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Mittelstandsmagazin 03-2020

Interview mit VDA-Präsidentin Hildegard Müller: "Ich beobachte eine große Entfremdung zwischen Politik und Wirtschaft" | Steht der Werkvertrag vor dem Aus? | Warum kauft die EZB Staatsanleihen? | Pro und Contra: Sollte europäisches Recht immer Vorrang von nationalem Recht haben?

Interview mit VDA-Präsidentin Hildegard Müller: "Ich beobachte eine große Entfremdung zwischen Politik und Wirtschaft" | Steht der Werkvertrag vor dem Aus? | Warum kauft die EZB Staatsanleihen? | Pro und Contra: Sollte europäisches Recht immer Vorrang von nationalem Recht haben?

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MIT:INTERVIEW

„Pauschale Vorwürfe gegen unsere

Industrie treffen viele Unternehmen, die

regional verantwortungsvolle und

innovative Arbeitgeber sind, völlig zu

Unrecht. “

Hildegard Müller (52) ist seit Februar Präsidentin

des Verbandes der Automobilindustrie

(VDA) und vertritt damit die Interessen der

umsatzstärksten Branche Deutschlands. Sie

war von 1998 bis 2002 Bundesvorsitzende

der Jungen Union und engagierte sich einige

Jahre als stellvertretende Landesvorsitzende

der MIT Nordrhein-Westfalen und im MIT-

Bundesvorstand. Die Diplom-Kauffrau arbeitete

zunächst als Abteilungsdirektorin der

Dresdner Bank und zog 2002 in den Deutschen

Bundestag ein. Von 2005 bis 2008

war sie Staatsministerin im Bundeskanzleramt.

Anschließend wechselte sie als Hauptgeschäftsführerin

zum Bundesverband der

Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Von

Mai 2016 bis Oktober 2019 war sie Netzvorstand

des Energieversorgers Innogy.

führt, und nicht aus der Sicht der

Menschen in ländlichen Regionen.

Warum bietet die Autoindustrie

selbst nicht mehr klimafreundliche

Alternativen an?

Der moderne, saubere und effiziente

Diesel Euro-6d ist ein großer Beitrag

zum Klimaschutz und zur Reduktion

von Stickoxidemissionen. Hier gibt es

große Erfolge, die auch das Umweltbundesamt

anerkennen muss. Das ist

bislang in der Diskussion viel zu kurz

gekommen. Diese Punkte wollen wir

noch stärker kommunizieren, denn

Aufklärungsarbeit ist notwendig. Stereotype

helfen uns nicht weiter, und

Kritiker des Diesels sollten einen Faktencheck

vornehmen. Ich habe mir

fest vorgenommen, hier offensiver zu

werden.

Wie sieht denn der Verkehr der Zukunft

aus? Wird es in zehn, 20 Jahren

überhaupt noch Individualverkehr

geben wie heute?

Ich glaube, dass Verkehr sich dramatisch

verändern wird, aber Individualverkehr

auch in Zukunft eine große

Rolle spielt. Zehn, 20 Jahre sind für

Infrastrukturentwicklungen verhältnismäßig

kurze Zeiträume. Natürlich

müssen wir uns die Frage stellen, wie

die Überlastung des Verkehrs in großen

Städten verhindert werden kann.

Einfache Verbote helfen dabei aber

nicht. Ebenso wenig können kurzfristig

eingerichtete Fahrradwege auf der

Straße das Problem lösen, weil der objektiv

vorhandene Mobilitätsbedarf

der Menschen auf diese Weise nicht

gedeckt werden kann. Das mag im

Sommer für Fahrradfahrer schön sein,

für Pendler ist es keine Lösung, son-

dern erschwert die notwendige Mobilität

unnötig. Wir brauchen einen

verkehrsträgerübergreifenden Ansatz,

eine ganzheitliche Diskussion.

Wenn gleichzeitig Planungs- und Genehmigungsverfahren

schneller werden,

hilft das bei der schnelleren Umsetzung.

Bei mancher politischen Diskussion

habe ich den Eindruck, dass Mobilität

der Zukunft nur in Berlin im Prenzlauer

Berg stattfindet. Dabei reicht ein

Blick ins Umland, um zu erkennen,

dass öffentlicher Personennahverkehr

bei weitem nicht flächendeckend vorhanden

ist. Ich möchte im Übrigen

nicht in einer Gesellschaft leben, in

der es bei der Mobilitätswahl keine

freie Konsumentenentscheidung mehr

gibt. Wer gerne sein Auto nutzt, soll

dies auch in Zukunft können.

Jetzt kommen wir zu unseren traditionellen

Ja-Nein-Fragen. Sie haben

einen Joker. Wird die deutsche

Autoindustrie in fünf Jahren besser

dastehen als vor der Corona-Krise?

Ja.

Wird es in zehn Jahren mehr CO2-

neutrale Antriebe auf Deutschlands

Straßen geben als Diesel und

Benziner?

Nein.

Werden Sie als VDA-Präsidentin

noch das selbstfahrende Auto in

Serienproduktion erleben?

Ja.

Können Sie sich zumindest

theoretisch vorstellen, wieder in

die Politik zu gehen?

Hier ziehe ich den Joker, ich weiß, zu

was solche Diskussionen führen.

Und dann noch eine Satzvervollständigung:

„Mein absolutes

Traumauto … “

… war mein erstes Auto. Ein von meinen

Eltern geschenkter Wartburg Deluxe

mit Katalysator in meinen Studentenzeiten.

Der hat in Düsseldorf

schon ziemliches Aufsehen erregt.

mittelstandsmagazin 03|20 25

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