K<strong>IN</strong>O TIPP DES MONATS Ü ber den Amerikanischen Traum legt sich bleischwer die Depres sion. Suburbia, das Idyll vom eigenen Haus mit Garten und Gattin, zwei Autos und zwei Kindern, ist längst nicht mehr das tröstende Rückzugsgebiet aus dem täglichen Ratrace der Leistungsgesellschaft. Die Vorstadt-Neurose hat nicht nur die „Desperate Housewives“ auf dem Bildschirm erfasst, auch auf der Leinwand frisst sich der Frust in die Keimzelle des Guten Amerika. David Lynchs „Blue Velvet“ lüftete einst die finsteren Abgründe hinter dem Vorgarten-Reich, Ang Lees „Ice Storm“ versetzte die Eigenheimwelt in Schockstarre und Sam Mendes’ „American Beauty“ enttarnte die heile Welt als Massenpsychose. „Schau genau hin!“, lautete die Devise, und schon offenbarte sich ein repressives System wie bei der Mafia: Wer aussteigen will, muss sterben. Spike Jonzes „Being John Malkovich“ bot einen halbwegs sicheren Ausweg: eine Fluchttür im 7 ½. Stock führt direkt in die Groteske. Der Wahnsinn bekam Methode: in „Falling Down“ mutiert Michael Douglas vom Biedermann im Business-Suit zum Brandstifter mit Rambo-Attitüde. Adam Sandler konnte seine Wut in „Punch Drunk Love“ nur noch im Absurden kontrollieren und David O’Russells „I Heart Huckabees“ bringt noch mehr Chaos in die einst wohlgefügte Welt der Normalität. Vielleicht hat alles schon viel früher angefangen: als „Und ewig grüßt das Murmeltier“ das Raum-Zeit-Kontinuum außer Kraft gesetzt hat. Den vorläufigen Endpunkt der Entwicklung markiert jedenfalls „Der Biber“. Das Plüschtier steigt aus der Mülltonne zum Retter des todgeweihten Helden auf. Eine rasante Karriere als Handpuppe wird zum Garanten einer wundersamen Sprech-<strong>The</strong>rapie, eines durchschlagenden Comebacks und zur handfesten Obsession. Kaum riecht das Ganze nach Happy Ending mit liebenswürdiger Schrulle, schlägt das Alter Ego blutig zurück. Es kommt, wie es kommen musste: Walter Black hält dem Druck nicht mehr stand. Der Manager einer Spielwarenfabrik versinkt in einer Depression, die auch seine Familie zunehmend belastet. Als ihn seine Frau Meredith (Jodie Foster auch vor der Kamera) schließlich rausschmeißt, will sich Walter umbringen, aber selbst das misslingt kläglich. Vor einem erneuten Versuch bewahrt ihn plötzlich ein Plüschtier. In Walters Hand erwacht der Biber zu energischen Qualitäten – die verlorene Seele kehrt zurück. Walter lässt den Biber für sich sprechen (Mel Gibson verwendet 52 | HE<strong>IN</strong>Z | 05.2011 Suburbia auf der Couch Zerstörtes Familienglück Zwölf Jahre nach „American Beauty“ steht es wieder einmal schlecht um das Glück in der Vorstadt. Per Handpuppe bauchredet sich Mel Gibson als der gepeinigte Mittelklasse-Mann Walter Black das Leid der Entfremdung von der beschwerten Seele. Jodie Fosters Regiearbeit „Der Biber“ ist der tragi-groteske Hoffnungsschimmer einer trügerischen Selbstfindung nach dem Motto „Täglich murmelt das Nagetier“. hierfür im Original seinen australischen Dialekt). Das irritiert seine Umwelt ebenso sehr, wie seine Verwandlung sie fasziniert. Walter kümmert sich um Gattin und Kinder und nimmt seinen Posten in der Firma wieder auf. Seine neue Produktidee heißt – der Biber. Die Revolution des Spielzeugmarktes ist ein Holzklotz, aus dem sich die Kinder ein Bibergesicht heraus schnitzen können, das Ding wird ein Verkaufshit – Walter is back! Doch der Biber-Geist, den er rief, will nicht mehr gehen. In der Garage, dem Entscheidungsplatz auch von „American Dream“, kommt es zum Showdown. philipp koep ❚ DER BIBER (<strong>The</strong> Beaver) USA 2011, 90 Min.; Regie: Jodie Foster; mit: Mel Gibson, Jodie Foster, Anton Yelchin, Riley Thomas Stewart, Jennifer Lawrence; Start: 19.5. Ein feiner Kerl mit Schwächen Mel Gibson scheint die perfekte Besetzung für den kriselnden Jedermann Walter Black zu sein. Die privaten Skandale des Oscar-Preisträgers liegen schillernd über seiner überaus glaubwürdigen Darbietung und verzögerten den Start von „Der Biber“ mehrfach. Der 1956 in New York geborene Amerikaner wuchs in Australien auf, nachdem sein Vater mit dem Gewinn aus einer TV-Quiz-Sendung auswanderte. Sein Kinodebüt gab Mel Columcille Gerard Gibson 1977 in dem Psychiatrie-Drama „Ich hab dir nie einen Rosengarten versprochen“, dann spielte er ab 1979 die Titelrolle in „Mad Max“ mit zwei Sequels. In Peter Weirs „Ein Jahr in der Hölle“ (1982) etablierte er sich auch als ernsthafter Darsteller. Doch dem Action-Kino blieb er mit der „Lethal-Weapon“-Trilogie, seinem Regie-Erfolg „Braveheart“ und Filmen wie „Kopfgeld“ oder „Der Patriot“ treu. Die reaktionären Botschaften solcher Streifen untermauerte Gibson mit Bekenntnissen zum Waffenbesitz und Schießunterricht für seine mittlerweile acht Kinder. Für heftige Kontroversen sorgte auch seine blutrünstige Jesus-Verfilmung „Die Passion Christi“ (2003), die jedoch kommerziell sehr erfolgreich wurde. Privat ging es zuletzt weniger gut. Nach 28 Jahren Ehe reichte seine Frau vor 2009 die Scheidung ein, Mels neue Flamme, das Popsternchen Oksana Grigoriewa, war schwanger von ihm. Doch auch von ihr ist Mel Gibson schon wieder getrennt. Seine Alkoholsucht sorgte in letzter Zeit für peinliche Eklats: antisemitische Pöbeleien, Trunkenheit am Steuer, Prügelszenen daheim. In Hollywood rümpft man längst die Nase über ihn, doch kürzlich stärkte ihm Jodie Foster den Rücken: Er habe seine Schwächen, aber sei ein feiner Kerl. Kein Wunder, immerhin, verzögerten seine Eskapaden die Herausbringung ihres gemeinsamen Films. Obwohl in Hollywoods Skandalriege mit Charlie Sheen und Russell Crowe bestens etabliert, gehört Gibson zu den erfolgreichsten Produzenten und wird auf ein Vermögen von 1 Milliarde Dollar geschätzt. _bdeow52_Kino.indd 10 19.04.2011 11:28:57
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