jahre 6 Personen = 3,1 %<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
unter 3 J<br />
3 - unter 6 J<br />
6 - unter 9 J<br />
9 - unter 12 J<br />
12-unter 15 J<br />
15-unter 19 J<br />
18-unter 21 J<br />
21-unter 27 J<br />
Die Altersverteilung der Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen spiegelt die Angebotsstruktur<br />
unserer <strong>Familien</strong>- <strong>und</strong> <strong>Erziehungsberatung</strong> wieder.<br />
Beginnend mit dem Bereich der Frühen Hilfen bilden sich die<br />
Beratungsschwerpunkte an den entwicklungspsychologischen <strong>und</strong> gesellschaftlichen<br />
Übergängen im Leben von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen ab.
J a h r e s b e r i c h t | 23<br />
11.6. Herkunft der Eltern<br />
Anzahl<br />
Prozent<br />
Ausländische Herkunft mindestens eines Elternteils 178 = 34,3 %<br />
In der Familie wird vorrangig deutsch gesprochen 434 = 83,6 %<br />
Der Anteil der Menschen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> ist in <strong>2019</strong> um fast 5 %<br />
gestiegen. Dies ist unter anderem auf eine steigende Zahl von <strong>Familien</strong> mit<br />
Fluchterfahrungen zurückzuführen, die im Berichtsjahr unsere Beratungsstellen<br />
aufgesucht haben; vermutlich ein positiver Effekt der intensivierten Zusammenarbeit<br />
mit der Schulsozialarbeit (s. S. 12)<br />
Familie lebt überwiegend von<br />
eigenen Einkünften 431 = 83,0 %<br />
Sozialleistungen 88 = 17,0 %<br />
Der Anteil der <strong>Familien</strong>, die unsere Beratung in Anspruch nehmen <strong>und</strong><br />
Transferleistungen beziehen, ist in den vergangenen Jahren konstant <strong>und</strong> deckt sich<br />
in etwa mit den landesweiten Zahlen.<br />
11.7. Anteil Schwerpunktbereiche bei abgeschlossenen Fällen<br />
Vor/in/nach Trennung <strong>und</strong> Scheidung 185<br />
Mit Alleinerziehenden 138<br />
Mit jungen Menschen unter 21 Jahre 44<br />
Mit jungen Erwachsenen zwischen 21 <strong>und</strong> 27 Jahren 11<br />
Mit <strong>Familien</strong>, deren Kinder unter 21 Jahre alt sind 441<br />
Ungebrochen hoch ist der Anteil der <strong>Familien</strong>, die uns vor, während oder nach einer<br />
Trennung bzw. Scheidung aufsuchen. Trennungs- <strong>und</strong> Scheidungsberatung ist eine<br />
beschriebene Hauptaufgabe der <strong>Familien</strong>- <strong>und</strong> <strong>Erziehungsberatung</strong>.<br />
Ebenfalls gleichbleibend hoch ist die Anzahl der alleinerziehenden Mütter <strong>und</strong> Väter.
J a h r e s b e r i c h t | 24<br />
12. Ausblick auf das Berichtsjahr 2020<br />
Im Vorwort klang bereits an, dass sich Erziehungs- <strong>und</strong> <strong>Familien</strong>beratung vor dem<br />
Hintergr<strong>und</strong> gesellschaftlichen Wandels abbildet. Dabei muss sie eine<br />
Gratwanderung zwischen Niederschwelligkeit <strong>und</strong> einer zunehmend spezialisierten<br />
Angebotsstruktur absolvieren.<br />
Um in diesem Prozess konturiert <strong>und</strong> klar erkennbar zu bleiben, hat sich das Team<br />
der Caritas Erziehungs- <strong>und</strong> <strong>Familien</strong>beratung für das Berichtsjahr 2020 auf die<br />
Agenda geschrieben, einen strukturierten Qualitätsentwicklungsprozess zu starten<br />
mit dem Ziel der Erstellung eines Qualitätshandbuches. Gute Gründe dieser Profilbzw.<br />
Konzeptarbeit sind<br />
- die Herstellung einer Transparenz der Fachlichkeit<br />
- Qualitätsentwicklung als Prozess<br />
- Hilfe bei der Entscheidungsfindung bezüglich der Angebotsanpassung<br />
Neben diesem aufwendigen Vorhaben für das kommende Jahr ist aber auch ein<br />
ganz konkretes, neues Angebot geplant, dessen Idee folgender Pressemeldung<br />
entspringt: „Dänemark – ohne Elternkurs keine Scheidung“. Sind Kinder von einer<br />
Scheidung betroffen, dürfen unsere dänischen Nachbarn neuerdings erst dann vor<br />
Gericht geschieden werden, wenn sie die Teilnahme an einem Informationskurs<br />
nachweisen.<br />
Ob es eine gute Idee ist dies staatlich zu verordnen sei dahin gestellt, wohl aber ist<br />
es eine gute Idee, wenn Eltern ein Gr<strong>und</strong>wissen darüber bekommen, was eine<br />
Trennung für ihre Kinder bedeutet <strong>und</strong> wodurch Eltern ihren Kindern den Weg durch<br />
die schwierige Situation erleichtern können.<br />
Wiederkehrend werden wir ab 2020 für Eltern in Trennung oder Scheidung kurze<br />
Elterninfoveranstaltungen anbieten. Anders als die dänische Variante ist unser<br />
Angebot – wie alle unsere Angebote - freiwillig, kostenlos <strong>und</strong> zugänglich für jeden<br />
Menschen, unabhängig von Religion, Weltanschauung <strong>und</strong> Nationalität.<br />
Januar 2020