30.05.2020 Aufrufe

Corinna Antelmann | Spargel in Afrika

Spargel in Afrika ist eine leise, persönliche Erzählung zwischen Melancholie und Ironie, ein Monolog, der sich als Dialog verkleidet, als wortreiche und zugleich sprachlose Auseinandersetzung eines fürsorglichen Sohnes mit seinem lebensmüden, 90-jährigem Vater, der im Krankenhaus liegt und sterben wird. Der Sohn spürt, dass auch er älter wird und in der Generationenfolge den Platz seines Vaters einnehmen wird. Während dieser womöglich letzten Begegnung berühren beide das Thema des Nährens und Genährt-Werdens als universellem Bedürfnis des Menschen. Gemeinsame Essens-Erinnerungen helfen ihnen, eine Übereinstimmung zu finden, dort, wo es unmöglich geworden zu sein scheint, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu verbalisieren. »Was fehlt dir, Vater?«, frage ich ihn und gebe mir die Antwort selbst: Nichts, natürlich; du hast alles, was du brauchst.

Spargel in Afrika ist eine leise, persönliche Erzählung zwischen Melancholie und Ironie, ein Monolog, der sich als Dialog verkleidet, als wortreiche und zugleich sprachlose Auseinandersetzung eines fürsorglichen Sohnes mit seinem lebensmüden, 90-jährigem Vater, der im Krankenhaus liegt und sterben wird. Der Sohn spürt, dass auch er älter wird und in der Generationenfolge den Platz seines Vaters einnehmen wird. Während dieser womöglich letzten Begegnung berühren beide das Thema des Nährens und Genährt-Werdens als universellem Bedürfnis des Menschen. Gemeinsame Essens-Erinnerungen helfen ihnen, eine Übereinstimmung zu finden, dort, wo es unmöglich geworden zu sein scheint, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu verbalisieren.

»Was fehlt dir, Vater?«, frage ich ihn und gebe mir die Antwort selbst: Nichts, natürlich; du hast alles, was du brauchst.

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≥ 16<br />

Außer Atem erreichte ich den Empfang, um mich<br />

zu erkundigen, ob es me<strong>in</strong>em Vater vielleicht nicht<br />

gut gehe, aber sie zuckten nur mit den Achseln.<br />

Ne<strong>in</strong>, sagten sie, putzmunter sei er ihnen heute erschienen,<br />

so wie immer. So so, putzmunter also, das<br />

allerd<strong>in</strong>gs ist e<strong>in</strong> Wort, das <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise zu ihm<br />

passt, aber ich wollte die Dame am Empfang nicht<br />

verärgern, also schwieg ich, zudem me<strong>in</strong> Blick auf<br />

den Menüplan fiel, der h<strong>in</strong>ter ihr an der Rezeption<br />

h<strong>in</strong>g und dort waren Pfifferl<strong>in</strong>ge angeführt. An die<br />

Pfifferl<strong>in</strong>ge hatte ich gar nicht mehr gedacht, weil <strong>in</strong><br />

me<strong>in</strong>em Leben so vieles drunter und drüber g<strong>in</strong>g,<br />

seit ich diese Frau kennengelernt hatte.<br />

Schnurstracks lief ich <strong>in</strong> das Restaurant, das<br />

schon damals die besten Pfifferl<strong>in</strong>ge der Welt zubereiten<br />

konnte, se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach, und diese se<strong>in</strong>e<br />

Me<strong>in</strong>ung ist schon immer tonangebend gewesen.<br />

Auch für mich.<br />

Oder was me<strong>in</strong>e ich, de<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach?<br />

Hast du e<strong>in</strong>e eigene Me<strong>in</strong>ung?, fragst du.<br />

Ist das de<strong>in</strong> Ernst, Vater?<br />

Damals saß er an e<strong>in</strong>em Tisch <strong>in</strong> der Ecke, versunken<br />

über den Teller gebeugt.<br />

»Vater«, sagte ich, »hast du vergessen, dass wir<br />

kommen?«, aber er sah nur kurz auf und schüttelte<br />

knapp den Kopf, ärgerlich darüber, wie jemand es<br />

wagen konnte, ihn beim Essen zu unterbrechen.<br />

»Wie kommst du darauf, dass ich das vergessen<br />

haben sollte?«, fragte er. »Ich wollte nur nicht länger<br />

warten, me<strong>in</strong> Appetit war zu groß.«

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