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SuchtberatungJahresbericht 2019

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B<br />

Jahresbericht<br />

<strong>2019</strong>


INHALTSVERZEICHNIS<br />

1. Einleitung<br />

2. Zielsetzung/Konzeption<br />

3. Strukturdaten<br />

4. Klientenstruktur/Statistische Daten und Auswertung<br />

4.1 Einmalkontakte<br />

4.2 Längerfristige Betreuungen<br />

4.3 Nationalität<br />

4.4 Vermittlung/Zugangswege<br />

4.5 Altersstruktur<br />

4.6 Familienstand<br />

4.7 Wohnsituation<br />

4.8 Schulabschluss/Erwerbsstatus/Arbeitslosigkeit<br />

4.9 Suchtproblematik bei Beginn der Betreuung<br />

4.10 Psychiatrische Zusatzdiagnosen<br />

4.11 Maßnahmen während der Betreuungen<br />

4.12 Betreuungsbeendigungen<br />

5. Kooperation und Vernetzung<br />

5.1 Intern / Caritas-Netzwerk<br />

5.2 Extern / Kooperationen<br />

5.3 Arbeitskreise<br />

6. Bildungsmaßnahmen/Öffentlichkeitsarbeit<br />

6.1 Fortbildungen<br />

6.2 Informationsveranstaltungen<br />

7. Schwerpunktthemen <strong>2019</strong><br />

7.1 CHAMÄLEON - Kinder aus sucht- und seelisch belasteten Familien<br />

7.2 Glücksspielsucht<br />

7.3 Online-Beratung<br />

7.4 Medienabhängigkeit / Internetsucht<br />

7.5 Cari-Point – Selbsthilfegruppe<br />

8. Qualitätssicherung<br />

8.1 Qualitätssicherungssystem EFQM<br />

8.2 PATFAK Light / Computergestützte Dokumentation und Auswertung<br />

8.3 Unabhängige Beschwerdestelle im Märkischen Kreis<br />

9. Resümee/Ausblick<br />

10. Dank<br />

Zur besseren Lesbarkeit wurden in<br />

diesem Jahresbericht Fallbeispiele<br />

und Zitate farblich hinterlegt<br />

Bild Vorderseite: Fotolia<br />

- 2 -


1. Einleitung<br />

„In den letzten 25 Jahren gehörte mein Glas Wein zum Feierabend einfach dazu, ich fand<br />

das völlig normal, bis es im Laufe der Jahre immer mehr wurde. Aus dem Glas wurden<br />

schließlich zwei Flaschen. Als ich eines Morgens mit Restalkohol meinen Führerschein<br />

verlor, wurde mir klar, dass ich ein Problem habe.“<br />

Herr H. (54 Jahre)<br />

Nach aktuellen Schätzungen der Diözesan-Caritasverbände in NRW<br />

gibt es in Nordrhein-Westfalen etwa 550 000 behandlungsbedürftige<br />

Alkoholkranke und etwa 1,6 Millionen Mitbetroffene. Die Zahl<br />

der behandlungsbedürftigen Medikamentenabhängigen liegt bei<br />

etwa 350 000 Menschen. Zu den ca. 40 000 Glücksspielabhängigen<br />

kommen Menschen hinzu, die von weiteren nichtstoffgebundenen<br />

Süchten abhängig sind, wie z.B. der Arbeits-, Internet-, Kaufsucht<br />

oder mit Essstörungen. Die für Iserlohn zuständige Psychosoziale<br />

Suchtberatung des Caritasverbandes Iserlohn, Hemer, Menden,<br />

Balve e. V. ist Teil des Suchthilfesystems im Märkischen Kreis, das<br />

den individuellen somatischen, psychischen und sozialen Folgen der<br />

Abhängigkeitserkrankung mit ihren unterschiedlichen Indikationen<br />

und Problemstellungen angemessene Beratungs- und Behandlungsmöglichkeiten<br />

entgegenstellt.<br />

Wie in den Vorjahren befand sich auch im letzten Jahr der<br />

durchschnittliche Suchtmittelkonsum in Deutschland auf einem<br />

sehr hohen Niveau. Gemäß Drogen- und Suchtbericht <strong>2019</strong> stellt<br />

Alkohol bis heute ein Kernproblem in der deutschen Suchtpolitik<br />

dar. Etwa 9,5 Millionen Bundesbürger trinken Alkohol in gesundheitlich<br />

riskanter Menge. Etwa 1,77 Millionen gelten als alkoholabhängig,<br />

rund 74.000 sterben jedes Jahr an den Folgen.<br />

Rein statistisch trinkt jeder Deutsche im Schnitt 9,5 Liter<br />

Reinalkohol pro Jahr. Das entspricht einer Badewanne voll Bier,<br />

Wein und Spirituosen. Damit zählt Deutschland laut einer<br />

Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung (OECD) zu den Hochkonsumländern. Nur in<br />

wenigen Ländern der 34 Mitgliedstaaten wird noch mehr<br />

getrunken. Hinter Luxemburg, Frankreich, Österreich und<br />

Estland liegt Deutschland auf Platz 5. Obwohl in Deutschland<br />

der durchschnittliche tägliche Alkoholkonsum rückläufig ist wächst<br />

gleichzeitig aber die Zahl der Abhängigen.<br />

Auch im vergangenen Jahr fanden viele Hilfesuchende den Weg in<br />

unsere Suchtberatungsstelle, die mit einer hohen Anzahl an<br />

kurzfristigen Beratungen und längerfristigen Betreuungen wieder<br />

ausgelastet war (Kap. 4.2).<br />

Im Berichtsjahr konnten wir unser Gruppenangebot der<br />

Nachsorgebehandlung im Rahmen des Kooperationsverbundes<br />

- 3 -


„Ambulante Rehabilitation Sucht Märkischer Kreis“ (ARS-MK)<br />

fortführen.<br />

Im vergangenen Jahr beschäftigte uns besonders die<br />

bemerkenswerte Benefiztour „Chamäleon durch Europa“, welche<br />

von Dennis Breiser initiiert wurde. Vom 21.04.2018 bis zum<br />

31.08.<strong>2019</strong> fuhr er 16.540 km mit seinem Fahrrad quer durch<br />

Europa, um auf die vergessenen Kinder aus sucht- und seelisch<br />

belasteten Familien aufmerksam zu machen und unsere<br />

CHAMÄLEON-Gruppen in Iserlohn und Menden zu unterstützen<br />

(Kap. 7.1).<br />

Die Zahl der Teilnehmer an Automatenspielen und Sportwetten<br />

steigt seit Jahren stetig an. Einer Studie der Bundesregierung<br />

zufolge finden sich aber gerade unter dieser Gruppe besonders<br />

häufig sogenannte Problemspieler, die als spielsüchtig gelten<br />

müssen oder durch das regelmäßige Glücksspiel massive<br />

Schwierigkeiten im Alltag haben. Mittlerweile bitten auch in unserer<br />

Beratung immer mehr Klienten mit Suchtproblemen im Online-<br />

Glücksspielbereich um Hilfe. Nach Experteneinschätzung ist bei<br />

diesen Angeboten im unregulierten und größtenteils illegalen Markt<br />

die Suchtgefahr nochmals deutlich erhöht.<br />

Aufmerksamen Fernsehzuschauern wird nicht entgangen sein, dass<br />

besonders im vergangenen Jahr die Werbung für Onlinecasinos und<br />

Online-Sportwetten massiv zugenommen hat. Auch diese aus<br />

- 4 -


unserer Sicht Besorgnis erregende Entwicklung weist auf massive<br />

Veränderungen auf dem Glücksspielmarkt hin mit neuen Zugangswegen<br />

und oftmals stark unterschätzten Gefahren (Kap. 7.2).<br />

Im Frühjahr <strong>2019</strong> wurde schließlich die Computerspielsucht<br />

(Gaming disorder) von der WHO als diagnostizierbares Störungsbild<br />

und somit als Erkrankung anerkannt (Kap. 7.4). Hiermit ist die<br />

Grundlage für eine bessere Versorgung für die Betroffenen und<br />

Angehörigen geschaffen.<br />

Leider verstarben im Jahr <strong>2019</strong> auch zwei sehr wichtige und<br />

engagierte Personen in Iserlohn und Hemer, die die Sucht-<br />

Selbsthilfe im nördlichen Märkischen Kreis nachhaltig geprägt<br />

haben und deren Tod wir zutiefst bedauern:<br />

Esther Vogt, als Mitbegründerin des AK Sucht nördlicher<br />

Märkischer Kreis, Leiterin der Selbsthilfegruppe Blaues Kreuz in<br />

Hemer und Leiterin der Frauenseminare des Blauen Kreuz<br />

Deutschland haben wir eine couragierte und beherzte Persönlichkeit<br />

verloren. Sie verstarb am 18.09.<strong>2019</strong>. Sie wird uns mit ihrer<br />

unermüdlichen Art und ihrem Engagement im Suchthilfesystem in<br />

Iserlohn und Umgebung fehlen.<br />

Mit Hans Stumm, Gründer der AA’s in Iserlohn, Gründer der<br />

„Flaschenkinder“ und Autor verschiedener Bücher haben wir<br />

ebenfalls eine starke Persönlichkeit aus Iserlohn verloren. Er war<br />

bis zu seinem Tod immer unermüdlich für Kinder aus<br />

suchtbelasteten Familien im Einsatz. Mit seinem beharrlichen<br />

Engagement hat er immer wieder dafür gesorgt, dass diese Kinder<br />

Unterstützung erhalten und nicht in Vergessenheit geraten. Hans<br />

Stumm verstarb am 18.01.<strong>2019</strong>.<br />

- 5 -


2. Zielsetzung/Konzeption<br />

Jährlich werden in Deutschland mehr als eine halbe Millionen<br />

suchtkranke Menschen und deren Angehörige jährlich in ca. 1.500<br />

Suchtberatungsstellen erreicht, betreut und in weiterführende<br />

Behandlungen vermittelt. Mit ihrer Brückenfunktion zwischen den<br />

hilfesuchenden Menschen und dem Gesundheitssystem trägt die<br />

Suchtberatung nachweislich dazu bei, die Not und Erkrankung der<br />

Klienten und Klientinnen zu verringern oder sogar zu verhindern<br />

und so die Folgekosten der Suchterkrankung zu verringern.<br />

Suchtberatung in dieser Form angeboten, hat ein Alleinstellungsmerkmal,<br />

das nicht von anderen Leistungserbringern im<br />

Gesundheitswesen erbracht werden kann, nicht von Ärzten und<br />

Ärztinnen, auch nicht von niedergelassenen Therapeuten und<br />

Therapeutinnen.<br />

Eine gut ausgebaute kommunale Suchthilfe und frühere Hilfen<br />

können Leben retten! Sie stehen für:<br />

• niedrigschwellige Zugangsmöglichkeiten zu einem qualifizierten<br />

Hilfeangebot, auch digital,<br />

• Raum zur Entwicklung einer vertrauensvollen Beziehung, um<br />

weitergehende Hilfeleistungen wie Beratung, Vermittlung oder<br />

Behandlung erst zu ermöglichen,<br />

• Vermittlung in weiterführende Hilfen bzw. Rehabilitation und in<br />

Sucht-Selbsthilfe,<br />

• bedarfsgerechte Beratung und Begleitung in Bezug auf die<br />

Anliegen und Problematiken von Klienten und Klientinnen, auch<br />

über den Suchtmittelkonsum hinaus,<br />

• Erschließung des Zugangs zu einem regionalen Hilfenetzwerk für<br />

Betroffene.<br />

- 6 -


Seit 1993 leistet die Psychosoziale Suchtberatung des<br />

Caritasverbandes Iserlohn, Hemer, Menden, Balve e. V. im Verbund<br />

der Iserlohner Beratungsstellen ihren Dienst im Suchthilfesystem<br />

des Märkischen Kreises mit den Schwerpunkten Alkohol und<br />

Glücksspielsucht wie auch in der Beratung bei weiteren legalen<br />

stoffgebundenen (Medikamente) und nicht substanzbezogenen<br />

Süchten (z.B. pathologisches Kaufen) und komplettiert das<br />

Beratungsangebot Iserlohns. In den von uns erbrachten<br />

Dienstleistungen steht der Mensch mit seiner seelischen, sozialen,<br />

geistigen und körperlichen Gesundheit im Mittelpunkt.<br />

Die Angebote der Beratungsstelle richten sich an Konsumenten,<br />

Angehörige und Interessierte, die umfassende Beratung,<br />

Begleitung und Unterstützung suchen und eine Veränderung ihrer<br />

aktuellen Lebenssituation anstreben. Im Rahmen ihrer auf den<br />

individuellen Einzelfall ausgerichteten Tätigkeiten übernimmt die<br />

Suchtberatungsstelle folgende Aufgaben:<br />

• Umfassende Information und Beratung<br />

• Einbeziehung von Selbsthilfeaktivitäten und ihre Vermittlung<br />

• Einbeziehung von Angehörigen und weiteren Bezugspersonen<br />

• Begleitende Hilfen im sozialen Umfeld<br />

• Sozialberatung<br />

• Vorbereitung und Vermittlung in Entgiftungs- und<br />

Entwöhnungsmaßnahmen<br />

• Durchführung einer Nachsorgebehandlung<br />

• Kriseninterventionen<br />

• Prävention<br />

Das Thema Glücksspiel nimmt einen besonderen Schwerpunkt in<br />

unserer Arbeit ein. Das Angebot in diesem Bereich wird ergänzt<br />

durch eine angeleitete Gruppe für pathologische Glücksspieler und<br />

deren Angehörige (Kap. 7.2).<br />

Die Suchtberatung unterstützt die um Rat suchenden Menschen in<br />

ihrer Motivation zur möglichst abstinenten Lebensführung und<br />

fördert ihre Veränderungsbereitschaft. Unser Angebot trägt dazu<br />

bei, deren gesundheitliche, psychische und soziale Lebenssituation<br />

schrittweise zu stabilisieren und nachhaltig zu verbessern.<br />

In unserer Arbeit orientieren wir uns an der Rahmenkonzeption für<br />

ambulante Beratungs- und Behandlungsstellen der Suchthilfe der<br />

Caritas und ihrer Fachverbände in NRW.<br />

Die chronische Krankheit Sucht erfolgreich zu behandeln bedeutet<br />

in der Regel, das manifeste Stadium der Sucht zu überwinden und<br />

den Widerausbruch zu verhindern. Dabei beraten wir vorrangig<br />

nach dem integrativen und systemischen und verhaltenstherapeutischen<br />

Ansatz. Da eine sinnvolle Beratung und Betreuung<br />

- 7 -


nur Erfolg versprechend ist, wenn die Befriedigung der<br />

Grundbedürfnisse weitestgehend sichergestellt ist, berücksichtigen<br />

wir in unseren Gesprächen auch die Bereiche der allgemeinen<br />

Sozialberatung, wie Wohnen, Arbeit, soziale Beziehungen und die<br />

finanzielle Situation.<br />

Die Angebote der Beratungsstelle orientieren sich am individuellen<br />

Hilfebedarf und an den persönlichen Fähigkeiten und Ressourcen<br />

der Betroffenen, wobei der Blick nicht nur auf die suchtgefährdeten<br />

und suchtkranken Menschen, sondern auch auf die mit betroffenen<br />

Menschen im sozialen Umfeld gerichtet ist.<br />

Die jeweils konkreten Ziele werden zusammen mit dem<br />

Hilfesuchenden im Rahmen der Beratung erarbeitet. Diese Ziele<br />

können sehr unterschiedlich sein: Angefangen bei der Sicherung<br />

des Überlebens über die Reduzierung der Trinkmenge bis zur<br />

dauerhaften Abstinenz. Diese Ziele sind nicht statisch sondern in<br />

Absprache, entsprechend der jeweiligen Lebenssituation,<br />

veränderbar.<br />

- 8 -


3. Strukturdaten<br />

Die Suchtberatung arbeitet mit zwei Fachkräften und einer<br />

Verwaltungskraft und ist zuständig für die Versorgung der etwa<br />

95.000 Iserlohner Bürger. Durch die Lage im innerstädtischen<br />

Bereich in unmittelbarer Nähe der Iserlohner Fußgängerzone ist<br />

eine verkehrsgünstige Erreichbarkeit, insbesondere mit dem<br />

öffentlichen Nahverkehr gegeben.<br />

Der Beratungsstelle stehen zwei Büros und ein Gruppenraum zur<br />

Verfügung. Sie ist mit einem Faxgerät und einer Telefonanlage mit<br />

Anrufbeantwortern ausgestattet. Während der Öffnungszeiten sind<br />

wir telefonisch erreichbar. In der Regel erfolgen Beratungsgespräche<br />

nach Terminvereinbarung. Für Berufstätige werden auch<br />

Termine nach 17.00 Uhr angeboten.<br />

Zeitliche Erreichbarkeit :<br />

montags und dienstags<br />

mittwochs<br />

donnerstags<br />

freitags<br />

8:00 – 16:30 Uhr<br />

8:00 – 18:30 Uhr<br />

8:00 – 17:00 Uhr<br />

8:00 – 14:00 Uhr<br />

Offene Angebote:<br />

Offene Sprechstunde<br />

montags (wöchentlich)<br />

13:30 – 16:00 Uhr<br />

Gruppenangebot:<br />

Angeleitete Selbsthilfegruppe<br />

Glücksspiel<br />

mittwochs (zweiwöchentlich)<br />

Nachsorgegruppe<br />

montags (wöchentlich)<br />

17:30 – 19:00 Uhr<br />

17:30 – 19:30 Uhr<br />

Die Suchtberatung verfügt über zwei im Netzwerk verbundene<br />

Computerarbeitsplätze. Die Klientenerfassung und –verwaltung<br />

erfolgt mit dem Programm PATFAK Light (Kap. 8.2).<br />

- 9 -


4. Statistische Daten und Auswertung<br />

Im Jahr <strong>2019</strong> nahmen insgesamt 451 Hilfesuchende Kontakt zu<br />

unserer Beratungsstelle auf. In 300 Fällen handelte es sich dabei<br />

um Einmalkontakte, bei 151 Klienten kam es zu längerfristigen<br />

Betreuungen.<br />

4.1 Einmalkontakte<br />

„Unser 24-jähriger Sohn ist seit ein paar Jahren glücksspielabhängiger Automatenspieler.<br />

Wir haben ihn vor einem Jahr aus unserem Haus geschmissen, weil er zum wiederholten<br />

Male Geld und Wertgegenstände geklaut hat. Wir fühlten uns in unserem eigenen Haus<br />

nicht sicher. Wir sind Selbstständig und arbeiten sehr hart für unser Geld. Unser Sohn hat<br />

erst Fachabitur gemacht und dann eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Bis vor 2 Jahren lief<br />

alles gut, dann veränderte sich unser Sohn zunehmend. Er log, betrog und stahl, seit einem<br />

Jahr hat er jetzt eine eigene Wohnung, die jetzt wegen Mietschulden gekündigt wurde. Jetzt<br />

wollte er zurück zu uns, eine Behandlung wegen seiner Spielsucht lehnt er kategorisch ab.<br />

Wir wollen nur wissen, ob es wirklich richtig ist, dass wir ihn jetzt nicht wieder zu Hause<br />

aufnehmen. Es fällt uns unendlich schwer, aber ohne Krankheitseinsicht sehen wir einfach<br />

keine Möglichkeit mehr, ihm zu helfen.“<br />

Ehepaar U. (beide Anfang 50)<br />

Im Jahr <strong>2019</strong> fanden 300 Einmalkontakte statt (160 Männer und<br />

140 Frauen). Dabei kam es jeweils zu einem telefonischen oder<br />

persönlichen Gesprächstermin im Berichtsjahr. Bei den Einmalkontakten<br />

hatten 185 Personen eine eigene Suchtproblematik,<br />

weitere 115 Personen kamen aus dem familiären Umfeld von<br />

suchterkrankten Personen oder aus dem sonstigen Umfeld.<br />

Einmalkontakte<br />

115<br />

Eigene Problematik<br />

Personen im sozialen Umfeld<br />

185<br />

Personen im sozialen Umfeld sind häufig professionelle Helfer aus<br />

dem ambulant betreuten Wohnen (ABW), aber auch<br />

Berufsbetreuer, Freunde, Nachbarn oder Arbeitskollegen. Auffällig<br />

ist, dass überwiegend weibliche Angehörige um Hilfe im Umgang<br />

mit einem suchterkranken Angehörigen baten.<br />

- 10 -


4.2. Längerfristige Betreuungen<br />

Geschlechterverteilung<br />

91<br />

männlich<br />

weiblich<br />

60<br />

In 151 Fällen kam es zu längerfristigen Betreuungen (91<br />

Männer und 60 Frauen). Bei diesen Kontakten fanden jeweils<br />

mindestens zwei Gesprächstermine im Berichtsjahr statt.<br />

Mit 40% ist die Gewichtung des Frauenanteils im Vergleich zu den<br />

Vorjahren gleich geblieben.<br />

- 11 -


Fallbeispiel: Herr A (35 Jahre):<br />

“Ich habe schon mein Leben lang mit dem Saufen zu tun. Mein Vater war auch Alkoholiker.<br />

Er war auf Montage und meistens nicht da. Wenn es Geld gab, versoff er es in der Kneipe<br />

und kam dann betrunken nach Hause. Häufig schlug er uns und meine Mutter. Nicht selten<br />

haben wir gehungert und es fehlte an den einfachsten Sachen, wie z. B. Klopapier. Später<br />

haben sich meine Eltern dann getrennt, von da an hatte ich gar keinen Kontakt mehr zu<br />

meinem Vater. Ich weiß nur dass er irgendwann obdachlos gewesen sein soll und sich wohl<br />

tot gesoffen hat.<br />

Lügen und verheimlichen gehörte in meinem Alltag dazu. In der Schule durfte niemand<br />

etwas mitbekommen. Ich habe mir geschworen, niemals so zu werden wie mein Alter, aber<br />

irgendwie ist es dann doch anders gekommen. Mit 12 Jahren habe ich dann das erste Mal<br />

Alkohol probiert. Ich spürte die entspannende und auch euphorisierende Wirkung von<br />

Alkohol, von da an trank ich regelmäßig mit meinen Freunden. Mit 16 Jahren kam dann das<br />

Kiffen dazu und ich später zog ich sporadisch Amphetamine. Ich glaubte immer alles im Griff<br />

zu haben.<br />

Als ich dann mit 18 Jahren meine Freundin kennenlernte, schraubte ich meinen Konsum<br />

runter, illegale Drogen nahm ich überhaupt nicht mehr. Als sie mit 20 Jahren schwanger<br />

wurde, heirateten wir. Jetzt hatte ich eine eigene richtige kleine Familie! Ich bekam einen<br />

Job in einer Gießerei und konnte meine Familie ernähren. Das Feierabendbier gehörte<br />

selbstverständlich dazu, am Wochenende konsumierte ich mit ein paar Freunden auch mal<br />

mehr. Irgendwie lief in den nächsten Jahren alles gut, bis zu dem Tag, als ich meine Frau<br />

mit meinem besten Freund in unserem Ehebett erwischte. Da brach für mich eine Welt<br />

zusammen. Ich nahm ein paar Sachen, einen Schlafsack und kehrte nicht mehr nach Hause<br />

zurück. Ich betrank mich tagelang bis zur Besinnungslosigkeit. Ich hob soviel Geld von<br />

meinem Konto ab, wie ich bekommen konnte. Sollte sie doch sehen wo sie blieb. Mir war<br />

eigentlich alles egal. Ich verlor meinen Job, weil ich einfach nicht mehr hinging, wozu? Es<br />

war doch sowieso alles vorbei. Mein Leben war ein einziger Scherbenhaufen. Ich lebte bei<br />

wechselnden Saufkumpanen, war obdachlos, hatte keine Familie mehr und war völlig allein.<br />

Alkohol bestimmte mein Leben. Inzwischen benötigte ich schon morgens meinen Schnaps<br />

um meinen körperlichen Entzug kontrollieren zu können.<br />

Irgendwann trank ich mich ins Koma und wachte in der Hans-Prinzhorn-Klinik wieder auf. Ich<br />

hatte Glück und die behandelnde Ärztin führte ein Gespräch mit mir, sie wollte wissen, wie<br />

es zu meiner jetzigen Situation gekommen sei. Hier hörte mir zum ersten Mal jemand zu und<br />

ich merkte, dass es so nicht weiter gehen konnte. Sie bot mir eine qualifizierte Entgiftung für<br />

3 Wochen an und eine Vermittlung in eine Langzeitentwöhnungs-behandlung. Da der<br />

Sozialdienst in der Hans-Prinzhorn-Klinik überlastet war, legte man mir einen Besuch in der<br />

Suchtberatung in Iserlohn nahe. Die dortige Mitarbeiterin Frau von Holten vermittelte mich<br />

dann in eine Langzeittherapie. Insgesamt durfte ich 5 Wochen in der Hans-Prinzhorn-Klinik<br />

bleiben, damit meine Therapie nahtlos beginnen konnte. Während der Therapie in Dortmund<br />

suchte ich mir eine neue Wohnung in Iserlohn und beantragte ALG II. Nach der Therapie<br />

vermittelte mich Frau von Holten noch ins ambulant betreute Wohnen und zeitgleich<br />

besuchte ich regelmäßig die Nachsorgegruppe der Suchtberatung.<br />

Ich bin jetzt seit einigen Monaten trocken. Rückblickend hätte ich nie gedacht, dass mir in<br />

meinem Leben so was passiert. Für mich waren Obdachlose immer Leute die selber Schuld<br />

waren an ihrer Misere, weil sie nicht arbeiten wollten. Dass ich selber da mal rein gerate<br />

hätte ich nicht gedacht. In der Therapie habe ich gelernt über Probleme zu reden, das<br />

möchte ich auch jetzt weiter machen. Aus der Zeit der Obdachlosigkeit habe ich noch viele<br />

Schulden und meine Ex-Frau verweigert mir zur Zeit noch den Kontakt zu meiner Tochter.<br />

Hier muss ich vermutlich einen Rechtsanwalt einschalten. Ein Job ist auch noch nicht in<br />

Aussicht, eine Lücke von zwei Jahren im Lebenslauf macht sich nicht so gut. Die Leute<br />

fragen halt, was man in dieser Zeit gemacht hat, wenn man dann ehrlich ist, hat man<br />

meistens sowieso keine Chance mehr. Trotz der vielen Probleme, hoffe ich trotzdem, dass<br />

ich abstinent bleibe. Deshalb ist mir der regelmäßige längerfristige Kontakt zur<br />

Suchtberatung wichtig.“<br />

- 12 -


4.3 Nationalität<br />

In <strong>2019</strong> waren 139 der langfristig betreuten Personen deutsche<br />

Staatsangehörige, 7 Personen hatten die polnische Staatsbürgerschaft.<br />

Bei 5 Personen lag eine andere Staatsbürgerschaft<br />

vor.<br />

Staatsangehörigkeit<br />

139<br />

Deutschland<br />

Polen<br />

Libanon<br />

Bosnien-Herzegowina<br />

Kasachstan<br />

Italien<br />

1<br />

1<br />

2<br />

1<br />

7<br />

Die Kommunikation mit fremdsprachigen Klienten verlief<br />

größtenteils zufrieden stellend, da diese über ausreichende<br />

Deutschkenntnisse verfügten oder im Einzelfall in Begleitung von<br />

Personen waren, die übersetzten.<br />

- 13 -


4.4 Vermittlung / Zugangswege<br />

Vermittlung durch ...<br />

ohne Vermittlung<br />

80 75<br />

70<br />

Familie/Freunde<br />

Arbeitgeber/Schule<br />

Agentur für Arbeit/Jobcenter<br />

60<br />

Justizbehörde/Bewährungshilfe/JVA<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

21<br />

2<br />

2 2<br />

4 6<br />

14<br />

6<br />

3 1<br />

11<br />

5<br />

Kosten-/Leistungsträger<br />

Arzt/Psychotherapeut<br />

Krankenhaus<br />

stat. / teilstat. Suchteinrichtung<br />

andere Beratungsdienste<br />

Betreute Wohnangebote<br />

Sonstige<br />

Wie in den vergangenen Jahren kamen auch im Berichtsjahr mit 75<br />

Personen vergleichsweise viele unserer Klienten aus eigenem<br />

Antrieb ohne fremde Vermittlung zu uns, 21 kamen auf Anraten<br />

und Drängen von Familienangehörigen.11 Personen wurden durch<br />

Angebote des ambulant betreuten Wohnens zu uns vermittelt. Die<br />

Zahl der vom Arbeitgeber vermittelten Klienten hat mit 2 Personen<br />

im Vergleich zum Vorjahr abgenommen.<br />

Im Jahr <strong>2019</strong> wurden 2 Klienten betreut, die direkt von der<br />

Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter an uns übermittelt wurden<br />

(Kap. 4.8). Dieser hatte jedoch zu Beginn der Beratung keine<br />

Eingliederungsvereinbarung unterzeichnet. Somit handelte es sich<br />

hierbei um ein freiwillig wahrgenommenes Angebot ohne<br />

entsprechende Auflagen.<br />

- 14 -


4.5 Altersstruktur<br />

Altersstruktur<br />

über 60<br />

51 - 60<br />

6<br />

10<br />

21<br />

30<br />

weiblich<br />

männlich<br />

41 - 50<br />

23<br />

24<br />

31 - 40<br />

9<br />

17<br />

21 - 30<br />

1<br />

8<br />

unter 21<br />

0<br />

2<br />

0 5 10 15 20 25 30 35<br />

Der Hauptanteil der Ratsuchenden kam auch in diesem Jahr sowohl<br />

bei Männern (54) wie auch bei Frauen (44) aus der Altersgruppe<br />

der 41 - 60jährigen. Im Vergleich zu den Vorjahren ist hier der<br />

Anteil der Männer und Frauen annähernd gleich geblieben.<br />

Die Zahl der Ratsuchenden im Alter von 31 - 40 Jahren ist mit 26<br />

Personen im Vergleich zu den Vorjahren gleich geblieben.<br />

Der Anteil der über 60-jährigen Klienten hat mit 16 Personen im<br />

Vergleich zum Vorjahr etwas abgenommen.<br />

Die Anzahl von 11 Personen in der Altersgruppe der bis 30-jährigen<br />

lässt sich unter anderem durch den Anteil von Glücksspielabhängigen<br />

erklären, deren Suchtproblematik im Vergleich zum<br />

Alkohol in der Regel sehr viel früher auffällig wird (Kap. 7.2). Hier<br />

zeigen sich auch die ersten jungen Menschen mit ausgeprägten<br />

Problemen beim Computergebrauch (Spielen, Chatten und Surfen<br />

im Internet, Kap. 7.4). Aber auch die Klienten mit Alkoholproblemen<br />

werden mittlerweile beispielsweise durch wiederholte<br />

Straftaten oder Krankenhauseinlieferungen mit Alkoholvergiftungen<br />

früher auffällig und finden mittlerweile darüber den Weg in unsere<br />

Beratungsstelle.<br />

- 15 -


4.6 Partnerschaft<br />

Partnerschaft<br />

Allein lebend<br />

22<br />

39<br />

weiblich<br />

männlich<br />

Partnerschaft<br />

36<br />

51<br />

0 10 20 30 40 50 60<br />

Im vergangenen Jahr befanden sich 57 % unserer Klienten (87<br />

Personen) in einer Partnerschaft. In diesen Fällen wurde auch die<br />

eventuelle Co-Abhängigkeit von den Angehörigen thematisiert und<br />

weiterführende Hilfe empfohlen und angeboten.<br />

„Meine Kinder sind erwachsen und haben nach der Trennung von meiner Frau vor einigen<br />

Jahren den Kontakt zu mir abgebrochen. Ich lebe jetzt alleine in meinem Haus. Bis vor zwei<br />

Jahren habe ich 41 Jahre immer nur gearbeitet, durch Krankheit bin ich arbeitslos geworden.<br />

Ich habe keine Freunde und auch keine Hobbys. Wenn ich trinke, brauche ich die Stille und<br />

die Einsamkeit nicht mehr aushalten, dann vergehen die Tage schneller. “<br />

Herr W. (57 Jahre)<br />

Auffällig ist, dass mit 40 % ein Großteil unserer Hilfesuchenden<br />

(61 Personen) ohne feste Partnerschaft lebt. In diesem Trend<br />

zeigt sich ein Spiegelbild unserer Gesellschaft, in dem immer<br />

weniger Betroffene über einen starken familiären Rückhalt<br />

verfügen, der sie in Krisensituationen auffangen kann. Einen<br />

Schwerpunkt in der Beratung nimmt demzufolge die<br />

Aufrechterhaltung und Schaffung von sozialen Netzwerken unserer<br />

Klienten ein.<br />

- 16 -


4.7 Wohnsituation<br />

Von 151 Klienten wohnten 125 (74 männliche und 51 weibliche)<br />

Personen selbständig, allein oder mit Partner. 5 Personen gaben als<br />

Adresse Freunde oder Verwandte an, in einer ambulanten oder<br />

stationär betreuten Wohnform lebten 18 Personen, 3 Personen<br />

lebten in einer Notunterkunft oder waren Wohnungslos.<br />

Wohnsituation<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

74<br />

männlich<br />

weiblich<br />

51<br />

12<br />

6<br />

3<br />

2<br />

2<br />

1<br />

selbständiges Wohnen mit anderen Personen ABW Wohnungslos/Notunterkunft<br />

- 17 -


4.8 Schulabschluss / Erwerbsstatus / Arbeitslosigkeit<br />

Ein hoher Anteil der in <strong>2019</strong> betreuten Klienten besaß eine<br />

vergleichsweise niedrige Schulbildung: 10 Betreute verließen die<br />

Schule ohne Abschluss, 66 Personen hatten einen<br />

Hauptschulabschluss, 6 Personen hatten einen anderen<br />

Schulabschluss, wobei es sich hier in der Mehrzahl um Abschlüsse<br />

von Förderschulen handelte. 40 Personen beendeten ihre<br />

Schullaufbahn mit einem Realschulabschluss, 29 hatten Abitur.<br />

6<br />

10<br />

Höchster Schulabschluss<br />

Hauptschulabschluss<br />

Realschulabschluss<br />

29<br />

(Fach)Abitur<br />

Sonstiger Abschluss<br />

ohne Schulabschluss<br />

40<br />

66<br />

Arbeitslosigkeit war wie in den Vorjahren ein zentrales Problem,<br />

von dem 33 % unserer Kunden (50) betroffen waren. Von den 50<br />

arbeitslos gemeldeten Klienten bezogen 44 Personen ALG II. 6<br />

Personen bezogen Arbeitslosengeld I. Der hohe Anteil der ALG-II-<br />

Erwerbsstatus<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

46<br />

8<br />

5<br />

0<br />

4<br />

16<br />

44<br />

6<br />

17<br />

1<br />

Arbeiter/Angestellte/Beamte/in<br />

Selbständige/r<br />

Sonstiger Erwerb, Elternzeit<br />

Schüler/Student/in<br />

Hausfrau/mann<br />

Rentner/in<br />

Arbeitslos ALG II<br />

Arbeitslos ALG I<br />

Grundsicherung SGB XII<br />

In beruflicher Ausbildung<br />

0<br />

- 18 -


Empfänger in unserer Jahresstatistik zeigt deutlich, dass Sucht ein<br />

großes Vermittlungshemmnis darstellt und zu längerfristiger<br />

Arbeitslosigkeit führt. In dieser Zahl sind EU-Rentner und<br />

Grundsicherungsempfänger oder andere nicht erwerbstätige<br />

Personengruppen noch nicht berücksichtigt.<br />

In den letzten Jahren fällt bei unseren Klienten ein immer stärker<br />

zunehmender Anteil erwerbsunfähiger Personen auf, die<br />

Grundsicherung nach dem SGB XII und/oder eine<br />

Erwerbsunfähigkeitsrente erhalten. Mit 13% hat sich dieser<br />

Anteil im Vergleich zu den Vorjahren nicht wesentlich verändert.<br />

Hierbei handelt es sich um Menschen, welche längerfristig nicht<br />

mehr in der Lage sind, für mindestens 3 Stunden pro Tag einer<br />

Erwerbstätigkeit nachzugehen. Ein Teil der langzeitarbeitslosen<br />

Menschen sind psychisch und physisch so schwer erkrankt, dass sie<br />

von dem medizinischen Dienst des Jobcenters in die<br />

Grundsicherung überführt werden. Leistungen nach dem SGB XII<br />

werden erst gezahlt, wenn der eigene Lebensunterhalt nicht aus<br />

einer ausreichenden Erwerbsunfähigkeitsrente bestritten werden<br />

kann, weil der Empfänger zu geringe Beiträge oder zu kurze<br />

Beitragszeiten bei der Deutschen Rentenversicherung vorweisen<br />

kann, oder weil ein Antrag auf eine Erwerbsunfähigkeitsrente<br />

abgelehnt wurde. Die Grundsicherung und auch die<br />

Erwerbsunfähigkeitsrente werden in der Regel erst einmal für zwei<br />

Jahre gezahlt. Danach wird durch eine erneute medizinische<br />

Überprüfung festgestellt, ob sich der gesundheitliche Zustand<br />

wieder verbessert hat und der Betroffene wieder dem Arbeitsmarkt<br />

zur Verfügung stehen kann. In diesem Fall erhält er dann wieder<br />

Leistungen vom Jobcenter.<br />

„Als ich vor einigen Jahren noch einen 1-€-Job in der Stadtreinigung hatte, war es für mich<br />

kein Problem, abstinent zu bleiben. Die Maßnahme wurde insgesamt vier Mal verlängert, so<br />

dass ich insgesamt zwei Jahre beschäftigt war. In dieser ganzen Zeit fühlte ich mich<br />

gebraucht und wertgeschätzt. Ich habe mich mit meinen Kollegen gut verstanden und hatte<br />

eine Tagesstruktur. Das war die beste Zeit in meinem Leben! Seither bin ich wieder auf der<br />

Arbeitssuche, aber mit 50 stellt einen sowieso keiner mehr ein. Das Jobcenter sagt mir, dass<br />

es so gut wie keine 1,50-€-Maßnahmen mehr gibt und wenn höchstens für 3 Monate. Das<br />

bringt ja dann für mich auch nichts mehr! Ich würde auch umsonst arbeiten, aber auch das<br />

geht wohl nicht, wegen der Versicherung. Seit einiger Zeit trinke ich wieder!“<br />

Herr K. (52 Jahre)<br />

Trotz der wirtschaftlich stabilen Lage in <strong>2019</strong> erhöhte sich das<br />

Angebot an Arbeitsplätzen für unsere langzeitarbeitslosen<br />

Betreuten nicht spürbar. Die Zahl der arbeitslosen Klienten in der<br />

Suchtberatung ist <strong>2019</strong> gleich geblieben. Leider kommen die<br />

meisten unserer Klienten nicht mehr aus der Armutsspirale heraus.<br />

Dieses Phänomen wird auch von einer Studie der Bertelsmann<br />

Stiftung bestätigt.<br />

- 19 -


5. Dezember <strong>2019</strong>, 8:04 Uhr<br />

Hohes Armutsrisiko trotz gesunkener Arbeitslosenzahlen<br />

Zehn Jahre nach der Finanzkrise haben sich die Arbeitsmärkte in vielen Industriestaaten<br />

erholt. Auf die Zahl der von Armut bedrohten Menschen hat dies aber keinen Effekt.<br />

Trotz eines Aufschwungs am Arbeitsmarkt ist in vielen westlichen Staaten die Armut nicht<br />

zurückgegangen. Dies geht aus einer Studie der Bertelsmann-Stiftung hervor. Demnach<br />

stagniert das Armutsrisiko in 25 von 41 Staaten der Europäischen Union und der<br />

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) – oder sei<br />

sogar gestiegen. Dabei sind Minderjährige oftmals häufiger von Armut bedroht als alte<br />

Menschen.<br />

Mit ihrem sogenannten Social Justice Index untersucht die Bertelsmann-Stiftung jährlich<br />

die Teilhabechancen in den Mitgliedstaaten der EU und OECD anhand der sechs<br />

Dimensionen Armutsvermeidung, Arbeitsmarkt, Bildung, Gesundheit,<br />

Nichtdiskriminierung und Generationengerechtigkeit. An der Spitze liegen dabei dieses<br />

Jahr Island und Norwegen. Deutschland kommt auf Platz zehn. Die USA gehören<br />

demnach mit dem 36. Platz zu den Schlusslichtern…<br />

Fehlende Ausbildungsmöglichkeiten für über 25-jährige<br />

Suchtmittelabhängige und fast keine Umschulungs- und<br />

Qualifizierungsmaßnahmen führen zu Perspektivlosigkeit und<br />

verschlechtern den psychischen Gesundheitszustand unserer<br />

Klienten nachhaltig und machen eine Integration in den<br />

Arbeitsmarkt schwierig.<br />

In diesem Zusammenhang weisen wir auf die Forderung der Freien<br />

Wohlfahrtspflege hin, einen „Dritten Arbeitsmarkt“ einzurichten um<br />

unseren langzeitarbeitslosen Klienten eine sinnvolle und<br />

stabilisierende Beschäftigungsmöglichkeit und damit eine<br />

Zukunftsperspektive vermitteln zu können. Wir halten diese<br />

Forderung für sinnvoll und möchten sie an dieser Stelle unbedingt<br />

unterstützen.<br />

- 20 -


Pressemitteilung<br />

17. September <strong>2019</strong><br />

Endstation Hartz IV?<br />

Freie Wohlfahrtspflege NRW kritisiert, dass Ausstieg zu selten gelingt<br />

Düsseldorf, 17. September <strong>2019</strong>. Nur eine Minderheit schafft den Ausstieg aus Hartz<br />

IV und eine Rückkehr ins normale Berufsleben. Dies zeigt der aktuelle<br />

Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspflege NRW. Jeden Monat schaffen es<br />

lediglich knapp zwei Prozent der 1,16 Millionen erwerbsfähigen Hartz-IV-Bezieher in<br />

NRW, einen sozialversicherungspflichtigen Job zu bekommen. Die Hälfte kann davon<br />

nicht leben.<br />

Langzeitarbeitslose haben es schwer, der Armutsfalle zu entrinnen. Im vergangenen Jahr<br />

gab es in NRW monatlich nur knapp 20.000 Integrationen von Hartz-IV-Empfängern in eine<br />

sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Hinzu kommt, dass diese nicht einmal in jedem<br />

zweiten Fall zu einem Ende des Hartz-IV-Bezugs führten. „Es kann nicht sein, dass<br />

Menschen, die in Vollzeit arbeiten, weiterhin auf staatliche Leistungen angewiesen sind“,<br />

kritisiert der Vorsitzende der Freien Wohlfahrtspflege NRW, Christian Heine-Göttelmann.<br />

„Und auch diejenigen, die etwa aus gesundheitlichen oder familiären Gründen nur in Teilzeit<br />

arbeiten können, dürfen nicht schief dafür angesehen werden, dass sie ihren Lohn noch mit<br />

Sozialleistungen aufstocken müssen.“<br />

Zudem befinden sich viele spätestens nach einem Jahr wieder in Hartz IV. Laut<br />

Arbeitslosenreport waren weniger als 11.000 Hartz-IV-Empfänger, die die Jobcenter im<br />

Dezember 2017 in sozialversicherungspflichtige Jobs vermittelt hatten, auch noch im<br />

Dezember 2018 beschäftigt. Mehr als jedes vierte sozialversicherungspflichtige<br />

Arbeitsverhältnis endete bereits innerhalb der ersten drei Monate nach der Integration. „Es<br />

genügt nicht, Menschen kurzfristig in Arbeit zu bringen“, betont Christian Heine-Göttelmann.<br />

„Sie müssen dauerhaft in Arbeit bleiben, denn nur so wird sich auch ihre soziale Situation<br />

langfristig stabilisieren.“<br />

Um die Chance auf nachhaltige Beschäftigung zu erhöhen, sollten Arbeitsplätze und<br />

Arbeitslose gut zueinander passen. Viel zu oft werden Arbeitslose in Jobs gedrängt, die nicht<br />

ihren persönlichen Fähigkeiten und Interessen entsprechen, beobachten die Verbände. „Die<br />

Betroffenen müssen mehr als bisher aktiv in den Vermittlungsprozess einbezogen werden“,<br />

fordert Heine-Göttelmann. „Die Jobcenter sollten sie dabei unterstützen, ihre gesamte<br />

berufliche und persönliche Situation realistisch einzuschätzen und individuelle Lösungswege<br />

zu finden.“<br />

Auch nach der Aufnahme einer Beschäftigung brauchen sie nach Ansicht des Vorsitzenden<br />

noch aktive Unterstützung und fachliche Beratung. „Ein unterstützendes Coaching ist<br />

wichtig, damit Menschen der Weg aus dem Hartz-IV-Bezug in den Arbeitsmarkt gelingt“, so<br />

Heine-Göttelmann. Solche Leistungen müssten aus Sicht der Freien Wohlfahrtspflege<br />

standardmäßig zu den Angeboten des Jobcenters für Langzeitarbeitslose gehören.<br />

Das im Januar gestartete Teilhabechancengesetz, von dem in NRW rund 15.000 besonders<br />

benachteiligte Langzeitarbeitslose profitieren sollen, beinhaltet bereits ein begleitendes<br />

Coaching. Die Beschäftigung wird in den ersten beiden Jahren zu 100 Prozent vom Staat<br />

gefördert, in den Jahren danach zu 90 bis 70 Prozent. Die Wohlfahrtsverbände begrüßen die<br />

neuen gesetzlichen Möglichkeiten. Sie wünschen sich aber in begründeten Fällen die<br />

Entfristung einer öffentlich geförderten Beschäftigung. Sie ist derzeit auf maximal fünf Jahre<br />

begrenzt. „Es gibt Menschen, die werden wir nie ohne ergänzenden Lohnkostenzuschuss in<br />

sozialversicherungspflichtige Jobs integrieren können. Doch auch sie haben ein Recht auf<br />

Arbeit, denn das gibt ihnen Perspektive und Würde“, betont Heine-Göttelmann.<br />

- 21 -


4.9 Suchtproblematik bei Beginn der Betreuung<br />

Von den 151 Personen, die sich <strong>2019</strong> längerfristig in unserer<br />

Betreuung befanden, lag bei 124 Personen der deutliche<br />

Schwerpunkt in einer Alkoholproblematik, gefolgt von der Gruppe<br />

der Pathologischen Glücksspieler (Kap. 7.2) mit 23 Personen. Bei 4<br />

Personen lag eine Problematik beim Medien- und Internetgebrauch<br />

vor. Mit 13 Personen ist die Zahl der zusätzlich betreuten<br />

Angehörigen im Vergleich zum Vorjahr fast gleich geblieben.<br />

Primärsymptome<br />

124<br />

Angehörige<br />

Alkohol<br />

13<br />

5<br />

23<br />

Glücksspiel<br />

Medien- und<br />

Internetsucht<br />

Von den in <strong>2019</strong> Betreuten gaben 55 Personen an, täglich zu<br />

rauchen, somit wiesen 36 % unserer Klienten eine zusätzliche<br />

Tabakabhängigkeit auf. 14 Klienten konsumierten zusätzlich<br />

regelmäßig Cannabisprodukte. 24 Personen nahmen neben Alkohol<br />

auch episodisch oder unregelmäßig andere Substanzen zu sich.<br />

Hilfesuchende, die ein Suchtproblem mit vorrangig illegalen Drogen<br />

hatten, verwiesen wir in der Regel an die Anonyme Drogenberatung<br />

e.V. in Iserlohn (DROBS).<br />

- 22 -


4.10 Psychiatrische Zusatzdiagnosen<br />

Bei unseren Betreuten werden seit einigen Jahren immer häufiger<br />

zusätzliche psychische Erkrankungen (Komorbiditäten) diagnostiziert<br />

und müssen oftmals fachärztlich behandelt werden. Der<br />

Anteil der Klienten mit psychischen Erkrankungen liegt seit<br />

einigen Jahren bei rund 80 %. Unsere Klienten leiden häufig unter<br />

Depressionen. Die nächst größere Gruppe unserer Klienten leidet<br />

unter Angststörungen, gefolgt von posttraumatischen Belastungsstörungen<br />

(PTBS), aber auch Impulskontrollstörungen<br />

(ADHS) und allgemeine Persönlichkeitsstörungen sind anzutreffen.<br />

Seit einigen Jahren spiegelt sich damit der Trend einer<br />

deutlichen Zunahme psychischer Erkrankungen in unserer<br />

Gesellschaft auch in unserer Beratungsstelle wider.<br />

„Ich habe in meinem Leben viel erreicht. Ich war beruflich im oberen Management tätig, war<br />

international unterwegs, spreche 5 Sprachen fließend, darunter Chinesisch und in den<br />

letzten 20 Jahren war die Welt mein zu Hause. Doch dann starb meine 23-jährige Tochter<br />

bei einem Unfall, das hat mich völlig aus der Bahn gehauen. Meine Ehe zerbrach, unsere<br />

Immobilien wurden verkauft und mir wurde zunehmend alles egal. Wofür lohnte es sich jetzt<br />

noch 60 Stunden in der Woche zu arbeiten. Erst versuchte ich normal weiterzuarbeiten, zum<br />

Vergessen konsumierte ich am Abend Wein. Schnell wurden daraus 2 Flaschen pro Tag.<br />

Irgendwann ging dann auf der Arbeit gar nichts mehr und ich wurde gefeuert. Von da an<br />

lebte ich von meinem Ersparten und trank täglich bereits am Vormittag Wein. Eines Tages<br />

knüpfte ich mir einen Strick. Ich wollte nicht mehr leben. Zum Glück hielt dieser aber nicht,<br />

so dass ich mir bei dem Sturz einen Wirbel anbrach. Ich hatte so starke Schmerzen, dass<br />

ich meinen Bruder anrief, er alarmierte den Krankenwagen, der mich in ein normales<br />

Krankenhaus einlieferte. Dort wurde mir die Suchtberatung empfohlen, die mich im<br />

Beratungsprozess dann schließlich in die Hans-Prinzhorn-Klinik vermittelte. Dort wurden die<br />

Diagnose Depression gestellt. Seither bekomme ich Medikamente und bin regelmäßig in der<br />

Suchtberatung.<br />

Langfristig möchte ich noch eine ganztägig ambulante Langzeitentwöhnungsbehandlung<br />

beantragen und eine ambulante Psychotherapie machen, um den Tod meiner Tochter zu<br />

verarbeiten.“<br />

Herr L. (54 Jahre)<br />

Für unsere Arbeit in der Suchtberatung bedeutet das konkret nicht<br />

nur, dass mehr als jeder zweite Klient einen erhöhten<br />

Behandlungs- und Beratungsbedarf aufweist, sondern auch,<br />

dass sich der Umgang mit diesen belasteten Menschen als<br />

schwieriger und komplizierter erweist. Klienten mit Zusatzdiagnosen<br />

benötigen eine besonders engmaschige und<br />

zeitaufwendigere Betreuung, ihre Behandlung erfordert eine gute<br />

Kooperation und Vernetzung mit dem Hilfesystem in Iserlohn (Kap.<br />

5). Im Fokus der Beratung steht in diesen Fällen daher nicht immer<br />

unbedingt die Suchtmittelabstinenz, sondern eher die Stabilisierung<br />

der gesamten Lebenssituation, wobei bereits kleine Veränderungen<br />

als Erfolge angesehen werden müssen.<br />

- 23 -


“Einer Doppelproblematik geht insbesondere bei schweren<br />

Störungen meist eine langjährige und individuelle spezifische<br />

Entwicklung voraus, die sich anamnestisch wie aktuell durch das<br />

Auftreten von Symptomen mit wechselnder Ausprägung und<br />

chronischem Verlauf charakterisiert. In einem<br />

Behandlungszeitraum, der sich oft über mehrere Jahre und häufig<br />

auch stationäre Aufenthalte hinziehen wird, ist langfristig eher eine<br />

Stabilisierung des Zustandsbildes im Sinne einer<br />

Schadensbegrenzung als Heilung anzustreben. Als Erfolg einer über<br />

Krisenintervention hinausgehenden Erstbehandlung gilt bereits die<br />

Bereitschaft der PatientInnen, sich in einer weiterführenden<br />

Rehabilitationseinrichtung behandeln zu lassen. In der Literatur<br />

wird hervorgehoben, dass DDP (Doppeldiagnosepatienten) ein<br />

niederschwelliger Zugang zu Behandlungseinrichtungen anzubieten<br />

sei. Nur unter konsequenter therapeutischer Behandlung der<br />

Doppelproblematik, insbesondere der Wechselwirkungen zwischen<br />

Sucht und der anderen psychischen Störung (z. B. Verringerung,<br />

evtl. Abstinenz von Cannabiskonsum, weil dieser psychotische<br />

Symptome fördert) wird eine Zustandsverbesserung erreicht.<br />

Therapeutische Ziele sind als vorläufig zu betrachten und den<br />

Erfordernissen wechselnder Psychopathologie sowie den<br />

individuellen Ressourcen und Bedürfnissen anzupassen“, erklärt in<br />

diesem Zusammenhang Prof. Dr. phil. Franz Moggi im<br />

Suchtmagazin 01/2013.<br />

- 24 -


„Von meinem alkoholabhängigen Vater und dessen Freunden wurde ich schon als Kind<br />

regelmäßig sexuell missbraucht. Mit 16 J. lernte ich meinen Ex-Partner kennen und wurde<br />

schwanger. Die Schwangerschaft war die Möglichkeit für mich, von zu Hause raus zu<br />

kommen und eine eigene Familie zu gründen. Doch mein Freund schlug mich schon<br />

während der Schwangerschaft. Nach der Geburt des Kindes setzte sich die Gewalt fort,<br />

auch sexuell. Ich entwickelte Schlaflosigkeit, Ängste, Depressionen und fand schließlich<br />

Zuflucht im Frauenhaus. Doch Aufgrund der psychischen Symptome fühlte ich mich mit<br />

meiner Tochter total überfordert, so dass ich schließlich einwilligte sie erst in eine<br />

Pflegefamilie zu geben und später zur Adoption frei zu geben. Um den Schmerz über den<br />

Verlust meiner Tochter und die Erinnerungen an meine traumatischen Erlebnisse zu<br />

betäuben, begann ich regelmäßig Alkohol zu trinken. Es folgten zahlreiche Aufenthalte in der<br />

Psychiatrie, einige Therapieversuche, doch immer wenn ich längerfristig abstinent bin,<br />

stellen sich Schlaflosigkeit, Ängste, Panikattacken und die Erinnerungen an die<br />

traumatischen Erlebnisse mit den dazugehörigen Gefühlen wieder ein. Ich halte das dann<br />

nicht mehr aus und trinke Alkohol oder beginne mich zu ritzen. Zusätzlich habe ich jetzt auch<br />

starke körperliche Schmerzen ohne erkennbare Ursache entwickelt, so dass ich vor kurzem<br />

als Erwerbsunfähig eingestuft wurde. Ich erhalte jetzt Grundsicherung, da ich mich bisher<br />

noch nie in der Lage sah, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Ich habe ein paar Mal einen<br />

1,50-€-Job vom Arbeitsamt angefangen, musste ihn aber jedes Mal abbrechen, weil ich<br />

einfach durch meine Traumatisierung nicht leistungsfähig bin. Die Suchtberatung nutze ich,<br />

um entlastende Gespräche führen zu können.“<br />

Frau M. (48 Jahre)<br />

Bei dem Verdacht auf zusätzliche psychische Erkrankungen<br />

motivierten wir zur Aufnahme einer begleitenden psychologisch /<br />

psychiatrischen Behandlung, sofern diese nicht bereits schon<br />

vorher erfolgt war. Problematisch gestalten sich die Wartezeiten bei<br />

ortsansässigen Psychologen und bei den psychiatrischen<br />

Fachärzten. Wie im gesamten Märkischen Kreis sind auch in<br />

Iserlohn die Wartezeiten für eine psychologische Psychotherapie<br />

von 6 – 12 Monaten keine Seltenheit. Viele Praxen in Iserlohn<br />

führen nicht einmal mehr Wartelisten, weil selbst diese völlig<br />

überlaufen sind und die Psychologen die Wartezeiten ethisch nicht<br />

mehr vertreten können. Bei den psychiatrischen Fachärzten ist die<br />

Lage ähnlich dramatisch, auch hier sind Wartezeiten von 3 – 6<br />

Monaten zu erwarten. Für Menschen mit psychischen Problemen<br />

und Erkrankungen sind diese Wartezeiten aus unserer Sicht eine<br />

Zumutung. Leider ist dieses Phänomen kein Einzelfall, sondern<br />

bundesweit, insbesondere in den Ballungsgebieten in NRW,<br />

inzwischen trauriger Alltag.<br />

- 25 -


Donnerstag, 25. Juli <strong>2019</strong><br />

Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen nehmen zu<br />

Berlin – Die Zahl der Krankheitstage aufgrund psychischer Probleme hat nach Einschätzung der DAK-<br />

Gesundheit stark zugenommen. In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Zahl der Fehltage von<br />

Arbeitnehmer aus diesem Grund mehr als verdreifacht, wie aus dem heute veröffentlichten DAK-<br />

Psychoreport <strong>2019</strong> hervorgeht. Allein im vergangenen Jahr waren davon 2,2 Millionen Menschen<br />

betroffen.<br />

Der DAK-Psychoreport ist nach eigenen Angaben eine Langzeitanalyse, für die das IGES Institut die<br />

anonymisierten Daten von rund 2,5 Millionen erwerbstätigen Versicherten ausgewertet hat. Demnach<br />

erreichten die Krankschreibungen von Arbeitnehmern aufgrund von psychischen Leiden im Jahr 2017<br />

mit 250 Fehltagen pro 100 Versicherte einen Höchststand. 2018 gingen sie erstmals leicht um 5,6<br />

Prozent auf 236 Fehltage pro 100 Versicherte zurück. Psychische Störungen lagen damit im<br />

vergangenen Jahr bundesweit auf dem dritten Platz der Krankheitsarten.<br />

Am häufigsten fehlen Arbeitnehmer mit der Diagnose Depression. 2018 gingen demnach 93 Fehltage<br />

je 100 Versicherte auf das Konto von Depressionen, bei den Anpassungsstörungen waren es 51. Auf<br />

Platz drei rangierten neurotische Störungen mit 23 Fehltagen je 100 Versicherte. Angststörungen<br />

kommen auf 16 Fehltage.<br />

Dagegen verlor laut der Studie die Zusatzdiagnose Burnout im Krankheitsgeschehen seit 2012 deutlich<br />

an Bedeutung. So halbierte sich die Anzahl der Fehltage in den vergangenen sechs Jahren nahezu.<br />

Frauen waren 2018 knapp doppelt so oft wegen psychischer Probleme krankgeschrieben wie ihre<br />

männlichen Kollegen (298 Fehltage je 100 Versicherte gegenüber 183 Fehltagen bei Männern).<br />

Unterschiede nach Regionen<br />

Bei den Fehltagen durch psychische Erkrankungen gibt es laut der Studie deutliche regionale<br />

Unterschiede: Während im Saarland im vergangenen Jahr 312 Fehltage je 100 Versicherte mit den<br />

entsprechenden Diagnosen begründet wurden, waren es in Bayern lediglich 193. Auch die Baden-<br />

Württemberger blieben mit 214 Fehltagen je 100 Versicherte vergleichsweise selten wegen<br />

psychischer Probleme der Arbeit fern.<br />

Bremen und Berlin belegen mit 218 und 279 Fehltagen je 100 Versicherte die Plätze zwei und drei der<br />

Statistik. Die ostdeutschen Bundesländer bewegen sich bei den Ausfalltagen aufgrund von<br />

psychischen Erkrankungen im Mittelfeld.<br />

Zur Aussagekraft der Daten gibt es verschiedene Bewertungen. „Vor allem beim Arzt-Patienten-<br />

Gespräch sind psychische Probleme heutzutage kein Tabu mehr“, sagte der DAK-Vorstandschef<br />

Andreas Storm. Deshalb werde auch bei Krankschreibungen offener damit umgegangen.<br />

Diese Einschätzung wird von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie,<br />

Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) geteilt. Unumstritten sei, dass die Enttabuisierung<br />

psychischer Erkrankungen einen wesentlichen Anteil am Anstieg der Krankmeldungen habe, sagte<br />

eine DGPPN-Sprecherin. „Dass heutzutage offen über psychische Erkrankungen gesprochen werden<br />

kann, ist aus Sicht der DGPPN sehr zu begrüßen.“ Der Verband fordert allerdings mehr<br />

Früherkennung und Prävention, denn die meisten psychischen Erkrankungen manifestierten sich<br />

bereits in den ersten Lebensjahrzehnten.<br />

Dass es nur daran liegt, dass die Leute heute psychische Probleme eher zugeben, glaubt Jutta<br />

Krellmann, die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion, nicht. Ihrer Ansicht nach ist das<br />

Berufsleben stressiger geworden. „Viele Beschäftigte können ein trauriges Lied davon singen. Das darf<br />

nicht heruntergespielt werden“, sagte sie. Krellmann forderte eine Anti-Stress-Verordnung und<br />

entsprechende Arbeitsschutzkontrollen in den Unternehmen.<br />

So eine Verordnung fordert auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Vorstandsmitglied Annelie<br />

Buntenbach sagte: „Der Gesetzgeber muss endlich handeln und darf nicht weiter tatenlos zuzusehen,<br />

wie Millionen Beschäftigte durch schlechte Arbeitsbedingungen einem Gesundheitsrisiko ausgesetzt<br />

sind.“<br />

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Maria Klein-Schmeink,<br />

betonte, es müssten Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine gesunde Lebensweise und<br />

Zeiten des Miteinanders ermöglichten und Arbeitsprozesse entschleunigten. Hier seien besonders die<br />

Arbeitgeber gefragt. Nicht hinnehmbar seien außerdem Wartezeiten von mehr als drei Monaten für ein<br />

Erstgespräch beim Psychotherapeuten und fehlende Anlaufstellen bei akuten Krisen. ©<br />

dpa/kna/may/aerzteblatt.de<br />

- 26 -


Um diese Wartezeiten nach einer erfolgten stationären Langzeitentwöhnungsbehandlung<br />

zu überbrücken, haben wir in den letzten<br />

Jahren unsere Klienten motiviert, sich bereits vor Beginn einer<br />

Alkoholentwöhnungsbehandlung auf die Warteliste bei einem<br />

Facharzt und eventuell auch auf die Warteliste bei einem<br />

psychologischen Psychotherapeuten setzen zu lassen.<br />

Im Beratungs- und Vermittlungsprozess wählen wir gemeinsam mit<br />

den Hilfesuchenden eine passende Rehabilitationsklinik für<br />

Suchterkrankte aus, die den besonderen Bedürfnissen gerecht<br />

wird. Inzwischen haben sich eine Reihe von Kliniken auf die<br />

Behandlung von Doppeldiagnosen spezialisiert.<br />

- 27 -


4.11 Maßnahmen während der Betreuungen<br />

Wie bereits in Kap. 4.1 erwähnt, kam es im Berichtsjahr zu 151<br />

längerfristigen Betreuungen (mindestens zwei Beratungskontakte).<br />

Auch in <strong>2019</strong> war unser Bestreben, neben den<br />

Symptomträgern auch das soziale Umfeld in die Beratung mit ein<br />

zu beziehen. Die Entscheidung hierüber lag aber vorrangig bei den<br />

Auftrag gebenden Personen und orientierte sich am<br />

Beratungsverlauf. Weiterhin fanden 300 Einmalkontakte statt.<br />

In den Beratungen wurde schwerpunktmäßig auf suchtbezogene<br />

Anfragen eingegangen. Hier wurden zum Beispiel Auskünfte über<br />

die Modalitäten zur Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlung<br />

erfragt. In vielen Fällen konnten wir Informationen über weitere<br />

Angebote im Suchthilfesystem der Stadt Iserlohn geben und erste<br />

Kontakte herstellen. Zur Ergänzung unserer Beratung erwiesen sich<br />

unsere Broschüren zu suchtbezogenen Themen als hilfreich.<br />

Im Jahr <strong>2019</strong> führten wir 741 Einzelberatungen mit Betroffenen<br />

durch. Zusätzlich führten wir 124 Angehörigengespräche und in<br />

weiteren 29 Fällen kam es zu gemeinsamen Gesprächen mit dem<br />

Betroffenen und einer Bezugsperson (zumeist Lebenspartner). Bei<br />

16 Beratungskontakten kamen Personen aus dem weiteren<br />

sozialen Umfeld der Betroffenen hinzu, zumeist professionelle<br />

Helfer von Anbietern des ambulant betreuten Wohnens (ABW).<br />

Zum weiteren sozialen Umfeld zählen auch Ärzte, Betreuer,<br />

Bewährungshelfer, Lehrer, Arbeitgeber, Mitarbeiter des<br />

Psychosozialen Fachdienstes, Vertreter anderer Behörden und<br />

Institutionen und Kollegen der stationären und teilstationären<br />

Therapie- sowie soziotherapeutischen Einrichtungen.<br />

Im Rahmen unseres angeleiteten Gruppenangebotes für<br />

pathologische Glücksspieler und Angehörige kam es im Berichtsjahr<br />

zu 115 Kontakten mit insgesamt 19 Personen (Näheres hierzu im<br />

Kapitel 7.2).<br />

Am Nachsorgeangebot im Rahmen der „ambulanten Rehabilitation<br />

Sucht im Märkischen Kreis“ nahmen 14 Personen teil, hier kam es<br />

zu 189 Kontakten.<br />

Die in Kap. 4.2 beschriebene gute Verknüpfung und Integration<br />

unserer Klienten im Suchthilfesystem wird durch die nachfolgenden<br />

Zahlen unterlegt:<br />

29 Klientinnen und Klienten besuchten im Berichtsjahr eine<br />

Selbsthilfegruppe; 15 Personen konnten wir - teilweise auch<br />

mehrfach - in Entgiftungen, Krankenhäuser und Kliniken einweisen.<br />

11 Personen wurden von uns ebenfalls teilweise mehrfach in<br />

stationäre Entwöhnungsbehandlungen vermittelt. 10 Betreute<br />

- 28 -


vermittelten wir in eine ambulante oder ganztägig ambulante<br />

Rehabilitationsbehandlung. Auch hier kam es teilweise zu einer<br />

mehrfachen Vermittlung. 15 Personen erhielten ambulant<br />

betreutes Wohnen.<br />

Weitere Maßnahmen während der Betreuungen waren zum Beispiel<br />

Kriseninterventionen, sowie Hilfen und Unterstützungen in den<br />

Bereichen Arbeit und Ausbildung, Finanzen, Wohnen, Behörden.<br />

- 29 -


4.12 Betreuungsbeendigungen<br />

Im Jahr <strong>2019</strong> wurden 95 Betreuungen beendet. Davon konnte bei<br />

61 Klienten die Betreuung planmäßig gemäß der Beratungsabsprachen<br />

zum Abschluss gebracht werden. 17 Betreuungen<br />

gingen über in Angebote von stationären (z.B. Entwöhnungseinrichtungen,<br />

Betreute Wohnformen) oder ambulanten Einrichtungen<br />

(z.B. ambulante Rehabilitation, Suchtambulanz der Hans-<br />

Prinzhorn-Klinik), andere Fachdienste oder Beratungs- bzw.<br />

Behandlungsangebote. Bei 1 Person wurde das Betreuungsverhältnis<br />

vorzeitig, aber im gegenseitigen Einverständnis,<br />

beendet. In 15 Fällen kam es zum Betreuungsabbruch durch die<br />

Klienten. In 1 Fall kam es zu einem außerplanmäßigen Wechsel,<br />

z. B. durch eine kurzfristige Verlegung in die JVA.<br />

Symptomatik bei Beendigung<br />

unverändert<br />

34%<br />

gebessert<br />

52%<br />

verschlechtert<br />

14%<br />

Bei Beendigung der Betreuung hatte sich bei 50 Personen die<br />

Suchtproblematik deutlich verbessert, 32 wiesen bei Beendigung<br />

keine Veränderungen in ihrem Suchtverhalten auf und bei 13<br />

Klienten kam es zu einer Verschlechterung der Problematik.<br />

Bei insgesamt 52 % der beendeten Fälle konnte somit eine<br />

positive Veränderung der Symptomatik verzeichnet werden.<br />

Dieses gute Ergebnis darf nicht darüber hinweg täuschen, dass<br />

unter anderem durch die in den Kapiteln 4.6, 4.7, 4.8 und 4.10<br />

beschriebenen erschwerten sozialen und persönlichen<br />

Lebensumstände eine zufriedene abstinente Lebensführung für<br />

unsere Klienten immer mehr erschwert wird.<br />

- 30 -


5. Kooperation und Vernetzung<br />

Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS) hebt die effiziente<br />

und hoch entwickelte Vernetzung innerhalb des suchtspezifischen<br />

Behandlungssystems als besonders wichtig hervor.<br />

Wir können sowohl auf unser internes gut ausgebautes Netz wie<br />

auch auf externe Hilfsangebote zurückgreifen.<br />

Wie bisher bestimmte die Individualität des Einzelfalls die Arbeit<br />

und somit die Kooperation mit diesen weiteren Bausteinen in der<br />

sozialpsychiatrischen und weitergehenden Versorgung Suchtkranker.<br />

5.1 Intern / Caritas - Netzwerk<br />

Die konstruktive Zusammenarbeit mit den Abteilungen<br />

Migrationsdienst und der Familienberatung konnten wir in<br />

<strong>2019</strong> fortsetzen. Weitervermittelt und –empfohlen haben wir auch<br />

die Beratung durch unsere Sozialstation/Ambulante Pflege. Bei<br />

Bedarf vermittelten wir Eltern an unser Familienzentrum Am<br />

Dördelweg 35 in Iserlohn.<br />

Die Angebote unserer CariTasche im Rahmen der Iserlohner Tafel<br />

und unserer Familien-Boutique CariChic wurden dankbar von<br />

unseren bedürftigen Klienten angenommen.<br />

Die Kooperation mit der Schuldnerberatung unseres Caritasverbandes<br />

ermöglichte im Jahr <strong>2019</strong> eine umfassende Hilfestellung bei<br />

zusätzlich belastenden und Sucht fördernden Faktoren im Bereich<br />

der Überschuldung. Dies führte zur Entlastung unserer<br />

Ratsuchenden und ermöglichte die Konzentration auf das<br />

Suchtproblem.<br />

In Zusammenarbeit mit der Familien- und Erziehungsberatung<br />

unseres Caritasverbandes begleiteten wir auch <strong>2019</strong> das<br />

therapeutische Gruppenangebot für Kinder aus sucht- und seelisch<br />

belasteten Familien CHAMÄLEON (Kap. 7.1).<br />

Auch im vergangenen Jahr fand eine gute Zusammenarbeit mit<br />

dem mittlerweile fest installierten Angebot der Quartiers-<br />

Sozialarbeit in der Südlichen Innenstadt statt.<br />

- 31 -


5.2. Extern / Kooperationen<br />

Die bereits bestehende Zusammenarbeit mit anderen Hilfeanbietern<br />

im Bereich der Suchtkrankenhilfe des Raumes Iserlohn<br />

konnten wir im Jahr <strong>2019</strong> weiter aufrechterhalten.<br />

Hervorzuheben ist ebenfalls die Zusammenarbeit mit dem<br />

Suchtbehandlungszentrum des Katholischen Krankenhauses<br />

Hagen-Elsey, der Suchtambulanz und der Entgiftungsstation der<br />

Hans-Prinzhorn-Klinik (Hemer), und dem Karl-Otto-Stoffer-<br />

Haus in Hemer und dem Haus Neuer Kronocken in Hagen-<br />

Hohenlimburg. Außerdem fand eine Kooperation mit der<br />

stationären Entwöhnungsstation (Dortmund) und der ganztägig<br />

ambulanten und ambulanten Entwöhnungsstation (Iserlohn) des<br />

LWL-Rehabilitationszentrums Ruhrgebiet - FörderTurm statt.<br />

Wir kooperierten mit dem Sozialpsychiatrischen Dienst des<br />

Märkischen Kreises und den Sozialen Diensten der umliegenden<br />

Krankenhäuser, insbesondere dem St. Elisabeth Hospital, dem<br />

Agaplesion Ev. Krankenhaus Bethanien und dem<br />

Marienhospital. Gemeinsam betreute Kunden konnten beraten<br />

und begleitet werden.<br />

Eine weitergehende Versorgung unserer Kunden konnten wir<br />

weiterhin sicherstellen durch die Empfehlung von und Vermittlung<br />

in die Angebote des Psychosozialen Fachdienstes des<br />

Sozialamts und dem Sozialen Dienst der Stadt Iserlohn.<br />

Seit einigen Jahren sind wir Kooperationsmitglied im<br />

Therapieverbund (ARS-MK). Neben unserer bisherigen<br />

Beratungsarbeit bieten wir ein Angebot für die ambulante<br />

medizinische Rehabilitation von alkohol-, medikamenten- und<br />

drogenabhängigen Menschen im Märkischen Kreis an. Durch diese<br />

bisher einzigartige Kooperation ist eine Versorgungslücke für<br />

diejenigen suchterkrankten Patienten geschlossen worden, die auf<br />

ein stabileres soziales Umfeld zurückgreifen können und deren<br />

psychische Belastbarkeit die Teilnahme an einem Therapieangebot<br />

im ambulanten Rahmen zulässt. Durch den ambulanten Rahmen<br />

kann das vertraute Umfeld erhalten bleiben, eine Berufstätigkeit<br />

fortgeführt werden und die Familie bei Bedarf umfassend in den<br />

Therapieprozess mit einbezogen werden. Nähere Informationen zu<br />

unserem Angebot erhalten Sie unter www.ars-mk.de. Für die enge<br />

Zusammenarbeit möchten wir uns bei allen Kooperationspartnern<br />

bedanken.<br />

Wie im vergangenen Jahr arbeiteten wir verstärkt mit<br />

Einrichtungen des ambulant betreuten Wohnens aus Iserlohn<br />

zusammen, wobei besonders das Netzwerk Diakonie, der LWL<br />

Wohnverbund Hemer und der Psychosoziale Trägerverein<br />

(PST) hervorzuheben ist. Zur Unterstützung und möglichst<br />

- 32 -


effektiven Hilfeplanerstellung nahmen im Bedarfsfall die Betreuer<br />

an den Gesprächen teil und es wurden gemeinsame Strategien mit<br />

und für den Betroffenen erarbeitet.<br />

Wie im letzten Jahr verlief auch die Zusammenarbeit mit der<br />

DROBS (Anonyme Drogenberatung e. V.) in Iserlohn sehr gut.<br />

Im Rahmen der gemeinsamen Durchführung der Iserlohner<br />

Nachsorgegruppe ARS-MK und der gemeinsamen Präsentation auf<br />

dem Iserlohner Gesundheitstag <strong>2019</strong> (Kap. 6.2) konnte sich<br />

auch im vergangenen Jahr die vorbildliche Vernetzung weiter<br />

festigen.<br />

- 33 -


5.3 Arbeitskreise<br />

Weitere wichtige Vernetzungs- und Kooperationsmöglichkeiten<br />

ergaben sich durch unsere Teilnahme an verschiedenen lokalen,<br />

regionalen und überregionalen Arbeitskreisen.<br />

Die Suchtberatungsstelle des Caritasverbandes Iserlohn e.V. ist in<br />

folgenden Arbeitskreisen vertreten:<br />

• Verbund der Psychosozialen Beratungs- und Behandlungsstellen<br />

der Erzdiözese Paderborn<br />

• Arbeitskreis Sucht Nördlicher Märkischer Kreis<br />

• AK Glücksspielsucht, Ost-Westfalen-Lippe<br />

• AK Frauen und Sucht (HA, WIT, UN, MK)<br />

• Arbeitskreis „Männer und Sucht“ (LWL)<br />

• Qualitätszirkel EFQM für NRW<br />

• Netzwerktreffen Frauen + Sucht NRW<br />

In diesen Kreisen und Gremien findet eine intensive Vernetzung der<br />

Suchtarbeit statt. Der gegenseitige Informations- und Erfahrungsaustausch<br />

führt zu einer Erweiterung der fachlichen Kompetenz der<br />

Mitarbeiter der Beratungsstelle. Hier besteht die Möglichkeit der<br />

politischen Einflussnahme auf lokaler und regionaler Ebene und die<br />

Abstimmung der Angebote im Suchtsektor. Nicht abgedeckter<br />

Bedarf wird eruiert und gegebenenfalls ergänzt.<br />

- 34 -


6. Bildungsmaßnahmen/Öffentlichkeitsarbeit<br />

6.1 Fort- und Weiterbildungen<br />

Die Mitarbeiter nahmen an Seminaren, Infoveranstaltungen,<br />

Fachtagungen und Fortbildungen zu folgenden Themen teil:<br />

• Studientag „SGB II Aktuelle Änderungen, neue<br />

Gerichtsurteile“<br />

• Fachtag „Biografiearbeit und Sucht“<br />

• Seminar „Training der Emotionsregulation für pathologische<br />

Glücksspieler“<br />

• Seminar „Neuartige Spielformen“<br />

• Fachtagung „Grundbedürfnisse der Seele“<br />

• Studientag „Wohnen mit SGB XII und SGB II“<br />

Die Suchtberatungsstelle verfügt über eine fundierte Sammlung<br />

von Fachliteratur, die fortlaufend auf den aktuellen Stand gebracht<br />

wird.<br />

- 35 -


6.2. Öffentlichkeitsarbeit/Informationsveranstaltungen<br />

Als Mitarbeiter der Suchtberatung des Caritasverbandes standen<br />

wir auch in <strong>2019</strong> bei Fragestellungen zu Suchterkrankungen und<br />

Auswirkungen in den entsprechenden Lebensbereichen den<br />

Kollegen der weiteren Fachbereiche unseres Verbandes zur<br />

Verfügung.<br />

Während der Anti-Sucht-Woche der Gesamtschule Iserlohn im<br />

Dezember <strong>2019</strong> hielten wir Vorträge zum Thema „Kenn Dein Limit“.<br />

Darüber hinaus stellten wir auch im Jahr <strong>2019</strong> in Gremien und<br />

Arbeitskreisen unsere Arbeit dar und berichteten über lokale und<br />

regionale suchtbezogene Veränderungen und Planungen.<br />

Im November <strong>2019</strong> präsentierten wir uns gemeinsam mit der<br />

DROBS mit einem Informationsstand auf dem 14. Iserlohner<br />

Gesundheitstag.<br />

- 36 -


Außerdem stellten wir im Mai <strong>2019</strong> gemeinsam mit unserer<br />

Familien- und Erziehungsberatung unsere CHAMÄLEON-Gruppen<br />

und Dennis Breisers Benefiztour „Chamäleon durch Europa“ (s.<br />

Kap. 7.1) mit einem Informationsstand auf dem Iserlohner<br />

Fahrradfrühling vor.<br />

- 37 -


Bei der Vorbereitung und Durchführung der jährlich zu einem<br />

aktuellen Thema stattfindenden Informationsveranstaltung des<br />

Arbeitskreises Sucht Nördlicher Märkischer Kreis am 14.11.<strong>2019</strong> im<br />

Gemeindesaal in der Erlöserkirche im Wiesengrund wirkte unsere<br />

Suchtberatung im Rahmen des Arbeitskreises Sucht mit. Dieser<br />

vertritt alle Selbsthilfegruppen, Beratungs- und Behandlungseinrichtungen<br />

im nördlichen Märkischen Kreis.<br />

Dieses Jahr lud der Arbeitskreis Sucht zu folgendem Thema ein:<br />

„ Deutschland- Das Land der Dichter,<br />

Denker ….und Säufer? “<br />

Als Vortragenden konnten wir mit Herrn Fredric Schulz den stellvertretenden<br />

Bundesvorsitzenden der Guttempler in Deutschland<br />

gewinnen.<br />

Zu der kostenlosen öffentlichen Veranstaltung waren alle Betroffenen,<br />

Mitbetroffenen, Selbsthilfegruppen, ehren- und hauptamtlichen<br />

Helfer und Interessierten herzlich eingeladen.<br />

Etwa 60 Zuhörer verfolgten interessiert diesen sehr informativen<br />

Fachvortrag, bei dem es wie immer noch Raum für Fragen und<br />

ausgiebige Diskussionen gab.<br />

Die Sprecher des Arbeitskreises, Sylvia Schulte und Kurt<br />

Rothenpieler, waren mit dem Verlauf der Veranstaltung sehr<br />

zufrieden und erfreut über das rege Interesse.<br />

- 38 -


7. Schwerpunktthemen <strong>2019</strong><br />

7.1 CHAMÄLEON<br />

Kinder aus sucht- und seelisch belasteten Familien<br />

Bei der Vorlage des Drogen- und Suchtberichtes aus 2017 hat die<br />

Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler (CDU) eindringlich auf<br />

die bisher nicht genügend beachteten Kinder aus suchtbelasteten<br />

Familien hingewiesen. Sie fordert Bund, Länder und Kommunen auf<br />

durch flächendeckende Netzwerke mit festen Ansprechpartnern in<br />

den Städten und Gemeinden eine bessere Versorgung und<br />

Betreuung der Kinder zu schaffen und erklärt „Suchtpolitik darf<br />

nicht bei den Suchtkranken selbst enden. Wir müssen uns viel<br />

mehr als bisher um die Kinder suchtkranker Menschen kümmern“.<br />

Dieser Forderung kommt der Caritasverband in Iserlohn, Hemer<br />

und Menden schon seit langem nach und hat mit den Gruppen für<br />

Kinder aus sucht- und seelisch belasteten Familien ein Hilfsangebot<br />

geschaffen, das nun schon seit über 11 Jahren besteht.<br />

Die Atmosphäre in sucht- und seelisch belasteten Familien ist<br />

oftmals geprägt von emotionaler Unsicherheit, Instabilität und<br />

Angst. Erfahrungen von massiver Aggression, Verwahrlosung,<br />

sexuellen Missbrauchs bis hin zur physischen Lebensbedrohung<br />

sind nicht selten Teil des Familienalltags. Die hier aufwachsenden<br />

Kinder werden oft allein gelassen.<br />

„Rede nicht!“<br />

Weder innerhalb noch außerhalb der Familie darf über Probleme gesprochen werden.<br />

Am besten, man nimmt sie nicht wahr. „Du darfst nach außen hin nicht sagen, was los<br />

ist. Musst das immer geheim halten“ (Ben, 12).<br />

Zum Teil werden Schwierigkeiten zugegeben, aber die Ursache dafür wird auf andere<br />

projiziert. Der Alkoholmissbrauch wird verleugnet, geheim gehalten und der abhängige<br />

Elternteil für sein Verhalten verteidigt. Die Erfahrung, nicht darüber reden zu dürfen,<br />

vermittelt den Kindern das Gefühl, dass es keine Hilfe und keinen Ausweg gibt.<br />

(Regeln für suchtbelastete Familien<br />

aus „Mir kann das nicht passieren“<br />

von Claudia Black, 1988)<br />

Die Kinder aus solchen Familien sind oft "auffällig unauffällig". Sie<br />

sind ihren Eltern loyal verbunden und finden sich im Zwiespalt<br />

zwischen der "familiären" und der "äußeren" Welt, den<br />

Bedürfnissen ihrer Eltern und ihren eigenen. Sie fühlen sich<br />

verantwortlich für die Familie. Gleichzeitig versuchen sie ihr Leid<br />

und ihre Belastungen so gut es geht zu verstecken. Nach außen hin<br />

müssen die Kinder die Problematik eines oder beider Elternteile als<br />

Familiengeheimnis wahren. Ein großer Teil der betroffenen Kinder<br />

leidet unter Ängsten, Depressionen und schizophrenen Störungen.<br />

Die sich daraus ergebenden Auswirkungen werden zumeist erst<br />

- 39 -


später im Leben im Versuch einer selbstständigen Lebensgestaltung<br />

offenbar.<br />

Die in diesen Familien aufwachsenden Kinder sind durch vielfältige<br />

soziale und psychische Probleme besonders belastet und haben ein<br />

besonders hohes Risiko, selbst sucht- oder seelisch krank zu<br />

werden. Kinder aus Sucht belasteten Familien weisen ein bis<br />

zu sechsfach erhöhtes Risiko auf, selbst suchtkrank zu<br />

werden (s. NRW-Landesprogramm gegen Sucht).<br />

Mehr als 30 % der Kinder aus suchtbelasteten Familien werden<br />

selbst suchtkrank – meistens sehr früh in ihrem Leben. Etwa 70 %<br />

der Menschen mit Suchtproblemen stammen aus suchtbelasteten<br />

Familien. Kinder aus seelisch belasteten Familien tragen ein<br />

Risiko von 40 - 70 %, selbst psychisch zu erkranken.<br />

In Deutschland haben 2,65 Millionen Kinder und Jugendliche<br />

unter 18 Jahren mindestens einen alkoholkranken Elternteil (DHS<br />

2006). Heruntergerechnet auf die Zahlen des nördlichen<br />

Märkischen Kreises haben wir es mit einer potentiellen Zahl von<br />

ca. 6.500 Kindern zu tun.<br />

Es wird geschätzt, dass etwa 2 - 3 Millionen Kinder in psychisch<br />

belasteten Familien aufwachsen. Demnach sind in Iserlohn, Hemer,<br />

Menden und Balve mehrere Tausend Kinder betroffen! Erfahrungsgemäß<br />

liegt die Dunkelziffer sicherlich viel höher.<br />

„Fühle nicht!“<br />

Das erleichtert das Leben, vermeidet Schmerzen und bürdet den Eltern nicht noch<br />

das eigene Leid auf. Dahinter steht aber auch die Ansicht, dass man Gefühlen nur<br />

bedingt trauen sollte. Durch das Leugnen der Gefühle wird der Zugang zum<br />

emotionalen Erleben verlernt, wodurch auch angenehme Gefühle nicht mehr<br />

wahrzunehmen sind oder fremd werden – es sei denn, sie benutzen sie als Maske,<br />

um sich dahinter zu verstecken. Für die Kinder heißt das, sie müssen schnell<br />

erwachsen werden, viel Verantwortung übernehmen, viel Helfen und wenig<br />

Anforderungen an die Eltern stellen. Die Forderung an sie lautet: Sei stark, gut,<br />

perfekt. Mach immer alles richtig. Mach uns stolz.<br />

Seit 2007 besteht nun schon die Kindergruppe CHAMÄLEON.<br />

Dieses Angebot für Kinder aus suchtbelasteten Familien wurde<br />

gemeinsam mit der Suchtberatung und der Familien- und<br />

Erziehungsberatungsstelle unseres Caritasverbandes entwickelt und<br />

umgesetzt, wobei die suchtbezogene Beratung und Begleitung der<br />

Eltern durch uns sicher gestellt wird.<br />

Der Gruppenname CHAMÄLEON spiegelt in sehr passender Weise<br />

die Situation und Eigenschaften der Kinder aus suchtbelasteten<br />

Familien wider. Zum einen müssen sie sich oftmals den schwierigen<br />

und belastenden Situationen in ihrer Familie anpassen, sich<br />

manchmal vielleicht sogar unsichtbar machen, und zum anderen<br />

- 40 -


tragen diese Kinder viele wunderbare Fähigkeiten und Ressourcen<br />

in sich, von denen hoffentlich durch die Arbeit der Gruppe immer<br />

mehr zum Vorschein kommen werden.<br />

Aufbauend auf den Erfahrungen mit unserer CHAMÄLEON-Gruppe<br />

für Kinder aus suchtbelasteten Familien hatte der Caritasverband<br />

Iserlohn im September 2011 das Hilfsangebot erweitert und eine<br />

Gruppe für Kinder aus sucht- und seelisch belasteten Familien ins<br />

Leben gerufen, die mittlerweile ebenfalls gut etabliert ist.<br />

„Traue nicht!“<br />

Durch die Botschaft der Familie, dass alles normal sei, und der gegenteiligen<br />

Wahrnehmung der Kinder, lernen diese, weder sich noch anderen zu trauen..<br />

Suchterkrankungen machen Abhängige und Angehörige zu Lügnern. Alkoholiker<br />

lügen zum Beispiel, um ihr Trinken zu vertuschen. Die Partner/innen lügen, damit der<br />

Betroffene nicht seinen Arbeitsplatz und/oder seinen guten Ruf verliert. Die Kinder<br />

lügen, um sich selbst zu schützen. Wenn in einer Familie Lügen „normal“ geworden<br />

sind, dann kann man sich auf nichts und niemanden mehr verlassen. Daraus lernen<br />

sie: Ich bin der einzige Mensch, dem ich trauen kann!<br />

Primäres Ziel der CHAMÄLEON-Gruppen ist, die Kinder in ihrer<br />

Bedürftigkeit wahrzunehmen, sie in ihren Kompetenzen zu<br />

unterstützen und vorhandene Ressourcen zu aktivieren und den<br />

Kindern zu ermöglichen, diese anzuwenden. Hier sollen sie auch<br />

lernen, sich um sich zu kümmern, und nicht um ihre Eltern.<br />

Weitere wichtige Ziele sind:<br />

Persönlichkeitsstärkung<br />

Ressourcenfindung und -aktivierung<br />

Entlastung der Kinder von Schuld – und Schamgefühlen<br />

Entwicklung und Stärkung von Selbstwertgefühl und<br />

Selbstbewusstsein<br />

Erlernen von Wahrnehmung, Ausdruck und Annahme<br />

eigener Gefühle<br />

Wahrnehmung und Formulierung eigener Bedürfnisse<br />

Erleben von Zuverlässigkeit , Klarheit, Grenzen, Struktur<br />

und Sicherheit in der Gruppe und durch die<br />

Gruppenleitung<br />

Über Familiensituationen reden lernen<br />

Auflösung der Tabuthemen Sucht oder psychische<br />

Erkrankung<br />

Suchtprävention<br />

Neben diesen inhaltlichen Auseinandersetzungen benötigen die<br />

Kinder für eine gute Entwicklung vor allem schöne Erlebnisse als<br />

Gegengewicht zu den problematischen Familienverhältnissen.<br />

Dementsprechend liegt ein weiterer Schwerpunkt in der Arbeit bei<br />

gemeinsamen Unternehmungen, die den Kindern Spaß machen,<br />

- 41 -


wie Malaktionen, Kinobesuche, Minigolf oder regelmäßige Ausflüge<br />

in die Natur.<br />

Für die Entwicklung und Festigung von tragfähigen Beziehungen<br />

zwischen den Gruppenleitern und jedem einzelnen Kind sowie<br />

zwischen den Kindern untereinander muss nach wie vor viel Zeit<br />

investiert werden.<br />

Im Dezember 2017 erhielten wir eine E-Mail von einem jungen<br />

Mann, der sich im Frühjahr 2018 mit dem Rad auf dem Weg durch<br />

Europa machen und sich in diesem Zusammenhang auch für unser<br />

CHAMÄLEON-Projekt einsetzen wollte. Und das tat er dann auch!<br />

Dennis Breiser startete am 21.04.2018, setzte seine<br />

bemerkenswerte Idee in die Praxis um, begeisterte auf seinem Weg<br />

unzählige Menschen, gewann viele für seine Sache und fuhr auf<br />

seiner insgesamt 16.540 Kilometer langen Benefiztour quer durch<br />

Europa und bereiste 19 Länder.<br />

Von Ihmert aus fuhr er über Polen, die baltischen Staaten, durch<br />

Finnland und Norwegen bis zum Nordkap. Anschließend ging es<br />

durch Schweden, Dänemark, die Beneluxländer, Frankreich und<br />

Spanien bis zur Straße von Gibraltar. Am westlichsten Punkt<br />

Europas, dem Cabo da Roca in Portugal machte er sich dann auf<br />

den Heimweg und kam am 31.08.<strong>2019</strong> an dem Ort an, wo vor<br />

über einem Jahr alles begann, dem ihmerter Grundschulhof!<br />

- 42 -


Überall dort berichtete er vom CHAMÄLEON-Projekt und seiner<br />

Reise. Damit schaffte er Aufmerksamkeit und fand europaweit<br />

potenzielle Unterstützer. Seine Reise stand unter dem Motto: „Mit<br />

dem Rad auf Tour, um den vergessenen Kindern eine<br />

Stimme zu geben“. Auf seinem Weg durch Europa besuchte<br />

Dennis immer wieder verschiedener Caritas-Einrichtungen und<br />

konnte sogar im Radio und Fernsehen über sich und sein Anliegen<br />

berichten „Die Gastfreundschaft und die Herzlichkeit, die mir<br />

entgegengebracht werden, ist unglaublich herzlich. Vor allem,<br />

wenn ich mein Chamäleon LEO, das Maskottchen vorstelle und von<br />

der Geschichte, die dahinter steckt, erzähle“ berichtete er über das<br />

Plüsch-Chamäleon, das ihn auf der gesamten Reise stets treu<br />

begleitete.<br />

Neben vielen eindrücklichen Erlebnissen, Begegnungen und<br />

sportlichen Herausforderungen war nach seiner Aussage die<br />

spontane erfolgreiche Teilnahme am IRONMAN-Triathlon in Nizza<br />

das persönliche Highlight, von dem Dennis Breiser sicherlich immer<br />

noch zehren kann.<br />

16 Monate und zehn Tage war er unterwegs – auf einer Reise zu<br />

sich selbst und im Einsatz für Kinder, die in sucht- und seelisch<br />

belasteten Familien aufwachsen. Dabei ist es Dennis nach eigenen<br />

Worten auf wunderbare Weise gelungen, „die Botschaft, die diesem<br />

Projekt inne liegt, in der Welt und hier bei uns vor Ort zu<br />

verbreiten“.<br />

- 43 -


- 44 -


Und so blickt Dennis Breiser stolz, entschieden und hoffnungsvoll in<br />

die Zukunft, wenn er sagt:<br />

„Es ist eine Menge geschehen und ins Rollen gebracht worden seit<br />

dem Tag der Abfahrt. Die Intention 'LEO' auch hier zu Hause bei<br />

uns ganz nah und vor Ort weiter reisen zu lassen, entspringt dem<br />

Punkt, mit diesem ganzen Aufwind der Europareise auch<br />

fortfolgend in der kommenden Zeit weiter Gutes zu tun. Die<br />

Botschaft soll noch weiter in den Raum gerückt werden, um<br />

vielleicht auch sogar bald politische Aufmerksamkeit zu bekommen<br />

und um weiterhin die Chamäleon Gruppen durch sozial engagierte<br />

Spendenprojekte finanziell zu unterstützen. Und das alles mit Hilfe<br />

des Sports und der Freude zur gesunden Bewegung als Medium der<br />

Übermittlung.“<br />

Wir bedanken uns von ganzem Herzen bei Dennis Breiser für sein<br />

bemerkenswertes und gewinnendes Engagement, freuen uns auf<br />

weitere Aktionen und wünschen ihm in seinem sozialen und vor<br />

allem in seinem sportlichen Tun weiterhin soviel Energie und für<br />

seine weitere Reise durchs Leben alles erdenkliche Gute.<br />

- 45 -


7.2 Glücksspielsucht<br />

Glücksspielsucht ist eine schwerwiegende Suchterkrankung, die<br />

gravierende Folgen haben kann, wenn sie nicht frühzeitig behandelt<br />

wird. Seit 2001 haben die Renten- und Krankenversicherungen<br />

das pathologische Glücksspielen als Krankheit anerkannt. Die<br />

Klienten haben seitdem einen Anspruch auf ambulante und<br />

stationäre Rehabilitation.<br />

„Mein Pech war, dass ich am Anfang Glück hatte“<br />

(Zitat eines Glücksspielabhängigen)<br />

Das Spiel beherrscht den kompletten Tagesablauf der Betroffenen.<br />

Freunde, Familie und andere Freizeitgestaltungen werden mit der<br />

Zeit immer unwichtiger. Die Sucht können die Erkrankten lange<br />

verheimlichen. Selbst für die nächsten Freunde und Verwandten ist<br />

sie meist jahrelang nicht erkennbar. Oft erfahren die Angehörigen<br />

des Spielers erst davon, wenn alles Geld und Gut verspielt wurde.<br />

Nicht selten führt Glücksspielsucht zu massiven finanziellen<br />

Problemen der Betroffenen und belastet die Beziehungen zum<br />

Partner und zur Familie schwer. Selbst Jugendliche nehmen mehr<br />

und mehr an Glücksspielen teil.<br />

Experten gehen davon aus, dass in Nordrhein-Westfalen etwa<br />

40.000 behandlungsbedürftige Glücksspieler leben. Sie<br />

zerstören nicht nur sich selbst, sondern auch das Leben ihrer<br />

nächsten Angehörigen. Besonders betroffen sind die Ehefrauen und<br />

Kinder. Sie leiden nicht nur unter der ständigen Abwesenheit und<br />

den Lügen des Vaters, sondern auch dem Geldmangel durch die<br />

Spielschulden. Angehörige können dem Süchtigen nur bedingt<br />

helfen. Geht er nicht selbst den Weg in eine Suchtberatungsstelle,<br />

gibt es kaum mehr Hoffnung auf ein normales Leben.<br />

Unsere Suchtberatung bietet bereits seit Jahren Einzel-, Paar- und<br />

Familienberatungen für Iserlohner Bürger mit einer Glücksspielproblematik<br />

an. Im Jahr <strong>2019</strong> wurden 23 betroffene Personen<br />

intensiver durch unsere Beratungsstelle beraten und betreut (s.<br />

Kap. 4.8). Die Selbsthilfegruppe Glücksspiel wurde im<br />

Berichtsjahr von insgesamt 8 Betroffenen und Angehörigen<br />

besucht. Dieses Angebot ist offen für Hilfesuchende aus dem<br />

gesamten nördlichen Märkischen Kreis.<br />

Als Glücksspiele mit besonders hoher Suchtgefahr haben sich<br />

Geldautomatenspiele und Sportwetten herauskristallisiert.<br />

Seitens des Gesetzgebers wird leider sehr wenig unternommen, um<br />

die betroffenen Spieler vor den Gefahren dieser Angebote zu<br />

schützen.<br />

- 46 -


Die Erfahrung aus den letzten Jahren zeigt, dass die gesetzlichen<br />

Regelungen auf dem Glücksspielmarkt meistens zu Gunsten der<br />

Glücksspielbranche novelliert wurden. So durften beispielsweise in<br />

der Vergangenheit immer mehr und schnellere Geldspielautomaten<br />

aufgestellt werden, was zu Folge hatte, dass Umsätze und Gewinne<br />

vor allem für die Betreiber in die Höhe schossen. Diese drastische<br />

Entwicklung zeichnet sich besonders seit der Novellierung der<br />

Spielverordnung im Jahr 2006 ab, die die Zulassung und<br />

Aufstellung der Glücksspielgeräte regelt. Erwiesenermaßen<br />

nimmt die Suchtgefahr mit diesen neuen und schnelleren Geräten<br />

und ihren erhöhten Gewinn- und Verlustchancen rasant zu.<br />

„Groschengräber hatte ich schon als Kind kennengelernt. Mein Opa schmiss ab und zu zehn<br />

Groschen in diese Kästen. Ich weiß noch, wie ich in der Gastwirtschaft auf seinem Arm saß<br />

und das beobachtet habe. Richtig losgegangen ist es Mitte der 90er Jahre, da war ich 19. In<br />

meinem Wohnort machte die erste Spielhalle auf, aus Neugier bin ich rein. Ein Spiel kostete<br />

zwanzig Pfennig. Zwei Mark habe ich reingesteckt und 40 gewonnen. Es gab die ersten<br />

Geräte mit hundert Sonderspielen. Man spielte noch nicht so exzessiv, und es kam einem<br />

vor, als ob man gewinnt. Aber unter dem Strich war es Selbstbetrug. Man gaukelt sich vor,<br />

dass man den Automaten bezwingen kann. Also ich, ich erzähle ja über mich.<br />

Zuerst lief es nebenher, zwei-, dreimal im Monat. Nach einem halben Jahr wurde es öfter.<br />

Das ging vier, fünf Jahre so. Als das Geld knapp wurde, flog auf, dass ich gespielt hatte. Das<br />

führte zur ersten Krise in der Partnerschaft. Ich hatte mich verändert. Ich selbst habe das gar<br />

nicht gemerkt. Meine Frau sagte, ich will das nicht. Aber da war es schon zu spät. Es hatte<br />

sich verselbständigt, und ich musste dahin. Warum ich spielen gegangen bin, habe ich erst<br />

viel später in der Therapie begriffen.“<br />

Peter H. (46 Jahre)<br />

Die Situation auf dem Sportwettenmarkt ist verworren und<br />

unübersichtlich. Neben den Wettbüros finden sich immer mehr<br />

Anbieter im Internet. Alle Anbieter bewegen sich in einer<br />

rechtlichen Grauzone am Rande der Illegalität. Vor acht Jahren<br />

herrschte in Deutschland noch ein staatliches Glücksspielmonopol,<br />

begründet in einer damit verbundenen staatlichen Suchtbekämpfung.<br />

Allerdings sah der Europäische Gerichtshof anlässlich<br />

der Glücksspiel-Werbung diesen Schutz für die Bevölkerung nicht<br />

gegeben und kippte 2010 mit einem Urteil den zwei Jahre zuvor<br />

abgeschlossenen Glücksspielstaatsvertrag. Seitdem sollen nun<br />

neben den staatlichen Lotteriegesellschaften auch private Anbieter<br />

zugelassen werden. Am 01.01.2018 sollte der Zweite<br />

Glücksspieländerungsstaatsvertrag in Kraft treten. Dies ist<br />

gescheitert, da die Bundesländer sich nicht auf eine Ratifizierung<br />

einigen konnten. Der Geltungszeitraum des aktuellen Vertrages<br />

endet nun im Jahr 2021. Um den Bereich des Glücksspiels nicht in<br />

einen rechtsfreien Raum zu entlassen, sollten sich die 16<br />

Bundesländer auf einheitliche Regeln verständigen.<br />

Eine der Hauptschwierigkeiten ist dabei der zukünftige Umgang mit<br />

dem Bereich des Online-Glücksspiels. Dazu zählt neben Online-<br />

Lotterien, Online-Poker und Online-Sportwetten vor allem der<br />

Bereich der sogenannten Online-Casinos. Diese gelten als<br />

Glücksspiele mit sehr hohem Suchtgefährdungspotenzial.<br />

- 47 -


Insbesondere die sehr kurze Spieldauer, die schnelle Spielabfolge,<br />

multiple Spiel- und Einsatzgelegenheiten, spannungserzeugende<br />

Effekte und die ständige Verfügbarkeit über Smartphone und<br />

Computer sind diesbezüglich schwerwiegende Merkmale.<br />

Letztendlich werden die hoch gefährlichen Automatenspiele aus den<br />

Spielhallen und Kneipen in die heimischen Wohnzimmer und an die<br />

Arbeitsplätze der Bevölkerung transportiert.<br />

Für Glücksspielanbieter erweisen sich die Internetangebote als<br />

zunehmend attraktiv. Gültige Lizenzen gab es bisher ausschließlich<br />

in Schleswig-Holstein. Aber auch Anbieter aus dem Ausland<br />

mischen bei dem Geschäft kräftig mit.<br />

Von den rund 14,2 Milliarden Euro Umsatz der Glücksspielanbieter<br />

2017 in Deutschland wurden 22 Prozent im nichtregulierten<br />

Bereich gemacht, in den auch Sportwetten im Internet<br />

fallen. Die Zahlen stammen aus dem Jahresreport der Glücksspiel-<br />

Aufsichtsbehörden der Länder.<br />

Derzeit debattieren die Bundesländer über eine Reform des<br />

Glücksspiel-Staatsvertrags. Vorgesehen ist eine Öffnung des<br />

Sportwettenmarktes. Das Online-Glücksspiel (Online-Automatenspiel,<br />

-Poker, -Casinos etc.) soll nach jetzigem Stand aber weiter<br />

verboten bleiben. Bis heute gehören Online-Casinos und Online-<br />

Poker zum nicht regulierten Glücksspielmarkt – sind nach<br />

deutschem Recht illegal. Zu diesem Schwarzmarkt zählen<br />

Glücksspielangebote, die nicht über deutsche Konzessionen, wohl<br />

aber über eine aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat (meistens<br />

Malta, Gibraltar oder auch Großbritannien) verfügen. Aufgrund der<br />

ungeklärten Rechtslage wird ein Großteil davon faktisch geduldet.<br />

Dagegen hat das Ringen um die Regulierung des deutschen<br />

Sportwettenmarkts ein Ende gefunden – zumindest vorerst. Am<br />

21. März <strong>2019</strong> einigten sich die Bundesländer auf eine zeitlich<br />

begrenzte Öffnung des Marktes für private Anbieter von<br />

Sportwetten. Die neue Regelung des mittlerweile Dritten<br />

Glücksspielstaatsvertrages gilt ab dem 1. Januar 2020, befindet<br />

sich aktuell in der Experimentierphase und endet im Juni 2021.<br />

Bis dahin sind private Sportwettangebote in Deutschland<br />

zugelassen. Demnach sollen Anbieter, die Mindeststandards<br />

erfüllen, um die Jugend zu schützen und Spielsucht einzudämmen,<br />

ab 2020 eine bundesweit gültige Lizenz erhalten.<br />

Die Erfahrung zeigt, dass in diesem grauen Markt, in dem es um<br />

Geschäfte im Milliardenbereich geht, die Sensibilität für<br />

schutzbedürftige Teilnehmer auf der Strecke zu bleiben droht. Da,<br />

wo es möglichst um hohe Profite geht ist von Freiwilligkeit und<br />

ehrlichem Bemühen um den Spielerschutz eher nicht auszugehen.<br />

Aus unserer Sicht ist daher hier besonders die Politik gefragt, klare<br />

und harte Regeln hinsichtlich des Spielerschutzes zu setzen. Dazu<br />

- 48 -


edarf es auch einer gut aufgestellten, aufmerksamen und starken<br />

Kontrollinstanz, die die Einhaltung der Vorgaben überprüft und<br />

konsequent ahndet und nachhaltig das Suchtpotential und den<br />

Spielerschutz und nicht das Gewinnpotential und die Steuereinnahmen<br />

der Länder im Fokus behält.<br />

SPORTWETTEN 26.11.<strong>2019</strong><br />

Geschäfte im halblegalen Bereich<br />

Von Anja Schrum<br />

Ob Deutscher Fußballbund, deutsche Nationalmannschaft oder die Frauen Bundesliga – alle lassen sich von<br />

Sportwetten-Anbietern sponsern. (imago/Norbert Schmidt)<br />

Der Markt für Sportwetten wächst seit Jahren. Und nicht nur für Werbeträger wie Oliver Kahn<br />

sind sie ein lukratives Geschäft, auch Fußballvereine und Verbände kassieren mit. Dabei sind<br />

fast alle Angebote für Sportwetten eigentlich illegal.<br />

"Wenn ihr denkt, ihr kennt alle meine Sprüche – dann tippt doch drauf.“<br />

„Ihre Wette in sicheren Händen."<br />

"Nee, näh, sag mal, was tippst du denn da für'n Quatsch?"<br />

"Braucht man da eigentlich ein Parkticket?"<br />

"Natürlich geht es immer um gewinnen oder verlieren."<br />

Oliver Kahn, Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger dürften sich zu den Gewinnern zählen,<br />

zumindest monetär. Die Ex-Bundesliga-Profis werben für Sportwetten-Anbieter beziehungsweise die<br />

Spiel-Automatenwirtschaft. Und nicht nur sie: Bei jedem Bundesliga-Spiel taucht irgendwo das Logo<br />

eines Wett-Anbieters auf. So gut wie jeder Bundesliga-Verein hat einen entsprechenden Sponsor.<br />

Tipico, eines der führenden Unternehmen in Sachen Sportwetten, fungiert seit 2018 als<br />

Premiumpartner der Deutschen Fußballliga, DFL.<br />

Überall Werbung für die Wettanbieter<br />

Konkurrent bwin sponsort den Deutschen Fußballbund, DFB, die deutsche Nationalmannschaft, den<br />

DFB-Pokal, die Frauen Bundesliga und – seit 2017 – die 3. Liga. Nach Angaben des Deutschen<br />

Sportwettenverbandes investiert die Wettbranche jährlich 50 Millionen Euro ins Sportsponsoring in<br />

Deutschland. Sebastian Buchholz, der für die SPD im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt, beobachtet<br />

dieses Engagement seit Jahren mit Skepsis.<br />

- 49 -


"Ich glaube, dass das Ausbreiten der Wettbüros wie auch des Wettens im Internet über die ganzen<br />

Angebote damit zu tun hat, dass wir sehr viel Werbung für Wetten erleben. Also sowohl auf den T-<br />

Shirts der Fußallspieler als auch die Bandenwerbung, man sieht ja regelmäßig sehr, sehr viel Werbung<br />

für Wettbüros. Und da sagt sich natürlich der Normalsterbliche: Ja, wenn dafür so umfangreich<br />

geworben wird, kann das doch nichts Schlimmes sein!" Das Ziel der Werbeoffensive ist klar: Die<br />

Anbieter wollen Sportwetten als Teil der "Fußball-Kultur" verankern. Raus aus der "Schmuddel-Ecke"<br />

des Glücksspiels, rein in die vermeintlich saubere Welt des Sports. Oder wie es Oliver Kahn in einem<br />

Werbespot beschreibt:<br />

"Wenn man nach England schaut, dort gehören Sportwetten ja wie selbstverständlich letztlich zur<br />

Kultur des Spiels und ich habe sogar gehört, dass die königliche Familie ihre Wette vom Buckingham<br />

Palace aus platziert, also das zeigt schon, wie gesellschaftsfähig Sportwetten insbesondere auch in<br />

England sind."<br />

Neun Milliarden Euro Jahresumsatz<br />

Auch ohne zockendes Staatsoberhaupt wächst der Sportwetten-Markt in Deutschland rasant. Nach<br />

Angaben des Branchenverbandes setzten Wettbüro-Besucher und Online-Wetter im WM-Jahr 2018<br />

rund 7,7 Milliarden Euro auf Sportereignisse, zumeist Fußballspiele. Für das laufende Jahr peilt man<br />

einen neuen Rekord an: neun Milliarden Euro. Und auch der deutsche Fiskus verdient prächtig mit.<br />

Denn seit 2012 sind fünf Prozent des Umsatzes als Wettsteuer fällig.<br />

"Der Glücksspielmarkt ist ein Milliardengeschäft. Das müssen wir uns immer vergegenwärtigen, das ist<br />

auch der Grund, warum erst die Spielhallen, dann die Wettbüros so in die Kieze drängen. Und warum<br />

natürlich auch wahnsinnig viel online, national wie auch international angeboten wird, weil da richtig,<br />

richtig viel Geld mit zu verdienen ist."<br />

Die Branche boomt, auch weil der Zugang so leicht ist. Daniel Buchholz kämpft in Berlin seit über<br />

zehn Jahren gegen das Glücksspiel, erst gegen Spielhallen, nun verstärkt gegen Wettbüros. Die<br />

Hauptstadt hat eines der bundesweit strengsten Spielhallen-Gesetze. Es setzt neuen Anbietern enge<br />

Grenzen und auch die alten verschwinden langsam.<br />

"Allein im letzten Jahr 2018 um die hundert, also wirklich sehr deutliche Abnahme, das haben wir<br />

erreicht. Wir erleben aber gleichzeitig die gegenläufige Entwicklung bei den Wettbüros, auf die wir aber<br />

leider als Landesparlament keinen Einfluss haben, dass wir inzwischen schon bei 400 Wettbüro-<br />

Stellen sind und es werden offensichtlich immer noch mehr."<br />

Jahrelanger Streit über einheitliche Regeln<br />

Denn für Sportwetten fehlt bislang eine rechtliche Grundlage, gewettet wird im Graubereich. Die 16<br />

Bundesländer konnten sich jahrelang nicht auf einheitliche Regeln einigen. Schleswig-Holstein schoss<br />

immer wieder quer, auch die EU meldete Bedenken an. 2011 verabredeten die Bundesländer in einer<br />

ersten Reform des Glücksspielstaatsvertrages eine Experimentierphase. 20 Wett-Anbieter sollten für<br />

sieben Jahre eine Lizenz erhalten.<br />

80 bewarben sich, nach einer Vorauswahl blieben 35 übrig. Die Verlierer des Verfahrens zogen vor<br />

Gericht, beklagten die intransparente Auswahl und bekamen Recht. Damit scheiterte die<br />

Lizenzvergabe. So sind bis heute fast alle Angebote für Sportwetten eigentlich illegal, werden aber<br />

geduldet. Die Sportwetten-Anbieter richteten sich in dem unregulierten Markt prächtig ein.<br />

Der Hamburger Präventionsforscher Jens Kalke: "Das war ja ein Paradies für die in den letzten Jahren.<br />

Die haben sich ja auch an die ganzen weiteren Regeln des Glücksspielstaatsvertrages nicht gehalten,<br />

zum Beispiel: Verbot von Live-Wetten. Da hat sich kein Sportwetten-Anbieter dran gehalten. Das<br />

waren paradiesische Zustände – und sind es noch. Ich bin ja mal gespannt, was ab Januar nächsten<br />

Jahres passiert."<br />

Ereignis-Wetten sollen verboten werden<br />

Nach jahrelangem Streit haben sich die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer geeinigt: Am 1.<br />

Januar 2020 soll der sogenannte "3. Glücksspieländerungsstaatsvertrag" in Kraft treten. Dann müssen<br />

sich die Sportwetten-Anbieter wieder um Konzessionen bewerben. Diesmal wird die Anzahl nicht<br />

beschränkt.<br />

Der Staatsvertrag enthält aber auch Regelungen, die den Sportwetten-Anbietern nicht gefallen werden.<br />

Ein Verbot von sogenannten Ereignis-Wetten etwa. Dabei kann live auf das nächste Tor, die nächste<br />

gelbe Karte, die nächste Ecke gesetzt werden. Solche Live- bzw. Ereigniswetten haben ein hohes<br />

Suchtpotential, gelten aber gleichzeitig als besonders umsatzstarkes Angebot.<br />

Auch das sogenannte Dachmarken-Sponsoring ist im Visier der Aufsichtsbehörden: Baden-<br />

Württemberg hat bereits den DFB wegen seines Sponsors Bwin ermahnt. Wie die meisten<br />

Sportwetten-Anbieter betreibt auch Bwin Online-Kasinos mit virtuellen Roulettetischen und<br />

Spielautomaten. Diese aber sind in Deutschland illegal, genauso die Werbung dafür.<br />

Daniel Buchholz: "Man muss eben sehen, wenn jetzt unter dem Obernamen geworben wird, dass auch<br />

der illegale Betrieb mitbeworben wird und dass dagegen jetzt an einigen Stellen konsequenter<br />

vorangegangen wird, das ist sehr richtig so, das ist auch absolut notwendig."<br />

- 50 -


Der DFB schreibt auf Anfrage: Man stelle jetzt – deutlicher als bisher – heraus, dass es sich bei der<br />

Kooperation mit Bwin ausschließlich um eine Partnerschaft für den Bereich Sportwetten handele. So<br />

wurden Bwin-Werbeschilder mit dem Zusatz "Sportwetten" versehen.<br />

Glücksspieländerungsstaatsvertrag mit Experimentierphase<br />

Ansonsten hofft auch der DFB, dass mit der Lizenz-Vergabe eine Grundlage geschaffen wird, die allen<br />

Beteiligten mehr Rechtssicherheit bietet. Man hat – so scheint es – vor allem das Gewinnpotential der<br />

Sportwetten im Blick, weniger das Suchtpotential. Auch der Berliner Abgeordnete Daniel Buchholz hofft<br />

auf Rechtssicherheit – aber nicht um Geschäfte zu machen: "Dann haben wir hoffentlich die<br />

Möglichkeit, sehr koordiniert gegen illegales Glückspiel - und das heißt in diesem Fall illegale<br />

Wettangebote - vorzugehen und ich erhoffe mir auch ein Stück weit einen Rückgang der Wettbüros,<br />

des Überangebotes an Wettbüros in unseren Städten."<br />

Man kann allerdings darauf wetten, dass das Gezerre um die Regulierung der Sportwetten<br />

weitergehen wird. Denn der "3. Glücksspieländerungsstaatsvertrag" sieht eine Experimentierphase vor.<br />

Und die endet am 30. Juni 2021.<br />

Auch das sogenannte Dachmarken-Sponsoring ist im Visier der Aufsichtsbehörden: Baden-<br />

Württemberg hat bereits den DFB wegen seines Sponsors Bwin ermahnt. Wie die meisten<br />

Sportwetten-Anbieter betreibt auch Bwin Online-Kasinos mit virtuellen Roulettetischen und<br />

Spielautomaten. Diese aber sind in Deutschland illegal, genauso die Werbung dafür.<br />

Daniel Buchholz: "Man muss eben sehen, wenn jetzt unter dem Obernamen geworben wird, dass auch<br />

der illegale Betrieb mitbeworben wird und dass dagegen jetzt an einigen Stellen konsequenter<br />

vorangegangen wird, das ist sehr richtig so, das ist auch absolut notwendig."<br />

Der DFB schreibt auf Anfrage: Man stelle jetzt – deutlicher als bisher – heraus, dass es sich bei der<br />

Kooperation mit Bwin ausschließlich um eine Partnerschaft für den Bereich Sportwetten handele. So<br />

wurden Bwin-Werbeschilder mit dem Zusatz "Sportwetten" versehen.<br />

Glücksspieländerungsstaatsvertrag mit Experimentierphase<br />

Ansonsten hofft auch der DFB, dass mit der Lizenz-Vergabe eine Grundlage geschaffen wird, die allen<br />

Beteiligten mehr Rechtssicherheit bietet. Man hat – so scheint es – vor allem das Gewinnpotential der<br />

Sportwetten im Blick, weniger das Suchtpotential. Auch der Berliner Abgeordnete Daniel Buchholz hofft<br />

auf Rechtssicherheit – aber nicht um Geschäfte zu machen: "Dann haben wir hoffentlich die<br />

Möglichkeit, sehr koordiniert gegen illegales Glückspiel - und das heißt in diesem Fall illegale<br />

Wettangebote - vorzugehen und ich erhoffe mir auch ein Stück weit einen Rückgang der Wettbüros,<br />

des Überangebotes an Wettbüros in unseren Städten."<br />

Man kann allerdings darauf wetten, dass das Gezerre um die Regulierung der Sportwetten<br />

weitergehen wird. Denn der "3. Glücksspieländerungsstaatsvertrag" sieht eine Experimentierphase vor.<br />

Und die endet am 30. Juni 2021.<br />

Vor Ort haben die Kommunen nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten,<br />

gegen Spielhallen und Wettbüros vorzugehen. So sieht<br />

beispielsweise der Glücksspielstaatsvertrag von 2012 vor, dass<br />

der Abstand zwischen zwei Spielhallen 350 m betragen muss.<br />

Gleiches gilt für den Abstand zur nächsten Schule oder Kita.<br />

Großbetriebe mit Mehrfachkonzessionen sind demnach auch nicht<br />

länger erlaubt. Für Wettbüros gilt ein Mindestabstand von 200 m.<br />

Allerdings müssen bestehende Büros nicht schließen. Durch diese<br />

Maßnahmen soll die seit 2004 steigende Anzahl neuer Spielhallen<br />

eingedämmt und Süchtige besser geschützt werden. Im November<br />

2017 endete die fünfjährige Schonfrist für ältere Spielhallen, die<br />

der Gesetzgeber den Betreibern eingeräumt hat. Wie in anderen<br />

größeren Städten sind auch in Iserlohn eine Vielzahl der Spielhallen<br />

von einer Schließung betroffen. Endgültig ist bis heute nicht<br />

darüber entschlossen worden, weil viele Betreiber Ausnahme- und<br />

Härtefallanträge gestellt haben. Auch im Falle von Schließungen<br />

wird die Stadt mit zahlreichen Klagen konfrontiert sein, wobei die<br />

Hallen bis zur rechtkräftigen Ablehnung weiter betrieben werden<br />

können.<br />

- 51 -


Eine weitere sinnvolle und hilfreiche Maßnahme im Rahmen des<br />

Spielerschutzes hat sich bereits in Hessen bewährt. Wie schon<br />

seit Jahren für staatlichen Spielcasinos praktiziert können sich<br />

Spielsüchtige dort selbstständig für Spielhallen in einer<br />

verbindlichen zentralen Sperrdatei sperren lassen. In kurzer Zeit<br />

haben dies über 13.000 Menschen getan.<br />

Leider gilt diese Regelung bisher nur in einigen Bundesländern. In<br />

NRW zeigen sich Gesetzgeber und Automatenbranche diesbezüglich<br />

wenig kooperativ und hilfreich. Hier fehlt es bisher an einem<br />

Rechtsanspruch auf eine Spielersperre und eine derartige zentrale<br />

Sperrdatei. Es gibt hier keine entsprechende Verpflichtung für die<br />

Spielhallenbetreiber. Einige Anbieter sprechen auf Wunsch und mit<br />

der Begründung einer Glücksspielsucht jedoch freiwillige<br />

Selbstsperren mittels Hausverboten aus.<br />

„Man kann alles vergessen, wenn man spielt. Der Automat spricht nicht mit mir, er macht<br />

nichts mit mir. Er lässt mich nur vergessen und abschalten. Ich wollte mit mir alleine sein.<br />

Nur für mich. Keine Probleme haben. Überhaupt keine.<br />

Es war immer nur der Automat, bei dem ich alles vergessen konnte. Schrecklich,<br />

denke ich immer, all diese verlorenen Jahre“.<br />

Andreas M. (37 Jahre)<br />

Inwieweit die Gesetzgebung mit neuen Spielverordnungen und dem<br />

neu überarbeiteten Glücksspieländerungsstaatsvertrag eine<br />

hilfreiche Unterstützung bei der Eindämmung der Glücksspielsucht<br />

sein kann, bleibt abzuwarten. Wir befürchten, dass sich die<br />

Maßnahmen der Gesetzgebung auf dem sich rasant anwachsendem<br />

Glücksspielmarkt (mit einer stetigen Zunahme der Angebote auf<br />

dem Wett- und Glücksspielautomatenmarkt mit einer lobbystarken<br />

Automatenwirtschaft und entsprechenden Angeboten im Internet)<br />

weiterhin als unzureichend und eher halbherzig angegangen<br />

herausstellen werden.<br />

Wir sehen der Zukunft daher mit großer Sorge entgegen und teilen<br />

die Einschätzung renommierter Einrichtungen, wie dem<br />

Fachverband Glücksspielsucht e. V. und der Deutschen Hauptstelle<br />

für Suchtfragen e. V. (DHS), die generell vor einer Ausweitung des<br />

Glücksspielangebotes warnen und sich für einen kleinen,<br />

regulierten Glücksspielmarkt aussprechen. Hinsichtlich des<br />

Spielerschutzes sprechen wir uns außerdem für das<br />

uneingeschränkte Werbeverbot für Glücksspiele, die Einführung<br />

von personenbezogenen Spielerkonten und eine zentrale Sperrdatei<br />

für Spielhallen aus.<br />

- 52 -


7.3 Online-Beratung<br />

Seit einigen Jahren bieten wir mit Unterstützung des Deutschen<br />

Caritasverbandes unseren Kunden in Iserlohn die Möglichkeit der<br />

Online-Beratung.<br />

Im Berichtsjahr ist nach langer Vorbereitungsphase nun endlich die<br />

neu gestaltete Beratungsplattform online gegangen, die erstmals<br />

auch in einer mobilen Version für Smartphones verfügbar ist. Das<br />

Design der neuen Beratungsplattform ist nutzeroptimiert und<br />

intuitiv bedienbar. Wichtigster Bestandteil der Weiterentwicklung ist<br />

dabei die Neuprogrammierung einer modernen Beratungsplattform<br />

mit nutzeroptimierten Design. Eine offene digitale Infrastruktur mit<br />

höchsten Sicherheitsstandards soll dabei den Arbeitsfeldern mit<br />

ihren unterschiedlichen Beratungssettings gerecht werden.<br />

Die Online-Beratung ist anonym, kostenlos und vertraulich<br />

gestaltet. Die Interessenten melden sich unter einem frei<br />

erfundenen Namen an, wählen ein Passwort und gelangen<br />

automatisch in das eigene Postfach. Von dort aus können Anfragen<br />

an die Suchtberatung gesendet werden. Der Kunde entscheidet, ob<br />

und wann die Beratung beendet wird und ob der Zugang gelöscht<br />

wird.<br />

In der Regel wird jede Anfrage innerhalb von 48 Stunden<br />

bearbeitet. Sollte diese einmal nicht möglich sein, etwa weil der<br />

zuständige Berater krankheitsbedingt fehlt, erhalten die Kunden<br />

eine entsprechende Benachrichtigung.<br />

Ziel der Online-Beratung ist es, den ersten Schritt zur Kontaktaufnahme<br />

mit dem Suchthilfesystem zu erleichtern. Im Vordergrund<br />

steht zunächst einmal der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses<br />

zwischen Klient und Berater. Wenn sich herausstellt, dass eine<br />

Online-Beratung nicht ausreichend ist, schlagen wir den Klienten<br />

die Fortsetzung der Beratung im direkten Gespräch in unserer<br />

Suchtberatungsstelle vor.<br />

- 53 -


7.4 Medienabhängigkeit / Internetsucht<br />

Laut dem Drogen- und Suchtbericht 2015 gibt es in Deutschland im<br />

Bereich der Computerspiel- und Medienabhängigkeit ca. 560.000<br />

Menschen, die eine Abhängigkeit aufweisen. Das entspricht einer<br />

Prävalenz von 1 Prozent (Frauen: 0,8 Prozent, Männer: 1,2<br />

Prozent).<br />

Jüngere Menschen sind häufiger betroffen: So zeigen in der<br />

Altersgruppe der 14- bis 24-Jährigen etwa 250.000 Personen (2,4<br />

Prozent) Anzeichen einer Abhängigkeit.<br />

Unter den 14- bis 16-Jährigen sind es sogar 4 Prozent, also etwa<br />

100.000 Betroffene.<br />

In der Altersgruppe der über 25-Jährigen sind insgesamt etwa 0,7<br />

Prozent wahrscheinlich medienabhängig.<br />

„Nicht das Medium Computerspiel macht krank, sondern der falsche Umgang damit. Auf<br />

einige Kinder üben Computerspiele eine unwiderstehliche Sogwirkung aus. Das ist immer<br />

dann der Fall, wenn die Wirklichkeit zu wenig positive Reize bietet. Kinder, die sich als<br />

minderwertig, als nicht sportlich, nicht attraktiv empfinden und nie gelernt haben, was es<br />

heißt, ein Bedürfnis aufzuschieben; die von ihren Eltern keine Wertschätzung erfahren – die<br />

driften eher in virtuelle Welten ab, als Jugendliche, die in der realen Welt ausreichend<br />

Bestätigung erfahren.“<br />

Forscher Jürgen Fritz zum Thema Computersucht, FocusOnline am 22.03.2010<br />

Eine neue Studie der DAK-Gesundheit und des Deutschen<br />

Zentrums für Suchtfragen aus dem Jahr <strong>2019</strong> hat sich intensiv mit<br />

dem Phänomen der In-Game-Käufe und dessen Suchtrisiko für<br />

Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 12 bis 17 Jahren<br />

beschäftigt. Danach sind ca. 465.000 Jugendliche sogenannte<br />

Risiko-Gamer. 15.345 Jugendliche erfüllen sogar die Kriterien einer<br />

Computerspielabhängigkeit mit Entzugserscheinungen, Kontrollverlusten<br />

oder anderen Symptomen.<br />

Unserer Erfahrung nach vernachlässigen Computerspielsüchtige<br />

ihre realen sozialen Kontakte, gehen nicht mehr zur Schule oder<br />

zur Arbeit und verwahrlosen auch körperlich, da das Körpergefühl<br />

und somit auch das Hunger- und Durstgefühl ausgeschaltet wird.<br />

In der Regel verschiebt sich auch der Tag- und Nachtrhythmus, da<br />

auch das Schlafbedürfnis zugunsten der Medien-Nutzung nicht<br />

mehr von Bedeutung ist. Online-Süchtige leben in einer virtuellen<br />

Welt, in der sie Anerkennung finden, die ihnen im echten Leben<br />

häufig verwehrt wird. Sie verlieren die Kontrolle über die Zeit am<br />

PC und leiden unter Entzugserscheinungen, wie erhöhter<br />

Reizbarkeit, schlechter Laune, Angstzuständen, feuchten Händen<br />

und innerer Unruhe. Manchmal treten auch aggressive Handlungen<br />

gegen sich selber oder gegenüber der Umwelt auf, welche bis hin<br />

zum Suizid reichen können. Die Folgen ähneln einer Alkohol- oder<br />

Drogenabhängigkeit.<br />

- 54 -


Computerspiele:<br />

465.000 Jugendliche sind Risiko-Gamer<br />

- 55 -<br />

März <strong>2019</strong><br />

Neue Studie von DAK-Gesundheit und Deutschen Zentrum für Suchtfragen<br />

untersucht auch Geldausgaben bei 12- bis 17-Jährigen<br />

In Deutschland spielen rund drei Millionen Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren<br />

regelmäßig am Computer. Nach einer neuen DAK-Studie gelten 15,4 Prozent der<br />

Minderjährigen als sogenannte Risiko-Gamer. Damit zeigen rund 465.000 aller<br />

Jugendlichen dieser Altersgruppe ein riskantes oder pathologisches Spielverhalten<br />

im Sinne einer Gaming-Sucht. Die Betroffenen fehlen häufiger in der Schule, haben<br />

mehr emotionale Probleme und geben deutlich mehr Geld aus. Das zeigt der Report<br />

„Geld für Games – wenn Computerspiel zum Glücksspiel wird“ der DAK-Gesundheit<br />

und des Deutschen Zentrums für Suchtfragen. DAK-Vorstandschef Andreas Storm<br />

will die Aufklärung über Risiken verstärken. Er fordert ferner ein Verbot sogenannter<br />

Loot-Boxen in Deutschland, die Gamer für lange Spielzeiten oder bei Geldzahlungen<br />

belohnen.<br />

Für die repräsentative Studie „Geld für Games“ hat das Forsa-Institut 1.000 Kinder und<br />

Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren befragt. Neben der Suchtgefahr wurden erstmals<br />

auch die Ausgaben für die Anschaffung von Computerspielen und Extras untersucht. Jeder<br />

vierte Risiko-Gamer spielt am Wochenende fünf Stunden und mehr am Tag. Einzelne<br />

Spieler geben in sechs Monaten bis zu 1.000 Euro aus. „Durch die Tricks der Industrie<br />

finden viele Jugendliche kein Ende und verzocken Zeit und Geld“, sagt Andreas Storm,<br />

Vorstandschef der DAK-Gesundheit. „Aus Spaß kann schnell Sucht werden. Deshalb muss<br />

der Glückspielcharakter in Computerspielen eingedämmt werden. Wir brauchen wie in<br />

Belgien und den Niederlanden ein Verbot von Loot-Boxen oder Glücksrädern. Außerdem<br />

sollten für Gamer Warnhinweise eingeblendet werden, wenn bestimmte Spielzeiten<br />

überschritten sind.“<br />

90 Prozent aller Jungen spielen regelmäßig Fortnite und Co.<br />

Laut DAK-Studie spielen 72,5 Prozent der Jugendlichen in Deutschland regelmäßig<br />

Computerspiele wie Fortnite, FIFA oder Minecraft. Das sind hochgerechnet mehr als drei<br />

Millionen Minderjährige. Insgesamt spielen knapp 90 Prozent aller Jungen und gut 50<br />

Prozent der Mädchen. Nach einer Analyse des Deutschen Zentrums für Suchtfragen am<br />

Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE) zeigen 15,4 Prozent von ihnen ein riskantes<br />

oder pathologisches Spielverhalten. Damit wären 465.000 Kinder und Jugendliche zwischen<br />

12 und 17 Jahren Risiko-Gamer, davon 79 Prozent Jungen. 3,3 Prozent der Betroffenen<br />

erfüllen sogar die Kriterien einer Computerspielabhängigkeit mit Entzugserscheinungen,<br />

Kontrollverlusten oder Gefährdungen.<br />

Risiko-Gamer haben verstärkt Schul-Probleme<br />

„Ein riskantes Gaming-Verhalten kann zu verstärkten Schulproblemen führen“, erklärt<br />

Studienleiter und Suchtexperte Professor Dr. Rainer Thomasius. „Elf Prozent der Risiko-<br />

Gamer fehlen innerhalb von einem Monat eine Woche oder mehr in der Schule oder<br />

Ausbildung. Das ist etwa drei Mal häufiger als bei unauffälligen Spielern.“ Die betroffenen<br />

Jugendlichen haben mehr emotionale oder Verhaltensprobleme. So berichten etwa 21<br />

Prozent der Risiko-Gamer über Sorgen und Ängste, während es bei den unauffälligen<br />

Spielern nur sechs Prozent waren. Deutliche Unterschiede gibt es auch bei der<br />

Konzentration, motorischer Unruhe oder aggressivem Verhalten.<br />

Bis zu 1.000 Euro für Spiele und Extras<br />

Die DAK-Studie „Geld für Games“ untersucht erstmals auch die Ausgaben für<br />

Computerspiele. Mehr als die Hälfte der regelmäßigen Spieler kaufte in den sechs Monaten<br />

vor der Befragung Spiele oder Extras. Im Durchschnitt lagen die Ausgaben bei 110 Euro,<br />

wobei auch ein Spitzenwert von knapp 1.000 Euro genannt wurde. Jeder dritte Euro wurde<br />

für die Computerspiele Fortnite und FIFA ausgegeben. Bei den Extras wurde das Geld meist<br />

für die sogenannte In-Game-Währung oder für Spaß- und Verschönerungselemente<br />

eingesetzt.


Sechs Prozent der Gamer gaben an, das Geld für Extras am ehesten in Loot-Boxen zu<br />

investieren, die wie beim Glücksspiel „zufällig“ über den weiteren Spielverlauf entscheiden.<br />

„Die Risiko-Gruppe ist deutlich mehr bereit, Geld für Games auszugeben“, erklärt<br />

Suchtexperte Thomasius. „Sie stecken zum Beispiel doppelt so viel Geld in Extras als<br />

unauffällige Spieler. Und je ausgeprägter das Spielverhalten ist, desto mehr Geld investieren<br />

sie in Spiele.“<br />

Jugendliche wollen vor allem „Spaß“<br />

Die befragten Kinder und Jugendlichen selbst nennen fast alle „Spaß“ als Hauptgrund für ihr<br />

Lieblingsspiel. 75 Prozent geben an, beim Computerspiel „gut abschalten“ zu können. Jeder<br />

zweite spielt, weil Freunde auch spielen. Knapp 30 Prozent der Befragten gibt an, durch die<br />

Games nicht an „unangenehme Dinge“ denken zu müssen. 15 Prozent der Risiko-Gamer<br />

fühlen sich unglücklich, wenn sie nicht spielen konnten. Fünf Prozent hatten durch das<br />

Spielen „ernsthafte Probleme“ mit der Familie oder Freunden.<br />

So steigern Computerspiele die Suchtgefahr<br />

Nach Einschätzung des Deutschen Zentrums für Suchtfragen fördern aktuelle Games mit<br />

ihrem Spielverlauf die mögliche Abhängigkeit bei Kindern und Jugendlichen. Als Beispiele<br />

werden genannt:<br />

Open-End: Die virtuellen Welten verändern sich ständig. Es werden neue Spielerlebnisse<br />

ohne endgültiges Ziel angeboten.<br />

• Personalisierung: Games gehen auf Bedürfnisse und Wünsche der Spieler ein und<br />

berücksichtigen persönliche Fähigkeiten<br />

• Soziale Zugehörigkeit: Ein Teamverbund ermöglicht schnelle Spielfortschritte und schafft<br />

Wertschätzung und Anerkennung.• Belohnungen für hohes Spielengagement der Gamer.<br />

• Loot-Boxen: Diese Überraschungskisten gibt es für erfolgreiches Spiel oder gegen Geld.<br />

Nutzer werden so an die suchtgefährden Mechanismen des klassischen Glücksspiels<br />

herangeführt. In Belgien und den Niederlanden sind Loot-Boxen bereits verboten<br />

• Virtuelle Währung: Geld intensiviert das Spielerlebnis. Bestimmte Funktionen sind nur im<br />

Tausch gegen Geld zu erlangen (In-Game-Käufe). Es werden virtuelle Währungen wie z.B.<br />

„V-Bucks“ eingesetzt, wodurch der Überblick der Ausgaben erschwert wird.<br />

DAK-Gesundheit setzt auf Verbote und Aufklärung<br />

Als Konsequenz aus den aktuellen Umfrageergebnissen „Geld für Games“ fordert die DAK-<br />

Gesundheit ein Verbot von Glücksspielelementen in Computerspielen sowie Warnhinweise<br />

für den Spielzeiten und Ausgaben. Ferner verstärkt die Krankenkasse ihre Prävention und<br />

Aufklärung. „Wir untersuchen das Thema Internetsucht und Gaming bereits seit fünf Jahren“<br />

sagt Vorstandschef Andreas Storm. Aktuell finanziert die DAK-Gesundheit neue Broschüren,<br />

die Jugendliche, Eltern und Lehrkräfte gezielt über die moderne Entwicklung bei den<br />

Computerspielen informieren, Risiken aufzeigt und Hilfen anbietet. Herausgegeben werden<br />

die Hefte mit ausführlichen Hintergrundinformationen, Beispielen und einem Selbsttest vom<br />

Deutschen Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) am<br />

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Weitere Informationen gibt es auch im Internet<br />

unter www.computersuchthilfe.info oder unter www.dak.de/internetsucht<br />

Jörg Bodanowitz Chef-Pressesprecher<br />

Im Mai <strong>2019</strong> hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den<br />

neuen ICD-11 verabschiedet. Es wird im Jahr 2022 in Kraft treten.<br />

Dies bedeutet auch, dass Computerspielsucht (als „Gaming<br />

Disorder“) nun tatsächlich als diagnostizierbares Störungsbild und<br />

somit als Erkrankung anerkannt ist.<br />

Seit <strong>2019</strong> sind Krankenkassen und Rentenversicherungsträger nun<br />

verpflichtet die Kosten für eine stationäre oder ambulante<br />

Behandlung zu übernehmen. Dieses werten wir als großen Erfolg<br />

und freuen uns über die damit entstandene Rechtssicherheit für<br />

unsere Klienten.<br />

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Die Kriterien für stoffungebundene Abhängigkeit, die sich ihrerseits<br />

an den Kriterien für stoffgebundene Abhängigkeitserkrankungen<br />

orientieren, werden ab jetzt auch auf die Computerspielsucht<br />

anwendbar sein.<br />

Es müssen 5 von 9 Kriterien erfüllt sein um die Diagnose „Gaming<br />

Disorder“ zu stellen. Dabei darf nur die pathologische Nutzung<br />

von Online- und Offlinespielen, nicht aber die berufliche oder<br />

private Nutzung anderer Internetangebote mit einbezogen werden.<br />

1. Gedankliche Vereinnahmung. Der Spieler muss<br />

ständig an das Spielen denken, auch in Lebensphasen,<br />

in denen nicht gespielt wird (zum Beispiel in der Schule<br />

oder am Arbeitsplatz).<br />

2. Entzugserscheinungen. Der Spieler erlebt vegetative<br />

(nicht physische oder pharmakologische)<br />

Entzugssymptome, wie Gereiztheit, Unruhe, Traurigkeit,<br />

erhöhte Ängstlichkeit, oder Konzentrationsprobleme,<br />

wenn nicht gespielt werden kann.<br />

3. Toleranzentwicklung. Der Spieler verspürt im Laufe<br />

der Zeit das Bedürfnis, mehr und mehr Zeit mit<br />

Computerspielen zu verbringen.<br />

4. Kontrollverlust. Dem Spieler gelingt es nicht, die<br />

Häufigkeit und Dauer des Spielens zu begrenzen und die<br />

Aufnahme und Beendigung des Spielens selbstbestimmt<br />

zu regulieren.<br />

5. Fortsetzung trotz negativer Konsequenzen. Der<br />

Spieler setzt sein Spieleverhalten fort, obwohl er weiß,<br />

dass dieses nachteilige psychosoziale Auswirkungen auf<br />

ihn hat.<br />

6. Verhaltensbezogene Vereinnahmung. Der Spieler<br />

verliert sein Interesse an vormals geschätzten Hobbies<br />

und Freizeitaktivitäten und interessiert sich nur noch für<br />

das Computerspielen.<br />

7. Dysfunktionale Stressbewältigung. Der Spieler setzt<br />

das Computerspielen ein, um damit negative Gefühle zu<br />

regulieren oder Probleme zu vergessen.<br />

8. Dissimulation. Der Spieler belügt Familienmitglieder,<br />

Therapeuten oder andere Personen über das tatsächliche<br />

Ausmaß seines Spielverhaltens.<br />

9. Gefährdungen und Verluste. Der Spieler hat wegen<br />

seines Computerspielens wichtige Beziehungen,<br />

Karrierechancen oder seinen Arbeitsplatz riskiert oder<br />

verloren oder seinen Werdegang in anderer Weise<br />

gefährdet.<br />

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Aufnahme in WHO-Katalog:<br />

20.05.<strong>2019</strong><br />

Online-Spielsucht als Krankheit anerkannt<br />

Wenn das Daddeln am Computer wichtiger wird als Freunde, Job oder sogar Schlafen<br />

- dann sprechen Mediziner von einer Sucht. Die WHO nimmt die Spielsucht nun in ihr<br />

Verzeichnis auf.<br />

Mehr als 34 Millionen Deutsche spielen Computer- und Videospiele, schätzt der Verband der<br />

deutschen Games-Branche. Nur ein verschwindend kleiner Teil - weniger als ein Prozent -<br />

spiele exzessiv. Wann aber wird das Spielen zur krankhaften Sucht?<br />

Bettina Borisch vom Institut für globale Gesundheit an der Universität Genf sagt, Ärzte in<br />

aller Welt standen bisher bei der Diagnose der Onlinespielsucht stets vor einer<br />

Herausforderung: Man müsse herausfinden, ab wann die Sucht, am Computer zu spielen,<br />

krankhaft sei. Dafür brauche man ganz klare Kriterien. Um diese Kriterien überall anwenden<br />

zu können, müssten sie global sein, sie müssten von der Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO) kommen.<br />

Wenn alles dem Spielen untergeordnet wird<br />

Für die WHO beginnt die Problematik, wenn ein Mensch länger als ein Jahr lang alle<br />

anderen Aspekte des Lebens dem Spielen unterordnet. Wenn er Freunde und Familie<br />

vernachlässigt, in der Schule, bei der Ausbildung oder im Job die Leistung abnimmt oder<br />

sich das Spielen sogar auf das Schlafen und die Ernährung auswirkt.<br />

Schon länger diskutierten die 194 Mitgliedsstaaten der WHO darüber, die Computer- und<br />

Onlinespielsucht in den weltweiten Katalog der Gesundheitsstörungen aufzunehmen. Das<br />

überarbeitetete Verzeichnis soll auf der zur Zeit in Genf tagenden<br />

Weltgesundheitsversammlung beschlossen werden. Die Computerspielsucht wird darin<br />

erstmals als eigene Krankheit anerkannt.<br />

Mit den Folgen der Sucht umgehen<br />

Bereits im letzten Jahr erklärte WHO-Experte Vladimir Poznyak: Der Hauptgrund dafür seien<br />

nicht nur die vorliegenden wissenschaftlichen Beweise, sondern auch der<br />

Behandlungsbedarf und die Forderung der Mediziner nach einer Anerkennung, erklärt<br />

Poznyak. Die Ärzte hofften dadurch, dass die Forschung verstärkt wird, dass vorbeugende<br />

Maßnahmen durchgeführt werden können und dass man sich mehr mit den<br />

gesundheitlichen Folgen dieser Sucht befasst.<br />

Etwa 560.000 Deutsche gelten als Internetabhänig. Ein Teil von ihnen sind Gamer, die<br />

Schwierigkeiten haben, ihr Spiel zu kontrollieren. Für sie und ihre Angehörigen sei die<br />

Anerkennung der Krankheit ein hilfreicher Schritt, meint die Drogenbeauftragte der<br />

Bundesregierung, Marlene Mortler.<br />

Spahn: Krankenkassen zahlen Behandlung<br />

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn geht davon aus, dass sich für die Therapie der<br />

Süchtigen nun viel ändert: Wenn die Onlinespielsucht in einem amtlichen, internationalen<br />

Verzeichnis der Erkrankungen sei, dann hieße das automatisch, dass eine entsprechende<br />

Behandlung in Deutschland möglich sei, so Spahn. Und dass diese Krankheit durch die<br />

gesetzlichen Krankenkassen finanziert würde, dass den Menschen direkt geholfen werden<br />

könne.<br />

Aber nicht Online-Spiele generell verteufeln<br />

Die Aufnahme von Video- und Onlinespielsucht in den weltweiten Krankheitenkatalog war<br />

nicht unumstritten. So fürchtete die Gaming-Industrie, dass Menschen, die viel spielen,<br />

plötzlich als therapiebedürftig eingestuft werden könnten. Und sogar Gesundheitsexperten<br />

warnen davor, die Online-Spiele grundsätzlich zu verteufeln. Spieler könnten auch einiges<br />

lernen - etwa strategisches Denken oder die Zusammenarbeit in der Gruppe.<br />

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Die Frage der Mediengefährdung und Mediensucht ist ein deutliches<br />

Schnittstellenthema von Kinder- und Jugendhilfe einerseits und<br />

Suchthilfe / Suchtprävention andererseits. Nach Aussage der Freien<br />

Wohlfahrtspflege NRW haben weder die Beratungsstellen der<br />

Suchthilfe noch die der Jugendhilfe bislang einen expliziten<br />

landespolitischen Auftrag, sich dieser neuen Klientengruppe zu<br />

öffnen. Zunehmende Fallzahlen und bestehende begrenzte<br />

Personalressourcen in der Sucht- und Jugendhilfe erlauben keine<br />

Ausweitung der Klientengruppen ohne vernünftige und realistische<br />

Erweiterung der personellen Besetzung. Um ein fachliches und<br />

hilfreiches Angebot für betroffene Klienten schaffen zu können ist<br />

es demnach notwendig, dass die Träger der Sucht- und Jugendhilfe<br />

vor Ort in kooperativer Weise die Hilfsangebote entwickeln und<br />

aufeinander abstimmen.<br />

Wir erhielten auch <strong>2019</strong> Anfragen von besorgten Eltern und<br />

Lehrern, die mit jungen Menschen konfrontiert waren, welche zum<br />

Teil exzessive „Mediennutzung“ betrieben und haben diese<br />

Hilfesuchenden im Rahmen unserer derzeit bestehenden<br />

Möglichkeiten beraten und begleitet. In der Regel ging es um junge<br />

Menschen im Alter von 18 bis 25 Jahren, welche abhängig Online-<br />

Spiele konsumierten, noch zu Hause bei den Eltern lebten und zum<br />

Teil auch noch zur Schule gingen. Die Beratung der Angehörigen<br />

gestaltet sich durch die oftmals fehlende Krankheitseinsicht der<br />

Betroffenen schwierig. In diesen Fällen können wir die Eltern dann<br />

nur über ihr eigenes co-abhängiges Verhalten aufklären und sie<br />

ermutigen, negative Konsequenzen von dem Süchtigen nicht fern<br />

zu halten und ihm die Verantwortung für sein süchtiges Verhalten<br />

zu übertragen. Notfalls kann dieses auch bedeuten, den jungen<br />

Erwachsenen „vor die Tür“ zu setzen oder bei minderjährigen das<br />

Jugendamt einzuschalten und eine „Familienhilfe“ zu beantragen.<br />

Ein weiteres Problem stellen die wenigen, auf Gaming disorder<br />

spezialisierten, stationären und ambulanten Behandlungsangebote<br />

dar. Oftmals haben diese Einrichtungen eine lange Wartezeit.<br />

Bei Minderjährigen gibt es zwar für die Eltern theoretisch die<br />

Möglichkeit, den Süchtigen gegen seinen Willen in eine<br />

psychiatrische Klinik einweisen zu lassen, aber praktisch gestaltet<br />

sich die Behandlung der jungen Menschen schwierig, da, ohne<br />

Krankheitseinsicht des Süchtigen eine erfolgreiche Therapie oftmals<br />

nicht möglich ist.<br />

Wir haben bereits vor einigen Jahren vor Ort begonnen, uns mit<br />

der Familien- und Erziehungsberatung in unserem Hause zu<br />

vernetzen. Es finden gemeinsame Teams statt um uns über<br />

Vorgehensweisen und neue Angebote für medienabhängige<br />

Jugendliche und junge Erwachsene auszutauschen.<br />

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7.5 Cari-Point Selbsthilfegruppe<br />

Auch <strong>2019</strong> traf sich die Selbsthilfegruppe Cari-Point regelmäßig am<br />

Mittwochabend in den Räumen der Caritas.<br />

„In der Selbsthilfegruppe werde ich meine Sorgen los.<br />

Und sie hilft mir, trocken zu bleiben!“ (Hans-Jörg)<br />

Teilnehmen kann jeder, der selbst von einer Suchterkrankung<br />

betroffen ist, oder einen suchtkranken Angehörigen hat. In der<br />

Gruppe treffen sich Menschen mit verschiedenen Suchterkrankungen<br />

(Alkohol, Medikamente, Drogen).<br />

Die Teilnahme kann anonym erfolgen und ist kostenlos.<br />

Selbstverständlich gilt in der Gruppe eine gegenseitige<br />

Schweigepflicht, wonach keine Informationen von Teilnehmern aus<br />

der Gruppe an andere Personen weitergegeben werden dürfen.<br />

„Ich bin nicht mehr allein mit meinen Problemen. Die Gruppe ist<br />

ein Teil meines Lebens geworden.“ (Monika)<br />

Geredet werden kann über „alles“, aber keiner „muss“ etwas<br />

sagen. Jeder ist willkommen erst einmal nur zuzuhören. Mit dem<br />

Schildern eines Problems – ob in der Partnerschaft, am<br />

Arbeitsplatz, mit der Arbeitsagentur, mit Tod und Trauer – gibt<br />

jeder Mensch nicht nur ein Stück davon ab, zumeist erfährt er<br />

auch, dass es anderen Süchtigen und Angehörigen ganz ähnlich<br />

ging oder geht, und dass sie diese Phasen auch durchgemacht<br />

haben. So profitiert jeder vom Austausch, selbst wenn er nur<br />

zuhört.<br />

„Da sind Menschen, die mich verstehen und wissen,<br />

wie es mir geht.“ (Ingo)<br />

Cari-Point ist bereits offiziell als Selbsthilfegruppe eingetragen und<br />

anerkannt. Das wiederum sichert die finanzielle Unterstützung<br />

durch die Krankenkassen. Auch die Aufnahme in den<br />

Selbsthilfegruppen-Führer für den Märkischen Kreis ist erfolgt.<br />

Die Gruppe trifft sich mittwochs in der Zeit von 17:30 – 19:15 Uhr<br />

im Tagungsraum des Caritasverbandes.<br />

Wir freuen uns sehr über diese seit Bestehen unserer<br />

Suchtberatung einmalige Entwicklung, danken für das uns<br />

entgegen gebrachte Vertrauen und stehen der Gruppe Cari-Point<br />

natürlich gern auch in Zukunft mit Rat und Tat zur Seite.<br />

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8. Qualitätssicherung<br />

8.1 Qualitätsmanagementsystem (EFQM)<br />

Unsere Beratungsstelle hat sich für die Einführung des EFQM-<br />

Modells (European Foundation for Quality Management) entschieden.<br />

EFQM ist besonders für kleinere Beratungsstellen ein<br />

sinnvoller Weg, um mit begrenzten personellen und zeitlichen<br />

Ressourcen den Einstieg in einen Qualitätsmanagementprozess zu<br />

gewährleisten. Es ermöglicht die erfolgreiche Sicherung und<br />

Weiterentwicklung der Qualität der eigenen Arbeit und stellt ein<br />

vom Land anerkanntes System dar.<br />

Das Herzstück des EFQM-Modells besteht aus einer Selbstbewertung<br />

der Einrichtung, die alle zwei Jahre durchgeführt wird.<br />

Anhand der späteren gemeinsamen Auswertung werden die<br />

Bereiche deutlich, in denen die Einrichtung bereits jetzt schon eine<br />

gute Arbeit leistet oder wo zukünftig etwas verändert oder ergänzt<br />

werden sollte.<br />

Neben der Überprüfung der bereits erreichten Ziele aus den<br />

vorangegangenen Selbstbewertungen wurden wichtige Veränderungsprojekte<br />

und -prozesse für die nächsten Jahre entwickelt und<br />

in <strong>2019</strong> kontinuierlich vorangetrieben. Für 2020 ist eine weitere<br />

Selbstbewertung in der Suchtberatung geplant.<br />

Im Rahmen des Qualitätsmanagements unserer Suchtberatung<br />

beteiligen wir uns seit 2010 an einer externen und unabhängigen<br />

Beschwerdestelle, welche eine sehr sinnvolle und hilfreiche<br />

Ergänzung unseres Beschwerdemanagements darstellt (Kap. 8.3).<br />

Insgesamt hat sich der Prozess des Qualitätsmanagement als eine<br />

gute Möglichkeit herausgestellt unseren bereits vorhandenen hohen<br />

Qualitätsstandard in der Beratung abzubilden, zu bestätigen und<br />

durch sinnvolle Veränderungen weiterzuentwickeln.<br />

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8.2 PATFAK Light / Computergestützte Dokumentation<br />

und Auswertung<br />

Seit vielen Jahren wird der Deutsche Kerndatensatz zur<br />

Dokumentation in der Suchtkrankenhilfe (KDS) angewendet. Er<br />

stellt die Grundlage für die einheitliche Dokumentation in<br />

ambulanten und stationären Einrichtungen dar, in denen Personen<br />

mit substanzbezogenen Störungen sowie stoffungebundenen<br />

Suchtformen in Deutschland beraten, betreut und behandelt<br />

werden.<br />

Seit einigen Jahren nutzen wir das Dokumentationssystem<br />

PATFAK Light von der Firma Redline Data um den KDS erfassen<br />

zu können. Aufgrund einer umfangreichen Ergänzung des KDS in<br />

2017 kam es auch noch über das gesamte Jahr <strong>2019</strong> immer wieder<br />

zu neuen Softwareupdates die Auswirkungen auf unseren<br />

gesamten Arbeitsablauf hatten.<br />

Die politisch gewünschte Erweiterung des Kerndatensatzes hat<br />

unseren Verwaltungsaufwand leider erheblich vergrößert und<br />

bindet zunehmend Zeit, welche wir notwendigerweise gerne für<br />

unsere Klienten zur Verfügung haben würden.<br />

Unsere Suchtberatung hat sich bereit erklärt, an dem Modellprojekt<br />

„Dokumentation der Lebenssituationen der Kinder von der in der<br />

ambulanten Sucht- und Drogenhilfe betreuten Klientinnen und<br />

Klienten“ teilzunehmen.<br />

Hierfür wurde ein eigenes Modul entwickelt und von uns mit den<br />

entsprechenden Eingaben versehen. Das Ministerium für<br />

Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes NRW,<br />

MGEPA, finanziert die Software-Programmierung sowie die<br />

(externe) Datenauswertung.<br />

Die Landeskoordinierungsstelle Frauen und Sucht NRW, BELLA<br />

DONNA, begleitet die fachliche, inhaltliche und technische<br />

Umsetzung, unterstützt die teilnehmenden Einrichtungen bei der<br />

Implementierung und bewertet und analysierte die erhobenen<br />

Daten.<br />

Durch dieses zusätzliche Modul kann die Anzahl der Kinder der<br />

Klientinnen und Klienten in den ambulanten Sucht- und<br />

Drogenhilfeeinrichtungen erfasst und insgesamt genauere<br />

Erkenntnisse über die Lebenssituation der minderjährigen Kinder<br />

gewonnen werden. Gleichzeitig können über diese einheitliche<br />

Dokumentation vergleichbare und gemeinsam auswertbare Daten<br />

generiert werden.<br />

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8.3 Unabhängige Beschwerdestelle des Märkischen<br />

Kreises<br />

Unsere Suchtberatung beteiligt sich im Rahmen ihres<br />

Qualitätsmanagements (Kap. 8.1) an der unabhängigen<br />

Beschwerdestelle für Menschen mit seelischen Störungen und<br />

Suchterkrankungen im Märkischen Kreis.<br />

Die Beschwerdestelle ist eine der ersten in NRW, in der betroffene<br />

Bürgerinnen und Bürger gleichberechtigt mit professionellen<br />

Helfern Beschwerden bearbeiten. Bei den Kunden handelt es sich z.<br />

B. um Bewohner des ambulant und stationär betreuten Wohnens,<br />

um Patienten der Kliniken, um Teilnehmer an Freizeit- und<br />

Kontaktangeboten, Ratsuchende beim Sozialpsychiatrischen Dienst<br />

oder den Suchtberatungsstellen sowie Beschäftigte in Werkstätten<br />

für Menschen mit psychischen Behinderungen.<br />

Jede Bürgerin und jeder Bürger kann sich mit einer Beschwerde -<br />

gleich welcher Art - bei Schwierigkeiten mit den kooperierenden<br />

Einrichtungen an die Beschwerdestelle wenden. Dieses ist<br />

telefonisch, per Post, per E-Mail sowie persönlich in den<br />

wöchentlichen Sprechstunden möglich. Die jeweils zuständigen<br />

Mitglieder der Beschwerdestelle nehmen zunächst Kontakt zum<br />

Beschwerdeführer auf und klären weitere Details. Danach wird das<br />

Gespräch mit der Einrichtung gesucht, in der die Probleme<br />

auftreten.<br />

Die weitere Vorgehensweise richtet sich nach dem jeweiligen<br />

Einzelfall. Ziel ist es, die Beschwerde zu klären und zwischen<br />

Kunden und psychosozialer Einrichtung zu vermitteln. Sollten sich<br />

gleichlautende Beschwerden häufen, ist es im Sinne des<br />

Qualitätsmanagements wichtig, die betroffene Einrichtung bei einer<br />

grundsätzlichen Klärung zu unterstützen und für die Zukunft<br />

Abhilfe zu schaffen. Die Beschwerdestelle arbeitet kostenlos. Die<br />

Mitglieder der Beschwerdestelle unterliegen der Schweigepflicht.<br />

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9. Résumé/Ausblick<br />

Das Angebot der Suchtberatungsstelle des Caritasverbandes<br />

Iserlohn, Hemer, Menden, Balve e. V. ist ein wichtiges Element in<br />

der Kette der Hilfsanbieter im Bereich der Suchtkrankenhilfe. Als<br />

fest integrierter Bestandteil wurde es auch im Jahr <strong>2019</strong> vielfach<br />

von den Bürgern der Stadt Iserlohn wahrgenommen. Mit einer<br />

positiven Veränderung der Symptomatik in 52 % der beendeten<br />

Betreuungen können wir auch in <strong>2019</strong> auf ein erfolgreiches<br />

Berichtsjahr zurückblicken.<br />

Bedingt durch die fortschreitend hohen Klientenzahlen und<br />

Beratungskontakte gelangt unsere Suchtberatungsstelle seit Jahren<br />

an die Grenzen ihrer zeitlichen und persönlichen Ressourcen und<br />

Möglichkeiten. Um den vielen Klienten und Anfragen gerecht<br />

werden zu können, werden wir auch weiterhin unsere offene<br />

Sprechstunde anbieten. Sie ermöglicht es uns auch in Zukunft,<br />

trotz hoher Nachfrage für unsere Kunden zeitnahe Hilfe und eine<br />

regelmäßige Erreichbarkeit sicher zu stellen.<br />

Wie in den letzten Jahren sticht bei der Auswertung unserer Daten<br />

besonders die hohe Zahl der Arbeitslosengeld I- und der<br />

Arbeitslosengeld II -Empfänger und die hohe Zahl der<br />

Grundsicherungsempfänger mit einer Suchtproblematik ins<br />

Auge. Dies ist zum einen auf die schwierige Arbeitsmarktlage<br />

speziell für langzeitarbeitslose Menschen zurückzuführen, zum<br />

anderen muss allerdings mit Besorgnis betrachtet werden, dass<br />

sich das Fehlen von Arbeit, Beschäftigung und Tagesstruktur als<br />

Sucht fördernde Komponente herausstellt, welche immer häufiger<br />

dazu führt, dass bereits junge Menschen frühzeitig erwerbsunfähig<br />

werden und Grundsicherung erhalten müssen. Im Rahmen unserer<br />

Hilfe wird die Beschäftigung mit der entstehenden Armut durch die<br />

Folgen der Arbeitsmarkt- und Sozialreformen der letzten Jahre<br />

leider auch in den folgenden Jahren weiterhin ein zentrales Thema<br />

bleiben. Um den betroffenen Menschen eine Zukunftsperspektive<br />

vermitteln zu können, wünschen wir uns unter Anderem die<br />

Einrichtung eines „Dritten Arbeitsmarktes“, der auch von der Freien<br />

Wohlfahrtspflege als sinnvoll und notwendig erachtet wird und<br />

erhoffen uns für die Zukunft entsprechende politische<br />

Weichenstellungen.<br />

Die Begleitung und Beratung der hohen Anzahl von Patienten mit<br />

Doppel- oder Mehrfachdiagnosen wird auch in Zukunft eine enorme<br />

Herausforderung für uns darstellen und einen großen Anteil unserer<br />

Arbeit ausmachen. Viel zu wenig ambulante Psychotherapieplätze,<br />

zu wenig psychiatrische Fachärzte und fehlende integrative<br />

Behandlungsprogramme im ambulanten Rahmen werden unsere<br />

Arbeit auch in Zukunft zusätzlich erschweren. Wir fordern daher die<br />

Einrichtung von ausreichenden ambulanten Psychotherapieplätzen,<br />

- 64 -


insbesondere für die Gruppe der Patienten mit Doppel- und<br />

Mehrfachdiagnosen!<br />

In unserer Arbeit hat sich sowohl die interne Kooperation mit<br />

dem gut ausgebauten Netz unseres Caritasverbandes als auch die<br />

externe Zusammenarbeit mit den Hilfsangeboten in Iserlohn und<br />

Umgebung bewährt.<br />

Die besorgniserregende Entwicklung auf dem Glücksspielmarkt und<br />

die vergleichsweise hohe Nachfrage unseres Beratungsangebotes<br />

für Glücksspieler und betroffene Angehörige bestätigt uns in der<br />

Schwerpunktsetzung unseres Angebotes und bestärkt uns darin,<br />

auch in Zukunft die Selbsthilfegruppe für Glücksspieler weiter<br />

fortzuführen.<br />

Auch die therapeutisch geleitete Nachsorgebehandlung in<br />

Kooperation mit dem Therapieverbund ARS-MK werden wir 2020<br />

in Iserlohn fortführen und um eine Weiterbehandlungsgruppe<br />

für Menschen mit einem erweiterten Behandlungsbedarf ergänzen.<br />

Wir freuen uns, auch weiterhin die Selbsthilfegruppe Cari-Point<br />

in unserem Haus beheimatet zu wissen und wünschen ihr auch für<br />

das kommende Jahr regen Zulauf und eine gute und erfolgreiche<br />

Arbeit.<br />

Hinsichtlich der pathologischen Computer- und Mediennutzung<br />

müssen in Zukunft neue Zugangswege und Hilfsangebote<br />

in Iserlohn gefunden und installiert werden. Dies wird leider nicht<br />

im Rahmen unseres bisherigen Angebotes finanzierbar und<br />

durchführbar sein. Die Informations- und Kooperationstreffen mit<br />

der Familien- und Erziehungsberatung in unserem Hause werden<br />

weiterhin stattfinden, damit wir die betroffenen Eltern,<br />

Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Iserlohn zumindest im für<br />

uns durchführbaren Rahmen unterstützen können.<br />

Die Teilnahme an Arbeitskreisen und Gremien ist auch weiterhin<br />

notwendig und vorgesehen, um die wichtigen Vernetzungs- und<br />

Kooperationsmöglichkeiten auf lokaler, regionaler und überregionaler<br />

Ebene nutzen zu können.<br />

Auch für das Jahr 2020 haben wir uns vorgenommen, die bereits<br />

hohen Qualitätsstandards unserer Beratungsstelle zu halten und<br />

mit Hilfe des bestehenden Qualitätsmanagementsystems weiter<br />

auszubauen. Hierzu wird im kommenden Jahr auch wieder eine<br />

Selbstbewertung zählen. Die Erhebung und Auswertung des<br />

erweiterten Kerndatensatzes KDS 3.0 (Kap. 8.2) wird auch<br />

weiterhin sowohl für uns als auch für unsere Klienten und die Hardund<br />

Software eine besondere Herausforderung darstellen, der wir<br />

uns im Sinne weiterhin guter Qualitätsstandards stellen.<br />

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10. Dank<br />

An dieser Stelle bedanken wir uns bei allen, die uns bei unserer<br />

Arbeit in der Beratung von Hilfe suchenden Abhängigkeitskranken<br />

und deren Angehörigen unterstützt haben:<br />

• den mit uns in Kontakt stehenden Einrichtungen, Institutionen,<br />

Ämtern, Krankenhäusern, Therapieeinrichtungen, Beratungsstellen,<br />

und (Selbsthilfe-) Gruppen<br />

• den Kooperationspartnern des ARS-MK<br />

• den Kollegen und Mitarbeitern des Caritasverbandes Iserlohn,<br />

Hemer, Menden, Balve e.V.<br />

Wir wünschen uns weiterhin eine gute und fruchtbare Zusammenarbeit,<br />

so dass wir auch weiterhin die Menschen, die uns um Hilfe<br />

bitten, kompetent beraten und begleiten können und damit<br />

unseren gesellschaftlichen Auftrag nach besten Wissen und<br />

Gewissen erfüllen können.<br />

Iserlohn, Februar 2020<br />

Uta von Holten<br />

Thomas Kreklau<br />

Dipl. Soz. arb / Dipl. Soz. päd.<br />

Dipl. Soz. arb.<br />

Suchttherapeutin (VDR) Suchttherapeut i. A.<br />

Systemische Familientherapeutin (DGSF)<br />

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Psychosoziale Suchtberatung<br />

Karlstr. 15<br />

58636 Iserlohn<br />

Telefon 02371/8186 20<br />

02371/8186 19<br />

Telefax 02371/8186 81<br />

u.vonholten@caritas-iserlohn.de<br />

t.kreklau@caritas-iserlohn.de<br />

www.caritas-iserlohn.de<br />

www.suchtberatung-iserlohn.de<br />

www.caritas-chamäleon.de<br />

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