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Jahresbericht Schuldnerberatung 2020

Jahresbericht der Schuldner- und Insolvenzberatung des Caritasverbandes Iserlohn, Hemer, Menden und Balve e. V. für das Jahr 2020. Ein Jahr, welches wir in jeglicher Hinsicht als ereignisreich bezeichnen können. Ein Jahr, in dem uns ein Virus mit der Bezeichnung SARS-CoV-2 den Weg vorgegeben hat. Ein Jahr, in dem wir Beratungsgrundsätze neu definiert, unsere Beratungsmethoden neu konzipiert, unseren Blickwinkel für „das Machbare“ erweitert haben und welches unsere Bereitschaft „da zu sein“ gestärkt hat. Dieser Jahresbericht soll Ihnen einen Einblick in den Tätigkeitsbereich unserer Beratungsstelle sowie in die Situation der von Überschuldung betroffenen Personen in den Städten Iserlohn, Hemer, Menden und Balve ermöglichen. Insbesondere berichten wir von den geänderten Rahmenbedingungen, den finanziellen und persönlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie und deren Folgen für unsere Ratsuchenden, den Hilfeangeboten der Bundesregierung sowie über die Erweiterung unserer Beratungsarbeit, um insbesondere den großen Verlierern der Corona- Pandemie gerecht zu werden – den Kleingewerbebetreibenden, Solo-Selbstständigen und Freiberuflern. Die Corona-Pandemie wird weitreichende Folgen haben. Im Moment stehen aktuell Gesundheit und Impftermine im Vordergrund. Für viele Menschen sind jedoch auch negative finanzielle Auswirkungen und existenzielle Nöte zu erwarten. Die Schuldnerberatung ist aufgefordert, wachsam zu sein und für Betroffene Hilfe einzufordern und dazu beizutragen, die Verschlimmerung der sowieso schwierigen Situation zu vermeiden. Um Ihnen einen Einblick in die Entwicklung der Schuldner- und Insolvenzberatung zu geben, haben wir unsere statistischen Daten für das Jahr 2020 aufbereitet und analysiert. Abschließend greifen wir Themen auf, die für das Jahr 2021 von Bedeutung sein werden.

Jahresbericht der Schuldner- und Insolvenzberatung des Caritasverbandes Iserlohn, Hemer, Menden und Balve e. V. für das Jahr 2020.

Ein Jahr, welches wir in jeglicher Hinsicht als ereignisreich bezeichnen können.

Ein Jahr, in dem uns ein Virus mit der Bezeichnung SARS-CoV-2 den Weg vorgegeben hat.

Ein Jahr, in dem wir Beratungsgrundsätze neu definiert, unsere Beratungsmethoden neu konzipiert, unseren Blickwinkel für „das Machbare“ erweitert haben und welches unsere Bereitschaft „da zu sein“ gestärkt hat.

Dieser Jahresbericht soll Ihnen einen Einblick in den Tätigkeitsbereich unserer Beratungsstelle sowie in die Situation der von Überschuldung betroffenen Personen in den Städten Iserlohn, Hemer, Menden und Balve ermöglichen.

Insbesondere berichten wir von den geänderten Rahmenbedingungen, den finanziellen und persönlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie und deren Folgen für unsere Ratsuchenden, den Hilfeangeboten der Bundesregierung sowie über die Erweiterung unserer Beratungsarbeit, um insbesondere den großen Verlierern der Corona- Pandemie gerecht zu werden – den Kleingewerbebetreibenden, Solo-Selbstständigen und Freiberuflern.
Die Corona-Pandemie wird weitreichende Folgen haben. Im Moment stehen aktuell Gesundheit und Impftermine im Vordergrund. Für viele Menschen sind jedoch auch negative finanzielle Auswirkungen und existenzielle Nöte zu erwarten.
Die Schuldnerberatung ist aufgefordert, wachsam zu sein und für Betroffene Hilfe einzufordern und dazu beizutragen, die Verschlimmerung der sowieso schwierigen Situation zu vermeiden.
Um Ihnen einen Einblick in die Entwicklung der Schuldner- und Insolvenzberatung zu geben, haben wir unsere statistischen Daten für das Jahr 2020 aufbereitet und analysiert.

Abschließend greifen wir Themen auf, die für das Jahr 2021 von Bedeutung sein werden.

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Caritasverband Iserlohn Hemer Menden Balve e.V.<br />

Schuldner- und Insolvenzberatung<br />

<strong>Jahresbericht</strong><br />

<strong>2020</strong>


Vorwort<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

wir überreichen Ihnen hiermit den <strong>Jahresbericht</strong> der Schuldner- und Insolvenzberatung<br />

des Caritasverbandes Iserlohn, Hemer, Menden und Balve e. V. für das Jahr <strong>2020</strong>.<br />

Ein Jahr, welches wir in jeglicher Hinsicht als ereignisreich bezeichnen können.<br />

Ein Jahr, in dem uns ein Virus mit der Bezeichnung SARS-CoV-2 den Weg vorgegeben<br />

hat.<br />

Ein Jahr, in dem wir Beratungsgrundsätze neu definiert, unsere Beratungsmethoden<br />

neu konzipiert, unseren Blickwinkel für „das Machbare“ erweitert haben und welches<br />

unsere Bereitschaft „da zu sein“ gestärkt hat.<br />

Dieser <strong>Jahresbericht</strong> soll Ihnen einen Einblick in den Tätigkeitsbereich unserer<br />

Beratungsstelle sowie in die Situation der von Überschuldung betroffenen Personen in<br />

den Städten Iserlohn, Hemer, Menden und Balve ermöglichen.<br />

Insbesondere berichten wir von den geänderten Rahmenbedingungen, den finanziellen<br />

und persönlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie und deren Folgen für unsere<br />

Ratsuchenden, den Hilfeangeboten der Bundesregierung sowie über die Erweiterung<br />

unserer Beratungsarbeit, um insbesondere den großen Verlierern der Corona-<br />

Pandemie gerecht zu werden – den Kleingewerbebetreibenden, Solo-Selbstständigen<br />

und Freiberuflern.<br />

Die Corona-Pandemie wird weitreichende Folgen haben. Im Moment stehen aktuell<br />

Gesundheit und Impftermine im Vordergrund. Für viele Menschen sind jedoch auch<br />

negative finanzielle Auswirkungen und existenzielle Nöte zu erwarten.<br />

Die <strong>Schuldnerberatung</strong> ist aufgefordert, wachsam zu sein und für Betroffene Hilfe<br />

einzufordern und dazu beizutragen, die Verschlimmerung der sowieso schwierigen<br />

Situation zu vermeiden.<br />

Um Ihnen einen Einblick in die Entwicklung der Schuldner- und Insolvenzberatung zu<br />

geben, haben wir unsere statistischen Daten für das Jahr <strong>2020</strong> aufbereitet und<br />

analysiert.<br />

Abschließend greifen wir Themen auf, die für das Jahr 2021 von Bedeutung sein<br />

werden.<br />

Ihr Caritasverband Iserlohn, Hemer, Menden und Balve e. V.<br />

Iserlohn, im März <strong>2020</strong><br />

2


Inhaltsverzeichnis<br />

1. Einleitung 4<br />

2. Rahmenbedingungen<br />

2.1 Personelle Besetzung 4<br />

2.2 Örtliche Zuständigkeit<br />

2.3 Zielsetzung<br />

2.4 Zielgruppe 5<br />

2.5 Beratungsangebot 5<br />

2.6 Qualitätssicherung 5<br />

2.7. Allgemeine Sozialberatung 6<br />

3. Beratung unter Coronabedingungen 6<br />

3.1 Maßnahmen der Beratungsstelle 6<br />

3.2 Maßnahmen der Bundesregierung 7<br />

3.3 Corona-Krisen-Hotline 8<br />

4. Aktuelles 9<br />

5. Risikogruppen 9<br />

5.1 Psychische Erkrankung 9<br />

5.2 Suchterkrankung 10<br />

5.3 Migration und Überschuldung 11<br />

5.4 Alleinerziehende 12<br />

5.5 Senioren und Überschuldung 13<br />

5.6 Selbstständigkeit und Corona 14<br />

6. Vernetzung und Kooperation 15<br />

7. Öffentlichkeitsarbeit 15<br />

8. Statistische Daten 16<br />

8.1 Gesamtanzahl der beratenen Haushalte 16<br />

8.2 Gesetzliche Grundlagen der Beratung 17<br />

8.3 Laufende Fälle – Stand der Beratung<br />

8.4 Abgeschlossene Fälle 17<br />

8.5 Persönliche Daten der beratenen Personen 18<br />

8.5.1 Altersstruktur 18<br />

8.5.2 Geschlecht 18<br />

8.5.3 Familienstand 19<br />

8.5.4 Staatsangehörigkeit 19<br />

8.5.5 Bildungsabschluss 20<br />

8.5.6 Höhe der Gesamtverschuldung 21<br />

8.5.7 Girokonten / Pfändungsschutzkonten 21<br />

9. Ausblick 2021 22<br />

3


1. Einleitung<br />

Verschuldung ist zu einer normalen<br />

gesellschaftlichen Gegebenheit geworden. Die<br />

Ver- und Überschuldung privater Haushalte ist<br />

in den letzten drei Jahrzehnten zu einem<br />

zentralen Thema geworden, das inzwischen<br />

enttabuisiert im Fokus von Politik und<br />

Gesellschaft steht. Auch die mediale Präsenz<br />

der Schuldenthematik in den letzten Jahren<br />

verdeutlicht diesen Trend. Die Zahl der<br />

Menschen, die durch kritische Lebenslagen<br />

oder gesellschaftliche Krisen überschuldet sind,<br />

steigt immer mehr an. Durch Überschuldung<br />

geraten Menschen immer häufiger in massive<br />

Lebenskrisen. Überschuldung bedeutet Armut<br />

und soziale Ausgrenzung für die Betroffenen<br />

und ihre Familien sowie Lasten für die<br />

Wirtschaft und die Gesellschaft.<br />

Es entspricht dem Selbstverständnis moderner<br />

Gesellschaften, für Konflikt- und Krisensituationen<br />

problemlösende Angebote bereitzuhalten.<br />

<strong>Schuldnerberatung</strong> ist auch Soziale Arbeit.<br />

Das Spektrum der Ratsuchenden in der<br />

<strong>Schuldnerberatung</strong> führt durch alle gesellschaftlichen<br />

Schichten. Überschuldung wird oft<br />

begleitet oder ausgelöst von weiteren<br />

Problemlagen, wie Arbeitslosigkeit, Trennung<br />

oder Krankheit.<br />

Dabei spielt eine Überschuldungssituation, die<br />

durch falsches oder übersteigertes Konsumverhalten<br />

entstanden ist, in der Regel eine<br />

untergeordnete Rolle.<br />

Die Öffentlichkeit hat selten Verständnis für die<br />

Situation der von Überschuldung betroffenen<br />

Menschen. Impliziert doch schon der Begriff<br />

Schuldner bzw. <strong>Schuldnerberatung</strong> eine<br />

Schuldzuweisung.<br />

In der Regel trifft die meisten Betroffenen aber<br />

keine Schuld an ihren Schulden. Sie wurden<br />

nicht fahrlässig oder vorsätzlich gemacht. Die<br />

meisten unserer Ratsuchenden gelangen durch<br />

unglückliche Umstände unverschuldet in die<br />

finanzielle Krise.<br />

2. Rahmenbedingungen<br />

2.1 Personelle Besetzung<br />

Die Schuldner- und Insolvenzberatung verfügt<br />

über zwei Schuldner- und Insolvenzberaterinnen<br />

sowie eine Verwaltungskraft.<br />

Vorübergehend haben wir für das Jahr <strong>2020</strong>,<br />

aufgrund der pandemiebedingten Situation,<br />

den Stellenumfang aus Eigenmitteln für die<br />

Beratung von Solo-Selbstständigen und Kleingewerbebetreibenden<br />

erweitert.<br />

2.2 Örtliche Zuständigkeit<br />

Das Zuständigkeitsgebiet der Schuldner- und<br />

Insolvenzberatungsstelle des Caritasverbandes<br />

erstreckt sich über die Städte Iserlohn, Hemer,<br />

Menden und Balve.<br />

Ihren Hauptsitz hat die Beratungsstelle in<br />

Iserlohn. In den Städten Hemer und Menden<br />

befinden sich Außenstellen.<br />

Beratungsangebot in Iserlohn<br />

Karlstr. 15<br />

58636 Iserlohn<br />

Fon: 02371 8186 15 + 8186 18<br />

Fax: 02371 8186 81<br />

Öffnungszeiten:<br />

montags und dienstags:<br />

mittwochs:<br />

donnerstags:<br />

freitags:<br />

8.00 - 16.30 Uhr<br />

8.00 - 18.30 Uhr<br />

8.00 - 17.00 Uhr<br />

8.00 - 14.00 Uhr<br />

Außerhalb der offenen Sprechstunde erfolgt die<br />

Beratung nach vorheriger Terminabsprache.<br />

Beratungsangebot in Hemer<br />

Berlinerstr. 50<br />

58675 Hemer<br />

Sprechzeiten:<br />

montags: 14.00 - 16.00 Uhr<br />

nur nach Terminvereinbarung und<br />

grundsätzlich zu allen<br />

Beratungszeiten in Iserlohn.<br />

Beratungsangebot in Menden<br />

Am Papenbusch 36<br />

58708 Menden<br />

Fon: 02373 914 909<br />

Sprechzeiten:<br />

donnerstags: nach Terminvereinbarung und<br />

grundsätzlich zu allen<br />

Beratungszeiten in Iserlohn.<br />

4


2.3 Zielsetzung<br />

Ziel der Beratung ist es, Menschen dabei zu<br />

unterstützen, ihre Lebenssituation zu<br />

stabilisieren und ihre finanzielle Situation<br />

weitgehend zu normalisieren. Dazu ist in der<br />

Regel ein langfristiger Prozess erforderlich, der<br />

auf die individuelle und soziale Situation der<br />

Ratsuchenden abgestimmt sein muss<br />

(Rahmenkonzeption der Caritasverbände der<br />

Diözesen).<br />

D.h., dass unter einem effizienten Ergebnis nicht<br />

ausschließlich die Erfüllung von Gläubigerforderungen<br />

im Einzelfall verstanden wird. Ein<br />

effizientes Ergebnis ist insbesondere dann<br />

erreicht, wenn die Lebensbedingungen aus<br />

einer konkreten Notlage heraus zu dauerhaften<br />

und stabilen Verbesserungen geführt werden.<br />

Der Überschuldete soll zu einem Lernprozess<br />

bewegt werden, in dem er sich mit den<br />

Ursachen seiner Überschuldung auseinandersetzen<br />

und langfristig seine finanziellen<br />

Angelegenheiten selbstständig regeln kann.<br />

Ein Entschuldungskonzept ist in der Regel<br />

mittel- bis langfristig angelegt und kann nicht in<br />

jedem Fall geradlinig von Anfang bis Ende<br />

umgesetzt werden. Der Schuldner muss an<br />

einem Schuldenregulierungsverfahren aktiv<br />

mitarbeiten, damit seine Lebensbedingungen<br />

dauerhaft stabilisiert werden.<br />

2.4 Zielgruppe<br />

Die Schuldner- und Insolvenzberatung des<br />

Caritasverbandes richtet sich an Personen aus<br />

den Städten Iserlohn, Hemer, Menden und<br />

Balve, die durch ihre soziale und wirtschaftliche<br />

Lage in existenzielle Not geraten sind oder<br />

denen dieses droht. Grundsätzlich richtet sich<br />

das Angebot an alle von Überschuldung<br />

betroffenen oder von Überschuldung bedrohten<br />

privaten Haushalte.<br />

2.5 Beratungsangebot<br />

Der Caritasverband Iserlohn, Hemer, Menden,<br />

Balve e.V. bietet Schuldner- sowie<br />

Insolvenzberatung an. Das Beratungsangebot<br />

der Schuldner- und Insolvenzberatung<br />

beinhaltet:<br />

Kurzberatung<br />

• Kurzanamnese<br />

• Krisenintervention<br />

• Rasche Klärung existentieller<br />

Fragestellungen<br />

• P-Konto Beratung<br />

Langfristige Beratung /<br />

Entschuldungsberatung<br />

• Intensive Begleitung und Durchführung<br />

der Schuldenregulierung<br />

• Forderungsüberprüfung, Schuldnerschutz<br />

• Budgetberatung<br />

• Psychosoziale, präventive Beratung<br />

• Regulierung und Entschuldung<br />

• Nachbetreuung<br />

Neben dem o. g. Beratungsangebot der<br />

<strong>Schuldnerberatung</strong> erfüllt die Insolvenzberatung<br />

zusätzlich folgende Aufgaben:<br />

• Durchführung des außergerichtlichen<br />

Einigungsversuchs<br />

• Erstellung einer Bescheinigung nach<br />

§ 305 Abs. 1 Nr.1 InsO<br />

• Hilfestellung bei der Antragstellung<br />

• Begleitung im außergerichtlichen und<br />

gerichtlichen Verfahren<br />

• Begleitung in der Wohlverhaltenszeit<br />

2.6 Qualitätssicherung<br />

Begrenzung des Schuldenanstiegs, Stabilisierung<br />

der wirtschaftlichen Verhältnisse und Verbesserung<br />

der psychosozialen Verfassung der<br />

Ratsuchenden, sind nicht zu unterschätzende<br />

Ergebnisse der Beratungsarbeit und helfen<br />

Auswirkungen von Ver- und Überschuldung (z. B.<br />

Verlust des Arbeitsplatzes, der Wohnung und<br />

sozialer Bindungen) zu vermeiden sowie<br />

entsprechende Folgekosten einzusparen.<br />

Professionalität ist eine wichtige Voraussetzung,<br />

um die Zielsetzung der Schuldner- und<br />

Insolvenzberatung zu erreichen. Ein Mittel zur<br />

Zielerreichung ist die Anerkennung von<br />

5


2.7. Allgemeine Sozialberatung<br />

Qualitätserfordernissen und deren ständige<br />

Überprüfung an den gesellschaftlichen<br />

Anforderungen.<br />

Hinzu kommt, dass sich durch die Veränderung<br />

der internen Organisation und die Anpassung<br />

bzw. Neustrukturierung der Leistungserbringung<br />

die Notwendigkeit ergibt, die eigene<br />

Qualität zu analysieren, Veränderungen<br />

herbeizuführen und "Qualitätsmanagement" als<br />

praxisgerechtes Instrument zur<br />

Weiterentwicklung anzuwenden. Für alle<br />

Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen<br />

sollen in naher Zukunft Qualitätsstandards<br />

festgeschrieben werden.<br />

Die Schuldner- und Insolvenzberatung des<br />

Caritasverbandes orientiert sich schon jetzt an<br />

den diskutierten Qualitätsnormen, wie:<br />

Leistungsbeschreibung, fachliche Qualifizierung,<br />

Fortbildung, Teamorganisation,<br />

Maßnahmen der Qualitätssicherung, Vernetzung<br />

und Kooperation sowie die<br />

Dokumentation der Arbeit.<br />

Um dem Anspruch der verbandlichen Caritas<br />

nach kompetenter psychosozialer Beratung für<br />

Schuldner gerecht zu werden, ist es erforderlich<br />

die Problemlagen der Ratsuchenden in der<br />

<strong>Schuldnerberatung</strong> zu erkennen. Dazu ist es<br />

notwendig, dass die Ver- und Überschuldung im<br />

Kontext der gesamten Lebens- bzw.<br />

Familiengeschichte der Betroffenen in das<br />

Beratungskonzept mit einbezogen wird.<br />

Verschuldung steht immer in einem komplexen<br />

Zusammenhang.<br />

Unser Ziel ist es, neben der Entschuldung der<br />

Ratsuchenden, eine nachhaltige Verbesserung<br />

der gesamten Lebenssituation herbeizuführen.<br />

Dazu gehört beispielsweise die individuelle<br />

Existenzgrundlage sicherzustellen, z.B. durch<br />

das Durchsetzen von Sozialleistungsansprüchen.<br />

Auch eine Weitervermittlung in unser internes<br />

Netzwerk wie die Suchtberatung, Erziehungsberatung<br />

oder auch zur Trauerbegleitung dient<br />

der Stabilisierung der Gesamtsituation und kann<br />

somit langfristig zur nachhaltigen Entschuldung<br />

beitragen.<br />

3. Beratung unter Coronabedingungen<br />

Und plötzlich ist alles anders…<br />

Viele Wochen befanden wir uns im sogenannten<br />

Lockdown. Geschäfte wurden geschlossen, der<br />

Schulbetrieb auf Homeschooling umgestellt und<br />

in vielen Arbeitsfeldern der Wohlfahrtspflege<br />

war und ist Beratung nur noch eingeschränkt<br />

möglich.<br />

Im März <strong>2020</strong> wurde unser Caritas-Haus<br />

gemäß den Richtlinien des Landes NRW für den<br />

Kundenverkehr geschlossen.<br />

Wir standen vor der Frage, wie wir insbesondere<br />

die Menschen, die von Ver- und Überschuldung<br />

betroffen sind weiter beraten und begleiten<br />

können.<br />

Einen Personenkreis also, dem häufig die<br />

existenzielle Grundlage fehlt oder der erst durch<br />

die Einschränkungen des Lockdowns in die<br />

finanzielle Schieflage geraten ist.<br />

Einen Personenkreis, der nicht warten kann bis<br />

sich die Lage entspannt.<br />

Menschen, die durch Kurzarbeit und<br />

Arbeitslosigkeit die Auswirkungen der Corona-<br />

Pandemie ganz deutlich zu spüren bekommen.<br />

Menschen, denen die Existenzgrundlage<br />

wegbricht.<br />

Die <strong>Schuldnerberatung</strong> sah sich in <strong>2020</strong> - und<br />

sieht sich auch in Zukunft - einer schnell und<br />

stark wachsenden Anzahl von Ratsuchenden<br />

gegenüber, die die Beratung und Unterstützung<br />

der <strong>Schuldnerberatung</strong> umfassend, kurzfristig<br />

und dringend benötigen.<br />

Wir haben eine Reihe von Maßnahmen ergriffen,<br />

um unseren Beratungsauftrag möglichst<br />

umfassend und zeitnah auch unter Pandemiebedingungen<br />

weiter gerecht werden zu können.<br />

3.1 Maßnahmen<br />

der Beratungsstelle<br />

Seit geraumer Zeit bietet der Caritasverband die<br />

Möglichkeit der Online-Beratung an. Damit<br />

reagierten wir einerseits auf die immer größere<br />

Bedeutung der Kommunikation via Internet,<br />

kompensierten andererseits aber auch<br />

beispielsweise Mobilitätseinschränkungen und<br />

im Jahr <strong>2020</strong> besonders die Kontakt-<br />

6


eschränkungen.<br />

Diese Form der Beratung ist zeit- bzw.<br />

ortsunabhängig und anonym.<br />

Unsere Online-Beratung ist verschlüsselt,<br />

zeitnah und kostenfrei. Eingehende Nachrichten<br />

werden vertraulich behandelt und durch<br />

qualifizierte Beraterinnen beantwortet.<br />

Eine umfangreiche Schulung für die Online-<br />

Beratung der Mitarbeiterinnen hat im Jahr <strong>2020</strong><br />

stattgefunden und beinhaltete<br />

• wie Kommunikation über das Internet<br />

gelingt,<br />

• Kompetenzen für die schriftliche und<br />

anonyme Beratung per Internet,<br />

• methodische Herangehensweisen für<br />

die Bearbeitung von Anfragen,<br />

• technische Prinzipien des Portals<br />

sowie<br />

• welche Bedeutung haftungs- und<br />

datenschutzrechtliche Fragen dabei<br />

haben.<br />

Neben dem Online-Beratungstool haben wir<br />

verstärkt Video- oder Telefonberatung<br />

angeboten.<br />

Auch im Bereich der Videoberatung wurden die<br />

Mitarbeiterinnen noch einmal eingehend<br />

geschult.<br />

Persönliche Kontakte konnten unter den<br />

Pandemiebedingungen und Vorgaben der<br />

Landes- und Bundesregierung sowie den<br />

Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts und<br />

der Gesundheitsämter nur sehr eingeschränkt<br />

und unter hohen Schutzmaßnahmen<br />

stattfinden.<br />

Die Entgegennahme und Herausgabe von<br />

Unterlagen wurden kontaktarm durchgeführt<br />

über den Hausbriefkasten, an der Tür oder per<br />

Email.<br />

Persönliche Beratungen fanden hauptsächlich<br />

zur Krisenintervention oder für existenzsichernde<br />

Maßnahmen unter strenger<br />

Einhaltung eines Hygienekonzepts statt.<br />

Wir haben<br />

• technische Schutzmaßnahmen (z.B.<br />

transparente Barrieren/Plexiglasscheiben,...),<br />

• organisatorische Schutzmaßnahmen<br />

(z.B. Dokumentation Klient*innenkontakte,...)<br />

und<br />

• personenbezogene Schutzmaßnahmen<br />

(z.B. Abstandsgebot, Husten- und<br />

Niesetikette, Handhygiene,... ) umgesetzt<br />

und zuverlässig angewandt.<br />

3.2 Maßnahmen<br />

der Bundesregierung<br />

Für Verbraucher, die aufgrund der Corona-Krise<br />

in eine finanzielle Schieflage geraten sind, hat<br />

die Bundesregierung relativ schnell ein Hilfsund<br />

Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht.<br />

Die Hilfsmaßnahme beinhalteten die Aussetzung<br />

der Mietzahlungen und Stromsperren.<br />

Für die wegen Corona von April bis Juni<br />

gestundeten Mieten galt: Sie müssen erst bis<br />

spätestens Juni 2022 bezahlt werden - im<br />

Gegensatz zu gestundeten Rechnungen für<br />

Strom, Wasser, Telefon oder Internet, die nach<br />

dem 30. Juni grundsätzlich sofort komplett fällig<br />

wurden.<br />

Von Leistungen der Grundversorgung sollte<br />

wegen der Corona-Pandemie niemand<br />

abgeschnitten werden. Dazu zählen Strom, Gas,<br />

Wasser und Telefon- bzw. Internetanschluss.<br />

Von April bis Juni <strong>2020</strong> haben daher viele<br />

Versorger keine Sperren angedroht oder<br />

durchgeführt. Das gesetzliche Recht auf einen<br />

Zahlungsaufschub ist jedoch Ende Juni <strong>2020</strong><br />

ausgelaufen.<br />

Wurde dieses Recht genutzt, gilt nun: Nach dem<br />

30. Juni werden die bis dahin aufgeschobenen<br />

Beträge sofort in einer Summe fällig.<br />

Verbraucherdarlehensverträge, die bis zum<br />

30. Juni <strong>2020</strong> fällig wurden, konnten gesetzlich<br />

um drei Monate gestundet werden, wenn der<br />

Schuldner oder die Schuldnerin infolge der<br />

Pandemie nicht zahlen konnte.<br />

Kein Außendienst der Gerichtsvollzieher/<br />

innen:<br />

Gerichtsvollzieher/innen haben, außer in<br />

Eilsachen und Zustellungen, ihre Außendiensttätigkeit<br />

eingeschränkt und Termine im<br />

GV-Büro auf das aller notwendigste beschränkt.<br />

7


Westfalenpost Menden, den 23.04.<strong>2020</strong><br />

Menden<br />

3.3 Corona-Krisen-Hotline<br />

Der Corona-Virus stellt unser Leben auf den Kopf. Viele Menschen fühlen sich unsicher,<br />

machen sich Sorgen oder es fällt ihnen „die Decke auf den Kopf“. Zu einem Zeitpunkt, an<br />

dem viele Menschen verstärkt Rat und Unterstützung benötigen, mussten unsere<br />

Beratungsstellen für den direkten persönlichen Publikumsverkehr schließen. Ab dem<br />

30.03.<strong>2020</strong> haben wir, im Rahmen unserer Möglichkeiten, zielgenau das zur Verfügung<br />

gestellt, was unsere Beraterinnen und Berater haben und können: Zeit für die Menschen,<br />

Fachwissen und allgemeine Informationen.<br />

8


4. Aktuelles<br />

Verkürzung der Restschuldbefreiung<br />

Nach mehr als einem Jahr und verschiedenen<br />

Gesetzesentwürfen wurde das "Gesetz zur<br />

weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens<br />

und zur Anpassung pandemiebedingter<br />

Vorschriften im Gesellschafts-,<br />

Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht<br />

sowie im Miet- und Pachtrecht” am 17.<br />

Dezember <strong>2020</strong> im Bundestag beschlossen und<br />

am 30. Dezember <strong>2020</strong> im Bundesgesetzblatt<br />

veröffentlicht.<br />

Damit verkürzt sich die Laufzeit bis zu einer<br />

Restschuldbefreiung für Verbraucher, Selbstständige<br />

und Einzelunternehmer auf drei Jahre.<br />

Dies gilt rückwirkend für Insolvenzverfahren, die<br />

seit dem 1. Oktober <strong>2020</strong> beantragt worden<br />

sind.<br />

Diese Neuregelung ist Teil des Konjunktur- und<br />

Krisenbewältigungspaktes der Bundesregierung.<br />

Gerade mit Blick auf die<br />

wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie<br />

sollen redliche Schuldner schneller die<br />

Möglichkeit für einen Neuanfang erhalten.<br />

Viele überschuldete Bürger haben auf diese<br />

Gesetzesänderung gewartet.<br />

Innerhalb eines nun sehr überschaubaren<br />

Zeitraums besteht die Möglichkeit, sich von<br />

seinen Schulden befreien zu lassen und einen<br />

wirtschaftlichen Neuanfang zu starten.<br />

Davon profitieren jetzt nicht nur alle, die<br />

coronabedingt in eine finanzielle Schieflage<br />

geraten sind, sondern auch die, die schon viele<br />

Jahre von Überschuldung betroffen sind und<br />

jetzt auf eine schnelle Entschuldung hoffen.<br />

Wir erwarten aufgrund der nun bestehenden<br />

Situation eine Nachfrage, der wir personell ohne<br />

erhebliche Wartezeiten nicht gerecht werden<br />

können. Schon zum Jahresende <strong>2020</strong> sind die<br />

Wartezeiten unserer Beratungsstelle sprunghaft<br />

angestiegen.<br />

5. Risikogruppen<br />

Überschuldung kann jeden treffen. Dennoch<br />

haben wir es immer wieder mit Risikogruppen<br />

zu tun, die besonders deutlich im Beratungsalltag<br />

hervortreten.<br />

Der <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2020</strong> nimmt diesmal auch<br />

Risikogruppen in den Blick, die im Zusammenhang<br />

mit der Corona-Pandemie besonders von<br />

Ver- und Überschuldung betroffenen sind.<br />

5.1 Psychische Erkrankung<br />

Maite K. leidet schon seit vielen Jahren an einer<br />

Angststörung mit depressiven Episoden.<br />

Aufgrund ihrer Erkrankung ist sie zurzeit<br />

krankgeschrieben und erhält Krankengeld.<br />

Maite K. wird seit 2 Jahren von der<br />

<strong>Schuldnerberatung</strong> betreut und erfüllt mit<br />

monatlichen Ratenzahlungen ein Schuldenregulierungskonzept.<br />

Die Einschränkungen und Belastungen der<br />

Pandemie haben ihr stark zugesetzt. Die Angst<br />

vor Ansteckung, die Angst vor weiterer<br />

Isolation, der Zukunft und finanziellen<br />

Schwierigkeiten, alles das belastet Maite K.<br />

sehr. So sehr, dass sie sich zurückzieht und<br />

ihren finanziellen Verpflichtungen nicht mehr<br />

nachkommt.<br />

Aus Angst und Sorge vor Ansteckung investiert<br />

sie ihr knappes Budget in großen Mengen in<br />

Desinfektionsmittel, Masken, Nahrungsergänzungsmittel,<br />

Hol- und Bringdienste.<br />

Die vereinbarten Ratenzahlungen sowie die<br />

monatlichen Zahlungen für Miete und<br />

Stromversorgung bringt sie nicht mehr auf. Der<br />

Teufelskreis beginnt von vorn…<br />

Die Corona-Pandemie stellt eine komplexe<br />

Belastungssituation dar, die an kaum einem<br />

9


Menschen spurlos vorübergeht. Strapaziert<br />

werden psychisch erkrankte Menschen aber<br />

auch gesunde Menschen, denn die<br />

Krisensituation betrifft in unterschiedlichem<br />

Maße fast alle.<br />

Unsicherheit, Ängste um die eigene Gesundheit<br />

und die Gesundheit anderer Menschen,<br />

existenzielle Zukunftsängste und eine<br />

herausfordernde Ungewissheit über die weitere<br />

Entwicklung der Krise, stellen eine große<br />

Belastung dar.<br />

Auch der Lebensalltag hat sich deutlich<br />

verändert und Menschen müssen mit<br />

reduzierten sozialen Kontakten und<br />

existenziellen Sorgen klarkommen.<br />

Es darf nicht unterschätzt werden, wie groß in<br />

einer solchen Krisensituation die Gefahr für die<br />

psychische Gesundheit ist, denn wir haben<br />

praktisch keine Vorerfahrungen, die wir zur<br />

Bewältigung einer solchen komplexen<br />

Belastungssituation nutzen können.<br />

Menschen mit psychischen Erkrankungen sind<br />

von je her in besonderer Weise von einer<br />

Verschuldungsproblematik betroffen. In Folge<br />

ihrer Erkrankung müssen sie nicht nur<br />

erhebliche finanzielle Einbußen hinnehmen,<br />

sondern fühlen sich mit der Regulierung<br />

aufgelaufener Schulden massiv überfordert.<br />

Chronische Erkrankungen bedeuten mithin ein<br />

erhebliches Armutsrisiko. Selbst für gut<br />

ausgebildete und voll berufstätige Menschen.<br />

Sobald diese in jungen Jahren gezwungen sind,<br />

eine Erwerbsminderungsrente zu beantragen,<br />

haben sie kaum eine Chance, mit der zu<br />

erwartenden Rente jemals wieder aus der<br />

Armutsgefährdung herauszukommen.<br />

Auch fortdauernder Stress durch Schulden,<br />

kann zu psychischen Erkrankungen führen. Ein<br />

großes Problem zeigt sich bei manischdepressiven<br />

Personen. Sie haben meist<br />

aufgrund ihrer Erkrankung Schulden, da sie in<br />

der manischen Phase oft unkontrolliert Geld<br />

ausgeben. Depressive Menschen kaufen eher<br />

als eine Art Ersatzbefriedigung ein. Das<br />

Einkaufen beschert ihnen Hochgefühle, die sie<br />

für einen Moment lang glücklich machen.<br />

Ein Teufelskreis: Zum einen sind überschuldete<br />

Menschen psychisch stärker belastet, zum<br />

anderen geraten Menschen mit psychischen<br />

Problemen eher in eine Überschuldungssituation.<br />

Die Nachhaltigkeit der Arbeit wird<br />

durch die ambulante Betreuung der betroffenen<br />

Personen erreicht, die eine <strong>Schuldnerberatung</strong>sstelle<br />

in der Form nicht leisten kann.<br />

Eine flankierende Ergänzung der <strong>Schuldnerberatung</strong><br />

durch weitere Dienste, ist von daher<br />

besonders für Ratsuchende mit multiplen<br />

Problemlagen wichtig und zielführend.<br />

Unser gut ausgebautes Netzwerk umfasst die<br />

enge Zusammenarbeit neben dem PST e.V., mit<br />

dem Ambulant Betreuten Wohnen der Diakonie<br />

Mark-Ruhr sowie den Ambulanten Diensten des<br />

LWL und der Netzwerk Diakonie.<br />

5.2 Suchterkrankung<br />

Das Glas Rotwein am Abend gehörte für die<br />

Sekretärin Gisela K. nach einem anstrengenden<br />

Arbeitstag einfach dazu.<br />

Über einige Jahre wurde dieses Glas Rotwein<br />

zum abendlichen Ritual für die alleinstehende<br />

Frau.<br />

Als sich die Arbeit im Büro häufte und es<br />

zunehmend stressiger wurde, blieben<br />

Überstunden nicht aus. Es wurden dann auch<br />

gern mal zwei oder drei Gläser nach Feierabend.<br />

Der Alkoholkonsum stieg allmählich. Bis einige<br />

Zeit später ihre Welt ganz zusammenbrach. Sie<br />

verlor ihren Arbeitsplatz und nun endgültig auch<br />

die Kontrolle über ihren Alkoholkonsum.<br />

Jeglicher Ansporn sich aufzuraffen und eine<br />

neue Arbeitsstelle zu suchen, fehlten ihr. Wozu<br />

auch?<br />

In ihrem Alter würde Sie sowieso keiner<br />

nehmen.<br />

Auch aus ihrem Freundeskreis zog sie sich<br />

immer mehr zurück und blieb lieber zu Hause.<br />

Die Wohnung verwahrloste zunehmend,<br />

Bestellungen beim Versandhandel häuften sich,<br />

Rechnungen wurden nicht mehr beglichen,<br />

Briefe gar nicht erst geöffnet.<br />

Bis sie den Entschluss fasste, ihr Problem mit<br />

professioneller Hilfe in den Griff zu bekommen.<br />

Sie machte sich einen Termin bei der<br />

Suchtberatung und anschließend auch bei der<br />

<strong>Schuldnerberatung</strong>.<br />

10


5.3 Migration und Überschuldung<br />

Suchtprobleme ziehen oft Schulden nach sich.<br />

Alkohol- und Drogenabhängigkeit, Glücksspielsucht<br />

und Kaufsucht bewirken Probleme<br />

im finanziellen Bereich. Eine <strong>Schuldnerberatung</strong><br />

kann in diesem Fall nur dann Erfolg haben,<br />

wenn der Betroffene entweder seit längerer Zeit<br />

abstinent lebt oder regelmäßige Beratung oder<br />

Therapie in Anspruch nimmt.<br />

Das Sucht- und Selbsthilfesystem stellt<br />

differenzierte Angebote bereit, suchtkranken<br />

Menschen wieder eine Teilhabe zu ermöglichen.<br />

Aber auch <strong>Schuldnerberatung</strong>sstellen sind<br />

Anlaufpunkte für suchtkranke Menschen, wenn<br />

die Schuldenproblematik das Suchtproblem<br />

überlagert. Daher ist eine enge Kooperation der<br />

Suchtberatung mit der <strong>Schuldnerberatung</strong><br />

notwendig: Existenzsicherung und<br />

Schuldenregulierung sind ohne Bearbeitung der<br />

Suchtproblematik ebenso wenig sinnvoll, wie<br />

Suchthilfe ohne <strong>Schuldnerberatung</strong>, da der die<br />

Probleme verursachende Kreislauf nicht<br />

unterbrochen wird.<br />

Im Berichtszeitraum <strong>2020</strong> wurden 53<br />

Suchterkrankte von der Schuldner- und<br />

Insolvenzberatungsstelle des Caritasverbandes<br />

intensiv betreut. Das entspricht einem Anteil von<br />

11,47 % der Gesamtzahl der betreuten<br />

Personen.<br />

Die <strong>Schuldnerberatung</strong> mit Suchterkrankten ist<br />

häufig langfristiger anzulegen als bei den<br />

anderen Personengruppen.<br />

Suchtmittelabhängige sowie auch Spielsüchtige<br />

sind, aufgrund ihrer Erkrankung, zu<br />

einer planvollen und wirtschaftlichen Lebensführung<br />

oftmals nicht in der Lage.<br />

Durch die besonders gute Zusammenarbeit mit<br />

der Psychosozialen Suchtberatungsstelle des<br />

Caritasverbandes und auch der Wohnungslosenhilfe<br />

der Diakonie Mark-Ruhr konnten gute<br />

Erfolge in diesem Bereich erzielt werden.<br />

Adil A. kam im Alter von 18 Jahren aus Syrien<br />

nach Deutschland, um Asyl zu beantragen.<br />

Nachdem er eine Aufenthaltsgenehmigung<br />

erhalten hatte, lebte er einige Zeit von<br />

Leistungen nach dem SGB II. Er sprach<br />

mittlerweile gut Deutsch und es gelang ihm eine<br />

Arbeitsstelle zu finden. Da er jedoch zuerst<br />

Asylbewerberleistungen und später Leistungen<br />

nach dem SGB II erhielt, musste er bisher nie<br />

selbst seine Miete überweisen. Generell hatte er<br />

nie gelernt finanzielle Dinge selbst zu regeln. So<br />

kam es dazu, dass er versäumte die Miete zu<br />

bezahlen und hohe Mietschulden entstanden.<br />

Auch der Vermieter bemerkte das Versäumnis<br />

erst nach einigen Monaten, weshalb er keine<br />

Mahnungen verschickte. Herr A. erhielt eine<br />

Räumungsklage, da er nicht in der Lage war, die<br />

Forderung zu begleichen. Glücklicherweise<br />

konnte er über einen Freund eine neue<br />

Wohnung finden. Doch die Mietschulden beim<br />

alten Vermieter blieben. Zusätzlich hatte er dem<br />

Jobcenter nicht mitgeteilt, dass er eine<br />

Arbeitsstelle gefunden hatte, wodurch die<br />

bereits ausgezahlten Leistungen zurückgefordert<br />

wurden. Auch die Rundfunkgebühren<br />

hatte er nicht bezahlt und in der Zeit, in der er<br />

mehr Geld zur Verfügung hatte, schloss er<br />

einige Ratenzahlungsverträge ab, denen er nun<br />

auch nachkommen musste. Der Arbeitsvertrag<br />

wurde nach einem Jahr nicht verlängert, so<br />

dass er nun Leistungen vom Arbeitsamt erhielt.<br />

Diese reichten jedoch nicht aus, um die<br />

laufenden Verträge aufrecht zu erhalten und<br />

gleichzeitig die Schulden zu begleichen. Herr A.<br />

entschied sich dazu, einen Termin bei der<br />

<strong>Schuldnerberatung</strong> zu vereinbaren, wo er nun<br />

Unterstützung bekommt, sich einen Überblick<br />

über seine finanzielle Situation zu verschaffen<br />

und schuldenfrei zu werden.<br />

Seit Jahren verzeichnen wir einen steigenden<br />

Zulauf von Ratsuchenden mit Migrationshintergrund.<br />

Ein großer Teil davon strebt eine<br />

Entschuldung über das Insolvenzverfahren an.<br />

Aufgrund der engen Zusammenarbeit mit dem<br />

Migrationsdienst/Integrationsdienst des<br />

Caritasverbandes, konnten wir zunächst einen<br />

Zugang zu diesem Personenkreis finden und<br />

entsprechende Verfahren zur Entschuldung<br />

einleiten.<br />

11


Ein Großteil der Familien mit Migrationshintergrund<br />

kommt aus Herkunftsländern, die<br />

weniger von Werbung und Konsum bestimmt<br />

sind, als es in der Bundesrepublik der Fall ist.<br />

Den Menschen fehlen häufig die hier geltenden<br />

markwirtschaftlichen Kenntnisse und finanzielle<br />

Bildung. Häufig verfügen die Familien über ein<br />

geringes Einkommen und/oder sind von<br />

Arbeitslosigkeit betroffen. Es fehlt nicht selten<br />

an Orientierung, was aus dem großen<br />

Warenangebot notwendig, wichtig, wünschenswert<br />

und dem Haushaltsbudget angemessen<br />

ist.<br />

Vor allem für Personen, die der deutschen<br />

Sprache nicht mächtig sind, ist es schwierig, für<br />

sich und für ihre Kinder den Überblick zu<br />

behalten.<br />

Wir haben damit begonnen Maßnahmen auf den<br />

Weg zu bringen, Migranten in ihrer finanziellen<br />

Bildung wirksam zu stärken, ihr<br />

Selbstbewusstsein zu festigen und ihnen zu<br />

einem kritischen Umgang mit Werbung und<br />

deren Wirkung zu verhelfen.<br />

Insgesamt wurden <strong>2020</strong> 21,09 % Personen mit<br />

Migrationshintergrund beraten.<br />

Die Beratung der Migranten gestaltet sich in der<br />

Praxis zunehmend schwieriger. Die steigende<br />

Komplexität des Beratungsangebotes und die<br />

diversen Möglichkeiten der Entschuldung,<br />

erfordern in erster Linie sprachliches<br />

Verständnis der Ratsuchenden sowie einen<br />

niederschwelligen Zugang.<br />

Die <strong>Schuldnerberatung</strong> des Caritasverbandes<br />

legt ihren Fokus insbesondere darauf, den<br />

Zugang zur Beratung für Migranten zu<br />

erleichtern und das Beratungsangebot soweit<br />

zu optimieren, dass sprachliche Barrieren<br />

weitgehend überwunden werden. Die<br />

Betroffenen erhalten eine adäquate auf ihre<br />

Bedürfnisse abgestimmte Beratung zur<br />

nachhaltigen Vermeidung und Überwindung<br />

ihrer Verschuldungssituation.<br />

Um die Inanspruchnahme und Transparenz von<br />

Informationsangeboten zu erhöhen, wurden<br />

Flyer über den Ablauf der Beratung erstellt, die<br />

in den entsprechenden Sprachen übersetzt<br />

wurden.<br />

Weiter wurde deutlich, dass die direkte<br />

Ansprache bzw. die Mund-zu–Mund–<br />

Propaganda ein Weg zu sein scheint, um die<br />

Betroffenen zu erreichen und auf das Angebot<br />

der Schuldner- und Insolvenzberatung<br />

aufmerksam zu machen. Vortragsreihen im<br />

Sozialraum der Betroffenen, würden einen<br />

niederschwelligen Weg ebnen, der den<br />

Betroffenen das Aufsuchen einer<br />

Beratungsstelle erleichtern kann.<br />

Mit der Ankunft in Deutschland stehen<br />

Asylsuchende vor einem Berg von Fragen.<br />

Schnell zeigt sich, dass Flüchtlinge auch als<br />

Verbraucher auf Probleme stoßen.<br />

Handyverträge, Girokonten, Kreditangebote;<br />

das Überangebot an Finanzdienstleitungen wird<br />

auch für diese Personengruppe eine<br />

Herausforderung sein, die es zu bewältigen gilt.<br />

Mittelfristig werden wir als<br />

<strong>Schuldnerberatung</strong>sstelle gefordert sein, hier<br />

präventive Angebote, insbesondere zur<br />

finanziellen Bildung und zur Vermeidung von<br />

Überschuldung bereitzuhalten.<br />

Überschuldung<br />

5.4 Alleinerziehend<br />

Simone S. ist alleinerziehend.<br />

Ihr Partner trennte sich kurz nach der Geburt<br />

des zweiten Kindes von ihr.<br />

Jetzt ist sie allein, allein mit 2 Kindern, der<br />

großen Wohnung und den gemeinsamen<br />

Schulden. Unterhalt vom Kindesvater erhält sie<br />

nicht.<br />

Eine Arbeit aufnehmen kann sie im Moment<br />

nicht, da sie noch keinen Krippenplatz für das<br />

jüngste Kind bekommen hat.<br />

Aber auch wenn sie in ihrem Job als Verkäuferin<br />

eine familienkompatible Anstellung finden<br />

würde, würden ihre Einkünfte nicht einmal<br />

ausreichen, um allen laufenden finanziellen<br />

Verpflichtungen nachzukommen. Für<br />

Ratenzahlungen an die Gläubiger einmal ganz<br />

abgesehen. So häufen sich Monat für Monat<br />

weitere Schulden an, ohne dass sie eine<br />

Chance hat diesen Kreislauf zu durchbrechen.<br />

Männer und Frauen, die ihre Kinder alleine<br />

großziehen, sind von einem erhöhten<br />

Armutsrisiko betroffen. Überschuldung ist<br />

ebenfalls ein großes Problem für<br />

Alleinerziehende. Sie stellen 19 Prozent der<br />

Familien in Deutschland sowie 16 Prozent der<br />

12


Menschen, die zur <strong>Schuldnerberatung</strong> gehen<br />

dar.<br />

Die prekäre Situation Alleinerziehender resultiert<br />

insbesondere daraus, dass das Haushaltseinkommen<br />

im Vergleich zu dem gemeinsam<br />

Erziehender deutlich geringer ausfällt:<br />

Vollzeitberuf und Erziehungsverpflichtung sind<br />

deutlich schwieriger miteinander zu<br />

vereinbaren, so dass Alleinerziehende oft nur<br />

die Möglichkeit haben einer Teilzeitbeschäftigung<br />

oder einer geringfügigen<br />

Beschäftigung nachzugehen, sofern die<br />

Betreuung des Kindes gewährleistet ist. Der<br />

Mangel an Betreuungsplätzen zwingt<br />

Alleinerziehende nicht selten dazu, vollständig<br />

zuhause zu bleiben.<br />

Ausbleibende Unterhaltszahlungen des anderen<br />

Elternteils schmälern das Haushaltseinkommen<br />

zusätzlich. Zu beobachten ist, dass es für<br />

diesen Personenkreis deutlich schwieriger ist,<br />

ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen<br />

ihre Existenz zu sichern.<br />

Unerwartete Ausgaben, auch wenn diese<br />

verhältnismäßig gering ausfallen, sind nur<br />

schwer zu stemmen. Diese ungünstigen<br />

Faktoren, die bei der Personengruppe der<br />

Alleinerziehenden aufeinandertreffen, führen<br />

also häufig unvermeidbar in die Überschuldung.<br />

5.5 Senioren und Überschuldung<br />

Monika K. ist 66 Jahre alt und hat drei<br />

erwachsene Kinder. Als die Kinder klein waren,<br />

hat sich Frau K. dazu entschieden vorerst aus<br />

dem Berufsleben auszutreten und ihre Kinder zu<br />

Hause zu betreuen.<br />

Nach einigen Jahren zu Hause entschloss sie<br />

sich dann, ein Beschäftigungsverhältnis auf<br />

geringfügiger Basis aufzunehmen.<br />

Die Jahre vergingen und der Familie ging es<br />

nach wie vor finanziell gut. Als die Kinder<br />

erwachsen waren, verlor Herr K. seinen<br />

Arbeitsplatz, ging eine neue Beziehung ein und<br />

trennte sich von seiner Frau.<br />

Ab diesem Zeitpunkt machte sich Monika K.<br />

zum ersten Mal in ihrem Leben große finanzielle<br />

Sorgen. Zwar war sie noch einige Jahre<br />

vollzeitbeschäftigt, doch mit Eintritt in das<br />

Rentenalter stellte sie mit Erschrecken fest,<br />

dass sie nun nur noch von einer monatlichen<br />

Rente in Höhe von 980,00 € leben muss.<br />

Aufgrund ihrer schlechten gesundheitlichen<br />

Verfassung, hat sie nicht mehr die Möglichkeit<br />

etwas dazu zu verdienen, um ihren laufenden<br />

Kredit zu tilgen.<br />

Sie sucht den Kontakt zur <strong>Schuldnerberatung</strong>.<br />

Das Thema Armut im Alter bewegte insbesondere<br />

in den letzten beiden Jahren die<br />

Medien und rückte somit mehr und mehr in den<br />

Fokus der Gesellschaft.<br />

Altersarmut geht oft mit Überschuldungsereignissen<br />

einher.<br />

Die <strong>Schuldnerberatung</strong> des Caritasverbandes<br />

verzeichnet schon seit 2014 einen gravierenden<br />

Anstieg der Altersgruppe 55 + in der Beratung.<br />

Im Jahr <strong>2020</strong> waren 16,78 % der Ratsuchenden<br />

älter als 50 Jahre und gut 10,20 % älter als 60<br />

Jahre.<br />

Zwei Faktoren können diesen Trend erklären.<br />

Zum einen ist das Thema <strong>Schuldnerberatung</strong><br />

auch in dieser Altersgruppe enttabuisiert und<br />

die Hemmschwellen sind inzwischen abgebaut<br />

eine Entschuldungsberatung in Anspruch zu<br />

nehmen, zum anderen gibt es inzwischen immer<br />

mehr ältere Menschen, die die Möglichkeiten<br />

der modernen Finanzdienstleistungen nutzen<br />

und somit die Gefahr der Überschuldung erst<br />

entstehen kann.<br />

Die finanziellen Sorgen kommen oft recht<br />

plötzlich: Der Partner verstirbt und die<br />

zurückbleibende Person weiß nicht, wie es<br />

weitergehen soll. Die finanzielle Situation<br />

verändert sich meist drastisch, so dass die<br />

Unterstützung und Hilfe der <strong>Schuldnerberatung</strong><br />

dringend benötigt wird.<br />

Aufgrund ständig steigender Kosten (z. B. Gas,<br />

Strom, Wasser, Mietpreise) und Mehrausgaben,<br />

wie Kosten für Medikamente, medizinische<br />

Behandlungen im Alter etc., geraten Senioren<br />

schnell in finanzielle Schwierigkeiten. Denn der<br />

Lebensstandard muss immer wieder den<br />

steigenden Preis- und Kostensteigerungen<br />

angepasst werden, wobei sich die<br />

Rentenbezüge jedoch nur wenig erhöhen.<br />

13


In der Beratung merken wir, dass gerade ältere<br />

Ratsuchende eine größere Scham empfinden,<br />

was ihre finanzielle Situation anbelangt. Das<br />

Zwangsvollstreckungsrecht ist oft nicht bekannt<br />

und löst große Ängste aus.<br />

6.5 Selbstständigkeit<br />

und Corona<br />

Der 32 jährige Carlo L. hat sich im April 2018 mit<br />

der Eröffnung eines eigenen Imbisses seinen<br />

großen Traum erfüllt.<br />

Um der gestiegenen Nachfrage nachzukommen,<br />

war es notwendig sein Personal zu<br />

erhöhen. Er stellte seine Ehefrau, seine<br />

Schwester und seinen Schwager ein und freute<br />

sich nun, ein richtiger Familienbetrieb zu sein.<br />

Die Umsätze stiegen kontinuierlich, so dass sich<br />

Carlo L. dazu entschloss im Juni 2019 ein<br />

größeres Ladenlokal mit mehr Sitzplätzen zu<br />

pachten. Doppelte Pacht und<br />

Renovierungskosten waren unproblematisch,<br />

da genügend Rücklagen vorhanden waren.<br />

Niemals hätte Carlo L. gedacht, dass ihn eine<br />

weltweite Pandemie im März <strong>2020</strong> dazu<br />

zwingen wird, sein Geschäft zu schließen.<br />

Das Corona - Virus und der damit verbundene<br />

Lockdown führten dazu, dass Herr L. vorerst<br />

schließen musste. Erforderliche Hygienemaßnahmen,<br />

führten dazu das neue Ladenlokal<br />

erneut umzubauen und den neuen Maßnahmen<br />

entsprechend zu gestalten.<br />

Als die Gastronomiebetriebe ihre Türen wieder<br />

öffnen durften, blieb der große Andrang aus.<br />

Einzig sein Lieferservice, spielte zumindest<br />

etwas Geld in die Kasse, das bei weitem nicht<br />

ausreichte, um seine laufenden Kosten zu<br />

decken.<br />

Auch die staatlichen Förderungen halfen ihm<br />

nicht, seine Existenz zu sichern. Nach einer<br />

erneuten Schließung der Gastronomiebetriebe<br />

im November <strong>2020</strong>, entschied sich Herr L. nach<br />

Rücksprache mit seinem Steuerberater seinen<br />

Imbiss zu schließen, um sich nicht noch höher<br />

zu verschulden. Er hofft auf eine Einstellung bei<br />

seinem alten Arbeitgeber. Mit einer<br />

Gesamtverschuldung von 90.000,00 € wird<br />

demnächst das Insolvenzverfahren eingeleitet.<br />

Selbstständig Tätige mit Kleinbetrieben, sowie<br />

Solo-Selbstständige sind die großen Verlierer<br />

der Corona-Pandemie. Trotz der Hilfspakete<br />

der Bundesregierung kommt hier auf uns eine<br />

große Anzahl von überschuldeten<br />

Ratsuchenden zu.<br />

Viele Kleingewerbebetreibende und Solo-<br />

Selbstständige - wir sprechen hier<br />

beispielsweise von Malerbetrieben oder Friseurgeschäften,<br />

von Tattoo-Studios, Gastronomiebetrieben<br />

oder von Floristikgeschäften – alles<br />

kleine Unternehmen, die in der Regel gerade so<br />

über die Runden gekommen sind, aber nie<br />

große Rücklagen gebildet haben.<br />

Viele dieser Betriebe stehen nun vor dem<br />

finanziellen aus. Die Hilfspakete der<br />

Bundesregierung greifen entweder nicht,<br />

reichen nicht aus oder wurden zu Unrecht<br />

beantragt, so dass sie nun zurückgefordert<br />

werden.<br />

Dieser Personenkreis wird in der Regel nicht von<br />

den öffentlichen Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen<br />

versorgt. Die Finanzierungen<br />

der Beratungsstellen und auch ggf. das Know-<br />

How der Berater sehen die Beratung und<br />

Unterstützung dieser Klientel nicht vor. Es gibt<br />

für Betroffene keine kostenfreie und<br />

professionelle Beratungsversorgung im<br />

gesamten Märkischen Kreis, keine<br />

Unterstützung und Begleitung, keine Lobby.<br />

Es ist notwendig, dass genau zu diesem Zeitpunkt<br />

diese Menschen in ihrer finanziellen<br />

Notsituation Unterstützung und Beratung<br />

erhalten. Es ist wichtig Ihnen Perspektiven der<br />

Fortführung ihres Unternehmens, die Sicherstellung<br />

des aktuellen Lebensunterhalts und die<br />

Entschuldung ihres Unternehmens aufzuzeigen<br />

oder auch mit Ihnen Lösungswege zu<br />

erarbeiten, wenn das Unternehmen<br />

geschlossen werden muss.<br />

Aus diesem Grund hat der Caritasverband<br />

Iserlohn, Hemer, Menden, Balve e.V.<br />

vorrübergehend aus Eigenmitteln ein<br />

Beratungsangebot für diese Klientel<br />

geschaffen. Wir dürfen nicht wegschauen.<br />

Wir müssen jetzt und hier Beratung und Hilfe<br />

anbieten, damit diese Gruppe nicht unversorgt<br />

bleibt.<br />

14


6. Vernetzung und Kooperation<br />

Effektives und sachgemäßes Wirken schuldnerberaterischer<br />

Tätigkeit erfordert die Zusammenarbeit<br />

mit anderen Einrichtungen, Personen und<br />

Gremien. Die jeweils konkreten Kooperationsformen<br />

und -partner ergeben sich aus der<br />

Problemlage der Ratsuchenden, der sozial- und<br />

fachpolitischen Zielsetzung und den Anforderungen<br />

von Information und Prävention.<br />

Die Schuldner- und Insolvenzberatung des<br />

Caritasverbandes ist mit verschiedenen Einrichtungen<br />

der Sozialen Arbeit vernetzt.<br />

Internes Netzwerk<br />

Der Caritasverband verfügt über ein vielfältiges<br />

Dienstleistungsangebot. Eine enge Kooperation<br />

besteht insbesondere mit den Diensten:<br />

• Psychosoziale Suchtberatung<br />

• Familien- und Erziehungsberatung<br />

• Migrationsdienst<br />

• Familienzentrum<br />

• ZeitGeschenk – mobiler Kinder- und<br />

Familienhospizdienst<br />

• Nesthilfe (Familienhebammendienst)<br />

• FrühAuf /Früh aufsuchender<br />

Familiendienst)<br />

• CariTasche / CariChic<br />

Externes Netzwerk<br />

• Arbeitsagenturen / Jobcenter<br />

• Berufsbetreuer / Betreuungsvereine<br />

• Rechtsanwälte<br />

• Arbeitslosenberatung / Diakonie Mark-Ruhr<br />

• Werkstatt im Hinterhof / AWO Unterbezirk<br />

Hagen<br />

• Wohnungslosenhilfe / Diakonie Mark-Ruhr<br />

• Verbraucherberatung Iserlohn<br />

• Johanniter Wohngemeinschaft für Frauen<br />

• Arbeitslosenberatung / Diakonie Mark-Ruhr<br />

• Familienzentrum der Stadt Iserlohn<br />

7. Öffentlichkeitsarbeit<br />

<strong>2020</strong> drehte sich unsere Öffentlichkeitsarbeit zu<br />

einem großen Teil darum, die Betroffenen<br />

zeitnah, sachgerecht und verständlich über die<br />

coronabedingten veränderten Rahmenbedingungen<br />

unserer Beratung, die Hilfspakete<br />

der Bundesregierung und deren Möglichkeit der<br />

Inanspruchnahme sowie aller gesetzlichen<br />

Änderungen rund um das Thema<br />

Schuldnerschutz und Insolvenz aufzuklären und<br />

zu informieren. Dies geschah über<br />

Presseinformationen, unsere Social-Media-<br />

Kanäle und unsere Homepage.<br />

Wir haben einen Videoclip über das Angebot<br />

unserer Online- und Videoberatung gedreht und<br />

über die sozialen Medien Facebook und<br />

Instagram veröffentlicht sowie auf unserer<br />

Homepage online gestellt, um den Betroffenen<br />

Mut zu machen, diese Form von Beratung in<br />

Anspruch zu nehmen. Wir haben<br />

Informationskarten gedruckt und verteilt, mit<br />

allen relevanten Informationen über unsere<br />

Krisenhotline.<br />

15


8. Statistische Daten<br />

Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten ist in Deutschland jeder Vierte nicht in der Lage, seine<br />

Rechnungen pünktlich zu bezahlen. Zu den am häufigsten genannten Gründen für diese Problematik<br />

gehören der Verlust des Arbeitsplatzes, Scheidung oder Krankheit. Insbesondere bei Personen mit<br />

niedrigem Einkommen sowie bei Alleinerziehenden ist die Lage schwierig.<br />

<strong>2020</strong> erhöhte sich die Anzahl der zu beratenden Personen nochmals um die Personengruppe, die<br />

aufgrund der Corona-Pandemie mit nicht kompensierbaren Einmkommenseinbußen leben mussten.<br />

8.1 Gesamtanzahl der beratenen Haushalte<br />

Rat bei professionellen <strong>Schuldnerberatung</strong>sstellen wird in der Hälfte aller Fälle erst dann gesucht,<br />

wenn sich die individuelle Krise durch Kreditkündigungen, Kontokündigungen und<br />

Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach außen manifestiert hat.<br />

Anzahl der intensiv beratenen Haushalte insgesamt: 462<br />

Davon in <strong>2020</strong> abgeschlossene Beratungen: 162<br />

Trotz der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie und die zu Beginn des Jahres <strong>2020</strong><br />

bestehende Zurückhaltung der Klienten hinsichtlich der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, haben<br />

wir weder einen Rückgang der Beratungen noch einen Rückgang in Bezug auf die Nachfrage<br />

verzeichnet. Im Gegenteil - die Anzahl der beratenen Haushalte stieg sogar an.<br />

Es wurden 528 Bescheinigungen über den erhöhten Freibetrag für ein Pfändungsschutzkonto<br />

ausgestellt. Diese Bescheinigungen stellen wir auch für Personen aus, die sich nicht in unserer<br />

Beratung befinden und somit nicht statistisch erfasst wurden.<br />

Erheblich gestiegen ist die Anzahl dieser Bescheinigungen im Vergleich zum Vorjahr, da wir<br />

Freibeträge für die Coronaprämie der Pflegekräfte sowie den Corona-Kinderbonus ausstellen<br />

konnten.<br />

STÄDTEVERTEILUNG<br />

Iserlohn 230<br />

Hemer 98<br />

Menden 111<br />

Balve 23<br />

Gesamt 462<br />

5 %<br />

STÄDTEVERTEILUNG<br />

24 %<br />

50 %<br />

21 %<br />

Iserlohn Hemer Menden Balve<br />

16


8.2 Gesetzliche Grundlagen der Beratung<br />

51,03 % der Ratsuchenden wurden nach den gesetzlichen Grundlagen des SGB II und XII beraten.<br />

GESTEZLICHE GRUNDLAGEN DER BERATUNG<br />

Anzahl<br />

Prozent<br />

§ 16a SGB II 215 46,54 %<br />

§ 11 Abs. 5 SGB XII 18 3,9 %<br />

Sonstige 229 49,57 %<br />

Gesamt 462 100 %<br />

GESETZLICHE<br />

GRUNDLAGEN DER<br />

BERATUNG<br />

50 %<br />

47 %<br />

4 %<br />

§ 16a SGB II § 11 Abs. 5 SGB XII<br />

Sonstige<br />

8.3 Laufende Fälle – Stand der Beratung<br />

Um ein Insolvenzverfahren einleiten zu können, hat der Gesetzgeber zunächst einen außergerichtlichen<br />

Einigungsversuch vorgeschrieben. Dieser unterliegt der Privatautonomie, muss aber auf Grundlage<br />

eines Plans und ernsthaft erfolgen. Über das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs ist<br />

bei der Antragstellung eine Bescheinigung von einer geeigneten Stelle vorzulegen.<br />

1<br />

Zum Jahreswechsel befanden sich 300 Ratsuchende noch in der Phase der Erstellung eines<br />

Schuldenregulierungskonzepts ohne Insolvenzverfahren bzw. im außergerichtlichen Einigungsversuch<br />

zum Insolvenzverfahren.<br />

8.4 Abgeschlossene Fälle<br />

Von den abgeschlossenen Fällen haben 10 Personen ihre Schulden außergerichtlich abschließend<br />

reguliert.<br />

Bei den Insolvenzgerichten Hagen und Arnsberg wurden 101 Anträge auf Eröffnung des<br />

Verbraucherinsolvenzverfahrens eingereicht sowie 9 Anträge auf Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens.<br />

3 Ratsuchende wurden an eine andere Beratungsstelle vermittelt und insgesamt 31 Personen haben<br />

die Beratung abgebrochen.<br />

17


8.5 Persönliche Daten der beratenen Personen<br />

8.5.1 Altersstruktur<br />

Die Altersgruppen 31 – 40 Jahre ist am stärksten vertretenen, gefolgt von den 41 - 50 jährigen<br />

Ratsuchenden, die nahezu gleichstark vertreten sind wie die 21- 30 jährigen Ratsuchenden.<br />

ALTERSSTRUKTUR<br />

Anzahl<br />

Prozent<br />

21 - 30 Jahre 91 19,7 %<br />

31 -40 Jahre 147 31,82 %<br />

41 -50 Jahre 93 20,13 %<br />

51 - 60 Jahre 79 17,1 %<br />

älter als 60 Jahre 52 11,26 %<br />

Gesamt 462 100 %<br />

11 %<br />

ALTERSSTRUKTUR<br />

20 %<br />

17 %<br />

20 %<br />

32 %<br />

21 - 30 Jahre 31 -40 Jahre<br />

41 -50 Jahre 51 - 60 Jahre<br />

älter als 60 Jahre<br />

8.5.2 Geschlecht<br />

1<br />

Eine weitere Untersuchung ergab, dass von den 462 Betreuten 203 Personen weiblich und 259<br />

Personen männlich waren.<br />

(Berücksichtigt wurden hierbei die Personen, die die Kontakte mit der Beratungsstelle aufnahmen.)<br />

18


8.5.3 Familienstand<br />

Die Schlussfolgerung, dass geschiedene Personen überproportional in der Beratung vertreten sind,<br />

wird von den Zahlen des Caritasverbandes nicht bestätigt.<br />

Im Jahr <strong>2020</strong> waren 48,05 % der beratenen Personen ledig, diese Gruppe war somit am stärksten<br />

vertreten.<br />

Anzahl Prozent<br />

geschieden/eingetrageneLebenspartnerschaft aufgehoben 88 19,05%<br />

ledig 222 48,05%<br />

verheiratet/eingetragene Lebenspartnerschaft 112 24,24%<br />

verheiratet/eingetragene Lebenspartnerschaft, getrennt lebend 34 7,36%<br />

verwitwet/eingetragener Lebenspartnerverstorben 6 1,30%<br />

Gesamtergebnis 462 100,00%<br />

24,24%<br />

7,36%1,30% geschieden/eingetragene<br />

Lebenspartnerschaft<br />

19,05%<br />

aufgehoben<br />

ledig<br />

48,05%<br />

verheiratet/eingetragene<br />

Lebenspartnerschaft<br />

8.5.4 Staatsangehörigkeit<br />

Insbesondere Ratsuchende mit Migrationshintergrund, haben eine große Hemmschwelle die<br />

Hilfen der Schuldner- und Insolvenzberatung anzunehmen.<br />

Durch unser internes Netzwerk und den damit verbundenen direkten Kontakten zum<br />

Migrationsdienst, werden Möglichkeiten des sprachlichen, wie auch persönlichen Zugangs zu den<br />

Betroffenen eröffnet. Wir sind in der Lage, diese Personen zu erreichen, über die Inanspruchnahme<br />

der Schuldner- und Insolvenzberatung aufzuklären und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit<br />

aufzubauen.<br />

Die Frage nach der Staatsangehörigkeit sagt hier leider nicht viel aus. Einige Ratsuchende, die mit<br />

dem Merkmal Staatsangehörigkeit „deutsch“ erfasst wurden, sind in einem anderen Land geboren<br />

und oft auch aufgewachsen.<br />

Sprachliche Probleme, mangelnde Finanzkompetenz sowie eine hohe Wertigkeit des Begriffs<br />

„Eigentum“ sind hier Indikatoren für eine Überschuldungssituation.<br />

STAATSANGEHÖRIGKEIT<br />

0 %<br />

10 %<br />

STAATSANGEHÖRIGKEIT<br />

15 %<br />

Anzahl<br />

Prozent<br />

Anderer EU-Staat 44 9,52 %<br />

Nicht-EU-Staat 67 14,5 %<br />

Deutsch 350 75,76 %<br />

Staatenlos/ungeklärt 1 0,22 %<br />

Gesamt 462 100 %<br />

76 %<br />

Anderer EU-Staat<br />

Deutsch<br />

Nicht-EU-Staat<br />

Staatenlos/ungeklärt<br />

19


8.5.5 Bildungsabschluss<br />

Konstant hält sich der Bereich „ohne<br />

abgeschlossene Berufsausbildung“ mit 50,22<br />

%.<br />

Die soziale Herkunft wirkt sich zunehmend<br />

spürbar auf den Bildungsabschluss und somit<br />

auf die Erwerbschancen aus.<br />

Kinder aus „armen“ Familien erwerben eher<br />

einen niedrigen Bildungsabschluss und sind<br />

eher von Arbeitslosigkeit bedroht bzw. häufiger<br />

von Arbeitslosigkeit betroffen. Somit steigt die<br />

Wahrscheinlichkeit im Erwachsenenalter von<br />

Überschuldung betroffen zu sein.<br />

Generell verfügen nach einer Untersuchung von<br />

Infratest nur wenige der Bundesbürger über eine<br />

gute finanzielle Allgemeinbildung.<br />

BILDUNGSABSCHLUSS<br />

Anzahl<br />

Prozent<br />

(Fach-) Hochschulabschluss 20 4,33 %<br />

Abgeschlossene Berufsausbildung 188 40,69 %<br />

In beruflicher Ausbildung / oder Studium 22 4,76 %<br />

ohne Ausbildungs- oder (Fach)-<br />

Hochschulabschluss<br />

223 50,22 %<br />

Gesamt 462 100 %<br />

49 %<br />

BILDUNGSABSCHLUSS<br />

4 %<br />

42 %<br />

5 %<br />

(Fach-) Hochschulabschluss<br />

Abgeschlossene Berufsausbildung<br />

In beruflicher Ausbildung / oder Studium<br />

ohne Ausbildungs- oder (Fach)-Hochschulabschluss<br />

8.5.6 Erwerbssituation<br />

ERWERBSSITUATION<br />

Anzahl<br />

Prozent<br />

abhängig Erwerbstätig 156 33,77 %<br />

anderweitig nicht erwerbstätig 93 20,13 %<br />

arbeitslos (nicht gemeldet/ nicht aktiv suchend) 4 87 %<br />

Arbeitslos gemeldet 209 45,24 %<br />

Gesamt 462 100 %<br />

45 %<br />

ERWERBSSITUATION<br />

34 %<br />

1 % 20 %<br />

abhängig Erwerbstätig<br />

anderweitig nicht erwerbstätig<br />

arbeitslos (nicht gemeldet/ nicht aktiv suchend)<br />

Arbeitslos gemeldet<br />

Die Anzahl der arbeitslosen Ratsuchenden<br />

machte 45,24 % der im Jahr <strong>2020</strong> Betreuten<br />

aus. D. h., dass fast 1jeder zweite!<br />

Ratsuchende zum Zeitpunkt der<br />

Kontaktaufnahme ohne Arbeit war. Ursachen<br />

sind das niedrige Transfereinkommen,<br />

welches Arbeitslosen zur Verfügung steht,<br />

und die Einkommensreduzierung, die durch<br />

den Eintritt der Arbeitslosigkeit verursacht<br />

wird.<br />

Diese große Anzahl verdeutlicht den engen<br />

Zusammenhang von Arbeitslosigkeit und<br />

Überschuldung.<br />

Für diese Gruppe bedeutet es eine besondere<br />

Härte, Ratenzahlungen aus ihrem<br />

Existenzminimum zu erbringen, um ihre<br />

Verbindlichkeiten zu tilgen. Eine Entschuldung<br />

ist oftmals nur über den Weg der<br />

Verbraucherinsolvenz möglich.<br />

33,77 % der Ratsuchenden konnten ihren<br />

Lebensunterhalt durch eigenes Einkommen<br />

bestreiten. Anzumerken ist, dass vielfach das<br />

monatliche Nettoeinkommen der Familien nur<br />

knapp über dem Existenzminimum liegt. Oft<br />

liegt die Summe der monatlichen<br />

Belastungen, vor Kontaktaufnahme zur<br />

<strong>Schuldnerberatung</strong>, über der Summe des<br />

Nettoeinkommens. Ein Leben weit unter dem<br />

Existenzminimum wird häufig jahrelang von<br />

den Betroffenen aufrechterhalten.<br />

20<br />

1


8.5.7 Höhe der Gesamtverschuldung<br />

Die Höhe der gesamten Forderungen, die in <strong>2020</strong> geltend gemacht wurden, beläuft sich im<br />

Durchschnitt auf 33.713,66 €. Bei 462 Klienten ergibt sich eine Gesamtschuldensumme von rd.<br />

15.575.406,00€. Wobei die Dramatik der Überschuldungssituation erst deutlich wird, wenn die<br />

Forderungen in ein Verhältnis zu den Einkommen gesetzt werden.<br />

8.5.8 Auslöser der Verschuldung<br />

34,43 % der Betroffenen der Caritas Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle gaben als<br />

Verschuldungsgrund ihre Arbeitslosigkeit und den damit verbundenen Rückgang der finanziellen<br />

Leistungsfähigkeit an. Als weiteren Verschuldungsgrund gaben die Betroffenen unserer<br />

Beratungsstelle in 12,06 % der Fälle Trennung/Scheidung oder Tod des Partners an.<br />

Einkommenseinbußen durch Krankheit oder einer Suchterkrankung waren in 16,01 % der Fälle der<br />

Grund einer Kontaktaufnahme zu unserer Beratungsstelle.<br />

Diese Daten basieren auf den Angaben der Schuldner, die evtl. nicht immer objektiven Maßstäben<br />

entsprechen.<br />

8.5.9 Girokonten / Pfändungsschutzkonten<br />

In unserem Einzugsgebiet haben wir vorwiegend positive Erfahrungen mit Banken und Sparkassen im<br />

Hinblick auf die Kontoführung unserer Ratsuchenden gemacht. Uns sind keine Fälle bekannt geworden,<br />

in denen zu Unrecht ein Konto verweigert wurde oder es Probleme mit der Führung der sogenannten<br />

Pfändungsschutzkonten gab.<br />

Die Banken und Sparkassen in der Region nehmen Kunden, die ihr Konto wechseln müssen oder keine<br />

Bankverbindung haben, sehr wohlwollend auf. 88,31 % unserer Ratsuchenden verfügten <strong>2020</strong> über ein<br />

eigenes Konto.<br />

Rund 80,52 % unserer Klienten führten im Jahr <strong>2020</strong> ein Pfändungsschutzkonto.<br />

Person verfügt über<br />

Anzahl<br />

Prozent vonallen<br />

Fällen<br />

Eigenes Konto 408 88,31%<br />

davonPfändungsschutzkonto 372 80,52%<br />

kein eigenes Konto 54 11,69%<br />

GesamtanzahlFälle 462 100%<br />

100%<br />

80%<br />

60%<br />

40%<br />

Eigenes Konto<br />

davon Pfändungsschutzkonto<br />

kein eigenes Konto<br />

20%<br />

0%<br />

Prozentvon allen Fällen<br />

21


9. Ausblick 2021<br />

Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre, die dazugehörigen<br />

Überleitungsvorschriften und die durch die Verkürzung ausgelöste extrem große Nachfrage, wird<br />

ein Thema sein, welches uns im Jahr 2021 beschäftigen wird.<br />

Außerdem erwarten wir, dass, durch coronabedingte Überschuldungssituationen, die ohnehin<br />

schon bestehenden Wartezeiten sich erheblich verlängern werden.<br />

Teilweise entgegenwirken kann da eventuell die Möglichkeit, durch Inanspruchnahme von digitalen<br />

Medien, Arbeitsabläufe zu verkürzen oder zu vereinfachen.<br />

Die Umsetzung und Einführung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) wird daher für das Jahr 2021<br />

Thema für unsere Beratungsstelle sein.<br />

Das OZG verpflichtet Bund, Länder und Kommunen, sämtliche Verwaltungsleistungen bis Ende<br />

2022 digital zugänglich zu machen. Das Land treibt die Digitalisierung der Verwaltung über die<br />

Projekte der „OZG-Modellkommunen“ weiter voran.<br />

Wir führen derzeit Gespräche und bekunden unser Interesse, als Pilotberatungsstelle maßgeblich<br />

an der Umsetzung des Digitalierierungsvorhabens für die <strong>Schuldnerberatung</strong>sstellen mitzuwirken.<br />

gez.<br />

Viola Herbel<br />

gez.<br />

Heike Schlagner

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