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Nr. 76 - Herbst 2020

Strassburg: das Geheimnis des fehlenden Münsterturms Bretagne: eine Reise zu Pflanzen aus aller Welt Burgund: Kirschen, das rote Gold Garten: Domaine de Chaumont-sur-Loire Paris: auf den Spuren von Eugène Delacroix Rezept: Mont-blanc (dessert)

Strassburg: das Geheimnis des fehlenden Münsterturms
Bretagne: eine Reise zu Pflanzen aus aller Welt
Burgund: Kirschen, das rote Gold
Garten: Domaine de Chaumont-sur-Loire
Paris: auf den Spuren von Eugène Delacroix
Rezept: Mont-blanc (dessert)

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DAS UNABHÄNGIGE FRANKREICH-MAGAZIN <strong>Nr</strong>. <strong>76</strong> · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

ELSASS · BURGUND · BRETAGNE · LOIRETAL · PARIS · BELLE-ÎLE-EN-MER · PROVENCE<br />

Straßburg<br />

Das Geheimnis<br />

des fehlenden Münsterturms<br />

Bretagne<br />

Eine Reise zu Pflanzen<br />

aus aller Welt<br />

Burgund<br />

Kirschen, das rote Gold<br />

einer Region<br />

Loiretal<br />

Die positive Dynamik der Gärten<br />

in Chaumont-sur-Loire<br />

Saint-Germain-des-Prés<br />

Auf den Spuren von Eugène Delacroix<br />

im Herzen von Paris<br />

Gesellschaft Wo ist eigentlich das gute französische Brot geblieben?<br />

Tyll Peters Ein junger Deutscher erhält Preis von Charlie Hebdo<br />

Am Tag als … die Kinder aus dem Bagno auf Belle-Île flüchten<br />

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EDITORIAL<br />

Liebe<br />

Leserin,<br />

lieber Leser,<br />

es ist offensichtlich, dass der Sommer in<br />

diesem Jahr auf sich warten ließ. Treu<br />

wie immer hat er dann plötzlich doch<br />

noch Einzug gehalten. Eher vorsichtig.<br />

Auch wir haben uns Zeit gelassen, als müssten wir uns<br />

nach einem Frühjahr mit Ausgangsbeschränkungen und<br />

unzähligen, weltweit vorherrschenden Ängsten erst<br />

wieder mit dem Sommer vertraut machen. Doch<br />

allmählich haben wir Geschmack an ihm<br />

gefunden – und vor allem auch an unserer<br />

wiedergewonnenen Bewegungsfreiheit. Eine<br />

Freiheit, mit der wir zwar noch vorsichtig<br />

umgehen, die aber dennoch da ist. Endlich<br />

konnten wir wieder unsere Familienangehörigen<br />

besuchen, die uns gefehlt haben.<br />

Uns mit Freunden treffen und dabei<br />

feststellen, dass wir alle dieselben Unsicherheiten<br />

verspüren, dass uns dies<br />

aber zu verbinden scheint. Vielleicht<br />

der Beginn einer neuen Solidarität?<br />

Innerhalb der Redaktion haben<br />

wir in der letzten Zeit mehr<br />

denn je die Notwendigkeit nach<br />

Kontakten verspürt. Das Bedürfnis,<br />

Menschen zu treffen, die wir<br />

schon seit Langem treffen wollten. Es<br />

war eine Notwendigkeit für uns, wieder<br />

unsere Notizbücher und Fotoapparate zu<br />

nehmen, durch das Land zu reisen und die<br />

Menschen in den Vordergrund zu stellen.<br />

Genau das haben wir für diese Ausgabe<br />

gemacht. Sie werden feststellen, dass die<br />

grundlegende und unentbehrliche Basis<br />

des Journalismus,<br />

nämlich das<br />

Interview, noch mehr<br />

Raum einnimmt, als üblich.<br />

Auf den folgenden Seiten lesen Sie daher die<br />

leidenschaftlichen Äußerungen einer Frau – deren<br />

Werdegang zudem eng mit Deutschland verknüpft ist –,<br />

die eine international bekannte Domaine und ein Gartenfestival<br />

leitet; die Worte eines mutigen, traditionell<br />

arbeitenden Bäckers, wie man ihn in Frankreich nur<br />

noch selten findet; die Ausführungen eines Weinspezialisten,<br />

der die biodynamische Bewirtschaftung in<br />

der Provence ambitioniert umsetzt; und die sehr<br />

präzisen und ungewöhnlich reifen Aussagen<br />

eines talentierten jungen deutschen Zeichners,<br />

der gerade mit dem Preis von Charlie Hebdo<br />

ausgezeichnet wurde. All diese Persönlichkeiten<br />

repräsentieren in unseren Augen<br />

Frankreich und die deutsch-französischen<br />

Beziehungen besonders gut.<br />

Diese Ausgabe war für uns auch<br />

die Gelegenheit, uns wieder auf<br />

die Suche nach teilweise unbekannten Geschichten<br />

zu machen, durch die sich Frankreich<br />

auszeichnet. Sie erfahren beispielsweise, dass<br />

man in Paris manchmal nur die Tür einer<br />

Kirche öffnen muss, um die Werke eines<br />

großen französischen Malers zu entdecken;<br />

dass der Kathedrale Notre-Dame de Strasbourg<br />

am Ende ein Turm fehlt; und dass Belle-Île-en-<br />

Mer nicht immer die idyllische Insel war, wie<br />

sie heute in Reiseführern beschreiben wird …<br />

Viel Spaß beim Lesen!<br />

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Titelbild: Blick auf das Ufer der Ill im Stadtviertel Petite France<br />

in Straßburg (Bas-Rhin)<br />

Jean-Charles Albert<br />

Chefredakteur<br />

jc.albert@frankreicherleben.de<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 3


INHALT<br />

Brot · 74<br />

Lille<br />

Rouen<br />

60 · Paris<br />

26 · Straßburg<br />

32 · Combrit<br />

Rennes<br />

40 · Fougerolles<br />

20 · Belle-Île-en-Mer 52 · Chaumont-sur-Loire<br />

Nantes Tours<br />

Dijon<br />

Frankreich heute<br />

72 Preis<br />

Tyll Peters: ein junger Deutscher<br />

erhält Preis von Charlie Hebdo<br />

Der 18-jährige Tyll Peters erhielt in diesem Jahr<br />

den erstmals vergebenen Prix Charlie des Magazins<br />

Charlie Hebdo. Wir haben mit ihm über seine Verbindungen<br />

zu Frankreich, über Humor und Satire im<br />

Zusammenhang mit den Medien und der Gesellschaft<br />

sowie über die Unterschiede in dieser Beziehung<br />

zwischen Deutschland und Frankreich gesprochen.<br />

Rezept · 90<br />

Burgund · 40<br />

Straßburg · 26<br />

Bordeaux<br />

Montpellier<br />

Toulouse<br />

Unterwegs in Frankreich<br />

Lyon<br />

82 · Château La Coste<br />

Marseille<br />

74 Gesellschaft<br />

Wo ist eigentlich das gute französische<br />

Brot geblieben?<br />

Gutes Brot ist in Frankreich immer schwerer zu finden.<br />

Daran sind nicht nur die industrielle Produktion und<br />

ein veränderter Geschmack der Konsumenten schuld,<br />

sondern auch die Tatsache, dass das altüberlieferte Knowhow<br />

nahezu ausgestorben ist. Zum Glück gibt es aber nach<br />

wie vor Bäcker, die sich dieser Entwicklung widersetzen.<br />

80 Gesellschaft<br />

Lotto: Glücksspiel in Frankreich zur<br />

Rettung des Kulturerbes<br />

2018 rief der französische Staat ein Glücksspiel zur<br />

Restaurierung und Rettung bedrohter französischer<br />

Kulturgüter ins Leben: das Loto du Patrimoine.<br />

Belle Île · 20<br />

Paris · 60<br />

Bretagne · 32<br />

Loiretal · 52<br />

26 Grand-Est<br />

Das Geheimnis des fehlenden Turms der Kathedrale von Straßburg<br />

Das Straßburger Münster ist nicht nur ein Symbol der Stadt,<br />

sondern auch eines der französischen Monumente, die man unbedingt<br />

gesehen haben sollte. Die Silhouette dieses einmaligen<br />

Gebäudes mit der 142 Meter hohen Turmspitze ist zu einem so<br />

einprägsamen Bild geworden, dass man nahezu eines ihrer wesentlichen<br />

Merkmale vergisst: Sie besitzt nur einen einzigen Turm.<br />

32 Bretagne<br />

Die Bretagne jenseits der ausgetretenen Pfade:<br />

Parc botanique de Cornouaille<br />

Das Landesinnere der Bretagne ist zwar weniger bekannt als die<br />

Küste, hält aber dennoch schöne Überraschungen bereit. Die<br />

meisten Besucher sind sehr erstaunt, wenn sie feststellen, dass<br />

nur wenige Kilometer von der Küste entfernt ein ausgedehnter<br />

und bemerkenswerter Park zu einer Entdeckungsreise einlädt.<br />

40 Burgund<br />

Kirschen, das rote Gold einer Region<br />

Denkt man an Produkte aus Burgund, kommen einem unweigerlich<br />

Wein und Senf in den Sinn. Doch ein kleines rotes Obst, das zwar viel<br />

diskreter, bei Feinschmeckern jedoch überaus beliebt ist, könnte diese<br />

Region mit Fug und Recht ebenfalls repräsentieren: die Kirsche.<br />

52 Centre-Val de Loire<br />

Chaumont-sur-Loire: die positive Dynamik der Gärten<br />

Die Domaine de Chaumont-sur-Loire präsentiert regelmäßig Werke<br />

großer zeitgenössischer Künstler und ist Veranstaltungsort für ein<br />

international renommiertes Gartenfestival. Wir haben uns über diesen<br />

Ort mit einer begeisternden und anspruchsvollen Frau unterhalten,<br />

in deren Leben Deutschland eine besondere Rolle spielt …<br />

60 Paris<br />

Delacroix in Saint-Sulpice: das Werk eines ganzen Lebens<br />

Seit dem Welterfolg des Romans Da Vinci Code von Dan Brown ist die<br />

Kirche Saint-Sulpice auf dem ganzen Planeten bekannt. Dennoch bleiben<br />

drei riesige Wandgemälde des berühmten Malers Eugène Delacroix, der<br />

ihnen mehrere Jahre seines Lebens widmete, weitgehend unbeachtet.<br />

68 Hotel<br />

La Lanterne, Paris<br />

Art de vivre<br />

82 Wein<br />

Château La Coste (2/2): ein Versuchslabor<br />

für den Weinbau von morgen?<br />

Im zweiten Teil über dieses Weingut lesen Sie über<br />

die ultramodernen Anlagen für den Weinausbau,<br />

den imposanten Weinkeller und darüber, ob dieses<br />

Weingut in gewisser Weise als Versuchslabor für den<br />

Weinbau von morgen angesehen werden kann.<br />

90 Chantals Rezept<br />

Mont-blanc<br />

92 Produkt<br />

Das gelbe Ölzeug von Guy Cotten<br />

1966 kreierten die Eheleute Cotten ein revolutionäres<br />

Kleidungsstück: eine gelbe Regenjacke aus PVC, einem<br />

damals für diesen Zweck noch nie eingesetzten Material.<br />

Sie scheint zwar ganz und gar nicht den Ansprüchen<br />

der französischen Haute Couture zu entsprechen,<br />

schützt aber auch heute noch Fischer, Matrosen, Segler<br />

und Spaziergänger vor Regen, Gischt und Böen..<br />

3 Editorial<br />

6 On en parle<br />

12 On lit<br />

14 On lit en France<br />

16 On regarde<br />

18 On écoute<br />

20 Am Tag als …<br />

51 On surfe<br />

86 Nach bestellungen<br />

94 Guéwen a testé<br />

96 Leserbriefe<br />

97 Abonnement<br />

98 Impressum<br />

98 Vorschau<br />

Frankreich erleben im Internet:<br />

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Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 5


ON EN PARLE<br />

BAUARBEITEN<br />

Veränderungen am<br />

Pariser Gare du Nord<br />

TRANSPORT<br />

Wird das größte Luftschiff der Welt in Nouvelle-Aquitaine gebaut?<br />

Das französische Unternehmen Flying Whales, das<br />

vonseiten des Staates als zukünftiges Aushängeschild der<br />

nationalen Industrie angesehen wird, verfolgt das ehrgeizige<br />

Ziel, mit Luftschiffen den Transport schwerer Güter zu<br />

revolutionieren. Der erste Produktionsstandort soll in<br />

Laruscade (Gironde) angesiedelt werden. Dafür ist geplant,<br />

ab Ende 2021 zwei immense, 250 m lange und 60 m hohe<br />

Gebäude zu errichten, um ein riesiges Luftschiff mit der<br />

Bezeichnung LCA60T zu konstruieren. Es soll ab 2025 bis<br />

zu 60 Tonnen Material transportieren und dabei nur einen<br />

geringen ökologischen Fußabdruck hinterlassen: laut Flying-<br />

Whales-Chef Sébastien Bougon « bis zu 50 Mal weniger als<br />

Flugzeuge, die ein vergleichbares Gewicht transportieren ».<br />

Dieses Industrieprojekt sehr großen Ausmaßes (mit<br />

Investitionen in Höhe von 450 Millionen Euro) soll durch<br />

öffentliche und private Mittel finanziert werden. Es wird<br />

von der Region Nouvelle-Aquitaine unterstützt, die, so ihr<br />

Präsident Alain Rousset, darin ein Mittel sieht, « Arbeitsplätze<br />

zu schaffen und in der Region wieder Industriebetriebe<br />

anzusiedeln ». Doch das Vorhaben soll auch ganz spezifische<br />

Bedürfnisse erfüllen: Flying Whales hat bereits eine<br />

Partnerschaft mit der französischen Forstverwaltung Office<br />

national des Forêts (ONF) geschlossen, um Holz aus schwer<br />

zugänglichen Gebieten abzutransportieren, eine Situation,<br />

die in den Pinienwäldern der Region Nouvelle-Aquitaine sehr<br />

verbreitet ist. Ziel ist, am Ende in der Produktionsstätte in<br />

der Gironde zehn Luftschiffe pro Jahr zu produzieren, wobei<br />

Flying Whales bereits weitere Standorte in Asien und Kanada<br />

ins Auge gefasst hat. Man hofft, dass 2024 das erste Luftschiff<br />

flugbereit ist und 2025 seine Zulassung erhält, die im Übrigen<br />

viel schwieriger zu erhalten ist, als für ein Flugzeug. Dieses<br />

Abenteuer sollte man im Auge behalten …<br />

NATUR<br />

Da 2023 die Rugby-Weltmeisterschaft und 2024<br />

die Olympischen Spiele in der französischen<br />

Hauptstadt stattfinden werden, soll der<br />

altehrwürdige Nordbahnhof (er ist über 155<br />

Jahre alt) einer Schönheitskur unterzogen,<br />

modernisiert und vergrößert werden. Man<br />

muss wissen, dass dieser Bahnhof viel stärker<br />

frequentiert wird, seit Eurostar und Thalys<br />

dort halten. Die Arbeiten sind daher mehr als notwendig. Geplant ist die Schaffung von<br />

88 000 m² zusätzlicher Fläche (die neue Gesamtfläche soll dann 124 000 m² betragen),<br />

darunter ein großes begrüntes Dach mit einer Fläche von einem Hektar, von dem man<br />

Aussicht auf Sacré-Cœur hat. Die Kosten der Maßnahmen sollen sich auf rund 600<br />

Millionen Euro belaufen.<br />

Große Gezeiten an der Côte de Granit rose<br />

Viele wissen, dass große Gezeitenbewegungen immer ein umwerfendes Naturschauspiel bieten. Die Wassermassen, die<br />

dann im Norden der Bretagne gegen die riesigen Granitblöcke der berühmten Côte de Granit rose am Ärmelkanal (Côtesd’Armor)<br />

donnern, sind dafür besonders bekannt. Der nächste außergewöhnlich große Tidehub wird zwischen dem 15.<br />

und 21. Oktober <strong>2020</strong> erwartet und als ausgesprochen sehenswert angekündigt. Diejenigen, die sich in dieser Zeit in der<br />

Nähe aufhalten, sollten sich das Spektakel nicht entgehen lassen.<br />

HÖFLICHKEIT AM STEUER<br />

Franzosen sind keine Vorbilder am Steuer<br />

Die vor Kurzem veröffentlichte zehnte « Erhebung zum verantwortungsvollen Autofahren » gibt Aufschluss darüber,<br />

dass die Franzosen bei Weitem keine Vorbilder in Sachen Gelassenheit und Höflichkeit am Steuer sind. Einer von<br />

fünf befragten Fahrern gibt offen zu, sich am Steuer seines Autos « selbst nicht mehr zu kennen » beziehungsweise<br />

sich « nervöser » als in anderen Situationen zu verhalten. 70 % der französischen Autofahrer scheuen sich nicht, ihre<br />

Zeitgenossen zu beschimpfen, wenn diese sich ihrer Ansicht nach falsch verhalten. Damit liegen sie 15 Punkte über<br />

dem europäischen Durchschnitt, wo « nur » 55 % zugeben, Fahrer zu verunglimpfen, über die sie sich aufregen …<br />

Noch schlimmer: 18 % der Befragten gestehen ein, « dass sie nicht davor zurückschrecken, ihr Fahrzeug zu verlassen,<br />

um handgreiflich zu werden », sollte es notwendig sein. Dies erklärt vermutlich auch, warum 87 % angeben, « bereits<br />

einmal Angst vor dem aggressiven Verhalten eines anderen Autofahrers gehabt zu haben ». Dennoch schätzen<br />

sich mehr als drei Viertel der französischen Autofahrer<br />

seltsamerweise als « wachsam » am Steuer, mehr als die Hälfte<br />

als « ruhig » und knapp ein Drittel als « höflich » ein.<br />

6 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 7


ON EN PARLE<br />

KULTURERBE<br />

LICHTER<br />

Ein schöneres Lichterfestival als jemals zuvor<br />

Über diese Neuigkeit freuen sich viele: Während<br />

zahlreiche Festivals – vor allem Musikfestivals<br />

– aufgrund der Coronaviruskrise in diesem Jahr<br />

abgesagt wurden, hat man im Departement Allier<br />

nicht nur beschlossen, das Festival de Lumières<br />

– das übrigens das erste dieser Art in Frankreich<br />

war – aufrechtzuerhalten, sondern es sogar<br />

noch schöner zu gestalten. Bei diesem Ereignis<br />

werden bemerkenswerte Kulturgüter mithilfe von<br />

Projektionsmapping-Technik illuminiert. Diese<br />

dritte Auflage umfasst nun fünf Örtlichkeiten (die<br />

Herzogsresidenz La Mal-Coiffée in Moulins, das Hôtel<br />

de la Borderie in Cusset, das Schloss der Herzöge von<br />

Bourbon in Montluçon, das Rathaus in Commentry,<br />

den Kongresspalast und die Oper in Vichy) sowie<br />

drei Themen (Le chemin des Bourbons in Moulins,<br />

Cusset und Montluçon, L’industrie in Commentry und<br />

Le thermalisme in Vichy). Die Veranstaltung findet<br />

jedes Jahr von Anfang Juli bis Ende Oktober bei<br />

Einbruch der Dämmerung statt und ist kostenlos.<br />

Es gibt eine App für Smartphones, mit der man den<br />

entsprechenden Soundtrack anhören und so noch<br />

mehr in die Atmosphäre eintauchen kann.<br />

Informationen: www.lumieres-bourbonnais.com<br />

Schloss des Schöpfers des<br />

Kleinen Prinzen wird bald<br />

saniert<br />

Die Region Rhône-Alpes hat im<br />

Februar dieses Jahres ein<br />

Gebäude in Saint-Maurice-de-<br />

Rémens (Ain) erworben, in<br />

dem der Autor des Kleinen<br />

Prinzen, Antoine de Saint-<br />

Exupéry (1900-1944), in<br />

seiner Jugend zahlreiche<br />

Ferien verbracht hatte.<br />

In diesem Gebäude soll<br />

nun ein umfangreiches<br />

Kulturzentrum rund um<br />

den in Lyon geborenen<br />

Schriftsteller und<br />

Flieger eingerichtet<br />

werden. Im Rahmen<br />

des als « prioritär »<br />

eingestuften Projektes,<br />

wird das Schloss<br />

vollständig saniert, um<br />

der breiten Öffentlichkeit<br />

das Werk von Saint-Exupéry<br />

zu vermitteln, den Schriftsteller<br />

zu würdigen und Besucher aus der<br />

ganzen Welt anzuziehen, die in die<br />

poetische Welt des Kleinen Prinzen<br />

eintauchen möchten.<br />

ABITUR<br />

<strong>2020</strong>,<br />

ein Jahr<br />

mit Rekordergebnissen<br />

Aufgrund der durch das<br />

Coronavirus ausgelösten Epidemie<br />

und der damit verbundenen Ausgangssperre<br />

beschloss das französische Bildungsministerium,<br />

die diesjährigen Abiturienten von den Abiturprüfungen zu<br />

befreien. Für das Abschlusszeugnis <strong>2020</strong> wurden lediglich die<br />

während des Schuljahres erzielten Leistungen berücksichtigt, wobei<br />

dieses Schuljahr durch die Verhängung der Ausgangsbeschränkungen<br />

im März deutlich verkürzt war. Die Folge: Die Ergebnisse des Abiturs<br />

waren noch niemals so gut. 95,7 % der Kandidaten haben bestanden,<br />

das sind sieben Prozentpunkte mehr als im vergangenen Jahr. Diese<br />

Zahl zieht jedoch auch Probleme nach sich, vor allem bringt sie nun die<br />

Universitäten in Bedrängnis, da mehr als 50 000 Abiturienten bisher<br />

keinen Studienplatz haben. Die Situation ist umso komplizierter,<br />

da die Universitäten aufgrund der vorgeschriebenen<br />

Maßnahmen für den Gesundheitsschutz (z. B.<br />

des einzuhaltenden Mindestabstands)<br />

nur schwerlich mehr Studenten<br />

aufnehmen können …<br />

REVOLUTION<br />

PARKEN<br />

Welche französischen Städte haben die<br />

höchsten Parkgebühren?<br />

Das Unternehmen Paybyphone hatte die glorreiche Idee,<br />

eine Rangliste der Städte im Hexagon zu erstellen, in denen<br />

man am meisten für einen Parkplatz zahlen muss. Es ist<br />

keine Überraschung, dass Paris dabei auf Platz eins liegt.<br />

Für eine Stunde Parken muss man dort in der Zone 1 (I.<br />

bis XI. Arrondissement) 4 € berappen, in der Zone 2 (XII. bis XX.<br />

Arrondissement) sind es 2,40 €. Wie in vielen anderen Städten herrscht dort<br />

eine maximale Parkdauer von 6 Stunden, um zu vermeiden, dass Autofahrer<br />

einen Parkplatz zu lange belegen und dadurch den Fahrzugumschlag<br />

auf den Plätzen reduzieren. Das Forfait post-stationnement, die übliche<br />

Bezeichnung für die Strafe bei Überschreiten der Parkzeit, beträgt nach Ablauf<br />

der sechs Stunden 50 € (Zone 1) beziehungsweise 35 € (Zone 2).<br />

Sterbliche Überreste der « während der Revolution Geköpften »<br />

in Paris gefunden?<br />

Ruhen die sterblichen Überreste der Menschen, die während der Französischen Revolution auf dem<br />

Pariser Place de la Concorde mit der Guillotine hingerichtet wurden, möglicherweise gar nicht, wie<br />

vermutet, in den Katakomben, sondern im Herzen der Hauptstadt, nur wenige Schritte von den<br />

Grands Magasins am Boulevard Haussmann (VIII. Arrondissement) entfernt? Diese unglaubliche Frage<br />

wurde laut Aymeric Peniguet de Stoutz, dem Verwalter der Chapelle Expiatoire, durch die kürzlich<br />

durchgeführten Arbeiten in dieser Kapelle aufgeworfen. Der Bau liegt am Boulevard Haussmann und<br />

wurde 1826 Ludwig XVI. (1754-1793) und seiner Frau Marie-Antoinette von Österreich (1755-1793) geweiht,<br />

die beide 1793 selbst auf dem berühmten Pariser Platz geköpft wurden. Den Aussagen des Verwalters<br />

zufolge weisen zahlreiche historische Dokumente und vor allem die ersten Auswertungen der Bilder<br />

einer Kamera, die zwischen die Steine einiger mysteriös aussehender Mauern in der Kapelle eingeführt<br />

worden war, darauf hin, dass dort die Leichname der 500 enthaupteten Menschen eingemauert wurden.<br />

Dies würde aus dem bislang ausschließlich dem Gedenken an die königliche Familie geweihten Gebäude<br />

eine regelrechte Totenstadt der Revolution machen. Was an sich schon eine kleine Revolution wäre!<br />

Weitere Untersuchungen sollen 2021 folgen.<br />

8 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 9


ON EN PARLE<br />

SPIELE<br />

Franzosen immer süchtiger<br />

nach Glücksspielen<br />

Eine gemeinsame Untersuchung des<br />

Observatoire des Jeux (ODJ) und des<br />

Observatoire Français des Drogues et Toxicomanies<br />

(OFDT) hat ergeben, dass die Franzosen im Durchschnitt<br />

10 % der jährlichen Freizeitausgaben für Glücksspiele<br />

einsetzen. Dies entspricht einem Betrag von 200 Euro pro Jahr. Der<br />

Wert hat sich innerhalb von fünf Jahren um 12,5 % erhöht. Da 38,3 %<br />

des Umsatzes dieser Branche von nur 6 % der Spieler stammen,<br />

wurde nun eine nationale Behörde zur Bekämpfung der Spielsucht<br />

eingerichtet.<br />

UMWELT<br />

Dune du Pilat ist vier Meter kleiner<br />

Laut Observatoire de la Côte Aquitaine hat die<br />

höchste Sanddüne Europas, die Dune du Pilat<br />

(manchmal auch « Pyla » geschrieben), am Eingang<br />

des Bassin d‘Arcachon (Gironde) vier Meter an Höhe<br />

verloren. Untersuchungen zeigen auf, dass sich die<br />

Erosion im nördlichen Bereich der Düne fortsetzt<br />

und dass sich die Küstenlinie gegenüber 2019 um<br />

fünf Meter landeinwärts verschoben hat.<br />

URBANISMUS<br />

Zwei neue Türme für La Défense<br />

Ab 2025 werden zwei neue Türme die Silhouette des Pariser Viertels<br />

La Défense, des wichtigsten Geschäftsviertels Europas, verändern. Der<br />

französische Energie- und Mineralölkonzern Total, der in dem Viertel bereits<br />

ansässig ist, aber offensichtlich mehr Platz benötigt, will dort einen neuen<br />

Unternehmenssitz mit einer Fläche von 130 000 m² bauen. Dieser wird die<br />

Form eines eigenartigen Wolkenkratzers « zwei in eins » mit zwei Türmen<br />

haben: der eine (228 m hoch, 53 Etagen) auf der Seite des Grande Arche de la<br />

Défense, der andere (165 m hoch, 30 Etagen) auf der Seite der Seine. Beide<br />

werden auf 30 Etagen durch Gänge verbunden sein. Der neue Komplex<br />

wird Gärten haben, die vom Architekturbüro PCA-Stream, das dieses<br />

Projekt leitet, als « luftig » beschrieben werden, und soll nur halb so viel<br />

Energie verbrauchen wie der heutige Unternehmenssitz von Total.<br />

KORRESPONDENZ<br />

In der Privatsphäre von Marie-Antoinette<br />

und Graf von Fersen<br />

Die wahren Hintergründe der Beziehung zwischen Königin Marie-<br />

Antoinette von Österreich (1755-1793) und dem schwedischen Grafen<br />

Axel von Fersen (1755-1810) beschäftigt Geschichtsbegeisterte<br />

seit Langem. Der Graf galt als « Günstling » der Königin und als der<br />

Drahtzieher des berühmten, aber gescheiterten Fluchtversuchs der<br />

königlichen Familie am 20. und 21. Juni 1791 in Varennes. Man wusste,<br />

dass Marie-Antoinette zwischen Juni 1791 und August 1792, als<br />

die königliche Familie in den Tuilerien unter Hausarrest stand,<br />

einen intensiven Briefwechsel mit dem Grafen führte. Die<br />

Briefe wurden 1877 vom Großneffen des Grafs von Fersen<br />

veröffentlicht und seither im Staatsarchiv aufbewahrt. Einige<br />

Passagen waren absichtlich unleserlich gemacht worden, sodass<br />

nicht alles zu entziffern war. Dank einer neuen Digitalisierungstechnik<br />

konnten Forscher den Inhalt dieser Stellen nun aufdecken. Man<br />

erfährt dabei von der – berechtigten – Beunruhigung der Königin und<br />

des Grafen, doch gibt es auch Erkenntnisse über die Beziehung der<br />

beiden. « Ich liebe Sie bis zum Wahnsinn », schreibt Fersen an Marie-<br />

Antoinette. Diese antwortet im gleichen Stil: « Die Liebe zu Ihnen ist<br />

der Sinn meines Lebens. » Über diese Enthüllungen hinaus, die letzten<br />

Endes keine große Überraschung sind, offenbarte die Untersuchung der<br />

von Fersen benutzten Tinte und derjenigen, mit der die Sätze unleserlich<br />

gemacht worden waren, eine große Ähnlichkeit. Was wiederum vermuten<br />

lässt, dass Fersen der Urheber der Zensur war. Vermutlich, um den Ruf der<br />

Königin zu schützen …<br />

10 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 11


ON LIT<br />

PRAKTISCHER LEITFADEN<br />

ROMAN<br />

ROMAN<br />

Die Passion<br />

Amélie Nothomb,<br />

Originaltitel: Soif, aus dem<br />

Französischen von Brigitte<br />

Große, Diogenes, 144 Seiten,<br />

ISBN 978-3257071412<br />

Der 2019 in Frankreich<br />

erschienene Roman Soif<br />

von Amélie Nothomb<br />

sorgte, wie alle ihre Bücher,<br />

monatelang für Gesprächsstoff. Doch diesmal<br />

aus einem anderen Grund. Denn obwohl ihre<br />

Romane sich in der Regel gut verkaufen, hat ihr<br />

neuestes Werk die Fans sehr erstaunt und war<br />

weniger erfolgreich als gewohnt. Zugegeben, das<br />

Thema, von dem das Buch handelt, ist gelinde<br />

gesagt verwirrend: Auf knapp 150 Seiten stellt<br />

Amélie Nothomb sich Fragen zu den letzten<br />

Gedanken von Jesus. Christus das Wort zu<br />

erteilen, ist immer interessant, vor allem in der<br />

Literatur. Das Problem besteht vielleicht darin,<br />

dass man bereits so viel über seine Geschichte<br />

weiß, dass die Lektüre dieses Werkes in der<br />

Tat manchmal langweilig erscheinen kann.<br />

Doch so mysteriös und irritierend das Thema<br />

auch sein mag, der Roman trägt dazu bei, das<br />

eigenartige Universum von Amélie Nothomb<br />

besser zu erfassen. So ist es am Ende ein Buch,<br />

dass man umso mehr schätzt, je mehr man<br />

sich für die Autorin interessiert.<br />

Der kahle Berg: auf und über den Mont Ventoux<br />

Lex Reurings und Willem Janssen Steenberg, 336 Seiten,<br />

Covadonga Verlag, ISBN 978-3957260468<br />

Ein sehr erstaunliches Werk! Es wurde unbestritten von zwei<br />

Radsportbegeisterten erstellt und richtet sich auch an diese Zielgruppe.<br />

Die 336 Seiten (noch dazu im Großformat 24 cm x 16 cm) sind voll und<br />

ganz der historisch engen Beziehung zwischen dem Mont Ventoux<br />

(Vaucluse) und der Welt des Radsports gewidmet. Der Nichtradfahrer<br />

schreckt also unter Umständen zunächst davor zurück, das Buch zu<br />

lesen, da es offensichtlich ausschließlich den Freunden der Petite Reine<br />

gewidmet ist, wie man im Hexagon das Fahrrad liebevoll nennt. Doch<br />

von der Titelseite neugierig gemacht – die an einen Roman denken<br />

lässt, dessen Handlung an den Hängen des 1910 m hohen « Riesen »<br />

spielt – lässt sich der « Radlaie » vielleicht dennoch dazu hinreißen, das<br />

Buch durchzublättern. Dabei entdeckt er, dass es außer einer Reihe von<br />

technischen Ratschlägen und amüsanten Fragestellungen (« Wie stark<br />

ist der einsame Radfahrer », « Wie lange werde ich wohl brauchen » …)<br />

Informationen in Hülle und Fülle und originelle Sichtweisen bietet: vom<br />

« Geheimnis des Mont Ventoux », über die humorvolle Entdeckung der<br />

« Confrérie des Cinglés du Mont Ventoux », der Bruderschaft der Mont-<br />

Ventoux-Verrückten, bis hin zu einem Kapitel über den « literarischen<br />

Berg », in dem eine interessante Auswahl an<br />

Texten über den berühmten Giganten vorgestellt<br />

wird. Ob fahrradbegeistert oder nicht, am Ende<br />

entdeckt man einen Mont Ventoux, der noch<br />

wunderlicher und fesselnder ist, als man dachte.<br />

Ein echter Erfolg! Legt man dann das immerhin<br />

700 Gramm schwere Werk aus der Hand, sagt<br />

man sich schmunzelnd, dass Kletterer sich<br />

besonders über die kürzlich erschienene<br />

Taschenbuchausgabe freuen!<br />

BIOGRAFIE<br />

Alexandre Dumas, der vierte Musketier<br />

Ralf Junkerjürgen, wbg Theiss, 272 Seiten, ISBN 978-3806241273<br />

Dumas’ Leben liest sich wie ein Abenteuerroman.<br />

Der Schriftsteller (1802-1870) war Freiheitskämpfer,<br />

Schlossbesitzer, Gourmet und Erotomane zugleich. Die drei<br />

Musketiere und Der Graf von Monte-Christo eroberten einen<br />

festen Platz in der Weltliteratur. Zum 150. Todestag hat Ralf<br />

Junkerjürgen dem vielseitigen Franzosen erstmals eine<br />

umfassende Biografie gewidmet. Dumas trieb sein Werk<br />

mit ungeheurem Fleiß und beeindruckender Kreativität<br />

voran, bis es am Ende gut 600 Bände füllte. Er prägte den<br />

historischen Roman und die Populärliteratur. Politisch und<br />

unternehmerisch höchst engagiert, blieb er den sinnlichen<br />

Freuden des Lebens stets zugewandt. Seine Reisen<br />

führten ihn bis nach Russland. Seinen Zeitgenossen galt<br />

er als Naturgewalt. Deutsche<br />

Leser können die enge<br />

Verzahnung von Literatur,<br />

Gesellschaft und Geschichte<br />

jetzt in ihrer ganzen Fülle<br />

erleben. Illustrationen der<br />

Romane, Fotografien und<br />

Verfilmungen demonstrieren<br />

die immense Breitenwirkung<br />

von Dumas.<br />

Jeder von uns<br />

bewohnt die Welt<br />

auf seine Weise<br />

Jean-Paul Dubois, Originaltitel: Tous les<br />

hommes n’habitent pas le monde de la<br />

même façon, aus dem Französischen<br />

von Nathalie Mälzer und Uta Rüenauver,<br />

dtv, 256 Seiten, ISBN 978-3423282406<br />

Warum sitzt ein unauffälliger<br />

Mensch wie Paul Hansen im<br />

baufälligen Gefängnis von Montreal? Der in Frankreich<br />

aufgewachsene Sohn eines dänischen Pastors<br />

und einer Kinobesitzerin hat schon einiges hinter<br />

sich, bevor er seine Berufung als Hausmeister in<br />

einer exklusiven Wohnanlage in Kanada findet.<br />

Ein Vierteljahrhundert lang läuft alles rund – die<br />

Heizungsanlage ebenso wie die Kommunikation, bis<br />

Paul eines Tages die Sicherung durchbrennt. Nun<br />

erträgt er mit stoischer Ruhe seinen Zellengenossen<br />

Patrick, einen Hells-Angels-Biker, der sich jedoch<br />

von einer Maus ins Bockshorn jagen lässt. Paul hat<br />

viel Zeit zum Nachdenken – Zeit für tragikomische<br />

Lebenslektionen und unerwartetes Glück. Wie so<br />

oft in seinen Romanen nimmt Jean-Paul Dubois uns<br />

hier in eine zärtlich-melancholische Geschichte mit.<br />

Es ist beinahe eine Art vertrauliche Mitteilung – wie<br />

man sie Freunden macht –, die von menschlichen<br />

Beziehungen, der Familie, aber auch von Montreal<br />

und Toulouse handelt, der Stadt, in der der Autor<br />

1950 geboren wurde. Der Roman wurde 2019 mit<br />

dem renommiertesten französischen Literaturpreis<br />

ausgezeichnet: dem Prix Goncourt.<br />

IMPRESSIONEN & PORTRÄTS<br />

Menschen in Paris - Lebenswege zwischen Passion und Profession<br />

Stephan Gabriel, BoD (Books on Demand), 64 Seiten, ISBN 978-375045634<br />

Ehrlicherweise müssen wir zugeben, dass wir Stephan Gabriel (geb. 1953 in Oldenburg, lebt<br />

als freischaffender Fotojournalist und Sprecher in Hamburg und Paris) nicht kannten, bis er<br />

uns in diesem Sommer ein kleines Werk zukommen ließ, das soeben auf der Self-Publishing-<br />

Plattform Books on Demand als Eigenpublikation veröffentlicht wurde. Es enthält rund<br />

ein Dutzend kurzer Porträts, die er in Paris erstellt hat. Beim Lesen spürt man die seltene<br />

Fähigkeit, sowohl durch Text als auch durch Bild originelle und anziehende Persönlichkeiten<br />

zu vermitteln, mit einer Menschlichkeit, die einfach guttut. Der Autor liebt offensichtlich die<br />

französische Hauptstadt und ihre Bewohner und kann dies gelungen zum Ausdruck bringen.<br />

Es ist ein fesselndes Buch, weil es ehrlich und ohne Anmaßung geschrieben ist. Ein Buch, das<br />

man sofort mit anderen teilen, anderen ans Herz legen möchte.<br />

12 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Französisch lernen am Puls der Zeit<br />

Aktuell in der Revue de la Presse:<br />

Cafés et restaurants rouverts:<br />

«C’est bon de se retrouver »<br />

Bestellen Sie gleich Ihr kostenloses Probeexemplar:<br />

www.sprachzeitungen.de<br />

Août <strong>2020</strong><br />

¤ 2,50 [d]<br />

AC T UA L I T É<br />

• Racisme : à Bruxelles,<br />

une eurodéputée allemande<br />

porte plainte contre des<br />

policiers<br />

Page 3<br />

B1–C2<br />

É C O N O M I E<br />

• Espèces : environnement,<br />

tourisme… les animaux<br />

« rapportent » beaucoup à<br />

planète<br />

| Photo : Éditions Allary<br />

Ar tikel aus führenden französischsprachigen Zeitungen und unserer Redaktion<br />

S p r a c h t r a i n i n g • L a n d e s k u n d e • Vo k a b e l h i l f e n • Ü b u n g s mat e r i a l<br />

COLONIALISME BELGE<br />

Esther, l’héroïne<br />

de Riad Sattouf, est de retour !<br />

Dans le 5 e tome de la BD « Les Cahiers<br />

d’Esther », elle nous raconte les petits<br />

aléas de sa vie d’ado.<br />

Lire l’article en page 11<br />

• N o 8 | 6 7 º A n n é e •<br />

Mélissa Laveaux est une<br />

artiste afro-féministe. Sa musique<br />

métissée rend hommage aux combattantes,<br />

aux oubliées de l’histoire et<br />

aux peuples qui résistent.<br />

Lire l’article en page 15<br />

Les « regrets » du Roi<br />

sur la colonisation :<br />

’un long chemin,<br />

| Photo : Getty Images<br />

La République<br />

démocratique du Congo,<br />

dont les frontières<br />

correspondent à<br />

peu près à celles<br />

de l’ancien Congo<br />

belge. Un territoire<br />

75 fois plus vaste<br />

que la Belgique.<br />

| Carte : DR<br />

| Photo : Getty Images


ON LIT EN FRANCE<br />

AUTOBIOGRAFISCHE MÄRCHEN<br />

Chanson bretonne -<br />

L’enfant de la guerre:<br />

Deux contes<br />

ROMAN<br />

Les Soucieux<br />

François Hien, Éditions du Rocher, 366 Seiten, ISBN 978-2268103587<br />

ROMAN<br />

Française<br />

Alexandre Jardin, Albin<br />

Michel, 314 Seiten,<br />

ISBN 978-2226452610<br />

Alexandre Jardin ist<br />

einer der bekanntesten<br />

und meistgelesenen<br />

französischen<br />

Schriftsteller<br />

unserer Zeit und<br />

ein regelrechter<br />

Tausendsassa. Er<br />

ist nicht nur Autor,<br />

Regisseur, Journalist und Politiker, sondern auch Gründer<br />

der Vereinigung Lire et faire lire, die es sich zum Ziel gesetzt<br />

hat, das Lesen und einen generationenübergreifenden<br />

Austausch zu fördern. Aus seiner Feder stammen mehrere<br />

Erfolgsromane, darunter Le Zèbre (Das Zebra) und Fanfan.<br />

Kritiker stufen seine Romane als « Feelgood-Literatur »<br />

ein, die zu sehr auf positive Gefühle setzt, zu leicht und zu<br />

trivial ist. Dies ist jedoch zu vereinfacht ausgedrückt, da<br />

der « Unruhestifter » der französischen Literatur zwar mit<br />

seinen romantischen Geschichten für positive Emotionen<br />

sorgt (und das ist gut so), dabei aber immer wieder Fragen<br />

über die derzeitige französische Gesellschaft aufwirft. Dies<br />

ist bei Française ganz besonders der Fall, denn er zeichnet<br />

damit ein zärtliches, jedoch durchaus realistisches Bild<br />

französischer Alltagsheldinnen, deren Leben durch die<br />

Schließung einer Fabrik, die ihre Stadt am Leben erhielt,<br />

total auf den Kopf gestellt wird. Ein ebenso treffendes und<br />

sozialkritisches wie fesselndes Buch!<br />

ROMAN<br />

Et toujours les forêts<br />

Sandrine Collette, Éditions J.-C. Lattès,<br />

368 Seiten, ISBN 978-2709666152<br />

Unsere Auswahl an Büchern, über die<br />

man zurzeit in<br />

Frankreich spricht<br />

Dieser im Februar erschienene Roman hätte zu den<br />

Büchern gehören können, die das Pech hatten, in der im<br />

März verhängten Ausgangssperre « unterzugehen ». Dabei<br />

ist gerade das Gegenteil passiert. Durch Mund-zu-Mund-<br />

Propaganda schossen die Verkäufe bei Wiedereröffnung<br />

der Buchhandlungen in die Höhe. Zudem erhielt das<br />

Buch zahlreiche Preise, darunter einen Preis, den die<br />

Buchhändler selbst vergeben, den Prix France Bleu/Page<br />

des Libraires. Der achte Roman von Sandrine Collette ist<br />

eine postapokalyptische, humanistische und ökologische<br />

Fabel, die niemanden unberührt lässt, vor allem nicht in<br />

Zeiten von Covid-19. Die Autorin zeichnet darin das Porträt<br />

eines Mannes und einer Frau, die von einer Katastrophe<br />

zugrunde gerichtet, nahezu<br />

vernichtet wurden, die<br />

dennoch eine riesige<br />

Hoffnung in sich tragen<br />

und nun einen intakten<br />

Ort suchen. Et toujours les<br />

forêts ist ein Roman noir,<br />

ein utopischer Roman, ein<br />

Science-Fiction-Roman.<br />

Letzten Endes wirft er<br />

nicht nur einen objektiven<br />

Blick auf unsere Welt,<br />

sondern sendet uns<br />

vermutlich ein Warnsignal.<br />

Nützlich!<br />

J. M. G. Le Clézio, Gallimard,<br />

162 Seiten, ISBN 978-2072894992<br />

Zwölf Jahre nachdem Jean-Marie<br />

Gustave Le Clézio für Désert mit<br />

dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet<br />

wurde, lädt er uns mit zwei – wie er es bezeichnet –<br />

« Märchen » auf eine gefühlvolle Reise zu Erinnerungen<br />

aus seiner Kindheit ein. Eine Reise, die mehr denn<br />

je autobiografisch ist. In Chanson bretonne geht es<br />

beispielsweise um die Bretagne, in der er seine Ferien<br />

verbrachte und in dieser Zeit vom seltsamen Klang<br />

einer Sprache umgeben war, die er nicht verstand, die<br />

ihn dennoch verzauberte: Bretonisch. Die Erinnerungen<br />

in L’enfant de la guerre sind dagegen diffuser und vor<br />

allem düsterer. Aus der Sicht eines Kindes (er war damals<br />

erst fünf Jahre alt) erzählt er, wie seine aus Mauritius<br />

stammenden – und damit zur damaligen Zeit britischen<br />

– Eltern sich im Hinterland von Nizza versteckten. Mit<br />

diesen beiden berührenden Texten, zurückhaltend<br />

und feinfühlig geschrieben, verlässt Le Clézio den uns<br />

vertrauten abenteuerlichen Roman und nimmt uns<br />

auf einen sehr persönlichen Weg mit. Ermutigend und<br />

ausdrucksstark. Ein wahres Lesevergnügen!<br />

ROMAN<br />

La commode aux tiroirs de couleurs<br />

Olivia Ruiz, Éditions J.-C. Lattès, 208 Seiten, ISBN 978-2709666947<br />

Der erste Roman der Sängerin Olivia Ruiz, der sich in den<br />

Buchhandlungen ausgesprochen gut verkauft, ist eine angenehme<br />

Überraschung und sorgt beim Lesen für einige der schönsten<br />

Glücksmomente der letzten Monate. Die Autorin erzählt die<br />

Geschichte einer jungen Frau, die von ihrer verstorbenen<br />

Großmutter Rita eine rätselhafte Kommode geerbt hat. Im Laufe<br />

einer Nacht öffnet sie die zehn Schubladen eine nach der anderen<br />

und entdeckt dabei all die kleinen Dinge, die das Leben von Rita<br />

bestimmt haben. Darunter befindet sich auch ein Brief, eine Art<br />

Bekenntnis, in dem die bislang unbekannte<br />

Geschichte ihrer geliebten Großmutter<br />

niedergelegt ist: die Geschichte einer<br />

spanischen Emigrantin, die mit ihren<br />

Eltern und zwei Schwestern vor dem<br />

Franco-Regime nach Narbonne floh. Ein<br />

berührendes familiäres Fresko mit den<br />

Porträts von Frauen, die einem nach<br />

der Lektüre dieses schönen Buches nur<br />

schwer wieder aus dem Kopf gehen.<br />

Wie in so vielen guten Büchern fordert uns der Autor<br />

François Hien hier mit einer vordergründig banalen<br />

Geschichte auf, uns Gedanken über unsere Gesellschaft<br />

zu machen. Ein Fernsehteam richtet sich für Dreharbeiten<br />

in einer stillgelegten Fabrik ein und entdeckt, dass dort<br />

eine Gruppe illegaler Einwanderer aus<br />

Mali lebt. Schauspieler und Techniker<br />

beschließen, ihnen zu helfen, was nicht<br />

ohne Folgen bleibt. Ein bestechendes<br />

Buch, das bewegt. Es hinterfragt<br />

unsere Fähigkeit, uns zu empören (oder<br />

nicht), und zwar über die gemeinhin<br />

als französische Eigenart angesehene<br />

Reaktion hinaus, grundsätzlich<br />

entgegengesetzter Meinung zu sein.<br />

Interessant!<br />

BILDBAND<br />

Ambassades<br />

françaises du<br />

XX e siècle<br />

Fabien Bellat, Collection<br />

« Carnets d’architecture »,<br />

Éditions du Patrimoine,<br />

192 Seiten, ISBN 978-2757706824<br />

Eine der interessanten<br />

Erkenntnisse dieses Buches<br />

ist die Tatsache, dass Frankreich<br />

erst im 19. Jahrhundert begann, die Gebäude zu<br />

erwerben, in denen die Botschafter des Landes<br />

untergebracht waren. Davor kamen diese – meist<br />

adeligen und reichen – Landesvertreter selbst<br />

für ihre Unterkunft auf. Ab dem 20. Jahrhundert<br />

erkannte man in Frankreich jedoch die diplomatische<br />

Bedeutung, durch die Konstruktion gewagter<br />

Gebäude die « Macht » und Modernität des Landes<br />

zu vermitteln. Man begann also, herausragende<br />

Architekten (Le Corbusier, de Portzamparc …) mit<br />

dem Bau zahlreicher Botschaften zu beauftragen.<br />

Dieses schön illustrierte Werk stellt sieben davon –<br />

sowohl hinsichtlich ihrer Architektur als auch ihrer<br />

Gestaltung im Inneren – vor: Belgrad, Berlin, Brasilia,<br />

Ottawa, Saarbrücken, Warschau und Washington. Ein<br />

neuartiger und interessanter Blick hinter die Kulissen<br />

einer, wie man es bezeichnen könnte, « französischen<br />

Architekturdiplomatie ».<br />

14 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 15


ON REGARDE<br />

KOMÖDIE<br />

SPIELFILM<br />

FERNSEHFILM<br />

TAGIKKOMÖDIE<br />

Wie weit kann Freundschaft gehen?<br />

The Climb ist ein Film über Freundschaft. Die enge Freundschaft<br />

zwischen zwei Männern, Kyle und Mike, die bisher den<br />

Stürmen des Lebens immer widerstanden hat, obwohl<br />

beide sehr unterschiedliche Charaktere haben. Doch dann<br />

geht Mike mit Kyles Verlobter ins Bett. Man könnte denken,<br />

dass dies nicht wirklich etwas Neues, sondern einfach eine<br />

weitere amerikanische Kitschkomödie ist. Ganz so ist es aber<br />

nicht! Der Film ist lustig, gleichzeitig aber auch bissig und<br />

dramatisch – vielleicht sogar grausam –, und wartet sowohl<br />

in der Inszenierung als auch in den Dialogen mit schönen<br />

Überraschungen und zahlreichen Anspielungen auf Frankreich<br />

auf. Dies beginnt bereits mit einer Kultszene vom Aufstieg zum<br />

mythischen Col de Vence in den Alpes-Maritimes mit dem<br />

Fahrrad … Radfreunde werden begeistert sein … Mehr verraten<br />

wir aber nicht, um die Überraschung nicht vorwegzunehmen.<br />

Der Film wurde bei den Filmfestspielen 2019 in Cannes in<br />

der Selektion Un Certain Regard mit einem Coup de cœur<br />

ausgezeichnet und erhielt im selben Jahr den Jurypreis beim<br />

Festival des amerikanischen Films in<br />

Deauville. The Climb beschäftigt sich<br />

talentiert und humorvoll mit der Stärke<br />

und den Grenzen von Freundschaft.<br />

Dabei haben sich seine Macher<br />

unverkennbar von Woody Allen sowie<br />

französischen Regisseuren der Nouvelle<br />

Vague, z. B. Claude Sautet und Bertrand<br />

Tavernier, inspirieren lassen.<br />

The Climb • USA 2019, 97 min • Originaltitel:<br />

The Climb • Ein Film von Michael Angelo<br />

Covino, mit Michael Angelo Covino,<br />

Kyle Marvin, Gayle Rankin, Talia Balsam<br />

u. a. • Ab 20. August <strong>2020</strong> im Kino.<br />

TAGIKKOMÖDIE<br />

Ein humorvoller Blick auf die Midlife-Crisis<br />

Eine Frau, die alle<br />

täuscht<br />

Patience Portefeux<br />

(Isabelle Huppert) ist eine<br />

französisch-arabische<br />

Gerichtsdolmetscherin, die<br />

auf die Transkription von<br />

abgehörten Telefonaten<br />

beim französischen Drogendezernat spezialisiert ist.<br />

Im Rahmen von Ermittlungen entdeckt sie, dass einer<br />

der Drogenhändler der Sohn der Krankenschwester<br />

ist, die sich aufopfernd um ihre Mutter kümmert. Sie<br />

beschließt, ihn zu decken, und findet sich selbst an<br />

der Spitze der Drogenszene wieder. Isabelle Huppert<br />

ist seit Beginn ihrer Karriere in die unterschiedlichsten<br />

Rollen geschlüpft und hat sowohl in anspruchsvollen<br />

Autorenfilmen als auch in Filmen für das breite<br />

Publikum gespielt. Sie sorgte nicht selten für<br />

Überraschungen, war oft nicht dort, wo man sie<br />

vermutete. In dieser Komödie verkörpert sie wiederum<br />

eine unerwartete Rolle, nämlich die einer sensationellen<br />

Drogendealerin, die in der Lage ist, ihr ganzes Umfeld<br />

hinters Licht zu führen, vor allem ihren Chef vom<br />

Drogendezernat. Eine weitere tolle Leistung dieser<br />

Schauspielerin, deren Talent keine Grenzen kennt, die<br />

immer neugierig ist und es, wie sie selbst sagt, « liebt,<br />

unterschiedliche Dinge zu machen ». Vor allem liebt sie<br />

es, in Filmen eine andere Frau darzustellen, als sie es im<br />

Leben ist. Eine mehr als gelungene Challenge!<br />

Eine Frau mit berauschenden Talenten • Frankreich <strong>2020</strong>,<br />

104 min • Originaltitel: La Daronne • Ein Film von Jean-Paul<br />

Salomé, mit Isabelle Huppert, Hippolyte Girardot, Farida Ouchani<br />

und Liliane Rovère u. a. • Ab 29. September <strong>2020</strong> im Kino.<br />

Der Hund bleibt, eine lustige, oft auch groteske und bittere Komödie, ist eine<br />

Adaptation des gleichnamigen, politisch nicht gerade korrekten Bestsellers von<br />

John Fante (1909-1983). Es ist die Geschichte eines Mannes in den Fünfzigern, der<br />

sich mitten in einer Lebenskrise befindet und sowohl seine Frau als auch seine<br />

Kinder für alle seine Probleme verantwortlich macht. Bis ein riesiger Hund kommt<br />

und sich bei der Familie häuslich einrichtet … Der Regisseur Yvan Attal, der hier<br />

unter anderem mit Charlotte Gainsbourg dreht, also mit der Frau, mit der er sein<br />

Leben teilt, bezeichnet ihn auch als einen Film voller Selbstironie. Eine schräge und<br />

sympathische Art, sich Fragen über die eigene Beziehung zu stellen, die sich letzten Endes gar nicht<br />

so sehr von vielen anderen Beziehungen zwischen Menschen in diesem Alter unterscheidet …<br />

Der Hund bleibt • Frankreich 2018 • 102 min • Originaltitel: Mon chien stupide • Ein Film von Yvan Attal, mit<br />

Charlotte Gainsbourg, Yvan Attal, Eric Ruf, Pascale Arbillot u. a. • Ab 17. September <strong>2020</strong> im Handel.<br />

Valley of Love – Tal<br />

der Liebe<br />

Die Ex-Eheleute Isabelle<br />

und Gérard reisen<br />

zu einer seltsamen<br />

Verabredung ins<br />

brütend heiße Death<br />

Valley in Kalifornien. Sie<br />

leben getrennt und haben sich seit Jahren nicht gesehen.<br />

Nun folgen sie einer Einladung ihres Sohnes Michael, die sie<br />

sechs Monate nach seinem Selbstmord per Abschiedsbrief<br />

erhalten haben. Ungeachtet der absurden Situation<br />

beschließen sie, sich auf den Plan einzulassen, den Michael<br />

als eine Art Nachlass für sie entworfen hat.<br />

Spielfilm von Guillaume Nicloux, mit Isabelle Huppert und<br />

Gérard Depardieu, Frankreich 2017, 88 Min. Mittwoch,<br />

den 16. September <strong>2020</strong> um 20.15 Uhr, online vom 16.<br />

September bis 23. September <strong>2020</strong> auf arte.tv<br />

Das komplette tägliche ARTE TV-Programm finden Sie im ARTE Magazin.<br />

Jeden Monat neu am Kiosk oder im Abonnement. Jetzt bestellen unter: www.arte-magazin.de.<br />

Weitere Informationen und Angebote von ARTE : www.arte.tv<br />

SPIELFILM<br />

Die Braut trug Schwarz<br />

An einem sonnigen Morgen heiratet Julie David,<br />

den sie seit ihrer Kindheit kennt und liebt. Als<br />

Julie im Brautkleid an Davids Arm die Kirche bei<br />

Glockengeläut verlässt, fällt ein Schuss. David wird<br />

getroffen, fällt auf die Kirchenstufen und stirbt. War es<br />

ein Unfall oder ein Missverständnis? Julie kann nicht<br />

vergessen. Sie beschließt, die Gründe für Davids Tod<br />

herauszufinden und begibt sich auf die Suche nach denen,<br />

die ihr Leben zerstört haben. Ihr Entschluss steht fest:<br />

Sie wird den Tod ihres Mannes rächen. Nachdem sie die<br />

fünf Schuldigen ausfindig gemacht hat, tötet sie sie jeden<br />

einzelnen nach einem<br />

subtilen Plan.<br />

Spielfilm von François<br />

Truffaut, Jeanne Moreau,<br />

Michel Bouquet u. a.,<br />

Frankreich 1968, 102 Min.,<br />

Montag, den 19. Oktober<br />

<strong>2020</strong> um 20.15 Uhr<br />

Wie wir uns fanden<br />

Claire Andrieux, 41, leitet eine Immobilienagentur<br />

in der Bretagne. Ihre stets gute Laune sowie ihr<br />

Einfallsreichtum machen sie sehr beliebt. Ihre<br />

Begegnung mit einem Mann namens Bruno, auf der<br />

Suche nach einem Haus für anstehende Dreharbeiten,<br />

stellen ihren Alltag auf den Kopf und fördern ein<br />

schreckliches Geheimnis zu Tage.<br />

Fernsehfilm von Olivier Jahan, mit Jeanne Rosa, Thomas VDB,<br />

Emma de Caunes, Yannick<br />

Rénier, Michel Vuillermoz,<br />

u. a., Frankreich, 2019,<br />

90 Min., Freitag, den 9.<br />

Oktober <strong>2020</strong> um 20.15,<br />

online vom 7. Oktober<br />

bis zum 8. November<br />

<strong>2020</strong> auf arte.tv<br />

DOKUMENTATION<br />

Victor Hugo<br />

- Anwalt des<br />

Volkes<br />

Victor Hugos<br />

Die Elenden und<br />

dessen Hauptfiguren sind weltberühmt. Der Film zeigt<br />

auf, wie das Werk entstand, was es aus Hugo gemacht<br />

hat und was es ihm bedeutete.<br />

Dokumentation von Grégoire Polet.<br />

Frankreich <strong>2020</strong>, 54 Min.,<br />

Mittwoch, den 28. Oktober <strong>2020</strong> um 22.00 Uhr,<br />

online vom 21. Oktober bis zum<br />

15. Dezember <strong>2020</strong> auf arte.tv<br />

16 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 17


ON ÉCOUTE<br />

ENTDECKEN SIE DAS SPRACHMAGAZIN DER ZEIT-VERLAGSGRUPPE:<br />

CHANSON<br />

Natalie Dessay: Nougaro. Sur l’écran noir de mes nuits<br />

blanches<br />

FRANZÖSISCH LERNEN,<br />

Der Texter, Komponist und Interpret Claude Nougaro (1929-<br />

2004) stammt aus der Vorstadt von Toulouse (Haute-Garonne),<br />

wo er bei seinen Großeltern aufwuchs. Dieser Ort prägte<br />

zeit seines Lebens Akzent, Rhythmik und Musikalität seiner<br />

Texte. Er beherrschte rund ein Dutzend Instrumente und<br />

hatte eine besondere Vorliebe für den Jazz. Neben Michel<br />

Legrand (1932-2019) war er nicht nur einer der Ersten, der die<br />

französische Sprache zum Swingen brachte, sondern auch<br />

einer der größten französischen Komponisten für Filmmusik<br />

und Chansons. Natalie Dessay hat eine der schönsten<br />

Opernstimmen Frankreichs und stand auf den größten<br />

Opernbühnen der Welt. Auf diesem Album, das im November<br />

2019 erschien, interpretiert sie 14 Chansons von Claude<br />

Nougaro und erweist diesem Künstler, dem sie erst am Ende<br />

seines Lebens begegnete, damit die Ehre. Die Künstlerin, deren<br />

Stimme<br />

dafür<br />

bekannt<br />

war, höchste<br />

Töne zu<br />

erreichen,<br />

musste hart daran arbeiten, sich vom Operngesang zu<br />

lösen und die Freude daran, « einfach für sich zu singen »,<br />

wiederzuentdecken. Dabei hat sie zu einer etwas tieferen<br />

Stimme – nahezu zu der ihrer Jugend – zurückgefunden. Unter<br />

Mitwirkung von einem der größten Arrangeure Frankreichs,<br />

Yvan Cassar, ist ein Meisterwerk entstanden, das man mit<br />

Genuss anhört. Bis Anfang Dezember <strong>2020</strong> ist Natalie Dessay<br />

im Rahmen ihrer Konzerttournee noch auf mehreren Bühnen<br />

live zu hören.<br />

ABER RICHTIG!<br />

CHANSON<br />

De Béart à Béart(s)<br />

Kurz vor seinem Tod im Oktober 2018 wollte Charles Aznavour (1924-2018) ein<br />

Studioalbum mit Coverversionen von Titeln eines engen Freundes aufnehmen:<br />

dem genialen französischen Chansonnier Guy Béart (1930-2015). Das<br />

Schicksal entschied anders. Nun boten die Töchter von Guy Béart – die<br />

Schauspielerin Emmanuelle Béart und ihre Schwester Eve – 20 Künstlern<br />

an, den Traum von Charles Aznavour in die Realität umzusetzen.<br />

Entstanden ist eine der berührendsten und treffendsten Hommagen<br />

der letzten Jahre. Mitgewirkt haben unter anderem Vianney, Clara<br />

Luciani, Pomme, Alain Souchon und sogar Christophe (1945-<strong>2020</strong>),<br />

für den es eine seiner letzten Aufnahmen war. Über die mitreißende<br />

Huldigung hinaus machen vor allem die vielfältigen persönlichen<br />

Interpretationen der Künstler diese CD zu einem sehr emotionalen Werk.<br />

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CHANSON<br />

Hervé: Hyper<br />

Der 28-jährige Hervé ist ein französischer Sänger mit<br />

einer ungewöhnlichen Stimme. Zwischen leichtem Hauch<br />

und rauer Raucherstimme, zwischen Vorstadtrap und<br />

gefühlvollen Rhythmen erkennt man auf diesem ersten<br />

Album sowohl eine gewisse Reife als auch eine Sensibilität:<br />

Es ist offensichtlich, dass Hervé die Bretagne liebt und seine<br />

Generation repräsentiert. Treffsicher singt er nicht nur vom<br />

Glück im Leben, sondern auch von den Problemen der Jugend und von enttäuschter<br />

Liebe. Ein vielversprechender Künstler, den man im Auge behalten sollte.<br />

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und Gesellschaft, Essen und Trinken sowie Sprache<br />

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18 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong>


AM TAG ALS …<br />

Es gibt Tage, die anders sind. Sie erscheinen<br />

zunächst ganz « banal », doch dann ereignet<br />

sich etwas, das die Franzosen so bewegt, dass<br />

sie sich noch lange daran erinnern. Über solche<br />

Tage, die im Gedächtnis der Menschen haften<br />

geblieben sind, berichten wir in dieser Rubrik.<br />

… die Kinder aus<br />

dem Bagno auf<br />

Belle-Île-en-Mer<br />

flüchten<br />

Der Hafen von Le Palais auf Belle-Île-en-Mer: Rechts erhebt<br />

sich die Zitadelle, hinter der die Strafkolonie Haute-Boulogne<br />

lag, die auch « Kinder-Bagno » genannt wurde.<br />

Am Abend des 26. August 1934 wird die legendäre<br />

Stille auf Belle-Île-en-Mer (Morbihan) plötzlich<br />

durch bellende Hunde und Schreie gestört. Sie<br />

kommen aus der ehemaligen Zitadelle, die auf den Klippen<br />

oberhalb des beschaulichen Hafens der Gemeinde Le Palais<br />

liegt. Auf den Terrassen der Brasserien, Restaurants<br />

und Crêperien im Hafen blicken die zahlreichen Touristen<br />

in ihren weißen Hosen und Leinenhemden – meist reiche<br />

Pariser oder Angehörige der örtlichen Bourgeoisie, denn<br />

zu der Zeit gibt es noch keinen bezahlten Urlaub – erstaunt<br />

von ihren Tellern auf und fragen sich, was die angenehme<br />

Ruhe stört. Sirenen erschallen und Kirchenglocken läuten.<br />

In die bis dato stillen Straßen kommt plötzlich Bewegung.<br />

Menschen mit Taschenlampen, Heugabeln und sogar Gewehren<br />

kommen aus den Häusern und Läden. Motoren<br />

von Autos und Motorrädern werden angelassen und fast<br />

gleichzeitig bewegt sich ein seltsamer Tanz von Scheinwerfern<br />

durch die Dunkelheit. Unruhe breitet sich aus. Immer<br />

mehr Bewohner, Händler, Fischer und allmählich auch<br />

Touristen drängen nach draußen. Es bilden sich kleine<br />

Gruppen. Alle scheinen plötzlich solidarisch zu sein, demselben<br />

« Clan » anzugehören. Man unterhält sich, gibt sich<br />

gegenseitig Ratschläge. Innerhalb nur weniger Minuten<br />

scheint die Insel in einem Belagerungszustand zu sein. Obwohl<br />

es fast den Anschein erweckt, es herrsche Krieg, ist<br />

auf den Gesichtern keine Angst zu sehen, sondern eher der<br />

Ausdruck einer gewissen Erregung, die immer größer wird.<br />

Die Erregung, an einem Spiel teilzunehmen. Ein grausames<br />

Spiel im Grunde genommen. Eine Jagd, eher eine<br />

Treibjagd. Und noch dazu eine Treibjagd auf Kinder! Was<br />

sind das für Kinder, die man sich anschickt, wie Kaninchen<br />

zu jagen? Für deren Ergreifung die Verwaltung – diese Information<br />

macht in der Gemeinde Le Palais schnell die<br />

Runde und trägt nicht unwesentlich zur plötzlichen Aufgeregtheit<br />

bei – 20 Francs pro Kind ausgesetzt hat? Was<br />

haben diese Kinder getan, um eine solche Vorgehensweise<br />

20 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 21


AM TAG ALS …<br />

zu rechtfertigen?<br />

Alles hat einige Stunden zuvor oben in der Zitadelle<br />

auf den Klippen begonnen. Das alte Gemäuer, das sich<br />

nicht gerade in einem der Gesundheit zuträglichen Zustand<br />

befindet, beherbergt zu dieser Zeit ein sehr düsteres<br />

Gebäude, das weit vom idyllischen Postkartenmotiv entfernt<br />

ist, das man von Belle-Île-en-Mer hat: die Strafkolonie<br />

Haute-Boulogne. Sie wurde durch einen Erlass vom<br />

29. Mai 1880 gegründet und ist eine der Einrichtungen,<br />

die in Frankreich ab den 1830er-Jahren entstanden sind,<br />

um das Problem mit minderjährigen Straftätern zu « regeln<br />

». Hier also landen Kinder im Alter von 13 bis 21<br />

Jahren, die Verbrechen oder Delikte begangen haben. Sie<br />

wurden entweder von der Justiz freigesprochen, weil sie<br />

nicht das notwendige Urteilsvermögen besaßen (weil sie<br />

jünger als 16 Jahre und damit nicht strafmündig waren,<br />

also für ihre Taten nicht verantwortlich gemacht werden<br />

können), die man aber nicht in ihre Familien zurückschicken<br />

will, oder aber Kinder, die für Bagatelldelikte zu<br />

einer Strafe zwischen sechs Monaten und zwei Jahren verurteilt<br />

wurden, die man jedoch nicht in ein « klassisches »<br />

Gefängnis stecken will, wo sie unter den Einfluss volljähriger<br />

Straftäter geraten. Alle werden in diesem – man<br />

kann es nicht anders ausdrücken – « Kindergefängnis »<br />

isoliert. Es gibt alles: von kleinen Dieben, über bereits abgebrühte<br />

Straftäter, bis hin zu Individuen, die Sitten- oder<br />

Tötungsdelikte begangen haben. Aber auch Jugendliche,<br />

die einfach als « Starrköpfe » angesehen werden, die man<br />

oft in einem Schnellverfahren nach Belle-Île geschickt<br />

hat, um sie « wieder auf den rechten Weg zu bringen ».<br />

Schlimmer noch: Viele von ihnen haben sich lediglich des<br />

Vagabundierens schuldig gemacht, ein Verhalten, das bei<br />

Kindern von der französischen Justiz bis 1935 als Delikt<br />

eingestuft wird.<br />

An diesem Abend des 26. August 1934 gegen 19 Uhr<br />

– es ist Essenszeit – wagt es einer der Jugendlichen – vielleicht<br />

aus Ungeduld, wahrscheinlich aber eher aus Hunger<br />

– in seinen Käse zu beißen, bevor er die Suppe löffelt,<br />

die vor ihm steht. Dieses absolut unbedeutende « Vergehen<br />

» ist gemäß den Regelungen der Strafkolonie jedoch<br />

strengstens verboten, da für den Ablauf des Essens eine<br />

genaue Reihenfolge festlegt ist: erst Suppe, dann Fleisch<br />

(sofern es welches gibt), dann Käse, dann Obst. Die Strafe<br />

folgt sofort und ist genauso roh wie alle anderen Bestrafungen,<br />

die es hier gibt: Schläge durch den Aufseher.<br />

Doch angesichts des brutalen Vorgehens verteidigen die<br />

anderen Häftlinge plötzlich ihren Kameraden. Die Stimmen<br />

werden lauter, die Situation gerät schnell außer Kontrolle.<br />

Es entsteht eine richtiggehende Revolte, in deren<br />

Verlauf die fünf Aufseher im Speisesaal schnell überfordert<br />

sind, verletzt und von den Jugendlichen überwältigt<br />

werden. Einige « Bandenführer » unter ihnen organisieren<br />

den Aufstand, der sich schnell in eine regelrechte Meuterei<br />

verwandelt: Durch Rufe informieren sie die übrigen der<br />

etwa 300 jugendlichen Gefangenen in der Zitadelle, die<br />

ihrerseits gegen die wenigen Wächter rebellieren, die der<br />

Lage nicht mehr Herr werden. Die Aufrührer beschaffen<br />

sich Leitern und nutzen diese, um die Befestigungsmauer<br />

zu überwinden. Wut und Enthusiasmus zugleich beherrschen<br />

das Geschehen. Währenddessen konnte trotz allem<br />

Alarm ausgelöst werden, die Sirenen sind bis unten in die<br />

Stadt Le Palais zu hören, Verstärkung strömt herbei. Die<br />

meisten der jungen Gefangenen können relativ schnell<br />

wieder unter Kontrolle gebracht werden. Die Bilanz ergibt<br />

jedoch, dass immer noch 56 Entflohene fehlen!<br />

An der folgenden Jagd ist nicht nur die<br />

örtliche Polizei beteiligt, sondern gänzlich<br />

unerwartet eilt weitere Verstärkung herbei:<br />

Bauern, Händler, Angestellte, Rentner, sogar<br />

Touristen, alle kommen freiwillig, um zu<br />

versuchen, die jungen Ausbrecher einzufangen<br />

und die ausgesetzte Prämie einzustreichen.<br />

Es ist offensichtlich, dass diejenigen, die man<br />

hier – selbstverständlich ohne sie zu kennen –<br />

« Wildlinge », « kleine Nichtsnutze » oder sogar<br />

« Degenerierte » nennt, keinerlei Mitgefühl<br />

hervorrufen. Ganz im Gegenteil. Man misstraut<br />

ihnen, fürchtet sich vor ihnen. Man stellt sich<br />

im Übrigen vor, sie würden in der Zitadelle wie<br />

in einem « Raubtierkäfig » leben. Also muss alles<br />

darangesetzt werden, um sie schnell wieder hinter<br />

Gitter zu bringen. So beginnt eine Treibjagd im<br />

wahrsten Sinne des Wortes, bei der die Ausreißer<br />

wie Wild gejagt werden. Einige Tage später berichtet die<br />

örtliche Zeitung La Nouvelliste du Morbihan über das Ereignis<br />

und benutzt ebenfalls den Ausdruck einer « richtiggehenden<br />

Jagd ». Die anwesenden Sommerfrischler finden<br />

schnell Gefallen daran, offensichtlich sind sie über diesen<br />

unerwarteten Adrenalinstoß begeistert. So berichtet<br />

zumindest die Zeitung Paris-Soir in ihrer Ausgabe vom<br />

31. August: « Plötzlich sah man kleine Beamte, Ärzte<br />

und alle möglichen unbescholtenen Bürger, die gerade<br />

ihren Urlaub in diesem günstigen Ferienort verbrachten,<br />

sich mit Gewehren und Revolvern bewaffnen, die Stirn<br />

runzeln, die Zähne zusammenbeißen, ins Feld ziehen,<br />

um die Übeltäter aufzuspüren und hochstrategische Pläne<br />

auszuarbeiten, um<br />

ihnen den Rückzug<br />

abzuschneiden.<br />

Ein sechzehnjähriger<br />

Jugendlicher<br />

wurde in der Morg<br />

e n d ä m m e r u n g<br />

auf einem Felsen<br />

in der Nähe des<br />

Meeres entdeckt,<br />

wo er die Nacht<br />

verbracht hatte,<br />

Wind, Regen und<br />

dem Grollen der<br />

tosenden Wellen<br />

ausgesetzt.<br />

Oben und<br />

folgende Seiten:<br />

Die Strafkolonie<br />

« Le Salut du<br />

drapeau » in den<br />

30er-Jahren.<br />

Bilder aus einer<br />

Reportage auf<br />

France 3, die das<br />

Innere der heute<br />

leer stehenden<br />

Gebäude zeigen.<br />

Postkarte<br />

(ebenfalls<br />

aus den 30er-<br />

Jahren) mit<br />

einer Abbildung<br />

der Kolonie.<br />

„Hände hoch oder ich schieße!“, ruft der stellvertretende Bürochef<br />

eines Ministeriums, der plötzlich auftaucht. Der Junge entblößt<br />

seine Brust, breitet die Arme aus und sagt ruhig: „Schieß, Alter,<br />

meine Haut gehört dir!“ » In den ersten Nachtstunden werden 40<br />

Flüchtlinge gefangen. Alle ergeben sich ohne Widerstand. Kurz vor<br />

Mitternacht sind noch 16 vermisst. Fischer werden aufgefordert,<br />

ebenfalls bei der Überwachung zu helfen. Bis zum Morgen durchkämmt<br />

man die Insel, 13 weitere Ausbrecher werden gefasst. Am<br />

Tag nach dem Ausbruch, gegen 21 Uhr, erscheinen zwei Flüchtlinge<br />

freiwillig an der Tür der Strafkolonie. Sie sind erschöpft. Nun fehlt<br />

nur noch ein Einziger. Sein Körper wird viel später tot aufgefunden,<br />

sehr wahrscheinlich waren Kälte und die scheußlichen Wetterbedingungen<br />

die Ursache.<br />

Die Verantwortlichen der Strafkolonie hoffen vermutlich, dass damit<br />

die tragische Geschichte dieser Rebellion beendet sei. Doch einigen<br />

Medien, vor allem dem Journalisten Alexis Danan (1890-1979), ist es zu<br />

verdanken, dass dieses Ereignis in den Wochen und Monaten danach<br />

im ganzen Land verbreitet wird und dass sich eine gewisse Erschütterung<br />

breitmacht: Plötzlich erfährt die sprachlose Öffentlichkeit, welches<br />

Schicksal und welche Behandlung die Republik minderjährigen Straftätern<br />

zukommen lässt. Man dachte, die Zeit des Bagnos sei vorbei und<br />

erfährt aus den Zeitungen, die umgehend eine Reihe von Ermittlungen<br />

durchgeführt haben, dass es für Kinder noch existiert. Man vernimmt<br />

verdutzt, dass man in den Einrichtungen,<br />

die scheinheilig « Strafkolonie » oder<br />

« überwachte Erziehungsheime » genannt<br />

werden, Kinder misshandelt, schikaniert,<br />

demütigt, manchmal vergewaltigt, dass<br />

die Gesellschaft ihnen letztendlich jede<br />

Menschlichkeit und Zukunftsaussichten<br />

entzieht. Es ist ein Schock, der aber<br />

glücklicherweise die Dinge ins Rollen<br />

bringt: Aufgrund der Medienkampagne<br />

beschließt die politische Macht gegen<br />

die « Kinder-Bagnos » vorzugehen. Anfang<br />

Oktober unterstützen knapp 200<br />

Abgeordnete aller politischen Lager<br />

die Schaffung einer parlamentarischen<br />

Untersuchungskommission. Am 9. Oktober<br />

werden die Vorfälle auf Belle-Île<br />

vom Justizminister vor den Ministerrat<br />

gebracht, um disziplinarische Verfahren<br />

gegen einige Mitglieder des Gefängnispersonals<br />

einzuleiten, deren Machenschaften in<br />

diesem Zusammenhang ans Tageslicht gekommen sind. Es wird eine<br />

Reform dieser Einrichtungen angekündigt.<br />

Besser noch: Durch den Aufstand der Jugendlichen auf Belle-Île<br />

wird die Verteidigung der « unglücklichen Kindheit » zu einer großen<br />

nationalen Angelegenheit, die von französischen Intellektuellen und<br />

Künstlern aufgegriffen wird, allen voran der berühmte Dichter Jacques<br />

Prévert (1900-1977). Dieser verbringt durch einen großen Zufall im<br />

August 1934 seinen Sommerurlaub auf Belle-Île. Er ist also dort, als die<br />

Revolte beginnt. Prévert ist vom Verhalten der Meute aus Gendarmen,<br />

Inselbewohnern und Touristen zutiefst schockiert und schreibt daraufhin<br />

eines seiner berühmtesten Gedichte: La Chasse à l’enfant. Dieses wird<br />

vom Komponisten Joseph Kosma vertont und ab 1936 von Marianne<br />

22 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 23


AM TAG ALS …<br />

Oswald in Pariser Kabaretts gesungen*. Es ist<br />

ein Erfolg. Einige Jahre später schreibt Prévert,<br />

immer noch von diesen Ereignissen geprägt, für<br />

Marcel Carné (1906-1996), einen der größten<br />

Regisseure des französischen Kinos, auf der Basis<br />

der Ereignisse das Drehbuch für den Film L’île<br />

aux enfants perdus. Aufgrund diverser – vorwiegend<br />

finanzieller – Gründe werden die Dreharbeiten mit<br />

Serge Reggiani, Arletty und Anouk Aimée allerdings<br />

niemals vollendet. Fakt ist, dass die Meuterei<br />

vom 26. August 1934 noch heute in den Köpfen<br />

vieler präsent ist und dass sie nicht umsonst war:<br />

Das « Bagno für Kinder » auf Belle-Île wird 1977<br />

geschlossen und Frankreich überarbeitet nach den<br />

Ereignissen die Politik hinsichtlich der Behandlung<br />

von jugendlichen Straftätern vollständig …<br />

* Das Chanson finden Sie auf YouTube unter folgendem<br />

Link: https://youtu.be/upyoX-MRsNk<br />

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Lesetipps:<br />

Christophe Belser, Le Bagne des<br />

enfants - La colonie pénitentiaire<br />

de Belle-Île-en-Mer, Éditions dB,<br />

204 Seiten, ISBN 978-2812925153.<br />

Bei Weitem die eingehendste<br />

und interessanteste<br />

Untersuchung der dramatischen<br />

Ereignisse rund um den Aufstand<br />

vom 26. August 1934 und seine<br />

Folgen.<br />

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enfants perdus, Éditions<br />

Actes Sud, 190 Seiten,<br />

ISBN 978-2330125219.<br />

Dieses Buch behandelt<br />

auf nicht alltägliche Art die<br />

unglaubliche Geschichte des<br />

nicht vollendeten<br />

Films von Marcel<br />

Carné und<br />

macht sich auf<br />

die Suche nach<br />

den heute verschwundenen<br />

Filmrollen. Eine<br />

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Vorfälle von 1934<br />

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UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand-Est / Bas-Rhin<br />

Das Geheimnis des<br />

fehlenden Turms der Kathedrale<br />

von Straßburg<br />

26 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 27


UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand-Est / Bas-Rhin<br />

Jahr für Jahr besichtigen ungefähr vier Millionen<br />

Menschen die Kathedrale Notre-Dame de Strasbourg.<br />

Dies entspricht zwar nur einem Drittel der<br />

Besucher von Notre-Dame de Paris vor ihrer<br />

Schließung wegen des Großbrandes, doch immerhin<br />

sind es doppelt so viele wie in den Kathedralen<br />

von Reims und Chartres. Insofern ist<br />

das Straßburger Münster nicht nur ein Symbol<br />

der Stadt, sondern auch eines der französischen<br />

Monumente, die man unbedingt gesehen haben<br />

sollte. Die Silhouette dieses einmaligen Gebäudes<br />

mit der beeindruckenden, 142 Meter hohen<br />

Turmspitze ist zu einem so einprägsamen Bild<br />

geworden, dass man nahezu eines ihrer wesentlichen<br />

Merkmale vergisst: Sie besitzt nur einen<br />

einzigen Turm. Hinterfragt man dieses erstaunliche<br />

Charakteristikum, taucht man in einen geschichtlichen<br />

Hintergrund mit vielen Fragezeichen,<br />

Schätzungen und Mutmaßungen ein, der<br />

nach wie vor die Gemüter beschäftigt …<br />

Als der junge Goethe (1749-1832) 1770 im Alter<br />

von 21 Jahren nach Straßburg kam, wollte er in<br />

dieser Stadt lediglich einen Zwischenstopp auf<br />

seiner Reise nach Paris einlegen. Er erlag jedoch ihrem<br />

Charme, mietete dort ein Zimmer und schrieb sich an der<br />

Universität ein. Das hübsche rote Fachwerkhaus, in dem er<br />

wohnte, gibt es nach wie vor; es steht in der Rue du Vieux-<br />

Marché-aux-Poissons <strong>Nr</strong>. 36, ganz in der Nähe der Kathedrale<br />

Notre-Dame de Strasbourg. Unweigerlich zog das in<br />

sich widersprüchliche Gebäude – es erscheint einerseits<br />

monumental, andererseits durch sein « Spitzenkleid aus<br />

Stein » gleichzeitig grazil – den jungen Goethe sofort in<br />

seinen Bann: Aus Dokumenten ist zu entnehmen, dass<br />

Goethe bereits am ersten Tag beschlossen hatte, die 330<br />

Stufen zur Aussichtsplattform des Südturmes, der keine<br />

Turmspitze besitzt, hinaufzusteigen. Wie seine Zeitgenossen<br />

stufte der deutsche Dichter die Kathedrale mit der 142<br />

Meter hohen Turmspitze sogleich als etwas Außergewöhnliches<br />

ein, zu dem es auf der ganzen Welt nichts Ebenbürtiges<br />

gab. Während der Jahre, die er in Straßburg<br />

verbrachte, inspirierte sie ihn im Übrigen immer wieder,<br />

wie es mehrere seiner Werke bezeugen. Dabei war Goethe<br />

nicht der Einzige, der von dem Bauwerk tief beeindruckt<br />

war. Bereits der Dichter und Humanist Jakob Wimpfeling<br />

(1450-1528), dem man als Elsässer naturgemäß einen gewissen<br />

Stolz auf diesen Bau zugestehen muss, sah in der<br />

Turmspitze neben der Cheopspyramide (137 Meter hoch),<br />

den hängenden Gärten zu Babylon, dem Artemis-Tempel<br />

in Ephesos, der Zeusstatue in Olympia, dem Mausoleum<br />

zu Halikarnassos, dem Leuchtturm auf der Insel Pharos<br />

vor Alexandria und dem Koloss von Rhodos bereits « das<br />

achte Weltwunder ». Wenn das nichts ist! Dieser Gedanke<br />

ist vielleicht gar nicht so abwegig, denn 2015, als man den<br />

1000. Geburtstag des Straßburger Münsters beging, war<br />

die Begeisterung der Besucher nach wie vor ungebrochen.<br />

Für die Geschichtsforscher ist der Ursprung dieses<br />

beeindruckenden Bauwerks zwar noch immer unklar,<br />

doch alle sind sich darin einig, dass die Kathedrale auf<br />

dem Fundament einer noch älteren römischen Kathedrale<br />

mit zwei Türmen errichtet wurde. Man weiß, dass diese<br />

– vermutlich nach einem Brand – ein erstes Mal wieder<br />

aufgebaut worden war, bevor die Flammen sie 1007 ein<br />

weiteres Mal zerstörten und – glaubt man den Schriften<br />

– mit ihr « ungefähr ein Drittel der ganzen Stadt ». Dank<br />

Schenkungen reicher Familien aus der Region konnte der<br />

Straßburger Bischof Wernher (?-1028) im Jahr 1015 erneut<br />

ihre Wiedererrichtung in Angriff nehmen. Die Geldgeber<br />

verlangten als Gegenleistung, in dem Gebäude bestattet zu<br />

werden. Im 12. Jahrhundert ging der Bau dieses gewaltigen<br />

Vorhabens nur sehr langsam vorwärts, da er durch eine<br />

Folge von Bränden – 1136, 1140, 1150 und 11<strong>76</strong> – immer<br />

wieder gebremst wurde. Im 13. Jahrhundert beschleunigte<br />

sich dann der Fortgang der Arbeiten. Es scheint,<br />

als wäre die Planung verbessert worden. Während sie im<br />

romanischen Stil begonnen worden war, wurde sie nun im<br />

gotischen fortgesetzt. Historiker brachten Pläne aus den<br />

Im Laufe der<br />

Jahrhunderte gab es<br />

mehrere Darstellungen<br />

der Kathedrale<br />

mit zwei Türmen.<br />

Diese Zeichnung<br />

des Architekten Karl<br />

Friedrich Schinkel<br />

(1781-1841), der unter<br />

anderem für das<br />

Konzerthaus auf dem<br />

Gendarmenmarkt<br />

und das Alte Museum<br />

in Berlin bekannt<br />

ist – ist eine der<br />

detailgetreusten. Sie<br />

stammt vom Anfang<br />

des 19. Jahrhunderts.<br />

28 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong>


UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand-Est / Bas-Rhin<br />

Jahren 1260-1270 ans Tageslicht, die<br />

eine halbe, der aktuellen sehr ähnliche<br />

Vorderfront und einen Turm zeigten.<br />

Ihrer Meinung nach kann man daraus<br />

nicht schließen, dass tatsächlich nur ein<br />

einziger Turm geplant war: Damals war<br />

es üblich, für derartige Gebäude nur die<br />

Hälfte zu zeichnen, wobei der Plan jedoch<br />

als « symmetrische Verdoppelung »<br />

zu verstehen war. Demnach scheint es<br />

so, als wären im 13. Jahrhundert zwei<br />

identische Türme mit jeweils einer<br />

Turmspitze vorgesehen gewesen.<br />

Im Verlauf des 14. Jahrhunderts entstanden<br />

die unteren Teile des Nord- und zweiten Turms stand früher das<br />

Auf der Aussichtsplattform des<br />

Südturms nach dem Vorbild der heutigen<br />

Stirnseite von Notre-Dame de Pa-<br />

vor allem vor Bränden in der Stadt<br />

Wächterhaus, dessen Bewohner<br />

warnen sollten. Im heutigen,<br />

ris; sie sollten demnach direkt oberhalb 1782 erbauten Gebäude befinden<br />

der zentralen Rosette beginnen. Doch sich in einer Ecke Überreste<br />

da es im Heiligen Römischen Reich des zwar begonnenen, aber nie<br />

vollendeten zweiten Turms.<br />

(zu dem Straßburg bis ins 17. Jahrhundert<br />

gehörte) üblich war, dass die Baumeister<br />

sich gegenseitig zu übertreffen<br />

suchten, wurde der ursprüngliche Plan überarbeitet. « Für<br />

Gottes Ruhm ist nur das Beste gut genug », dachte man.<br />

Lannion<br />

Vor allem wollte man die Nachbarn übertreffen und « den<br />

N12/E50<br />

höchsten Turm der Christenheit » konstruieren. Brest Man beschloss<br />

also, den Raum zwischen den beiden Türmen zu<br />

schließen, um die Fassade noch höher und imposanter zu<br />

N164<br />

gestalten. So reckte sich 1439 die vollendete Turmspitze des<br />

Münsters bis in eine Höhe von 142 Metern gen Himmel, Quimper<br />

zweiten, durchaus geplanten Turmspitze<br />

könnte auf gewisse Bedenken hinsichtlich<br />

des Fundaments zurückzuführen<br />

sein. Die erste Turmspitze hatte bereits<br />

ein hohes, ein sehr hohes Gewicht. Die<br />

Kathedrale ruht aber zum Teil auf Pfeilern<br />

oberhalb eines unterirdischen Sees.<br />

Eine zweite Turmspitze hätte daher<br />

unter Umständen ein ernsthaftes Risiko<br />

für die Standfestigkeit des Gebäudes bedeutet<br />

… Keine dieser Hypothesen gilt<br />

heute wahrscheinlicher als die anderen,<br />

einig ist man sich jedoch darin, dass alle<br />

einen Grund darstellen könnten, warum<br />

die zweite Turmspitze niemals gebaut<br />

Montalivet<br />

Caen<br />

Angers<br />

Saint-Sigismond<br />

Niort<br />

Le A29/E44 Havre<br />

A131<br />

Honfleur<br />

Alençon<br />

A13/E46<br />

Le Mans<br />

A28/E402<br />

A11/E501<br />

A28/E502<br />

Angoulême<br />

A86/E60<br />

Monts<br />

Poitiers<br />

Jumièges<br />

A10/E5<br />

hierher, um Tabak zu rauchen und schlechtes Bier zu trinken;<br />

Neugierige setzen sich an den Rand der Balustrade,<br />

um die Turmspitze oder die Landschaft zu betrachten;<br />

Gent<br />

und Fremde, die darauf bedacht sind, ein Andenken für<br />

Calais Dunkerque<br />

die Nachwelt zu hinterlassen, ritzen ihre vollständigen<br />

Namen in die Steinplatten der Plattform. Von morgens<br />

bis abends trinkt, Boulogne raucht, schreit, Roubaix lästert man dort oben,<br />

spricht man von Krieg und Liebe […] Und all das spielt<br />

Lille<br />

sich über dem Kirchenschiff ab. »*<br />

In den Jahren um 1870, als Elsass-Lothringen – und<br />

damit Straßburg – erneut zu Deutschland gehörte und die<br />

Arras<br />

beiden Türme des Kölner Doms gerade fertiggestellt worden<br />

waren, kam noch einmal die Idee auf, das Straßburger<br />

Münster mit einer zweiten Turmspitze<br />

Guyencourt-Saulcourt<br />

auszustatten. Davon<br />

zeugen mehrere<br />

Amiens<br />

Pläne und Zeichnungen von Architekten<br />

aus der damaligen Zeit. Die öffentliche<br />

A1/E15-E19<br />

Meinung<br />

Reiseinfos & Lesetipps für Ausflüge A26/E17 in die Umgebung<br />

Straßburg …<br />

A13/E5 … Berlin 730 km …<br />

A16<br />

Hamburg 755 km<br />

… Köln 357 km … Frankfurt 211 km<br />

Evreux<br />

… München 350 km … Wien 778 km<br />

… Zürich 206 km … Paris 464 km<br />

PARIS<br />

Versailles<br />

Dreux<br />

Der nächstgelegene Flughafen, der aus<br />

dem deutschsprachigen Raum direkt<br />

A6/E15<br />

angeflogen wird, ist Straßburg (11 A5/E54 km<br />

Chartres<br />

vom Stadtzentrum entfernt).<br />

A11/E50<br />

A10/E5-E60<br />

Rouen<br />

Der Bahnhof von Straßburg ist an das<br />

TGV-Netz angeschlossen.<br />

A10/E5<br />

Kathedrale Notre-Dame Orléans de Strasbourg<br />

Place de la cathédrale<br />

67000 Strasbourg<br />

Blois www.cathedrale-strasbourg.fr Chambord<br />

und<br />

www.visitstrasbourg.fr/de<br />

Cheverny<br />

Tours Chenonceau<br />

A85<br />

A71/E9<br />

Bourges<br />

A4/E50<br />

Bruxel<br />

Die Plattform A26/E17 mit dem Wächterhaus<br />

(Höhe 66 m) erreicht man über<br />

eine Wendeltreppe Troyes mit 330 Stufen.<br />

Aufgrund der Coronavirus-Krise ist der<br />

Sens Zugang zurzeit noch gesperrt. A5/E17-E54 Es wird<br />

mit einer baldigen Wiedereröffnung<br />

gerechnet. Eine gute Kondition ist<br />

erforderlich. Zugang am Place du<br />

Château. Châtillon-sur-Seine<br />

Auxerre<br />

Eintritt: 8 €, ermäßigt 5 €.<br />

A6/E15<br />

Letzter Aufstieg 45 Min. vor<br />

Schließung. Vézelay Avallon Flavigny<br />

Bitte überprüfen Sie die<br />

Uhrzeiten bei Wiedereröffnung. Dijon<br />

Spitze auf dem südlichen Turm im<br />

N13<br />

15. Jahrhundert nicht vollständig hatte<br />

Saint-Lô<br />

fallenlassen und dass dessen Konstruktion<br />

möglicherweise trotz allem begonnen<br />

worden war. Auf der Plattform dieses Turms wurden<br />

A84/E401<br />

Überreste gefunden, die auf das Saint-Malo Fundament einer solchen<br />

Avranches<br />

hindeuten, nämlich dort, wo sich heute das 1782 erbaute<br />

Haus des Wächters befindet, das<br />

N1<strong>76</strong>/E401 Mont-Saint-Michel<br />

Saint-Brieuc<br />

als Boutique und Schutz<br />

N12/E50<br />

für die Besucher dient. Allerdings gibt A84 es heute keine<br />

sichtbaren Spuren, die diese Hypothese bestätigen. Eines<br />

ist auf jeden Fall sicher: Niemand kann mit Bestimmtheit<br />

sagen, warum der Bau der zweiten Turmspitze, sollte man<br />

D<strong>76</strong>8<br />

Rennes<br />

womit sie in der Tat die höchste der ganzen Christenheit Combrit ihn wirklich begonnen haben, quasi umgehend wieder<br />

war. Das reichte, um Eindruck zu machen! Und damit wurde<br />

der Bau eines zweiten Turms nun mehr als verzichtbar Die Lorient Menschen in Straßburg und die zahlreichen Be-<br />

N165/E60<br />

N24<br />

eingestellt worden war.<br />

angesehen. Der erste war eine Frage des Stolzes gewesen, sucher des Münsters Vanneshaben sich auf jeden Fall daran gewöhnt,<br />

dass dieses<br />

aber da Notre-Dame de Strasbourg nun bereits die höchste<br />

N165/E60<br />

Bauwerk nur eine einzige Turmspitze<br />

Quiberon<br />

Turmspitze besaß, warum sollte man<br />

besitzt. Im Laufe der Jahrhunderte<br />

A11/E60<br />

jetzt noch eine zweite konstruieren? Die<br />

La entwickelte Baule sich die fehlende Spitze sogar<br />

zu St. einem Nazaire Trumpf für die Stadt. Der<br />

Herausforderung war bestanden, die<br />

Nantes<br />

Nachbarn waren beeindruckt, mehr war<br />

freie Raum oben auf dem Turm A87wurde<br />

nicht notwendig. Es könnte aber noch<br />

schnell von denjenigen<br />

Clisson<br />

geschätzt, die<br />

Cholet<br />

andere Gründe für die Nichtvollendung<br />

einen einzigartigen Panoramablick<br />

des zweiten Turms gegeben haben.<br />

auf Stadt und Umgebung<br />

A83<br />

suchten.<br />

Historikern zufolge spielten vielleicht<br />

Dadurch wurde Les Sablesd’Olonne<br />

dieser Ort sogar so<br />

auch die Finanzen eine Rolle. Der Bau<br />

begehrt, dass dort oben auf der Kathedrale<br />

eine gelinde gesagt unerwartete<br />

der ersten Turmspitze hatte enorm<br />

A83<br />

viel Geld verschlungen. Die Kassen<br />

Atmosphäre entstand … Darüber berichtete<br />

zumindest 1835 der Reisende<br />

der Fondation de l‘Oeuvre Notre-Dame<br />

N11/E601<br />

– der Liebfrauenstiftung –, die mit<br />

Xavier Marmier (1808-1892): « An dem<br />

der Finanzierung betraut war, waren<br />

Ort, wo sich der zweite Turm<br />

La Rochelle<br />

emporrecken<br />

sollte, gibt es ein Haus, in dem der<br />

E5/A10<br />

Ende des 15. Jahrhunderts nicht mehr<br />

so gut gefüllt, sodass Einsparungen<br />

* Zitat aus dem<br />

Wächter der Kathedrale wohnt; E602/A837dank<br />

bemerkenswerten Buch<br />

vermutlich willkommen waren. Und<br />

von Fabien Baumann und<br />

dieses Wächters, der Tabakhändler,<br />

die Geschichtswissenschaftler warten<br />

Claude Muller, Notre-Dame de Gastwirt, Maurer gleichzeitig ist, spielt<br />

noch mit einer weiteren Theorie auf:<br />

Strasbourg, du génie humain sich dort von Zeit zu Zeit ein eigenartiges<br />

Spektakel ab. Soldaten<br />

à l’éclat divin, Éditions du<br />

Die Einstellung der Konstruktion einer<br />

Signe, ISBN 978-2746831889.<br />

kommen<br />

wurde.<br />

Cherbourg-<br />

Octeville<br />

Schriftliche Überlieferungen aus<br />

dem 19. und 20. Jahrhundert bestätigen,<br />

dass man den Gedanken an eine<br />

Werktage: Besichtigung Reims der<br />

Kathedrale von 10.00 bis 11.15 Uhr und<br />

von 12.45 bis 16.45 Uhr. Vorstellung<br />

der astronomischen Uhr um 12.00 Uhr<br />

Epernay Châlons-en-<br />

(Einlass ab 11.30 Champagne Uhr).<br />

Sonn- und Feiertage: Besichtigung nur<br />

von 13.30 bis 17.15 Uhr.<br />

Es herrscht Maskenpflicht.<br />

Beaune<br />

A20/E9Ausgabe <strong>Nr</strong>. 74:<br />

Mit dem Hausboot A71/E11 100% elektrisch durchs Elsass<br />

Chalon-sur-Saône<br />

Der Bootsvermieter Les Canalous – einer der Marktführer<br />

A6/E15<br />

in Europa, der seine Boote selbst konstruiert –<br />

hat eines der allerersten Hausboote entwickelt,<br />

die 100 % elektrisch betrieben werden. Wir<br />

Cluny<br />

haben es einige Tage lang getestet, und zwar<br />

Montluçon auf dem Rhein-Marne-Kanal, östlich von<br />

Straßburg, da diese Wasserstraße in Frankreich<br />

zu den Wegbereitern in Sachen Ausrüstung<br />

A71/E11<br />

mit Schnell-Ladestationen zählt. Nachfolgend<br />

unser Reisetagebuch einer Hausbootfahrt, die nicht nur 100 % elektrisch und<br />

damit leise war, sondern auch mit schönen Clermont- Entdeckungen A72/E70 und Begegnungen<br />

aufwartete. Limoges<br />

Ferrand<br />

Lyon<br />

A89/E70 Puy de Dôme<br />

widersetzte sich allerdings derartigen Plänen, zumal die<br />

Kathedrale bereits seit 1862 als Monument historique klassifiziert<br />

worden war. Wie der Presse damals zu entnehmen<br />

war, sahen die Straßburger darin sogar ein « Attentat auf<br />

das Münster »: Für sie trug die einzige Turmspitze von<br />

Notre-Dame zu einer sofortigen Wiedererkennbarkeit bei.<br />

Das war ein wertvolles Merkmal, und vor allem war es<br />

zu spät, um die Architektur Liege zu verändern. Das Schicksal<br />

hatte so entschieden, und das war, da war man sich einig,<br />

Charlroi sehr gut so! Eines ist auf jeden Fall sicher: Über die wahren<br />

Gründe, warum der Bau der zweiten Turmspitze im<br />

15. Jahrhundert eingestellt wurde, bestehen nach wie vor<br />

Zweifel. Dies ist eines der zahlreichen Geheimnisse des<br />

Straßburger Münsters. Und die Geschichtsforscher geben<br />

die Hoffnung nicht auf, dass sie es eines Tages doch noch<br />

Charleville-Mézières<br />

lüften werden …<br />

Luxembourg<br />

Antwerpen<br />

A34/E46<br />

A38<br />

A4/E50<br />

A31/E17-E21<br />

A4/E25<br />

A31/E21-E23<br />

A4<br />

Metz<br />

A31/E21-E23<br />

Nancy<br />

France<br />

Besançon<br />

A75/E11<br />

A43/E70<br />

Chambéry<br />

INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG le Mont-Dore DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 86.<br />

St.-Etienne<br />

Saarbrücken<br />

A4/E25<br />

Bitche<br />

Strasbourg<br />

Colmar<br />

A35<br />

A35/E25<br />

Mulhouse<br />

A36/E60<br />

Belfort<br />

Basel<br />

Bern<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 72<br />

Ecomusée d’Alsace, das Unmögliche<br />

möglich machen (97 km entfernt)<br />

Das Écomusée Lausanne d’Alsace ist durch<br />

die Initiative einiger motivierter<br />

Menschen entstanden, die damit<br />

das architektonische Kulturerbe<br />

des Elsass retten wollten. Es ist<br />

Genève<br />

Schweiz<br />

ein gutes Beispiel dafür, wie man<br />

mit Courage und harter Arbeit<br />

eine touristische Sehenswürdigkeit kreieren<br />

Annecy<br />

kann, hinter der ein besonderer Sinn steht.<br />

A5/E35<br />

Freiburg<br />

A35<br />

Deutsc<br />

30 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

E5/A10<br />

Périgueux<br />

A89/E70<br />

Le Pescher<br />

Souillac sur<br />

Tulle<br />

Brive-la-Gaillarde<br />

Saillac<br />

A49/E713<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> ·<br />

Grenoble<br />

31<br />

Briançon<br />

Italien<br />

Torino


UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne / Finistère<br />

Eine Reise zu Pflanzen<br />

aus der ganzen Welt


UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne / Finistère<br />

34 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 35


UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne / Finistère<br />

Das Landesinnere der Bretagne ist zwar<br />

weniger bekannt als die Küste, hält aber<br />

dennoch schöne Überraschungen bereit.<br />

Manchmal sogar ganz unerwartete. Eine<br />

davon ist der Parc botanique de Cornouaille<br />

südwestlich von Quimper, zwischen<br />

Bénodet und Pont-l’Abbé. Er ist ein regelrechtes<br />

Juwel. Gartenliebhaber und Pflanzenexperten<br />

kennen ihn und kommen<br />

manchmal von weit her, um ihn zu erkunden.<br />

Die meisten anderen Besucher sind<br />

sehr erstaunt, wenn sie feststellen, dass<br />

nur wenige Kilometer von der Küste entfernt<br />

ein so ausgedehnter und bemerkenswerter<br />

Park zu einer Entdeckungsreise einlädt.<br />

Er bietet eine gute Gelegenheit, die<br />

grüne Bretagne abseits der ausgetretenen<br />

Pfade zu entdecken.<br />

Manchmal öffnet man eine Tür und hat sofort den<br />

Eindruck, in ein ganz anderes Universum einzutreten.<br />

Das ist hier, im Herzen des Pays bigouden<br />

– eine Gegend, die viele Bretonen als die « echte<br />

Bretagne » bezeichnen –, der Fall, wobei es sich nicht wirklich<br />

um eine Tür, sondern eher um ein einfaches Gartentor<br />

handelt. Betritt man durch dieses Tor den Jardin botanique<br />

de Cornouaille, hat man sofort das Gefühl, dem Alltag zu<br />

entfliehen. Er ist einer der schönsten Gärten Frankreichs<br />

und wurde vom Französischen Kulturministerium mit dem<br />

Label Jardin remarquable ausgezeichnet. Bei einem Aufenthalt<br />

in der Region ist dieser relativ unbekannte Ort auf jeden<br />

Fall einen Umweg wert.<br />

Verantwortlich für diesen botanischen Garten ist<br />

Xavier Guéguen. Er ist heute mit Sicherheit froh, dass er<br />

während der Ausgangssperre im Frühjahr, als viele resignierten,<br />

beschlossen hatte, den Unterhalt der 4,5 Hektar<br />

großen Fläche mit seinen fünf Mitarbeitern fortzuführen<br />

und mithilfe des Onlineversands über seine Website auch<br />

die Aktivität der Baumschule aufrechtzuerhalten. Durch<br />

diese kluge und mutige Vorgehensweise konnte er den<br />

Park auf die Wiedereröffnung vorbereiten, den Kontakt<br />

zu den Kunden halten und zumindest einen kleinen Umsatz<br />

erwirtschaften. Im Nachhinein gesehen scheint das<br />

die richtige Strategie gewesen zu sein. Nach Umsetzung<br />

der notwendigen Hygienemaßnahmen – zum Beispiel<br />

durch die Ausschilderung eines Rundgangs, damit sich<br />

die Besucher nicht kreuzen – wurde der Park am 11. Mai<br />

zur Freude der Menschen wiedereröffnet. Viele warteten<br />

bereits ungeduldig darauf, die Natur in ihrer ganzen Üppigkeit<br />

und Vielfalt wiederzuentdecken, denn der Jardin<br />

botanique de Cornouaille präsentiert immerhin knapp<br />

4000 Pflanzenarten, deren Blüte sich von März bis August<br />

erstreckt. Nach den Wochen des « Eingesperrtseins »<br />

also eine willkommene Abwechslung, um auf andere Gedanken<br />

zu kommen.<br />

Die Geschichte dieses Gartens begann mit einer unglaublichen<br />

Leidenschaft. Nämlich mit der Leidenschaft<br />

von Xaviers Vater, Jean-Pierre Guéguen, für Botanik.<br />

Dieser passionierte Reisende war von einer unstillbaren<br />

Neugier erfüllt und zog viele Jahre kreuz und quer durch<br />

die Welt. Von seinen Reisen brachte er stets neue Pflanzen<br />

– möglichst seltene oder ungewöhnliche – mit, die er hoffte,<br />

im bretonischen Klima heimisch machen zu können.<br />

Als hervorragender Kenner seiner Gegend wusste er sehr<br />

wohl, wie sich die verschiedenen Böden unterscheiden<br />

und dass es einen entscheidenden Faktor gab, der zum<br />

Gelingen seiner Experimente beitragen würde: den Golfstrom.<br />

Gerade in diesem Teil der Bretagne sorgt dieser<br />

für ein Mikroklima, von dem viele Gärtner nur träumen<br />

können …<br />

Jean-Pierre Guéguen hatte also von seinen Reisen<br />

Hunderte und Aberhunderte von Pflanzen mitgebracht,<br />

eingepflanzt, manche vermehrt und alle verhätschelt.<br />

Darüber hinaus traf sich der Liebhaber üppiger englischer<br />

Gärten vor Ort in England mit hochrangigen Spezialisten<br />

auf diesem Gebiet und holte von ihnen Ratschläge ein. So<br />

machte er beispielsweise die Bekanntschaft von Harold<br />

Hilliers, dem Gründer der prestigeträchtigen Gärtnerei<br />

Hilliers, und von Dr. Cullen, einem der Verantwortlichen<br />

des nicht minder renommierten Royal Botanical Garden<br />

im schottischen Edinburgh. Diese internationalen Kapazitäten<br />

schätzten das Vorhaben des Franzosen, bestimmte<br />

Pflanzenarten in der Bretagne akklimatisieren zu wollen<br />

und standen ihm mit Rat und Tat zur Seite. Auf diese<br />

Weise entwickelte sich der Parc botanique de Cornouail-<br />

36 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 37


UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne / Finistère<br />

ausgesprochen wohltuendes Gefühl in dieser komplizierten<br />

Zeit …<br />

Darüber hinaus können Besucher des botanischen<br />

Gartens, die sich für Steine interessieren, ein Mineralienmuseum<br />

besuchen. Es besitzt ebenfalls eine umfangreiche<br />

und sehr vielfältige Sammlung. Vermutlich ist es aber ein<br />

ganz anderer Bereich, der die meisten Menschen in seinen<br />

Bann zieht: Seit 1996 gibt es im hinteren Teil des Jardin<br />

botanique de Cornouaille einen sehr poetisch angelegten<br />

Wassergarten mit einer unglaublichen Vielfalt an Iris,<br />

Lotos, Seerosen und anderen Wasserpflanzen. Viele Bänke<br />

rund um den 6000 m² großen See laden dazu ein, die<br />

Natur einfach zu betrachten, auf sich wirken zu lassen,<br />

vielleicht auch zu meditieren. Hier fühlt sich jeder ganz<br />

besonders in eine andere Welt, an ferne Ufer versetzt. Nur<br />

einige für die Region typische Bäume im Hintergrund<br />

erinnern daran, dass man sich nur wenige Hundert Meter<br />

vom Meer entfernt befindet. Wenngleich die Bananenstauden<br />

des Parks regelmäßig Früchte tragen, darf man<br />

nicht vergessen, dass ganz in der Nähe Crêpes und Cidre<br />

auf alle diejenigen warten, die nach dieser unerwarteten<br />

und abwechslungsreichen Reise Appetit bekommen haben.<br />

Doch diese Rückkehr in die Realität ist nicht unangenehm.<br />

Ganz im Gegenteil.<br />

Lesetipps & Reiseinfos<br />

le seit seiner Gründung 1981 stets weiter und beherbergt<br />

heute unter anderem eine sehr bemerkenswerte Sammlung<br />

von Rhododendren, die dem bretonischen Klima<br />

widerstehen. Von März bis Juli/August blühen dort insgesamt<br />

420 Exemplare dieser Spezies – z. B. Sinogrande,<br />

Macabeanum, Auriculatum, Decorum und Fornunei –,<br />

wobei sich vor allem letztere durch besonders große und<br />

viele Blüten auszeichnen.<br />

Bei einem Besuch des Parks fällt jedoch auf, dass diese<br />

Rhododendren, so bemerkenswert sie auch sein mögen,<br />

bei Weitem nicht die einzigen Stars dort sind. Der Garten<br />

im englischen Stil voller Ecken und Winkel bietet<br />

sehenswerte Pflanzen in Hülle und Fülle, eine schöner als<br />

die andere. Entlang der ausgesprochen gut unterhaltenen,<br />

schattigen Wege entdeckt der Besucher unzählige Kamelien,<br />

Magnolien, Ahornbäume, Farnkräuter und natürlich<br />

auch die für die Bretagne so typischen Hortensien. Alle<br />

Pflanzen sind durch ein durchdachtes Erkennungssystem<br />

eindeutig bestimmbar. Insgesamt kann man mehr als<br />

25 000 Pflanzen entdecken, was selbst anspruchsvollste<br />

Gartenfreunde ins Staunen versetzt. Vor allem aber<br />

hat man das Gefühl, auf einer Strecke von nur wenigen<br />

Metern die verschiedensten Ecken unseres Planeten zu<br />

erkunden: von Lateinamerika über Asien bis Europa. Ein<br />

15<br />

14<br />

13<br />

Parc botanique de Cornouaille …<br />

… Berlin 1594 km … Hamburg 1411 km<br />

… Köln 1031 km … Frankfurt 1148 km<br />

… München 1450 km … Wien 1978 km<br />

… Zürich 1160 km … Paris 5<strong>76</strong> km<br />

… Brest 90 km … Quimper 19 km<br />

Der nächstgelegene Flughafen, der aus<br />

dem deutschsprachigen Raum direkt<br />

angeflogen wird, ist Nantes-Atlantique<br />

(236 km).<br />

Der nächstgelegene TGV-Bahnhof liegt<br />

in Quimper (19 km).<br />

Parc botanique de Cornouaille<br />

Route de Pont-L’Abbé<br />

29120 Combrit<br />

Telefon: +33 (0)2 98 56 44 93<br />

www.parcbotanique.com<br />

Von März bis Mitte November täglich<br />

10 – 12 Uhr und 14 – 18 Uhr. Die<br />

Baumschule, in der man zahlreiche<br />

Pflanzen kaufen kann und bei Bedarf<br />

auch Tipps erhält, ist ganzjährig<br />

geöffnet.<br />

Sowohl Park als auch Baumschule<br />

sind allerdings während der jährlichen<br />

Betriebsferien vom 20. September bis<br />

15. Oktober geschlossen.<br />

Planen Sie für den Besuch (botanischer<br />

Garten und Mineralienmuseum)<br />

mindestens zwei Stunden ein. Die<br />

Wege des Parks sind schattig und<br />

gut begehbar; es gibt zahlreiche<br />

Bänke. Tiere sind nicht zugelassen.<br />

Kostenloser Parkplatz. Im Park ist<br />

das Tragen der Maske freigestellt, im<br />

Mineralienmuseum herrscht dagegen<br />

Maskenpflicht.<br />

Brest<br />

Quimper<br />

Combrit<br />

Lannion<br />

N12/E50<br />

Saint-Brieuc<br />

N164<br />

N165/E60<br />

Lorient<br />

Quiberon<br />

D<strong>76</strong>8<br />

N12/E50<br />

N24<br />

Vannes<br />

N165/E60<br />

1 Kostenloser Parkplatz und Picknick-Platz<br />

2 Empfang – Mineralienmuseum<br />

3 Toiletten<br />

4 Riesenblättrige Pflanzen<br />

5 Kletterhortensien<br />

6 Unterholzpflanzen<br />

7 240 Varietäten japanischer Ahornbäume<br />

8 Bienenweiden<br />

9 Pflanzen aus Neuseeland<br />

10 Wassergarten<br />

11 Fleischfressende Pflanzen<br />

12 Magnolien<br />

13 Bambuslabyrinth<br />

14 Hortensien am Wasser<br />

15 Eukalyptus-Allee<br />

16 Kamelien-Allee<br />

17 Exotischer Garten<br />

18 Steingarten<br />

19 Magnolie « Maryland » mit<br />

unvergesslichem Duft<br />

20 Hartriegel und Rhododendren<br />

21 Gewächshäuser für die Pflanzenvermehrung<br />

und Produktionsbereich (nicht zugänglich)<br />

22 Gärtnerei und Beratung<br />

21<br />

3<br />

2<br />

22<br />

Museum<br />

1<br />

16<br />

18<br />

5<br />

4<br />

19<br />

17<br />

6<br />

7<br />

20<br />

8<br />

9<br />

12<br />

10<br />

11<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 73:<br />

Pays bigouden,<br />

die Bretagne in konzentrierter Form<br />

Im äußersten Westen der Bretagne<br />

bilden 20 Gemeinden eine kleine<br />

Region: das Pays bigouden.<br />

Hier wird die wilde<br />

Schönheit der bretonischen<br />

Landschaft in besonderem<br />

Maße durch die<br />

Entschlossenheit und den<br />

Mut der Menschen ergänzt,<br />

Eigenschaften, welche<br />

die Femme bigoudène<br />

mit ihrer Tracht und der<br />

berühmten Spitzenhaube seit Generationen verkörpert.<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 66:<br />

Locronan, die bretonische Seele par<br />

excellence (30 km entfernt)<br />

Im Süden des Departements Finistère, rund<br />

15 Kilometer nordwestlich von Quimper<br />

und nur fünf Kilometer vom<br />

Meer entfernt, liegt das Dorf<br />

Locronan, eines « der schönsten<br />

Dörfer Frankreichs ». Es ist nicht<br />

von der Hand zu weisen, dass<br />

Locronan ein wenig die Seele der<br />

ganzen Bretagne widerspiegelt.<br />

Und das Dorf ist vor allem auch<br />

deshalb einen Besuch wert, weil<br />

seine Bewohner es verstanden haben, eine Authentizität<br />

zu wahren, die man in Dörfern mit einem derartigen<br />

Bekanntheitsgrad nur selten findet.<br />

La Baule<br />

St<br />

Eingang<br />

INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 86.<br />

38 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 39


UNTERWEGS IN FRANKREICH Burgund-Franche-Comté / Haute-Saône<br />

Denkt man an Produkte aus Burgund, kommen einem unweigerlich<br />

Wein und Senf in den Sinn. Doch ein kleines<br />

rotes Obst, das zwar viel diskreter, bei Feinschmeckern<br />

jedoch überaus beliebt ist, könnte diese Region mit Fug<br />

und Recht ebenfalls repräsentieren: die Kirsche. Seit mehr<br />

als 150 Jahren hat sie zur Entwicklung eines Landstrichs<br />

an den Ausläufern der Vogesen beigetragen, sodass dieser<br />

sogar Pays de la Cerise, Kirschenland, genannt wird. Von<br />

dort stammen der berühmte Kirsch und zahlreiche andere<br />

Produkte. Im berührenden Écomusée du Pays de la Cerise<br />

erfährt man mehr über dieses verkannte regionale Kulturerbe<br />

und ein handwerkliches Know-how, das heute noch<br />

praktiziert wird.<br />

40 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 41


UNTERWEGS IN FRANKREICH Burgund-Franche-Comté / Haute-Saône<br />

Das Écomusée du Pays de la<br />

Cerise befindet sich auf dem<br />

Gelände einer ehemaligen<br />

Destillerie und erzählt in den<br />

verschiedenen Gebäuden<br />

deren Geschichte. Man<br />

besichtigt beispielsweise das<br />

Herrenhaus aus dem Jahr<br />

1829, die Werkstätten der<br />

Destillerie, das Gesindehaus<br />

und die Obstgärten, die<br />

heute der Erhaltung einer<br />

umfangreichen Sortenvielfalt<br />

von Kirschbäumen dienen.<br />

Seit 1932 erreicht jedes Jahr im März eine Kiste mit<br />

einem ganz besonderen Inhalt den Élysée-Palast in<br />

Paris. Es ist eine Art « republikanische Tradition »,<br />

wie es sie nur in Frankreich geben kann. Die Lieferung<br />

kommt direkt aus der Region um Cérêt in den Pyrénées-<br />

Orientales, ist Gegenstand besonderer Aufmerksamkeit<br />

und wird offensichtlich äußerst vorsichtig gehandhabt.<br />

Das ist absolut verständlich, denn<br />

schließlich ist der glückliche Empfänger nicht<br />

irgendwer, sondern der Staatspräsident in<br />

Person. Das Ganze ist Anlass für einen<br />

Empfang in den Salons des Palastes, zu<br />

dem die Presse eingeladen ist, die wiederum<br />

einige Stunden später unzählige Bilder<br />

davon verbreitet. Für den Präsidenten und<br />

seine Gäste ist es ein wohlschmeckendes Erlebnis<br />

und für die Nation ein wichtiges Ereignis, denn es handelt<br />

sich um die Lieferung der ersten französischen Kirschen<br />

des Jahres. Der festliche Anlass gibt sozusagen den<br />

ersten Vorgeschmack auf den Sommer. Die Kirschproduzenten<br />

aus dem Süden, die zur Zeremonie selbstverständlich<br />

eingeladen sind, schweben im siebten<br />

Himmel, wenn sie sehen, wie die Hand des Präsidenten<br />

genussvoll in die sorgfältig geernteten und<br />

selektierten Kirschen eintaucht. Verständlicherweise,<br />

denn einen besseren Botschafter für ihr<br />

Obst werden sie nicht so einfach finden!<br />

Zur selben Zeit muss sich eine Region<br />

im Osten des Landes, in Burgund,<br />

an den Ausläufern der Vogesen, noch in<br />

Geduld üben, bis die ersten Kirschen geerntet<br />

werden können. Das ist erst im Juni<br />

der Fall. Zweifellos sagt man sich hier, dass diese<br />

jährliche « Werbeaktion » der Kirschproduzenten aus dem<br />

Süden keine schlechte Idee ist. Man nimmt es gelassen,<br />

ist froh für die Kollegen und die schönen Kirschen. Aber<br />

42 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 43


UNTERWEGS IN FRANKREICH Burgund-Franche-Comté / Haute-Saône<br />

ist es nicht auch etwas ungerecht? Schließlich<br />

werden hier ebenfalls Kirschen produziert.<br />

Und ebenfalls sehr schöne<br />

Kirschen! Natürlich nicht so viele<br />

wie im Vaucluse, im Gard, in der<br />

Drôme und entlang der Rhône,<br />

den wichtigsten Kirschregionen<br />

Frankreichs.<br />

Dennoch ist klar, dass<br />

man in Fougerolles ebenso<br />

eng mit der Kirsche<br />

verbunden ist. Dies wird<br />

beim Kontakt mit den in<br />

der Region ansässigen Menschen<br />

schnell deutlich: In nahezu jeder Familie gibt<br />

es jemanden, der beruflich eine Verbindung<br />

mit diesem Obst hat oder hatte. In vielen<br />

Scheunen finden sich heute noch Werkzeuge,<br />

die für die Erzeugung und Verarbeitung von<br />

Kirschen notwendig sind. Auch ein Blick in<br />

die Küchenschränke macht den Stellenwert<br />

von Kirschen in dieser Gegend deutlich:<br />

Außer zahlreichen Gläsern mit in Sirup oder<br />

Alkohol eingelegten Kirschen befindet<br />

sich in jedem Schrank mindestens<br />

eine Flasche Kirschwasser.<br />

Dieser transparente Obstbrand,<br />

der durch das Destillieren vergorener<br />

Kirschen erzeugt wird,<br />

ist hier sehr populär. Dass man<br />

mehr als 40 Jahre für die Anerkennung<br />

einer Appellation d’origine contrôlée<br />

(AOC) gekämpft hat und der hier erzeugte<br />

Kirsch der erste Brand aus Steinobst war, der<br />

in Frankreich diese Ursprungsbezeichnung<br />

erhielt, beweist umso mehr die Zuneigung<br />

in Fougerolles zu diesem Genussmittel. Und<br />

der Erfolg hat nicht zuletzt dazu beigetragen,<br />

Im Keller mit den Fässern aus Eichen- und Eschenholz erfährt der Besucher mehr über eine erstaunliche Praxis: Um zu vermeiden, dass die Tannine<br />

des Holzes den Obstbrand färbten, mussten lange Zeit kleine Kinder ins Innere der Fässer klettern und die Wände paraffinieren. Die Alkoholdämpfe<br />

blieben für die Gesundheit dieser Kinder nicht ohne Folgen. Glücklicherweise wurde diese Vorgehensweise im Laufe der Zeit abgeschafft.<br />

dass dieser Teil von Burgund heute Pays<br />

de la Cerise genannt wird.<br />

Fougerolles und Kirschen, das ist<br />

eine lange Geschichte. Darüber erfährt<br />

man mehr, wenn man das gut konzipierte<br />

Écomusée du Pays de la Cerise besucht,<br />

das 1986 in Fougerolles auf dem Anwesen<br />

einer ehemaligen Destillerie aus dem Jahr<br />

1830 eingerichtet wurde. Alles begann im<br />

17. Jahrhundert, als Bauern in der Region zahlreiche<br />

Kirschbäume pflanzten. Die Bäume gediehen gut,<br />

die Ernten waren regelmäßig und üppig. Nach und nach<br />

kamen die Menschen auf die Idee, die kleine rote Frucht<br />

zu destillieren, um das sogenannte Eau de Cerise, den<br />

Vorgänger des Kirsch, zu erhalten. Allmählich ließen sich<br />

mehrere offizielle Destillateure in und um Fougerolles nieder.<br />

Angesichts des Erfolgs dieses Getränks interessierten<br />

sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts sogar<br />

die ersten Industrieunternehmen dafür.<br />

Sie waren in der Lage, größere Mengen<br />

zu produzieren und somit die gestiegene<br />

Nachfrage zu befriedigen. Parallel dazu<br />

begannen sie mit der Herstellung anderer<br />

Getränke – vor allem Liköre und Aperitifs<br />

–, darunter der berühmte Absinth. Zu<br />

Beginn des 20. Jahrhunderts war Fougerolles<br />

die bedeutendste Region in Frankreich für die<br />

Destillation und Produktion von Alkohol. Dieser Zustand<br />

währte jedoch nicht sehr lange. Weil man der Meinung<br />

war, Absinth würde « verrückt machen », wurden Produktion<br />

und Vertrieb dieses Getränks in Frankreich 1915<br />

per Gesetz verboten. Zudem stieg die Alkoholsteuer im<br />

Laufe der Jahre – vor allem in der Zeit zwischen den beiden<br />

Weltkriegen – signifikant an. Angesichts von Verän-<br />

44 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 45


UNTERWEGS IN FRANKREICH Burgund-Franche-Comté / Haute-Saône<br />

Antwerpen<br />

Destillerien und<br />

Produzenten<br />

in Fougerolles<br />

In Fougerolles verarbeiten mehrere<br />

Destillerien nach wie vor Kirschen<br />

auf traditionelle Weise. Sie stellen<br />

im Wesentlichen den Kirsch aus<br />

Fougerolles, sonstige Kirschbrände<br />

sowie spezifische Produkte wie in<br />

Alkohol eingelegte Kirschen und andere<br />

Früchte, Sirup, Konfitüren usw. her.<br />

• Distillerie artisanale Émile Coulin:<br />

Diese Destillerie existiert seit 1891<br />

in Fougerolles und präsentiert sich<br />

mit Vorliebe als « die Haute-Couture<br />

der französischen Obstbrände ». Die<br />

Positionierung zielt bewusst auf eine<br />

hohe Qualität ab, dabei ist sie nicht nur<br />

ein leeres Marketingversprechen, da sie<br />

in der Tat für ganz außergewöhnliche<br />

Schnäpse steht – manche davon sehr<br />

alt und rar –, die einen wesentlichen<br />

Beitrag zum Ruf von Fougerolles<br />

leisten. Die Distillerie Émile Coulin<br />

gehört seit 2016 zu einer regional<br />

derungen in der Gesellschaft und einer sich immer mehr<br />

ausbreitenden Trunksucht wurden von Regierungsseite<br />

im Laufe der Jahre immer restriktivere Maßnahmen hinsichtlich<br />

der Produktion von Alkohol erlassen. Der Kampf<br />

gegen Alkohol und der Schutz der Volksgesundheit wurden<br />

zum Gegenstand der Politik. Diese Entwicklung<br />

war nicht auf Frankreich beschränkt: Der amerikanische<br />

Kongress hatte bereits 1920 den Beginn der Prohibition<br />

eingeleitet, in deren Rahmen Produktion und Verkauf<br />

von Alkohol verboten wurden, egal in welcher Form. Für<br />

Fougerolles und die ehemals florierenden Destillerien war<br />

es ein harter Schlag: 1950 waren nur noch 16 der 27 Destillerien,<br />

die es 1855 gegeben hatte, in Betrieb. Heute gibt<br />

es noch vier industrielle und rund ein Dutzend handwerklich<br />

arbeitende Destillerien.<br />

46 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

wichtigen Gruppierung, nämlich zu den<br />

Grandes Distilleries Peureux.<br />

12, rue de la Gare, 70220 Fougerolles.<br />

Telefon: +33 (0)3 84 49 13 80.<br />

Onlineshop und Verkauf vor Ort.<br />

www.distilleriespeureux.com<br />

A83<br />

rund 90-minütige Besichtigung ist wie eine Zeitreise von<br />

Saint-Sigismond<br />

Montalivet<br />

Le Porge<br />

Cap-Ferret<br />

Clisson<br />

A83<br />

Saint-Lô<br />

• Distillerie artisanale Paul Devoille: bereits seit 2006 zum Konzern La A84/E401<br />

Die Destillerie Devoille wurde 1950 Martiniquaise, dem zweitgrößten<br />

gegründet und ist die letzte Destillerie Lannion Spirituosenhersteller Saint-Malo Frankreichs Avranches<br />

in Fougerolles, die ihre Obstbrände hinter Pernod Ricard. Es handelt sich<br />

N12/E50<br />

à l‘ancienne Brest altern lässt. Sie lagern<br />

N1<strong>76</strong>/E401 Mont-Saint-Michel<br />

Saint-Brieuc also um eine industrielle Destillerie.<br />

N12/E50<br />

in großen bauchigen Glasflaschen<br />

Wie die anderen Destillerien in<br />

A84<br />

mit Korbgeflecht auf einem der drei Fougerolles ist auch diese für ihre<br />

Dachböden (den man im Rahmen N164 Obstbrände bekannt, die im Übrigen<br />

einer Führung besichtigen kann).<br />

1900 bei der Weltausstellung in Paris<br />

Diese altüberlieferte Praxis Quimper dauert<br />

Aufsehen erregten. 1955 lancierte sie<br />

D<strong>76</strong>8<br />

bei den « jungen » Obstwässern<br />

Rennes<br />

Combrit<br />

ein neues Produkt: die Griottes. Die<br />

zwei Jahre und mindestens fünf N165/E60 Marke wurde N24in der Folge in Griottines<br />

Jahre für das Sortiment « Réserve ». geändert, ist sehr erfolgreich und seit<br />

Lorient<br />

Dabei intensiviert sich das<br />

1980 geschützt. Diese inzwischen<br />

natürliche Aroma der Früchte, da die weltweit Vannes bekannte Spezialität besteht<br />

Temperaturunterschiede zwischen aus wilden<br />

N165/E60Kirschen, die in einen<br />

Sommer und Winter die Verdunstung Quiberon leichten Sirup mit Kirsch eingelegt sind.<br />

42, avenue Claude Peureux, 70220 A11/E60<br />

La Baule<br />

Fougerolles.<br />

Telefon: +33 (0)3 St. 84 Nazaire 49 11 33.<br />

Nantes<br />

der Ester begünstigen. Der verdunstete<br />

Teil wird poetisch Part des Anges,<br />

Schluck für die Engel, genannt.<br />

7-9, rue des Moines Hauts, 70220<br />

Fougerolles.<br />

Telefon: +33 (0)3 84 49 10 66.<br />

Onlineshop und Verkauf vor Ort.<br />

www.devoille.com<br />

• Distillerie Lemercier Frères: Die<br />

älteste der lokalen Destillerien in<br />

Fougerolles wurde 1811 gegründet.<br />

Auch sie gehört seit 2016 zur Gruppe<br />

der Distilleries Peureux.<br />

32, rue de la Gare, 70220 Fougerolles.<br />

Telefon: +33 (0)3 84 49 13 66.<br />

Onlineshop und Verkauf vor Ort.<br />

www.distilleriespeureux.com<br />

Onlineshop und Verkauf vor Ort.<br />

www.distilleriespeureux.com<br />

A87<br />

Cholet<br />

Das Écomusée du Pays de la Cerise in Fougerolles zeichnet<br />

sich durch eine sehr moderne Museografie aus. Die<br />

den Pionieren der Kirschbaumkultur und Destillation bis<br />

zu den ultramodernen Destilliertechniken der – industriell<br />

oder handwerklich arbeitenden – Betriebe, die es in der<br />

N11/E601<br />

Region heute noch gibt. Man passiert ein Herrenhaus aus<br />

dem Jahr 1829 mit Werkstätten für die Destillation und<br />

prachtvollen Destillierkolben aus Kupfer. Der angeschlossene<br />

Obstgarten mit Kirschbäumen dient der Erhaltung<br />

der verschiedenen Baumarten. Der Besuch ist alles andere<br />

als langweilig, vielmehr richtiggehend fesselnd, denn man<br />

spürt, dass sich die Menschen vor Ort für die Einrichtung<br />

La Rochelle<br />

E5/A10<br />

E602/A837<br />

des Museums engagiert haben. Auf diese Weise wird<br />

nicht nur die Geschichte der Region, sondern auch der<br />

Bordeaux<br />

N13<br />

E5/A10<br />

Caen<br />

Angers<br />

Niort<br />

Le A29/E44 Havre<br />

A131<br />

Honfleur<br />

Alençon<br />

A13/E46<br />

Le Mans<br />

A28/E402<br />

A11/E501<br />

A28/E502<br />

Angoulême<br />

A86/E60<br />

Monts<br />

Poitiers<br />

Stolz auf das handwerkliche Können verewigt, von dem Gent heute<br />

noch einige lokale Unternehmen Calais Dunkerque und viele Familien leben.<br />

Der wirtschaftliche Kontext hat sich zwangsläufig verändert,<br />

es kam zu Zusammenschlüssen, sodass die Anzahl der Destillerien<br />

gesunken ist. Dennoch scheinen diese gestärkt<br />

Boulogne<br />

Roubaix<br />

aus<br />

dem Prozess hervorgegangen, besser organisiert Lille und mit einer<br />

Fähigkeit zur Innovation ausgestattet zu sein. Destillerien<br />

haben hier offensichtlich eine Zukunft, das wird im Museum<br />

ebenfalls deutlich. Man verlässt es beruhigt und sagt sich,<br />

Guyencourt-Saulcourt<br />

Amiens<br />

doch jedes Jahr ganz diskret eine Flasche A1/E15-E19 ihres Kirsch (AOC)<br />

Jumièges<br />

Reiseinfos & Lesetipps für Ausflüge in die Umgebung<br />

A13/E5<br />

Fougerolles …<br />

Evreux<br />

… Berlin 942 km … Hamburg 922 km<br />

… Köln 443 km … Frankfurt 383 km<br />

… München 492 km … Wien 1039 PARISkm<br />

… Zürich 217 km Versailles … Paris 357 km<br />

Dreux<br />

… Dijon 146 km … Besançon 95 km<br />

Der nächstgelegene Flughafen, der aus<br />

Chartres<br />

dem deutschsprachigen Raum direkt<br />

angeflogen wird, ist Basel-Mühlhausen<br />

A11/E50<br />

(126 km).<br />

A10/E5<br />

A16<br />

Der nächstgelegene TGV-Bahnhof liegt<br />

in Remiremont (25 km). Orléans<br />

Écomusée du Pays de la Cerise<br />

206, le Petit-Fahys<br />

70200 Fougerolles<br />

Blois<br />

Chambord<br />

A10/E5-E60<br />

Telefon: +33 (0)3 84 49 52 50<br />

Cheverny<br />

Tours Chenonceau<br />

A71/E9<br />

www.ecomusee-fougerolles.fr<br />

A10/E5<br />

Rouen<br />

A85<br />

A6/E15<br />

Das Museum ist vom 15. Februar Bourges bis<br />

30. Juni und vom 1. September bis<br />

A20/E9<br />

A71/E11<br />

Arras<br />

dass über die Kirsche, dieses verkannte « rote Gold » der Region,<br />

noch nicht das letzte Wort gesprochen wurde. Vielleicht<br />

sollte man den Destillateuren in Fougerolles vorschlagen,<br />

zwischen den Kirschen zu verstecken, die an den französischen<br />

Staatspräsidenten geliefert werden …<br />

A5/E54<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 69:<br />

Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp,<br />

eine Rechenaufgabe für Le Corbusier<br />

(41 km entfernt)<br />

« Betonhaufen », « Pantoffel », « Bunker »,<br />

« geistliche Montluçon Garage » … Was<br />

konnte man Anfang der 50er-<br />

Jahre während des Baus A71/E11 der<br />

Chapelle de Ronchamp nicht<br />

alles über sie in der Presse<br />

Clermontlesen.<br />

Heute ist sie weltweit<br />

Limoges<br />

Ferrand<br />

eines der meistbesuchten<br />

A89/E70 Puy de Dôme<br />

Werke des genialen Schweizer<br />

A75/E11<br />

Architekten und hat sich vom «einfachen» spirituellen<br />

le Mont-Dore<br />

Pilgerort in eine architektonische Pilgerstätte verwandelt.<br />

Les Sablesd’Olonne<br />

Cherbourg-<br />

• Les Grandes Distilleries Octeville Peureux:<br />

Wie der Name bereits andeutet,<br />

hat diese 1864 in Fougerolles<br />

gegründete Destillerie heute einen<br />

hohen Stellenwert. Durch den<br />

Zusammenschluss mit mehreren<br />

lokalen Destillerien ist sie der größte<br />

Produzent von Obstbränden auf der<br />

Welt. Die Destillerie gehört wiederum<br />

15. November täglich außer dienstags<br />

von A4/E50 14 bis 18 Uhr geöffnet. Juli und<br />

Epernay<br />

August: täglich von 11 bis Châlons-en- 19 Uhr.<br />

Champagne<br />

Normaltarif 5 €, ermäßigt 3 €<br />

Planen Sie ungefähr 1,5 Stunden für<br />

den Besuch ein. A26/E17<br />

Bei Voranmeldung (im Idealfall<br />

einige Tage vor dem TroyesBesuch per<br />

Telefon oder Mail) ist eine Führung in<br />

deutscher Sens Sprache möglich. Deutsche<br />

Audioguides sind am Empfang<br />

verfügbar.<br />

Genussmenschen können bei schönem<br />

Wetter ein Picknick Châtillon-sur-Seine<br />

mitbringen und<br />

Auxerre<br />

dieses im Obstgarten des Museums<br />

verzehren. Das ist ein sehr schönes<br />

A6/E15<br />

Erlebnis. In der Boutique sind<br />

zahlreiche Produkte Vézelay Avallon auf der Basis Flavigny von<br />

Kirschen (Kirsch, Guignolet, Sirup,<br />

A38<br />

Bonbons, Konfitüren …) sowie andere<br />

lokale Spezialitäten zu vernünftigen<br />

Preisen erhältlich.<br />

Beaune<br />

A5/E17-E54<br />

A31/E17-E21<br />

France<br />

Ausgabe<br />

A6/E15<br />

<strong>Nr</strong>. 68:<br />

Vorreiter bei der Abschaffung der Sklaverei Lausanne (Maison<br />

de la Négritude in Champagney: 46 km entfernt)<br />

Cluny Meist werden die Französische Revolution und die<br />

Erklärung der Menschen - und Bürgerrechte von 1789<br />

so präsentiert, als hätte sich das Genève Volk spontan<br />

und solidarisch im ganzen Land gleichzeitig<br />

erhoben, um diese Rechte für die Menschen<br />

zu erwirken. Dass bestimmte Gebiete dabei<br />

Annecy<br />

eine Vorreiterrolle gespielt haben, vergisst<br />

A72/E70<br />

man meist. Sieht man sich den Fall der<br />

Lyon Abschaffung der Sklaverei in Frankreich<br />

genauer an, dann stellt man fest, dass einige<br />

A43/E70<br />

Regionen diese Tragödie der Menschheitsgeschichte Chambéry viel früher<br />

anprangerten als andere.<br />

St.-Etienne<br />

INFORMATIONEN Tulle ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 86.<br />

Périgueux<br />

Grenoble<br />

Brive-la-Gaillarde<br />

A49/E713<br />

A89/E70 Le Pescher<br />

Souillac sur Saillac<br />

Briançon<br />

Dordogne<br />

Valence<br />

Aurillac<br />

Crest<br />

Die<br />

Sarlat-le-Canéda<br />

Payrac Rocamadour<br />

A26/E17<br />

Bruxel<br />

Reims<br />

A34/E46<br />

Charlroi<br />

Charleville-Mézières<br />

A4/E50<br />

Dijon<br />

Liege<br />

A4/E25<br />

A31/E21-E23<br />

Chalon-sur-Saône<br />

Luxembourg<br />

Metz<br />

A4<br />

A31/E21-E23<br />

Nancy<br />

Saarbrücken<br />

A4/E25<br />

Colmar<br />

Fougerolles Mulhouse<br />

Besançon<br />

A36/E60<br />

Belfort<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 47<br />

Bitche<br />

Strasbourg<br />

A35<br />

A35/E25<br />

Schweiz<br />

Italien<br />

Basel<br />

Bern<br />

D<br />

To


Foto: Michel JOLY, BFC Tourisme<br />

ADVERTORIAL<br />

ADVERTORIAL<br />

BURGUND-FRANCHE-COMTÉ<br />

Gute Alternative zum Meer:<br />

Entdeckungen am Wasser in Jura und Burgund<br />

Eine kleine Auszeit am Wasser, einfach wohlfühlen?<br />

In der Burgund-Franche-Comté gibt es Salzwasser<br />

wie am Toten Meer. Die Ufer am Fluss<br />

Doubs und am Rhein-Rhône-Kanal, an der Loue<br />

und der Yonne sind verlockende Kultur- und<br />

Wellness-Oasen für individuelle Entdeckungen.<br />

Inspirierendes Plätschern und Sprudeln begleitet<br />

die Reise – ob mit dem Auto, auf zwei bis vier<br />

Rädern oder gleich mit dem Hausboot.<br />

Sie liegen mit ausgebreiteten Armen auf dem Rücken<br />

und schweben auf dem Wasser. Sibylle und Ute aus<br />

Freiburg sind am Ziel ihrer Wünsche angekommen<br />

– endlich schwerelos. Das 200-m 2 -Becken im Thermasalina<br />

in Salins-Les-Bains haben die beiden Frauen im Moment<br />

ganz für sich allein.<br />

Durch die Glasfenster taucht die Sonne den Raum<br />

in goldenes Licht. Ute kommt aus dem Wasser, zieht die<br />

obligatorische Badekappe ab und schaut zum bewaldeten<br />

Hang des Fort Saint-André hinaus, eine der beiden Befestigungsanlagen<br />

auf den Hügeln, zwischen denen sich<br />

Salins-Les-Bains in ein Tal klemmt. « Wir sind auf den<br />

Mont Poupet gewandert und wollten dann unbedingt dieses<br />

Bad kennenlernen. Das Wasser enthält mindestens so<br />

viele Salze und Mineralien wie das Tote Meer. Und es hat<br />

eine unglaublich lange Geschichte, » erzählt Ute und setzt<br />

sich auf eine der Liegen. « Jetzt verwöhnen wir Muskeln<br />

und Rücken. Wir haben eine Hydromassage gebucht,<br />

gleich als Paket mit zwei Übernachtungen im Fort-Saint-<br />

André, alles über die Touristeninformation. »<br />

Von Geschichte zunächst keine Spur. Besucher bekommen<br />

an der Kasse des weiß gestrichenen Ensembles<br />

an der Place de la Barbarine elektronische Armbänder.<br />

Vom Jacuzzi bis zur Schlammbadewanne, von den Saunen<br />

über das Hammam bis zum römischen Caldarium sind<br />

alle Kur- und Wellnessbereiche modern und blitzsauber.<br />

Solarzellen auf dem begrünten Dach liefern Sonnenenergie<br />

zum Heizen. Bei gutem Wetter öffnet die Terrasse.<br />

Mineralsalze und Spurenelemente wie im Toten Meer<br />

verbessern die Gelenkflexibilität, die Muskelentspannung<br />

und den Schlaf, lindern Gelenkschmerzen, Traumafolgen<br />

und Stress. Sie stammen aus unterirdischen Soleschichten,<br />

den Überresten des Meers, das vor 200 Millionen Jahren<br />

das gesamte Jura bedeckte. Im Laufe der Erdgeschichte<br />

führte die Erderwärmung zu seiner Verdunstung und der<br />

Ablagerung einer spurenelementreichen Steinsalzschicht.<br />

Tektonische Verschiebungen und Faltung vergruben sie in<br />

tiefe Erdschichten, wo Wasser zirkuliert.<br />

Bereits die Kelten und Römer förderten in Salins-les-<br />

Bains Salz. Im Mittelalter führte das « Weiße Gold » zu<br />

einer Blütezeit des Handels. Ab dem 13. Jh. begann die<br />

Ausbeutung der Salzquellen in großem Stil. Arbeiter gruben<br />

von Arkaden überwölbte, unterirdische Stollen und<br />

mehrere Brunnen. Die Große Saline, seit 2009 Weltkulturerbe<br />

der Unesco, wurde eine befestigte Stadt für sich.<br />

Ab dem 18. Jh. gelang es, die Sole aus den Tiefen der Erde<br />

mit der Wasserkraft des Flusses Furieuse nach oben zu<br />

pumpen. In Salzpfannen wurde sie<br />

stundenlang gekocht, bis das Wasser<br />

verdunstet war. In der Großen<br />

Saline gibt es ein modernes Salzmuseum<br />

und die letzte Siedepfanne,<br />

die in Frankreich<br />

noch arbeitet. Die Saline<br />

fördert bis heute die Sole für<br />

das Thermalbad.<br />

Ein gewisser Docteur<br />

Germain interessierte sich<br />

Foto: Pascal REGALDI, BFC Tourisme<br />

Oben: Mit dem Hausboot durch die<br />

malerischen Landschaften des Burgund.<br />

Unten: Entspannung pur in Salins-Les-Bains.<br />

um 1850 als einer der ersten Wissenschaftler für die Heilkraft<br />

von Salzwasser und traf sich mit Monsieur de Grimaldi,<br />

dem Direktor der Salinen. In der Folge erkannte<br />

die französische Akademie der Medizin das Wasser von<br />

Salins-les-Bains 1856 als therapeutisch an. Der Thermaltourismus<br />

war geboren.<br />

Bestimmt haben auch örtliche Spezialitäten wie<br />

Salzperlen – so heißt Salzwasser-Caramel in knuspriger<br />

weißer Schokolade – und die atmosphärischen Patisserien<br />

ihre therapeutische Wirkung für Leib und Seele. Jedenfalls<br />

sind auch sie Teil des starken Charakters, den Salins–<br />

les-Bains verströmt. Nicht umsonst zählt es zu den Cités<br />

de Caractère.<br />

Zu diesem Verbund haben sich 59 historische Dörfer<br />

des Burgund-Franche-Comté zusammengeschlossen.<br />

Auch Arc-et-Senans, ca. 20 km weiter, mit seiner Königlichen<br />

Saline von 1775/<strong>76</strong>, ist so ein Charakterort und erinnert<br />

ein wenig an Schloss Versailles.<br />

Architekt Claude-Nicolas<br />

Ledoux ordnete elf Gebäude im<br />

Halbkreis an, als ideale Stadt mit<br />

weitläufigem Garten. Sie ist<br />

ebenfalls Unesco-Weltkulturerbe.<br />

Der Rhein-Rhône-<br />

Kanal fließt direkt vorbei.<br />

Verbunden sind beide Orte<br />

durch die Via Salina und<br />

den Wanderweg Sentier des


ADVERTORIAL<br />

ON SURFE<br />

Foto: BFC Tourisme<br />

Foto: Alain DOIRE, BFC Tourisme<br />

Foto: Alain DOIRE, BFC Tourisme<br />

Foto: Corinne VASELET, BFC Tourisme<br />

50 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Oben: Die Yonne bei<br />

Joigny lädt zum Bereisen<br />

per Hausboot ein.<br />

Links: reich geschnitze<br />

Fassaden im<br />

historischen Joigny.<br />

Unten: Durch das<br />

malerische Dole verläuft<br />

der Rhein-Rhône-Kanal,<br />

der ebenfalls per Hausboot<br />

bereist werden kann.<br />

Ganz unten: Büste von<br />

Gustave Courbet im Musée<br />

Courbet in Ornans.<br />

Gabelous, immer an der Kanalverbindung aus dem 18. Jh. entlang.<br />

Wer dem Fluss Furieuse folgt, kommt in die Wasserlandschaft der<br />

Loue, die der Maler Gustave Courbet international berühmt gemacht<br />

hat. Er wuchs in Ornans auf, wo er seine ersten 20 Lebensjahre verbrachte.<br />

Das Wohnhaus seiner Eltern direkt am Fluss ist heute ein<br />

kleines, aber hochkarätiges Kunstmuseum. Es steht für die frühe Verwurzelung<br />

des kosmopoliten Erfinders des Realismus in seiner Heimat.<br />

« Man muss ein Land genau kennen, um es zu malen, » schrieb<br />

Courbet. « Geht hin und schaut es euch an, dann findet ihr dort meine<br />

Gemälde wieder. »<br />

Als schriebe er Gedichte hielt der junge Courbet die Quelle der<br />

Loue, ihre Felsschluchten, die großen Eichen und die Wälder seiner<br />

Heimat auf Leinwand fest. Auf seinen Spuren führen Wanderwegweiser<br />

in die malerische Natur, in der Courbet vor über 200 Jahren seine<br />

Staffelei aufstellte. Dank dem Projekt Pôle Courbet können wir heute<br />

seinen Inspirationen, seinem Zeitgeist und seiner Familie nachspüren,<br />

u. a. an verschwiegenen idyllischen Badestellen, in dem restaurierten<br />

Atelier und auf dem Selbstversorgerhof mit großem Garten, den seine<br />

Familie im Dorf Flagey besaß.<br />

Die Loue durchfließt das Pays de Dole, eine Landschaft dominiert<br />

von den Weiten des Laubwalds Forêt de Chaux. Durch Dole, je 45 km<br />

von Dijon und Besançon entfernt, verlaufen der Doubs und der Rhein-<br />

Rhône-Kanal. Die Wasserstraße der Hausbootkapitäne ist nur wenige<br />

Schritte von der Altstadt entfernt.<br />

An einem der Kanäle des Gerberviertels oder in einer der vielen restaurierten<br />

Mühlen bietet es sich an, mit einem Jura-Wein auf Louis<br />

Pasteur anzustoßen. Das Haus, in dem der Erfinder des Tollwut-Impfstoffs<br />

und Hygieneforscher 1822 zur Welt kam, ist heute ein spannendes<br />

Museum. Wie alle früheren Gerberhäuser hat es eine große Kellertür,<br />

durch die das Wasser in die Becken zum Gerben der Häute gelangte.<br />

Ein ganz großes Jahr für das mittelalterliche Dole war 1422. Es<br />

wurde Hauptstadt der Freigrafschaft Burgund und König Philipp der<br />

Gute gründete die Universität. Viel Geschichte atmen Hospiz, Parlament,<br />

Universität, Stadtpalais und die Stiftskirche Notre-Dame. Sie<br />

sind Teil eines Rundgangs auf den Spuren von « Kater Titus ». Die<br />

Märchenfigur des bekannten Schriftstellers Marcel Aymé, der seine<br />

Jugend in Dole verbrachte, weist den Weg.<br />

Geboren ist Marcel Aimé 1902 in Joigny am Fluss Yonne. Hier<br />

beginnen die Bootstouren auf dem Canal de Bourgogne. Historisches<br />

Fachwerk und die Nähe zum Weingebiet Côte Saint-Jacques (AOC)<br />

machen den Reiz der dieser Kleinstadt im tiefen Burgund aus. Benannt<br />

ist sie nach ihrem Gründer, dem römischen Präfekten Flavius Jovinius.<br />

Flaneure führt es durch die drei Viertel der Bürger, der Handwerker<br />

und der Winzer, St-Jean, St-André und St-Thibaud. Zum Staunen<br />

bringt das Renaissancegewölbe der Kirche St-Jean. Das Château de<br />

Gondi von 1608 war einst der Wohnsitz einer italienischen Familie<br />

und ist zu besichtigen. Romantik im Whirlpool mit Blick auf die Yonne<br />

und Sterneküche – das Luxushotel La Côte Saint Jacques ist das<br />

I-Tüpfelchen einer Verwöhntour am Wasser.<br />

Text Petra Sparrer<br />

Nutzen Sie Ihre wiedergewonnenen Freiheiten für einen<br />

100% natürlichen Urlaub. Erkunden Sie Burgund-Franche-Comté,<br />

eine Region voller Überraschungen und Inspirationen.<br />

Weitere Infos unter<br />

kulturerbe.bourgognefranchecomte.com<br />

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Preis einer einzigen<br />

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Géographique<br />

National (IGN,<br />

die Referenz in<br />

Frankreich) auf dem<br />

Smartphone oder<br />

Computer anzeigen<br />

lassen. Und das ist<br />

noch nicht alles! Man<br />

kann die Landkarten<br />

beispielsweise vor<br />

einer Wanderung<br />

herunterladen<br />

und dann offline<br />

nutzen, Strecken<br />

programmieren<br />

und diesen mit<br />

einer Präzision von<br />

wenigen Metern<br />

folgen (mit der<br />

Option Vmax/Amax zum Preis von<br />

5,99 €). Nicht-topografische Karten<br />

stehen sogar ohne Abonnement<br />

zur Verfügung, ebenso diverse<br />

relativ präzise Basiskarten (z. B.<br />

Deutschland, Spanien, Italien) und die<br />

Basisweltkarten OpenCycleMap und<br />

OpenTopoMap. Hat man diese App erst<br />

einmal genutzt, kann man nur schwer<br />

wieder auf sie verzichten.<br />

APP iPhiGéNie. Kostenloser Download<br />

der Basisversion und Zugriff auf alle<br />

Karten während 7 Kalendertagen (es<br />

zählen nur die Tage, an denen die<br />

Applikation genutzt wird).<br />

NATUR<br />

Live aus einem<br />

Vogelnest oberhalb<br />

der Loire<br />

Dieses<br />

ungewöhnliche<br />

Experiment ist<br />

eine Premiere<br />

in Frankreich. Ursprünglich war das Ziel der<br />

Wissenschaftler, das Leben der Fischadler (Pandion<br />

haliaetus) besser zu verstehen. Diese wunderschönen<br />

Raubvögel sind am Ufer der Loire Stammgäste. 2006<br />

wurde eine mit einer Kamera ausgerüstete Plattform<br />

installiert, auf der sich auch schnell ein Paar dieser<br />

majestätischen Vögel niederließ. Die beiden Fischadler<br />

namens Sylva und Reda, die rund um die Uhr gefilmt<br />

werden, sind mittlerweile Stars im Internet, da viele<br />

Menschen jedes Jahr den Nestbau, das Schlüpfen<br />

der Jungen und deren Flüggewerden beobachten.<br />

Tägliches Staunen ist garantiert!<br />

vwww.balbucam.fr/fr/en-direct-nie/<br />

STREET-ART<br />

Ein etwas anderer Sommer in Le Havre<br />

2017 feierte die Stadt Le Havre (Seine-Maritime) ihren 500.<br />

Geburtstag und installierte aus diesem Anlass in den Straßen<br />

zeitgenössische Kunstwerke. Aufgrund des riesigen Erfolgs –<br />

mehr als zwei Millionen Besucher – beschloss die Stadt, diese<br />

Initiative jedes Jahr zu wiederholen und die bestehenden<br />

Installationen durch neue zu ergänzen. Auf diese Weise ist eine<br />

Sammlung von insgesamt 18 Werken (7 davon stammen aus<br />

diesem Jahr) entstanden, die das Zentrum nach und nach in ein<br />

Freilichtmuseum für zeitgenössische Kunst verwandelt hat. Da<br />

man sich bewusst ist, dass in diesem besonderen Jahr zahlreiche<br />

Besucher nicht wie geplant kommen werden, kam die Stadt auf<br />

die gute Idee, die Ausgabe <strong>2020</strong> mit dem Thema Regarder la<br />

mer auf einer Website<br />

zu präsentieren. Auf<br />

diese Weise können<br />

Interessierte Le Havre<br />

unter einem neuartigen<br />

Blickwinkel kennenlernen<br />

und vielleicht sogar<br />

bereits den nächsten<br />

Besuch vorbereiten!<br />

www.uneteauhavre.fr<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 51


Chaumont-sur-Loire:<br />

die positive Dynamik der Gärten<br />

Die Domaine de Chaumont-sur-Loire, ganz in der Nähe von<br />

Blois (Loir-et-Cher), liegt majestätisch oberhalb des Loiretals,<br />

das bekanntlich zum Weltkulturerbe der UNESCO<br />

gehört. Die Anlage ist ein besonderer, wenn nicht sogar<br />

einzigartiger Ort in Frankreich. Sie ist im Besitz der Region<br />

Centre-Val de Loire und beherbergt mit ihrem Renaissance-Schloss<br />

und einem historischen Park bereits ein<br />

außergewöhnliches Kulturerbe. Daneben bietet sie<br />

Raum für künstlerischen Ausdruck, da dort regelmäßig<br />

Werke großer zeitgenössischer Künstler präsentiert werden.<br />

Nicht zuletzt ist sie ein Veranstaltungsort für ein<br />

international renommiertes Gartenfestival. Vor rund<br />

zehn Jahren haben wir uns bereits einmal für dieses Festival<br />

interessiert. In der turbulenten, von Coronavirus<br />

und Ausgangsbeschränkungen geprägten Zeit hatten wir<br />

ein starkes Bedürfnis, uns erneut an diesem Ort umzusehen,<br />

an dem sich Natur und Kultur begegnen. Wir sind<br />

daher nach Chaumont zurückgekehrt. Dort fällt es leicht<br />

und macht es Freude, sich wieder auf die Natur zu besinnen.<br />

Und man entdeckt, welch positive Dynamik diese<br />

Gärten im Laufe der Jahre entwickelt haben. Wir unterhielten<br />

uns mit der Direktorin Chantal Colleu-Dumond,<br />

einer begeisternden und anspruchsvollen Frau, in deren<br />

Leben Deutschland eine besondere Rolle spielt …<br />

52 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 53


UNTERWEGS IN FRANKREICH Centre-Val de Loire / Loir-et-Cher<br />

Ein Tag reicht kaum aus, um die Domaine de Chaumont-sur-Loire zu entdecken! Dessen<br />

sollte man sich vor dem Besuch bewusst sein! Hier kommen alle Besucher auf ihre Kosten,<br />

egal ob sie alte Steine mögen, sich für die Architektur des Mittelalters und der Renaissance<br />

begeistern, die Schlösser der Loire lieben, das beschauliche Umfeld eines Parks mit jahrhundertealten,<br />

würdevollen Bäumen schätzen, Freunde zeitgenössischer Kunst oder ganz einfach Gartenliebhaber<br />

sind. Chaumont ist nämlich all das zusammen. Ein ausgefallener Ort, den man in seinem<br />

ganz persönlichen Rhythmus erkundet, an den man im Laufe der Jahre immer wieder gerne zurückkehrt,<br />

um zu sehen, wie er sich verändert hat.<br />

Obwohl der Tourismussektor in Frankreich durch die Coronaviruskrise nur äußert zögernd<br />

in Gang kommt, konnten wir bei unserem Besuch Mitte Juli feststellen, dass das Publikum hier<br />

durchaus präsent ist. Wie überall wurden selbstverständlich Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit<br />

ergriffen: Händedesinfektionsmittel steht zur Verfügung, in den Gebäuden herrscht<br />

Maskenpflicht. Aufgrund der riesigen Ausdehnung des Ortes – 34 Hektar – fühlt jeder sich<br />

sofort wohl und genießt inmitten der üppigen und poetischen Natur eine Freiheit, die in den<br />

letzten Monaten allen gefehlt hat. Für das Gartenfestival wurde ein raffiniertes System an Wegen<br />

eingerichtet, auf denen man von Garten zu Garten schlendert, ohne andere Besucher zu<br />

kreuzen oder zu behindern, und trotzdem jederzeit verweilen kann, um die Natur zu betrachten,<br />

sich inspirieren zu lassen …<br />

Trotz der durch die weltweite Pandemie erschwerten Bedingungen hat die diesjährige<br />

29. Auflage des Festivals eine überaus internationale Ausrichtung, denn die Gartengestalter<br />

kamen aus Ländern wie Brasilien, Indien, China, Irland, Niederlande, Belgien, Deutschland<br />

und Italien, um gemeinsam mit den Mitarbeitern von Chaumont die verschiedenen Gärten zu<br />

konzipieren. Zweifellos war es nicht immer einfach. Aber es ist gelungen. Abgesehen von der<br />

Schönheit und dem Einfallsreichtum der Kreationen möchten wir uns angesichts der besonderen<br />

Umstände in diesem Jahr ganz besonders für das Glücksgefühl und das Wohlbefinden bedanken,<br />

das wir beim Besuch dieser Gärten verspüren durften.<br />

Vorherige Doppelseite: Detail des Gartens « Régénération » (Frankreich). Unten: « Le jardin de la serre » mit poetischen<br />

Lampenschirmen aus Spanischem Moos (Tillandsias usneoides), einer Aufsitzerpflanze. Rechts: Zu den zahlreichen<br />

Anregungen, die man beim Besuch des Festivals erhält, gehört auch die Bodenbedeckung aus Pfirsichkernen.<br />

Interview: Chantal Colleu-Dumond, Direktorin der Domaine<br />

de Chaumont-sur-Loire und des Internationalen Gartenfestivals<br />

Guten Tag Chantal Colleu-Dumond. Erlauben Sie, dass wir Sie zunächst fragen,<br />

wie es Ihnen und Ihrem Team geht, wie Sie in Chaumont die Ausgangssperre<br />

erlebt haben?<br />

Uns geht es gut, vielen Dank. Ehrlich gesagt war die Zeit kompliziert,<br />

doch inzwischen hat sich alles eingespielt. In der Woche nach dem<br />

15. März – dem Tag, an dem wir von der Verhängung der Ausgangssperre<br />

in Frankreich erfuhren – waren wir wie vom Donner gerührt. Wie für<br />

alle kam die Schließung für uns aus heiterem Himmel. Angst machte sich<br />

breit. In einem kleinen Kreis von Mitarbeitern sagten wir uns dann jedoch<br />

54 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 55


UNTERWEGS IN FRANKREICH Centre-Val de Loire / Loir-et-Cher<br />

schnell, dass die Domaine unbedingt unterhalten und das<br />

Festival durchgeführt werden muss, da es ansonsten möglicherweise<br />

nicht überlebt. Also haben wir sehr strenge<br />

Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit erarbeitet, damit<br />

unsere Mitarbeiter sich sicher fühlen konnten. Allen<br />

wurde schnell klar, dass wir hier im Grunde besonders<br />

privilegierte Bedingungen haben: Auf einer Fläche von 32<br />

Hektar ist es einfach, Abstand zu halten, insofern konnten<br />

wir unsere Tätigkeiten nach und nach wieder aufnehmen.<br />

Von den Gärtnern haben beispielsweise immer fünf<br />

gleichzeitig gearbeitet, statt 18 in normalen Zeiten. Am<br />

Anfang war es etwas kompliziert, bis sich der Rhythmus<br />

bei allen eingespielt hatte, aber der Park mit seinen<br />

Bäumen und Blumen half uns unbestritten dabei. Auf<br />

diese Weise konnten wir die « Maschinerie » der Domaine<br />

wieder in Gang bringen. Nach Aufhebung der Ausgangssperre<br />

öffneten wir als einer der ersten kulturellen Orte<br />

der Region am 16. Mai erneut unsere Tore. Sogar der<br />

Nachrichtensender CNN kam, um darüber eine Reportage<br />

zu machen! Das zeigt, dass Arbeit und Natur unwahrscheinlich<br />

gute Mittel sind, damit es einem besser geht …<br />

Das Thema des Internationalen Gartenfestivals in diesem<br />

Jahr lautet « Gärten der Erde, zurück zu Mutter Erde ». Dies<br />

scheint besonders gut in den aktuellen Kontext zu passen.<br />

Das stimmt. Dabei konnten wir uns im letzten Jahr,<br />

als wir es ausgewählt haben, die derzeitige weltweite Pandemie<br />

noch gar nicht vorstellen. Doch unsere Besucher<br />

bestätigen in der Tat, dass sie es als eine Aufforderung<br />

verstehen, wieder eine harmonische Beziehung zur Natur<br />

anzustreben. Genau das wollten wir damit erreichen.<br />

Ich glaube, dass die hemmungslose Veränderung unserer<br />

Gesellschaften, der Rückgang der Biodiversität, die Klimaerwärmung<br />

dazu beitragen, dass wir diese Beziehung<br />

zur Natur ein wenig verloren haben. Dennoch wollen wir<br />

mit diesem Festival weder eine Katastrophenstimmung<br />

verbreiten noch Schuldgefühle hervorrufen. Es ist eher<br />

als Einladung zu verstehen, Lösungswege zu suchen. Ich<br />

glaube, man muss sich darüber bewusst werden, dass die<br />

Realität nicht einfach ist. Deswegen nutzt es aber nichts,<br />

dass wir alle Schuldgefühle mit uns herumtragen. Darauf<br />

haben wir bei dieser Ausgabe des Festivals besonderen<br />

Wert gelegt. Wir halten nicht mit der Wirklichkeit hinter<br />

dem Berg und präsentieren beispielsweise den Garten<br />

Paysage de feu, den ein brasilianisches Team realisiert hat.<br />

Er besteht aus hängenden verbrannten Bäumen. Eine Art<br />

posthumer Garten. Das ist ein sehr starkes Bild, man<br />

hat die Waldrodung konkret vor Augen. Ein Stück weiter<br />

zeigt ein chinesisches Team mit La planète fleuri eine<br />

Erde, auf der es außer einem kleinen Büschel mit Blumen,<br />

ganz oben, überhaupt nichts mehr gibt … Diese beiden<br />

Gärten stehen dafür, dass man sich auf der Erde dringend<br />

darüber klar werden muss, wie es um unsere Umwelt bestellt<br />

ist. Andere Gärten des Festivals präsentieren jedoch<br />

gleichzeitig ein optimistischeres Bild, mit Elementen, die<br />

Hoffnung machen, mit Lösungsansätzen, besonders was<br />

Kulturen und Anpflanzungen angeht. Man muss daran<br />

glauben. Ich bin überzeugt, dass wir es gemeinsam schaffen,<br />

wenn jeder von uns Bäume pflanzt und seiner Umwelt<br />

keinen Schaden zufügt.<br />

Links: der Garten « La planète fleurie »<br />

(China). Oben: Die Bäume in den schräg<br />

stehenden Töpfen des optimistischen<br />

Gartens « Régénération » (Frankreich)<br />

zeigen, dass Bäume sich auch in<br />

schwierigen Situationen behaupten<br />

und, wie hier, wieder aufrichten können.<br />

Rechts: der « Jardin du goût » (Frankreich),<br />

eine Hommage an Mutter Erde.<br />

Heißt dies, dass der Garten eine politische Rolle spielt?<br />

Ich spreche lieber von einer kulturellen Rolle. Vor<br />

allem geht es nicht darum, dem Besucher eine Botschaft<br />

aufzudrängen. Ganz im Gegenteil. Der Garten ist ein idealer<br />

Ort, um nachzudenken, er ist aber auch ein poetischer<br />

Ort, ein Ort zum Träumen. Er lädt zur inneren Sammlung<br />

ein und fordert uns manchmal dazu auf, uns selbst,<br />

unsere Rolle gegenüber der Natur, gegenüber anderen,<br />

gegenüber unserer Umwelt zu hinterfragen. Ich bin aber<br />

davon überzeugt, dass es wichtig ist, dass jeder diese Gedanken<br />

selbst spinnen muss. Die Gärten rufen viele und<br />

vor allem positive Reaktionen bei den Besuchern hervor.<br />

Diese schätzen es, dass sie nicht in eine wissenschaftliche<br />

oder politische Auseinandersetzung verwickelt werden,<br />

die Schuldbewusstsein hervorruft, sondern dass sie sich<br />

mit Metaphern auseinandersetzen können, die nicht nur<br />

zum Nachdenken, sondern auch zum Träumen anregen.<br />

Die Politik muss aber sicherlich ebenfalls eine Rolle in Sachen<br />

Umweltschutz erfüllen. Aus meiner Zeit in Deutschland<br />

ist mir beispielsweise in Erinnerung geblieben, dass<br />

man dort in einer Stadt nicht einfach einen Baum fällen<br />

darf, sondern dafür eine Genehmigung benötigt. Und das<br />

ist gut so! In Frankreich ist dies nicht der Fall, aber meiner<br />

Meinung nach wäre es nicht schlecht, sich an Deutschland<br />

ein Beispiel zu nehmen.<br />

Apropos Deutschland. Dieses Land ist für Sie wichtig. Sie haben<br />

einige Jahre dort gearbeitet …<br />

Genau! Ich bin Germanistin und habe Deutschland<br />

bereits in jungen Jahren kennengelernt. Von 1982 bis 1984<br />

hatte ich das Glück, das Französische Kulturzentrum in<br />

Essen leiten zu dürfen. Das war meine erste Arbeitsstelle<br />

dort. Anschließend bot man mir die Stelle als Kulturattachée<br />

der Französischen Botschaft in Bonn an. Dort<br />

war ich bis 1988. In dieser Eigenschaft koordinierte ich<br />

die Arbeit der Instituts français im künstlerischen Bereich.<br />

Anschließend arbeitete ich in Rumänien, Frankreich und<br />

Italien, bevor ich von 2003 bis 2007 erneut in Deutschland<br />

war, diesmal als Leiterin der Kulturabteilung der<br />

Französischen Botschaft in Berlin. Dadurch war ich mit<br />

der sehr aktiven Kulturszene in Deutschland in Kontakt.<br />

Im Grunde genommen wird mir jetzt bewusst, dass ich<br />

meinen Beruf vor allem während meiner Zeit in Essen gelernt<br />

habe. Ich war jung, anpassungsfähig und habe Men-<br />

56 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 57


UNTERWEGS IN FRANKREICH Centre-Val de Loire / Loir-et-Cher<br />

im Saisonverlauf weiterentwickeln. Gerade dieser Punkt gefällt<br />

Besuchern besonders, manche kommen mehrmals her,<br />

um diese Entwicklung mitzuverfolgen. Am interessantesten<br />

finde ich, dass jedes Team aus circa fünf Kreateuren besteht:<br />

Architekten, Designer, Bühnenbildner und Landschaftsgärtner<br />

arbeiten Hand in Hand. Dadurch vervielfacht sich der<br />

Erfindungsgeist. De facto gibt es beim Festival keine Wiederholung.<br />

Glauben Sie mir, ich arbeite jetzt seit rund zehn<br />

Jahren hier und bin immer wieder aufs Neue überrascht.<br />

Der nächste TGV-Bahnhof befindet<br />

Lorient<br />

sich in Tours-Saint-Pierre-des-Corps Kostenloser Parkplatz.<br />

(39 km).<br />

Vannes Um die Domaine bei der Umsetzung<br />

N165/E60<br />

der aktuellen Hygienemaßnahmen A11/E501<br />

Quiberon<br />

Domaine de Chaumont-sur-Loire<br />

zu unterstützen, wird empfohlen, Angers das<br />

41150 Chaumont-sur-Loire<br />

Eintrittsticket online A11/E60auf der Website zu<br />

La Baule<br />

Telefon: +33 (0)2 54 20 99 22<br />

kaufen.<br />

St. Nazaire<br />

Vor Ort gibt Nantes es Verpflegungs möglich<br />

keiten auf der Terrasse A87 des<br />

www.domaine-chaumont.fr<br />

Comp toir des Tilleuls Clisson (Angebot entsprechend<br />

den aktuellen Auflagen<br />

Cholet<br />

für den Gesundheitsschutz) A83<br />

oder<br />

im Les L’Estaminet Sablesd’Olonne<br />

(Salate, Sandwichs,<br />

Gebäck, Eis).<br />

Cherbourg-<br />

Octeville<br />

Neben dem Schloss und seinem Park als geschichtliches Kulturerbe<br />

sowie dem Internationalen Gartenfestival ist die Domaine<br />

auch ein Zentrum für zeitgenössische Kunst, das jedes Jahr<br />

neue Künstler präsentiert. Das liegt Ihnen sehr am Herzen …<br />

Genau, alles ist miteinander verbunden. Zugegeben,<br />

Chaumont hat durch die Kombination von kulturhistorischer,<br />

gartengestalterischer und künstlerischer Identität<br />

eine Sonderstellung in der Welt der Gärten und der Kunst.<br />

Ich wollte erreichen, dass dieser Ort dem Besucher eine<br />

globale kulturelle Erfahrung vermittelt. Ich sage immer,<br />

dass diese Anlage eine Art künstlerische Utopie darstellt.<br />

Egal, wo man sich bewegt, ob im Schloss, in den Pferdeställen,<br />

im Park, auf der Wiese, überall gibt es Dinge zu<br />

sehen, die Staunen und Emotionen hervorrufen. Was die<br />

Boulogne<br />

zeitgenössische Kunst angeht, organisieren wir jedes Jahr<br />

ein künstlerisches Programm mit Ausstellungen im Inneren<br />

und unter freiem Himmel. Dafür geben wir Werke<br />

bei internationalen Künstlern in Auftrag. Einige bleiben,<br />

andere nicht. Gemeinsam mit den Gärten beschäftigen<br />

sie uns, laden zum Nachdenken oder ganz einfach zum<br />

Träumen ein. Eine angenehme Art, eine positive, eine<br />

umsetzbare, eine zuversichtliche Seite zu zeigen.<br />

Chantal Colleu-Dumond, wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />

Calais Dunkerq<br />

Amiens<br />

Arr<br />

schen getroffen, die in mir Aufgeschlossenheit geweckt<br />

haben. Gleichzeitig haben sie mir jedoch auch Gewissenhaftigkeit<br />

beigebracht, ein Merkmal, durch das ich mich<br />

seitdem auszeichne. Ich bin mir darüber bewusst, dass ich<br />

heute in gewisser Weise « deutsch » funktioniere …<br />

Welche Erfahrungen in Deutschland waren für Sie Ihrer Ansicht<br />

nach wichtig?<br />

In Deutschland habe ich den Sinn für Organisation,<br />

Antizipation und Gewissenhaftigkeit gelernt. Doch ich<br />

habe auch vier Jahre in Italien gelebt. Vermutlich bin ich<br />

eine Mischung aus mehreren Dingen: Man nehme deutsche<br />

Gewissenhaftigkeit, gebe italienische Reaktivität<br />

und etwas französische « Verrücktheit » dazu. Ich glaube,<br />

letzten Endes funktioniert das relativ gut! Ich bin zutiefst<br />

europäisch, ich glaube fest an Europa. Ich denke, dass wir<br />

uns all der Stärken, mit denen man gemeinsam wunderbare<br />

Dinge schaffen kann, nicht ausreichend bewusst sind,<br />

zu wenig stolz auf sie sind. Es ist doch sagenhaft, dass<br />

wir in einer Welt leben, wo es Mozart, Beethoven, Verdi<br />

gab … Dieser Kontinent hat eine unglaubliche kulturelle<br />

und philosophische Kraft.<br />

Fehlt Ihnen Deutschland?<br />

Ja, ohne Zweifel. Glücklicherweise kann ich von<br />

Zeit zu Zeit dorthin zurückkehren, zumal ich sehr gerne<br />

Deutsch spreche. Es steht fest, dass ich Deutschland<br />

sehr liebe, vor allem die deutsche Lebensart, die famose<br />

« Gemütlichkeit ». Mich hat es wieder und wieder erstaunt,<br />

dass es in Deutschland, egal in welches Hotel oder<br />

Restaurant man kommt, immer sauber, immer ordentlich<br />

ist. Den Sinn für Gastfreundschaft und Qualität habe ich<br />

stets als besonders angenehm empfunden. Um nochmals<br />

auf die vorherige Frage zurückzukommen: Diese deutsche<br />

Erfahrung hat mich hier in Chaumont im Übrigen sehr<br />

inspiriert, sodass ich bewusst die Qualität in den Mittelpunkt<br />

stelle. Das ist für mich wesentlich und beginnt mit<br />

der Qualität des Empfangs: Wir haben sehr aufmerksames<br />

Personal, das lächelnd grüßt, das auf die Besucher<br />

eingeht, Fragen beantwortet. Aber Qualität ist auch für<br />

die Programmplanung wichtig: Ich achte sehr darauf, dass<br />

die gewählten Themen ein gewisses Niveau haben, zum<br />

Nachdenken anregen. Und ich weiß genau, dass es zum<br />

großen Teil dieser Qualitätsbesessenheit zu verdanken ist,<br />

wenn so viele Besucher auf die Domaine kommen.<br />

Im nächsten Jahr feiert das Internationale Gartenfestival von<br />

Chaumont-sur-Loire seinen 30. Geburtstag. Es ist heute einer<br />

der wichtigsten touristischen Anziehungspunkte der Region.<br />

Dennoch erschien das Projekt zu Beginn etwas verrückt …<br />

Das stimmt. Die Idee, ein Trendbarometer für Gärten<br />

zu präsentieren, erschien gewagt, hat jedoch schnell funktioniert.<br />

Vor zehn Jahren hatten wir 200 000 Besucher, im<br />

letzten Jahr waren es mehr als 530 000. Das ist ein schöner<br />

Erfolg. Man muss wissen, dass man hier einen erstaunlichen<br />

Blick auf die Welt des Gartens wirft: Jedes Jahr präsentieren<br />

mehr als 20 internationale Teams ihre Gartenkreationen.<br />

Die Teams bestehen im Allgemeinen aus jungen Menschen<br />

im Alter zwischen 25 und 35 Jahren. Alle haben die gleiche<br />

Fläche zur Verfügung, um einen Garten zu gestalten, der<br />

eine Verbindung zum Thema des Jahres haben und für eine<br />

Dauer von sechs Monaten angelegt sein muss. Er soll sich<br />

Lesetipps & Reiseinfos<br />

Domaine de Chaumont-sur-Loire …<br />

… Berlin 1260 km … Hamburg 1074 km<br />

… Köln 681 km … Frankfurt 752 km<br />

Lannion<br />

… München 966 km … Wien 1483 km<br />

… Zürich 664 km<br />

N12/E50… Paris 194 km<br />

Brest … Tours 41 km Saint-Brieuc<br />

… Blois 20 km<br />

N12/E50<br />

Die nächstgelegenen Flughäfen, die<br />

aus dem deutschsprachigen<br />

N164<br />

Raum<br />

direkt angeflogen werden, sind die<br />

Pariser Quimper Flughäfen Orly (186 km) und<br />

D<strong>76</strong>8<br />

Charles de Gaulle (216 km).<br />

Combrit<br />

N165/E60<br />

N24<br />

Schloss und Kunstzentrum sind täglich<br />

geöffnet, außer am A84/E401 1. Januar und am<br />

25. Dezember.<br />

Das Saint-Malo Internationale Avranches Gartenfestival ist<br />

von Ende April bis zum 1. November<br />

täglich N1<strong>76</strong>/E401 Mont-Saint-Michel<br />

geöffnet.<br />

Die Öffnungszeiten schwanken je nach<br />

A84<br />

Saison. Bitte informieren Sie sich vor<br />

einem Besuch auf der Website.<br />

Tageskarte 12 – 19 €, Zweitagespass<br />

Rennes<br />

20 – 33 € (je nach Saison).<br />

Montalivet<br />

Saint-Lô<br />

N13<br />

Caen<br />

Le A29/E44 Havre<br />

A131 Jumièges<br />

Honfleur<br />

A13/E46<br />

A28/E402<br />

Le Mans<br />

A28/E502<br />

A86/E60<br />

A10/E5<br />

Rouen<br />

A11/E50<br />

A13/E5<br />

Dreux<br />

Chartres<br />

A10/E5-E60<br />

A10/E5<br />

Cheverny<br />

Tours Chenonceau<br />

A85<br />

A83<br />

Poitiers<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 43: Cheverny, das Schloss von Tim und Struppi (23 km entfernt)<br />

Chenonceau, Chambord, Azay-le-Rideau, die großen Saint-Sigismond Namen im Loire-Tal lassen manchmal<br />

vergessen, dass auch weniger bekannte Schlösser in der Nachbarschaft einen Umweg lohnen. Ein<br />

N11/E601<br />

solches befindet sich südöstlich von Blois in Cheverny. Niort Zwar hat hier niemals ein König gewohnt,<br />

dafür ist das Schloss den meisten Kindern La und Rochelle Erwachsenen wegen einer Comicserie bekannt: Tim<br />

E5/A10<br />

und Struppi. Cheverny war das Vorbild für das berühmte Schloss Mühlenhof von Kapitän<br />

Haddock. Darüber hinaus erzählt es von einer großen Familiendynastie und ist eines der<br />

heute noch am prunkvollsten eingerichteten E602/A837 Schlösser entlang der Loire.<br />

Monts<br />

INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG Angoulême DIESER UND ANDERER AUSGABEN<br />

FINDEN SIE AUF SEITE 86.<br />

Blois<br />

Chambord<br />

A20/E9<br />

A16<br />

PARIS<br />

Versailles<br />

Orléans<br />

A71/E9<br />

A6/E15<br />

Chaumont-sur-Loire<br />

Limoges<br />

Bourges<br />

A71/E11<br />

Montluçon<br />

A8<br />

58 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

E5/A10<br />

Périgueux<br />

A89/E70<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 59<br />

Tulle<br />

Brive-la-Gaillarde<br />

Le Pescher<br />

Saillac


UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays Paris de la Loire<br />

Saint-Germain-des-Prés<br />

Seit dem Welterfolg des Romans<br />

Da Vinci Code von Dan Brown im<br />

Jahr 2003, dessen Handlung in<br />

der Kirche Saint-Sulpice in Paris<br />

spielt, ist dieses religiöse Gebäude<br />

auf dem ganzen Planeten bekannt.<br />

Obwohl sich seitdem die<br />

Besucher dort drängen, bleibt<br />

eine der Kapellen, in der sich drei<br />

riesige Wandgemälde befinden,<br />

die man eher im Louvre erwartet<br />

hätte, weitgehend unbeachtet.<br />

Diese Malereien sind das Werk<br />

des berühmten Malers Eugène<br />

Delacroix (1798-1863), der ihnen<br />

mehrere Jahre seines Lebens<br />

widmete, obwohl er bereits krank<br />

und manchmal an dem Punkt<br />

war, aufzugeben. Besonders Der<br />

Kampf Jakobs mit dem Engel ist<br />

eines der berühmtesten Gemälde<br />

des Künstlers und der französischen<br />

Malerei überhaupt.<br />

Eugène Delacroix fotografiert vor 1863 von Carjat &<br />

Cie (Musée Carnavalet – Histoire de Paris). Rechte<br />

Seite: die Chapelle des Saints-Anges, gleich hinter<br />

dem Eingang der Kirche Saint-Sulpice, an deren<br />

Dekoration Delacroix 12 Jahre lang arbeitete.<br />

60 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong>


UNTERWEGS IN FRANKREICH Paris<br />

Der Platz und die Kirche Saint-Sulpice im 18. Jahrhundert, ein Werk der Zeichnerin Anna Schmidt<br />

und des Graveurs Frédéric Salathé (Musée Carnavalet – Histoire de Paris).<br />

Der Passant, der im Pariser Viertel Saint-Germaindes-Prés<br />

an der Kirche Saint-Sulpice vorbeigeht,<br />

ahnt oft nicht, dass er dabei nur wenige Schritte<br />

von einem der größten Meisterwerke der französischen<br />

Malerei entfernt ist. Dabei müsste er nur die gepolsterte<br />

Tür der Kirche öffnen und eintreten – was zudem noch<br />

kostenlos ist –, um ein Gemälde des berühmten französischen<br />

Malers Eugène Delacroix zu entdecken, das viele<br />

als dessen « spirituelles Testament », als « das Werk eines<br />

ganzen Lebens » ansehen: Der Kampf Jakobs mit dem Engel.<br />

Derselbe Passant ahnt meist nicht im Geringsten, wie viel<br />

Hartnäckigkeit, wie viel unglaubliche Verbissenheit notwendig<br />

war, damit Delacroix diese Arbeit vollenden konnte.<br />

Es war eine jahrelange Prüfung, gegen die er im wahrsten<br />

Sinne des Wortes Krieg führte. Einen Krieg gegen sich<br />

selbst, um Inspiration zu finden, aber auch einen Krieg gegen<br />

seine Krankheit, die Feuchtigkeit und Kälte des Ortes.<br />

Delacroix litt nicht nur an der Kehlkopftuberkulose, die<br />

schließlich zu seinem Tod führte, sondern auch an einer<br />

Hodenentzündung, und das bei seinem Beruf, der ihn dazu<br />

zwang, aufrecht oder sogar auf einer Leiter stehend zu arbeiten<br />

… Grund genug also für den Passanten, der heute<br />

über den Place Saint-Sulpice geht, seinen Weg nicht einfach<br />

fortzusetzen, sondern sich etwas Zeit zu nehmen, die<br />

Kirche zu betreten und die unvorstellbare Arbeit von Delacroix<br />

zu betrachten. Das ist eine schöne Art, den Maler<br />

und sein Werk zu würdigen.<br />

Zwölf Jahre Arbeit<br />

Ernst zwischen Delacroix und Saint-Sulpice wird es<br />

am 28. April 1849, als der Innenminister beim Maler offiziell<br />

drei große Wandgemälde bestellt, welche die Chapelle<br />

des Fonts-Baptismaux der Pariser Kirche schmücken<br />

sollen. Der Raum ist groß, die Arbeit entsprechend umfangreich:<br />

Es geht darum, zwei ausladende Wände sowie<br />

die Decke der Kapelle zu schmücken. Diese ist zentral<br />

gelegen: direkt hinter dem Eingang der Kirche. Wie im<br />

ganzen Gebäude sind die Mauern feucht, für einen Maler<br />

ist der Ort relativ düster. Die Aufgabe erweist sich als<br />

nicht einfach. Delacroix, der mit seinen 50 Jahren bereits<br />

über umfangreiche Berufserfahrung verfügt, ist sich darüber<br />

voll bewusst. Vor allem, da er Saint-Sulpice kennt: Er<br />

ist zwar Agnostiker und besucht nicht viele Kirchen, doch<br />

diese hat oft seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Bereits<br />

im Alter von 22 Jahren, als er in einem Dachzimmer<br />

in der nahe gelegenen Rue Jacob wohnte, hat er die beiden<br />

Türme von Saint-Sulpice auf einem Bild verewigt. Insofern<br />

nimmt er diese Arbeit erfreut in Angriff, für die ihm<br />

das Ministerium einen Betrag von genau 26 826 Francs<br />

in Aussicht stellt. Delacroix weiß damals noch nicht, dass<br />

ihn dieser Vertrag bis 1861, also 12 Jahre lang, beschäftigen<br />

wird, denn erst am 22. Juli 1861 wird er die Dekoration<br />

der Kapelle vollenden. Zu diesem Zeitpunkt hat er<br />

dann noch zwei Jahre zu leben …<br />

Krieg gegen die Feuchtigkeit<br />

Bevor Delacroix noch die<br />

Themen bestimmt, die er bei<br />

der Gestaltung der Kapelle<br />

umsetzen will, wird ihm<br />

bewusst, dass die vordringlichste<br />

Aufgabe zunächst<br />

in der Vorbereitung des<br />

Mauerwerks besteht.<br />

Dieses ist in einem sehr<br />

schlechten Zustand, porös<br />

und sehr feucht, sodass<br />

man darauf zu diesem<br />

Zeitpunkt gar keine Farbe<br />

anbringen kann. Umso<br />

weniger, als dass es im<br />

19. Jahrhundert Praxis ist,<br />

eine Farbe auf der Basis<br />

von Öl und Wachs zu<br />

verwenden, die zwingend<br />

einen ganz trockenen<br />

Untergrund voraussetzt.<br />

Bereits diese Vorarbeiten<br />

erweisen sich aufgrund der<br />

Beschaffenheit der Mauern<br />

viel komplizierter als<br />

vorgesehen. Für Delacroix<br />

beginnt ein regelrechter<br />

Krieg gegen die Feuchtigkeit,<br />

der schnell zu einer<br />

Zwangsvorstellung wird.<br />

Die Kapelle, in der er – hinter Gerüsten und Holzbrettern<br />

vor Blicken geschützt – arbeitet, wird für ihn zu einem<br />

befestigten Lager. Nahezu zu einem Gefängnis. Eine<br />

Anspielung darauf findet sich in seinem Tagebuch wieder,<br />

da er darin statt « Mauer » oft das Wort « Festungsmauer »<br />

verwendet. Sieben Jahre lang widmet er sich diesen vorbereitenden<br />

Arbeiten. Selbstverständlich ist er in dieser Zeit<br />

oft mehrere Monate lang abwesend – vor allem, um an anderen<br />

Orten zu malen –, doch Saint-Sulpice und die durch<br />

die Feuchtigkeit verursachten Probleme beherrschen sein<br />

ganzes Denken. Oft ist er kurz davor aufzugeben: « Diese<br />

Arbeit ist für mich zum Albtraum meiner Tage geworden,<br />

ich werde sie wahrscheinlich niemals vollenden », schreibt<br />

er …<br />

Das Gemälde Der Kampf Jakobs mit dem Engel, das Delacroix<br />

direkt auf die Wand der Kapelle malte, misst 7,51 m auf 4,85 m.<br />

Kapelle oder Verlies?<br />

Doch Delacroix bleibt hartnäckig. Er verbeißt sich<br />

regelrecht. Von der Krankheit bereits gezeichnet spürt<br />

er, dass dies das Werk seines Lebens ist. Dafür muss er<br />

sich selbst übertreffen. Ab 1855 widmet er sich dann voll<br />

und ganz dieser Kirche, die Arbeiten werden zu seinem<br />

Lebenszweck. Er möchte sooft wie möglich dort sein. In<br />

seinem Tagebuch erwähnt er, dass er auch am Sonntag in<br />

der Kirche arbeiten möchte. Dazu benötigt er jedoch<br />

die Genehmigung der kirchlichen Verantwortlichen.<br />

Der Abt lehnt das Ansinnen<br />

ab. Delacroix geht sogar so weit,<br />

den Kaiser und die Kaiserin um<br />

Intervention zu bitten. Vergebens.<br />

An vielen Sonntagen gelingt<br />

es ihm dennoch, « im Verborgenen<br />

» auf seinem Gerüst zu<br />

arbeiten. Die Kapelle ähnelt<br />

für ihn immer mehr einem<br />

regelrechten « Verlies », in das<br />

er sich – zur Beunruhigung<br />

seiner Nächsten – zurückzieht.<br />

Es geht ihm wie so vielen anderen<br />

Künstlern: Gerade die<br />

physisch extrem anstrengende<br />

Arbeit verschafft ihm ein echtes<br />

Glücksgefühl. Das hindert<br />

ihn jedoch nicht daran, sich<br />

Fragen zu stellen, manchmal<br />

sogar zu zweifeln. So schreibt<br />

er in seinem Tagebuch: « Die<br />

Malerei setzt mir in Wahrheit<br />

zu, quält mich, wie eine der<br />

anspruchsvollsten Maitressen<br />

[…] doch woher kommt es,<br />

dass dieser ewige Kampf mich<br />

nicht niederstreckt, sondern<br />

mich stärkt, dass er mich nicht<br />

entmutigt, sondern mich tröstet,<br />

mich beschäftigt, sobald<br />

ich die Arbeit ruhen lasse? »<br />

Saint-Sulpice, eine theatralische Kirche<br />

Unermüdlich kehrt Delacroix in die Kirche Saint-<br />

Sulpice zurück, wo er von den beiden treuen Malern<br />

Pierre Andrieu (1821-1892) und Louis Candide Boulanger<br />

(1806-1867) unterstützt wird. Die Wände und die Decke<br />

der Kapelle – die in der Zwischenzeit in Chapelle des<br />

Saints-Anges umbenannt wurde – sind endlich saniert,<br />

und 1855 werden dann die ersten Entwürfe umgesetzt.<br />

Für die Motive lässt sich Delacroix von der Architektur<br />

von Saint-Sulpice als Ganzes inspirieren: Mit ihren beiden<br />

weit auseinanderstehenden Türmen und der monumentalen<br />

Fassade ist sie für den Maler immer eine erstaunliche<br />

62 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 63


UNTERWEGS IN FRANKREICH Paris<br />

Grenzenlose Verbissenheit<br />

Wenn sein Gesundheitszustand es zulässt, arbeitet<br />

Delacroix umso härter in Saint-Sulpice. Er macht sogar<br />

die Bemühungen seiner Freunde zunichte, die ihn im<br />

Sommer 1860 überzeugen können, die Hauptstadt für<br />

ein paar Wochen zu verlassen und nach Champrosay<br />

zu gehen. Dieses kleine, ruhige, bei Künstlern beliebte<br />

Dorf liegt rund 30 Kilometer südlich von Paris und wird<br />

vor allem wegen der im Vergleich zu Paris viel reineren<br />

Luft geschätzt. Doch nach ein paar Tagen in der Abgeschiedenheit<br />

hält Delacroix es nicht mehr aus und<br />

nimmt bei Tagesanbruch den ersten Zug, um wieder<br />

in Saint-Sulpice zu sein. Dort zieht er sich zum Malen<br />

zurück, nimmt aber dennoch nachmittags, seiner Gesundheit<br />

zuliebe, einen Zug zurück nach Champrosay.<br />

Schließlich fährt er jeden Tag hin und her, was ihn mit<br />

Sicherheit noch etwas mehr ermüdet. Seine Freunde wagen<br />

es nicht, etwas dagegen zu sagen, denn sie wissen<br />

nur zu gut, dass der Künstler seit Jahren von der Vollendung<br />

der Gemälde in Saint-Sulpice besessen ist.<br />

Oben: Delacroix hat die Wandmalereien darüber hinaus mit einem Trompe-l‘œil umgeben, das wie ein täuschend echter Holzrahmen aussieht.<br />

Rechte Seite: Einige Hundert Meter von Saint-Sulpice entfernt befindet sich das Musée Eugène<br />

Delacroix; im Garten des Gebäudes liegt das ehemalige Atelier des Malers.<br />

und untypische « theatralische Kirche » gewesen. Dieses<br />

Theatralische will er aufgreifen, sogar verstärken. Es sollen<br />

daher nicht « nur » religiöse Gemälde werden, sondern<br />

sie sollen die Kapelle mit Leben erfüllen, die Aufmerksamkeit<br />

des Besuchers auf sich ziehen, genauso wie ein<br />

Schauspieler die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf sich<br />

zieht. Davon ist Delacroix überzeugt. Schließlich war bereits<br />

der Italiener Giovanni Niccolo Geronimo Servandoni<br />

(1695-1<strong>76</strong>6), einer der acht für Bau und Renovierung<br />

von Saint-Sulpice verantwortlichen Architekten, neben<br />

seiner Tätigkeit als Architekt auch Theater- und Operndekorateur!<br />

Realistisch erscheinende,<br />

kämpfende Engel<br />

Der Maler will also auf den drei Gemälden nicht einfach<br />

« klassische » Darstellungen aus der Bibel umsetzen<br />

und auf brave und traditionelle Art interpretieren, sondern<br />

kämpfende Engel darstellen, die sehr lebendig und realistisch<br />

erscheinen. Er setzt alles daran, dass diese Malereien<br />

die theatralische Atmosphäre von Saint-Sulpice ergänzen.<br />

Zunächst verbringt Delacroix Monate damit, Skizzen<br />

anzufertigen, um die beste Möglichkeit herauszuarbeiten,<br />

wie er die Bewegungen und die Ausdrucksstärke der<br />

Szenen umsetzen will. Später, als er dann unter großem<br />

Krafteinsatz mit den eigentlichen Gemälden in der Kapelle<br />

beginnt, macht sich bereits eine gewisse Müdigkeit<br />

bemerkbar. Um Zeit zu sparen – und Energie, denn daran<br />

beginnt es zu mangeln – verlässt Delacroix im Dezember<br />

1857 seine Unterkunft in der Rue Notre-Dame-de-<br />

Lorette und installiert seine Wohnung und sein Atelier in<br />

der Rue de Furstenberg <strong>Nr</strong>. 6. Dieses Gebäude liegt ganz<br />

in der Nähe der Kirche und beherbergt heute das Musée<br />

Delacroix, eines der persönlichsten und charmantesten<br />

Museen von Paris.<br />

64 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 65


UNTERWEGS IN FRANKREICH Paris<br />

Begrenzte Anerkennung<br />

Die Monate Februar, März und April 1861 sind vom<br />

gnadenlosen Kampf Delacroix‘ geprägt. Der Mann ist allein,<br />

todmüde, gelähmt vor Schmerzen, denen Kälte und<br />

Feuchtigkeit in der Kirche nicht gerade zuträglich sind.<br />

Doch obwohl es ihm immer schwerer fällt, die Arbeit zu<br />

beenden, gibt er nicht auf. Einige Monate später, am 31.<br />

Juli 1861, kann die Einweihung der Wandmalereien in<br />

der Kapelle im Rahmen einer kleinen Zeremonie stattfinden.<br />

Delacroix wohnt ihr bei, ist aber in einem seltsamen<br />

Zustand, wie jemand, der auf seine Verurteilung wartet.<br />

Die Kommentare sind relativ positiv, der Künstler bleibt<br />

trotzdem verdrossen. Er alleine weiß, was diese Arbeit<br />

Reiseinfos & Lesetipps<br />

genau repräsentiert. Er hat ein wesentlich größeres Lob<br />

erwartet. « Weder der Minister noch der Präfekt haben<br />

mich besucht …», notiert er abends enttäuscht in seinem<br />

Tagebuch. Das ist richtig. Vermutlich haben die offiziellen<br />

Vertreter – genauso wie die meisten Passanten, die heute<br />

über den Platz Saint-Sulpice gehen – sich nicht die Zeit<br />

genommen, die ungeheure Arbeit des großen Malers<br />

Calais Dunkerque<br />

und die Hartnäckigkeit, die er dafür an den Tag legen<br />

musste, zu erkennen und zu würdigen. Heute kann man<br />

dieses Versäumnis gutmachen, indem Boulogne man Saint-Sulpice<br />

besucht, das Bild Der Kampf Jakobs mit dem Engel betrachtet<br />

und sich sagt, dass dieser Starrsinn letzten Endes<br />

vollkommen mit dem unglaublichen realistischen Kampf<br />

übereinstimmt, den Delacroix veranschaulicht hat …<br />

Arras<br />

Roubaix<br />

Lille<br />

Guyenco<br />

Zwei Bücher für alle,<br />

die noch tiefer einsteigen möchten:<br />

Jean-Paul Kauffmann, La Lutte avec l’Ange, Éditions Folio,<br />

334 Seiten, ISBN 978-2070420162.<br />

Dieser spannende Roman des Schriftstellers, Journalisten und<br />

Kunstliebhabers Jean-Paul Kauffmann ist schon beinahe ein Krimi.<br />

Er führt darin regelrechte Ermittlungen über das Gemälde Der<br />

Kampf Jakobs mit dem Engel von Delacroix. Die Kirche Saint-Sulpice<br />

und dieses Bild haben seine Neugier geweckt, sodass er im Verlauf<br />

der fesselnden Handlung versucht, den versteckten Sinn des<br />

Werkes zu enthüllen. Der Leser wird aufgefordert, ihm zu den Orten und<br />

Personen zu folgen, die Schlüssel für das Verständnis des rätselhaften Werkes sind.<br />

Sébastien Allard, Côme Fabre und Asher Miller,<br />

Delacroix, Hazan/Louvre Éditions,<br />

480 Seiten, ISBN 978-2754114431.<br />

Dieser schöne Bildband mit bemerkenswerten<br />

Abbildungen war der offizielle Ausstellungskatalog der<br />

Retrospektive Delacroix 1798-1863, die 2018 im Louvre<br />

gezeigt wurde. Es ist eines der umfangreichsten Werke,<br />

das sich der Arbeit von Delacroix widmet. Man kann darin<br />

die komplexe Persönlichkeit des Künstlers, der sowohl<br />

diskret als auch ruhmversessen, neugierig<br />

und kultiviert war, gut erfassen. Ganz unerwartet<br />

entdeckt man, dass Delacroix das Schreiben ebenso gut<br />

beherrschte wie das Malen und Zeichnen.<br />

66 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Brest<br />

Quimper<br />

Combrit<br />

Angers<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 75:<br />

A11/E60<br />

La Baule<br />

Champs-Elysées: eine Aufforderung<br />

St. Nazaire<br />

zum Träumen? (2 km Nantes entfernt)<br />

Im Herzen vieler ist sie nach wie vor A87<br />

« die schönste Straße der Clisson Welt ». Aber<br />

Cholet<br />

wie lange noch? Die Avenue<br />

des Champs-Élysées,<br />

A83<br />

die Les sich Sablesd’Olonne<br />

2,5 Kilometern vom<br />

über eine Länge<br />

von<br />

Place de la Concorde bis<br />

zum Arc de Triomphe A83<br />

erstreckt, ist heute<br />

Saint-Sigismond<br />

laut und verschmutzt.<br />

Über ein Projekt<br />

N11/E601<br />

für<br />

Niort<br />

ihre Umgestaltung, La Rochelle ein<br />

komplett neues Konzept für diese Straße. E5/A10<br />

Cherbourg-<br />

Octeville<br />

Paris …<br />

… Berlin 1054 km … Hamburg 872 km<br />

… Köln 470 km … Frankfurt 569 km<br />

… München 817 km … Wien 1405 km<br />

… Zürich 584 km<br />

N165/E60<br />

Die beiden Pariser Flughafen Orly (16<br />

km) und Charles de Gaulle (25 km)<br />

werden aus dem deutschsprachigen<br />

Raum direkt angeflogen.<br />

Lannion<br />

Saint-Malo<br />

<br />

Église Saint-Sulpice<br />

Place Saint-Sulpice<br />

N1<strong>76</strong>/E401<br />

Saint-Brieuc<br />

75006 Paris N12/E50<br />

Telefon: +33 (0)1 42 34 59 98<br />

N12/E50<br />

N164<br />

www.pss75.fr/saint-sulpice-paris<br />

D<strong>76</strong>8<br />

Die Kirche ist täglich von 7.30 Uhr<br />

bis 19.30 Uhr geöffnet. N24Es herrscht<br />

Maskenpflicht.<br />

Lorient<br />

Quiberon<br />

Vannes<br />

N165/E60<br />

<br />

Musée Eugène Delacroix<br />

6, rue de Fürstenberg<br />

Le A29/E44 Havre<br />

75006 Paris<br />

A131<br />

Telefon: +33 (0)1 44 41 86 Honfleur 50<br />

N13<br />

www.musee-delacroix.fr Caen<br />

Saint-Lô<br />

Normaltarif 7 €, Kombiticket für den<br />

Besuch<br />

A84/E401des Louvre am selben oder<br />

folgenden Tag 15 €.<br />

A28/E402<br />

A13/E46<br />

Avranches<br />

Die meisten Räume des Museums<br />

Mont-Saint-Michel sind verhältnismäßig klein.<br />

Durch die Maßnahmen für den<br />

A84Gesundheitsschutz im Hinblick auf<br />

das Coronavirus muss für den Besuch<br />

telefonisch (9.30 Uhr bis 17.30 Uhr) ein<br />

Zeitfenster reserviert werden. Sollten<br />

Rennes Plätze für die nächste Besichtigung<br />

verfügbar sein, ist dies auch vor Ort<br />

Le Mans<br />

möglich. Es herrscht Maskenpflicht.<br />

A11/E501<br />

Montalivet<br />

Angoulême<br />

Poitiers<br />

A28/E502<br />

A86/E60<br />

Monts<br />

Rouen<br />

A11/E50<br />

Blois<br />

A13/E5<br />

Dreux<br />

Chartres<br />

A10/E5-E60<br />

Versailles<br />

A10/E5<br />

Chambord<br />

A16<br />

Orléans<br />

Amiens<br />

PARIS<br />

A6/E15<br />

Chaumont-sur-Loire<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 60: Cheverny<br />

Saint-Germain-des-Prés, Tours Chenonceau mehr A71/E9 als ein<br />

A85<br />

Viertel, die Seele von Paris?<br />

A10/E5 Saint-Germain-des-Prés gehört neben dem<br />

Bourges<br />

Eiffelturm, Montmartre und den Champs-<br />

Élysées zu den legendären Orten<br />

in Paris. Das A20/E9 Viertel war jahrelang<br />

ein beliebter Treffpunkt A71/E11 von<br />

Intellektuellen, Künstlern und<br />

Politikern und wurde lange Zeit<br />

als die intellektuelle Seele der<br />

Hauptstadt betrachtet. Was ist<br />

von diesem Mythos heute noch<br />

übriggeblieben? Wie Montluçon sieht die<br />

Realität in diesem Viertel aus?<br />

E602/A837<br />

INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 86.<br />

Limoges<br />

A1/E15-E19<br />

A89/E70<br />

A5/E54<br />

A4/E50<br />

Sens<br />

A71/E11<br />

Clermont-<br />

Ferrand<br />

Puy de<br />

A75/E11<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 67 le Mont-Dore


UNTERWEGS IN FRANKREICH Hotel<br />

Das Quartier Latin ist das historische und<br />

intellektuelle Zentrum von Paris und heute<br />

noch eines der authentischsten Viertel der<br />

Hauptstadt. Will man nur wenige Gehminuten<br />

von der Kathedrale Notre Dame,<br />

dem Panthéon und der Sorbonne entfernt<br />

übernachten, so bietet sich das erst kürzlich<br />

renovierte Hotel La Lanterne an. Es ist<br />

eine Ausnahmeerscheinung in diesem<br />

Viertel, denn es gehört zu den wenigen<br />

seiner Art, die sich durch einen ruhigen,<br />

intimen Charakter auszeichnen und gleichzeitig<br />

hochwertige Dienstleistungen anbieten.<br />

Und das zu einem Preis-Leistungs-<br />

Verhältnis, wie es in Paris äußerst selten<br />

ist. Diese Adresse sollte man sich merken,<br />

wenn man sich etwas gönnen will!<br />

Eine Wohnung im Quartier Latin können sich<br />

seit einigen Jahren nur noch wenige Pariser<br />

leisten. Wie in zahlreichen anderen Vierteln<br />

der Hauptstadt sorgen Quadratmeterpreise<br />

zwischen 10 000 und 18 000 Euro auch hier dafür,<br />

dass immer mehr Bewohner die Gebäude allmählich<br />

verlassen, obwohl ihre Familie vielleicht bereits<br />

seit Generationen dort wohnte. Dennoch konnte<br />

das Quartier Latin zumindest bislang seine Seele<br />

bewahren und bietet eine Atmosphäre, die sich von<br />

anderen Pariser Vierteln deutlich abhebt. Dazu trägt<br />

nicht zuletzt die berühmte, alteingesessene Universität<br />

Paris 1 Panthéon-Sorbonne bei. Ihre Studenten<br />

und die der zahlreichen anderen Schulen und Universitätsableger<br />

in diesem Stadtteil sorgen für ein<br />

der geistigen Arbeit gewidmetes und zugleich<br />

dynamisches Ambiente, ein Eindruck, der durch<br />

renommierte Verlage, geschichtsträchtige<br />

Buchhandlungen und Filmkunstkinos noch<br />

verstärkt wird. Hier schlägt das Herz von Paris, das<br />

Herz einer Stadt der Verliebten, der Bücher, der<br />

Kultur und der Bildung.<br />

Mitten in dieser eigenen, kleinen Welt, nahezu<br />

versteckt in einer kleinen Straße, auf halbem Weg<br />

zwischen Notre Dame und Panthéon, liegt eine<br />

Besonderheit dieses Viertels: das Hotel La Lanterne.<br />

In diesem erst vor Kurzem von Grund auf<br />

renovierten Haus gibt es keine dieser winzig kleinen<br />

Zimmer, die eher altmodisch eingerichtet und<br />

dekoriert und für zahlreiche andere Hotels typisch<br />

sind. Hier haben anspruchsvolle Gäste die Wahl<br />

unter 42 Zimmern, die sich bereits durch ihre<br />

Größe von 16 bis 45 Quadratmetern angenehm<br />

abheben. Einige erstrecken sich über zwei Etagen,<br />

andere bieten einen Blick in den schönen Garten.<br />

Die eigentliche Überraschung befindet sich jedoch<br />

im Untergeschoss: In einem effektvollen Gewölbekeller<br />

befindet sich ein großartiger Pool, ein regelrechtes<br />

Schmuckstück, das so schnell nicht seinesgleichen<br />

findet. An den Pool angeschlossen ist ein<br />

Wellnessbereich im Designerstil mit Hamam und<br />

Sauna: eine Oase der Erholung. Abgerundet wird<br />

das Ganze durch einen gut ausgestatteten Fitnessbereich.<br />

Wenn man einen Tag lang die zahlreichen<br />

Monumente der näheren Umgebung besucht hat<br />

(Panthéon, Kirche Saint-Sulpice, Kathedrale Notre-Dame,<br />

Institut du Monde Arabe) oder einfach<br />

zu Fuß durch das Viertel gebummelt ist, sind diese<br />

Einrichtungen überaus willkommen.<br />

Ein persönliches Hotel in einer überschaubaren<br />

Größe mit Personal, das den Gästen jeden Wunsch<br />

von den Augen abliest, aber dennoch diskret bleibt:<br />

Solche Merkmale sind ein echtes Plus und machen<br />

den Unterschied. Was Service und persönlichen<br />

Empfang angeht, so ist La Lanterne ganz vorne<br />

mit dabei. Der Concierge-Service « Clef d’Or » – in<br />

68 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 69


UNTERWEGS IN FRANKREICH Hotel<br />

Deutschland nennt sich dieser Service « Die Goldenen<br />

Schlüssel » – ist das Nonplusultra in dieser Beziehung und<br />

steht für Dienstleistungen, die großen Hotels in nichts<br />

nachstehen. Chic und Eleganz verströmen, aber trotzdem<br />

den Esprit des Viertels leben, sind in diesem Hotel<br />

kein Widerspruch. Das zeigt sich beispielsweise, wenn<br />

der Concierge-Service ein nahe gelegenes Restaurant mit<br />

vernünftigen Preisen empfiehlt, wo man « wie zu Hause »<br />

empfangen wird, sobald man mitteilt, von wem man die<br />

Empfehlung bekommen hat.<br />

Die Zimmer im La Lanterne sind sehr komfortabel, die<br />

Betten neu, die Dekoration strahlt viel Charme aus. Auch<br />

hier sorgt das moderne Design für ein wohltuendes Ambiente.<br />

Nicht zu vergessen die Beleuchtung, auf die man – ganz<br />

untypisch für Paris – offensichtlich besonderen Wert gelegt<br />

hat: Sie sorgt für eine ausreichende Helligkeit, schafft aber<br />

dennoch eine angenehme Atmosphäre. Die Badezimmer,<br />

in denen sich das Flair des Raumes fortsetzt, zeichnen sich<br />

ebenfalls durch ihre Größe und eine durchdachte Gestaltung<br />

aus: Hier muss man sich nicht, wie in so vielen anderen<br />

Hotels des Viertels, in eine enge Duschkabine zwängen,<br />

sondern genießt die Größe eines « richtigen » Bades.<br />

Nach Aufhebung der Ausgangssperre wurde das Hotel<br />

Anfang Juli wiedereröffnet. Selbstverständlich wurden<br />

alle erforderlichen Maßnahmen für den Schutz der Gesundheit<br />

ergriffen: Alle Einrichtungen werden häufiger sauber gemacht,<br />

an diversen Orten steht Handdesinfektionsmittel zur Verfügung<br />

und sowohl die Zimmer als auch der Fitnessraum werden<br />

nach jedem Gast gereinigt und desinfiziert. Die Bedingungen<br />

für Reservierung und Stornierung wurden vereinfacht, sodass<br />

nun eine kostenlose Stornierung bis 24 Stunden vor der Anreise<br />

möglich ist. Darüber hinaus gibt es Spezialangebote sowie<br />

ein kostenloses Frühstück bei einer direkten Reservierung.<br />

Viele Gründe also, um ganz entspannt diesen Ort zu genießen,<br />

der ein richtiggehendes Juwel in einem der sympathischsten<br />

Viertel von Paris darstellt.<br />

<br />

La Lanterne****<br />

12, rue de la Montagne Sainte Geneviève<br />

75005 Paris<br />

Telefon: +33 (0)1 53 19 88 39<br />

www.hotel-la-lanterne.com<br />

42 Zimmer von 16 bis 45 m² (Classique,<br />

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70 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 71


FRANKREICH HEUTE Preis<br />

Das französische Satiremagazin Charlie Hebdo und die<br />

Vereinigung Dessinez Créez Liberté (DCL) haben in diesem<br />

Jahr den Prix Charlie ins Leben gerufen. Das Thema dieser<br />

ersten Ausschreibung, die sich an nicht professionelle<br />

Zeichner im Alter von 18 bis 25 Jahren richtet, hieß « Leben<br />

ohne Handy ». Von den 258 Einsendungen wurden in<br />

einem ersten Schritt zunächst 15 ausgewählt und schließlich<br />

zwei Preise vergeben, da die Jury sich letztendlich<br />

nicht zwischen den beiden Teilnehmern entscheiden<br />

konnte. Eine der beiden Zeichnungen, die mittlerweile im<br />

Magazin Charlie Hebdo veröffentlicht wurden, stammt von<br />

einem jungen, talentierten Deutschen: dem 18-jährigen<br />

Tyll Peters aus Hamburg. Wir haben aus diesem Anlass mit ihm über seine – zahlreichen<br />

– Verbindungen zu Frankreich gesprochen und darüber, wie er über Humor<br />

und Satire im Zusammenhang mit den Medien und der Gesellschaft denkt, sowie über<br />

die Unterschiede, die seiner Meinung nach in dieser Beziehung zwischen Deutschland<br />

und Frankreich bestehen.<br />

Tyll Peters, welche Beziehung haben Sie zu Frankreich?<br />

Frankreich ist das Land, aus dem so viel stammt, was<br />

mich schon immer inspiriert und beeinflusst hat – insbesondere<br />

natürlich Comics und Karikaturen, aber auch<br />

Literatur. Asterix lese ich seit jeher, ebenso viele andere<br />

Klassiker aus dem frankophonen Raum, wie Tim &<br />

Struppi, Blake & Mortimer, Spirou & Fantasio, Gaston,<br />

Lucky Luke … Die französische Sprache lerne ich seit der<br />

sechsten Klasse, also seit <strong>Herbst</strong> 2012. Als Comiczeichner<br />

und -leser fasziniert es mich, welchen Kultstatus Comics<br />

und Co. in Frankreich haben: Sie sind dort eine hoch angesehene<br />

Kultur, in Deutschland werden Comics gerne<br />

mal belächelt und heruntergespielt, zu viele Menschen<br />

halten sie für einfache Kinderunterhaltung. Dass es herausragende<br />

moderne Comics (nur) für Erwachsene gibt,<br />

ist den wenigsten bewusst.<br />

Lesen viele junge Deutsche in Ihrem Alter Comics?<br />

Ich glaube nicht. Selbstverständlich sind die meisten<br />

mit Asterix aufgewachsen und lesen die Bände eventuell<br />

nach wie vor, ansonsten kenne ich aber niemanden in meinem<br />

Alter mit der gleichen Faszination für Comics. Die<br />

enthusiastischsten Comicleser sind meiner Auffassung<br />

nach Männer im mittleren Alter, aber vielleicht täuscht<br />

mein Eindruck auch. Ich hoffe es zumindest!<br />

Interessieren sich junge Deutsche für Illustrationen und Karikaturen?<br />

Vielleicht nicht unbedingt für Illustrationen und Karikaturen<br />

im Besonderen, aber auf jeden Fall interessieren<br />

sich junge Deutsche für Satire generell – seien es Kabaretts,<br />

Satireshows im Fernsehen, Posts in sozialen Medien<br />

… Die Satire ist eine Kunstform, die heutzutage eine<br />

weitere, eine neue Funktion hat: Im Gegensatz etwa zu<br />

Nachrichten oder traditionellen Medien zur politischen<br />

Bildung schafft es die Satire, eine ganze Generation zu<br />

politisieren und aufzuklären. Die Satirepartei « Die PAR-<br />

TEI » erhält beispielsweise besonders viele Stimmen von<br />

Erstwählern (an meiner Schule schnitt sie bei Juniorwahlen<br />

zweistellig ab), Martin Sonneborn und Nico Semsrott<br />

sorgen mehr als andere für Transparenz im Europaparlament.<br />

Man könnte fast meinen, dass manche Satiriker den<br />

Politikbetrieb übernehmen, während die echten Politiker<br />

Realsatire betreiben.<br />

Wie haben Ihre Freunde es wahrgenommen, dass Sie den Preis<br />

von Charlie Hebdo erhalten haben?<br />

Alle haben sich sehr gefreut und waren ebenso überrascht<br />

wie ich, aber wahrscheinlich noch viel begeisterter<br />

… Ich zeige Freude nicht direkt nach außen, meine<br />

Reaktion war eher « Oh, ich habe gewonnen. Cool » – die<br />

Begeisterung übernehmen dafür<br />

meine Freunde für mich!<br />

Was bedeutet das Magazin Charlie<br />

Hebdo für Sie? Wie wurden Sie auf den<br />

Preis Charlie Hebdo aufmerksam? Wie<br />

lief Ihre Beteiligung an dem Wettbewerb<br />

ab?<br />

Ich lernte Charlie Hebdo leider<br />

etwas zu spät kennen, nämlich am<br />

7. Januar 2015, dem Tag des Attentats.<br />

Ich war damals 13 Jahre alt. Die<br />

Zeitung hat mich sofort fasziniert,<br />

als ich das erste Mal von ihr gehört<br />

habe. Ich habe direkt begonnen,<br />

mich über sie zu informieren, ihre<br />

Zeichnerinnen und Zeichner zu entdecken,<br />

die Zeitung zu sammeln und<br />

regelmäßig zu lesen … Die Karikaturen<br />

haben meinen Stil beeinflusst<br />

und auch meine Überzeugung, selbst Karikaturist werden<br />

zu wollen, gefestigt. Ich wusste, früher oder später wird<br />

auch eine Zeichnung von mir in Charlie Hebdo oder etwas<br />

Ähnlichem zu finden sein. Dass es jetzt doch so schnell<br />

ging, hätte ich aber nie erwartet … Auf den Prix Charlie<br />

wurde ich – wenig überraschend – durch eine Anzeige<br />

in Charlie Hebdo selbst aufmerksam. Ich überlegte eine<br />

Zeit lang und reichte letztendlich drei Zeichnungen per<br />

E-Mail ein. Der Wettbewerb an sich hat sich ordentlich<br />

verzögert, ursprünglich sollten die Gewinner bereits am<br />

26. März bekannt gegeben werden, die E-Mail von Charlie<br />

Hebdo mit der Information, dass ich gewonnen habe,<br />

erhielt ich aber erst am 29. Mai.<br />

Die Zeichnung, für die Tyll Peters den<br />

Preis von Charlie Hebdo erhalten hat,<br />

in ihrer deutschen Übersetzung<br />

Eine Zeit lang gab es in Deutschland eine deutsche Ausgabe<br />

von Charlie Hebdo. Aufgrund der zu geringen Leserschaft<br />

wurde diese Ausgabe wieder eingestellt. Hat ein solches Magazin<br />

in Deutschland überhaupt Chancen? Gibt es Ihrer Meinung<br />

nach einen Unterschied zwischen dem deutschen und dem<br />

französischen Humor?<br />

Die deutsche Ausgabe von Charlie Hebdo hatte einige<br />

Schwachstellen. Das größte Problem war, dass sie keine<br />

eigene deutsche Redaktion hatte, wie es etwa bei anderen<br />

internationalen Satirezeitschriften wie Mad – die früher<br />

in Deutschland sehr erfolgreich war – der Fall war. Charlie<br />

Hebdo wurde in Frankreich gestaltet und produziert, sie<br />

beinhaltete ausschließlich eine französische Außensicht<br />

auf Deutschland. Man merkte, dass die französischen<br />

Zeichnerinnen und Zeichner nicht so ganz wussten, wie<br />

sie die deutschen Leserinnen und Leser ansprechen sollten,<br />

und diese wussten wiederum nicht so recht, was die<br />

Franzosen genau von ihnen wollten. Besonders die erste<br />

Ausgabe fand ich extrem peinlich, zwar wurde es mit der<br />

Zeit besser, aber da fehlten schon die Leser. Außerdem<br />

kostete jede Ausgabe stolze vier Euro, da sie in Frankreich<br />

verlegt und gedruckt wurde, was angesichts der 16 Seiten<br />

viel zu viel war. Darüber hinaus ist<br />

natürlich der französische Humor<br />

ganz anders. Charlie Hebdo ist sehr<br />

zynisch, sehr provokant. Zwar gibt<br />

es auch deutsche Satire, die ähnlich<br />

provokativ ist – auch hier ist es keine<br />

Seltenheit, dass Satire eine Staatsaffäre<br />

oder zumindest enorme Kontroversen<br />

auslöst –, aber der Humor und<br />

der Stil sind ganz anders. Ein Großteil<br />

dieser Kontroversen ist völlig<br />

absurd und unnötig. Und leider ist<br />

es auch oft so, dass in Deutschland<br />

die Verantwortlichen von Satire, die<br />

auch nur die geringste Kontroverse<br />

auslöst, sehr schnell zurückrudern,<br />

sich entschuldigen, die Inhalte löschen,<br />

was von sehr wenig Rückgrat<br />

zeugt …<br />

Ist die Zeichnung ein Mittel, um über alles lachen zu können?<br />

Gilt dies für Deutschland und Frankreich gleichermaßen?<br />

Die Zeichnung ist ein Mittel, um über alles lachen zu<br />

können, egal ob in Frankreich, in Deutschland oder sonst<br />

wo auf der Welt. Auch geschmacklose Satire ist Satire,<br />

die von der Pressefreiheit geschützt ist, egal ob man sie<br />

gut findet oder nicht. Je suis Charlie bedeutet genau, dass<br />

man diese Form der Meinungsäußerung verteidigt, egal,<br />

ob man sie teilt oder nicht. Wer das Attentat verurteilt,<br />

aber zu den Zeichnungen von Charlie « Ja, aber … »<br />

sagt, ist und war nie Charlie. Allerdings sei gesagt, dass<br />

der Grat zwischen Satire und Hetze kleiner ist, als man<br />

denkt, und dass einige rassistische, sexistische, behindertenfeindliche,<br />

trans- oder homophobe Zeichnungen und<br />

dergleichen keine Satire mehr sind, sondern nur noch<br />

Hetze. Ich denke, dass Satire immer nur nach oben treten<br />

soll, und ich würde keine Karikaturen machen, die auf<br />

Minderheiten, auf Schutzbedürftige abzielen. Opfer von<br />

Diskriminierung können gerne jene Diskriminierung, von<br />

der sie betroffen sind, selbstironisch benutzen. Satire darf<br />

zwar alles, aber das eine oder andere ist wirklich nicht nötig.<br />

Satiriker sollten immer auf der Seite der Schwachen<br />

und Unterdrückten stehen und die Mächtigen, Politik und<br />

Wirtschaft, die Gewinner von Kolonialismus und Globalisierung<br />

ins Visier nehmen. Wenn ein rein satirischer<br />

Text in einer deutschen Tageszeitung die geballte Wut<br />

der Bundespolizei und des Innenministers auf sich ziehen<br />

kann, finde ich das ganz wunderbar. Allerdings etwa Rassismus<br />

als « schwarzen Humor » abzustempeln, was viel zu<br />

viele tun, ist einfach nur ein Armutszeugnis … Kollegen,<br />

wir sind besser als das!<br />

Tyll Peters, wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />

Wenn Sie mehr über Tyll Peters erfahren und seine Welt entdecken<br />

möchten, dann besuchen Sie seine Website: www.tyllpeters.de.<br />

72 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 73


FRANKREICH HEUTE Gesellschaft<br />

Wo ist eigentlich das gute<br />

französische Brot geblieben?<br />

Obwohl das französische Baguette in der ganzen Welt nach wie<br />

vor als gastronomisches Kulturobjekt angesehen wird und als<br />

Symbol für die französische Lebensart gilt, erlebt man beim Betreten<br />

der meisten Bäckereien in Frankreich eine herbe Enttäuschung:<br />

Seit mehreren Jahrzehnten ist gutes Brot dort immer<br />

seltener zu finden. Daran sind nicht nur die industrielle Produktion<br />

und ein veränderter Geschmack der Konsumenten schuld,<br />

sondern auch die Tatsache, dass das altüberlieferte Know-how<br />

nahezu ausgestorben ist. Zum Glück gibt es aber heute nach wie<br />

vor Bäcker, die sich dieser Entwicklung widersetzen und denen<br />

es ein Anliegen ist, dem französischen Brot wieder den Stellenwert<br />

zu verleihen, den es früher einmal hatte.<br />

Man muss dem Brot in Frankreich unbedingt<br />

wieder seinen ursprünglichen Mythos verleihen!<br />

» Dieser unverblümte und wohlwollende<br />

«<br />

Ratschlag kommt von jemandem, der Frankreich ins Herz<br />

geschlossen hat: Steven L. Kaplan. Der ehemalige Professor<br />

für europäische Geschichte stammt aus Amerika und<br />

unterrichtete nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern<br />

auch an mehreren französischen Universitäten. Darüber<br />

hinaus wird er als einer der größten Spezialisten für die<br />

Geschichte des Brotes angesehen. In Frankreich veröffentlichte<br />

er vor Kurzem ein Werk, das voll und ganz dem<br />

französischen Brot gewidmet ist.* Es ist eine Fundgrube<br />

an Informationen für alle, die der Meinung sind, dass dieses<br />

Nahrungsmittel eng mit Frankreich, seiner Geschichte<br />

und seiner Kultur verbunden ist und dass es mehr denn je<br />

wichtig ist, sich dafür einzusetzen.<br />

Was erzählt uns Kaplan auf den 366 Seiten? Zunächst<br />

einmal, dass Frankreich sich seit dem 17. Jahrhundert<br />

damit brüstet, ein « Mekka der Lebensart » zu sein. Die<br />

Franzosen erinnern bekanntlich unaufhörlich daran, dass<br />

sie schon immer eine besondere Beziehung zur Gastronomie<br />

hatten. Sie bezeichnen sich als Gourmets, lieben<br />

es, stundenlang in der Küche zu stehen und ebenso viel<br />

Zeit am Tisch zu verbringen. Dabei beweisen sie immer<br />

einen ausgeprägten Sinn für Geselligkeit. Es ist im Übrigen<br />

nicht erstaunlich, dass sie vor einigen Jahren sogar die<br />

UNESCO davon überzeugen konnten, die « französische<br />

Art zu speisen » zum Weltkulturerbe zu erheben. So ruft<br />

Kaplan uns in Erinnerung, dass Frankreich, historischen<br />

Überlieferungen zufolge, lange Zeit eines der « besten<br />

Brote auf der Welt » hatte und dass die Franzosen eine<br />

ganz besondere Beziehung zu ihrem<br />

Brot pflegten. Bäckereien galten im<br />

Hexagon jahrhundertelang in den Dörfern<br />

als wahre Institutionen und befanden<br />

sich daher an ausgesuchten Orten<br />

neben Kirche oder Rathaus. Seit Mitte<br />

des 20. Jahrhunderts ist das Bild vom<br />

Franzosen und seinem Baguette – mit<br />

sechs Milliarden pro Jahr immerhin das<br />

meistverkaufte Brot Frankreichs – sogar<br />

ein bekanntes Symbol, das in den<br />

Köpfen der Menschen fest verankert ist.<br />

Die Stärke der Ausführungen von Kaplan liegt jedoch<br />

darin, dass dieser bei Weitem nicht nur ein idyllisches Bild<br />

der Situation zeichnet. Die Motivation für die kolossale<br />

Arbeit ist nämlich eine beunruhigende Feststellung: Der<br />

Autor weist deutlich darauf hin, dass in den französischen<br />

Bäckereien heutzutage kaum mehr ein wirklich gutes Brot<br />

zu finden ist. Diese Kultur wurde komplett vernachlässigt,<br />

und die meisten Franzosen haben sich daran gewöhnt, Tag<br />

für Tag dasselbe bleiche, weiche und geschmacklose Brot<br />

zu essen. Hochwertiges Brot, wie man es früher kannte –<br />

knusprig und duftend, im Holzfeuer gebacken –, wurde<br />

mehrheitlich durch « farbloses », schlecht gebackenes Brot<br />

aus Mehl – von dem man meist keine Ahnung hat, woher<br />

es kommt – und chemischen Triebmitteln ersetzt; es wird<br />

kaum mehr richtig geknetet und so schnell wie möglich<br />

im elektrischen Ofen « erhitzt » … So traurig sieht die Realität<br />

des französischen Brotes heute aus. Von den sechs<br />

Milliarden Baguettes, die pro Jahr verkauft werden, sind<br />

75 % bleich und ohne Geschmack.<br />

Beim Betreten einer der vielen französischen Bäckereien<br />

kommt man also um die Feststellung nicht umhin, dass<br />

das Brot in den allermeisten Fällen nicht mehr das ist, was<br />

es einmal war. Die Tatsache, dass auf dem Firmenschild<br />

mit der Bezeichnung Artisan boulanger geworben wird,<br />

ändert an der Situation nichts. Hinweise geben einige<br />

Dinge. Zunächst kann man nicht mehr wirklich von<br />

Vielfalt sprechen: Ein halbes Dutzend Brotsorten gelten<br />

bereits als große Auswahl. Von dem breiten Sortiment,<br />

wie man es aus deutschen Bäckereien kennt (Vollkornbrot,<br />

Körnerbrot, Schwarzbrot, Mischbrot, kleine und gro-<br />

74 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

* Pour le pain, Steven L. Kaplan, Éditions Fayard, 366 Seiten, ISBN 978-2213716671<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 75


FRANKREICH HEUTE Gesellschaft<br />

ße Laibe, Brötchen …), ist man weit entfernt! Sogar die<br />

Franzosen geben zu, dass in dieser Hinsicht die Auswahl<br />

in Deutschland besser ist. Ein weiterer Punkt: Die Farbe<br />

des Brotes hat sich verändert. Im Laufe der Zeit wurde<br />

es immer heller. Das hat zwei Gründe. Zum einen liegt<br />

es am Mehl: Die Vorliebe für Vollkornmehle und Körner<br />

ging in Frankreich nach und nach verloren. Heute kauft<br />

man das Brot oft in Supermärkten oder Bäckereiketten,<br />

welche morgens mit industriell gefertigten Teiglingen<br />

beliefert werden. Da diese vor Ort lediglich aufgebacken<br />

werden, hat man sich daran gewöhnt, dass alle Brote<br />

mehr oder weniger aus dem gleichen weißen Mehl bestehen.<br />

Der zweite Grund für die Farbe wird durch die<br />

Industrialisierung dieses Produktes und den Vertrieb in<br />

Supermärkten begünstigt, denn ein nur wenig gebackenes<br />

beziehungsweise vor Ort aufgebackenes Brot spart Zeit<br />

und Geld … Also haben es sich die Franzosen zur Gewohnheit<br />

gemacht, schlecht gebackenes Brot zu verzehren,<br />

das nichts mit dem goldbraunen und knusprigen Brot<br />

von einst zu tun hat.<br />

Befragt man dann noch den Bäcker selbst, erfährt<br />

man, was darüber hinaus hinter diesem Wandel steckt.<br />

Die natürliche Hefe, die von guten Bäckern als « Seele<br />

eines guten Brotes » angesehen wird, gibt es nahezu nicht<br />

mehr. Die meisten französischen Bäcker verwenden heute<br />

Backpulver für die Teiggärung, obwohl von diesem Vorgang<br />

die Qualität des aufgegangenen Brotteiges abhängt.<br />

Während der Bäcker früher aus einem Mehl mit wilden<br />

Hefen und Bakterien geduldig seine eigene Hefe züchtete<br />

– das Prinzip ist dasselbe wie bei der Essigmutter –, wurde<br />

dieser Prozess durch das Aufkommen von quasi « keimfreien<br />

» und « sterilen » Mehlen (ähnlich wie bei Milch)<br />

nahezu unmöglich. Da die Industrie für jedes Problem<br />

eine Lösung parat hat, bot sie den Bäckern dann Backpulver<br />

an und schuf damit gleichzeitig Abhilfe für ein anderes<br />

Problem: Der Gärungsprozess, der durch die neuen,<br />

weißen Mehle nahezu unmöglich geworden war, ist nämlich<br />

ein komplexer und vor allem zeitaufwendiger Prozess.<br />

Mit Backpulver geht das dagegen viel schneller … Daher<br />

breitete sich diese Technik schnell aus.<br />

Und so kam es, dass die französische Brotkultur verschwand.<br />

Ein wichtiges Anzeichen dafür ist im Übrigen<br />

der stetige Rückgang des Konsums. Während die Franzosen<br />

Mitte des 19. Jahrhunderts noch 800-900 Gramm<br />

Brot pro Tag verzehrten, waren es 1900 nur noch 600<br />

Gramm und 425 Gramm am Vorabend des Zweiten Weltkriegs.<br />

Heute liegt dieser Wert bei 100-125 Gramm, was<br />

einem halben Baguette entspricht. Die Zeiten, in denen<br />

Brot ein fester Bestandteil jeder Mahlzeit war, sind also<br />

lange vorbei! Die Ausbreitung des « Standardbaguettes »<br />

ist natürlich nicht der einzige Grund dafür, doch sie hat<br />

viel dazu beigetragen, dass sich die Franzosen von ihrem<br />

Brot abgewendet haben und dass die Qualität des traditionellen<br />

Bäckerhandwerks verloren ging.<br />

Paradoxerweise verläuft die Entwicklung in Frankreich<br />

entgegengesetzt zu dem, was in vielen anderen<br />

Ländern abläuft: Dort entsteht genau die Brotkultur, die<br />

die Franzosen vernachlässigen. Außerhalb des Hexagons<br />

breiten sich seit einigen Jahren « französische Bäckereien »<br />

immer mehr aus. So werden in New York, Tokio, Oslo<br />

oder Perth Geschäfte eröffnet, die mit blau-weiß-roten<br />

Fahnen und anderen typisch französischen Symbolen<br />

dekoriert sind und in denen sich das « echte französische<br />

Baguette » sehr gut verkauft. Auch wenn sich das Brot<br />

dort, zugegebenermaßen, nicht zwangsläufig durch eine<br />

hohe Qualität auszeichnet … Kaplan amüsiert sich in<br />

seinem Buch zudem über den koreanischen Großkonzern<br />

SPC, der weltweit 3500 Bäckereien besitzt, die sich zwar<br />

vorwiegend in Südkorea und anderen asiatischen Ländern<br />

befinden, aber ebenso in den Vereinigten Staaten und<br />

sogar … in Paris! In diesen Bäckereien, die sinnigerweise<br />

den Namen « Paris-Baguette » tragen und mit französischen<br />

Symbolen wie dem Eiffelturm dekoriert sind, wird<br />

ein – objektiv gesehen – mittelmäßiges Baguette verkauft,<br />

das mit dem traditionellen Rezept nicht viel gemein hat.<br />

Dennoch setzt es auf made in France, selbst wenn dieses<br />

Kriterium dadurch stark abgewertet wird …<br />

Heißt das nun, dass die Situation wirklich katastrophal<br />

ist und dass man im Hexagon überhaupt kein hochwertiges<br />

Brot mehr findet? Ganz sicher nicht. Es ist zwar<br />

offensichtlich in Gefahr, doch glücklicherweise gibt es<br />

immer noch einige Bäcker – die meisten gehören der jüngeren<br />

Generation an –, die wieder auf die fundamentalen<br />

Werte ihres Berufs setzen. Dazu gehört viel Mut, denn<br />

die Herausforderung ist groß! Die Aufgabe wird zwar dadurch<br />

erleichtert, dass sich im Bewusstsein der Franzosen<br />

etwas ändert und diese (erneut) entdecken, wie wichtig der<br />

Konsum gesunder und umweltschonend produzierter Produkte<br />

ist. Doch die « neuen » Bäcker sind sich darin einig,<br />

dass die Konsumenten erst einmal den Geschmack von<br />

gutem Brot und dessen Vielfalt wiederentdecken müssen.<br />

Diesen Kampf beschwört Kaplan herbei: Seiner Meinung<br />

nach sollte man « gegen Desinteresse und Ignoranz, gegen<br />

die Aufgabe bestimmter Werte, eines bestimmten Wissens,<br />

von Erinnerungen kämpfen […] die zusammen ganz<br />

einfach einen der wichtigsten Zweige der französischen<br />

Kultur bilden, der sowohl populär als auch elitär ist ».<br />

Das ist der Preis, um « dem Brot wieder seinen Mythos zu<br />

verleihen ». Einige französische Bäcker haben dies bereits<br />

erkannt und sind dabei, es konkret umzusetzen. Einer davon<br />

ist Thierry Beuvier aus einem kleinen Dorf im Val de<br />

Loir in der Sarthe, zwischen Le Mans und Tours. Dort<br />

produziert er mit seinen beiden Söhnen, Antoine und Lucien,<br />

ein authentisches, biologisches Brot à l’acienne, für<br />

das die Menschen oft von weit her kommen. Wir haben<br />

ihn in seiner Bäckerei getroffen und uns mit ihm über die<br />

Lage der französischen Bäckereien unterhalten und darüber,<br />

wie er und seine Söhne die Situation vor Ort erleben.<br />

<strong>76</strong> · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 77


FRANKREICH HEUTE Gesellschaft<br />

Interview<br />

Thierry Beuvier,<br />

ein Bäcker in Saint-Vincent-du-<br />

Lorouër (Sarthe), « von dem man<br />

nur träumen kann »<br />

Thierry Beuvier, vor fünf Jahren haben Sie zusammen mit Ihren<br />

Söhnen Antoine (30 Jahre) und Lucien (21) eine Bäckerei<br />

im kleinen Dorf Saint-Vincent-du-Lorouër eröffnet. Dort stellen<br />

Sie goldbraunes Biobrot her, das außen knusprig und innen<br />

locker und luftig ist. Das Mehl und die Körner dafür wählen<br />

Sie selbst aus, und vor allem produzieren Sie Ihre eigene Hefe.<br />

Das gibt es heutzutage in Frankreich nicht mehr sehr oft …<br />

Nein, leider ist das sogar inzwischen eine Ausnahme<br />

geworden. In unserem Umfeld verwenden die Bäcker<br />

herkömmliche Rohstoffe und Backpulver. Bleiches Brot<br />

ist inzwischen die Regel, schön gebräuntes und gut gebackenes<br />

Brot die Ausnahme. Dies geht so weit, dass wir die<br />

Menschen in einem kleinen Dorf wie hier mit unserem<br />

goldbraunen, auf traditionelle Art und mit biologischen<br />

Zutaten hergestellten Brot verunsichern …<br />

Woher kommt dies Ihrer Meinung nach?<br />

Auf dem Land kaufen die Franzosen vor allem im<br />

Supermarkt ein. Dort erhalten sie alles, auch Brot. Und<br />

dieses Brot ist industriell hergestellt, bleich, geschmacklos.<br />

Nach und nach haben sie sich an diesen Geschmack<br />

gewöhnt. Das ist traurig, aber wahr und weit von dem<br />

Image entfernt, nach dem Frankreich der Champion für<br />

knuspriges Brot ist.<br />

Haben Sie den Eindruck, dass man in Frankreich das Knowhow<br />

für gutes Brot verloren hat?<br />

Ich muss leider feststellen, dass es immer schwieriger<br />

wird, ein qualitativ hochwertiges Brot zu bekommen. Vor<br />

ein paar Jahrzehnten war dies dagegen noch gang und<br />

gäbe. Ich persönlich war schon immer über die ungeheuer<br />

große Auswahl an Broten erstaunt, die man in Deutschland<br />

in der kleinsten Bäckerei findet: Weißbrot, Schwarzbrot,<br />

Körnerbrot, Brot aus speziellen Mehlen … In Frankreich<br />

ist es selten, dass ein Bäcker eine derartige Auswahl<br />

hat. Wenn man mir hier in einem Restaurant oder Hotel<br />

ein bleiches Baguette anbietet, das weich und nicht richtig<br />

gebacken ist, dann muss ich gestehen, dass ich mich für<br />

meinen Berufsstand schäme. Meiner Meinung nach haben<br />

wir in Frankreich überhaupt nicht mehr « das beste Brot<br />

der Welt », wie es gemeinhin heißt. Das gab es vielleicht<br />

irgendwann einmal, aber heute nicht mehr. Einmal mehr<br />

haben wir uns wohl auf unseren Lorbeeren ausgeruht. Das<br />

ist bei uns ein Klassiker, nicht wahr?<br />

Nehmen Sie es Ihren Landsleuten übel, dass sie letztendlich die<br />

Vorliebe für gutes Brot verloren haben?<br />

Nein, wie sollen sie gutes Brot schätzen, wenn man<br />

sie im Laufe der Jahre daran gewöhnt hat, schlecht gebackenes,<br />

fades Brot zu essen? Und das Verrückte ist, dass<br />

Menschen zu mir in die Bäckerei kommen, mein Brot ansehen<br />

und dann fragen: « Haben Sie kein richtiges Brot? »<br />

Sie wollen weißes Brot. Ich erkläre Ihnen dann, warum<br />

unseres dunkler ist, dass dies ein Qualitätsmerkmal ist, ein<br />

Zeichen dafür, dass es richtig gebacken ist. Die meisten<br />

verstehen es dann. Manchmal füge ich dann noch lachend<br />

hinzu, dass unser Brot nicht nur als Unterlage oder zum<br />

Auftunken der Sauce im Teller geeignet ist … Es ist ein<br />

eigenständiges Nahrungsmittel, nahrhaft, ausgewogen<br />

und der Gesundheit zuträglich.<br />

Sie sind der eindeutige Beweis, dass es nach wie vor möglich<br />

ist, gutes Brot herzustellen …<br />

Ja, aber es ist wirklich nicht einfach. Und dabei habe<br />

ich noch Glück, denn meine beiden Söhne begleiten mich<br />

in diesem Abenteuer. Ohne sie hätte ich nicht durchgehalten,<br />

immerhin bin ich schon fast 60 Jahre alt. Es liegt auf<br />

der Hand, dass die jungen Menschen von heute nicht mehr<br />

Bäcker werden wollen. Es ist ein harter Beruf, der unserer<br />

veränderten Gesellschaft und der kürzeren Arbeitszeit<br />

nicht entspricht. Zudem wird wenig dafür getan, um die<br />

Jugend für die wunderbaren Handwerksberufe zu interessieren.<br />

Was die Finanzen angeht, so ist es schwierig von<br />

diesen Berufen leben zu können.<br />

Es ist also ein täglicher Kampf?<br />

Ja. Es war oft schwer, vor<br />

allem in den ersten Jahren. Man<br />

setzt sich voll und ganz ein und<br />

fragt sich manchmal, ob das<br />

den Menschen überhaupt klar<br />

ist. Doch nach und nach haben<br />

sie unser Engagement realisiert,<br />

das echte Brot wiederentdeckt,<br />

das nach traditionellen Rezepten<br />

und mit hochwertigen Zutaten<br />

hergestellt wird. Das war wichtig.<br />

Heute sagen uns die Kunden<br />

ab und zu, dass unsere Art zu arbeiten<br />

richtig ist. Man ist wieder<br />

stolz auf gutes Brot. Wir haben<br />

niemals aufgegeben, wir haben<br />

alles gegeben. Nach fünf Jahren<br />

sind wir stolz auf das Feedback,<br />

das wir bekommen. Wir wissen,<br />

dass unser Brot in Bezug auf<br />

Qualität, Umweltschutz und<br />

Arbeit einen Sinn ergibt …<br />

La Fournée du Lorouër<br />

13 rue André Albert<br />

72150 Saint-Vincent-du-Lorouër<br />

Telefon: +33 (0)6 40 38 32 02<br />

Thierry, Antoine und Lucien begrüßen<br />

Sie gerne in ihrer Bäckerei. Informieren<br />

Sie sich am besten vor einem Besuch<br />

telefonisch über die Öffnungszeiten,<br />

da sich diese je nach den Liefer- und<br />

Marktzeiten ändern können.<br />

Sie leisten gegenüber den Kunden auch pädagogische Arbeit …<br />

Ja, das fängt schon beim Preis an. Wir müssen erklären,<br />

warum unser Brot teurer ist als ein farbloses Supermarktbaguette.<br />

Die biologisch erzeugten Zutaten kosten<br />

mehr, sie sind schwieriger zu erhalten, wir brauchen<br />

mehr Zeit und es ist heutzutage nicht leicht, davon zu<br />

leben. Doch inzwischen haben es die Kunden begriffen.<br />

Während der Corona-Krise sind sie sogar gekommen und<br />

haben gesagt: « Wenn Sie den Preis für Ihr Brot erhöhen<br />

müssen, tun Sie es, wir verstehen das, denn wir wissen,<br />

was dahintersteckt. » Es hat richtig gutgetan, so etwas zu<br />

hören!<br />

Sie helfen vor allem mit, dass die Menschen wieder lernen, wie<br />

gutes Brot schmeckt, ein Geschmack, den sie beinahe vergessen<br />

hätten …<br />

Ja, wir versuchen es auf jeden Fall. Doch wissen Sie,<br />

es ist nicht einfach, die Gewohnheiten zu verändern.<br />

Nehmen Sie beispielsweise dieses Dorf. Der ehemalige<br />

Bürgermeister war immer biofeindlich eingestellt, also hat<br />

er nichts unternommen, um uns zu helfen. Er selbst hat<br />

unsere Bäckerei nicht einmal betreten. Aus Prinzip nicht,<br />

er ist gegen Bioprodukte. Punkt. Das ist zwar sein persönliches<br />

Problem, doch als Bürgermeister eines Dorfes sollte<br />

man meiner Meinung nach die Handwerksbetriebe und<br />

Geschäfte unterstützen, vor allem, wenn es nur wenige<br />

sind. Er dagegen nicht. Er hat sogar einen Baguetteautomaten<br />

auf dem Dorfplatz aufstellen lassen. Stellen Sie<br />

sich das einmal vor! Kurz und gut, seit den letzten Gemeinderatswahlen<br />

gibt es eine neue Mannschaft, seitdem<br />

beliefern wir die Schulkantine mit Brot. Das ist ein echter<br />

Fortschritt! Deren erste Reaktion<br />

war jedoch, ausschließlich « Weißbrot<br />

» zu verlangen. Das haben wir<br />

abgelehnt und erklärt, dass dies im<br />

Gegenteil eine Gelegenheit sei, um<br />

die Jungs und Mädels mit der Vielfalt<br />

des Brotes, der Körner vertraut<br />

zu machen, ihren Geschmacksinn<br />

zu schulen. Im Prinzip müssen wir<br />

in Frankreich die « Ausbildung » in<br />

Sachen Brot neu angehen. Es geht<br />

zwar vorwärts, aber nur langsam.<br />

Vor allem im ländlichen Umfeld tut<br />

man sich schwer damit, zu hinterfragen:<br />

Es gibt viele Landwirte, die<br />

lange Zeit im eigenen Betrieb mit<br />

Bio nichts zu tun haben wollten.<br />

Und dann Biobrot essen, können<br />

Sie sich das vorstellen? Doch die<br />

Zeiten ändern sich. Man muss zuversichtlich<br />

bleiben, darf sich nicht<br />

entmutigen lassen!<br />

Thierry Beuvier, vielen Dank für das<br />

Gespräch.<br />

78 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 79


FRANKREICH HEUTE Gesellschaft<br />

Lotto: Glücksspiel in Frankreich zur Rettung des Kulturerbes<br />

Franzosen lieben Lotto und Rubbellose. Im September<br />

2018 entdeckten Sie anlässlich der Journées<br />

européennes du Patrimoine, der Europäischen<br />

Tage des Denkmals, ein ganz neues<br />

Glücksspiel: das Loto du Patrimoine. Ins Leben<br />

gerufen hatte es der Staat, um auf neuartige Weise<br />

Geld für die Restaurierung und Rettung bedrohter<br />

französischer Kulturgüter<br />

zu sammeln. Die<br />

Idee war erfolgreich und<br />

wird seitdem jedes Jahr<br />

wiederholt. Vor Kurzem wurden<br />

die Monumente vorgestellt,<br />

die <strong>2020</strong> davon profitieren<br />

werden. Eine kleine<br />

Übersicht über die glücklichen<br />

Auserwählten.<br />

Rubbellos Illico<br />

Mission Patrimoine<br />

Es wird ab dem 31. August zum Preis<br />

von 15 Euro in den Verkaufsstellen<br />

der Lotteriegesellschaft Française des<br />

Jeux (meist in Tabakwarengeschäften)<br />

verkauft. Man kann damit 1,5 Millionen<br />

Euro gewinnen. Neu in diesem Jahr:<br />

Bei jedem Los gibt es eine « zweite<br />

Chance », bei der man möglicherweise<br />

eine « Erfahrung im Herzen des<br />

französischen Kulturerbes » gewinnen<br />

kann. Was dies genau bedeutet, war<br />

bei Drucklegung noch nicht bekannt.<br />

Die Lotteriegesellschaft spricht jedoch<br />

von einem « authentischen Eintauchen<br />

in ein geschichtsträchtiges Kulturgut<br />

im Kostüm der jeweiligen Epoche ».<br />

Für jedes verkaufte Ticket werden 1,<strong>76</strong><br />

Euro an die Fondation du Patrimoine<br />

überwiesen. Die Gewinnchance liegt<br />

bei 1 zu 2,9, was die beste Chance aller<br />

Rubbellose der Française des Jeux ist.<br />

Obwohl es dieses Ereignis<br />

erst seit zwei Jahren<br />

gibt, hat es bereits einen<br />

festen Platz im Leben der Franzosen.<br />

Seit 2018 veröffentlicht der<br />

französische Kulturminister im<br />

Laufe des Sommers die « glücklichen<br />

» Monumente, welche eine<br />

finanzielle Unterstützung der<br />

Fondation du Patrimoine erhalten<br />

sollen. In diesem Fall stammen<br />

die zu verteilenden Gelder aus<br />

dem Loto du Patrimoine, das die staatliche Lottogesellschaft<br />

Française des Jeux veranstaltet. Im derzeitig angespannten<br />

wirtschaftlichen Kontext ist diese « Finanzspritze<br />

» bei denjenigen, die sich für den Erhalt der französischen<br />

Kulturgüter einsetzen, besonders willkommen, zumal<br />

die in Frankreich traditionell großzügigen Spenden im<br />

Zuge der Krise um das Coronavirus eingebrochen sind.<br />

Die Kulturerbe-Stiftung des Landes, bei der rund 3000<br />

Monumente eingeschrieben sind, erlebte innerhalb von<br />

sechs Monaten einen Rückgang der Spendengelder um<br />

45 %. Dies entspricht einer Summe von 5,5 Millionen<br />

Euro. Ihren Schätzungen zufolge dürfte sich dieser Fehlbetrag<br />

am Jahresende auf circa 10 Millionen Euro belaufen.<br />

Die strengen Auflagen für den<br />

Gesundheitsschutz und die fehlenden<br />

Mittel, um diese Auflagen<br />

zu erfüllen, machen die Aufnahme<br />

oder Fortführung vieler Restaurierungsarbeiten<br />

unmöglich,<br />

was wiederum zu einem Schneeballeffekt<br />

führt, da sich dadurch<br />

die Fristen verlängern und dies<br />

weitere Kosten verursacht … Am<br />

Ende könnte die Umsetzung<br />

zahlreicher Projekte gefährdet<br />

sein. Die Situation ist umso angespannter,<br />

als dass die Instandhaltung<br />

der französischen Denkmäler<br />

im Wesentlichen von lokalen<br />

Initiativen getragen wird – kleine<br />

Gemeinden, Vereinigungen, private<br />

Besitzer … –, die schon naturgemäß<br />

begrenzte Finanzmittel<br />

haben. In den meisten Fällen setzen<br />

diese Träger auf diverse Hilfen,<br />

damit sie ihre Renovierungsprojekte<br />

überhaupt durchführen<br />

können. Der Bedarf ist allerdings<br />

riesig: Das Kulturministerium schätzt, dass sieben bis zehn<br />

Prozent des französischen Kulturerbes heruntergekommen<br />

sind und dringend einer Restaurierung bedürfen. Alle Initiativen,<br />

um die notwendigen Gelder aufzutreiben, sind<br />

daher mehr als willkommen.<br />

Fünf Sonderziehungen des Lottos<br />

Mission Patrimoine<br />

Diese Sonderziehungen finden am Mittwoch 9.,<br />

Samstag 12., Montag 14., Mittwoch 16. und Samstag<br />

19. September statt. Spielscheine können ebenfalls in<br />

den Verkaufsstellen der Lotteriegesellschaft oder auf<br />

der offiziellen Website www.fdj.fr erworben werden. Der<br />

Einsatz für ein Tippfeld beträgt 2,20 €. Pro Ziehung kann<br />

man bis zu 2 Millionen Euro gewinnen. Pro ausgefülltem<br />

Tippfeld werden 0,54 € an die Fondation du Patrimoine<br />

überwiesen.<br />

2018 kreierte der Staat zwei Glücksspiele, mit denen die<br />

Franzosen « für einen guten Zweck spielen » und einen Beitrag<br />

zur Erhaltung des Kulturerbes leisten können: ein Rubbellos<br />

(das in Frankreich beliebteste Glücksspiel, bei dem<br />

man unmittelbar weiß, ob man gewonnen hat) und Lotto-<br />

Sonderziehungen (fünf in diesem Jahr). Dieses Angebot<br />

war in den vergangenen Jahren ein voller Erfolg: Knapp 47<br />

Millionen Euro konnten auf diese Weise 2018 und 2019 an<br />

die Fondation du Patrimoine überwiesen werden, was viele<br />

der zahlreichen lokalen Initiativen Mut schöpfen lässt. In<br />

der Ausgabe <strong>2020</strong> sind erstmals die Hälfte der 18 Stätten<br />

religiöse Gebäude. Wie es das Gesetz vorsieht, gehören<br />

die meisten von ihnen kleinen Gemeinden, die sich demnach<br />

um Unterhalt und Renovierung kümmern müssen.<br />

Da gerade hier die Ressourcen sehr knapp sind, sind diese<br />

Bauwerke oft die Ersten, die darunter leiden. Doch zu den<br />

glücklichen Auserwählten gehören auch ein Tabakspeicher,<br />

ein ehemaliges Gerichtsgebäude, ein römisches Theater, ein<br />

Leuchtturm … Und alle diese Kulturgüter hoffen nun darauf,<br />

dass die Franzosen Ende August/Anfang September<br />

die Glücksspiele zuhauf nutzen, damit ihre Restaurierung<br />

mithilfe der Einnahmen in Angriff genommen werden<br />

kann. Drücken wir ihnen die Daumen! Sollten Sie Ende<br />

August/Anfang September in Frankreich sein, versuchen<br />

Sie doch ebenfalls Ihr Glück!<br />

Die Liste der 18 ausgewählten Monumente, die<br />

vom Kulturerbe-Lotto <strong>2020</strong> profitieren werden:<br />

Auvergne-Rhône-Alpes: Kirche Saint-Etienne<br />

de Mélas in Teil (Ardèche)<br />

Bourgogne-Franche-Comté: protestantischer Tempel<br />

Saint-Martin in Montbéliard (Doubs)<br />

Bretagne: Leuchtturm, Fort und Kaserne der<br />

Île aux Moines (Côtes-d’Armor)<br />

Centre-Val de Loire: pyramidenförmige<br />

Scheune in Jars (Cher)<br />

Korsika: Couvent des Filles de Marie in der<br />

Hafenstadt Île Rousse (Haute-Corse)<br />

Grand Est: Tabakspeicher von Lipsheim, wiederaufgebaut<br />

im Écomusée d’Alsace<br />

in Ungersheim (Haut-Rhin)<br />

Hauts-de-France: Kirche Saint-Pierre in<br />

Dompierre-sur-Authie (Somme)<br />

Île-de-France: Fort in Cormeilles-en-<br />

Parisis (Val-d’Oise)<br />

Normandie: römisches Theater in Lillebonne<br />

(Seine-Maritime)<br />

Nouvelle-Aquitaine: Viaduc des Rochers<br />

Noirs (Corrèze)<br />

Okzitanien: Abtei Sainte-Marie in Lagrasse (Aude)<br />

Pays de la Loire: ehemaliges Gerichtsgebäude<br />

in Baugé-en-Anjou (Maine-et-Loire)<br />

Provence-Alpes-Côte d’Azur: Kathedrale Notre-<br />

Dame du Réal in Embrun (Hautes-Alpes)<br />

Guadeloupe: Kolonialgebäude Zévallos in Moule<br />

Martinique: Kirche Sacré-Cœur de Balata<br />

Französisch-Guyana: Kirche Saint-<br />

Joseph in Iracoubo<br />

La Réunion: Hängebrücke über dem<br />

Rivière de l’Est.<br />

Saint-Pierre-et-Miquelon: Kathedrale Saint-Pierre<br />

80 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 81


ART DE VIVRE Wein<br />

Château La Coste<br />

(2/2): ein Versuchslabor für den Weinbau von morgen?<br />

In der letzten Ausgabe von Frankreich<br />

erleben haben wir uns mit dem architektonischen<br />

und kulturellen Aspekt<br />

eines der innovativsten französischen<br />

Weingüter in Sachen Weintourismus,<br />

Château La Coste (Bouches-du-Rhône),<br />

beschäftigt. Diese ausgedehnte, 180<br />

Hektar große Domaine – davon 130<br />

Hektar Rebfläche – liegt etwa auf halbem<br />

Weg zwischen Aix-en-Provence und<br />

dem Naturpark Luberon. Sie gehört<br />

dem reichen irischen Geschäftsmann<br />

Paddy McKillen, der mit ihr inmitten der<br />

provenzalischen Hügellandschaft eine<br />

ganz neuartige Begegnungsstätte für<br />

Kunst, Architektur und Wein geschaffen<br />

hat. Die ultramodernen Anlagen für den<br />

Weinausbau befinden sich in einem<br />

imposanten Weinkeller, der vom Stararchitekten<br />

Jean Nouvel entworfen<br />

wurde. Das Gebäude ruft sowohl bei<br />

den lokalen Winzern als auch bei den<br />

zahlreichen Besuchern spontane Neugier<br />

hervor. Man fragt sich unweigerlich,<br />

ob dieses Weingut in gewisser Weise<br />

nicht als eine Art Versuchslabor für den<br />

Weinbau von morgen angesehen werden<br />

kann.<br />

Von Weitem könnte man meinen, zwei riesige Stahlrohre<br />

lägen auf dem Boden und wären teilweise<br />

eingegraben. Der Anblick dieser seltsamen Anlage<br />

inmitten der provenzalischen Landschaft überrascht jeden,<br />

der sie zum ersten Mal sieht, vor allem, wenn sie durch die<br />

Reflexe des Sonnenlichts den Besucher richtiggehend<br />

blendet, was naturgemäß in dieser Gegend nicht selten der<br />

Fall ist. Manchen mag dieses Bild zunächst sogar irritieren,<br />

weil er sich beim Anblick dieses vermeintlichen Hangars<br />

für landwirtschaftliche oder industrielle Gerätschaften und<br />

Maschinen unweigerlich fragt, wie eine Behörde ein solches<br />

Gebäude in dieser sicherlich geschützten Naturlandschaft<br />

genehmigen konnte. Bei einem Besuch von Château<br />

La Coste stellt man jedoch fest, dass diese 10 Meter hohen<br />

Gebäude mit der halbrunden Form seit 2008 das eigentliche<br />

« Herz » der Weinproduktion beherbergen. Dort werden<br />

die Trauben sortiert und gepresst, der Wein vinifiziert<br />

und abgefüllt, die Flaschen anschließend gelagert. Der Ort<br />

hat eine Länge von mehreren Hundert Metern, reicht bis<br />

zu 17 Meter tief in die Erde und beherbergt eine Ansammlung<br />

ultramoderner und glänzender Stahltanks, die mit<br />

Stegen verbunden sind. Bei einer der regelmäßig stattfindenden<br />

Führungen erhält der Besucher den Eindruck, in<br />

ein futuristisches Universum einzutauchen, das geradezu<br />

einem Science-Fiction-Film entsprungen sein könnte. Es<br />

hat wenig mit den Weinkellern anderer Weingüter in der<br />

Umgebung gemein; selbst auf nationaler Ebene tut man<br />

sich schwer, etwas Vergleichbares zu finden.<br />

Zugegeben: Paddy McKillen, der Besitzer von Château<br />

La Coste, hat sich die Anlage etwas kosten lassen. Er<br />

wollte « das Beste und Schönste » für seine Domaine. Bei<br />

der Umsetzung hat er an nichts gespart, denn er beauftragte<br />

den französischen Architekten Jean Nouvel mit der<br />

Realisierung dieses Weinkellers, der sowohl hinsichtlich<br />

seiner Architektur – die man nur als zukunftsorientiert<br />

bezeichnen kann – als auch hinsichtlich der Anlagen, die<br />

dort untergebracht sind – selbstverständlich das Modernste,<br />

was die Weinbautechnologie zu bieten hat – aus dem<br />

Rahmen fällt. Das Ganze muss, so erfährt man vor Ort,<br />

einer Weinerzeugung dienen, die « im Einklang mit den<br />

Prinzipien der biologisch-dynamischen Landwirtschaft<br />

steht », um « das Terroir zu schützen » und der provenzalischen<br />

Weinbautradition « einen frischen Wind zu verleihen<br />

». Nicht gerade bescheiden also, was die Ansprüche<br />

angeht. Die biodynamische Bewirtschaftung von Château<br />

La Coste ist allerdings zur Stunde noch nicht zertifiziert,<br />

seit 2009 tragen die Weine jedoch das Label « Bioweine ».<br />

Dass Paddy McKillen große Ambitionen hegt, wird<br />

dem Besucher sofort klar. Es geht nicht nur darum, qualitativ<br />

hochwertige Weine in den drei Farben zu produzieren.<br />

Dies ist bereits der Fall, einige seiner Weine<br />

haben auf internationaler Ebene<br />

bereits<br />

einen soliden Ruf. Offensichtlich will er dazu beitragen,<br />

den provenzalischen Wein auf innovative Art und Weise<br />

weiterzuentwickeln. Dafür scheint es für ihn keine<br />

Grenzen zu geben, weder in Sachen Ausrüstung, Rebsorten<br />

oder Vinifizierungsmethoden, noch im Hinblick auf<br />

eine Zusammenarbeit mit herausragenden Beratern und<br />

Önologen. Mit bestimmten Gewohnheiten zu brechen,<br />

fällt ihm offensichtlich nicht schwer. Die Installation<br />

von Kunstwerken in den Reben, über die Sie in der letzten<br />

Ausgabe lesen konnten, ist nur der sichtbare Teil des<br />

Eisbergs, was die Originalität der Domaine angeht. Das<br />

wirklich Innovative spielt sich nahezu im Verborgenen,<br />

im Weinkeller, ab. Um darüber etwas mehr zu erfahren,<br />

haben wir uns mit John Belsham unterhalten. Er ist Önologe<br />

und Weinberater von Paddy McKillen und in dieser<br />

Eigenschaft für das von Jean Nouvel konzipierte Kellergebäude<br />

verantwortlich.<br />

John Belsham, Sie haben gemeinsam mit Jean Nouvel das ausgesprochen<br />

futuristische Kellergebäude entwickelt, das Paddy<br />

McKillen haben wollte. Wie würden Sie es heute bezeichnen?<br />

Als Weinkeller? Als Abfüllzentrum? Als Weinlager?<br />

Dieses in seiner Art einzigartige Gebäude ist all das<br />

zusammen, gerade dadurch zeichnet es sich aus. Es ist<br />

ein tolles Tool, eine regelrechte Fabrik, etwas, was es in<br />

der Welt des Weinbaus nur sehr selten gibt, besonders<br />

in Frankreich. Die gesamte Produktionskette ist hier auf<br />

innovative Art am selben Ort vereint, vom Sortieren der<br />

Trauben bis zur Lagerung der Flaschen. Für das Gebäude<br />

gab es von Anfang an eine zentrale Leitlinie: den Einsatz<br />

allerneuester Technologien, um in jedem Produktionsschritt<br />

alle charakteristischen Merkmale des Weines zu<br />

erhalten. Unser Bestreben ist es, mit dieser Ausrüstung<br />

einen Wein zu erzeugen, der in perfekter Harmonie mit<br />

der natürlichen Umgebung steht.<br />

Das ist sicher richtig, aber Sie wissen selbst, dass das Konzept<br />

82 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 83


ART DE VIVRE Wein<br />

eines Weines « in Harmonie mit der Natur » heutzutage auch<br />

von vielen anderen verfolgt wird, provenzalische Winzer in<br />

der Umgebung eingeschlossen. Andere setzen sich ebenfalls für<br />

einen biologischen oder biodynamischen Weinbau ein …<br />

Das ist richtig. Wir sind selbstverständlich nicht die<br />

Einzigen, die sich dafür interessieren. Der Weinbau als<br />

Ganzes entwickelt sich immer mehr in Richtung bio. Ich<br />

glaube aber, dass Château La Coste durch die Mittel, die<br />

es zur Verfügung hat, mehr oder weniger bewusst für den<br />

Berufsstand eine Art « Versuchslabor der Möglichkeiten »<br />

darstellt. Das sieht man konkret daran, dass es durchaus<br />

denkbar ist, den Weinbau mithilfe moderner Technologie<br />

weiterzuentwickeln und gleichzeitig die Natur zu schützen.<br />

Nehmen Sie die biologisch-dynamische Landwirtschaft<br />

als Beispiel. Wir sind nicht zertifiziert, aber wir<br />

arbeiten voll und ganz nach ihren Prinzipien, und zwar<br />

bei den meisten Parzellen der Domaine, darunter diejenigen,<br />

mit denen wir unsere prestigeträchtigsten Weine<br />

erzeugen. Vor allem in Frankreich stellen bisher vor allem<br />

kleine Weingüter auf diese Art der Bewirtschaftung um.<br />

Man muss dazu wissen, dass es nicht gerade einfach ist,<br />

Rinderhörner auf einer Fläche von 120 Hektar zu vergraben,<br />

um dadurch für diese Fläche den Dünger nach den<br />

Regeln der Kunst zu produzieren. Ich glaube, dass wir<br />

beweisen, dass man eine biodynamische Wirtschaftsweise<br />

durchaus im größeren Stil betreiben kann. Das kostet Zeit<br />

und Geld, aber wir glauben daran! Ich persönlich liebe<br />

Projekte und dieses ist das größte, an dem ich jemals gearbeitet<br />

habe!<br />

Lassen sich die Mitarbeiter von Château La Coste von der Positionierung<br />

« als Versuchslabor » inspirieren? Bekennen sie sich<br />

dazu?<br />

Ich habe festgestellt, dass einige unserer Ansätze,<br />

die das Team zunächst schockiert haben, inzwischen<br />

verstanden werden und Zustimmung<br />

finden.<br />

Nehmen Sie beispielsweise die Traubenlese bei Nacht.<br />

Das wollte ich einführen. Dadurch wird der Stress für die<br />

Trauben reduziert und eine maximale Qualität erhalten.<br />

Zu Beginn sagte man mir, dies sei verrückt, sogar unmöglich.<br />

Letzten Endes machten aber alle mit und sind sich<br />

heute darin einig, dass es ein echtes Plus für den Wein ist.<br />

Dasselbe gilt für unsere Entscheidung, den gesamten Prozess<br />

bei niedriger Temperatur ablaufen zu lassen. Das ist<br />

ein ausgezeichnetes Mittel, um die Aromen zu bewahren.<br />

Die Gebäude dafür auszurüsten, erschien zunächst ebenfalls<br />

verrückt, denn wir mussten sie mit einer doppelten<br />

Hülle versehen. Aber auch hier ist unbestritten, dass sich<br />

diese Vorgehensweise in der Qualität des Weins bemerkbar<br />

macht. Die Gestaltung der Gebäude selbst ermöglicht<br />

es uns, dass der Kontakt des Weins mit Licht auf ein Minimum<br />

reduziert ist und wir äußerst reaktiv sein können.<br />

Alles wird vor Ort erledigt, es geht schnell, der Wein wird<br />

im letzten Moment in Flaschen abgefüllt, quasi direkt vor<br />

der Lieferung. Wir arbeiten « nach Maß », auch wenn unsere<br />

Abfüllanlage für bis zu zwei Millionen Flaschen pro<br />

Jahr ausgelegt ist. Auf diese Weise findet der Kunde im<br />

Wein fast genau die Merkmale wieder, die dieser kurze<br />

Zeit zuvor, beim Verlassen des Weinguts, hatte …<br />

Glauben Sie, dass der Weinbau beziehungsweise die Landwirtschaft<br />

in der Provence neue Impulse braucht?<br />

Ja. Wissen Sie, ich bin Neuseeländer. Ich komme<br />

also aus einer Welt, in der der Weinbau im Vergleich zu<br />

Europa noch relativ jung ist. Nicht ohne Grund spricht<br />

man von den Weinen der « Neuen Welt ». Es ist klar, dass<br />

wir in Bezug auf den Wein weder denselben geschichtlichen<br />

Hintergrund noch dieselbe « altüberlieferte » Vorgehensweise<br />

wie in Europa haben. Ich sage das nicht ohne<br />

den entsprechenden Hintergrund, denn ich habe meine<br />

Berufslaufbahn in den 70er-Jahren in den Reben des<br />

Médoc begonnen. Daher weiß ich, welchen Stellenwert<br />

Traditionen und Gewohnheiten im Bordelais haben.<br />

Mir wurde schnell klar, dass wir in Neuseeland<br />

aufgrund unserer « Jugend » in diesem Beruf<br />

echte Vorzüge gegenüber Frankreich<br />

besitzen: nicht vor Neuerungen<br />

zurückzuschrecken, bestimmte<br />

Vorstellungen und Praktiken<br />

viel leichter infrage zu stellen,<br />

neue Techniken auszuprobieren,<br />

sich letzten Endes<br />

an eine sich verändernde<br />

Umwelt anzupassen,<br />

sei es nur an ein verändertes<br />

Klima.<br />

Die Welt des Weinbaus<br />

in Frankreich<br />

hat also Mühe, mit den<br />

aktuellen Entwicklungen<br />

Schritt zu halten?<br />

Das stelle ich seit Jahren<br />

fest. Und es ist nicht<br />

so, dass sie sich nicht<br />

verändert. Auch hier hat<br />

man in der Tat erkannt,<br />

dass man die Umwelt in<br />

die Überlegungen einbeziehen<br />

muss. Aber alles<br />

geht langsam, sehr langsam<br />

vonstatten. Und vor<br />

allem schützt man hier das Terroir durch die Einführung<br />

neuer Regelungen. Genau darin liegt das Problem, denn<br />

mit all den Normen, Labels und Auflagen engt man den<br />

Beruf zu stark ein. Das verhindert am Ende jede Initiative<br />

und letzten Endes die Möglichkeit, auf Betriebsebene<br />

notwendige Veränderungen einzuleiten. Man achtet zwar<br />

immer auf die Norm, vergisst dabei aber, auf die Veränderung<br />

in der Welt zu achten. In der Neuen Welt sind die<br />

Vorschriften viel weniger streng. Dies kann ebenfalls zu<br />

Problemen führen, weil einige dadurch machen, was sie<br />

wollen. Generell haben die Winzer dadurch aber mehr<br />

Zeit und mehr Freiheiten, um eigene Überlegungen zu<br />

verfolgen. Auf diese Weise können sie Verfahren testen<br />

und sich individuell an Veränderungen anpassen. In<br />

Frankreich erscheint mir das unmöglich. Ein Winzer ist<br />

sehr oft bereits durch das Pflichtenheft der Appellation<br />

d‘Origine Contrôlée (AOC) eingeengt. Er ist in seinen<br />

Entscheidungen nicht frei …<br />

Das gilt vor allem auch in finanzieller Hinsicht. Nur wenige<br />

Weingüter können sich so hohe Investitionen leisten, wie es hier<br />

der Fall ist …<br />

Sie haben vollkommen recht, darauf hinzuweisen. Ich<br />

bin mir der außerordentlichen Chance, die wir auf Château<br />

La Coste haben, durchaus bewusst. Wissen Sie, ich<br />

habe bereits auf sieben oder acht Weingütern auf der ganzen<br />

Welt solche Einrichtungen installiert, aber es ist das<br />

erste Mal, dass der Besitzer keine einzige meiner Empfehlungen<br />

abgelehnt hat. Das ist ein Luxus. Ich bin mir<br />

auch bewusst, dass dies eine enorme Verantwortung mit<br />

sich bringt, denn wir müssen eine hervorragende Qualität<br />

erreichen. Da wir die besten Instrumente besitzen, um<br />

Wein zu produzieren, muss es ein großer Wein sein. Und<br />

das ist auch in der Provence möglich!<br />

Die Provence scheint bereits seit ein paar Jahrzehnten das<br />

Image vom «netten, einfachen Rosé » abgelegt<br />

zu haben …<br />

Lange Zeit dachte man, dass man<br />

im Süden Frankreichs grosso modo in<br />

der Lage sei, einen Rosé für Touristen<br />

zu produzieren. Aber ich bin mir<br />

sicher, dass man die Region, seit sie<br />

<br />

Château La Coste<br />

2750 Route de la Cride<br />

13610 Le Puy-Sainte-Réparade<br />

Telefon: +33 (0)4 42 61 92 92<br />

ihr altes Image bewusst abgelegt hat, heute mit anderen<br />

Augen sieht, selbst wenn sie als Weinbaugebiet vermutlich<br />

niemals so bekannt wie Burgund, Bordeaux oder gar<br />

die Champagne sein wird. Der Rosé aus der Provence ist<br />

heute mehr als ein einfacher Sommerwein, der gerade<br />

im Trend liegt, die Rot- und Weißweine werden immer<br />

bekannter. Die Weinregion Provence ist gerade dabei,<br />

eine große Herausforderung zu bestehen: Sie ist auf dem<br />

besten Weg, allmählich einige der besten Weine der Welt<br />

zu produzieren. Das beweist, dass sich Dinge verändern<br />

können.<br />

Glauben Sie, dass der französische Weinbau in der Lage ist,<br />

sich weiterzuentwickeln?<br />

Ja. Ich glaube, dass die Welt des Weines heute eine<br />

globale Welt ist. Aber im positiven Sinn: Das bedeutet<br />

nicht, dass die Terroirs und ihre Besonderheiten verschwinden<br />

werden, sondern dass im Gegenteil eine Kooperation<br />

entsteht. Uns allen wird immer bewusster, dass<br />

wir in einer « fertigen » Welt leben, dass wir Teil eines<br />

Ökosystems sind. In dieser Welt müssen wir zusammenleben,<br />

wir müssen gemeinsam für sie sorgen. Selbst<br />

wenn diese Vorstellung manchmal utopisch erscheint, so<br />

breitet sie sich aus, und die biologische beziehungsweise<br />

die biodynamische Bewirtschaftung tragen dazu bei. Der<br />

Informationsaustausch zwischen Winzern in der ganzen<br />

Welt war noch niemals so einfach wie heute. Ich sehe dies<br />

an den diplomierten jungen Menschen, die auf Château<br />

La Coste arbeiten: Die meisten habe heute Praktika auf<br />

Weingütern im Ausland absolviert. Sie haben eine viel internationaler<br />

ausgerichtete Vision von der Welt der Reben.<br />

Sie sind in der Lage zu vergleichen, sich ihr Urteil durch<br />

den Abgleich von Informationen zu bilden. Das ist eine<br />

Neuerung, und ich glaube, das geht in die richtige Richtung.<br />

Vorausgesetzt, man sucht nicht nur Ertrag um jeden<br />

Preis, sondern man setzt sich vor allem für den Schutz von<br />

Erde und Reben ein. Wein machen<br />

ja, aber einen Wein, der wieder die<br />

Umwelt respektiert. Das ist die Herausforderung<br />

der kommenden Jahre.<br />

John Belsham, vielen Dank für das Gespräch.<br />

84 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 85


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8<br />

9<br />

7<br />

12<br />

Reisethemen,<br />

nach Regionen<br />

geordnet:<br />

Landesweite Themen<br />

6<br />

11<br />

1 2<br />

3<br />

10<br />

13<br />

5<br />

14<br />

16<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Die schönsten Küstenwege 67<br />

Fahrradrouten – Die schönsten 59<br />

Strecken entlang der Küsten<br />

Weihnachtsmärkte – Wo geht es 57<br />

noch authentisch zu?<br />

Winterurlaub – Romantische<br />

Skistationen anstatt Bettenburgen 57<br />

Künstlerdörfer – 10<br />

54<br />

Künstlerdörfer zum Verlieben<br />

Kultur – Museumseröffnungen 54<br />

wie am Fließband<br />

Brücken – Frankreichs<br />

53<br />

bemerkenswerteste Brücken<br />

Wellness in den Bergen – Nach 43<br />

dem Sport die Erholung<br />

10 Ideen… – …für Ferien am Meer 40<br />

Naturwunder – Die 10 schönsten 33<br />

Naturwunder Frankreichs<br />

1 Paris <strong>Nr</strong>.<br />

Städteplanung – Champs-<br />

Élysées: eine Aufforderung zum<br />

Träumen?<br />

Coup de cœur – Die<br />

Straßenbuchhändler an den<br />

Seine-Quais in Paris<br />

Saint-Germain-des-Prés: Mehr<br />

als ein Viertel, die Seele von Paris?<br />

Le Train Bleu – Ist das legendäre<br />

Restaurant noch immer einen<br />

Besuch wert ?<br />

Musée d‘Histoire de la Médecine<br />

– ein ungewöhnliches Museum im<br />

Herzen der Hauptstadt<br />

Pariser Rathaus – Ein Palast für<br />

die Hauptstädter<br />

Le Bon Marché – Eine Pariser<br />

Institution feiert ihren 160.<br />

Geburtstag<br />

Hôtel des Invalides – Ein kleines<br />

Militär-Versailles mitten in Paris<br />

Avenue des Champs-Elysées<br />

– Wie steht es um den Glanz des<br />

Prachtboulevards?<br />

Butte-aux-Cailles – Aus der Mitte<br />

entsprang ein Fluss<br />

Serie: Restaurants<br />

und Brasserien der<br />

französischen Hauptstadt (6):<br />

Designrestaurants<br />

4<br />

15<br />

17<br />

18<br />

75<br />

65<br />

60<br />

58<br />

57<br />

53<br />

41<br />

38<br />

36<br />

31<br />

31<br />

HOTELS<br />

Le Narcisse Blanc – Paris 62<br />

La Belle Juliette – Paris 54<br />

Hotel Lutetia – Paris 32<br />

2 Pariser Umland <strong>Nr</strong>.<br />

Ecouen – Ein Museum für die<br />

Renaissance<br />

Saint-Denis – Ruhestätte der<br />

Könige<br />

50<br />

33<br />

3 Norden & Champagne <strong>Nr</strong>.<br />

Hauts-de-France – Familistère de 64<br />

Guise,von «Versailles für Arbeiter»<br />

zum bewohnten Museum<br />

Baie de Somme – Eine<br />

63<br />

beeindruckende Reise (Teil 2):<br />

Le parc du Marquenterre<br />

Baie de Somme – Eine<br />

62<br />

beeindruckende Reise (Teil 1): die<br />

Abbaye de Saint-Riquier<br />

Nordfrankreich – Auf den Spuren 59<br />

eines großen französischen<br />

Architekten<br />

Marais Audomarois – Ein<br />

58<br />

Sumpfgebiet für Kenner<br />

Lille – Die unterschätzte<br />

54<br />

Metropole<br />

Musée Matisse – Kunstgenuss auf 47<br />

dem platten Land<br />

Pays de Condé – Eine<br />

43<br />

Bergbaugegend erfindet sich neu<br />

Marne – In der Heimat des<br />

40<br />

Champagners<br />

10 Ideen… für Nord-Pas-de-Calais 38<br />

Arras & Douai – Riesen für den 36<br />

Kleinen<br />

Jardin Mosaic – Ein Spaziergang 33<br />

wird zur Reise<br />

HOTELS<br />

Le Domaine de la Chartreuse – 57<br />

Gosnay<br />

Pasino – Saint-Amand-les-Eaux 43<br />

4 Elsass & Lothringen <strong>Nr</strong>.<br />

Elsass / Grand Est – Mit dem<br />

Hausboot 100% elektrisch durchs<br />

Elsass<br />

Meuse – Wandern mal anders – Die<br />

Begegnung von zeitgenössischer<br />

Kunst und ländlichem Raum<br />

Elsass – Kaysersberg,eines der<br />

Lieblingsdörfer der Franzosen<br />

Vogesen – Eine Fotoausstellung<br />

unter freiem Himmel im Herzen<br />

der Vogesen<br />

Grand-Est – Mondial Air Ballons,<br />

der poetische Aufstieg von 456<br />

Heißluftballons<br />

Grand-Est – Graufthal,das Elsass<br />

zur Zeit der Streichhölzer<br />

Kirrwiller – 520 Einwohner<br />

und die drittgrößte Music Hall<br />

Frankreichs<br />

Weihnachtskugeln aus<br />

Meisenthal – nicht nur Kugeln,<br />

sondern Objekte voller Sinn<br />

Château de Lunéville – Wie<br />

Phoenix aus der Asche<br />

74<br />

70<br />

69<br />

68<br />

65<br />

64<br />

62<br />

61<br />

52<br />

Abbaye de Murbach – Es steht ein 47<br />

Kloster im Walde<br />

Musée Lalique – Eine Hommage 43<br />

an die Glasmacherkunst<br />

10 Ideen… für ein Wochenende 41<br />

im Elsass<br />

Haut-Koenigsbourg – Ein<br />

40<br />

wahrhaft deutsch-französisches<br />

Kulturerbe<br />

Bitche – Das zweite Leben einer 38<br />

Zitadelle<br />

Neufchef & Aumetz – Das stolze 36<br />

Erbe der lothringischen Kumpel<br />

HOTELS<br />

Le Chambard – Kaysersberg 69<br />

Grand Hôtel & Spa Gérardmer – 68<br />

Gérardmer<br />

La Cheneaudière – Colroy-la- 61<br />

Roche<br />

La Clairière Bio- & Spa-Hotel – 38<br />

La Petite-Pierre<br />

5 Burgund & Jura <strong>Nr</strong>.<br />

Burgund – Eine Rundfahrt zum 75<br />

Auftanken!<br />

Châteauneuf-en-Auxois: Die 74<br />

Verbindung von Kulturerbe,<br />

Modernität und Lebendigkeit<br />

«Unsere Vorfahren, die Gallier»: 73<br />

Eine Reise ins Land von Asterix<br />

Morvan – Eine Geschichte von 71<br />

Ammen und Pflegekindern<br />

Jura – Weihnachten im Jura: vom 69<br />

Rosenkranz zum Spielzeugland<br />

Haute-Saône – Notre-Damedu-Haut<br />

in Ronchamp: eine<br />

69<br />

Rechenaufgabe für Le Corbusier<br />

Ostfrankreich – Vorreiter bei der 68<br />

Abschaffung der Sklaverei<br />

Jura – Salins-les-Bains: Salz, 67<br />

das weiße Gold prägt eine ganze<br />

Region<br />

Saône-et-Loire – Tournus, ein 66<br />

Zwischenstopp für Neugierige auf<br />

dem Weg in den Süden<br />

Côte d’Or – Vill’Art, das zweite 66<br />

Leben eines Steinbruchs<br />

Belfort – Die wiederentdeckte 64<br />

Genialität eines Künstlers<br />

Bourgogne-Franche-Comté – 63<br />

Alésia, Auf den Spuren der Gallier<br />

Route des Grands Crus – Die 61<br />

Champs-Elysées von Burgund<br />

Montbéliard – 30 Jahre<br />

61<br />

Lumières de Noël<br />

Dijon – Mehr als nur Senf 53<br />

Genuss – Die AOC der Franche- 47<br />

Comté<br />

Maison de Louis Pasteur – Ein 43<br />

Dorf im Fokus der Wissenschaft<br />

Hospices de Beaune – Ein<br />

41<br />

Krankenhaus mit Weinbergen<br />

Lac de Pannecière – Spaziergang 41<br />

durch die Ruinen eines<br />

untergegangenen Dorfes<br />

Montbéliard – Die Farben einer 41<br />

Stadt<br />

Peugeot-Museum – Mehr als ein 39<br />

Automobilmuseum<br />

Wein – Saint-Véran aus Burgund 35<br />

HOTELS<br />

Château Sainte-Sabine – Sainte- 74<br />

Sabine<br />

Relais Bernard Loiseau –<br />

Seaulieu<br />

71<br />

6 Loire-Tal <strong>Nr</strong>.<br />

Pays de la Loire – Saint-Florentle-Vieil:<br />

Die kulturelle Revanche<br />

74<br />

eines kleinen Dorfes an der Loire<br />

Centre - Val de Loire – Richelieu: 73<br />

«das schönste Dorf des<br />

Universums!»<br />

Pays de la Loire – Die schöne 70<br />

Geschichte des größten<br />

japanischen Gartens Europas<br />

Loire-Tal – Eine faszinierende 68<br />

Reise ins Land der Troglodyten<br />

Mayenne – Mit dem Hausboot auf 66<br />

der Mayenne<br />

Chédigny – ein Dorf wird zum 65<br />

Garten<br />

La grange de Meslay: Von der 60<br />

Holzkathedrale zum Musiktempel<br />

Tours – Frischer Wind im Loiretal 59<br />

Chambord – Mehr als nur ein 58<br />

beeindruckendes Schloss<br />

Cheverny – Das Schloss von Tim 43<br />

und Struppi<br />

Ballonfahrt übers Loire-Tal – 38<br />

Bitte zeichne mir ein Schloss<br />

Blois – Ein Schloss der<br />

36<br />

Geheimnisse und Intrigen<br />

Le Mans – Unerwartet anders 33<br />

HOTELS<br />

Troglododo – Azay-le-Rideau 31<br />

7 Normandie <strong>Nr</strong>.<br />

Normandie – Biennale La Forêt 74<br />

Monumentale: Wenn Kunst den<br />

Wald verschönert<br />

Normandie – Villa «Les Rhumbs» 73<br />

in Granville: Wo für Christian Dior<br />

alles gegann<br />

Normandie – An Bord der Marité 71<br />

von Granville zu den Chausey-<br />

Inseln<br />

Le Havre – 500 Jahre, das will 62<br />

gefeiert werden !<br />

Cherbourg – Dem Meer<br />

53<br />

zugewandt<br />

Genuss – Die AOC der Normandie 39<br />

Mémorial Caen – Ein Museum für 31<br />

den Frieden<br />

HOTELS<br />

Domaine de la Corniche –<br />

36<br />

Rolleboise<br />

8 Bretagne <strong>Nr</strong>.<br />

Finistère – Pont-Aven:<br />

75<br />

inspirierende Bretagne!<br />

Pays bigouden: die Bretagne in 73<br />

konzentrierter Form<br />

Belle-île-en-Mer – Unsere Coups 70<br />

de cœur für die größte bretonische<br />

Insel<br />

Finistère – Locronan, die<br />

66<br />

bretonische Seele par excellence<br />

Côtes d’Armor – La Vallée des 63<br />

Saints, die bretonische Osterinsel<br />

Brest und Roscoff – Mehr als nur 62<br />

zwei Gärten<br />

☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 31 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 36 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 38 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 39 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 40<br />

☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 43 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 47 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 49 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 51<br />

☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 53<br />

☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 60<br />

☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 54<br />

☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 61<br />

☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 57 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 58 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 59<br />

☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 62<br />

RESTEXEMPLARE<br />

RESTEXEMPLARE<br />

☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 63 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 64<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 65 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 66 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 67 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 68 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 69<br />

☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 70 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 71 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 72 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 73 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 74<br />

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Frankreich erleben für 5,90 € pro Heft zzgl. Versandkostenpauschale.<br />

Diese beträgt innerhalb<br />

Deutschlands 1,30 € pro Heft, maximal jedoch<br />

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pro Heft, maximal 18,00 € pro Bestellung. Außereuropäische<br />

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Angebot gilt nur, solange der Vorrat einer Ausgabe reicht.<br />

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☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 75


Bretagne – Umfriedete<br />

61<br />

Pfarrbezirke<br />

Ile d’Ouessant – Eine Insel voller 58<br />

Leben<br />

Montagnes Noires – Wo die 54<br />

Bretagne in die Höhe wächst<br />

Vitré, Fougères, Combourg, 47<br />

Château des Rochers-Sévigné<br />

– Mittelalterliche Festungen und<br />

literarische Vermächtnisse<br />

Brest – Die unterschätzte<br />

41<br />

Hafenstadt am Ende der Welt<br />

Genuss – Die AOC der Bretagne 40<br />

Abbaye de Daoulas – Kloster der 39<br />

Kultur und der Heilpflanzen<br />

Pointe du Raz – Das Ende der Welt 31<br />

HOTELS<br />

Castel Clara – Port Goulphar, 70<br />

Belle-Île-en-Mer<br />

Château de Sable – Porspoder 58<br />

9 Atlantikküste <strong>Nr</strong>.<br />

Nouvelle-Aquitaine – Talmontsur-Gironde:<br />

zwischen Himmel<br />

75<br />

und Fluss am Ende der Welt<br />

Coup de cœur – Carrelets:<br />

74<br />

poetische Fischerhütten aus einer<br />

anderen Zeit<br />

Baskenland – Château d’Abbadia, 71<br />

eine Inspiration für den<br />

Wiederaufbau von Notre-Dame ?<br />

Atlantiküste – Ein Paradies für 67<br />

Naturismus<br />

Nouvelle-Aquitaine – Coup de 66<br />

cœur: Parc de Majolan<br />

Nouvelle-Aquitaine – Die<br />

64<br />

Metamorphose von Bordeaux,<br />

Eine Zwischenbilanz<br />

Coup de cœur – Die Eiche im 63<br />

Taubenschlag von Pouzay<br />

Bordeaux 60<br />

Wein – Jurade de Saint-Emilion 47<br />

Bordeaux – Bordeaux 2.0 46<br />

Ile d’Oléron, Ile de Ré, Ile<br />

46<br />

Madame, Ile d’Aix, Fort Boyard –<br />

Reif für die Insel(n)<br />

Wein – Ein asiatischer Winzer im 46<br />

Bordelais<br />

Radfernweg – Velodyssey, immer 41<br />

am Atlantik entlang<br />

Klöster – Abteien, die sogar 40<br />

Kinder begeistern<br />

Marais Poitevin – Die grünen 38<br />

Kanäle des Marais Poitevin<br />

Likör – Angélique de Niort, Likor 38<br />

aus einer Heilpflanze<br />

Gironde – Wie Vauban eine<br />

36<br />

Flussmündung abriegelte<br />

HOTELS<br />

Hôtel de Sèze – Bordeaux 64<br />

Hôtel Napoléon – Ile d’Aix 46<br />

10 Auvergne & Limousin <strong>Nr</strong>.<br />

Corrèze – Das Gefühl, in der 68<br />

Inkastadt Machu Micchu zu sein<br />

Nouvelle-Aquitaine – Les Pans 63<br />

de Travassac, eine Spektakuläre<br />

Reise in das Land des Schiefers<br />

Clermont-Ferrand – Aufbruch 47<br />

aus schwieriger Position<br />

Genuss – Die AOC der Auvergne 38<br />

HOTELS<br />

Domaine Saint Estève – Millau 53<br />

11 Périgord & Midi-<br />

Pyrénées<br />

Vallée de la Dordogne: Wo man<br />

« wie Gott in Frankreich lebt »<br />

Rodez – In der Heimat von Pierre<br />

Soulages<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

60<br />

54<br />

Tradition – Toulouse im Zeichen 47<br />

des Veilchens<br />

Airbus-Fabrik – Zu Besuch bei 46<br />

Airbus in Toulouse<br />

Gouffre de Padirac – Der<br />

44<br />

Erdmitte ein Stückchen<br />

näherkommen<br />

Pastell – Das blaue Gold 43<br />

Genuss – Diskrete Früchtchen, 33<br />

Backpflaumen aus Agen<br />

HOTELS<br />

Chateau de la Treyne – Lacave, 60<br />

Vallée de la Dordogne<br />

Grand Hôtel Le Turenne –<br />

47<br />

Beaulieu-sur-Dordogne<br />

12 Pyrenäen <strong>Nr</strong>.<br />

Le Train Jaune – Ein Zug als<br />

Wahrzeichen<br />

13 Languedoc-<br />

Roussillon<br />

Aude – Die große Höhle von<br />

Cabrespine, ein unterirdisches<br />

Abenteuer<br />

Occitanie – Assignan,Das<br />

unglaubliche Schicksal eines<br />

französischen Dorfes<br />

Sigean: das Reservat der<br />

glücklichen Tiere<br />

Languedoc-Roussillon –<br />

Überraschende Mittelmeerregion<br />

Carcassonne – Imponierende<br />

Festungsstadt des Mittelalters<br />

Côte Vermeille – Paulilles, wenn<br />

die Hölle zum Paradies wird<br />

Saint-Guilhem-le-Désert – Wenn<br />

ein Krieger zum Klosterbruder<br />

wird<br />

Stadtentwicklung – Montpellier,<br />

ein Synonym für Dynamik<br />

Pont du Gard – Altes Aquädukt<br />

erfrischend jung<br />

Wein – AOC Fitou, Qualitätsgarant<br />

aus dem Süden<br />

45<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

65<br />

64<br />

60<br />

59<br />

57<br />

57<br />

47<br />

47<br />

41<br />

33<br />

14 Rhône-Tal <strong>Nr</strong>.<br />

Lyon – Rendezvous in der Rue du 64<br />

Premier-Film<br />

Drôme – Wandern auf den Spuren 62<br />

der Hugenotten<br />

Lyon – Die Metamorphose<br />

61<br />

eines Arbeiterviertels in ein<br />

Freilichtmuseum<br />

Lyon – Eine Stadt gewinnt ihre 59<br />

Flussufer zurück<br />

Montélimar & Umgebung – Eine 46<br />

Reise zwischen gestern und<br />

morgen<br />

Tradition – Guignol, kleine Helden 43<br />

aus Lyon<br />

Wein – Clairette de Die 42<br />

Genuss – Die AOC von Rhône- 41<br />

Alpes<br />

Grignan – Im Land der schönen 40<br />

Briefe: eine Reise nach Grignan<br />

Wein – Lirac, das « mediterranste » 40<br />

Weinanbaugebiet im Rhône-Tal<br />

Jardin Zen d’Erik Borja – Auf 39<br />

der Suche nach dem verlorenen<br />

Garten<br />

Gastronomie – Michel Chabran, 39<br />

der Luxus der Simplizität<br />

Genuss – L’O Provençale: Olivenöl 36<br />

aus Nyons<br />

Palais Idéal du Facteur Cheval – 33<br />

Die Kraft eines Traumes<br />

HOTELS<br />

Manoir de la Roseraie – Grignan 40<br />

15 Alpen <strong>Nr</strong>.<br />

Auvergne-Rhône-Alpes: Evian: 71<br />

das Gedächtnis des Wassers<br />

Montblanc – Alpine Winterfreuden 31<br />

16 Provence <strong>Nr</strong>.<br />

Provence-Alpes-Côte d’Azur – 75<br />

Château La Coste: ein Hauch<br />

von Verrücktheit zwischen<br />

provenzalischen Reben<br />

Porquerolles – Villa Carmignac: 73<br />

Große Kunst auf einer kleinen Insel<br />

Provence – Coup de cœur: le 71<br />

Moulin de Daudet, Fontvieille<br />

Marseille – Eine fast<br />

70<br />

hundertjährige Liebeserklärung ist<br />

noch immer atuell<br />

Camargue – Tanzende Flamingos 69<br />

in der Camargue<br />

Provence – Lavendel: eine<br />

67<br />

überraschende deutschfranzösische<br />

Geschichte.<br />

Provence – Mit Giono auf dem 67<br />

Berg der Schäfer<br />

Alpes-de-Haute-Provence – 66<br />

Salagon, ein einzigartiger Ort, um<br />

die Hochprovence zu verstehen<br />

Fontaine-de-Vaucluse – Die 58<br />

berühmteste Quelle Frankreichs<br />

Arles – Römische Pracht und 53<br />

prachtvolle Kunstvorlage<br />

Umwelt – Lavendel der Provence 46<br />

in Gefahr<br />

10 Ideen… für die Provence 39<br />

Saint-Rémy-de-Provence – Die 33<br />

provenzalische Idylle von Saint-<br />

Rémy<br />

Avignon – Ein Tag in der Stadt der 31<br />

Päpste<br />

HOTELS<br />

B Design & Spa – Le Paradou 39<br />

Attrap’Rêves – Allauch 33<br />

17 Côte d’Azur <strong>Nr</strong>.<br />

Paul Ricard – zwei Inseln, ein<br />

Schicksal<br />

Iles de Lérins, jenseits des «roten<br />

Teppichs» von Cannes<br />

Provence-Alpes-Côte-d’Azur<br />

– Géoparc de Haute-Provence,<br />

eine erstaunliche Reise in die<br />

Vergangenheit der Erde<br />

Hyères – eine authentische Ecke<br />

am Mittelmeer<br />

Antibes – Die Überraschung an<br />

der französischen Riviera<br />

Monaco – Internationales<br />

Zirkusfestival von Monte Carlo<br />

Monaco – Die unglaubliche Saga<br />

eines kleines Fürstentums<br />

Bormes-les-Mimosas – Wo<br />

Blumen wie Königinnen verehrt<br />

werden<br />

Ile de Port-Cros – Kleine<br />

Trauminsel im Mittelmeer<br />

Domaine du Rayol – Die<br />

Geschichte eines ungewöhnlichen<br />

Parks<br />

Nizza – Frühlingsgefühle einer<br />

Diva<br />

HOTELS<br />

La Bonne Etape – Château-<br />

Arnoux-Saint-Auban<br />

Clarion Grand Hôtel Aston –<br />

Nizza<br />

Château de la Messardière –<br />

Saint-Tropez<br />

75<br />

74<br />

65<br />

63<br />

54<br />

53<br />

47<br />

39<br />

38<br />

36<br />

32<br />

65<br />

41<br />

35<br />

18 Korsika <strong>Nr</strong>.<br />

Genuss – Die AOC Korsikas 43<br />

Überseegebiete<br />

(DOM/TOM)<br />

Französisch-Guayana – Natur,<br />

Geschichte, Raumfahrt<br />

Martinique – Entdeckungen in<br />

einer Postkartenidylle<br />

Ti’Punch & Planteur – Der<br />

Charme der Antillen in zwei<br />

Cocktails<br />

Weitere Themen<br />

Chantals Rezepte<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

37<br />

31<br />

31<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

APPETITANREGER<br />

Gratin de légumes du jardin 47<br />

SUPPEN<br />

Gaspacho de tomates et fraises 46<br />

Gaspacho de tomate 40<br />

Velouté de laitue 38<br />

SALATE<br />

Spinatsalat mit harten Eiern und 66<br />

knusprigen Hähnchenflügeln<br />

QUICHES & TARTES<br />

Tarte Tatin aux pommes et au 74<br />

camembert<br />

Tourte Printanière aux<br />

70<br />

champignons de Paris<br />

Tarte d’automne aux champignons 60<br />

et à la farine de châtaignes<br />

Quiche Lorraine 33<br />

GRATINS, AUFLÄUFE & TOASTS<br />

Camembert rôti au four 57<br />

Croque Monsieur & Croque<br />

54<br />

Madame<br />

Parmentier de canard 31<br />

FLEISCHGERICHTE<br />

Poulet fermier basse température 62<br />

à l’ail<br />

Rôti de porc aux pruneaux 59<br />

Coq au vin 43<br />

FISCHGERICHTE<br />

Poêlée de Saint-Jacques au cidre 73<br />

Encornets à la Sétoise 69<br />

Blanquette de saumon 65<br />

Millefeuille de crabe au saumon 63<br />

fumé<br />

Sole meunière 61<br />

FONDUES UND SAUCEN<br />

Die echte hausgemachte<br />

68<br />

Mayonnaise<br />

DESSERTS<br />

Le Gâteau basque 71<br />

Le Far Breton 64<br />

Profiteroles au chocolat chaud 58<br />

Crème brûlée à la fleur d’oranger 39<br />

GEBÄCK<br />

La Tarte Bourdaloue 67<br />

Les petits sablés de Noël 53<br />

Cannelés 41<br />

GETRÄNKE<br />

Liqueur d’estragon 36<br />

Weine & Alkoholika<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Spirituosen – Sapinette: ein Likör 74<br />

aus Tannennadeln<br />

Wein – Das Weinbaugebiet Bandol 73<br />

Spirituosen – Roderich Dühr, ein 65<br />

Deutscher, der Cognac im Blut hat<br />

Wein/Portrait – Glucklich wie 64<br />

Sabine und Jörg in Frankreich<br />

Wein – Crémant, ein kleiner<br />

63<br />

Schaumwein mausert sich<br />

Wein – Der elsässische Winzer<br />

Jean-Paul Schmitt ist seinen<br />

Reben näher denn je<br />

Alkoholische Getränke –<br />

Frankreich, das neue Eldorado für<br />

Bierliebhaber<br />

Wein – Der neue Trend beim<br />

Aperitif à la française<br />

Wein – Warum wird Wein nicht<br />

grundsätzlich im Holzfass<br />

gelagert?<br />

Champagner – Was Sie schon<br />

immer über Champagner wissen<br />

wollten<br />

Produktpiraterie – Wenn<br />

Weinflaschen gefälscht sind<br />

Weltkulturerbe – Frankreichs<br />

Winzer greifen zum Welterbe titel:<br />

Les coteaux, maisons et caves de<br />

Champagne (Teil 2)<br />

Jurade de Saint-Emilion – Mehr<br />

als Folklore: eine Tradition, die<br />

lebt!<br />

Peter Kwok – Ein asiatischer<br />

Winzer im Bordelais<br />

Picon – « Un Picon-Bière, s’il vous<br />

plaît »<br />

Lagerung – Tipps zum<br />

Aufbewahren von Wein<br />

Bier – Schattendasein oder<br />

Geheimtipp?<br />

Lirac – Das « mediterranste »<br />

Weinanbaugebiet im Rhône-Tal<br />

Wein & Gesundheit – Vive le vin!<br />

Vive la santé!<br />

Angélique de Niort – Likor aus<br />

einer Heilpflanze<br />

Cognac – Eine ungewöhnliche<br />

Erfolgsgeschichte<br />

AOC Fitou – Qualitätsgarant aus<br />

dem Süden<br />

Ti’Punch & Planteur – Der<br />

Charme der Antillen in zwei<br />

Cocktails<br />

Genuss<br />

61<br />

60<br />

59<br />

58<br />

57<br />

54<br />

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40<br />

39<br />

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36<br />

33<br />

31<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Gastronomie – Champignons: 70<br />

Jacky Roulleau, der Gärtner der<br />

Nacht<br />

Genuss – Bouchot-Muscheln: 69<br />

der Rolls-Royce unter den<br />

französischen Muscheln<br />

Gastronomie – Das beste aller 66<br />

Baguettes<br />

Gastronomie – Kaviar von der 65<br />

französischen Atlantikküste,<br />

der neue Star<br />

Gilles Choukroun – Ein<br />

62<br />

Sternekoch, der die Pariser an den<br />

Flughafen zieht<br />

Gastronomie – Wenn ein junger 61<br />

Koch einen Michelin-Stern erhält<br />

Spitzengastronomie – Fabian 53<br />

Feldmann, ein deutscher<br />

Sternekoch im Land der<br />

Feinschmecker<br />

Produkte – Orangina 53<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 49<br />

Aquitaniens<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 47<br />

der Franche-Comté<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 46<br />

Burgunds<br />

Trüffel – Schwarze Diamanten 44<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 43<br />

Korsikas<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 41<br />

von Rhône-Alpes<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 40<br />

der Bretagne<br />

Gastronomie – Michel Chabran, 39<br />

der Luxus der Simplizität<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 39<br />

der Normandie<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC<br />

der Auvergne<br />

L’O Provençale – Olivenöl aus<br />

Nyons<br />

Backpflaumen aus Agen –<br />

Diskrete Früchtchen<br />

Ti’Punch & Planteur – Der<br />

Charme der Antillen in zwei<br />

Cocktails<br />

Politik & Wirtschaft<br />

Wirtschaft – Die Revision<br />

der Gebietsgrenzen der<br />

AOC Champagne: ein neuer<br />

Goldrausch?<br />

Politik – Sind die Regionen das<br />

Erfolgsrezept für den Tourismus ?<br />

Wirtschaft – Frankreich-<br />

Deutschland: der Krieg der<br />

Gummibärchen ist erklärt!<br />

Initiative – Die deutschfranzösische<br />

Freundschaft: welch<br />

eine Energie!<br />

Politik – Präsidentschaftswahlen<br />

2017, Präsidiale Orte<br />

Wirtschaft – Atomkraft in<br />

Frankreich: der Niedergang eines<br />

Systems, das sich zu sicher fühlte<br />

Regionen – Auf der Suche nach<br />

neuen Namen<br />

Kindergeld – Ist eine Reform<br />

überhaupt möglich?<br />

Pestizide – Marie-Lys Bibeyran,<br />

eine Frau kämpft gegen Pestizide<br />

Verkehrspolitik – Die<br />

Wiederentdeckung der<br />

Langsamkeit<br />

Monnaie de Paris – Pessac,<br />

hinter den Kulissen der Euro-<br />

Münzprägung<br />

Hochschulpolitik – Teaching in<br />

English? Oh mon Dieu!<br />

Umwelt – Lavendel der Provence<br />

in Gefahr<br />

Gregor Gysi – Der Linken-Politiker<br />

und Frankreich<br />

Machtverhältnisse – Alles nach<br />

links<br />

Medien – Die politische<br />

Ausrichtung französischer Medien<br />

Tourismus – Hauptsache<br />

außergewöhnlich<br />

Volksabstimmungen –<br />

Modethema im Wahlkampf<br />

Fünf Jahre Sarkozy – Zeit für eine<br />

Bilanz<br />

Umweltschutz –<br />

Kettensägenmassaker am<br />

Welterbe Canal du Midi<br />

Bistrosterben – Naht das Ende<br />

des Bistros?<br />

Reiseziele der Politiker – Plages<br />

de gauche, plages de droite,<br />

Urlaub in politischen Farben<br />

Gesellschaft & Alltag<br />

Geschichte – Koch und Pasteur:<br />

eine konstruktive Rivalität als<br />

Hoffnungsträger<br />

Kulturschock – Die Königin von<br />

Arles<br />

Geschichte – Montaigne: Ist die<br />

«Grabgeschichte» bald gelöst?<br />

Gesellschaft – Literaturszene: das<br />

Ende eines zu langen Schweigens<br />

Geschichte – Heinz Stahlschmidt,<br />

der Deutsche, der den Hafen von<br />

Bordeaux rettete<br />

Gesellschaft – Demografie: mehr<br />

Franzosen, aber nicht überall …<br />

Gesellschaft – Der unglaubliche<br />

Streit im das Erbe von Saint-<br />

Exupéry<br />

38<br />

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31<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

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74<br />

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70<br />

69<br />

Interview – Serie «Quand on aime<br />

la France» (2)<br />

René Martin, der französische<br />

Steve Jobs der Musik<br />

Interview – Serie «Quand on aime<br />

la France»<br />

Roger Diederen, Direktor der<br />

Kunsthalle München<br />

Ernährung – Vorsicht vor<br />

triploiden Austern!<br />

Gesellschaft – Le Mondial la<br />

Marseillaise à pétanque, der<br />

größte Boule-Wettkampf der Welt<br />

Geschichte – Tromelin, Die Insel<br />

der vergessenen Sklaven<br />

Yacine Aït Kaci – Der Vater von<br />

Elyx, des Botschafters der guten<br />

Laune<br />

David Ken – Der Fotograf, der das<br />

Glück fotografiert<br />

Verkehr – Paris: das Tauziehen um<br />

die Umwandlung des Seine-Ufers<br />

in eine Fußgängerzone geht weiter<br />

Geschichte: Die Johnnies, die<br />

Lieblingsfranzosen der Engländer<br />

Frauen und Männer, die sich<br />

für die deutsch-französische<br />

Freundschaft einsetzen:<br />

Barbara Barberon-Zimmermann,<br />

Mitbegründerin des deutschfranzösischen<br />

Kulturfestivals<br />

arabesques<br />

Brexit: Wie denken Briten, die in<br />

Frankreich leben, darüber?<br />

Fußball – Euro 2016: 10 Stadien<br />

warten auf die Fussballfans<br />

Integration – die Schwächen des<br />

französischen Systems<br />

Erfolgsgeschichten aus<br />

Frankreich –<br />

Denis Mollat, der Buchhändler 2.0<br />

Geschichte – 300. Todestag<br />

von Ludwig XIV. in Versailles:<br />

Begräbnisrituale leben länger als<br />

Könige<br />

Gesellschaft – Hinter den<br />

Kulissen des CROSS Corsen.<br />

Erinnerungskultur – Passen<br />

Gedenken und Tourismus<br />

zusammen?<br />

EU-Hauptstadtjahre: 2013 –<br />

Nantes und Marseille werden<br />

europäische Hauptstädte<br />

Winterschlussverkauf – Der<br />

andere Wintersport<br />

Jean Viard – Der Mann, der<br />

Frankreich beobachtet<br />

Simone Hérault – Die Stimme<br />

Frankreichs<br />

Berühmtheiten – Die 100<br />

bekanntesten Franzosen<br />

Frankreichbild – Frankreichs<br />

Image in der Welt<br />

Académie Française – Die<br />

Unsterblichen, die 40 Wächter der<br />

französischen Sprache<br />

Der Präfekt – Lebendes Symbol<br />

des Zentralismus<br />

Tourismus – Trends für den<br />

Winterurlaub 2011/12<br />

Gardienne – Félisa, Gardienne<br />

in Paris<br />

Ehrenlegion – Geht es noch um<br />

Verdienste?<br />

Mona Ozouf – Bretonin, Französin<br />

und Europäerin<br />

Kunst & Kultur<br />

Kultur / Comic (3/3) – Marco Rizzo<br />

und Lelio Bonaccorso – À bord de<br />

l’Aquarius<br />

Kultur / Comic (2/3) – Inès Léraud<br />

und Pierre Van Hove: Algues<br />

vertes, l’histoire interdite<br />

69<br />

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<strong>Nr</strong>.<br />

73<br />

72<br />

Kultur / Comic (1/3) – Nora<br />

Krug: Heimat, ein deutsches<br />

Familienalbum<br />

Kultur – Amüsante Geschichten<br />

rund um die französische<br />

Nationalhymne «La Marseillaise»<br />

Kultur – Festival de Piano de La<br />

Roque d’Anthéron<br />

Geschichte – Der Neandertaler:<br />

Unser Urahn erhält ein neues<br />

Image<br />

Portrait – Auf den Spuren von<br />

Jacques Prévert<br />

Sprache – Aussprache,<br />

Kartografie eines Systems à la<br />

française<br />

Kultur – 1977-2017: Centre<br />

Pompidou, 40 Jahre und immer<br />

noch überraschend<br />

Musik: Das unglaubliche<br />

Vermächtnis von Maurice Ravel<br />

Neue Museen –<br />

Museumseröffnungen wie am<br />

Fließband<br />

Künstlerdörfer – 10<br />

Künstlerdörfer zum Verlieben<br />

Musée Soulages Rodez – In der<br />

Heimat von Pierre Soulages<br />

Musée Matisse – Kunstgenuss auf<br />

dem platten Land<br />

Götz Alsmann – Götz Alsmann<br />

in Paris<br />

Museen – Frankreichs Museen auf<br />

der Überholspur<br />

ST-ART – Eine Kunstmesse<br />

zwischen den Welten<br />

Französisches Historisches<br />

Museum – Ein Projekt schlägt<br />

hohe Wellen<br />

Pariser Philharmonie – Wenn<br />

Politik von der Realität eingeholt<br />

wird<br />

Lebensart<br />

71<br />

68<br />

67<br />

67<br />

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64<br />

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47<br />

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38<br />

31<br />

31<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Produkte – La Hulotte, «das 74<br />

meistgelesene Magazin im<br />

Tierbau»<br />

Produkte – Les Herbes de<br />

71<br />

Provence<br />

Produkte – Das<br />

70<br />

Gemüsepassiergerät aus Edelstahl<br />

namens Moulinex<br />

Produkte – Le Livre de Poche: 69<br />

eine kulturelle Revolution<br />

Produkte – Châteldon:<br />

68<br />

der Champagner unter den<br />

französischen Mineralwässern<br />

Produkte – Revolution in Sachen 67<br />

Aperitif!<br />

Produkte – Les boules Quies 66<br />

Produkte – Die Zitronenpresse 65<br />

aus Glas von Luminarc<br />

Produkte – La Pléiade 64<br />

Produkte – Das Salz La Baleine 63<br />

Produkte – Das Papier d’Arménie 62<br />

Produkte – Der gelbe Briefkasten 61<br />

der Post<br />

Produkte – Der Bistrostuhl<br />

60<br />

« Drucker »: zeitlos und pariserisch<br />

Produkte – Bol à prénom 59<br />

Produkte – Eau de Javel 58<br />

Produkte – Sophie la girafe 57<br />

Spiele – Ein Puzzle als Unikat 54<br />

Produkte – Duralex-Gläser 53<br />

Tradition – Toulouse im Zeichen 47<br />

des Veilchens<br />

Guignol – Kleine Helden aus Lyon 43<br />

Le Bon Marché – Eine Pariser 41<br />

Institution feiert ihren 160.<br />

Geburtstag<br />

Bunte Töpfe – Keramik aus<br />

28<br />

Vallauris


ART DE VIVRE Rezept<br />

Mont-blanc ist ein beliebtes Dessert in Frankreich, das in<br />

Einzelportionen serviert wird. Gleichzeitig ist es eines meiner<br />

Lieblingsdesserts! Besonders im <strong>Herbst</strong> bereite ich es gerne<br />

zu. Es besteht aus einer Meringe, die mit Sahne und Maronencreme<br />

bedeckt wird. Gourmands lieben es! Man muss<br />

allerdings wissen, dass es eine sehr süße Nachspeise, also nicht<br />

gerade für eine Diät geeignet, ist. Doch welch ein Genuss!<br />

Tauchen Sie den Löffel bis ganz nach unten ein, und kosten<br />

Sie auf diese Weise die verschiedenen Konsistenzen und Geschmacksrichtungen<br />

gleichzeitig. Ein echter Leckerbissen!<br />

Mont-blanc<br />

Für 4 Personen • Zubereitung: 30 Minuten • Backzeit (zum Trocknen der Meringen): 2 Stunden bei 100° • Ruhezeit im Gefrierschrank: 2 Stunden<br />

Zutaten:<br />

Für die Meringen:<br />

4 Eiweiß (120 g)<br />

120 g Streuzucker<br />

Für die Schlagsahne:<br />

30 cl flüssige Sahne (35 %<br />

Fettgehalt)<br />

25 g Puderzucker<br />

Für die Maronencreme:<br />

300 g Maronencreme (wenn<br />

möglich aus der Ardèche)<br />

150 g ganze Maronen aus der Dose<br />

10 cl Crème fraîche (35 %<br />

Fettgehalt)<br />

Zubereitung:<br />

Meringen:<br />

• Eiweiß mit dem Rührgerät steif<br />

schlagen. Zucker nach und nach (in<br />

4 bis 5 Portionen) zugeben, bis die<br />

Masse fest, glatt und glänzend ist.<br />

Ich überprüfe immer, ob sich am<br />

Ende des Quirls eine Spitze bildet,<br />

denn das ist ein Hinweis darauf,<br />

dass die Masse optimal fest ist.<br />

• Eischnee in vier gleiche Portionen<br />

teilen, diese auf ein mit Backpapier<br />

bedecktes Kuchenblech geben und<br />

jeweils eine Kuppel daraus formen.<br />

Im auf 100° vorgeheizten Backofen<br />

trocknen lassen. Ein Tipp: Von<br />

Zeit zu Zeit die Tür des Backofens<br />

öffnen, damit der Wasserdampf<br />

entweichen kann. Das verbessert<br />

den Trocknungsprozess. Am Ende<br />

sollen die Meringen trocken und<br />

knusprig, aber nicht gebräunt sein.<br />

Schlagsahne:<br />

• Flüssige Sahne in ein Gefäß geben<br />

und mit dem Rührgerät beginnen<br />

zu schlagen. Nach und nach Puderzucker<br />

zugeben und weiterschlagen,<br />

bis eine feste Schlagsahne entsteht.<br />

Sie muss in Form bleiben, wenn Sie<br />

einen Löffel davon herausnehmen.<br />

• Mit zwei Suppenlöffeln jeweils<br />

einen Kloß aus der Sahne formen<br />

und auf eine Meringue setzen.<br />

• 2 Stunden im Gefrierschrank<br />

ruhen lassen.<br />

Maronencreme:<br />

• Die ganzen Maronen im Mixer<br />

fein mahlen. Maronencreme<br />

dazugeben. Erneut einige Sekunden<br />

mixen, dann Crème fraîche<br />

zugeben und solange weitermixen,<br />

bis die Creme die Konsistenz<br />

eines Brotaufstrichs hat.<br />

• Meringen aus dem Gefrierschrank<br />

nehmen und jeweils auf einen<br />

Teller setzen. Jede Meringue<br />

vollständig mit der Kastaniencreme<br />

überziehen, diese bedeckt also<br />

auch die Schlagsahneschicht.<br />

• Bis zum Servieren im Kühlschrank<br />

aufbewahren.<br />

Bon appétit!<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 91


ART DE VIVRE Produkt<br />

Serie: Typisch französische Produkte (26)<br />

Das gelbe Ölzeug von Guy Cotten<br />

Ein kleines gelbes Männchen mit ausgebreiteten Armen.<br />

Das ist seit 1974 das Logo eines der symbolträchtigsten<br />

französischen Kleidungsstücke, nämlich<br />

des Ciré jaune, des gelben Ölzeugs von Guy Cotten. Seit<br />

1981 wird es durch den Slogan L’abri du marin ergänzt. Bei<br />

diesem Kleidungsstück darf man nicht nur auf die Äußerlichkeiten<br />

achten. Das in der Bretagne hergestellte Kleidungsstück<br />

scheint zwar ganz und gar nicht den Ansprüchen<br />

der französischen Haute Couture zu entsprechen, doch<br />

es ist deshalb nicht minder international anerkannt und<br />

etabliert. Auf allen Weltmeeren wird es von Seefahrern getragen,<br />

es schützt nicht nur Fischer, Matrosen und Segler,<br />

sondern auch Spaziergänger vor Regen, Gischt und Böen.<br />

Alles begann 1964, als Guy Cotten und seine Frau im<br />

Finistère eine Werkstatt eröffneten und sich auf die Fertigung<br />

von Arbeitskleidung, vor allem für Fischer, spezialisierten.<br />

Das war damals ein gewagtes Unterfangen, denn die<br />

französische Fischereibranche steckte mitten in einer Krise,<br />

der Textilindustrie ging es kaum besser. Viele Menschen in<br />

ihrem Umfeld wollten die Eheleute Cotten deshalb davon<br />

abbringen, doch diese waren fest entschlossen und vertrauten<br />

ihrer Idee und ihrem Glück. Und sie sollten recht behalten!<br />

Fischer – und alle Bretonen im weitesten Sinne, die in<br />

der Nähe des Meeres arbeiteten – trugen damals Kleidung<br />

aus Baumwolle, die mit einer einfachen, imprägnierenden<br />

Ölschicht überzogen war. Sie war schwer, nicht wirklich<br />

dicht, unpraktisch und vor allem kalt, sobald sie durchnässt<br />

war. All diese Nachteile waren Guy Cotten nur zu<br />

gut bekannt, er war der Erste, der die Notwendigkeit erkannte,<br />

etwas Praktischeres und Besseres zu entwickeln.<br />

1966 kreierten die Eheleute Cotten dann ein revolutionäres<br />

Kleidungsstück: die Jacke Rosbras, eine gelbe<br />

Regenjacke aus PVC, einem Material, das bis dato nur<br />

für die Herstellung von Markisen und Planen verwendet<br />

worden war. Ein solides, dichtes und relativ leichtes Material.<br />

Erstmals wurde bei dieser Regenjacke ein besonders<br />

einfallsreiches Detail verwendet, nämlich der Klettverschluss.<br />

Diese Technik wird bei der Marke Cotten nach<br />

wie vor eingesetzt und hat sich zu einem Markenzeichen<br />

entwickelt, das inzwischen oft und vor allem schlecht kopiert<br />

wurde. Die gelbe Farbe wurde deshalb gewählt, weil<br />

sie auf dem Meer besonders gut zu sehen ist.<br />

Um die Seeleute von seiner Erfindung zu überzeugen,<br />

ging Guy Cotten an die Hafenkais im Süden des Finistère<br />

und präsentierte den teils neugierigen, teils ungläubigen<br />

Männern mit triftigen Argumenten sein neues Produkt.<br />

Die ersten Tests waren überzeugend. Die Seeleute, die mit<br />

dem gelben Ölzeug ausgerüstet waren, kamen vom Meer<br />

zurück und waren voll des Lobes über dessen Vorzüge.<br />

Endlich fühlten sie sich wirklich vor Gischt und Wind geschützt<br />

und in ihrer Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkt!<br />

Die Mundpropaganda wirkte und das kleine Unternehmen<br />

Cotten vergrößerte sich schnell. 1988 übernahm Cotten<br />

von Pirelli das Unternehmen Piel, einen Spezialisten für<br />

Überlebensausrüstung. Einige Jahre später entwickelt dieses<br />

einen wiederum revolutionären Überlebensanzug aus<br />

Neopren, der mit einem Textilmaterial (für den Auftrieb)<br />

und Titan (für die Wärmeisolierung) ausgerüstet ist. 1996<br />

bewahrte diese Kleidung die Skipper Raphaël Dinelli und<br />

Thierry Dubois bei der legendären Vendée Globe vor dem<br />

Tod. Nach einer Havarie verbrachten die beiden Männer an<br />

den Rumpf ihres Segelbootes geklammert mehrere Tage im<br />

tosenden, null Grad kalten Meer. Sie glaubten, ihr letztes<br />

Stündlein habe geschlagen. Doch sie wurden von der australischen<br />

Marine gerettet und sind Guy Cotten für immer<br />

und ewig dafür dankbar, dass sie dank dieses Anzuges die<br />

Zeit bis dahin überlebt hatten.<br />

Dank der qualitativ hochwertigen, strapazierfähigen<br />

Kleidungsstücke florierte das Unternehmen Cotten unaufhörlich.<br />

Als Guy Cotten 2013 im Alter von 88 Jahren<br />

starb, trat seine Familie in seine Fußstapfen und führt es<br />

seitdem weiter. Die Marke Cotten hat sich zu einem Muss<br />

für alle entwickelt, die beruflich oder aus Leidenschaft<br />

mit dem Meer zu tun haben, und ist darüber hinaus ein<br />

zuverlässiger und beständiger Botschafter für die Bretagne.<br />

Getreu dem Image seiner hochwertigen und haltbaren<br />

Produkte schaltete das Unternehmen vor Kurzem in der<br />

französischen Presse die nebenstehende Werbekampagne,<br />

die ganz nebenbei den Hinweis auf eine gewisse deutschfranzösische<br />

Zusammenarbeit gibt …<br />

In dieser Serie werden Produkte vorgestellt, die sich in fast jedem französischen Haushalt befinden oder die für viele Franzosen kleine<br />

Nationalheiligtümer sind. In den letzten Ausgaben sind erschienen: Hollywood- und Malabar-Kaugummis (<strong>Nr</strong>. 51), Petit Suisse (<strong>Nr</strong>. 52),<br />

Orangina (<strong>Nr</strong>. 53), Duralex-Gläser (<strong>Nr</strong>. 54), Messer (<strong>Nr</strong>. 55), L’école des loisirs (<strong>Nr</strong>. 56), Sophie la girafe (<strong>Nr</strong>. 57), Eau de Javel (<strong>Nr</strong>. 58), Bol à<br />

prénom (<strong>Nr</strong>. 59), Bistrostuhl « Drucker » (<strong>Nr</strong>. 60), der gelbe Briefkasten der Post (<strong>Nr</strong>. 61), Papier d’Arménie (<strong>Nr</strong>. 62), Salz La Baleine (<strong>Nr</strong>. 63),<br />

Literatursammlung La Pléiade (<strong>Nr</strong>. 64), Zitronenpresse aus Glas von Luminarc (<strong>Nr</strong>. 65), Boules Quies (<strong>Nr</strong>. 66), Ricard aux plantes fraîches<br />

(<strong>Nr</strong>. 67), Eau de Châteldon (<strong>Nr</strong>. 68), Le Livre de Poche (<strong>Nr</strong>. 69), Gemüsepassiergerät Moulinex (<strong>Nr</strong>. 70), Herbes de Provence (<strong>Nr</strong>. 71), Cacolac<br />

(<strong>Nr</strong>. 72), L’Image d’Épinal (<strong>Nr</strong>. 73), La Hulotte, « das meistgelesene Magazin im Tierbau » (<strong>Nr</strong>. 74) und die Savon de Marseille (<strong>Nr</strong>. 75).<br />

92 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 93


GUÉWEN A TESTÉ<br />

… Froschschenkel<br />

Froschschenkel sind eines der Symbole der französischen Gastronomie und im Land sehr beliebt.<br />

Ausländer mögen darüber erstaunt sein – ein Frosch ist doch so herzig! –, doch viele Franzosen<br />

sind ganz verrückt nach ihnen! Das ist in einem Land, in dem Schnecken ebenfalls eine Spezialität<br />

sind, nichts Ungewöhnliches. Ich persönlich hatte bisher noch keine Froschschenkel gegessen,<br />

das hat sich nun aber geändert!<br />

Wurde das Froschschenkel-Gericht<br />

in Frankreich erfunden?<br />

Nein, absolut nicht. Man kann zwar nicht genau bestimmen,<br />

wann die Menschen begonnen haben, diese Lurche<br />

zu verzehren, doch Geschichtsforscher sind sich einig,<br />

dass sie bereits um das erste Jahrhundert v. Chr. in China<br />

konsumiert wurden. Den Spuren nach zu urteilen, die<br />

man in ehemaligen Lebensmittellagern der Azteken fand,<br />

war das bei diesem Volk im 14. Jahrhundert auch der<br />

Fall. In Frankreich hielten Froschschenkel im Mittelalter<br />

Einzug in die Küche. Richtig populär wurden sie dann<br />

ab dem 19. Jahrhundert, vor allem als der Schriftsteller<br />

Alexandre Dumas (1802-1870)<br />

sie in seinem Grand dictionnaire de<br />

cuisine als ein besonders ausgesuchtes<br />

Nahrungsmittel aufführte, das in<br />

großen Restaurants serviert wird.<br />

Wo isst man überall Froschschenkel?<br />

Obwohl ihr Konsum in den<br />

Köpfen der Menschen eng mit<br />

Frankreich verbunden ist, werden<br />

Froschschenkel auf der ganzen Welt<br />

verzehrt, so auch in der Schweiz,<br />

in Deutschland, Asien, Afrika und<br />

Québec. Frankreich ist dagegen eines<br />

der Länder, in denen man diesem<br />

Gericht weitgehend positiv gegenübersteht.<br />

Viele Franzosen haben<br />

zwar noch niemals in ihrem Leben<br />

Froschschenkel gegessen (so wie ich<br />

vor dem Schreiben dieses Artikels),<br />

sind aber davon überzeugt, dass diese<br />

sehr gut schmecken. Froschschenkel<br />

zählen zu den « renommierten Gerichten<br />

» der französischen Küche.<br />

Woher stammen die Frösche, die<br />

in Frankreich gegessen werden?<br />

Im Gegensatz zur vorherrschenden<br />

Meinung stammt die überwiegende<br />

Mehrheit der im Hexagon verzehrten<br />

Froschschenkel nicht aus dem<br />

eigenen Land: Pro Jahr werden mehr<br />

als 4200 Tonnen aus dem Ausland,<br />

vorwiegend aus Indonesien, importiert.<br />

Die Franzosen kaufen diese<br />

dann tiefgefroren im Supermarkt<br />

zu einem Preis von rund 10 Euro<br />

pro Kilogramm. Überraschend ist<br />

das nicht, denn die in Frankreich<br />

heimischen Froscharten stehen<br />

seit Anfang der 80er-Jahre unter<br />

Artenschutz, da sie vom Aussterben<br />

bedroht waren. Es gibt allerdings in Frankreich<br />

regulierte Zuchten, wobei die Frösche dort viel teurer<br />

sind (20 bis 30 Euro pro Kilogramm) und daher eher<br />

von Feinschmeckerrestaurants gekauft werden.<br />

Wo werden in Frankreich Frösche gezüchtet?<br />

Froschzuchten findet man grundsätzlich im feuchten<br />

Umfeld, egal ob in der Bretagne, in Burgund oder im<br />

Bordelais. Teichfrösche werden vorwiegend in den<br />

Sumpfgebieten in der Vendée gezüchtet, während der<br />

Grasfrosch in mittleren Höhenlagen wie dem Jura, den<br />

Ardennen, dem Elsass oder der Auvergne gezüchtet<br />

wird. Auch die Region Dombes im Departement<br />

Ain ist besonders für ihre Froschzuchten berühmt.<br />

Wie werden Froschschenkel zubereitet?<br />

Bei dieser Frage sind sich alle einig: so einfach wie<br />

möglich! In der Pfanne in Butter mit etwas Knoblauch<br />

und Petersilie gedünstet schmecken Froschschenkel<br />

am besten. Manche lieben sie auch in einer Sauce<br />

– zum Beispiel in einer Weinsauce –, als Suppe,<br />

als Omelette, mit Sahne verfeinert oder gegrillt.<br />

Schmecken Froschschenkel gut?<br />

Ganz ehrlich, ja! Hat man sich dazu überwunden,<br />

Froschschenkel zum ersten Mal zu essen, stellt man<br />

fest, dass das Fleisch in der Konsistenz Hühnerfleisch<br />

ähnelt, aber äußerst zart ist. Für mich persönlich war<br />

es eine sehr wohlschmeckende Entdeckung, doch wie<br />

bei Schnecken auch, macht vor allem die Butter mit<br />

Knoblauch und Petersilie den Reiz des Gerichtes aus …<br />

Darf man in Frankreich Frösche fangen?<br />

Seit wilde Frösche in Frankreich geschützt sind, darf<br />

man sie nicht zu kommerziellen Zwecken fangen,<br />

beispielsweise, um sie im Restaurant als Gericht<br />

anzubieten. Wie bei anderen geschützten Tierarten<br />

ist jedoch der Fang für den « persönlichen Bedarf »<br />

gestattet, wobei es für einige Spezies bestimmte Quoten<br />

gibt. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass in manchen<br />

Familien selbstgefangene Frösche serviert werden.<br />

Sind Frösche eine bedrohte Tierart?<br />

Weltweit gibt es mehr als 7000 Amphibienarten. 25<br />

bis 30 Prozent von ihnen sind bedroht. Seitdem wild<br />

lebende Frösche in Frankreich geschützt sind, sind sie<br />

nicht mehr bedroht. Die hohen Importe von Fröschen<br />

aus Indonesien, die dort in ihrem natürlichen Umfeld<br />

gefangen werden, sind Fachleuten zufolge allerdings<br />

problematisch und gefährden die Biodiversität. Liebhaber<br />

sollten daher auf wild lebende Spezies verzichten und<br />

Frösche aus Zuchten in Frankreich, der Türkei oder<br />

Vietnam bevorzugen. Diese Länder haben sich zur<br />

Einhaltung strenger Zuchtauflagen verpflichtet.<br />

94 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong>


Leserbriefe<br />

Sehr geehrtes Redaktionsteam,<br />

mit der Winterausgabe haben Sie Erinnerungen an unseren<br />

Familienurlaub im Jahre 2002 im Bigoudenland geweckt.<br />

Natürlich haben wir damals in Le Guilvinec auf die einlaufenden<br />

Kutter und den Frischfisch gewartet, den Leuchtturm Eckmühl<br />

bestiegen, bei La Torche den Wellenreitern mit Begeisterung<br />

zugesehen und auch die Spitzenhauben bewundern können.<br />

Sehen Sie selbst …<br />

Familie Titz<br />

wieder nach Frankreich träumen – und das ist besonders jetzt<br />

ein großes Geschenk und eine wertvolle Oase des Glücks. (…)<br />

Es ist wirklich kaum vorstellbar, dass ich Sie nun seit der ersten<br />

Ausgabe begleite und Sie mich ☺ An dieser Stelle ein ganz großes<br />

Dankeschön für Ihre leidenschaftliche und beeindruckende<br />

Arbeit – und dass Sie sich als Zeitschrift mit Ihrem Konzept<br />

immer treu geblieben sind. Ich selbst arbeite als PR-Referentin<br />

für eine Stiftung und habe eine bildungswissenschaftliche<br />

und journalistische Ausbildung. Daher weiß ich umso mehr zu<br />

schätzen, was Sie seit Jahren mit Ihrer Arbeit Hervorragendes<br />

leisten. Chapeau!<br />

À très bientôt, bien amicalement,<br />

Nadine Zeidler<br />

Frankreich im<br />

Abonnement<br />

erleben!<br />

Redaktion:<br />

Liebe Familie Titz,<br />

wir freuen uns, dass wir Ihnen diese schönen Momente in der<br />

Bretagne wieder in Erinnerung gerufen haben. Sie haben wirklich<br />

Glück gehabt, so viele Frauen mit der traditionellen Kopfbedeckung<br />

zu sehen. Obwohl sich mehrere Vereinigungen für den Erhalt dieser<br />

Tradition einsetzen, verschwindet sie leider mehr und mehr.<br />

Jean-Charles Albert:<br />

Liebe Frau Zeidler,<br />

ganz herzlichen Dank für Ihre liebenswürdige Nachricht,<br />

die mir und dem ganzen Team – an das ich sie natürlich<br />

sofort weitergeleitet habe – unglaublich gutgetan hat, umso<br />

mehr, als dass wir Ihre Worte während der Ausgangssperre<br />

erhalten haben. Wir sind uns voll und ganz darüber bewusst,<br />

dass uns in all den Jahren ein ganz besonderes Band mit<br />

unseren Lesern verbindet. Sie können darauf zählen, dass wir diese<br />

wertvolle Beziehung auch in Zukunft pflegen werden! Wir haben<br />

noch viel mit Ihnen zu teilen!<br />

Seit Jahren besorge ich mir Ihr Magazin, um immer wieder<br />

neue Anreize oder profunde Erklärungen zu finden. Ich bin seit<br />

Jahrzehnten hauptsächlich im Süden unterwegs, und so versorge<br />

ich mich natürlich auch mit Produits régionaux, z. B. mit der weißen<br />

Lupine. Was Sie auf S. 6 der letzten Ausgabe als Lupine (Lupinus<br />

alba) abgebildet haben, ist jedoch eindeutig ein Antirrhinum majus<br />

(Löwenmäulchen). Auch essbar, für die industrielle Vermarktung<br />

aber wohl nicht so geeignet, weil wenig ertragreich.<br />

Cordialement<br />

H. Brüning<br />

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noch heute !<br />

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Storkower Straße 127a<br />

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Per Telefon: +49 (0)30 / 42 80 40 40<br />

Per Fax: +49 (0)30 / 42 80 40 42<br />

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Ihre Vorteile:<br />

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(Deutschland) und sparen über 15 % !<br />

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bequem nach Hause geliefert !<br />

Sie versäumen keine Ausgabe mehr !<br />

Sie haben kein Risiko, denn das<br />

Abonnement ist nach einem Jahr<br />

jederzeit kündbar !<br />

Cher Monsieur Albert,<br />

ich freue mich immer so sehr über Frankreich erleben, und<br />

auch gerade jetzt in dieser Zeit ist die Zeitschrift einmal mehr<br />

mein Begleiter durch den Alltag. Durch die wunderschönen<br />

Reportagen und interessanten Beiträge kann ich mich immer<br />

Redaktion:<br />

Lieber Herr Brüning,<br />

da haben Sie absolut recht! Im Übrigen haben uns viele Leser auf<br />

diese Verwechslung unsererseits aufmerksam gemacht. Wir sind<br />

selbst Pflanzenliebhaber und kontrollieren jede Seite von Frankreich<br />

erleben vor dem Druck noch einmal mit größter Sorgfalt, doch<br />

diesen Irrtum haben wir übersehen! Wir bitten um Entschuldigung!<br />

Werbecode: ABO<strong>76</strong>/20<br />

hiermit bestelle ich ein<br />

Abonnement von Frankreich<br />

erleben zum Vorzugspreis.<br />

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Ich bestelle das Abonnement für mich selbst und zahle für ein<br />

Jahr (4 Ausgaben) nur 19,90 Euro anstatt 23,60 Euro im Zeitschriftenhandel<br />

(Deutschland). In Österreich kostet das Abonnement<br />

21,90 Euro anstatt 26,00 Euro und in der Schweiz 37,00<br />

CHF anstatt 43,60 CHF. Alle anderen Auslandsabonnements<br />

kosten 26,90 Euro. Das Abonnement läuft zunächst für ein Jahr<br />

und verlängert sich danach automatisch. Es ist nach dem ersten<br />

Jahr jederzeit kündbar.<br />

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Ich möchte das Abonnement zu den oben genannten Preisen verschenken.<br />

Entscheidend ist dabei der Wohnort des Beschenkten.<br />

Ich erhalte eine Auftragsbestätigung und einen Geschenkgutschein,<br />

den ich dem Beschenkten übergeben kann. Das Abonnement<br />

endet nach einem Jahr (4 Ausgaben) automatisch. Das<br />

Abonnement soll erhalten:<br />

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belasten Sie bitte meiner Kreditkarte:<br />

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IBAN<br />

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ziehen Sie bitte von meinem Bankkonto ein<br />

96 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Hat Ihnen unser Magazin gefallen? Haben Sie Verbesserungsvorschläge oder Anregungen?<br />

Schreiben Sie uns. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung!<br />

Per E-Mail: leserbriefe@frankreicherleben.de ·<br />

Per Brief: Frankreich erleben – Leserbriefe · Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux · Frankreich<br />

Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Fassung zu veröffentlichen.<br />

Vorname / Name<br />

Straße / Hausnummer<br />

PLZ Ort<br />

Land<br />

Telefonnummer für Rückfragen<br />

Vorname / Name<br />

Straße / Hausnummer<br />

PLZ Ort<br />

Land<br />

BIC<br />

Ich ermächtige die AVZ GmbH, Storkower Straße 127a, 10407<br />

Berlin, Gläubiger-Identifikationsnummer DE39Z0200000080844<br />

wiederkehrende Zahlungen von meinem Konto mittels Lastschrift<br />

einzuziehen. Die Mandatsreferenz wird mir gesondert mitgeteilt.<br />

Datum, Unterschrift<br />

Diese Bestellung kann innerhalb von 14 Tagen beim Aboservice<br />

schriftlich ohne Angabe von Gründen widerrufen werden.<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 97


IMPRESSUM/VORSCHAU<br />

Impressum<br />

Frankreich erleben ist das Ergebnis von Teamarbeit. Neben den Autoren und<br />

Fotografen tragen auch die Lektoren, Grafiker und alle anderen Mitarbeiter<br />

zur Qualität der einzelnen Artikel bei. Daher sind keine einzelnen Personen<br />

am Ende eines Artikels hervorgehoben, sondern findet die Nennung im<br />

Impressum statt.<br />

Frankreich erleben erscheint im Verlag<br />

Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux<br />

Telefon: +33 (0)1 75 439 440 · Fax: +33 (0)1 75 434 549<br />

info@frankreicherleben.de · www.frankreicherleben.de<br />

Abonnentenbetreuung & Heftbestellungen:<br />

AVZ GmbH<br />

Storkower Straße 127a · 10407 Berlin<br />

Telefon: +49 (0)30 / 42 80 40 40<br />

Fax: +49 (0)30 / 42 80 40 42<br />

abo@frankreicherleben.de<br />

Wenn am 17. November <strong>2020</strong> die nächste Ausgabe von Frankreich<br />

erleben (<strong>Nr</strong>. 77, Winter <strong>2020</strong>/21) im Handel erhältlich ist, werden<br />

die Temperaturen deutlich kühler sein als zurzeit. Vielleicht haben<br />

Sie das Magazin auch abonniert, dann steckt es bereits circa eine<br />

Woche früher in Ihrem Briefkasten.<br />

Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, folgt nun wieder unser kleines<br />

«Rätsel der letzten Seite », bei dem Sie einige Hinweise auf Themen<br />

der kommenden Ausgabe bekommen.<br />

ISSN: 1861-4256<br />

Gründer des Magazins: Jean-Charles Albert und Markus Harnau<br />

Herausgeber: Jean-Charles Albert<br />

Chefredakteur (V.i.S.d.P.): Jean-Charles Albert<br />

Redaktionsbüro:<br />

Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux<br />

Telefon: +33 (0)1 75 439 440 · Fax: +33 (0)1 75 434 549<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />

Jean-Julien Bault, Sabine Beck, Guéwen Brown, Chantal Cobac, Martine Doucet,<br />

Laurent Fournerie, Alain Lardière, Ina Muñoz, Annaïs Quetsub, Gérard Rival,<br />

Serge Robin, Sabine Schmitt<br />

Layout: Zauberhaus.eu<br />

Anzeigen Frankreich:<br />

Isabelle Schmidt<br />

Telefon Frankreich: +33 (0)1 75 439 441<br />

Telefon Deutschland: +49 (0)921 44710<br />

ischmidt@frankreicherleben.com<br />

Anzeigen Deutschland:<br />

Samuel Péchin<br />

Telefon Frankreich: + 33 (0)6 31 54 64 93<br />

spechin@frankreicherleben.com<br />

Gültige Anzeigenpreisliste: 18/<strong>2020</strong><br />

Druck: pva, Druck und Medien-Dienstleistungen GmbH, Landau<br />

Vetrieb:<br />

VU Verlagsunion KG · Meßberg 1 · 20086 Hamburg<br />

Tel: +49 (0)40 3019 1800<br />

Sämtliche Informationen sind nach bestem Wissen und mit Sorgfalt zusammengestellt.<br />

Eine Gewährleistung für die Rich tig keit und Vollständigkeit kann jedoch<br />

nicht über nom men wer den. Der Verlag übernimmt keine Haftung für un ver langte<br />

Ein sen dun gen. Die Redaktion behält sich die Kür zung und Bearbeitung von<br />

Leserbriefen vor. Es gelten die Geschäfts bedingungen des Verlags. Beiträge,<br />

Fotos und gra fische Dar stel lungen sind ur he ber rechtlich geschützt. Nach druck,<br />

auch aus zugs weise, Ver viel fäl ti gung auf foto mecha nischen und anderen Wegen<br />

sowie Nutz ung auf Da ten trägern bedürfen der schrift lichen Zustimmung des<br />

Verlags.<br />

Frankreich erleben erscheint alle drei Monate und ist im gut sortierten<br />

Zeitschriftenhandel in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Luxemburg und<br />

Südtirol sowie per Abonnement erhältlich.<br />

Einzelpreise im Handel: 5,90 E (D), 6,50 E (A),<br />

10,90 CHF (CH), 7,00 E (F/L/B/NL), 7,00 E (I)<br />

Abonnement (Preise pro Jahr): 19,90 E (D), 21,90 E (A),<br />

37,00 CHF (CH), alle anderen Länder: 26,90 E<br />

Bezugspreise beinhalten, wo erforderlich, die gesetzliche Mehrwertsteuer.<br />

© <strong>2020</strong> Ajc Presse, Bordeaux<br />

Bildnachweise (nach Seiten, Anordnung von links nach rechts, oben nach<br />

unten): Titel: Serge Robin, Ajc Presse • S.3: Serge Robin, Ajc Presse •<br />

S.4: Serge Robin, Ajc Presse; DR • S.6: Flying Whales; Valode et Pistre<br />

Architectes; Pixabay • S.8: Festival Lumières sur le Bourbonnais • S.9:<br />

Myrabella/Wikimedia Commons / CCBY-SA 3.0 • S.10: Pixabay; Pca-<br />

Stream Philippe Chambaretta Architecte • S.11: Serge Robin, Ajc Presse<br />

• S.12-16: DR • S.17: Arte, DR • S.18: DR • S.20-21: Alain Lardière, Ajc<br />

Presse • S.22-24: DR; Extraits du Reportage « Bagne pour enfants: Belle-<br />

Île se souvient » du 13/07/2019, C. Carlier, JM. Piron, P.Nau, France 3<br />

Bretagne, DR; Carte postale: collection F.Villadier, DR • S.26-28: Serge<br />

Robin, Ajc Presse • S.29: Extrait de l’ouvrage Notre-Dame de Strasbourg,<br />

du génie humain à l’éclat divin, Editions du Signe, DR • S.30: Serge<br />

Robin, Ajc Presse • S.32-38: Cédric Brown, Ajc Presse • S. 40-41: Maud<br />

Humbert, Bourgogne-France-Comté Tourisme • S.42: Ecomusée du Pays<br />

de la Cerise • S. 43: Serge Robin, Ajc Presse; Ecomusée du Pays de la<br />

Cerise • S. 44: Office de Tourisme de Luxeuil-les-Bains, Vosges du Sud;<br />

Serge Robin, Ajc Presse; Ecomusée du Pays de la Cerise • S.45: Serge<br />

Robin, Ajc presse • S.46-47: Ecomusée du Pays de la Cerise • S.51: DR<br />

• S.52-58: Serge Robin et Cédric Brown, Ajc Presse • S.60: CC0 Paris<br />

Musées / Musée Carnavalet • S.61: Alain Lardière, Ajc Presse • S.62: CC0<br />

Paris Musées / Musée Carnavalet • S. 63-66: Alain Lardière, Ajc Presse<br />

• S.68-71: Hôtel La Lanterne, DR • S.72-73: Tyll Peters, DR • S.74-79: La<br />

Fournée du Loroüer et Ajc Presse • S.82-85: Serge Robin, Ajc Presse •<br />

S.90-91: Nicole Cobac, Ajc Presse • S.93: Guy Cotten, DR • S. 94: Serge<br />

Robin, Ajc Presse; Pixabay • S.96: DR • S.98: Serge Robin, Ajc Presse;<br />

Nadar, Museum of Fine Arts, Houston, Domaine public • Serge Robin, Ajc<br />

Presse.<br />

98 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Zunächst drei Fotos:<br />

Und dann drei Hinweise, von denen<br />

jeder eine Verbindung zu einem der<br />

Fotos hat:<br />

• Ich gelte als einer der größten<br />

französischen Schriftsteller. Im Dezember <strong>2020</strong> begeht man –<br />

würdig, wie ich hoffe! – meinen 150. Todestag. Bei mir treten die<br />

Musketiere immer zu dritt auf.<br />

• Ich bin ein kleines Dorf in der Nähe der Loire. Meine Bewohner<br />

haben mir ein besonderes Image verliehen: Innerhalb weniger<br />

Jahre haben Sie mich zu einer Referenz in Sachen Trödel- und<br />

Antiquitätenhändler gemacht.<br />

• Ich bin ein Gourmand, stamme aus dem Elsass und liebe<br />

Schokolade über alles. Ich habe sie bereits zu meinem Beruf<br />

gemacht, bevor ich überhaupt mein Diplom in der Tasche hatte. Ich<br />

habe unter anderem einen berühmten Brotaufstrich erfunden, der<br />

ausschließlich aus französischen Haselnüssen besteht, und meine<br />

Schokoladen verkaufen sich heute in der ganzen Welt.<br />

Haben Sie alles erraten? Dann können Sie die Antworten überprüfen,<br />

indem Sie die folgenden Namen vervollständigen:<br />

_ L _ _ A _ _ _ E D U_ _ S<br />

LA C _ _R _R E - S_R - L_ - L_ _R<br />

JA_Q__S BO_ _ _L<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 77 - Winter <strong>2020</strong>-2021<br />

Erscheint am 17. November <strong>2020</strong><br />

Großzügige Unterkünfte im modernen Design, eine Wellnesslandschaft<br />

mit 5 Saunen, Sonnenterrasse und Boddenblick, ein Fitnessstudio mit<br />

professionellen Geräten, ein Hobbyraum mit Billardtisch, Tischtennisplatte<br />

und Tischfußball sowie eine Lounge mit Kamin und Panoramablick,<br />

mönchgut living & spa bietet Ihnen alles, um einen perfekten Urlaub auf<br />

Rügen zu verleben. Die Lage im Herzen des romantischen Fischerdorfes<br />

Gager im UNESCO-Biosphärenreservat Südost-Rügen verspricht zudem<br />

Entspannung und Erholung inmitten unberührter Natur, nur wenige Minuten<br />

vom Ostseestrand und den berühmten Seebädern der Insel entfernt.<br />

www.moenchgut-living.de


Es gibt viele Villen in der Provence, die Sie mieten können.<br />

Doch in diese Villa werden Sie sich verlieben!<br />

Sie genießen eine atemberaubende Aussicht über das weite Tal des Naturparks Lubéron,<br />

nach Gordes, auf die Monts de Vaucluse und den Mont Ventoux. Allein dieser atemberaubende<br />

Panoramablick ist unbezahlbar! Außerdem erreichen Sie in nur wenigen<br />

Minuten zu Fuß den Dorfkern von Roussillon mit seinen Geschäften und Restaurants<br />

und bekommen trotzdem wegen der geschützten Lage der Villa nichts vom Trubel im<br />

Ort mit. Die provenzalische Architektur und die Einrichtung im modernen Design bilden<br />

eine gekonnte Symbiose, die Sie so schnell nicht ein zweites Mal in der Provence finden<br />

werden. Der beheizte Infinity-Pool und 2.600 qm große Garten sind Garant für einen<br />

erholsamen Urlaub. Die Villa verfügt über Platz für bis zu zehn Personen, doch durch<br />

den modularen Grundriss fühlt man sich aber auch zu zweit oder viert nicht zu einsam.<br />

www.provence-living.fr

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