30.05.2020 Aufrufe

Corinna Antelmann | Spargel in Afrika

Spargel in Afrika ist eine leise, persönliche Erzählung zwischen Melancholie und Ironie, ein Monolog, der sich als Dialog verkleidet, als wortreiche und zugleich sprachlose Auseinandersetzung eines fürsorglichen Sohnes mit seinem lebensmüden, 90-jährigem Vater, der im Krankenhaus liegt und sterben wird. Der Sohn spürt, dass auch er älter wird und in der Generationenfolge den Platz seines Vaters einnehmen wird. Während dieser womöglich letzten Begegnung berühren beide das Thema des Nährens und Genährt-Werdens als universellem Bedürfnis des Menschen. Gemeinsame Essens-Erinnerungen helfen ihnen, eine Übereinstimmung zu finden, dort, wo es unmöglich geworden zu sein scheint, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu verbalisieren. »Was fehlt dir, Vater?«, frage ich ihn und gebe mir die Antwort selbst: Nichts, natürlich; du hast alles, was du brauchst.

Spargel in Afrika ist eine leise, persönliche Erzählung zwischen Melancholie und Ironie, ein Monolog, der sich als Dialog verkleidet, als wortreiche und zugleich sprachlose Auseinandersetzung eines fürsorglichen Sohnes mit seinem lebensmüden, 90-jährigem Vater, der im Krankenhaus liegt und sterben wird. Der Sohn spürt, dass auch er älter wird und in der Generationenfolge den Platz seines Vaters einnehmen wird. Während dieser womöglich letzten Begegnung berühren beide das Thema des Nährens und Genährt-Werdens als universellem Bedürfnis des Menschen. Gemeinsame Essens-Erinnerungen helfen ihnen, eine Übereinstimmung zu finden, dort, wo es unmöglich geworden zu sein scheint, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu verbalisieren.

»Was fehlt dir, Vater?«, frage ich ihn und gebe mir die Antwort selbst: Nichts, natürlich; du hast alles, was du brauchst.

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≥ 10<br />

<strong>in</strong> Westfalen üblich gewesen war. Von Sauce Hollandaise<br />

hatte er sich, solange er <strong>in</strong> <strong>Afrika</strong> zu tun hatte,<br />

ohneh<strong>in</strong> schweren Herzens verabschiedet, denn<br />

der Versuch, dem Koch zu erklären, wie das gehen<br />

könnte, wäre von Anfang an zum Scheitern verurteilt<br />

gewesen.<br />

So dachte er wohl.<br />

Ich weiß nicht, warum ich ausgerechnet an <strong>Spargel</strong><br />

denke, während der Fahrstuhl sich dem zweiundzwanzigsten<br />

Stock nähert.<br />

Die <strong>Spargel</strong>zeit ist längst vorbei.<br />

Die Zeit <strong>in</strong> <strong>Afrika</strong> ebenfalls.<br />

Das Altersheim liegt direkt am Rhe<strong>in</strong>. Auch Vaters<br />

kle<strong>in</strong>e Wohnung schaut auf den Fluss, weil sie so<br />

weit oben liegt. Diesen Blick wünschte er sich immer<br />

und ist be<strong>in</strong>ahe stolz darauf. Nun wohnt er dort, wo<br />

schon se<strong>in</strong> Vater wohnte, nachdem er zu alt geworden<br />

war, sich selbst zu versorgen.<br />

Du dagegen könntest dich versorgen, konntest es<br />

immer. Aber lieber noch lässt du dich versorgen,<br />

stimmt doch, Vater?<br />

»Vater?«, rufe ich und stoße dabei die Tür zu<br />

se<strong>in</strong>em Zimmer auf, »Vater, ich b<strong>in</strong> gekommen, um<br />

mit dir zu essen. Vater, hörst du mich?«<br />

De<strong>in</strong> Zimmer riecht nach alten Leuten, denk dir<br />

nur, so etwas fällt mir auf, immer fällt mir das auf,<br />

wenn ich hier b<strong>in</strong>. Ich kenne den Geruch; er h<strong>in</strong>g<br />

bereits <strong>in</strong> eurem Haus, das du mit Mutter bewohnt

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