behrens_bio_11_2013_SB
Bericht zur Veröffentlichung der Biografie von Ex-"Trio"-Schlagzeuger Peter Behrens, erschienen im Heimatblatt vom 3. November 2013
Bericht zur Veröffentlichung der Biografie von Ex-"Trio"-Schlagzeuger Peter Behrens, erschienen im Heimatblatt vom 3. November 2013
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Im Gespräch
SBA / Sonntag, 3. November 2013 46
Clown mit
Trommel
In seiner Autobiografie „Der Clown mit der
Trommel“ erzählt Peter Behrens aus der Zeit vor,
mit und nach „Trio“. Nach Drogen und Knast ist
der Musiker seit vielen Jahren nahezu abgebrannt
und lebt heute von einer schmalen Rente.
Von WERNER JÜRGENS
Sein reduziertes Schlagzeugspiel
prägte maßgeblich
den Sound der durch Hits
wie „Da da da“ oder „Herz ist
Trumpf“ bekannt gewordenen
Gruppe „Trio“. Ein Minimalist
ist Peter Behrens nach wie
vor. Bloß auf einer ganz anderen
Ebene. Inzwischen muss
der gebürtige Friesländer mit
einer mageren Rente von
knapp über 400 Euro im Monat
auskommen. Nachdem
sich die Medien sporadisch
immer mal wieder mit dem
Abstieg des Musikers beschäftigt
haben, meldet der sich
nun selber zu Wort. In diesem
Monat erscheint eine Autobiografie,
die Peter Behrens
gemeinsam mit Co-Autor
Klaus Marschall verfasst hat.
Darin gibt „Der Clown mit der
Trommel“ - so der Titel des
Buches - ausführliche Einblicke
in sein bewegtes Künstlerleben.
Peter Behrens wird 1947 im
friesischen Sanderbusch als
uneheliches Kind eines amerikanischen
Soldaten und einer
Deutschen geboren. Als der
Vater sich aus dem Staub
macht, kann die Mutter den
Sprössling nicht mehr versorgen
und gibt ihn zur Adoption
frei. So gelangt Peter nach Varel.
Sein neuer Vater arbeitet
als Beamter bei der Bahn, was
nach außen hin geordnete
Verhältnisse suggeriert. Einzelkind
Peter empfindet seine
Adoptiveltern indes als distanziert
und gefühlskalt. „Ich
denke, das ist ein Grund,
warum ich mich schwer damit
tue, Beziehungen einzugehen“,
sagt Behrens heute. Abgesehen
davon sind handfeste
Züchtigungen an der Tagesordnung.
Aber das ist nicht
der Grund, warum der kleine
Peter irgendwann beschließt,
zurückzuschlagen. „Bereits bei
der Zusammenstellung des
Schulchores hatte man festgestellt,
dass ich nicht singen
konnte und mir alternativ die
Trommel als Einsatzgebiet zugewiesen“,
erzählt er in seinem
Buch. „Diese ursprünglich
willkürliche Entscheidung,
der ich mich emotionslos
gefügt hatte, entpuppte
sich als genau zu meinem Naturell
passend.“ Die Leidenschaft
für das Schlagzeug
überdauert die Schul- und
Ausbildungszeit. Ein Lehramtsstudium
bricht Behrens
vorzeitig ab. Er will als professioneller
„Tanzmucker“ sein
Glück probieren. Ausgestattet
mit einem autodidaktisch erlernten
Repertoire, das bald
vom traditionellen Swing über
die „Schützenliesl“ bis hin zu
„Satisfaction“ reicht, ergattert
er sogar ein längeres Gastspiel
in einem Nobelhotel an der
afrikanischen Elfenbeinküste.
Zeitungsanzeige
Zurück in Deutschland steigt
Behrens Anfang der 1970er
Jahre bei der Vareler
Krautrock-Formation „Silberbart“
ein. Ein eindrucksvolles
Dokument aus dieser Zeit ist
eine Langspielplatte, die von
Kritikern hoch gelobt wird,
jedoch keinen nennenswerten
kommerziellen Erfolg abwirft.
Der Schlagzeuger sieht sich
daraufhin gezwungen, erneut
im Tanzbandgeschäft anzuheuern.
Als ihn das nicht
mehr ausfüllt, sucht er nach
einem alternativen Standbein
und absolviert Ende der
1970er Jahre an einer Mailänder
Artistenschule eine Ausbildung
zum Profi-Clown. Den
Plan, von jetzt an Zirkusluft zu
schnuppern, durchkreuzt eine
Anzeige in der Zeitschrift
„Musikexpress“. Die Adresse
lautet: Regenter Straße 10a in
2907 Großenkneten 2. Peter
Behrens bewirbt sich und
kriegt den Job. Gitarrist Gert
„Kralle“ Krawinkel und Sänger
Stephan Remmler feilen
gerade an einem Band-Projekt,
das einstweilen unter dem
Namen „Wind“ firmiert. Dank
potenter Geldgeber und einer
Erbschaft im Rücken sind sie
finanziell unabhängig und
können ihrer Kreativität freien
Lauf lassen.
Spannungsfeld
Im Keller ihres Hauses haben
sie ein Tonstudio eingerichtet,
wo zunächst ein ständiges
Kommen und Gehen herrschen.
Am Ende entpuppt sich
die Dreierkonstellation als
Ideallösung. Das Schlagzeug
wird gleich auf das Nötigste
reduziert. Lediglich Basstrommel,
Snare und Hi-Hat bleiben.
„Zu dritt mit abgespeckter
Ausstattung klangen die
Aufnahmebänder derart interessant,
knackig, auf den Punkt
gebracht, ergiebig und neu,
dass Stephan, Kralle und ich
der Meinung waren, unseren
Stil gefunden zu haben“, erinnert
sich der Drummer. Während
Krawinkel sich an der
progressiven Rock- und Punk-
Musik orientiert, pflegt
Remmler ein Faible für Schlager.
Innerhalb dieses Spannungsfeldes
erweist sich Peter
Behrens mit seiner zurückhaltenden,
jedoch stets
präzisen Rhythmusgebung
als optimales Bindeglied.
Auch zum äußeren Erscheinungsbild
der Gruppe
leistet der Schlagzeuger mit
seiner von der klassischen
italienischen Comedia
dell'arte inspirierten Figur
des traurigen
Clowns einen wichtigen
Beitrag. Last but
not least kriegt das
Kind einen neuen
Namen verpasst
und nennt sich
fortan „Trio“.
In Clubs geht
es los
Live tritt das
Terzett die erste
Zeit vor allem in
Clubs in seiner
unmittelbaren
Umgebung auf.
Remmler und Krawinkel
verfügen
durch ihre vormaligen
Bands über eine
Fan-Basis in Bremen,
Nordenham,
Bremerhaven und
Hamburg. Peter Behrens hat
gute Kontakte nach Wilhelmshaven,
Friesland und
Ostfriesland. Denn dort war er
regelmäßig mit seinen Tanzcombos
unterwegs. Das Publikum
weiß anfangs nicht so
genau, was es von den drei
schrägen Vögeln halten soll.
Den Plattenfirmen geht es
ähnlich. Nach 23 Absagen
beißt aber doch eine an. 1981
erhält „Trio“ einen Vertrag bei
der Hamburger Phonogram.
Das Songmaterial wird in einem
professionellen Studio in
Husum neu eingespielt. Als
Produzent fungiert „Beatles“-
Intimus Klaus Voormann,
bekannt als Schöpfer des berühmten
„Revolver“ LP-Covers
und überaus geschätzt für seine
Fertigkeiten am Bass, was
durchaus kurios anmutet, da
„Trio“ die Position des Bassisten
ebenfalls längst aufgelöst
hat. Nach Fertigstellung der LP
begibt man sich in ein Züricher
Studio, um ein weiteres
Lied aufzunehmen. Das auf
einem monotonen Beat eines
Spielzeug-Keyboards basierende
„Da da da“ erscheint im
Februar 1982 und mausert sich
in Windeseile zum Mega-Hit,
der nicht nur in der Heimat
für Furore sorgt. In Österreich
und in der Schweiz landet der
Titel auf Platz eins der Charts.
In Deutschland und in Großbritannien
schafft er immerhin
Rang zwei. Eine englische
Version, die in 30 Ländern
veröffentlicht wird, erreicht
unter anderem in Brasilien
und Kanada Platinstatus.
Hohe Summen
„Es fanden nun Geldbeträge in
einer Höhe Eingang, die mir
völlig fremd waren“, konstatiert
Behrens in seinem Buch.
„Irgendwann im ersten Halbjahr
1982 blickte ich nach der
Überweisung der ersten üppiger
ausgefallenen Honorarrate
auf den Auszug und glaubte
auf den ersten Blick, dass einer
der Bankangestellten aus Versehen
auf der Habenseite die
Kontonummer eingetragen
hatte. Ich kannte es nicht,
derart viel Geld zu besitzen.“
Weniger schwer tut Behrens
sich damit, den unverhofften
Geldsegen wieder loszuwerden.
Er nimmt nämlich Drogen
und das nicht zu knapp.
Dabei hat der ehemalige Leistungsschwimmer
nach eigenem
Bekunden bis zu seinem
25. Lebensjahr weder geraucht
noch Alkohol getrunken. Zumindest
nicht regelmäßig.
Weil er sich dadurch in
„Muckerkreisen“ zunehmend
in eine Außenseiterrolle gedrängt
fühlt, wird er irgendwann
doch schwach und findet
nebenbei auch Gefallen an
Haschisch. Später gesellen sich
Kokain und Heroin hinzu. Solange
„Trio“ auf der Erfolgswelle
schwimmt, lässt sich der
rauschende Lebenswandel relativ
problemlos finanzieren.
Nach der zweiten Langspielplatte
„Bye Bye“, die 1983 erscheint
und drei Top-10-
Singles abwirft, geht es aber
kontinuierlich bergab. Das
von Bernd Eichinger realisierte
fünf Millionen DM teure
Filmprojekt „Drei gegen Drei“
entwickelt sich an den Kinokassen
zum Totalflop. Peter
Behrens hat Glück, dass er
überhaupt an den Dreharbeiten
teilnehmen darf. Binnen
zwölf Monaten ist er drei Mal
mit zu viel Promille am Steuer
erwischt und daraufhin zu einer
Haftstrafe verdonnert
worden. Der Richter zeigt sich
halbwegs gnädig und schickt
den Übeltäter in den offenen
Vollzug. Die bereits fest gebuchten
Studiotermine für die
Aufnahmen zur dritten „Trio“-
LP „Whats the Password“
kann der Schlagzeuger nicht
wahrnehmen. Als Ersatz wird
Curt Cress engagiert. Es bringt
nicht wirklich viel. Die Platte
wird ebenfalls ein Flop.
Letzter Auftritt
Am 19. März 1986 absolviert
„Trio“ den letzten Fernsehauftritt.
Im Oktober veröffentlicht
Stephan Remmler
sein Soloalbum mit den Hits
„Keine Sterne in Athen“ und
„Alles hat eine Ende nur die
Wurst hat zwei“. Bis 2006 folgen
sechs weitere Alben, von
denen sich lediglich das zweite
in den Charts platzieren kann.
Das einzige Solo-Album und
die beiden Singles von Krawinkel
aus dessen Post-Trio“-
Ära bleiben hingegen weitgehend
unbeachtet. Gleiches gilt
für Peter Behrens. Weder sein
musikalischer Beitrag zur Fußballeuropameisterschaft
von
1988 („Das Tor“) noch eine
Cover-Version vom DNA-
Remix von Suzanne Vegas
„Tom’s Diner“ („Dep De Dö
Dep“ 1990) hinterlassen einen
nachhaltigen Eindruck. Anschließend
ist der ehemalige
„Trio“-Schlagzeuger in einer
Nebenrolle in dem Film
„Manta, Manta“ zu sehen, tritt
als Clown beim „Circus Roncalli“
auf und macht sporadisch
bei verschiedenen
Bandprojekten mit. Vernünftig
Geld bringen ihm solche
und andere Nebenjobs nicht.
Das Polster aus der „Trio“-Ära
ist längst aufgebraucht.
Streetworker Behrens
Im Gegensatz zu Remmler und
Krawinkel, die als Texter und
Komponisten für die in Funk,
Fernsehen und Werbespots
nach wie vor regelmäßig gespielten
alten Hits fleißig Tantiemen
kassieren, sieht Behrens
davon praktisch nichts.
Irgendwann kann er nicht
einmal mehr die Straßenbahn
bezahlen und gerät 1998 wegen
wiederholten Schwarzfahrens
erneut vor Gericht.
Die Strafe darf er im Sozialdienst
in Wilhelmshaven abarbeiten,
was ihm eine ABM-
Stelle als Streetworker beschert.
Nach insgesamt vier
Jahren ist es auch mit der Sozialarbeit
vorbei. Zumindest
hat Behrens in Wilhelmshaven
über dem Szene-Lokal
„Kling Klang“ eine feste Bleibe
gefunden. „Seitdem sitze ich
in der Stadt am Jadebusen,
habe meinen überschaubaren
Freundes- und Bekanntenkreis,
sorge unter Einsatz meiner
Leber dafür, dass obergäriges
Hopfengebräu seine Existenzberechtigung
behält, die
Zigarettenindustrie ein wichtiger
Wirtschaftsmotor bleibt
und das Personal der Pinte
kaum einen Tag über meine
Abwesenheit klagen muss“,
fasst der Ex-„Trio“-
Schlagzeuger seinen momentanen
regulären Tagesablauf
zusammen. „Genau genommen
muss ich meiner hartnäckigen
Mittellosigkeit dankbar
sein, denn wäre ich in der
Vergangenheit finanziell flüssiger
gewesen, hätte sich das
Rad meines Drogenlebens unverändert
rasant gedreht. So
aber bremste die erdrutschartig
abnehmende Kohle die
Geschwindigkeit“, wenngleich
nicht verschwiegen werden
sollte, dass Behrens infolge
seines „unstetigen Lebenswandels“
2005 einen Augeninfarkt
erlitten hat. Darüber
hinaus ist er mittlerweile
Vater von zwei Kindern, zu
denen er aber allenfalls losen
Kontakt hat.
Einer Wiedervereinigung
von „Trio“ steht der ehemalige
Schlagmann absolut offen gegenüber.
„An mir soll das
nicht scheitern“, betont Behrens
immer wieder. Anläufe
dazu inklusive neuem Songmaterial
hat es in der Vergangenheit
bereits gegeben. Wegen
unüberbrückbarer künstlerischer
Differenzen zwischen
Krawinkel und Remmler, die
heute zurückgezogen in Andalusien
bzw. auf Lanzarote
leben, hat sich daraus jedoch
nichts Konkretes ergeben.
Die Autobiografie
Die Autobiografie von Peter
Behrens „Der Clown mit der
Trommel – Meine Jahre mit
TRIO – aber nicht nur“ hat
die ISBN-Nummer
978-3862652822 und erscheint
im November im
Schwarzkopf & Schwarzkopf
Verlag. Die Hardcover-
Ausgabe umfasst 280 Seiten
plus 16 Seiten mit farbigen
Fotos und kostet 19,95 Euro.