Nr. 76 - Herbst 2020
Strassburg: das Geheimnis des fehlenden Münsterturms Bretagne: eine Reise zu Pflanzen aus aller Welt Burgund: Kirschen, das rote Gold Garten: Domaine de Chaumont-sur-Loire Paris: auf den Spuren von Eugène Delacroix Rezept: Mont-blanc (dessert)
Strassburg: das Geheimnis des fehlenden Münsterturms
Bretagne: eine Reise zu Pflanzen aus aller Welt
Burgund: Kirschen, das rote Gold
Garten: Domaine de Chaumont-sur-Loire
Paris: auf den Spuren von Eugène Delacroix
Rezept: Mont-blanc (dessert)
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DAS UNABHÄNGIGE FRANKREICH-MAGAZIN <strong>Nr</strong>. <strong>76</strong> · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
ELSASS · BURGUND · BRETAGNE · LOIRETAL · PARIS · BELLE-ÎLE-EN-MER · PROVENCE<br />
Straßburg<br />
Das Geheimnis<br />
des fehlenden Münsterturms<br />
Bretagne<br />
Eine Reise zu Pflanzen<br />
aus aller Welt<br />
Burgund<br />
Kirschen, das rote Gold<br />
einer Region<br />
Loiretal<br />
Die positive Dynamik der Gärten<br />
in Chaumont-sur-Loire<br />
Saint-Germain-des-Prés<br />
Auf den Spuren von Eugène Delacroix<br />
im Herzen von Paris<br />
Gesellschaft Wo ist eigentlich das gute französische Brot geblieben?<br />
Tyll Peters Ein junger Deutscher erhält Preis von Charlie Hebdo<br />
Am Tag als … die Kinder aus dem Bagno auf Belle-Île flüchten<br />
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EDITORIAL<br />
Liebe<br />
Leserin,<br />
lieber Leser,<br />
es ist offensichtlich, dass der Sommer in<br />
diesem Jahr auf sich warten ließ. Treu<br />
wie immer hat er dann plötzlich doch<br />
noch Einzug gehalten. Eher vorsichtig.<br />
Auch wir haben uns Zeit gelassen, als müssten wir uns<br />
nach einem Frühjahr mit Ausgangsbeschränkungen und<br />
unzähligen, weltweit vorherrschenden Ängsten erst<br />
wieder mit dem Sommer vertraut machen. Doch<br />
allmählich haben wir Geschmack an ihm<br />
gefunden – und vor allem auch an unserer<br />
wiedergewonnenen Bewegungsfreiheit. Eine<br />
Freiheit, mit der wir zwar noch vorsichtig<br />
umgehen, die aber dennoch da ist. Endlich<br />
konnten wir wieder unsere Familienangehörigen<br />
besuchen, die uns gefehlt haben.<br />
Uns mit Freunden treffen und dabei<br />
feststellen, dass wir alle dieselben Unsicherheiten<br />
verspüren, dass uns dies<br />
aber zu verbinden scheint. Vielleicht<br />
der Beginn einer neuen Solidarität?<br />
Innerhalb der Redaktion haben<br />
wir in der letzten Zeit mehr<br />
denn je die Notwendigkeit nach<br />
Kontakten verspürt. Das Bedürfnis,<br />
Menschen zu treffen, die wir<br />
schon seit Langem treffen wollten. Es<br />
war eine Notwendigkeit für uns, wieder<br />
unsere Notizbücher und Fotoapparate zu<br />
nehmen, durch das Land zu reisen und die<br />
Menschen in den Vordergrund zu stellen.<br />
Genau das haben wir für diese Ausgabe<br />
gemacht. Sie werden feststellen, dass die<br />
grundlegende und unentbehrliche Basis<br />
des Journalismus,<br />
nämlich das<br />
Interview, noch mehr<br />
Raum einnimmt, als üblich.<br />
Auf den folgenden Seiten lesen Sie daher die<br />
leidenschaftlichen Äußerungen einer Frau – deren<br />
Werdegang zudem eng mit Deutschland verknüpft ist –,<br />
die eine international bekannte Domaine und ein Gartenfestival<br />
leitet; die Worte eines mutigen, traditionell<br />
arbeitenden Bäckers, wie man ihn in Frankreich nur<br />
noch selten findet; die Ausführungen eines Weinspezialisten,<br />
der die biodynamische Bewirtschaftung in<br />
der Provence ambitioniert umsetzt; und die sehr<br />
präzisen und ungewöhnlich reifen Aussagen<br />
eines talentierten jungen deutschen Zeichners,<br />
der gerade mit dem Preis von Charlie Hebdo<br />
ausgezeichnet wurde. All diese Persönlichkeiten<br />
repräsentieren in unseren Augen<br />
Frankreich und die deutsch-französischen<br />
Beziehungen besonders gut.<br />
Diese Ausgabe war für uns auch<br />
die Gelegenheit, uns wieder auf<br />
die Suche nach teilweise unbekannten Geschichten<br />
zu machen, durch die sich Frankreich<br />
auszeichnet. Sie erfahren beispielsweise, dass<br />
man in Paris manchmal nur die Tür einer<br />
Kirche öffnen muss, um die Werke eines<br />
großen französischen Malers zu entdecken;<br />
dass der Kathedrale Notre-Dame de Strasbourg<br />
am Ende ein Turm fehlt; und dass Belle-Île-en-<br />
Mer nicht immer die idyllische Insel war, wie<br />
sie heute in Reiseführern beschreiben wird …<br />
Viel Spaß beim Lesen!<br />
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in Straßburg (Bas-Rhin)<br />
Jean-Charles Albert<br />
Chefredakteur<br />
jc.albert@frankreicherleben.de<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 3
INHALT<br />
Brot · 74<br />
Lille<br />
Rouen<br />
60 · Paris<br />
26 · Straßburg<br />
32 · Combrit<br />
Rennes<br />
40 · Fougerolles<br />
20 · Belle-Île-en-Mer 52 · Chaumont-sur-Loire<br />
Nantes Tours<br />
Dijon<br />
Frankreich heute<br />
72 Preis<br />
Tyll Peters: ein junger Deutscher<br />
erhält Preis von Charlie Hebdo<br />
Der 18-jährige Tyll Peters erhielt in diesem Jahr<br />
den erstmals vergebenen Prix Charlie des Magazins<br />
Charlie Hebdo. Wir haben mit ihm über seine Verbindungen<br />
zu Frankreich, über Humor und Satire im<br />
Zusammenhang mit den Medien und der Gesellschaft<br />
sowie über die Unterschiede in dieser Beziehung<br />
zwischen Deutschland und Frankreich gesprochen.<br />
Rezept · 90<br />
Burgund · 40<br />
Straßburg · 26<br />
Bordeaux<br />
Montpellier<br />
Toulouse<br />
Unterwegs in Frankreich<br />
Lyon<br />
82 · Château La Coste<br />
Marseille<br />
74 Gesellschaft<br />
Wo ist eigentlich das gute französische<br />
Brot geblieben?<br />
Gutes Brot ist in Frankreich immer schwerer zu finden.<br />
Daran sind nicht nur die industrielle Produktion und<br />
ein veränderter Geschmack der Konsumenten schuld,<br />
sondern auch die Tatsache, dass das altüberlieferte Knowhow<br />
nahezu ausgestorben ist. Zum Glück gibt es aber nach<br />
wie vor Bäcker, die sich dieser Entwicklung widersetzen.<br />
80 Gesellschaft<br />
Lotto: Glücksspiel in Frankreich zur<br />
Rettung des Kulturerbes<br />
2018 rief der französische Staat ein Glücksspiel zur<br />
Restaurierung und Rettung bedrohter französischer<br />
Kulturgüter ins Leben: das Loto du Patrimoine.<br />
Belle Île · 20<br />
Paris · 60<br />
Bretagne · 32<br />
Loiretal · 52<br />
26 Grand-Est<br />
Das Geheimnis des fehlenden Turms der Kathedrale von Straßburg<br />
Das Straßburger Münster ist nicht nur ein Symbol der Stadt,<br />
sondern auch eines der französischen Monumente, die man unbedingt<br />
gesehen haben sollte. Die Silhouette dieses einmaligen<br />
Gebäudes mit der 142 Meter hohen Turmspitze ist zu einem so<br />
einprägsamen Bild geworden, dass man nahezu eines ihrer wesentlichen<br />
Merkmale vergisst: Sie besitzt nur einen einzigen Turm.<br />
32 Bretagne<br />
Die Bretagne jenseits der ausgetretenen Pfade:<br />
Parc botanique de Cornouaille<br />
Das Landesinnere der Bretagne ist zwar weniger bekannt als die<br />
Küste, hält aber dennoch schöne Überraschungen bereit. Die<br />
meisten Besucher sind sehr erstaunt, wenn sie feststellen, dass<br />
nur wenige Kilometer von der Küste entfernt ein ausgedehnter<br />
und bemerkenswerter Park zu einer Entdeckungsreise einlädt.<br />
40 Burgund<br />
Kirschen, das rote Gold einer Region<br />
Denkt man an Produkte aus Burgund, kommen einem unweigerlich<br />
Wein und Senf in den Sinn. Doch ein kleines rotes Obst, das zwar viel<br />
diskreter, bei Feinschmeckern jedoch überaus beliebt ist, könnte diese<br />
Region mit Fug und Recht ebenfalls repräsentieren: die Kirsche.<br />
52 Centre-Val de Loire<br />
Chaumont-sur-Loire: die positive Dynamik der Gärten<br />
Die Domaine de Chaumont-sur-Loire präsentiert regelmäßig Werke<br />
großer zeitgenössischer Künstler und ist Veranstaltungsort für ein<br />
international renommiertes Gartenfestival. Wir haben uns über diesen<br />
Ort mit einer begeisternden und anspruchsvollen Frau unterhalten,<br />
in deren Leben Deutschland eine besondere Rolle spielt …<br />
60 Paris<br />
Delacroix in Saint-Sulpice: das Werk eines ganzen Lebens<br />
Seit dem Welterfolg des Romans Da Vinci Code von Dan Brown ist die<br />
Kirche Saint-Sulpice auf dem ganzen Planeten bekannt. Dennoch bleiben<br />
drei riesige Wandgemälde des berühmten Malers Eugène Delacroix, der<br />
ihnen mehrere Jahre seines Lebens widmete, weitgehend unbeachtet.<br />
68 Hotel<br />
La Lanterne, Paris<br />
Art de vivre<br />
82 Wein<br />
Château La Coste (2/2): ein Versuchslabor<br />
für den Weinbau von morgen?<br />
Im zweiten Teil über dieses Weingut lesen Sie über<br />
die ultramodernen Anlagen für den Weinausbau,<br />
den imposanten Weinkeller und darüber, ob dieses<br />
Weingut in gewisser Weise als Versuchslabor für den<br />
Weinbau von morgen angesehen werden kann.<br />
90 Chantals Rezept<br />
Mont-blanc<br />
92 Produkt<br />
Das gelbe Ölzeug von Guy Cotten<br />
1966 kreierten die Eheleute Cotten ein revolutionäres<br />
Kleidungsstück: eine gelbe Regenjacke aus PVC, einem<br />
damals für diesen Zweck noch nie eingesetzten Material.<br />
Sie scheint zwar ganz und gar nicht den Ansprüchen<br />
der französischen Haute Couture zu entsprechen,<br />
schützt aber auch heute noch Fischer, Matrosen, Segler<br />
und Spaziergänger vor Regen, Gischt und Böen..<br />
3 Editorial<br />
6 On en parle<br />
12 On lit<br />
14 On lit en France<br />
16 On regarde<br />
18 On écoute<br />
20 Am Tag als …<br />
51 On surfe<br />
86 Nach bestellungen<br />
94 Guéwen a testé<br />
96 Leserbriefe<br />
97 Abonnement<br />
98 Impressum<br />
98 Vorschau<br />
Frankreich erleben im Internet:<br />
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Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 5
ON EN PARLE<br />
BAUARBEITEN<br />
Veränderungen am<br />
Pariser Gare du Nord<br />
TRANSPORT<br />
Wird das größte Luftschiff der Welt in Nouvelle-Aquitaine gebaut?<br />
Das französische Unternehmen Flying Whales, das<br />
vonseiten des Staates als zukünftiges Aushängeschild der<br />
nationalen Industrie angesehen wird, verfolgt das ehrgeizige<br />
Ziel, mit Luftschiffen den Transport schwerer Güter zu<br />
revolutionieren. Der erste Produktionsstandort soll in<br />
Laruscade (Gironde) angesiedelt werden. Dafür ist geplant,<br />
ab Ende 2021 zwei immense, 250 m lange und 60 m hohe<br />
Gebäude zu errichten, um ein riesiges Luftschiff mit der<br />
Bezeichnung LCA60T zu konstruieren. Es soll ab 2025 bis<br />
zu 60 Tonnen Material transportieren und dabei nur einen<br />
geringen ökologischen Fußabdruck hinterlassen: laut Flying-<br />
Whales-Chef Sébastien Bougon « bis zu 50 Mal weniger als<br />
Flugzeuge, die ein vergleichbares Gewicht transportieren ».<br />
Dieses Industrieprojekt sehr großen Ausmaßes (mit<br />
Investitionen in Höhe von 450 Millionen Euro) soll durch<br />
öffentliche und private Mittel finanziert werden. Es wird<br />
von der Region Nouvelle-Aquitaine unterstützt, die, so ihr<br />
Präsident Alain Rousset, darin ein Mittel sieht, « Arbeitsplätze<br />
zu schaffen und in der Region wieder Industriebetriebe<br />
anzusiedeln ». Doch das Vorhaben soll auch ganz spezifische<br />
Bedürfnisse erfüllen: Flying Whales hat bereits eine<br />
Partnerschaft mit der französischen Forstverwaltung Office<br />
national des Forêts (ONF) geschlossen, um Holz aus schwer<br />
zugänglichen Gebieten abzutransportieren, eine Situation,<br />
die in den Pinienwäldern der Region Nouvelle-Aquitaine sehr<br />
verbreitet ist. Ziel ist, am Ende in der Produktionsstätte in<br />
der Gironde zehn Luftschiffe pro Jahr zu produzieren, wobei<br />
Flying Whales bereits weitere Standorte in Asien und Kanada<br />
ins Auge gefasst hat. Man hofft, dass 2024 das erste Luftschiff<br />
flugbereit ist und 2025 seine Zulassung erhält, die im Übrigen<br />
viel schwieriger zu erhalten ist, als für ein Flugzeug. Dieses<br />
Abenteuer sollte man im Auge behalten …<br />
NATUR<br />
Da 2023 die Rugby-Weltmeisterschaft und 2024<br />
die Olympischen Spiele in der französischen<br />
Hauptstadt stattfinden werden, soll der<br />
altehrwürdige Nordbahnhof (er ist über 155<br />
Jahre alt) einer Schönheitskur unterzogen,<br />
modernisiert und vergrößert werden. Man<br />
muss wissen, dass dieser Bahnhof viel stärker<br />
frequentiert wird, seit Eurostar und Thalys<br />
dort halten. Die Arbeiten sind daher mehr als notwendig. Geplant ist die Schaffung von<br />
88 000 m² zusätzlicher Fläche (die neue Gesamtfläche soll dann 124 000 m² betragen),<br />
darunter ein großes begrüntes Dach mit einer Fläche von einem Hektar, von dem man<br />
Aussicht auf Sacré-Cœur hat. Die Kosten der Maßnahmen sollen sich auf rund 600<br />
Millionen Euro belaufen.<br />
Große Gezeiten an der Côte de Granit rose<br />
Viele wissen, dass große Gezeitenbewegungen immer ein umwerfendes Naturschauspiel bieten. Die Wassermassen, die<br />
dann im Norden der Bretagne gegen die riesigen Granitblöcke der berühmten Côte de Granit rose am Ärmelkanal (Côtesd’Armor)<br />
donnern, sind dafür besonders bekannt. Der nächste außergewöhnlich große Tidehub wird zwischen dem 15.<br />
und 21. Oktober <strong>2020</strong> erwartet und als ausgesprochen sehenswert angekündigt. Diejenigen, die sich in dieser Zeit in der<br />
Nähe aufhalten, sollten sich das Spektakel nicht entgehen lassen.<br />
HÖFLICHKEIT AM STEUER<br />
Franzosen sind keine Vorbilder am Steuer<br />
Die vor Kurzem veröffentlichte zehnte « Erhebung zum verantwortungsvollen Autofahren » gibt Aufschluss darüber,<br />
dass die Franzosen bei Weitem keine Vorbilder in Sachen Gelassenheit und Höflichkeit am Steuer sind. Einer von<br />
fünf befragten Fahrern gibt offen zu, sich am Steuer seines Autos « selbst nicht mehr zu kennen » beziehungsweise<br />
sich « nervöser » als in anderen Situationen zu verhalten. 70 % der französischen Autofahrer scheuen sich nicht, ihre<br />
Zeitgenossen zu beschimpfen, wenn diese sich ihrer Ansicht nach falsch verhalten. Damit liegen sie 15 Punkte über<br />
dem europäischen Durchschnitt, wo « nur » 55 % zugeben, Fahrer zu verunglimpfen, über die sie sich aufregen …<br />
Noch schlimmer: 18 % der Befragten gestehen ein, « dass sie nicht davor zurückschrecken, ihr Fahrzeug zu verlassen,<br />
um handgreiflich zu werden », sollte es notwendig sein. Dies erklärt vermutlich auch, warum 87 % angeben, « bereits<br />
einmal Angst vor dem aggressiven Verhalten eines anderen Autofahrers gehabt zu haben ». Dennoch schätzen<br />
sich mehr als drei Viertel der französischen Autofahrer<br />
seltsamerweise als « wachsam » am Steuer, mehr als die Hälfte<br />
als « ruhig » und knapp ein Drittel als « höflich » ein.<br />
6 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 7
ON EN PARLE<br />
KULTURERBE<br />
LICHTER<br />
Ein schöneres Lichterfestival als jemals zuvor<br />
Über diese Neuigkeit freuen sich viele: Während<br />
zahlreiche Festivals – vor allem Musikfestivals<br />
– aufgrund der Coronaviruskrise in diesem Jahr<br />
abgesagt wurden, hat man im Departement Allier<br />
nicht nur beschlossen, das Festival de Lumières<br />
– das übrigens das erste dieser Art in Frankreich<br />
war – aufrechtzuerhalten, sondern es sogar<br />
noch schöner zu gestalten. Bei diesem Ereignis<br />
werden bemerkenswerte Kulturgüter mithilfe von<br />
Projektionsmapping-Technik illuminiert. Diese<br />
dritte Auflage umfasst nun fünf Örtlichkeiten (die<br />
Herzogsresidenz La Mal-Coiffée in Moulins, das Hôtel<br />
de la Borderie in Cusset, das Schloss der Herzöge von<br />
Bourbon in Montluçon, das Rathaus in Commentry,<br />
den Kongresspalast und die Oper in Vichy) sowie<br />
drei Themen (Le chemin des Bourbons in Moulins,<br />
Cusset und Montluçon, L’industrie in Commentry und<br />
Le thermalisme in Vichy). Die Veranstaltung findet<br />
jedes Jahr von Anfang Juli bis Ende Oktober bei<br />
Einbruch der Dämmerung statt und ist kostenlos.<br />
Es gibt eine App für Smartphones, mit der man den<br />
entsprechenden Soundtrack anhören und so noch<br />
mehr in die Atmosphäre eintauchen kann.<br />
Informationen: www.lumieres-bourbonnais.com<br />
Schloss des Schöpfers des<br />
Kleinen Prinzen wird bald<br />
saniert<br />
Die Region Rhône-Alpes hat im<br />
Februar dieses Jahres ein<br />
Gebäude in Saint-Maurice-de-<br />
Rémens (Ain) erworben, in<br />
dem der Autor des Kleinen<br />
Prinzen, Antoine de Saint-<br />
Exupéry (1900-1944), in<br />
seiner Jugend zahlreiche<br />
Ferien verbracht hatte.<br />
In diesem Gebäude soll<br />
nun ein umfangreiches<br />
Kulturzentrum rund um<br />
den in Lyon geborenen<br />
Schriftsteller und<br />
Flieger eingerichtet<br />
werden. Im Rahmen<br />
des als « prioritär »<br />
eingestuften Projektes,<br />
wird das Schloss<br />
vollständig saniert, um<br />
der breiten Öffentlichkeit<br />
das Werk von Saint-Exupéry<br />
zu vermitteln, den Schriftsteller<br />
zu würdigen und Besucher aus der<br />
ganzen Welt anzuziehen, die in die<br />
poetische Welt des Kleinen Prinzen<br />
eintauchen möchten.<br />
ABITUR<br />
<strong>2020</strong>,<br />
ein Jahr<br />
mit Rekordergebnissen<br />
Aufgrund der durch das<br />
Coronavirus ausgelösten Epidemie<br />
und der damit verbundenen Ausgangssperre<br />
beschloss das französische Bildungsministerium,<br />
die diesjährigen Abiturienten von den Abiturprüfungen zu<br />
befreien. Für das Abschlusszeugnis <strong>2020</strong> wurden lediglich die<br />
während des Schuljahres erzielten Leistungen berücksichtigt, wobei<br />
dieses Schuljahr durch die Verhängung der Ausgangsbeschränkungen<br />
im März deutlich verkürzt war. Die Folge: Die Ergebnisse des Abiturs<br />
waren noch niemals so gut. 95,7 % der Kandidaten haben bestanden,<br />
das sind sieben Prozentpunkte mehr als im vergangenen Jahr. Diese<br />
Zahl zieht jedoch auch Probleme nach sich, vor allem bringt sie nun die<br />
Universitäten in Bedrängnis, da mehr als 50 000 Abiturienten bisher<br />
keinen Studienplatz haben. Die Situation ist umso komplizierter,<br />
da die Universitäten aufgrund der vorgeschriebenen<br />
Maßnahmen für den Gesundheitsschutz (z. B.<br />
des einzuhaltenden Mindestabstands)<br />
nur schwerlich mehr Studenten<br />
aufnehmen können …<br />
REVOLUTION<br />
PARKEN<br />
Welche französischen Städte haben die<br />
höchsten Parkgebühren?<br />
Das Unternehmen Paybyphone hatte die glorreiche Idee,<br />
eine Rangliste der Städte im Hexagon zu erstellen, in denen<br />
man am meisten für einen Parkplatz zahlen muss. Es ist<br />
keine Überraschung, dass Paris dabei auf Platz eins liegt.<br />
Für eine Stunde Parken muss man dort in der Zone 1 (I.<br />
bis XI. Arrondissement) 4 € berappen, in der Zone 2 (XII. bis XX.<br />
Arrondissement) sind es 2,40 €. Wie in vielen anderen Städten herrscht dort<br />
eine maximale Parkdauer von 6 Stunden, um zu vermeiden, dass Autofahrer<br />
einen Parkplatz zu lange belegen und dadurch den Fahrzugumschlag<br />
auf den Plätzen reduzieren. Das Forfait post-stationnement, die übliche<br />
Bezeichnung für die Strafe bei Überschreiten der Parkzeit, beträgt nach Ablauf<br />
der sechs Stunden 50 € (Zone 1) beziehungsweise 35 € (Zone 2).<br />
Sterbliche Überreste der « während der Revolution Geköpften »<br />
in Paris gefunden?<br />
Ruhen die sterblichen Überreste der Menschen, die während der Französischen Revolution auf dem<br />
Pariser Place de la Concorde mit der Guillotine hingerichtet wurden, möglicherweise gar nicht, wie<br />
vermutet, in den Katakomben, sondern im Herzen der Hauptstadt, nur wenige Schritte von den<br />
Grands Magasins am Boulevard Haussmann (VIII. Arrondissement) entfernt? Diese unglaubliche Frage<br />
wurde laut Aymeric Peniguet de Stoutz, dem Verwalter der Chapelle Expiatoire, durch die kürzlich<br />
durchgeführten Arbeiten in dieser Kapelle aufgeworfen. Der Bau liegt am Boulevard Haussmann und<br />
wurde 1826 Ludwig XVI. (1754-1793) und seiner Frau Marie-Antoinette von Österreich (1755-1793) geweiht,<br />
die beide 1793 selbst auf dem berühmten Pariser Platz geköpft wurden. Den Aussagen des Verwalters<br />
zufolge weisen zahlreiche historische Dokumente und vor allem die ersten Auswertungen der Bilder<br />
einer Kamera, die zwischen die Steine einiger mysteriös aussehender Mauern in der Kapelle eingeführt<br />
worden war, darauf hin, dass dort die Leichname der 500 enthaupteten Menschen eingemauert wurden.<br />
Dies würde aus dem bislang ausschließlich dem Gedenken an die königliche Familie geweihten Gebäude<br />
eine regelrechte Totenstadt der Revolution machen. Was an sich schon eine kleine Revolution wäre!<br />
Weitere Untersuchungen sollen 2021 folgen.<br />
8 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 9
ON EN PARLE<br />
SPIELE<br />
Franzosen immer süchtiger<br />
nach Glücksspielen<br />
Eine gemeinsame Untersuchung des<br />
Observatoire des Jeux (ODJ) und des<br />
Observatoire Français des Drogues et Toxicomanies<br />
(OFDT) hat ergeben, dass die Franzosen im Durchschnitt<br />
10 % der jährlichen Freizeitausgaben für Glücksspiele<br />
einsetzen. Dies entspricht einem Betrag von 200 Euro pro Jahr. Der<br />
Wert hat sich innerhalb von fünf Jahren um 12,5 % erhöht. Da 38,3 %<br />
des Umsatzes dieser Branche von nur 6 % der Spieler stammen,<br />
wurde nun eine nationale Behörde zur Bekämpfung der Spielsucht<br />
eingerichtet.<br />
UMWELT<br />
Dune du Pilat ist vier Meter kleiner<br />
Laut Observatoire de la Côte Aquitaine hat die<br />
höchste Sanddüne Europas, die Dune du Pilat<br />
(manchmal auch « Pyla » geschrieben), am Eingang<br />
des Bassin d‘Arcachon (Gironde) vier Meter an Höhe<br />
verloren. Untersuchungen zeigen auf, dass sich die<br />
Erosion im nördlichen Bereich der Düne fortsetzt<br />
und dass sich die Küstenlinie gegenüber 2019 um<br />
fünf Meter landeinwärts verschoben hat.<br />
URBANISMUS<br />
Zwei neue Türme für La Défense<br />
Ab 2025 werden zwei neue Türme die Silhouette des Pariser Viertels<br />
La Défense, des wichtigsten Geschäftsviertels Europas, verändern. Der<br />
französische Energie- und Mineralölkonzern Total, der in dem Viertel bereits<br />
ansässig ist, aber offensichtlich mehr Platz benötigt, will dort einen neuen<br />
Unternehmenssitz mit einer Fläche von 130 000 m² bauen. Dieser wird die<br />
Form eines eigenartigen Wolkenkratzers « zwei in eins » mit zwei Türmen<br />
haben: der eine (228 m hoch, 53 Etagen) auf der Seite des Grande Arche de la<br />
Défense, der andere (165 m hoch, 30 Etagen) auf der Seite der Seine. Beide<br />
werden auf 30 Etagen durch Gänge verbunden sein. Der neue Komplex<br />
wird Gärten haben, die vom Architekturbüro PCA-Stream, das dieses<br />
Projekt leitet, als « luftig » beschrieben werden, und soll nur halb so viel<br />
Energie verbrauchen wie der heutige Unternehmenssitz von Total.<br />
KORRESPONDENZ<br />
In der Privatsphäre von Marie-Antoinette<br />
und Graf von Fersen<br />
Die wahren Hintergründe der Beziehung zwischen Königin Marie-<br />
Antoinette von Österreich (1755-1793) und dem schwedischen Grafen<br />
Axel von Fersen (1755-1810) beschäftigt Geschichtsbegeisterte<br />
seit Langem. Der Graf galt als « Günstling » der Königin und als der<br />
Drahtzieher des berühmten, aber gescheiterten Fluchtversuchs der<br />
königlichen Familie am 20. und 21. Juni 1791 in Varennes. Man wusste,<br />
dass Marie-Antoinette zwischen Juni 1791 und August 1792, als<br />
die königliche Familie in den Tuilerien unter Hausarrest stand,<br />
einen intensiven Briefwechsel mit dem Grafen führte. Die<br />
Briefe wurden 1877 vom Großneffen des Grafs von Fersen<br />
veröffentlicht und seither im Staatsarchiv aufbewahrt. Einige<br />
Passagen waren absichtlich unleserlich gemacht worden, sodass<br />
nicht alles zu entziffern war. Dank einer neuen Digitalisierungstechnik<br />
konnten Forscher den Inhalt dieser Stellen nun aufdecken. Man<br />
erfährt dabei von der – berechtigten – Beunruhigung der Königin und<br />
des Grafen, doch gibt es auch Erkenntnisse über die Beziehung der<br />
beiden. « Ich liebe Sie bis zum Wahnsinn », schreibt Fersen an Marie-<br />
Antoinette. Diese antwortet im gleichen Stil: « Die Liebe zu Ihnen ist<br />
der Sinn meines Lebens. » Über diese Enthüllungen hinaus, die letzten<br />
Endes keine große Überraschung sind, offenbarte die Untersuchung der<br />
von Fersen benutzten Tinte und derjenigen, mit der die Sätze unleserlich<br />
gemacht worden waren, eine große Ähnlichkeit. Was wiederum vermuten<br />
lässt, dass Fersen der Urheber der Zensur war. Vermutlich, um den Ruf der<br />
Königin zu schützen …<br />
10 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 11
ON LIT<br />
PRAKTISCHER LEITFADEN<br />
ROMAN<br />
ROMAN<br />
Die Passion<br />
Amélie Nothomb,<br />
Originaltitel: Soif, aus dem<br />
Französischen von Brigitte<br />
Große, Diogenes, 144 Seiten,<br />
ISBN 978-3257071412<br />
Der 2019 in Frankreich<br />
erschienene Roman Soif<br />
von Amélie Nothomb<br />
sorgte, wie alle ihre Bücher,<br />
monatelang für Gesprächsstoff. Doch diesmal<br />
aus einem anderen Grund. Denn obwohl ihre<br />
Romane sich in der Regel gut verkaufen, hat ihr<br />
neuestes Werk die Fans sehr erstaunt und war<br />
weniger erfolgreich als gewohnt. Zugegeben, das<br />
Thema, von dem das Buch handelt, ist gelinde<br />
gesagt verwirrend: Auf knapp 150 Seiten stellt<br />
Amélie Nothomb sich Fragen zu den letzten<br />
Gedanken von Jesus. Christus das Wort zu<br />
erteilen, ist immer interessant, vor allem in der<br />
Literatur. Das Problem besteht vielleicht darin,<br />
dass man bereits so viel über seine Geschichte<br />
weiß, dass die Lektüre dieses Werkes in der<br />
Tat manchmal langweilig erscheinen kann.<br />
Doch so mysteriös und irritierend das Thema<br />
auch sein mag, der Roman trägt dazu bei, das<br />
eigenartige Universum von Amélie Nothomb<br />
besser zu erfassen. So ist es am Ende ein Buch,<br />
dass man umso mehr schätzt, je mehr man<br />
sich für die Autorin interessiert.<br />
Der kahle Berg: auf und über den Mont Ventoux<br />
Lex Reurings und Willem Janssen Steenberg, 336 Seiten,<br />
Covadonga Verlag, ISBN 978-3957260468<br />
Ein sehr erstaunliches Werk! Es wurde unbestritten von zwei<br />
Radsportbegeisterten erstellt und richtet sich auch an diese Zielgruppe.<br />
Die 336 Seiten (noch dazu im Großformat 24 cm x 16 cm) sind voll und<br />
ganz der historisch engen Beziehung zwischen dem Mont Ventoux<br />
(Vaucluse) und der Welt des Radsports gewidmet. Der Nichtradfahrer<br />
schreckt also unter Umständen zunächst davor zurück, das Buch zu<br />
lesen, da es offensichtlich ausschließlich den Freunden der Petite Reine<br />
gewidmet ist, wie man im Hexagon das Fahrrad liebevoll nennt. Doch<br />
von der Titelseite neugierig gemacht – die an einen Roman denken<br />
lässt, dessen Handlung an den Hängen des 1910 m hohen « Riesen »<br />
spielt – lässt sich der « Radlaie » vielleicht dennoch dazu hinreißen, das<br />
Buch durchzublättern. Dabei entdeckt er, dass es außer einer Reihe von<br />
technischen Ratschlägen und amüsanten Fragestellungen (« Wie stark<br />
ist der einsame Radfahrer », « Wie lange werde ich wohl brauchen » …)<br />
Informationen in Hülle und Fülle und originelle Sichtweisen bietet: vom<br />
« Geheimnis des Mont Ventoux », über die humorvolle Entdeckung der<br />
« Confrérie des Cinglés du Mont Ventoux », der Bruderschaft der Mont-<br />
Ventoux-Verrückten, bis hin zu einem Kapitel über den « literarischen<br />
Berg », in dem eine interessante Auswahl an<br />
Texten über den berühmten Giganten vorgestellt<br />
wird. Ob fahrradbegeistert oder nicht, am Ende<br />
entdeckt man einen Mont Ventoux, der noch<br />
wunderlicher und fesselnder ist, als man dachte.<br />
Ein echter Erfolg! Legt man dann das immerhin<br />
700 Gramm schwere Werk aus der Hand, sagt<br />
man sich schmunzelnd, dass Kletterer sich<br />
besonders über die kürzlich erschienene<br />
Taschenbuchausgabe freuen!<br />
BIOGRAFIE<br />
Alexandre Dumas, der vierte Musketier<br />
Ralf Junkerjürgen, wbg Theiss, 272 Seiten, ISBN 978-3806241273<br />
Dumas’ Leben liest sich wie ein Abenteuerroman.<br />
Der Schriftsteller (1802-1870) war Freiheitskämpfer,<br />
Schlossbesitzer, Gourmet und Erotomane zugleich. Die drei<br />
Musketiere und Der Graf von Monte-Christo eroberten einen<br />
festen Platz in der Weltliteratur. Zum 150. Todestag hat Ralf<br />
Junkerjürgen dem vielseitigen Franzosen erstmals eine<br />
umfassende Biografie gewidmet. Dumas trieb sein Werk<br />
mit ungeheurem Fleiß und beeindruckender Kreativität<br />
voran, bis es am Ende gut 600 Bände füllte. Er prägte den<br />
historischen Roman und die Populärliteratur. Politisch und<br />
unternehmerisch höchst engagiert, blieb er den sinnlichen<br />
Freuden des Lebens stets zugewandt. Seine Reisen<br />
führten ihn bis nach Russland. Seinen Zeitgenossen galt<br />
er als Naturgewalt. Deutsche<br />
Leser können die enge<br />
Verzahnung von Literatur,<br />
Gesellschaft und Geschichte<br />
jetzt in ihrer ganzen Fülle<br />
erleben. Illustrationen der<br />
Romane, Fotografien und<br />
Verfilmungen demonstrieren<br />
die immense Breitenwirkung<br />
von Dumas.<br />
Jeder von uns<br />
bewohnt die Welt<br />
auf seine Weise<br />
Jean-Paul Dubois, Originaltitel: Tous les<br />
hommes n’habitent pas le monde de la<br />
même façon, aus dem Französischen<br />
von Nathalie Mälzer und Uta Rüenauver,<br />
dtv, 256 Seiten, ISBN 978-3423282406<br />
Warum sitzt ein unauffälliger<br />
Mensch wie Paul Hansen im<br />
baufälligen Gefängnis von Montreal? Der in Frankreich<br />
aufgewachsene Sohn eines dänischen Pastors<br />
und einer Kinobesitzerin hat schon einiges hinter<br />
sich, bevor er seine Berufung als Hausmeister in<br />
einer exklusiven Wohnanlage in Kanada findet.<br />
Ein Vierteljahrhundert lang läuft alles rund – die<br />
Heizungsanlage ebenso wie die Kommunikation, bis<br />
Paul eines Tages die Sicherung durchbrennt. Nun<br />
erträgt er mit stoischer Ruhe seinen Zellengenossen<br />
Patrick, einen Hells-Angels-Biker, der sich jedoch<br />
von einer Maus ins Bockshorn jagen lässt. Paul hat<br />
viel Zeit zum Nachdenken – Zeit für tragikomische<br />
Lebenslektionen und unerwartetes Glück. Wie so<br />
oft in seinen Romanen nimmt Jean-Paul Dubois uns<br />
hier in eine zärtlich-melancholische Geschichte mit.<br />
Es ist beinahe eine Art vertrauliche Mitteilung – wie<br />
man sie Freunden macht –, die von menschlichen<br />
Beziehungen, der Familie, aber auch von Montreal<br />
und Toulouse handelt, der Stadt, in der der Autor<br />
1950 geboren wurde. Der Roman wurde 2019 mit<br />
dem renommiertesten französischen Literaturpreis<br />
ausgezeichnet: dem Prix Goncourt.<br />
IMPRESSIONEN & PORTRÄTS<br />
Menschen in Paris - Lebenswege zwischen Passion und Profession<br />
Stephan Gabriel, BoD (Books on Demand), 64 Seiten, ISBN 978-375045634<br />
Ehrlicherweise müssen wir zugeben, dass wir Stephan Gabriel (geb. 1953 in Oldenburg, lebt<br />
als freischaffender Fotojournalist und Sprecher in Hamburg und Paris) nicht kannten, bis er<br />
uns in diesem Sommer ein kleines Werk zukommen ließ, das soeben auf der Self-Publishing-<br />
Plattform Books on Demand als Eigenpublikation veröffentlicht wurde. Es enthält rund<br />
ein Dutzend kurzer Porträts, die er in Paris erstellt hat. Beim Lesen spürt man die seltene<br />
Fähigkeit, sowohl durch Text als auch durch Bild originelle und anziehende Persönlichkeiten<br />
zu vermitteln, mit einer Menschlichkeit, die einfach guttut. Der Autor liebt offensichtlich die<br />
französische Hauptstadt und ihre Bewohner und kann dies gelungen zum Ausdruck bringen.<br />
Es ist ein fesselndes Buch, weil es ehrlich und ohne Anmaßung geschrieben ist. Ein Buch, das<br />
man sofort mit anderen teilen, anderen ans Herz legen möchte.<br />
12 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Französisch lernen am Puls der Zeit<br />
Aktuell in der Revue de la Presse:<br />
Cafés et restaurants rouverts:<br />
«C’est bon de se retrouver »<br />
Bestellen Sie gleich Ihr kostenloses Probeexemplar:<br />
www.sprachzeitungen.de<br />
Août <strong>2020</strong><br />
¤ 2,50 [d]<br />
AC T UA L I T É<br />
• Racisme : à Bruxelles,<br />
une eurodéputée allemande<br />
porte plainte contre des<br />
policiers<br />
Page 3<br />
B1–C2<br />
É C O N O M I E<br />
• Espèces : environnement,<br />
tourisme… les animaux<br />
« rapportent » beaucoup à<br />
planète<br />
| Photo : Éditions Allary<br />
Ar tikel aus führenden französischsprachigen Zeitungen und unserer Redaktion<br />
S p r a c h t r a i n i n g • L a n d e s k u n d e • Vo k a b e l h i l f e n • Ü b u n g s mat e r i a l<br />
COLONIALISME BELGE<br />
Esther, l’héroïne<br />
de Riad Sattouf, est de retour !<br />
Dans le 5 e tome de la BD « Les Cahiers<br />
d’Esther », elle nous raconte les petits<br />
aléas de sa vie d’ado.<br />
Lire l’article en page 11<br />
• N o 8 | 6 7 º A n n é e •<br />
Mélissa Laveaux est une<br />
artiste afro-féministe. Sa musique<br />
métissée rend hommage aux combattantes,<br />
aux oubliées de l’histoire et<br />
aux peuples qui résistent.<br />
Lire l’article en page 15<br />
Les « regrets » du Roi<br />
sur la colonisation :<br />
’un long chemin,<br />
| Photo : Getty Images<br />
La République<br />
démocratique du Congo,<br />
dont les frontières<br />
correspondent à<br />
peu près à celles<br />
de l’ancien Congo<br />
belge. Un territoire<br />
75 fois plus vaste<br />
que la Belgique.<br />
| Carte : DR<br />
| Photo : Getty Images
ON LIT EN FRANCE<br />
AUTOBIOGRAFISCHE MÄRCHEN<br />
Chanson bretonne -<br />
L’enfant de la guerre:<br />
Deux contes<br />
ROMAN<br />
Les Soucieux<br />
François Hien, Éditions du Rocher, 366 Seiten, ISBN 978-2268103587<br />
ROMAN<br />
Française<br />
Alexandre Jardin, Albin<br />
Michel, 314 Seiten,<br />
ISBN 978-2226452610<br />
Alexandre Jardin ist<br />
einer der bekanntesten<br />
und meistgelesenen<br />
französischen<br />
Schriftsteller<br />
unserer Zeit und<br />
ein regelrechter<br />
Tausendsassa. Er<br />
ist nicht nur Autor,<br />
Regisseur, Journalist und Politiker, sondern auch Gründer<br />
der Vereinigung Lire et faire lire, die es sich zum Ziel gesetzt<br />
hat, das Lesen und einen generationenübergreifenden<br />
Austausch zu fördern. Aus seiner Feder stammen mehrere<br />
Erfolgsromane, darunter Le Zèbre (Das Zebra) und Fanfan.<br />
Kritiker stufen seine Romane als « Feelgood-Literatur »<br />
ein, die zu sehr auf positive Gefühle setzt, zu leicht und zu<br />
trivial ist. Dies ist jedoch zu vereinfacht ausgedrückt, da<br />
der « Unruhestifter » der französischen Literatur zwar mit<br />
seinen romantischen Geschichten für positive Emotionen<br />
sorgt (und das ist gut so), dabei aber immer wieder Fragen<br />
über die derzeitige französische Gesellschaft aufwirft. Dies<br />
ist bei Française ganz besonders der Fall, denn er zeichnet<br />
damit ein zärtliches, jedoch durchaus realistisches Bild<br />
französischer Alltagsheldinnen, deren Leben durch die<br />
Schließung einer Fabrik, die ihre Stadt am Leben erhielt,<br />
total auf den Kopf gestellt wird. Ein ebenso treffendes und<br />
sozialkritisches wie fesselndes Buch!<br />
ROMAN<br />
Et toujours les forêts<br />
Sandrine Collette, Éditions J.-C. Lattès,<br />
368 Seiten, ISBN 978-2709666152<br />
Unsere Auswahl an Büchern, über die<br />
man zurzeit in<br />
Frankreich spricht<br />
Dieser im Februar erschienene Roman hätte zu den<br />
Büchern gehören können, die das Pech hatten, in der im<br />
März verhängten Ausgangssperre « unterzugehen ». Dabei<br />
ist gerade das Gegenteil passiert. Durch Mund-zu-Mund-<br />
Propaganda schossen die Verkäufe bei Wiedereröffnung<br />
der Buchhandlungen in die Höhe. Zudem erhielt das<br />
Buch zahlreiche Preise, darunter einen Preis, den die<br />
Buchhändler selbst vergeben, den Prix France Bleu/Page<br />
des Libraires. Der achte Roman von Sandrine Collette ist<br />
eine postapokalyptische, humanistische und ökologische<br />
Fabel, die niemanden unberührt lässt, vor allem nicht in<br />
Zeiten von Covid-19. Die Autorin zeichnet darin das Porträt<br />
eines Mannes und einer Frau, die von einer Katastrophe<br />
zugrunde gerichtet, nahezu<br />
vernichtet wurden, die<br />
dennoch eine riesige<br />
Hoffnung in sich tragen<br />
und nun einen intakten<br />
Ort suchen. Et toujours les<br />
forêts ist ein Roman noir,<br />
ein utopischer Roman, ein<br />
Science-Fiction-Roman.<br />
Letzten Endes wirft er<br />
nicht nur einen objektiven<br />
Blick auf unsere Welt,<br />
sondern sendet uns<br />
vermutlich ein Warnsignal.<br />
Nützlich!<br />
J. M. G. Le Clézio, Gallimard,<br />
162 Seiten, ISBN 978-2072894992<br />
Zwölf Jahre nachdem Jean-Marie<br />
Gustave Le Clézio für Désert mit<br />
dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet<br />
wurde, lädt er uns mit zwei – wie er es bezeichnet –<br />
« Märchen » auf eine gefühlvolle Reise zu Erinnerungen<br />
aus seiner Kindheit ein. Eine Reise, die mehr denn<br />
je autobiografisch ist. In Chanson bretonne geht es<br />
beispielsweise um die Bretagne, in der er seine Ferien<br />
verbrachte und in dieser Zeit vom seltsamen Klang<br />
einer Sprache umgeben war, die er nicht verstand, die<br />
ihn dennoch verzauberte: Bretonisch. Die Erinnerungen<br />
in L’enfant de la guerre sind dagegen diffuser und vor<br />
allem düsterer. Aus der Sicht eines Kindes (er war damals<br />
erst fünf Jahre alt) erzählt er, wie seine aus Mauritius<br />
stammenden – und damit zur damaligen Zeit britischen<br />
– Eltern sich im Hinterland von Nizza versteckten. Mit<br />
diesen beiden berührenden Texten, zurückhaltend<br />
und feinfühlig geschrieben, verlässt Le Clézio den uns<br />
vertrauten abenteuerlichen Roman und nimmt uns<br />
auf einen sehr persönlichen Weg mit. Ermutigend und<br />
ausdrucksstark. Ein wahres Lesevergnügen!<br />
ROMAN<br />
La commode aux tiroirs de couleurs<br />
Olivia Ruiz, Éditions J.-C. Lattès, 208 Seiten, ISBN 978-2709666947<br />
Der erste Roman der Sängerin Olivia Ruiz, der sich in den<br />
Buchhandlungen ausgesprochen gut verkauft, ist eine angenehme<br />
Überraschung und sorgt beim Lesen für einige der schönsten<br />
Glücksmomente der letzten Monate. Die Autorin erzählt die<br />
Geschichte einer jungen Frau, die von ihrer verstorbenen<br />
Großmutter Rita eine rätselhafte Kommode geerbt hat. Im Laufe<br />
einer Nacht öffnet sie die zehn Schubladen eine nach der anderen<br />
und entdeckt dabei all die kleinen Dinge, die das Leben von Rita<br />
bestimmt haben. Darunter befindet sich auch ein Brief, eine Art<br />
Bekenntnis, in dem die bislang unbekannte<br />
Geschichte ihrer geliebten Großmutter<br />
niedergelegt ist: die Geschichte einer<br />
spanischen Emigrantin, die mit ihren<br />
Eltern und zwei Schwestern vor dem<br />
Franco-Regime nach Narbonne floh. Ein<br />
berührendes familiäres Fresko mit den<br />
Porträts von Frauen, die einem nach<br />
der Lektüre dieses schönen Buches nur<br />
schwer wieder aus dem Kopf gehen.<br />
Wie in so vielen guten Büchern fordert uns der Autor<br />
François Hien hier mit einer vordergründig banalen<br />
Geschichte auf, uns Gedanken über unsere Gesellschaft<br />
zu machen. Ein Fernsehteam richtet sich für Dreharbeiten<br />
in einer stillgelegten Fabrik ein und entdeckt, dass dort<br />
eine Gruppe illegaler Einwanderer aus<br />
Mali lebt. Schauspieler und Techniker<br />
beschließen, ihnen zu helfen, was nicht<br />
ohne Folgen bleibt. Ein bestechendes<br />
Buch, das bewegt. Es hinterfragt<br />
unsere Fähigkeit, uns zu empören (oder<br />
nicht), und zwar über die gemeinhin<br />
als französische Eigenart angesehene<br />
Reaktion hinaus, grundsätzlich<br />
entgegengesetzter Meinung zu sein.<br />
Interessant!<br />
BILDBAND<br />
Ambassades<br />
françaises du<br />
XX e siècle<br />
Fabien Bellat, Collection<br />
« Carnets d’architecture »,<br />
Éditions du Patrimoine,<br />
192 Seiten, ISBN 978-2757706824<br />
Eine der interessanten<br />
Erkenntnisse dieses Buches<br />
ist die Tatsache, dass Frankreich<br />
erst im 19. Jahrhundert begann, die Gebäude zu<br />
erwerben, in denen die Botschafter des Landes<br />
untergebracht waren. Davor kamen diese – meist<br />
adeligen und reichen – Landesvertreter selbst<br />
für ihre Unterkunft auf. Ab dem 20. Jahrhundert<br />
erkannte man in Frankreich jedoch die diplomatische<br />
Bedeutung, durch die Konstruktion gewagter<br />
Gebäude die « Macht » und Modernität des Landes<br />
zu vermitteln. Man begann also, herausragende<br />
Architekten (Le Corbusier, de Portzamparc …) mit<br />
dem Bau zahlreicher Botschaften zu beauftragen.<br />
Dieses schön illustrierte Werk stellt sieben davon –<br />
sowohl hinsichtlich ihrer Architektur als auch ihrer<br />
Gestaltung im Inneren – vor: Belgrad, Berlin, Brasilia,<br />
Ottawa, Saarbrücken, Warschau und Washington. Ein<br />
neuartiger und interessanter Blick hinter die Kulissen<br />
einer, wie man es bezeichnen könnte, « französischen<br />
Architekturdiplomatie ».<br />
14 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 15
ON REGARDE<br />
KOMÖDIE<br />
SPIELFILM<br />
FERNSEHFILM<br />
TAGIKKOMÖDIE<br />
Wie weit kann Freundschaft gehen?<br />
The Climb ist ein Film über Freundschaft. Die enge Freundschaft<br />
zwischen zwei Männern, Kyle und Mike, die bisher den<br />
Stürmen des Lebens immer widerstanden hat, obwohl<br />
beide sehr unterschiedliche Charaktere haben. Doch dann<br />
geht Mike mit Kyles Verlobter ins Bett. Man könnte denken,<br />
dass dies nicht wirklich etwas Neues, sondern einfach eine<br />
weitere amerikanische Kitschkomödie ist. Ganz so ist es aber<br />
nicht! Der Film ist lustig, gleichzeitig aber auch bissig und<br />
dramatisch – vielleicht sogar grausam –, und wartet sowohl<br />
in der Inszenierung als auch in den Dialogen mit schönen<br />
Überraschungen und zahlreichen Anspielungen auf Frankreich<br />
auf. Dies beginnt bereits mit einer Kultszene vom Aufstieg zum<br />
mythischen Col de Vence in den Alpes-Maritimes mit dem<br />
Fahrrad … Radfreunde werden begeistert sein … Mehr verraten<br />
wir aber nicht, um die Überraschung nicht vorwegzunehmen.<br />
Der Film wurde bei den Filmfestspielen 2019 in Cannes in<br />
der Selektion Un Certain Regard mit einem Coup de cœur<br />
ausgezeichnet und erhielt im selben Jahr den Jurypreis beim<br />
Festival des amerikanischen Films in<br />
Deauville. The Climb beschäftigt sich<br />
talentiert und humorvoll mit der Stärke<br />
und den Grenzen von Freundschaft.<br />
Dabei haben sich seine Macher<br />
unverkennbar von Woody Allen sowie<br />
französischen Regisseuren der Nouvelle<br />
Vague, z. B. Claude Sautet und Bertrand<br />
Tavernier, inspirieren lassen.<br />
The Climb • USA 2019, 97 min • Originaltitel:<br />
The Climb • Ein Film von Michael Angelo<br />
Covino, mit Michael Angelo Covino,<br />
Kyle Marvin, Gayle Rankin, Talia Balsam<br />
u. a. • Ab 20. August <strong>2020</strong> im Kino.<br />
TAGIKKOMÖDIE<br />
Ein humorvoller Blick auf die Midlife-Crisis<br />
Eine Frau, die alle<br />
täuscht<br />
Patience Portefeux<br />
(Isabelle Huppert) ist eine<br />
französisch-arabische<br />
Gerichtsdolmetscherin, die<br />
auf die Transkription von<br />
abgehörten Telefonaten<br />
beim französischen Drogendezernat spezialisiert ist.<br />
Im Rahmen von Ermittlungen entdeckt sie, dass einer<br />
der Drogenhändler der Sohn der Krankenschwester<br />
ist, die sich aufopfernd um ihre Mutter kümmert. Sie<br />
beschließt, ihn zu decken, und findet sich selbst an<br />
der Spitze der Drogenszene wieder. Isabelle Huppert<br />
ist seit Beginn ihrer Karriere in die unterschiedlichsten<br />
Rollen geschlüpft und hat sowohl in anspruchsvollen<br />
Autorenfilmen als auch in Filmen für das breite<br />
Publikum gespielt. Sie sorgte nicht selten für<br />
Überraschungen, war oft nicht dort, wo man sie<br />
vermutete. In dieser Komödie verkörpert sie wiederum<br />
eine unerwartete Rolle, nämlich die einer sensationellen<br />
Drogendealerin, die in der Lage ist, ihr ganzes Umfeld<br />
hinters Licht zu führen, vor allem ihren Chef vom<br />
Drogendezernat. Eine weitere tolle Leistung dieser<br />
Schauspielerin, deren Talent keine Grenzen kennt, die<br />
immer neugierig ist und es, wie sie selbst sagt, « liebt,<br />
unterschiedliche Dinge zu machen ». Vor allem liebt sie<br />
es, in Filmen eine andere Frau darzustellen, als sie es im<br />
Leben ist. Eine mehr als gelungene Challenge!<br />
Eine Frau mit berauschenden Talenten • Frankreich <strong>2020</strong>,<br />
104 min • Originaltitel: La Daronne • Ein Film von Jean-Paul<br />
Salomé, mit Isabelle Huppert, Hippolyte Girardot, Farida Ouchani<br />
und Liliane Rovère u. a. • Ab 29. September <strong>2020</strong> im Kino.<br />
Der Hund bleibt, eine lustige, oft auch groteske und bittere Komödie, ist eine<br />
Adaptation des gleichnamigen, politisch nicht gerade korrekten Bestsellers von<br />
John Fante (1909-1983). Es ist die Geschichte eines Mannes in den Fünfzigern, der<br />
sich mitten in einer Lebenskrise befindet und sowohl seine Frau als auch seine<br />
Kinder für alle seine Probleme verantwortlich macht. Bis ein riesiger Hund kommt<br />
und sich bei der Familie häuslich einrichtet … Der Regisseur Yvan Attal, der hier<br />
unter anderem mit Charlotte Gainsbourg dreht, also mit der Frau, mit der er sein<br />
Leben teilt, bezeichnet ihn auch als einen Film voller Selbstironie. Eine schräge und<br />
sympathische Art, sich Fragen über die eigene Beziehung zu stellen, die sich letzten Endes gar nicht<br />
so sehr von vielen anderen Beziehungen zwischen Menschen in diesem Alter unterscheidet …<br />
Der Hund bleibt • Frankreich 2018 • 102 min • Originaltitel: Mon chien stupide • Ein Film von Yvan Attal, mit<br />
Charlotte Gainsbourg, Yvan Attal, Eric Ruf, Pascale Arbillot u. a. • Ab 17. September <strong>2020</strong> im Handel.<br />
Valley of Love – Tal<br />
der Liebe<br />
Die Ex-Eheleute Isabelle<br />
und Gérard reisen<br />
zu einer seltsamen<br />
Verabredung ins<br />
brütend heiße Death<br />
Valley in Kalifornien. Sie<br />
leben getrennt und haben sich seit Jahren nicht gesehen.<br />
Nun folgen sie einer Einladung ihres Sohnes Michael, die sie<br />
sechs Monate nach seinem Selbstmord per Abschiedsbrief<br />
erhalten haben. Ungeachtet der absurden Situation<br />
beschließen sie, sich auf den Plan einzulassen, den Michael<br />
als eine Art Nachlass für sie entworfen hat.<br />
Spielfilm von Guillaume Nicloux, mit Isabelle Huppert und<br />
Gérard Depardieu, Frankreich 2017, 88 Min. Mittwoch,<br />
den 16. September <strong>2020</strong> um 20.15 Uhr, online vom 16.<br />
September bis 23. September <strong>2020</strong> auf arte.tv<br />
Das komplette tägliche ARTE TV-Programm finden Sie im ARTE Magazin.<br />
Jeden Monat neu am Kiosk oder im Abonnement. Jetzt bestellen unter: www.arte-magazin.de.<br />
Weitere Informationen und Angebote von ARTE : www.arte.tv<br />
SPIELFILM<br />
Die Braut trug Schwarz<br />
An einem sonnigen Morgen heiratet Julie David,<br />
den sie seit ihrer Kindheit kennt und liebt. Als<br />
Julie im Brautkleid an Davids Arm die Kirche bei<br />
Glockengeläut verlässt, fällt ein Schuss. David wird<br />
getroffen, fällt auf die Kirchenstufen und stirbt. War es<br />
ein Unfall oder ein Missverständnis? Julie kann nicht<br />
vergessen. Sie beschließt, die Gründe für Davids Tod<br />
herauszufinden und begibt sich auf die Suche nach denen,<br />
die ihr Leben zerstört haben. Ihr Entschluss steht fest:<br />
Sie wird den Tod ihres Mannes rächen. Nachdem sie die<br />
fünf Schuldigen ausfindig gemacht hat, tötet sie sie jeden<br />
einzelnen nach einem<br />
subtilen Plan.<br />
Spielfilm von François<br />
Truffaut, Jeanne Moreau,<br />
Michel Bouquet u. a.,<br />
Frankreich 1968, 102 Min.,<br />
Montag, den 19. Oktober<br />
<strong>2020</strong> um 20.15 Uhr<br />
Wie wir uns fanden<br />
Claire Andrieux, 41, leitet eine Immobilienagentur<br />
in der Bretagne. Ihre stets gute Laune sowie ihr<br />
Einfallsreichtum machen sie sehr beliebt. Ihre<br />
Begegnung mit einem Mann namens Bruno, auf der<br />
Suche nach einem Haus für anstehende Dreharbeiten,<br />
stellen ihren Alltag auf den Kopf und fördern ein<br />
schreckliches Geheimnis zu Tage.<br />
Fernsehfilm von Olivier Jahan, mit Jeanne Rosa, Thomas VDB,<br />
Emma de Caunes, Yannick<br />
Rénier, Michel Vuillermoz,<br />
u. a., Frankreich, 2019,<br />
90 Min., Freitag, den 9.<br />
Oktober <strong>2020</strong> um 20.15,<br />
online vom 7. Oktober<br />
bis zum 8. November<br />
<strong>2020</strong> auf arte.tv<br />
DOKUMENTATION<br />
Victor Hugo<br />
- Anwalt des<br />
Volkes<br />
Victor Hugos<br />
Die Elenden und<br />
dessen Hauptfiguren sind weltberühmt. Der Film zeigt<br />
auf, wie das Werk entstand, was es aus Hugo gemacht<br />
hat und was es ihm bedeutete.<br />
Dokumentation von Grégoire Polet.<br />
Frankreich <strong>2020</strong>, 54 Min.,<br />
Mittwoch, den 28. Oktober <strong>2020</strong> um 22.00 Uhr,<br />
online vom 21. Oktober bis zum<br />
15. Dezember <strong>2020</strong> auf arte.tv<br />
16 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 17
ON ÉCOUTE<br />
ENTDECKEN SIE DAS SPRACHMAGAZIN DER ZEIT-VERLAGSGRUPPE:<br />
CHANSON<br />
Natalie Dessay: Nougaro. Sur l’écran noir de mes nuits<br />
blanches<br />
FRANZÖSISCH LERNEN,<br />
Der Texter, Komponist und Interpret Claude Nougaro (1929-<br />
2004) stammt aus der Vorstadt von Toulouse (Haute-Garonne),<br />
wo er bei seinen Großeltern aufwuchs. Dieser Ort prägte<br />
zeit seines Lebens Akzent, Rhythmik und Musikalität seiner<br />
Texte. Er beherrschte rund ein Dutzend Instrumente und<br />
hatte eine besondere Vorliebe für den Jazz. Neben Michel<br />
Legrand (1932-2019) war er nicht nur einer der Ersten, der die<br />
französische Sprache zum Swingen brachte, sondern auch<br />
einer der größten französischen Komponisten für Filmmusik<br />
und Chansons. Natalie Dessay hat eine der schönsten<br />
Opernstimmen Frankreichs und stand auf den größten<br />
Opernbühnen der Welt. Auf diesem Album, das im November<br />
2019 erschien, interpretiert sie 14 Chansons von Claude<br />
Nougaro und erweist diesem Künstler, dem sie erst am Ende<br />
seines Lebens begegnete, damit die Ehre. Die Künstlerin, deren<br />
Stimme<br />
dafür<br />
bekannt<br />
war, höchste<br />
Töne zu<br />
erreichen,<br />
musste hart daran arbeiten, sich vom Operngesang zu<br />
lösen und die Freude daran, « einfach für sich zu singen »,<br />
wiederzuentdecken. Dabei hat sie zu einer etwas tieferen<br />
Stimme – nahezu zu der ihrer Jugend – zurückgefunden. Unter<br />
Mitwirkung von einem der größten Arrangeure Frankreichs,<br />
Yvan Cassar, ist ein Meisterwerk entstanden, das man mit<br />
Genuss anhört. Bis Anfang Dezember <strong>2020</strong> ist Natalie Dessay<br />
im Rahmen ihrer Konzerttournee noch auf mehreren Bühnen<br />
live zu hören.<br />
ABER RICHTIG!<br />
CHANSON<br />
De Béart à Béart(s)<br />
Kurz vor seinem Tod im Oktober 2018 wollte Charles Aznavour (1924-2018) ein<br />
Studioalbum mit Coverversionen von Titeln eines engen Freundes aufnehmen:<br />
dem genialen französischen Chansonnier Guy Béart (1930-2015). Das<br />
Schicksal entschied anders. Nun boten die Töchter von Guy Béart – die<br />
Schauspielerin Emmanuelle Béart und ihre Schwester Eve – 20 Künstlern<br />
an, den Traum von Charles Aznavour in die Realität umzusetzen.<br />
Entstanden ist eine der berührendsten und treffendsten Hommagen<br />
der letzten Jahre. Mitgewirkt haben unter anderem Vianney, Clara<br />
Luciani, Pomme, Alain Souchon und sogar Christophe (1945-<strong>2020</strong>),<br />
für den es eine seiner letzten Aufnahmen war. Über die mitreißende<br />
Huldigung hinaus machen vor allem die vielfältigen persönlichen<br />
Interpretationen der Künstler diese CD zu einem sehr emotionalen Werk.<br />
GRATIS<br />
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CHANSON<br />
Hervé: Hyper<br />
Der 28-jährige Hervé ist ein französischer Sänger mit<br />
einer ungewöhnlichen Stimme. Zwischen leichtem Hauch<br />
und rauer Raucherstimme, zwischen Vorstadtrap und<br />
gefühlvollen Rhythmen erkennt man auf diesem ersten<br />
Album sowohl eine gewisse Reife als auch eine Sensibilität:<br />
Es ist offensichtlich, dass Hervé die Bretagne liebt und seine<br />
Generation repräsentiert. Treffsicher singt er nicht nur vom<br />
Glück im Leben, sondern auch von den Problemen der Jugend und von enttäuschter<br />
Liebe. Ein vielversprechender Künstler, den man im Auge behalten sollte.<br />
Hochwertig aufbereitetes Sprachmagazin mit<br />
spannenden Berichten über Land und Leute, Reise<br />
und Gesellschaft, Essen und Trinken sowie Sprache<br />
und Kultur der französischsprachigen Welt. Hinzu<br />
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18 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong>
AM TAG ALS …<br />
Es gibt Tage, die anders sind. Sie erscheinen<br />
zunächst ganz « banal », doch dann ereignet<br />
sich etwas, das die Franzosen so bewegt, dass<br />
sie sich noch lange daran erinnern. Über solche<br />
Tage, die im Gedächtnis der Menschen haften<br />
geblieben sind, berichten wir in dieser Rubrik.<br />
… die Kinder aus<br />
dem Bagno auf<br />
Belle-Île-en-Mer<br />
flüchten<br />
Der Hafen von Le Palais auf Belle-Île-en-Mer: Rechts erhebt<br />
sich die Zitadelle, hinter der die Strafkolonie Haute-Boulogne<br />
lag, die auch « Kinder-Bagno » genannt wurde.<br />
Am Abend des 26. August 1934 wird die legendäre<br />
Stille auf Belle-Île-en-Mer (Morbihan) plötzlich<br />
durch bellende Hunde und Schreie gestört. Sie<br />
kommen aus der ehemaligen Zitadelle, die auf den Klippen<br />
oberhalb des beschaulichen Hafens der Gemeinde Le Palais<br />
liegt. Auf den Terrassen der Brasserien, Restaurants<br />
und Crêperien im Hafen blicken die zahlreichen Touristen<br />
in ihren weißen Hosen und Leinenhemden – meist reiche<br />
Pariser oder Angehörige der örtlichen Bourgeoisie, denn<br />
zu der Zeit gibt es noch keinen bezahlten Urlaub – erstaunt<br />
von ihren Tellern auf und fragen sich, was die angenehme<br />
Ruhe stört. Sirenen erschallen und Kirchenglocken läuten.<br />
In die bis dato stillen Straßen kommt plötzlich Bewegung.<br />
Menschen mit Taschenlampen, Heugabeln und sogar Gewehren<br />
kommen aus den Häusern und Läden. Motoren<br />
von Autos und Motorrädern werden angelassen und fast<br />
gleichzeitig bewegt sich ein seltsamer Tanz von Scheinwerfern<br />
durch die Dunkelheit. Unruhe breitet sich aus. Immer<br />
mehr Bewohner, Händler, Fischer und allmählich auch<br />
Touristen drängen nach draußen. Es bilden sich kleine<br />
Gruppen. Alle scheinen plötzlich solidarisch zu sein, demselben<br />
« Clan » anzugehören. Man unterhält sich, gibt sich<br />
gegenseitig Ratschläge. Innerhalb nur weniger Minuten<br />
scheint die Insel in einem Belagerungszustand zu sein. Obwohl<br />
es fast den Anschein erweckt, es herrsche Krieg, ist<br />
auf den Gesichtern keine Angst zu sehen, sondern eher der<br />
Ausdruck einer gewissen Erregung, die immer größer wird.<br />
Die Erregung, an einem Spiel teilzunehmen. Ein grausames<br />
Spiel im Grunde genommen. Eine Jagd, eher eine<br />
Treibjagd. Und noch dazu eine Treibjagd auf Kinder! Was<br />
sind das für Kinder, die man sich anschickt, wie Kaninchen<br />
zu jagen? Für deren Ergreifung die Verwaltung – diese Information<br />
macht in der Gemeinde Le Palais schnell die<br />
Runde und trägt nicht unwesentlich zur plötzlichen Aufgeregtheit<br />
bei – 20 Francs pro Kind ausgesetzt hat? Was<br />
haben diese Kinder getan, um eine solche Vorgehensweise<br />
20 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 21
AM TAG ALS …<br />
zu rechtfertigen?<br />
Alles hat einige Stunden zuvor oben in der Zitadelle<br />
auf den Klippen begonnen. Das alte Gemäuer, das sich<br />
nicht gerade in einem der Gesundheit zuträglichen Zustand<br />
befindet, beherbergt zu dieser Zeit ein sehr düsteres<br />
Gebäude, das weit vom idyllischen Postkartenmotiv entfernt<br />
ist, das man von Belle-Île-en-Mer hat: die Strafkolonie<br />
Haute-Boulogne. Sie wurde durch einen Erlass vom<br />
29. Mai 1880 gegründet und ist eine der Einrichtungen,<br />
die in Frankreich ab den 1830er-Jahren entstanden sind,<br />
um das Problem mit minderjährigen Straftätern zu « regeln<br />
». Hier also landen Kinder im Alter von 13 bis 21<br />
Jahren, die Verbrechen oder Delikte begangen haben. Sie<br />
wurden entweder von der Justiz freigesprochen, weil sie<br />
nicht das notwendige Urteilsvermögen besaßen (weil sie<br />
jünger als 16 Jahre und damit nicht strafmündig waren,<br />
also für ihre Taten nicht verantwortlich gemacht werden<br />
können), die man aber nicht in ihre Familien zurückschicken<br />
will, oder aber Kinder, die für Bagatelldelikte zu<br />
einer Strafe zwischen sechs Monaten und zwei Jahren verurteilt<br />
wurden, die man jedoch nicht in ein « klassisches »<br />
Gefängnis stecken will, wo sie unter den Einfluss volljähriger<br />
Straftäter geraten. Alle werden in diesem – man<br />
kann es nicht anders ausdrücken – « Kindergefängnis »<br />
isoliert. Es gibt alles: von kleinen Dieben, über bereits abgebrühte<br />
Straftäter, bis hin zu Individuen, die Sitten- oder<br />
Tötungsdelikte begangen haben. Aber auch Jugendliche,<br />
die einfach als « Starrköpfe » angesehen werden, die man<br />
oft in einem Schnellverfahren nach Belle-Île geschickt<br />
hat, um sie « wieder auf den rechten Weg zu bringen ».<br />
Schlimmer noch: Viele von ihnen haben sich lediglich des<br />
Vagabundierens schuldig gemacht, ein Verhalten, das bei<br />
Kindern von der französischen Justiz bis 1935 als Delikt<br />
eingestuft wird.<br />
An diesem Abend des 26. August 1934 gegen 19 Uhr<br />
– es ist Essenszeit – wagt es einer der Jugendlichen – vielleicht<br />
aus Ungeduld, wahrscheinlich aber eher aus Hunger<br />
– in seinen Käse zu beißen, bevor er die Suppe löffelt,<br />
die vor ihm steht. Dieses absolut unbedeutende « Vergehen<br />
» ist gemäß den Regelungen der Strafkolonie jedoch<br />
strengstens verboten, da für den Ablauf des Essens eine<br />
genaue Reihenfolge festlegt ist: erst Suppe, dann Fleisch<br />
(sofern es welches gibt), dann Käse, dann Obst. Die Strafe<br />
folgt sofort und ist genauso roh wie alle anderen Bestrafungen,<br />
die es hier gibt: Schläge durch den Aufseher.<br />
Doch angesichts des brutalen Vorgehens verteidigen die<br />
anderen Häftlinge plötzlich ihren Kameraden. Die Stimmen<br />
werden lauter, die Situation gerät schnell außer Kontrolle.<br />
Es entsteht eine richtiggehende Revolte, in deren<br />
Verlauf die fünf Aufseher im Speisesaal schnell überfordert<br />
sind, verletzt und von den Jugendlichen überwältigt<br />
werden. Einige « Bandenführer » unter ihnen organisieren<br />
den Aufstand, der sich schnell in eine regelrechte Meuterei<br />
verwandelt: Durch Rufe informieren sie die übrigen der<br />
etwa 300 jugendlichen Gefangenen in der Zitadelle, die<br />
ihrerseits gegen die wenigen Wächter rebellieren, die der<br />
Lage nicht mehr Herr werden. Die Aufrührer beschaffen<br />
sich Leitern und nutzen diese, um die Befestigungsmauer<br />
zu überwinden. Wut und Enthusiasmus zugleich beherrschen<br />
das Geschehen. Währenddessen konnte trotz allem<br />
Alarm ausgelöst werden, die Sirenen sind bis unten in die<br />
Stadt Le Palais zu hören, Verstärkung strömt herbei. Die<br />
meisten der jungen Gefangenen können relativ schnell<br />
wieder unter Kontrolle gebracht werden. Die Bilanz ergibt<br />
jedoch, dass immer noch 56 Entflohene fehlen!<br />
An der folgenden Jagd ist nicht nur die<br />
örtliche Polizei beteiligt, sondern gänzlich<br />
unerwartet eilt weitere Verstärkung herbei:<br />
Bauern, Händler, Angestellte, Rentner, sogar<br />
Touristen, alle kommen freiwillig, um zu<br />
versuchen, die jungen Ausbrecher einzufangen<br />
und die ausgesetzte Prämie einzustreichen.<br />
Es ist offensichtlich, dass diejenigen, die man<br />
hier – selbstverständlich ohne sie zu kennen –<br />
« Wildlinge », « kleine Nichtsnutze » oder sogar<br />
« Degenerierte » nennt, keinerlei Mitgefühl<br />
hervorrufen. Ganz im Gegenteil. Man misstraut<br />
ihnen, fürchtet sich vor ihnen. Man stellt sich<br />
im Übrigen vor, sie würden in der Zitadelle wie<br />
in einem « Raubtierkäfig » leben. Also muss alles<br />
darangesetzt werden, um sie schnell wieder hinter<br />
Gitter zu bringen. So beginnt eine Treibjagd im<br />
wahrsten Sinne des Wortes, bei der die Ausreißer<br />
wie Wild gejagt werden. Einige Tage später berichtet die<br />
örtliche Zeitung La Nouvelliste du Morbihan über das Ereignis<br />
und benutzt ebenfalls den Ausdruck einer « richtiggehenden<br />
Jagd ». Die anwesenden Sommerfrischler finden<br />
schnell Gefallen daran, offensichtlich sind sie über diesen<br />
unerwarteten Adrenalinstoß begeistert. So berichtet<br />
zumindest die Zeitung Paris-Soir in ihrer Ausgabe vom<br />
31. August: « Plötzlich sah man kleine Beamte, Ärzte<br />
und alle möglichen unbescholtenen Bürger, die gerade<br />
ihren Urlaub in diesem günstigen Ferienort verbrachten,<br />
sich mit Gewehren und Revolvern bewaffnen, die Stirn<br />
runzeln, die Zähne zusammenbeißen, ins Feld ziehen,<br />
um die Übeltäter aufzuspüren und hochstrategische Pläne<br />
auszuarbeiten, um<br />
ihnen den Rückzug<br />
abzuschneiden.<br />
Ein sechzehnjähriger<br />
Jugendlicher<br />
wurde in der Morg<br />
e n d ä m m e r u n g<br />
auf einem Felsen<br />
in der Nähe des<br />
Meeres entdeckt,<br />
wo er die Nacht<br />
verbracht hatte,<br />
Wind, Regen und<br />
dem Grollen der<br />
tosenden Wellen<br />
ausgesetzt.<br />
Oben und<br />
folgende Seiten:<br />
Die Strafkolonie<br />
« Le Salut du<br />
drapeau » in den<br />
30er-Jahren.<br />
Bilder aus einer<br />
Reportage auf<br />
France 3, die das<br />
Innere der heute<br />
leer stehenden<br />
Gebäude zeigen.<br />
Postkarte<br />
(ebenfalls<br />
aus den 30er-<br />
Jahren) mit<br />
einer Abbildung<br />
der Kolonie.<br />
„Hände hoch oder ich schieße!“, ruft der stellvertretende Bürochef<br />
eines Ministeriums, der plötzlich auftaucht. Der Junge entblößt<br />
seine Brust, breitet die Arme aus und sagt ruhig: „Schieß, Alter,<br />
meine Haut gehört dir!“ » In den ersten Nachtstunden werden 40<br />
Flüchtlinge gefangen. Alle ergeben sich ohne Widerstand. Kurz vor<br />
Mitternacht sind noch 16 vermisst. Fischer werden aufgefordert,<br />
ebenfalls bei der Überwachung zu helfen. Bis zum Morgen durchkämmt<br />
man die Insel, 13 weitere Ausbrecher werden gefasst. Am<br />
Tag nach dem Ausbruch, gegen 21 Uhr, erscheinen zwei Flüchtlinge<br />
freiwillig an der Tür der Strafkolonie. Sie sind erschöpft. Nun fehlt<br />
nur noch ein Einziger. Sein Körper wird viel später tot aufgefunden,<br />
sehr wahrscheinlich waren Kälte und die scheußlichen Wetterbedingungen<br />
die Ursache.<br />
Die Verantwortlichen der Strafkolonie hoffen vermutlich, dass damit<br />
die tragische Geschichte dieser Rebellion beendet sei. Doch einigen<br />
Medien, vor allem dem Journalisten Alexis Danan (1890-1979), ist es zu<br />
verdanken, dass dieses Ereignis in den Wochen und Monaten danach<br />
im ganzen Land verbreitet wird und dass sich eine gewisse Erschütterung<br />
breitmacht: Plötzlich erfährt die sprachlose Öffentlichkeit, welches<br />
Schicksal und welche Behandlung die Republik minderjährigen Straftätern<br />
zukommen lässt. Man dachte, die Zeit des Bagnos sei vorbei und<br />
erfährt aus den Zeitungen, die umgehend eine Reihe von Ermittlungen<br />
durchgeführt haben, dass es für Kinder noch existiert. Man vernimmt<br />
verdutzt, dass man in den Einrichtungen,<br />
die scheinheilig « Strafkolonie » oder<br />
« überwachte Erziehungsheime » genannt<br />
werden, Kinder misshandelt, schikaniert,<br />
demütigt, manchmal vergewaltigt, dass<br />
die Gesellschaft ihnen letztendlich jede<br />
Menschlichkeit und Zukunftsaussichten<br />
entzieht. Es ist ein Schock, der aber<br />
glücklicherweise die Dinge ins Rollen<br />
bringt: Aufgrund der Medienkampagne<br />
beschließt die politische Macht gegen<br />
die « Kinder-Bagnos » vorzugehen. Anfang<br />
Oktober unterstützen knapp 200<br />
Abgeordnete aller politischen Lager<br />
die Schaffung einer parlamentarischen<br />
Untersuchungskommission. Am 9. Oktober<br />
werden die Vorfälle auf Belle-Île<br />
vom Justizminister vor den Ministerrat<br />
gebracht, um disziplinarische Verfahren<br />
gegen einige Mitglieder des Gefängnispersonals<br />
einzuleiten, deren Machenschaften in<br />
diesem Zusammenhang ans Tageslicht gekommen sind. Es wird eine<br />
Reform dieser Einrichtungen angekündigt.<br />
Besser noch: Durch den Aufstand der Jugendlichen auf Belle-Île<br />
wird die Verteidigung der « unglücklichen Kindheit » zu einer großen<br />
nationalen Angelegenheit, die von französischen Intellektuellen und<br />
Künstlern aufgegriffen wird, allen voran der berühmte Dichter Jacques<br />
Prévert (1900-1977). Dieser verbringt durch einen großen Zufall im<br />
August 1934 seinen Sommerurlaub auf Belle-Île. Er ist also dort, als die<br />
Revolte beginnt. Prévert ist vom Verhalten der Meute aus Gendarmen,<br />
Inselbewohnern und Touristen zutiefst schockiert und schreibt daraufhin<br />
eines seiner berühmtesten Gedichte: La Chasse à l’enfant. Dieses wird<br />
vom Komponisten Joseph Kosma vertont und ab 1936 von Marianne<br />
22 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 23
AM TAG ALS …<br />
Oswald in Pariser Kabaretts gesungen*. Es ist<br />
ein Erfolg. Einige Jahre später schreibt Prévert,<br />
immer noch von diesen Ereignissen geprägt, für<br />
Marcel Carné (1906-1996), einen der größten<br />
Regisseure des französischen Kinos, auf der Basis<br />
der Ereignisse das Drehbuch für den Film L’île<br />
aux enfants perdus. Aufgrund diverser – vorwiegend<br />
finanzieller – Gründe werden die Dreharbeiten mit<br />
Serge Reggiani, Arletty und Anouk Aimée allerdings<br />
niemals vollendet. Fakt ist, dass die Meuterei<br />
vom 26. August 1934 noch heute in den Köpfen<br />
vieler präsent ist und dass sie nicht umsonst war:<br />
Das « Bagno für Kinder » auf Belle-Île wird 1977<br />
geschlossen und Frankreich überarbeitet nach den<br />
Ereignissen die Politik hinsichtlich der Behandlung<br />
von jugendlichen Straftätern vollständig …<br />
* Das Chanson finden Sie auf YouTube unter folgendem<br />
Link: https://youtu.be/upyoX-MRsNk<br />
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Christophe Belser, Le Bagne des<br />
enfants - La colonie pénitentiaire<br />
de Belle-Île-en-Mer, Éditions dB,<br />
204 Seiten, ISBN 978-2812925153.<br />
Bei Weitem die eingehendste<br />
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Untersuchung der dramatischen<br />
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Actes Sud, 190 Seiten,<br />
ISBN 978-2330125219.<br />
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auf nicht alltägliche Art die<br />
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Carné und<br />
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24 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand-Est / Bas-Rhin<br />
Das Geheimnis des<br />
fehlenden Turms der Kathedrale<br />
von Straßburg<br />
26 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 27
UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand-Est / Bas-Rhin<br />
Jahr für Jahr besichtigen ungefähr vier Millionen<br />
Menschen die Kathedrale Notre-Dame de Strasbourg.<br />
Dies entspricht zwar nur einem Drittel der<br />
Besucher von Notre-Dame de Paris vor ihrer<br />
Schließung wegen des Großbrandes, doch immerhin<br />
sind es doppelt so viele wie in den Kathedralen<br />
von Reims und Chartres. Insofern ist<br />
das Straßburger Münster nicht nur ein Symbol<br />
der Stadt, sondern auch eines der französischen<br />
Monumente, die man unbedingt gesehen haben<br />
sollte. Die Silhouette dieses einmaligen Gebäudes<br />
mit der beeindruckenden, 142 Meter hohen<br />
Turmspitze ist zu einem so einprägsamen Bild<br />
geworden, dass man nahezu eines ihrer wesentlichen<br />
Merkmale vergisst: Sie besitzt nur einen<br />
einzigen Turm. Hinterfragt man dieses erstaunliche<br />
Charakteristikum, taucht man in einen geschichtlichen<br />
Hintergrund mit vielen Fragezeichen,<br />
Schätzungen und Mutmaßungen ein, der<br />
nach wie vor die Gemüter beschäftigt …<br />
Als der junge Goethe (1749-1832) 1770 im Alter<br />
von 21 Jahren nach Straßburg kam, wollte er in<br />
dieser Stadt lediglich einen Zwischenstopp auf<br />
seiner Reise nach Paris einlegen. Er erlag jedoch ihrem<br />
Charme, mietete dort ein Zimmer und schrieb sich an der<br />
Universität ein. Das hübsche rote Fachwerkhaus, in dem er<br />
wohnte, gibt es nach wie vor; es steht in der Rue du Vieux-<br />
Marché-aux-Poissons <strong>Nr</strong>. 36, ganz in der Nähe der Kathedrale<br />
Notre-Dame de Strasbourg. Unweigerlich zog das in<br />
sich widersprüchliche Gebäude – es erscheint einerseits<br />
monumental, andererseits durch sein « Spitzenkleid aus<br />
Stein » gleichzeitig grazil – den jungen Goethe sofort in<br />
seinen Bann: Aus Dokumenten ist zu entnehmen, dass<br />
Goethe bereits am ersten Tag beschlossen hatte, die 330<br />
Stufen zur Aussichtsplattform des Südturmes, der keine<br />
Turmspitze besitzt, hinaufzusteigen. Wie seine Zeitgenossen<br />
stufte der deutsche Dichter die Kathedrale mit der 142<br />
Meter hohen Turmspitze sogleich als etwas Außergewöhnliches<br />
ein, zu dem es auf der ganzen Welt nichts Ebenbürtiges<br />
gab. Während der Jahre, die er in Straßburg<br />
verbrachte, inspirierte sie ihn im Übrigen immer wieder,<br />
wie es mehrere seiner Werke bezeugen. Dabei war Goethe<br />
nicht der Einzige, der von dem Bauwerk tief beeindruckt<br />
war. Bereits der Dichter und Humanist Jakob Wimpfeling<br />
(1450-1528), dem man als Elsässer naturgemäß einen gewissen<br />
Stolz auf diesen Bau zugestehen muss, sah in der<br />
Turmspitze neben der Cheopspyramide (137 Meter hoch),<br />
den hängenden Gärten zu Babylon, dem Artemis-Tempel<br />
in Ephesos, der Zeusstatue in Olympia, dem Mausoleum<br />
zu Halikarnassos, dem Leuchtturm auf der Insel Pharos<br />
vor Alexandria und dem Koloss von Rhodos bereits « das<br />
achte Weltwunder ». Wenn das nichts ist! Dieser Gedanke<br />
ist vielleicht gar nicht so abwegig, denn 2015, als man den<br />
1000. Geburtstag des Straßburger Münsters beging, war<br />
die Begeisterung der Besucher nach wie vor ungebrochen.<br />
Für die Geschichtsforscher ist der Ursprung dieses<br />
beeindruckenden Bauwerks zwar noch immer unklar,<br />
doch alle sind sich darin einig, dass die Kathedrale auf<br />
dem Fundament einer noch älteren römischen Kathedrale<br />
mit zwei Türmen errichtet wurde. Man weiß, dass diese<br />
– vermutlich nach einem Brand – ein erstes Mal wieder<br />
aufgebaut worden war, bevor die Flammen sie 1007 ein<br />
weiteres Mal zerstörten und – glaubt man den Schriften<br />
– mit ihr « ungefähr ein Drittel der ganzen Stadt ». Dank<br />
Schenkungen reicher Familien aus der Region konnte der<br />
Straßburger Bischof Wernher (?-1028) im Jahr 1015 erneut<br />
ihre Wiedererrichtung in Angriff nehmen. Die Geldgeber<br />
verlangten als Gegenleistung, in dem Gebäude bestattet zu<br />
werden. Im 12. Jahrhundert ging der Bau dieses gewaltigen<br />
Vorhabens nur sehr langsam vorwärts, da er durch eine<br />
Folge von Bränden – 1136, 1140, 1150 und 11<strong>76</strong> – immer<br />
wieder gebremst wurde. Im 13. Jahrhundert beschleunigte<br />
sich dann der Fortgang der Arbeiten. Es scheint,<br />
als wäre die Planung verbessert worden. Während sie im<br />
romanischen Stil begonnen worden war, wurde sie nun im<br />
gotischen fortgesetzt. Historiker brachten Pläne aus den<br />
Im Laufe der<br />
Jahrhunderte gab es<br />
mehrere Darstellungen<br />
der Kathedrale<br />
mit zwei Türmen.<br />
Diese Zeichnung<br />
des Architekten Karl<br />
Friedrich Schinkel<br />
(1781-1841), der unter<br />
anderem für das<br />
Konzerthaus auf dem<br />
Gendarmenmarkt<br />
und das Alte Museum<br />
in Berlin bekannt<br />
ist – ist eine der<br />
detailgetreusten. Sie<br />
stammt vom Anfang<br />
des 19. Jahrhunderts.<br />
28 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong>
UNTERWEGS IN FRANKREICH Grand-Est / Bas-Rhin<br />
Jahren 1260-1270 ans Tageslicht, die<br />
eine halbe, der aktuellen sehr ähnliche<br />
Vorderfront und einen Turm zeigten.<br />
Ihrer Meinung nach kann man daraus<br />
nicht schließen, dass tatsächlich nur ein<br />
einziger Turm geplant war: Damals war<br />
es üblich, für derartige Gebäude nur die<br />
Hälfte zu zeichnen, wobei der Plan jedoch<br />
als « symmetrische Verdoppelung »<br />
zu verstehen war. Demnach scheint es<br />
so, als wären im 13. Jahrhundert zwei<br />
identische Türme mit jeweils einer<br />
Turmspitze vorgesehen gewesen.<br />
Im Verlauf des 14. Jahrhunderts entstanden<br />
die unteren Teile des Nord- und zweiten Turms stand früher das<br />
Auf der Aussichtsplattform des<br />
Südturms nach dem Vorbild der heutigen<br />
Stirnseite von Notre-Dame de Pa-<br />
vor allem vor Bränden in der Stadt<br />
Wächterhaus, dessen Bewohner<br />
warnen sollten. Im heutigen,<br />
ris; sie sollten demnach direkt oberhalb 1782 erbauten Gebäude befinden<br />
der zentralen Rosette beginnen. Doch sich in einer Ecke Überreste<br />
da es im Heiligen Römischen Reich des zwar begonnenen, aber nie<br />
vollendeten zweiten Turms.<br />
(zu dem Straßburg bis ins 17. Jahrhundert<br />
gehörte) üblich war, dass die Baumeister<br />
sich gegenseitig zu übertreffen<br />
suchten, wurde der ursprüngliche Plan überarbeitet. « Für<br />
Gottes Ruhm ist nur das Beste gut genug », dachte man.<br />
Lannion<br />
Vor allem wollte man die Nachbarn übertreffen und « den<br />
N12/E50<br />
höchsten Turm der Christenheit » konstruieren. Brest Man beschloss<br />
also, den Raum zwischen den beiden Türmen zu<br />
schließen, um die Fassade noch höher und imposanter zu<br />
N164<br />
gestalten. So reckte sich 1439 die vollendete Turmspitze des<br />
Münsters bis in eine Höhe von 142 Metern gen Himmel, Quimper<br />
zweiten, durchaus geplanten Turmspitze<br />
könnte auf gewisse Bedenken hinsichtlich<br />
des Fundaments zurückzuführen<br />
sein. Die erste Turmspitze hatte bereits<br />
ein hohes, ein sehr hohes Gewicht. Die<br />
Kathedrale ruht aber zum Teil auf Pfeilern<br />
oberhalb eines unterirdischen Sees.<br />
Eine zweite Turmspitze hätte daher<br />
unter Umständen ein ernsthaftes Risiko<br />
für die Standfestigkeit des Gebäudes bedeutet<br />
… Keine dieser Hypothesen gilt<br />
heute wahrscheinlicher als die anderen,<br />
einig ist man sich jedoch darin, dass alle<br />
einen Grund darstellen könnten, warum<br />
die zweite Turmspitze niemals gebaut<br />
Montalivet<br />
Caen<br />
Angers<br />
Saint-Sigismond<br />
Niort<br />
Le A29/E44 Havre<br />
A131<br />
Honfleur<br />
Alençon<br />
A13/E46<br />
Le Mans<br />
A28/E402<br />
A11/E501<br />
A28/E502<br />
Angoulême<br />
A86/E60<br />
Monts<br />
Poitiers<br />
Jumièges<br />
A10/E5<br />
hierher, um Tabak zu rauchen und schlechtes Bier zu trinken;<br />
Neugierige setzen sich an den Rand der Balustrade,<br />
um die Turmspitze oder die Landschaft zu betrachten;<br />
Gent<br />
und Fremde, die darauf bedacht sind, ein Andenken für<br />
Calais Dunkerque<br />
die Nachwelt zu hinterlassen, ritzen ihre vollständigen<br />
Namen in die Steinplatten der Plattform. Von morgens<br />
bis abends trinkt, Boulogne raucht, schreit, Roubaix lästert man dort oben,<br />
spricht man von Krieg und Liebe […] Und all das spielt<br />
Lille<br />
sich über dem Kirchenschiff ab. »*<br />
In den Jahren um 1870, als Elsass-Lothringen – und<br />
damit Straßburg – erneut zu Deutschland gehörte und die<br />
Arras<br />
beiden Türme des Kölner Doms gerade fertiggestellt worden<br />
waren, kam noch einmal die Idee auf, das Straßburger<br />
Münster mit einer zweiten Turmspitze<br />
Guyencourt-Saulcourt<br />
auszustatten. Davon<br />
zeugen mehrere<br />
Amiens<br />
Pläne und Zeichnungen von Architekten<br />
aus der damaligen Zeit. Die öffentliche<br />
A1/E15-E19<br />
Meinung<br />
Reiseinfos & Lesetipps für Ausflüge A26/E17 in die Umgebung<br />
Straßburg …<br />
A13/E5 … Berlin 730 km …<br />
A16<br />
Hamburg 755 km<br />
… Köln 357 km … Frankfurt 211 km<br />
Evreux<br />
… München 350 km … Wien 778 km<br />
… Zürich 206 km … Paris 464 km<br />
PARIS<br />
Versailles<br />
Dreux<br />
Der nächstgelegene Flughafen, der aus<br />
dem deutschsprachigen Raum direkt<br />
A6/E15<br />
angeflogen wird, ist Straßburg (11 A5/E54 km<br />
Chartres<br />
vom Stadtzentrum entfernt).<br />
A11/E50<br />
A10/E5-E60<br />
Rouen<br />
Der Bahnhof von Straßburg ist an das<br />
TGV-Netz angeschlossen.<br />
A10/E5<br />
Kathedrale Notre-Dame Orléans de Strasbourg<br />
Place de la cathédrale<br />
67000 Strasbourg<br />
Blois www.cathedrale-strasbourg.fr Chambord<br />
und<br />
www.visitstrasbourg.fr/de<br />
Cheverny<br />
Tours Chenonceau<br />
A85<br />
A71/E9<br />
Bourges<br />
A4/E50<br />
Bruxel<br />
Die Plattform A26/E17 mit dem Wächterhaus<br />
(Höhe 66 m) erreicht man über<br />
eine Wendeltreppe Troyes mit 330 Stufen.<br />
Aufgrund der Coronavirus-Krise ist der<br />
Sens Zugang zurzeit noch gesperrt. A5/E17-E54 Es wird<br />
mit einer baldigen Wiedereröffnung<br />
gerechnet. Eine gute Kondition ist<br />
erforderlich. Zugang am Place du<br />
Château. Châtillon-sur-Seine<br />
Auxerre<br />
Eintritt: 8 €, ermäßigt 5 €.<br />
A6/E15<br />
Letzter Aufstieg 45 Min. vor<br />
Schließung. Vézelay Avallon Flavigny<br />
Bitte überprüfen Sie die<br />
Uhrzeiten bei Wiedereröffnung. Dijon<br />
Spitze auf dem südlichen Turm im<br />
N13<br />
15. Jahrhundert nicht vollständig hatte<br />
Saint-Lô<br />
fallenlassen und dass dessen Konstruktion<br />
möglicherweise trotz allem begonnen<br />
worden war. Auf der Plattform dieses Turms wurden<br />
A84/E401<br />
Überreste gefunden, die auf das Saint-Malo Fundament einer solchen<br />
Avranches<br />
hindeuten, nämlich dort, wo sich heute das 1782 erbaute<br />
Haus des Wächters befindet, das<br />
N1<strong>76</strong>/E401 Mont-Saint-Michel<br />
Saint-Brieuc<br />
als Boutique und Schutz<br />
N12/E50<br />
für die Besucher dient. Allerdings gibt A84 es heute keine<br />
sichtbaren Spuren, die diese Hypothese bestätigen. Eines<br />
ist auf jeden Fall sicher: Niemand kann mit Bestimmtheit<br />
sagen, warum der Bau der zweiten Turmspitze, sollte man<br />
D<strong>76</strong>8<br />
Rennes<br />
womit sie in der Tat die höchste der ganzen Christenheit Combrit ihn wirklich begonnen haben, quasi umgehend wieder<br />
war. Das reichte, um Eindruck zu machen! Und damit wurde<br />
der Bau eines zweiten Turms nun mehr als verzichtbar Die Lorient Menschen in Straßburg und die zahlreichen Be-<br />
N165/E60<br />
N24<br />
eingestellt worden war.<br />
angesehen. Der erste war eine Frage des Stolzes gewesen, sucher des Münsters Vanneshaben sich auf jeden Fall daran gewöhnt,<br />
dass dieses<br />
aber da Notre-Dame de Strasbourg nun bereits die höchste<br />
N165/E60<br />
Bauwerk nur eine einzige Turmspitze<br />
Quiberon<br />
Turmspitze besaß, warum sollte man<br />
besitzt. Im Laufe der Jahrhunderte<br />
A11/E60<br />
jetzt noch eine zweite konstruieren? Die<br />
La entwickelte Baule sich die fehlende Spitze sogar<br />
zu St. einem Nazaire Trumpf für die Stadt. Der<br />
Herausforderung war bestanden, die<br />
Nantes<br />
Nachbarn waren beeindruckt, mehr war<br />
freie Raum oben auf dem Turm A87wurde<br />
nicht notwendig. Es könnte aber noch<br />
schnell von denjenigen<br />
Clisson<br />
geschätzt, die<br />
Cholet<br />
andere Gründe für die Nichtvollendung<br />
einen einzigartigen Panoramablick<br />
des zweiten Turms gegeben haben.<br />
auf Stadt und Umgebung<br />
A83<br />
suchten.<br />
Historikern zufolge spielten vielleicht<br />
Dadurch wurde Les Sablesd’Olonne<br />
dieser Ort sogar so<br />
auch die Finanzen eine Rolle. Der Bau<br />
begehrt, dass dort oben auf der Kathedrale<br />
eine gelinde gesagt unerwartete<br />
der ersten Turmspitze hatte enorm<br />
A83<br />
viel Geld verschlungen. Die Kassen<br />
Atmosphäre entstand … Darüber berichtete<br />
zumindest 1835 der Reisende<br />
der Fondation de l‘Oeuvre Notre-Dame<br />
N11/E601<br />
– der Liebfrauenstiftung –, die mit<br />
Xavier Marmier (1808-1892): « An dem<br />
der Finanzierung betraut war, waren<br />
Ort, wo sich der zweite Turm<br />
La Rochelle<br />
emporrecken<br />
sollte, gibt es ein Haus, in dem der<br />
E5/A10<br />
Ende des 15. Jahrhunderts nicht mehr<br />
so gut gefüllt, sodass Einsparungen<br />
* Zitat aus dem<br />
Wächter der Kathedrale wohnt; E602/A837dank<br />
bemerkenswerten Buch<br />
vermutlich willkommen waren. Und<br />
von Fabien Baumann und<br />
dieses Wächters, der Tabakhändler,<br />
die Geschichtswissenschaftler warten<br />
Claude Muller, Notre-Dame de Gastwirt, Maurer gleichzeitig ist, spielt<br />
noch mit einer weiteren Theorie auf:<br />
Strasbourg, du génie humain sich dort von Zeit zu Zeit ein eigenartiges<br />
Spektakel ab. Soldaten<br />
à l’éclat divin, Éditions du<br />
Die Einstellung der Konstruktion einer<br />
Signe, ISBN 978-2746831889.<br />
kommen<br />
wurde.<br />
Cherbourg-<br />
Octeville<br />
Schriftliche Überlieferungen aus<br />
dem 19. und 20. Jahrhundert bestätigen,<br />
dass man den Gedanken an eine<br />
Werktage: Besichtigung Reims der<br />
Kathedrale von 10.00 bis 11.15 Uhr und<br />
von 12.45 bis 16.45 Uhr. Vorstellung<br />
der astronomischen Uhr um 12.00 Uhr<br />
Epernay Châlons-en-<br />
(Einlass ab 11.30 Champagne Uhr).<br />
Sonn- und Feiertage: Besichtigung nur<br />
von 13.30 bis 17.15 Uhr.<br />
Es herrscht Maskenpflicht.<br />
Beaune<br />
A20/E9Ausgabe <strong>Nr</strong>. 74:<br />
Mit dem Hausboot A71/E11 100% elektrisch durchs Elsass<br />
Chalon-sur-Saône<br />
Der Bootsvermieter Les Canalous – einer der Marktführer<br />
A6/E15<br />
in Europa, der seine Boote selbst konstruiert –<br />
hat eines der allerersten Hausboote entwickelt,<br />
die 100 % elektrisch betrieben werden. Wir<br />
Cluny<br />
haben es einige Tage lang getestet, und zwar<br />
Montluçon auf dem Rhein-Marne-Kanal, östlich von<br />
Straßburg, da diese Wasserstraße in Frankreich<br />
zu den Wegbereitern in Sachen Ausrüstung<br />
A71/E11<br />
mit Schnell-Ladestationen zählt. Nachfolgend<br />
unser Reisetagebuch einer Hausbootfahrt, die nicht nur 100 % elektrisch und<br />
damit leise war, sondern auch mit schönen Clermont- Entdeckungen A72/E70 und Begegnungen<br />
aufwartete. Limoges<br />
Ferrand<br />
Lyon<br />
A89/E70 Puy de Dôme<br />
widersetzte sich allerdings derartigen Plänen, zumal die<br />
Kathedrale bereits seit 1862 als Monument historique klassifiziert<br />
worden war. Wie der Presse damals zu entnehmen<br />
war, sahen die Straßburger darin sogar ein « Attentat auf<br />
das Münster »: Für sie trug die einzige Turmspitze von<br />
Notre-Dame zu einer sofortigen Wiedererkennbarkeit bei.<br />
Das war ein wertvolles Merkmal, und vor allem war es<br />
zu spät, um die Architektur Liege zu verändern. Das Schicksal<br />
hatte so entschieden, und das war, da war man sich einig,<br />
Charlroi sehr gut so! Eines ist auf jeden Fall sicher: Über die wahren<br />
Gründe, warum der Bau der zweiten Turmspitze im<br />
15. Jahrhundert eingestellt wurde, bestehen nach wie vor<br />
Zweifel. Dies ist eines der zahlreichen Geheimnisse des<br />
Straßburger Münsters. Und die Geschichtsforscher geben<br />
die Hoffnung nicht auf, dass sie es eines Tages doch noch<br />
Charleville-Mézières<br />
lüften werden …<br />
Luxembourg<br />
Antwerpen<br />
A34/E46<br />
A38<br />
A4/E50<br />
A31/E17-E21<br />
A4/E25<br />
A31/E21-E23<br />
A4<br />
Metz<br />
A31/E21-E23<br />
Nancy<br />
France<br />
Besançon<br />
A75/E11<br />
A43/E70<br />
Chambéry<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG le Mont-Dore DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 86.<br />
St.-Etienne<br />
Saarbrücken<br />
A4/E25<br />
Bitche<br />
Strasbourg<br />
Colmar<br />
A35<br />
A35/E25<br />
Mulhouse<br />
A36/E60<br />
Belfort<br />
Basel<br />
Bern<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 72<br />
Ecomusée d’Alsace, das Unmögliche<br />
möglich machen (97 km entfernt)<br />
Das Écomusée Lausanne d’Alsace ist durch<br />
die Initiative einiger motivierter<br />
Menschen entstanden, die damit<br />
das architektonische Kulturerbe<br />
des Elsass retten wollten. Es ist<br />
Genève<br />
Schweiz<br />
ein gutes Beispiel dafür, wie man<br />
mit Courage und harter Arbeit<br />
eine touristische Sehenswürdigkeit kreieren<br />
Annecy<br />
kann, hinter der ein besonderer Sinn steht.<br />
A5/E35<br />
Freiburg<br />
A35<br />
Deutsc<br />
30 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
E5/A10<br />
Périgueux<br />
A89/E70<br />
Le Pescher<br />
Souillac sur<br />
Tulle<br />
Brive-la-Gaillarde<br />
Saillac<br />
A49/E713<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> ·<br />
Grenoble<br />
31<br />
Briançon<br />
Italien<br />
Torino
UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne / Finistère<br />
Eine Reise zu Pflanzen<br />
aus der ganzen Welt
UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne / Finistère<br />
34 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 35
UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne / Finistère<br />
Das Landesinnere der Bretagne ist zwar<br />
weniger bekannt als die Küste, hält aber<br />
dennoch schöne Überraschungen bereit.<br />
Manchmal sogar ganz unerwartete. Eine<br />
davon ist der Parc botanique de Cornouaille<br />
südwestlich von Quimper, zwischen<br />
Bénodet und Pont-l’Abbé. Er ist ein regelrechtes<br />
Juwel. Gartenliebhaber und Pflanzenexperten<br />
kennen ihn und kommen<br />
manchmal von weit her, um ihn zu erkunden.<br />
Die meisten anderen Besucher sind<br />
sehr erstaunt, wenn sie feststellen, dass<br />
nur wenige Kilometer von der Küste entfernt<br />
ein so ausgedehnter und bemerkenswerter<br />
Park zu einer Entdeckungsreise einlädt.<br />
Er bietet eine gute Gelegenheit, die<br />
grüne Bretagne abseits der ausgetretenen<br />
Pfade zu entdecken.<br />
Manchmal öffnet man eine Tür und hat sofort den<br />
Eindruck, in ein ganz anderes Universum einzutreten.<br />
Das ist hier, im Herzen des Pays bigouden<br />
– eine Gegend, die viele Bretonen als die « echte<br />
Bretagne » bezeichnen –, der Fall, wobei es sich nicht wirklich<br />
um eine Tür, sondern eher um ein einfaches Gartentor<br />
handelt. Betritt man durch dieses Tor den Jardin botanique<br />
de Cornouaille, hat man sofort das Gefühl, dem Alltag zu<br />
entfliehen. Er ist einer der schönsten Gärten Frankreichs<br />
und wurde vom Französischen Kulturministerium mit dem<br />
Label Jardin remarquable ausgezeichnet. Bei einem Aufenthalt<br />
in der Region ist dieser relativ unbekannte Ort auf jeden<br />
Fall einen Umweg wert.<br />
Verantwortlich für diesen botanischen Garten ist<br />
Xavier Guéguen. Er ist heute mit Sicherheit froh, dass er<br />
während der Ausgangssperre im Frühjahr, als viele resignierten,<br />
beschlossen hatte, den Unterhalt der 4,5 Hektar<br />
großen Fläche mit seinen fünf Mitarbeitern fortzuführen<br />
und mithilfe des Onlineversands über seine Website auch<br />
die Aktivität der Baumschule aufrechtzuerhalten. Durch<br />
diese kluge und mutige Vorgehensweise konnte er den<br />
Park auf die Wiedereröffnung vorbereiten, den Kontakt<br />
zu den Kunden halten und zumindest einen kleinen Umsatz<br />
erwirtschaften. Im Nachhinein gesehen scheint das<br />
die richtige Strategie gewesen zu sein. Nach Umsetzung<br />
der notwendigen Hygienemaßnahmen – zum Beispiel<br />
durch die Ausschilderung eines Rundgangs, damit sich<br />
die Besucher nicht kreuzen – wurde der Park am 11. Mai<br />
zur Freude der Menschen wiedereröffnet. Viele warteten<br />
bereits ungeduldig darauf, die Natur in ihrer ganzen Üppigkeit<br />
und Vielfalt wiederzuentdecken, denn der Jardin<br />
botanique de Cornouaille präsentiert immerhin knapp<br />
4000 Pflanzenarten, deren Blüte sich von März bis August<br />
erstreckt. Nach den Wochen des « Eingesperrtseins »<br />
also eine willkommene Abwechslung, um auf andere Gedanken<br />
zu kommen.<br />
Die Geschichte dieses Gartens begann mit einer unglaublichen<br />
Leidenschaft. Nämlich mit der Leidenschaft<br />
von Xaviers Vater, Jean-Pierre Guéguen, für Botanik.<br />
Dieser passionierte Reisende war von einer unstillbaren<br />
Neugier erfüllt und zog viele Jahre kreuz und quer durch<br />
die Welt. Von seinen Reisen brachte er stets neue Pflanzen<br />
– möglichst seltene oder ungewöhnliche – mit, die er hoffte,<br />
im bretonischen Klima heimisch machen zu können.<br />
Als hervorragender Kenner seiner Gegend wusste er sehr<br />
wohl, wie sich die verschiedenen Böden unterscheiden<br />
und dass es einen entscheidenden Faktor gab, der zum<br />
Gelingen seiner Experimente beitragen würde: den Golfstrom.<br />
Gerade in diesem Teil der Bretagne sorgt dieser<br />
für ein Mikroklima, von dem viele Gärtner nur träumen<br />
können …<br />
Jean-Pierre Guéguen hatte also von seinen Reisen<br />
Hunderte und Aberhunderte von Pflanzen mitgebracht,<br />
eingepflanzt, manche vermehrt und alle verhätschelt.<br />
Darüber hinaus traf sich der Liebhaber üppiger englischer<br />
Gärten vor Ort in England mit hochrangigen Spezialisten<br />
auf diesem Gebiet und holte von ihnen Ratschläge ein. So<br />
machte er beispielsweise die Bekanntschaft von Harold<br />
Hilliers, dem Gründer der prestigeträchtigen Gärtnerei<br />
Hilliers, und von Dr. Cullen, einem der Verantwortlichen<br />
des nicht minder renommierten Royal Botanical Garden<br />
im schottischen Edinburgh. Diese internationalen Kapazitäten<br />
schätzten das Vorhaben des Franzosen, bestimmte<br />
Pflanzenarten in der Bretagne akklimatisieren zu wollen<br />
und standen ihm mit Rat und Tat zur Seite. Auf diese<br />
Weise entwickelte sich der Parc botanique de Cornouail-<br />
36 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 37
UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne / Finistère<br />
ausgesprochen wohltuendes Gefühl in dieser komplizierten<br />
Zeit …<br />
Darüber hinaus können Besucher des botanischen<br />
Gartens, die sich für Steine interessieren, ein Mineralienmuseum<br />
besuchen. Es besitzt ebenfalls eine umfangreiche<br />
und sehr vielfältige Sammlung. Vermutlich ist es aber ein<br />
ganz anderer Bereich, der die meisten Menschen in seinen<br />
Bann zieht: Seit 1996 gibt es im hinteren Teil des Jardin<br />
botanique de Cornouaille einen sehr poetisch angelegten<br />
Wassergarten mit einer unglaublichen Vielfalt an Iris,<br />
Lotos, Seerosen und anderen Wasserpflanzen. Viele Bänke<br />
rund um den 6000 m² großen See laden dazu ein, die<br />
Natur einfach zu betrachten, auf sich wirken zu lassen,<br />
vielleicht auch zu meditieren. Hier fühlt sich jeder ganz<br />
besonders in eine andere Welt, an ferne Ufer versetzt. Nur<br />
einige für die Region typische Bäume im Hintergrund<br />
erinnern daran, dass man sich nur wenige Hundert Meter<br />
vom Meer entfernt befindet. Wenngleich die Bananenstauden<br />
des Parks regelmäßig Früchte tragen, darf man<br />
nicht vergessen, dass ganz in der Nähe Crêpes und Cidre<br />
auf alle diejenigen warten, die nach dieser unerwarteten<br />
und abwechslungsreichen Reise Appetit bekommen haben.<br />
Doch diese Rückkehr in die Realität ist nicht unangenehm.<br />
Ganz im Gegenteil.<br />
Lesetipps & Reiseinfos<br />
le seit seiner Gründung 1981 stets weiter und beherbergt<br />
heute unter anderem eine sehr bemerkenswerte Sammlung<br />
von Rhododendren, die dem bretonischen Klima<br />
widerstehen. Von März bis Juli/August blühen dort insgesamt<br />
420 Exemplare dieser Spezies – z. B. Sinogrande,<br />
Macabeanum, Auriculatum, Decorum und Fornunei –,<br />
wobei sich vor allem letztere durch besonders große und<br />
viele Blüten auszeichnen.<br />
Bei einem Besuch des Parks fällt jedoch auf, dass diese<br />
Rhododendren, so bemerkenswert sie auch sein mögen,<br />
bei Weitem nicht die einzigen Stars dort sind. Der Garten<br />
im englischen Stil voller Ecken und Winkel bietet<br />
sehenswerte Pflanzen in Hülle und Fülle, eine schöner als<br />
die andere. Entlang der ausgesprochen gut unterhaltenen,<br />
schattigen Wege entdeckt der Besucher unzählige Kamelien,<br />
Magnolien, Ahornbäume, Farnkräuter und natürlich<br />
auch die für die Bretagne so typischen Hortensien. Alle<br />
Pflanzen sind durch ein durchdachtes Erkennungssystem<br />
eindeutig bestimmbar. Insgesamt kann man mehr als<br />
25 000 Pflanzen entdecken, was selbst anspruchsvollste<br />
Gartenfreunde ins Staunen versetzt. Vor allem aber<br />
hat man das Gefühl, auf einer Strecke von nur wenigen<br />
Metern die verschiedensten Ecken unseres Planeten zu<br />
erkunden: von Lateinamerika über Asien bis Europa. Ein<br />
15<br />
14<br />
13<br />
Parc botanique de Cornouaille …<br />
… Berlin 1594 km … Hamburg 1411 km<br />
… Köln 1031 km … Frankfurt 1148 km<br />
… München 1450 km … Wien 1978 km<br />
… Zürich 1160 km … Paris 5<strong>76</strong> km<br />
… Brest 90 km … Quimper 19 km<br />
Der nächstgelegene Flughafen, der aus<br />
dem deutschsprachigen Raum direkt<br />
angeflogen wird, ist Nantes-Atlantique<br />
(236 km).<br />
Der nächstgelegene TGV-Bahnhof liegt<br />
in Quimper (19 km).<br />
Parc botanique de Cornouaille<br />
Route de Pont-L’Abbé<br />
29120 Combrit<br />
Telefon: +33 (0)2 98 56 44 93<br />
www.parcbotanique.com<br />
Von März bis Mitte November täglich<br />
10 – 12 Uhr und 14 – 18 Uhr. Die<br />
Baumschule, in der man zahlreiche<br />
Pflanzen kaufen kann und bei Bedarf<br />
auch Tipps erhält, ist ganzjährig<br />
geöffnet.<br />
Sowohl Park als auch Baumschule<br />
sind allerdings während der jährlichen<br />
Betriebsferien vom 20. September bis<br />
15. Oktober geschlossen.<br />
Planen Sie für den Besuch (botanischer<br />
Garten und Mineralienmuseum)<br />
mindestens zwei Stunden ein. Die<br />
Wege des Parks sind schattig und<br />
gut begehbar; es gibt zahlreiche<br />
Bänke. Tiere sind nicht zugelassen.<br />
Kostenloser Parkplatz. Im Park ist<br />
das Tragen der Maske freigestellt, im<br />
Mineralienmuseum herrscht dagegen<br />
Maskenpflicht.<br />
Brest<br />
Quimper<br />
Combrit<br />
Lannion<br />
N12/E50<br />
Saint-Brieuc<br />
N164<br />
N165/E60<br />
Lorient<br />
Quiberon<br />
D<strong>76</strong>8<br />
N12/E50<br />
N24<br />
Vannes<br />
N165/E60<br />
1 Kostenloser Parkplatz und Picknick-Platz<br />
2 Empfang – Mineralienmuseum<br />
3 Toiletten<br />
4 Riesenblättrige Pflanzen<br />
5 Kletterhortensien<br />
6 Unterholzpflanzen<br />
7 240 Varietäten japanischer Ahornbäume<br />
8 Bienenweiden<br />
9 Pflanzen aus Neuseeland<br />
10 Wassergarten<br />
11 Fleischfressende Pflanzen<br />
12 Magnolien<br />
13 Bambuslabyrinth<br />
14 Hortensien am Wasser<br />
15 Eukalyptus-Allee<br />
16 Kamelien-Allee<br />
17 Exotischer Garten<br />
18 Steingarten<br />
19 Magnolie « Maryland » mit<br />
unvergesslichem Duft<br />
20 Hartriegel und Rhododendren<br />
21 Gewächshäuser für die Pflanzenvermehrung<br />
und Produktionsbereich (nicht zugänglich)<br />
22 Gärtnerei und Beratung<br />
21<br />
3<br />
2<br />
22<br />
Museum<br />
1<br />
16<br />
18<br />
5<br />
4<br />
19<br />
17<br />
6<br />
7<br />
20<br />
8<br />
9<br />
12<br />
10<br />
11<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 73:<br />
Pays bigouden,<br />
die Bretagne in konzentrierter Form<br />
Im äußersten Westen der Bretagne<br />
bilden 20 Gemeinden eine kleine<br />
Region: das Pays bigouden.<br />
Hier wird die wilde<br />
Schönheit der bretonischen<br />
Landschaft in besonderem<br />
Maße durch die<br />
Entschlossenheit und den<br />
Mut der Menschen ergänzt,<br />
Eigenschaften, welche<br />
die Femme bigoudène<br />
mit ihrer Tracht und der<br />
berühmten Spitzenhaube seit Generationen verkörpert.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 66:<br />
Locronan, die bretonische Seele par<br />
excellence (30 km entfernt)<br />
Im Süden des Departements Finistère, rund<br />
15 Kilometer nordwestlich von Quimper<br />
und nur fünf Kilometer vom<br />
Meer entfernt, liegt das Dorf<br />
Locronan, eines « der schönsten<br />
Dörfer Frankreichs ». Es ist nicht<br />
von der Hand zu weisen, dass<br />
Locronan ein wenig die Seele der<br />
ganzen Bretagne widerspiegelt.<br />
Und das Dorf ist vor allem auch<br />
deshalb einen Besuch wert, weil<br />
seine Bewohner es verstanden haben, eine Authentizität<br />
zu wahren, die man in Dörfern mit einem derartigen<br />
Bekanntheitsgrad nur selten findet.<br />
La Baule<br />
St<br />
Eingang<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 86.<br />
38 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 39
UNTERWEGS IN FRANKREICH Burgund-Franche-Comté / Haute-Saône<br />
Denkt man an Produkte aus Burgund, kommen einem unweigerlich<br />
Wein und Senf in den Sinn. Doch ein kleines<br />
rotes Obst, das zwar viel diskreter, bei Feinschmeckern<br />
jedoch überaus beliebt ist, könnte diese Region mit Fug<br />
und Recht ebenfalls repräsentieren: die Kirsche. Seit mehr<br />
als 150 Jahren hat sie zur Entwicklung eines Landstrichs<br />
an den Ausläufern der Vogesen beigetragen, sodass dieser<br />
sogar Pays de la Cerise, Kirschenland, genannt wird. Von<br />
dort stammen der berühmte Kirsch und zahlreiche andere<br />
Produkte. Im berührenden Écomusée du Pays de la Cerise<br />
erfährt man mehr über dieses verkannte regionale Kulturerbe<br />
und ein handwerkliches Know-how, das heute noch<br />
praktiziert wird.<br />
40 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 41
UNTERWEGS IN FRANKREICH Burgund-Franche-Comté / Haute-Saône<br />
Das Écomusée du Pays de la<br />
Cerise befindet sich auf dem<br />
Gelände einer ehemaligen<br />
Destillerie und erzählt in den<br />
verschiedenen Gebäuden<br />
deren Geschichte. Man<br />
besichtigt beispielsweise das<br />
Herrenhaus aus dem Jahr<br />
1829, die Werkstätten der<br />
Destillerie, das Gesindehaus<br />
und die Obstgärten, die<br />
heute der Erhaltung einer<br />
umfangreichen Sortenvielfalt<br />
von Kirschbäumen dienen.<br />
Seit 1932 erreicht jedes Jahr im März eine Kiste mit<br />
einem ganz besonderen Inhalt den Élysée-Palast in<br />
Paris. Es ist eine Art « republikanische Tradition »,<br />
wie es sie nur in Frankreich geben kann. Die Lieferung<br />
kommt direkt aus der Region um Cérêt in den Pyrénées-<br />
Orientales, ist Gegenstand besonderer Aufmerksamkeit<br />
und wird offensichtlich äußerst vorsichtig gehandhabt.<br />
Das ist absolut verständlich, denn<br />
schließlich ist der glückliche Empfänger nicht<br />
irgendwer, sondern der Staatspräsident in<br />
Person. Das Ganze ist Anlass für einen<br />
Empfang in den Salons des Palastes, zu<br />
dem die Presse eingeladen ist, die wiederum<br />
einige Stunden später unzählige Bilder<br />
davon verbreitet. Für den Präsidenten und<br />
seine Gäste ist es ein wohlschmeckendes Erlebnis<br />
und für die Nation ein wichtiges Ereignis, denn es handelt<br />
sich um die Lieferung der ersten französischen Kirschen<br />
des Jahres. Der festliche Anlass gibt sozusagen den<br />
ersten Vorgeschmack auf den Sommer. Die Kirschproduzenten<br />
aus dem Süden, die zur Zeremonie selbstverständlich<br />
eingeladen sind, schweben im siebten<br />
Himmel, wenn sie sehen, wie die Hand des Präsidenten<br />
genussvoll in die sorgfältig geernteten und<br />
selektierten Kirschen eintaucht. Verständlicherweise,<br />
denn einen besseren Botschafter für ihr<br />
Obst werden sie nicht so einfach finden!<br />
Zur selben Zeit muss sich eine Region<br />
im Osten des Landes, in Burgund,<br />
an den Ausläufern der Vogesen, noch in<br />
Geduld üben, bis die ersten Kirschen geerntet<br />
werden können. Das ist erst im Juni<br />
der Fall. Zweifellos sagt man sich hier, dass diese<br />
jährliche « Werbeaktion » der Kirschproduzenten aus dem<br />
Süden keine schlechte Idee ist. Man nimmt es gelassen,<br />
ist froh für die Kollegen und die schönen Kirschen. Aber<br />
42 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 43
UNTERWEGS IN FRANKREICH Burgund-Franche-Comté / Haute-Saône<br />
ist es nicht auch etwas ungerecht? Schließlich<br />
werden hier ebenfalls Kirschen produziert.<br />
Und ebenfalls sehr schöne<br />
Kirschen! Natürlich nicht so viele<br />
wie im Vaucluse, im Gard, in der<br />
Drôme und entlang der Rhône,<br />
den wichtigsten Kirschregionen<br />
Frankreichs.<br />
Dennoch ist klar, dass<br />
man in Fougerolles ebenso<br />
eng mit der Kirsche<br />
verbunden ist. Dies wird<br />
beim Kontakt mit den in<br />
der Region ansässigen Menschen<br />
schnell deutlich: In nahezu jeder Familie gibt<br />
es jemanden, der beruflich eine Verbindung<br />
mit diesem Obst hat oder hatte. In vielen<br />
Scheunen finden sich heute noch Werkzeuge,<br />
die für die Erzeugung und Verarbeitung von<br />
Kirschen notwendig sind. Auch ein Blick in<br />
die Küchenschränke macht den Stellenwert<br />
von Kirschen in dieser Gegend deutlich:<br />
Außer zahlreichen Gläsern mit in Sirup oder<br />
Alkohol eingelegten Kirschen befindet<br />
sich in jedem Schrank mindestens<br />
eine Flasche Kirschwasser.<br />
Dieser transparente Obstbrand,<br />
der durch das Destillieren vergorener<br />
Kirschen erzeugt wird,<br />
ist hier sehr populär. Dass man<br />
mehr als 40 Jahre für die Anerkennung<br />
einer Appellation d’origine contrôlée<br />
(AOC) gekämpft hat und der hier erzeugte<br />
Kirsch der erste Brand aus Steinobst war, der<br />
in Frankreich diese Ursprungsbezeichnung<br />
erhielt, beweist umso mehr die Zuneigung<br />
in Fougerolles zu diesem Genussmittel. Und<br />
der Erfolg hat nicht zuletzt dazu beigetragen,<br />
Im Keller mit den Fässern aus Eichen- und Eschenholz erfährt der Besucher mehr über eine erstaunliche Praxis: Um zu vermeiden, dass die Tannine<br />
des Holzes den Obstbrand färbten, mussten lange Zeit kleine Kinder ins Innere der Fässer klettern und die Wände paraffinieren. Die Alkoholdämpfe<br />
blieben für die Gesundheit dieser Kinder nicht ohne Folgen. Glücklicherweise wurde diese Vorgehensweise im Laufe der Zeit abgeschafft.<br />
dass dieser Teil von Burgund heute Pays<br />
de la Cerise genannt wird.<br />
Fougerolles und Kirschen, das ist<br />
eine lange Geschichte. Darüber erfährt<br />
man mehr, wenn man das gut konzipierte<br />
Écomusée du Pays de la Cerise besucht,<br />
das 1986 in Fougerolles auf dem Anwesen<br />
einer ehemaligen Destillerie aus dem Jahr<br />
1830 eingerichtet wurde. Alles begann im<br />
17. Jahrhundert, als Bauern in der Region zahlreiche<br />
Kirschbäume pflanzten. Die Bäume gediehen gut,<br />
die Ernten waren regelmäßig und üppig. Nach und nach<br />
kamen die Menschen auf die Idee, die kleine rote Frucht<br />
zu destillieren, um das sogenannte Eau de Cerise, den<br />
Vorgänger des Kirsch, zu erhalten. Allmählich ließen sich<br />
mehrere offizielle Destillateure in und um Fougerolles nieder.<br />
Angesichts des Erfolgs dieses Getränks interessierten<br />
sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts sogar<br />
die ersten Industrieunternehmen dafür.<br />
Sie waren in der Lage, größere Mengen<br />
zu produzieren und somit die gestiegene<br />
Nachfrage zu befriedigen. Parallel dazu<br />
begannen sie mit der Herstellung anderer<br />
Getränke – vor allem Liköre und Aperitifs<br />
–, darunter der berühmte Absinth. Zu<br />
Beginn des 20. Jahrhunderts war Fougerolles<br />
die bedeutendste Region in Frankreich für die<br />
Destillation und Produktion von Alkohol. Dieser Zustand<br />
währte jedoch nicht sehr lange. Weil man der Meinung<br />
war, Absinth würde « verrückt machen », wurden Produktion<br />
und Vertrieb dieses Getränks in Frankreich 1915<br />
per Gesetz verboten. Zudem stieg die Alkoholsteuer im<br />
Laufe der Jahre – vor allem in der Zeit zwischen den beiden<br />
Weltkriegen – signifikant an. Angesichts von Verän-<br />
44 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 45
UNTERWEGS IN FRANKREICH Burgund-Franche-Comté / Haute-Saône<br />
Antwerpen<br />
Destillerien und<br />
Produzenten<br />
in Fougerolles<br />
In Fougerolles verarbeiten mehrere<br />
Destillerien nach wie vor Kirschen<br />
auf traditionelle Weise. Sie stellen<br />
im Wesentlichen den Kirsch aus<br />
Fougerolles, sonstige Kirschbrände<br />
sowie spezifische Produkte wie in<br />
Alkohol eingelegte Kirschen und andere<br />
Früchte, Sirup, Konfitüren usw. her.<br />
• Distillerie artisanale Émile Coulin:<br />
Diese Destillerie existiert seit 1891<br />
in Fougerolles und präsentiert sich<br />
mit Vorliebe als « die Haute-Couture<br />
der französischen Obstbrände ». Die<br />
Positionierung zielt bewusst auf eine<br />
hohe Qualität ab, dabei ist sie nicht nur<br />
ein leeres Marketingversprechen, da sie<br />
in der Tat für ganz außergewöhnliche<br />
Schnäpse steht – manche davon sehr<br />
alt und rar –, die einen wesentlichen<br />
Beitrag zum Ruf von Fougerolles<br />
leisten. Die Distillerie Émile Coulin<br />
gehört seit 2016 zu einer regional<br />
derungen in der Gesellschaft und einer sich immer mehr<br />
ausbreitenden Trunksucht wurden von Regierungsseite<br />
im Laufe der Jahre immer restriktivere Maßnahmen hinsichtlich<br />
der Produktion von Alkohol erlassen. Der Kampf<br />
gegen Alkohol und der Schutz der Volksgesundheit wurden<br />
zum Gegenstand der Politik. Diese Entwicklung<br />
war nicht auf Frankreich beschränkt: Der amerikanische<br />
Kongress hatte bereits 1920 den Beginn der Prohibition<br />
eingeleitet, in deren Rahmen Produktion und Verkauf<br />
von Alkohol verboten wurden, egal in welcher Form. Für<br />
Fougerolles und die ehemals florierenden Destillerien war<br />
es ein harter Schlag: 1950 waren nur noch 16 der 27 Destillerien,<br />
die es 1855 gegeben hatte, in Betrieb. Heute gibt<br />
es noch vier industrielle und rund ein Dutzend handwerklich<br />
arbeitende Destillerien.<br />
46 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
wichtigen Gruppierung, nämlich zu den<br />
Grandes Distilleries Peureux.<br />
12, rue de la Gare, 70220 Fougerolles.<br />
Telefon: +33 (0)3 84 49 13 80.<br />
Onlineshop und Verkauf vor Ort.<br />
www.distilleriespeureux.com<br />
A83<br />
rund 90-minütige Besichtigung ist wie eine Zeitreise von<br />
Saint-Sigismond<br />
Montalivet<br />
Le Porge<br />
Cap-Ferret<br />
Clisson<br />
A83<br />
Saint-Lô<br />
• Distillerie artisanale Paul Devoille: bereits seit 2006 zum Konzern La A84/E401<br />
Die Destillerie Devoille wurde 1950 Martiniquaise, dem zweitgrößten<br />
gegründet und ist die letzte Destillerie Lannion Spirituosenhersteller Saint-Malo Frankreichs Avranches<br />
in Fougerolles, die ihre Obstbrände hinter Pernod Ricard. Es handelt sich<br />
N12/E50<br />
à l‘ancienne Brest altern lässt. Sie lagern<br />
N1<strong>76</strong>/E401 Mont-Saint-Michel<br />
Saint-Brieuc also um eine industrielle Destillerie.<br />
N12/E50<br />
in großen bauchigen Glasflaschen<br />
Wie die anderen Destillerien in<br />
A84<br />
mit Korbgeflecht auf einem der drei Fougerolles ist auch diese für ihre<br />
Dachböden (den man im Rahmen N164 Obstbrände bekannt, die im Übrigen<br />
einer Führung besichtigen kann).<br />
1900 bei der Weltausstellung in Paris<br />
Diese altüberlieferte Praxis Quimper dauert<br />
Aufsehen erregten. 1955 lancierte sie<br />
D<strong>76</strong>8<br />
bei den « jungen » Obstwässern<br />
Rennes<br />
Combrit<br />
ein neues Produkt: die Griottes. Die<br />
zwei Jahre und mindestens fünf N165/E60 Marke wurde N24in der Folge in Griottines<br />
Jahre für das Sortiment « Réserve ». geändert, ist sehr erfolgreich und seit<br />
Lorient<br />
Dabei intensiviert sich das<br />
1980 geschützt. Diese inzwischen<br />
natürliche Aroma der Früchte, da die weltweit Vannes bekannte Spezialität besteht<br />
Temperaturunterschiede zwischen aus wilden<br />
N165/E60Kirschen, die in einen<br />
Sommer und Winter die Verdunstung Quiberon leichten Sirup mit Kirsch eingelegt sind.<br />
42, avenue Claude Peureux, 70220 A11/E60<br />
La Baule<br />
Fougerolles.<br />
Telefon: +33 (0)3 St. 84 Nazaire 49 11 33.<br />
Nantes<br />
der Ester begünstigen. Der verdunstete<br />
Teil wird poetisch Part des Anges,<br />
Schluck für die Engel, genannt.<br />
7-9, rue des Moines Hauts, 70220<br />
Fougerolles.<br />
Telefon: +33 (0)3 84 49 10 66.<br />
Onlineshop und Verkauf vor Ort.<br />
www.devoille.com<br />
• Distillerie Lemercier Frères: Die<br />
älteste der lokalen Destillerien in<br />
Fougerolles wurde 1811 gegründet.<br />
Auch sie gehört seit 2016 zur Gruppe<br />
der Distilleries Peureux.<br />
32, rue de la Gare, 70220 Fougerolles.<br />
Telefon: +33 (0)3 84 49 13 66.<br />
Onlineshop und Verkauf vor Ort.<br />
www.distilleriespeureux.com<br />
Onlineshop und Verkauf vor Ort.<br />
www.distilleriespeureux.com<br />
A87<br />
Cholet<br />
Das Écomusée du Pays de la Cerise in Fougerolles zeichnet<br />
sich durch eine sehr moderne Museografie aus. Die<br />
den Pionieren der Kirschbaumkultur und Destillation bis<br />
zu den ultramodernen Destilliertechniken der – industriell<br />
oder handwerklich arbeitenden – Betriebe, die es in der<br />
N11/E601<br />
Region heute noch gibt. Man passiert ein Herrenhaus aus<br />
dem Jahr 1829 mit Werkstätten für die Destillation und<br />
prachtvollen Destillierkolben aus Kupfer. Der angeschlossene<br />
Obstgarten mit Kirschbäumen dient der Erhaltung<br />
der verschiedenen Baumarten. Der Besuch ist alles andere<br />
als langweilig, vielmehr richtiggehend fesselnd, denn man<br />
spürt, dass sich die Menschen vor Ort für die Einrichtung<br />
La Rochelle<br />
E5/A10<br />
E602/A837<br />
des Museums engagiert haben. Auf diese Weise wird<br />
nicht nur die Geschichte der Region, sondern auch der<br />
Bordeaux<br />
N13<br />
E5/A10<br />
Caen<br />
Angers<br />
Niort<br />
Le A29/E44 Havre<br />
A131<br />
Honfleur<br />
Alençon<br />
A13/E46<br />
Le Mans<br />
A28/E402<br />
A11/E501<br />
A28/E502<br />
Angoulême<br />
A86/E60<br />
Monts<br />
Poitiers<br />
Stolz auf das handwerkliche Können verewigt, von dem Gent heute<br />
noch einige lokale Unternehmen Calais Dunkerque und viele Familien leben.<br />
Der wirtschaftliche Kontext hat sich zwangsläufig verändert,<br />
es kam zu Zusammenschlüssen, sodass die Anzahl der Destillerien<br />
gesunken ist. Dennoch scheinen diese gestärkt<br />
Boulogne<br />
Roubaix<br />
aus<br />
dem Prozess hervorgegangen, besser organisiert Lille und mit einer<br />
Fähigkeit zur Innovation ausgestattet zu sein. Destillerien<br />
haben hier offensichtlich eine Zukunft, das wird im Museum<br />
ebenfalls deutlich. Man verlässt es beruhigt und sagt sich,<br />
Guyencourt-Saulcourt<br />
Amiens<br />
doch jedes Jahr ganz diskret eine Flasche A1/E15-E19 ihres Kirsch (AOC)<br />
Jumièges<br />
Reiseinfos & Lesetipps für Ausflüge in die Umgebung<br />
A13/E5<br />
Fougerolles …<br />
Evreux<br />
… Berlin 942 km … Hamburg 922 km<br />
… Köln 443 km … Frankfurt 383 km<br />
… München 492 km … Wien 1039 PARISkm<br />
… Zürich 217 km Versailles … Paris 357 km<br />
Dreux<br />
… Dijon 146 km … Besançon 95 km<br />
Der nächstgelegene Flughafen, der aus<br />
Chartres<br />
dem deutschsprachigen Raum direkt<br />
angeflogen wird, ist Basel-Mühlhausen<br />
A11/E50<br />
(126 km).<br />
A10/E5<br />
A16<br />
Der nächstgelegene TGV-Bahnhof liegt<br />
in Remiremont (25 km). Orléans<br />
Écomusée du Pays de la Cerise<br />
206, le Petit-Fahys<br />
70200 Fougerolles<br />
Blois<br />
Chambord<br />
A10/E5-E60<br />
Telefon: +33 (0)3 84 49 52 50<br />
Cheverny<br />
Tours Chenonceau<br />
A71/E9<br />
www.ecomusee-fougerolles.fr<br />
A10/E5<br />
Rouen<br />
A85<br />
A6/E15<br />
Das Museum ist vom 15. Februar Bourges bis<br />
30. Juni und vom 1. September bis<br />
A20/E9<br />
A71/E11<br />
Arras<br />
dass über die Kirsche, dieses verkannte « rote Gold » der Region,<br />
noch nicht das letzte Wort gesprochen wurde. Vielleicht<br />
sollte man den Destillateuren in Fougerolles vorschlagen,<br />
zwischen den Kirschen zu verstecken, die an den französischen<br />
Staatspräsidenten geliefert werden …<br />
A5/E54<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 69:<br />
Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp,<br />
eine Rechenaufgabe für Le Corbusier<br />
(41 km entfernt)<br />
« Betonhaufen », « Pantoffel », « Bunker »,<br />
« geistliche Montluçon Garage » … Was<br />
konnte man Anfang der 50er-<br />
Jahre während des Baus A71/E11 der<br />
Chapelle de Ronchamp nicht<br />
alles über sie in der Presse<br />
Clermontlesen.<br />
Heute ist sie weltweit<br />
Limoges<br />
Ferrand<br />
eines der meistbesuchten<br />
A89/E70 Puy de Dôme<br />
Werke des genialen Schweizer<br />
A75/E11<br />
Architekten und hat sich vom «einfachen» spirituellen<br />
le Mont-Dore<br />
Pilgerort in eine architektonische Pilgerstätte verwandelt.<br />
Les Sablesd’Olonne<br />
Cherbourg-<br />
• Les Grandes Distilleries Octeville Peureux:<br />
Wie der Name bereits andeutet,<br />
hat diese 1864 in Fougerolles<br />
gegründete Destillerie heute einen<br />
hohen Stellenwert. Durch den<br />
Zusammenschluss mit mehreren<br />
lokalen Destillerien ist sie der größte<br />
Produzent von Obstbränden auf der<br />
Welt. Die Destillerie gehört wiederum<br />
15. November täglich außer dienstags<br />
von A4/E50 14 bis 18 Uhr geöffnet. Juli und<br />
Epernay<br />
August: täglich von 11 bis Châlons-en- 19 Uhr.<br />
Champagne<br />
Normaltarif 5 €, ermäßigt 3 €<br />
Planen Sie ungefähr 1,5 Stunden für<br />
den Besuch ein. A26/E17<br />
Bei Voranmeldung (im Idealfall<br />
einige Tage vor dem TroyesBesuch per<br />
Telefon oder Mail) ist eine Führung in<br />
deutscher Sens Sprache möglich. Deutsche<br />
Audioguides sind am Empfang<br />
verfügbar.<br />
Genussmenschen können bei schönem<br />
Wetter ein Picknick Châtillon-sur-Seine<br />
mitbringen und<br />
Auxerre<br />
dieses im Obstgarten des Museums<br />
verzehren. Das ist ein sehr schönes<br />
A6/E15<br />
Erlebnis. In der Boutique sind<br />
zahlreiche Produkte Vézelay Avallon auf der Basis Flavigny von<br />
Kirschen (Kirsch, Guignolet, Sirup,<br />
A38<br />
Bonbons, Konfitüren …) sowie andere<br />
lokale Spezialitäten zu vernünftigen<br />
Preisen erhältlich.<br />
Beaune<br />
A5/E17-E54<br />
A31/E17-E21<br />
France<br />
Ausgabe<br />
A6/E15<br />
<strong>Nr</strong>. 68:<br />
Vorreiter bei der Abschaffung der Sklaverei Lausanne (Maison<br />
de la Négritude in Champagney: 46 km entfernt)<br />
Cluny Meist werden die Französische Revolution und die<br />
Erklärung der Menschen - und Bürgerrechte von 1789<br />
so präsentiert, als hätte sich das Genève Volk spontan<br />
und solidarisch im ganzen Land gleichzeitig<br />
erhoben, um diese Rechte für die Menschen<br />
zu erwirken. Dass bestimmte Gebiete dabei<br />
Annecy<br />
eine Vorreiterrolle gespielt haben, vergisst<br />
A72/E70<br />
man meist. Sieht man sich den Fall der<br />
Lyon Abschaffung der Sklaverei in Frankreich<br />
genauer an, dann stellt man fest, dass einige<br />
A43/E70<br />
Regionen diese Tragödie der Menschheitsgeschichte Chambéry viel früher<br />
anprangerten als andere.<br />
St.-Etienne<br />
INFORMATIONEN Tulle ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 86.<br />
Périgueux<br />
Grenoble<br />
Brive-la-Gaillarde<br />
A49/E713<br />
A89/E70 Le Pescher<br />
Souillac sur Saillac<br />
Briançon<br />
Dordogne<br />
Valence<br />
Aurillac<br />
Crest<br />
Die<br />
Sarlat-le-Canéda<br />
Payrac Rocamadour<br />
A26/E17<br />
Bruxel<br />
Reims<br />
A34/E46<br />
Charlroi<br />
Charleville-Mézières<br />
A4/E50<br />
Dijon<br />
Liege<br />
A4/E25<br />
A31/E21-E23<br />
Chalon-sur-Saône<br />
Luxembourg<br />
Metz<br />
A4<br />
A31/E21-E23<br />
Nancy<br />
Saarbrücken<br />
A4/E25<br />
Colmar<br />
Fougerolles Mulhouse<br />
Besançon<br />
A36/E60<br />
Belfort<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 47<br />
Bitche<br />
Strasbourg<br />
A35<br />
A35/E25<br />
Schweiz<br />
Italien<br />
Basel<br />
Bern<br />
D<br />
To
Foto: Michel JOLY, BFC Tourisme<br />
ADVERTORIAL<br />
ADVERTORIAL<br />
BURGUND-FRANCHE-COMTÉ<br />
Gute Alternative zum Meer:<br />
Entdeckungen am Wasser in Jura und Burgund<br />
Eine kleine Auszeit am Wasser, einfach wohlfühlen?<br />
In der Burgund-Franche-Comté gibt es Salzwasser<br />
wie am Toten Meer. Die Ufer am Fluss<br />
Doubs und am Rhein-Rhône-Kanal, an der Loue<br />
und der Yonne sind verlockende Kultur- und<br />
Wellness-Oasen für individuelle Entdeckungen.<br />
Inspirierendes Plätschern und Sprudeln begleitet<br />
die Reise – ob mit dem Auto, auf zwei bis vier<br />
Rädern oder gleich mit dem Hausboot.<br />
Sie liegen mit ausgebreiteten Armen auf dem Rücken<br />
und schweben auf dem Wasser. Sibylle und Ute aus<br />
Freiburg sind am Ziel ihrer Wünsche angekommen<br />
– endlich schwerelos. Das 200-m 2 -Becken im Thermasalina<br />
in Salins-Les-Bains haben die beiden Frauen im Moment<br />
ganz für sich allein.<br />
Durch die Glasfenster taucht die Sonne den Raum<br />
in goldenes Licht. Ute kommt aus dem Wasser, zieht die<br />
obligatorische Badekappe ab und schaut zum bewaldeten<br />
Hang des Fort Saint-André hinaus, eine der beiden Befestigungsanlagen<br />
auf den Hügeln, zwischen denen sich<br />
Salins-Les-Bains in ein Tal klemmt. « Wir sind auf den<br />
Mont Poupet gewandert und wollten dann unbedingt dieses<br />
Bad kennenlernen. Das Wasser enthält mindestens so<br />
viele Salze und Mineralien wie das Tote Meer. Und es hat<br />
eine unglaublich lange Geschichte, » erzählt Ute und setzt<br />
sich auf eine der Liegen. « Jetzt verwöhnen wir Muskeln<br />
und Rücken. Wir haben eine Hydromassage gebucht,<br />
gleich als Paket mit zwei Übernachtungen im Fort-Saint-<br />
André, alles über die Touristeninformation. »<br />
Von Geschichte zunächst keine Spur. Besucher bekommen<br />
an der Kasse des weiß gestrichenen Ensembles<br />
an der Place de la Barbarine elektronische Armbänder.<br />
Vom Jacuzzi bis zur Schlammbadewanne, von den Saunen<br />
über das Hammam bis zum römischen Caldarium sind<br />
alle Kur- und Wellnessbereiche modern und blitzsauber.<br />
Solarzellen auf dem begrünten Dach liefern Sonnenenergie<br />
zum Heizen. Bei gutem Wetter öffnet die Terrasse.<br />
Mineralsalze und Spurenelemente wie im Toten Meer<br />
verbessern die Gelenkflexibilität, die Muskelentspannung<br />
und den Schlaf, lindern Gelenkschmerzen, Traumafolgen<br />
und Stress. Sie stammen aus unterirdischen Soleschichten,<br />
den Überresten des Meers, das vor 200 Millionen Jahren<br />
das gesamte Jura bedeckte. Im Laufe der Erdgeschichte<br />
führte die Erderwärmung zu seiner Verdunstung und der<br />
Ablagerung einer spurenelementreichen Steinsalzschicht.<br />
Tektonische Verschiebungen und Faltung vergruben sie in<br />
tiefe Erdschichten, wo Wasser zirkuliert.<br />
Bereits die Kelten und Römer förderten in Salins-les-<br />
Bains Salz. Im Mittelalter führte das « Weiße Gold » zu<br />
einer Blütezeit des Handels. Ab dem 13. Jh. begann die<br />
Ausbeutung der Salzquellen in großem Stil. Arbeiter gruben<br />
von Arkaden überwölbte, unterirdische Stollen und<br />
mehrere Brunnen. Die Große Saline, seit 2009 Weltkulturerbe<br />
der Unesco, wurde eine befestigte Stadt für sich.<br />
Ab dem 18. Jh. gelang es, die Sole aus den Tiefen der Erde<br />
mit der Wasserkraft des Flusses Furieuse nach oben zu<br />
pumpen. In Salzpfannen wurde sie<br />
stundenlang gekocht, bis das Wasser<br />
verdunstet war. In der Großen<br />
Saline gibt es ein modernes Salzmuseum<br />
und die letzte Siedepfanne,<br />
die in Frankreich<br />
noch arbeitet. Die Saline<br />
fördert bis heute die Sole für<br />
das Thermalbad.<br />
Ein gewisser Docteur<br />
Germain interessierte sich<br />
Foto: Pascal REGALDI, BFC Tourisme<br />
Oben: Mit dem Hausboot durch die<br />
malerischen Landschaften des Burgund.<br />
Unten: Entspannung pur in Salins-Les-Bains.<br />
um 1850 als einer der ersten Wissenschaftler für die Heilkraft<br />
von Salzwasser und traf sich mit Monsieur de Grimaldi,<br />
dem Direktor der Salinen. In der Folge erkannte<br />
die französische Akademie der Medizin das Wasser von<br />
Salins-les-Bains 1856 als therapeutisch an. Der Thermaltourismus<br />
war geboren.<br />
Bestimmt haben auch örtliche Spezialitäten wie<br />
Salzperlen – so heißt Salzwasser-Caramel in knuspriger<br />
weißer Schokolade – und die atmosphärischen Patisserien<br />
ihre therapeutische Wirkung für Leib und Seele. Jedenfalls<br />
sind auch sie Teil des starken Charakters, den Salins–<br />
les-Bains verströmt. Nicht umsonst zählt es zu den Cités<br />
de Caractère.<br />
Zu diesem Verbund haben sich 59 historische Dörfer<br />
des Burgund-Franche-Comté zusammengeschlossen.<br />
Auch Arc-et-Senans, ca. 20 km weiter, mit seiner Königlichen<br />
Saline von 1775/<strong>76</strong>, ist so ein Charakterort und erinnert<br />
ein wenig an Schloss Versailles.<br />
Architekt Claude-Nicolas<br />
Ledoux ordnete elf Gebäude im<br />
Halbkreis an, als ideale Stadt mit<br />
weitläufigem Garten. Sie ist<br />
ebenfalls Unesco-Weltkulturerbe.<br />
Der Rhein-Rhône-<br />
Kanal fließt direkt vorbei.<br />
Verbunden sind beide Orte<br />
durch die Via Salina und<br />
den Wanderweg Sentier des
ADVERTORIAL<br />
ON SURFE<br />
Foto: BFC Tourisme<br />
Foto: Alain DOIRE, BFC Tourisme<br />
Foto: Alain DOIRE, BFC Tourisme<br />
Foto: Corinne VASELET, BFC Tourisme<br />
50 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Oben: Die Yonne bei<br />
Joigny lädt zum Bereisen<br />
per Hausboot ein.<br />
Links: reich geschnitze<br />
Fassaden im<br />
historischen Joigny.<br />
Unten: Durch das<br />
malerische Dole verläuft<br />
der Rhein-Rhône-Kanal,<br />
der ebenfalls per Hausboot<br />
bereist werden kann.<br />
Ganz unten: Büste von<br />
Gustave Courbet im Musée<br />
Courbet in Ornans.<br />
Gabelous, immer an der Kanalverbindung aus dem 18. Jh. entlang.<br />
Wer dem Fluss Furieuse folgt, kommt in die Wasserlandschaft der<br />
Loue, die der Maler Gustave Courbet international berühmt gemacht<br />
hat. Er wuchs in Ornans auf, wo er seine ersten 20 Lebensjahre verbrachte.<br />
Das Wohnhaus seiner Eltern direkt am Fluss ist heute ein<br />
kleines, aber hochkarätiges Kunstmuseum. Es steht für die frühe Verwurzelung<br />
des kosmopoliten Erfinders des Realismus in seiner Heimat.<br />
« Man muss ein Land genau kennen, um es zu malen, » schrieb<br />
Courbet. « Geht hin und schaut es euch an, dann findet ihr dort meine<br />
Gemälde wieder. »<br />
Als schriebe er Gedichte hielt der junge Courbet die Quelle der<br />
Loue, ihre Felsschluchten, die großen Eichen und die Wälder seiner<br />
Heimat auf Leinwand fest. Auf seinen Spuren führen Wanderwegweiser<br />
in die malerische Natur, in der Courbet vor über 200 Jahren seine<br />
Staffelei aufstellte. Dank dem Projekt Pôle Courbet können wir heute<br />
seinen Inspirationen, seinem Zeitgeist und seiner Familie nachspüren,<br />
u. a. an verschwiegenen idyllischen Badestellen, in dem restaurierten<br />
Atelier und auf dem Selbstversorgerhof mit großem Garten, den seine<br />
Familie im Dorf Flagey besaß.<br />
Die Loue durchfließt das Pays de Dole, eine Landschaft dominiert<br />
von den Weiten des Laubwalds Forêt de Chaux. Durch Dole, je 45 km<br />
von Dijon und Besançon entfernt, verlaufen der Doubs und der Rhein-<br />
Rhône-Kanal. Die Wasserstraße der Hausbootkapitäne ist nur wenige<br />
Schritte von der Altstadt entfernt.<br />
An einem der Kanäle des Gerberviertels oder in einer der vielen restaurierten<br />
Mühlen bietet es sich an, mit einem Jura-Wein auf Louis<br />
Pasteur anzustoßen. Das Haus, in dem der Erfinder des Tollwut-Impfstoffs<br />
und Hygieneforscher 1822 zur Welt kam, ist heute ein spannendes<br />
Museum. Wie alle früheren Gerberhäuser hat es eine große Kellertür,<br />
durch die das Wasser in die Becken zum Gerben der Häute gelangte.<br />
Ein ganz großes Jahr für das mittelalterliche Dole war 1422. Es<br />
wurde Hauptstadt der Freigrafschaft Burgund und König Philipp der<br />
Gute gründete die Universität. Viel Geschichte atmen Hospiz, Parlament,<br />
Universität, Stadtpalais und die Stiftskirche Notre-Dame. Sie<br />
sind Teil eines Rundgangs auf den Spuren von « Kater Titus ». Die<br />
Märchenfigur des bekannten Schriftstellers Marcel Aymé, der seine<br />
Jugend in Dole verbrachte, weist den Weg.<br />
Geboren ist Marcel Aimé 1902 in Joigny am Fluss Yonne. Hier<br />
beginnen die Bootstouren auf dem Canal de Bourgogne. Historisches<br />
Fachwerk und die Nähe zum Weingebiet Côte Saint-Jacques (AOC)<br />
machen den Reiz der dieser Kleinstadt im tiefen Burgund aus. Benannt<br />
ist sie nach ihrem Gründer, dem römischen Präfekten Flavius Jovinius.<br />
Flaneure führt es durch die drei Viertel der Bürger, der Handwerker<br />
und der Winzer, St-Jean, St-André und St-Thibaud. Zum Staunen<br />
bringt das Renaissancegewölbe der Kirche St-Jean. Das Château de<br />
Gondi von 1608 war einst der Wohnsitz einer italienischen Familie<br />
und ist zu besichtigen. Romantik im Whirlpool mit Blick auf die Yonne<br />
und Sterneküche – das Luxushotel La Côte Saint Jacques ist das<br />
I-Tüpfelchen einer Verwöhntour am Wasser.<br />
Text Petra Sparrer<br />
Nutzen Sie Ihre wiedergewonnenen Freiheiten für einen<br />
100% natürlichen Urlaub. Erkunden Sie Burgund-Franche-Comté,<br />
eine Region voller Überraschungen und Inspirationen.<br />
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zählen nur die Tage, an denen die<br />
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NATUR<br />
Live aus einem<br />
Vogelnest oberhalb<br />
der Loire<br />
Dieses<br />
ungewöhnliche<br />
Experiment ist<br />
eine Premiere<br />
in Frankreich. Ursprünglich war das Ziel der<br />
Wissenschaftler, das Leben der Fischadler (Pandion<br />
haliaetus) besser zu verstehen. Diese wunderschönen<br />
Raubvögel sind am Ufer der Loire Stammgäste. 2006<br />
wurde eine mit einer Kamera ausgerüstete Plattform<br />
installiert, auf der sich auch schnell ein Paar dieser<br />
majestätischen Vögel niederließ. Die beiden Fischadler<br />
namens Sylva und Reda, die rund um die Uhr gefilmt<br />
werden, sind mittlerweile Stars im Internet, da viele<br />
Menschen jedes Jahr den Nestbau, das Schlüpfen<br />
der Jungen und deren Flüggewerden beobachten.<br />
Tägliches Staunen ist garantiert!<br />
vwww.balbucam.fr/fr/en-direct-nie/<br />
STREET-ART<br />
Ein etwas anderer Sommer in Le Havre<br />
2017 feierte die Stadt Le Havre (Seine-Maritime) ihren 500.<br />
Geburtstag und installierte aus diesem Anlass in den Straßen<br />
zeitgenössische Kunstwerke. Aufgrund des riesigen Erfolgs –<br />
mehr als zwei Millionen Besucher – beschloss die Stadt, diese<br />
Initiative jedes Jahr zu wiederholen und die bestehenden<br />
Installationen durch neue zu ergänzen. Auf diese Weise ist eine<br />
Sammlung von insgesamt 18 Werken (7 davon stammen aus<br />
diesem Jahr) entstanden, die das Zentrum nach und nach in ein<br />
Freilichtmuseum für zeitgenössische Kunst verwandelt hat. Da<br />
man sich bewusst ist, dass in diesem besonderen Jahr zahlreiche<br />
Besucher nicht wie geplant kommen werden, kam die Stadt auf<br />
die gute Idee, die Ausgabe <strong>2020</strong> mit dem Thema Regarder la<br />
mer auf einer Website<br />
zu präsentieren. Auf<br />
diese Weise können<br />
Interessierte Le Havre<br />
unter einem neuartigen<br />
Blickwinkel kennenlernen<br />
und vielleicht sogar<br />
bereits den nächsten<br />
Besuch vorbereiten!<br />
www.uneteauhavre.fr<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 51
Chaumont-sur-Loire:<br />
die positive Dynamik der Gärten<br />
Die Domaine de Chaumont-sur-Loire, ganz in der Nähe von<br />
Blois (Loir-et-Cher), liegt majestätisch oberhalb des Loiretals,<br />
das bekanntlich zum Weltkulturerbe der UNESCO<br />
gehört. Die Anlage ist ein besonderer, wenn nicht sogar<br />
einzigartiger Ort in Frankreich. Sie ist im Besitz der Region<br />
Centre-Val de Loire und beherbergt mit ihrem Renaissance-Schloss<br />
und einem historischen Park bereits ein<br />
außergewöhnliches Kulturerbe. Daneben bietet sie<br />
Raum für künstlerischen Ausdruck, da dort regelmäßig<br />
Werke großer zeitgenössischer Künstler präsentiert werden.<br />
Nicht zuletzt ist sie ein Veranstaltungsort für ein<br />
international renommiertes Gartenfestival. Vor rund<br />
zehn Jahren haben wir uns bereits einmal für dieses Festival<br />
interessiert. In der turbulenten, von Coronavirus<br />
und Ausgangsbeschränkungen geprägten Zeit hatten wir<br />
ein starkes Bedürfnis, uns erneut an diesem Ort umzusehen,<br />
an dem sich Natur und Kultur begegnen. Wir sind<br />
daher nach Chaumont zurückgekehrt. Dort fällt es leicht<br />
und macht es Freude, sich wieder auf die Natur zu besinnen.<br />
Und man entdeckt, welch positive Dynamik diese<br />
Gärten im Laufe der Jahre entwickelt haben. Wir unterhielten<br />
uns mit der Direktorin Chantal Colleu-Dumond,<br />
einer begeisternden und anspruchsvollen Frau, in deren<br />
Leben Deutschland eine besondere Rolle spielt …<br />
52 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 53
UNTERWEGS IN FRANKREICH Centre-Val de Loire / Loir-et-Cher<br />
Ein Tag reicht kaum aus, um die Domaine de Chaumont-sur-Loire zu entdecken! Dessen<br />
sollte man sich vor dem Besuch bewusst sein! Hier kommen alle Besucher auf ihre Kosten,<br />
egal ob sie alte Steine mögen, sich für die Architektur des Mittelalters und der Renaissance<br />
begeistern, die Schlösser der Loire lieben, das beschauliche Umfeld eines Parks mit jahrhundertealten,<br />
würdevollen Bäumen schätzen, Freunde zeitgenössischer Kunst oder ganz einfach Gartenliebhaber<br />
sind. Chaumont ist nämlich all das zusammen. Ein ausgefallener Ort, den man in seinem<br />
ganz persönlichen Rhythmus erkundet, an den man im Laufe der Jahre immer wieder gerne zurückkehrt,<br />
um zu sehen, wie er sich verändert hat.<br />
Obwohl der Tourismussektor in Frankreich durch die Coronaviruskrise nur äußert zögernd<br />
in Gang kommt, konnten wir bei unserem Besuch Mitte Juli feststellen, dass das Publikum hier<br />
durchaus präsent ist. Wie überall wurden selbstverständlich Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit<br />
ergriffen: Händedesinfektionsmittel steht zur Verfügung, in den Gebäuden herrscht<br />
Maskenpflicht. Aufgrund der riesigen Ausdehnung des Ortes – 34 Hektar – fühlt jeder sich<br />
sofort wohl und genießt inmitten der üppigen und poetischen Natur eine Freiheit, die in den<br />
letzten Monaten allen gefehlt hat. Für das Gartenfestival wurde ein raffiniertes System an Wegen<br />
eingerichtet, auf denen man von Garten zu Garten schlendert, ohne andere Besucher zu<br />
kreuzen oder zu behindern, und trotzdem jederzeit verweilen kann, um die Natur zu betrachten,<br />
sich inspirieren zu lassen …<br />
Trotz der durch die weltweite Pandemie erschwerten Bedingungen hat die diesjährige<br />
29. Auflage des Festivals eine überaus internationale Ausrichtung, denn die Gartengestalter<br />
kamen aus Ländern wie Brasilien, Indien, China, Irland, Niederlande, Belgien, Deutschland<br />
und Italien, um gemeinsam mit den Mitarbeitern von Chaumont die verschiedenen Gärten zu<br />
konzipieren. Zweifellos war es nicht immer einfach. Aber es ist gelungen. Abgesehen von der<br />
Schönheit und dem Einfallsreichtum der Kreationen möchten wir uns angesichts der besonderen<br />
Umstände in diesem Jahr ganz besonders für das Glücksgefühl und das Wohlbefinden bedanken,<br />
das wir beim Besuch dieser Gärten verspüren durften.<br />
Vorherige Doppelseite: Detail des Gartens « Régénération » (Frankreich). Unten: « Le jardin de la serre » mit poetischen<br />
Lampenschirmen aus Spanischem Moos (Tillandsias usneoides), einer Aufsitzerpflanze. Rechts: Zu den zahlreichen<br />
Anregungen, die man beim Besuch des Festivals erhält, gehört auch die Bodenbedeckung aus Pfirsichkernen.<br />
Interview: Chantal Colleu-Dumond, Direktorin der Domaine<br />
de Chaumont-sur-Loire und des Internationalen Gartenfestivals<br />
Guten Tag Chantal Colleu-Dumond. Erlauben Sie, dass wir Sie zunächst fragen,<br />
wie es Ihnen und Ihrem Team geht, wie Sie in Chaumont die Ausgangssperre<br />
erlebt haben?<br />
Uns geht es gut, vielen Dank. Ehrlich gesagt war die Zeit kompliziert,<br />
doch inzwischen hat sich alles eingespielt. In der Woche nach dem<br />
15. März – dem Tag, an dem wir von der Verhängung der Ausgangssperre<br />
in Frankreich erfuhren – waren wir wie vom Donner gerührt. Wie für<br />
alle kam die Schließung für uns aus heiterem Himmel. Angst machte sich<br />
breit. In einem kleinen Kreis von Mitarbeitern sagten wir uns dann jedoch<br />
54 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 55
UNTERWEGS IN FRANKREICH Centre-Val de Loire / Loir-et-Cher<br />
schnell, dass die Domaine unbedingt unterhalten und das<br />
Festival durchgeführt werden muss, da es ansonsten möglicherweise<br />
nicht überlebt. Also haben wir sehr strenge<br />
Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit erarbeitet, damit<br />
unsere Mitarbeiter sich sicher fühlen konnten. Allen<br />
wurde schnell klar, dass wir hier im Grunde besonders<br />
privilegierte Bedingungen haben: Auf einer Fläche von 32<br />
Hektar ist es einfach, Abstand zu halten, insofern konnten<br />
wir unsere Tätigkeiten nach und nach wieder aufnehmen.<br />
Von den Gärtnern haben beispielsweise immer fünf<br />
gleichzeitig gearbeitet, statt 18 in normalen Zeiten. Am<br />
Anfang war es etwas kompliziert, bis sich der Rhythmus<br />
bei allen eingespielt hatte, aber der Park mit seinen<br />
Bäumen und Blumen half uns unbestritten dabei. Auf<br />
diese Weise konnten wir die « Maschinerie » der Domaine<br />
wieder in Gang bringen. Nach Aufhebung der Ausgangssperre<br />
öffneten wir als einer der ersten kulturellen Orte<br />
der Region am 16. Mai erneut unsere Tore. Sogar der<br />
Nachrichtensender CNN kam, um darüber eine Reportage<br />
zu machen! Das zeigt, dass Arbeit und Natur unwahrscheinlich<br />
gute Mittel sind, damit es einem besser geht …<br />
Das Thema des Internationalen Gartenfestivals in diesem<br />
Jahr lautet « Gärten der Erde, zurück zu Mutter Erde ». Dies<br />
scheint besonders gut in den aktuellen Kontext zu passen.<br />
Das stimmt. Dabei konnten wir uns im letzten Jahr,<br />
als wir es ausgewählt haben, die derzeitige weltweite Pandemie<br />
noch gar nicht vorstellen. Doch unsere Besucher<br />
bestätigen in der Tat, dass sie es als eine Aufforderung<br />
verstehen, wieder eine harmonische Beziehung zur Natur<br />
anzustreben. Genau das wollten wir damit erreichen.<br />
Ich glaube, dass die hemmungslose Veränderung unserer<br />
Gesellschaften, der Rückgang der Biodiversität, die Klimaerwärmung<br />
dazu beitragen, dass wir diese Beziehung<br />
zur Natur ein wenig verloren haben. Dennoch wollen wir<br />
mit diesem Festival weder eine Katastrophenstimmung<br />
verbreiten noch Schuldgefühle hervorrufen. Es ist eher<br />
als Einladung zu verstehen, Lösungswege zu suchen. Ich<br />
glaube, man muss sich darüber bewusst werden, dass die<br />
Realität nicht einfach ist. Deswegen nutzt es aber nichts,<br />
dass wir alle Schuldgefühle mit uns herumtragen. Darauf<br />
haben wir bei dieser Ausgabe des Festivals besonderen<br />
Wert gelegt. Wir halten nicht mit der Wirklichkeit hinter<br />
dem Berg und präsentieren beispielsweise den Garten<br />
Paysage de feu, den ein brasilianisches Team realisiert hat.<br />
Er besteht aus hängenden verbrannten Bäumen. Eine Art<br />
posthumer Garten. Das ist ein sehr starkes Bild, man<br />
hat die Waldrodung konkret vor Augen. Ein Stück weiter<br />
zeigt ein chinesisches Team mit La planète fleuri eine<br />
Erde, auf der es außer einem kleinen Büschel mit Blumen,<br />
ganz oben, überhaupt nichts mehr gibt … Diese beiden<br />
Gärten stehen dafür, dass man sich auf der Erde dringend<br />
darüber klar werden muss, wie es um unsere Umwelt bestellt<br />
ist. Andere Gärten des Festivals präsentieren jedoch<br />
gleichzeitig ein optimistischeres Bild, mit Elementen, die<br />
Hoffnung machen, mit Lösungsansätzen, besonders was<br />
Kulturen und Anpflanzungen angeht. Man muss daran<br />
glauben. Ich bin überzeugt, dass wir es gemeinsam schaffen,<br />
wenn jeder von uns Bäume pflanzt und seiner Umwelt<br />
keinen Schaden zufügt.<br />
Links: der Garten « La planète fleurie »<br />
(China). Oben: Die Bäume in den schräg<br />
stehenden Töpfen des optimistischen<br />
Gartens « Régénération » (Frankreich)<br />
zeigen, dass Bäume sich auch in<br />
schwierigen Situationen behaupten<br />
und, wie hier, wieder aufrichten können.<br />
Rechts: der « Jardin du goût » (Frankreich),<br />
eine Hommage an Mutter Erde.<br />
Heißt dies, dass der Garten eine politische Rolle spielt?<br />
Ich spreche lieber von einer kulturellen Rolle. Vor<br />
allem geht es nicht darum, dem Besucher eine Botschaft<br />
aufzudrängen. Ganz im Gegenteil. Der Garten ist ein idealer<br />
Ort, um nachzudenken, er ist aber auch ein poetischer<br />
Ort, ein Ort zum Träumen. Er lädt zur inneren Sammlung<br />
ein und fordert uns manchmal dazu auf, uns selbst,<br />
unsere Rolle gegenüber der Natur, gegenüber anderen,<br />
gegenüber unserer Umwelt zu hinterfragen. Ich bin aber<br />
davon überzeugt, dass es wichtig ist, dass jeder diese Gedanken<br />
selbst spinnen muss. Die Gärten rufen viele und<br />
vor allem positive Reaktionen bei den Besuchern hervor.<br />
Diese schätzen es, dass sie nicht in eine wissenschaftliche<br />
oder politische Auseinandersetzung verwickelt werden,<br />
die Schuldbewusstsein hervorruft, sondern dass sie sich<br />
mit Metaphern auseinandersetzen können, die nicht nur<br />
zum Nachdenken, sondern auch zum Träumen anregen.<br />
Die Politik muss aber sicherlich ebenfalls eine Rolle in Sachen<br />
Umweltschutz erfüllen. Aus meiner Zeit in Deutschland<br />
ist mir beispielsweise in Erinnerung geblieben, dass<br />
man dort in einer Stadt nicht einfach einen Baum fällen<br />
darf, sondern dafür eine Genehmigung benötigt. Und das<br />
ist gut so! In Frankreich ist dies nicht der Fall, aber meiner<br />
Meinung nach wäre es nicht schlecht, sich an Deutschland<br />
ein Beispiel zu nehmen.<br />
Apropos Deutschland. Dieses Land ist für Sie wichtig. Sie haben<br />
einige Jahre dort gearbeitet …<br />
Genau! Ich bin Germanistin und habe Deutschland<br />
bereits in jungen Jahren kennengelernt. Von 1982 bis 1984<br />
hatte ich das Glück, das Französische Kulturzentrum in<br />
Essen leiten zu dürfen. Das war meine erste Arbeitsstelle<br />
dort. Anschließend bot man mir die Stelle als Kulturattachée<br />
der Französischen Botschaft in Bonn an. Dort<br />
war ich bis 1988. In dieser Eigenschaft koordinierte ich<br />
die Arbeit der Instituts français im künstlerischen Bereich.<br />
Anschließend arbeitete ich in Rumänien, Frankreich und<br />
Italien, bevor ich von 2003 bis 2007 erneut in Deutschland<br />
war, diesmal als Leiterin der Kulturabteilung der<br />
Französischen Botschaft in Berlin. Dadurch war ich mit<br />
der sehr aktiven Kulturszene in Deutschland in Kontakt.<br />
Im Grunde genommen wird mir jetzt bewusst, dass ich<br />
meinen Beruf vor allem während meiner Zeit in Essen gelernt<br />
habe. Ich war jung, anpassungsfähig und habe Men-<br />
56 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 57
UNTERWEGS IN FRANKREICH Centre-Val de Loire / Loir-et-Cher<br />
im Saisonverlauf weiterentwickeln. Gerade dieser Punkt gefällt<br />
Besuchern besonders, manche kommen mehrmals her,<br />
um diese Entwicklung mitzuverfolgen. Am interessantesten<br />
finde ich, dass jedes Team aus circa fünf Kreateuren besteht:<br />
Architekten, Designer, Bühnenbildner und Landschaftsgärtner<br />
arbeiten Hand in Hand. Dadurch vervielfacht sich der<br />
Erfindungsgeist. De facto gibt es beim Festival keine Wiederholung.<br />
Glauben Sie mir, ich arbeite jetzt seit rund zehn<br />
Jahren hier und bin immer wieder aufs Neue überrascht.<br />
Der nächste TGV-Bahnhof befindet<br />
Lorient<br />
sich in Tours-Saint-Pierre-des-Corps Kostenloser Parkplatz.<br />
(39 km).<br />
Vannes Um die Domaine bei der Umsetzung<br />
N165/E60<br />
der aktuellen Hygienemaßnahmen A11/E501<br />
Quiberon<br />
Domaine de Chaumont-sur-Loire<br />
zu unterstützen, wird empfohlen, Angers das<br />
41150 Chaumont-sur-Loire<br />
Eintrittsticket online A11/E60auf der Website zu<br />
La Baule<br />
Telefon: +33 (0)2 54 20 99 22<br />
kaufen.<br />
St. Nazaire<br />
Vor Ort gibt Nantes es Verpflegungs möglich<br />
keiten auf der Terrasse A87 des<br />
www.domaine-chaumont.fr<br />
Comp toir des Tilleuls Clisson (Angebot entsprechend<br />
den aktuellen Auflagen<br />
Cholet<br />
für den Gesundheitsschutz) A83<br />
oder<br />
im Les L’Estaminet Sablesd’Olonne<br />
(Salate, Sandwichs,<br />
Gebäck, Eis).<br />
Cherbourg-<br />
Octeville<br />
Neben dem Schloss und seinem Park als geschichtliches Kulturerbe<br />
sowie dem Internationalen Gartenfestival ist die Domaine<br />
auch ein Zentrum für zeitgenössische Kunst, das jedes Jahr<br />
neue Künstler präsentiert. Das liegt Ihnen sehr am Herzen …<br />
Genau, alles ist miteinander verbunden. Zugegeben,<br />
Chaumont hat durch die Kombination von kulturhistorischer,<br />
gartengestalterischer und künstlerischer Identität<br />
eine Sonderstellung in der Welt der Gärten und der Kunst.<br />
Ich wollte erreichen, dass dieser Ort dem Besucher eine<br />
globale kulturelle Erfahrung vermittelt. Ich sage immer,<br />
dass diese Anlage eine Art künstlerische Utopie darstellt.<br />
Egal, wo man sich bewegt, ob im Schloss, in den Pferdeställen,<br />
im Park, auf der Wiese, überall gibt es Dinge zu<br />
sehen, die Staunen und Emotionen hervorrufen. Was die<br />
Boulogne<br />
zeitgenössische Kunst angeht, organisieren wir jedes Jahr<br />
ein künstlerisches Programm mit Ausstellungen im Inneren<br />
und unter freiem Himmel. Dafür geben wir Werke<br />
bei internationalen Künstlern in Auftrag. Einige bleiben,<br />
andere nicht. Gemeinsam mit den Gärten beschäftigen<br />
sie uns, laden zum Nachdenken oder ganz einfach zum<br />
Träumen ein. Eine angenehme Art, eine positive, eine<br />
umsetzbare, eine zuversichtliche Seite zu zeigen.<br />
Chantal Colleu-Dumond, wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />
Calais Dunkerq<br />
Amiens<br />
Arr<br />
schen getroffen, die in mir Aufgeschlossenheit geweckt<br />
haben. Gleichzeitig haben sie mir jedoch auch Gewissenhaftigkeit<br />
beigebracht, ein Merkmal, durch das ich mich<br />
seitdem auszeichne. Ich bin mir darüber bewusst, dass ich<br />
heute in gewisser Weise « deutsch » funktioniere …<br />
Welche Erfahrungen in Deutschland waren für Sie Ihrer Ansicht<br />
nach wichtig?<br />
In Deutschland habe ich den Sinn für Organisation,<br />
Antizipation und Gewissenhaftigkeit gelernt. Doch ich<br />
habe auch vier Jahre in Italien gelebt. Vermutlich bin ich<br />
eine Mischung aus mehreren Dingen: Man nehme deutsche<br />
Gewissenhaftigkeit, gebe italienische Reaktivität<br />
und etwas französische « Verrücktheit » dazu. Ich glaube,<br />
letzten Endes funktioniert das relativ gut! Ich bin zutiefst<br />
europäisch, ich glaube fest an Europa. Ich denke, dass wir<br />
uns all der Stärken, mit denen man gemeinsam wunderbare<br />
Dinge schaffen kann, nicht ausreichend bewusst sind,<br />
zu wenig stolz auf sie sind. Es ist doch sagenhaft, dass<br />
wir in einer Welt leben, wo es Mozart, Beethoven, Verdi<br />
gab … Dieser Kontinent hat eine unglaubliche kulturelle<br />
und philosophische Kraft.<br />
Fehlt Ihnen Deutschland?<br />
Ja, ohne Zweifel. Glücklicherweise kann ich von<br />
Zeit zu Zeit dorthin zurückkehren, zumal ich sehr gerne<br />
Deutsch spreche. Es steht fest, dass ich Deutschland<br />
sehr liebe, vor allem die deutsche Lebensart, die famose<br />
« Gemütlichkeit ». Mich hat es wieder und wieder erstaunt,<br />
dass es in Deutschland, egal in welches Hotel oder<br />
Restaurant man kommt, immer sauber, immer ordentlich<br />
ist. Den Sinn für Gastfreundschaft und Qualität habe ich<br />
stets als besonders angenehm empfunden. Um nochmals<br />
auf die vorherige Frage zurückzukommen: Diese deutsche<br />
Erfahrung hat mich hier in Chaumont im Übrigen sehr<br />
inspiriert, sodass ich bewusst die Qualität in den Mittelpunkt<br />
stelle. Das ist für mich wesentlich und beginnt mit<br />
der Qualität des Empfangs: Wir haben sehr aufmerksames<br />
Personal, das lächelnd grüßt, das auf die Besucher<br />
eingeht, Fragen beantwortet. Aber Qualität ist auch für<br />
die Programmplanung wichtig: Ich achte sehr darauf, dass<br />
die gewählten Themen ein gewisses Niveau haben, zum<br />
Nachdenken anregen. Und ich weiß genau, dass es zum<br />
großen Teil dieser Qualitätsbesessenheit zu verdanken ist,<br />
wenn so viele Besucher auf die Domaine kommen.<br />
Im nächsten Jahr feiert das Internationale Gartenfestival von<br />
Chaumont-sur-Loire seinen 30. Geburtstag. Es ist heute einer<br />
der wichtigsten touristischen Anziehungspunkte der Region.<br />
Dennoch erschien das Projekt zu Beginn etwas verrückt …<br />
Das stimmt. Die Idee, ein Trendbarometer für Gärten<br />
zu präsentieren, erschien gewagt, hat jedoch schnell funktioniert.<br />
Vor zehn Jahren hatten wir 200 000 Besucher, im<br />
letzten Jahr waren es mehr als 530 000. Das ist ein schöner<br />
Erfolg. Man muss wissen, dass man hier einen erstaunlichen<br />
Blick auf die Welt des Gartens wirft: Jedes Jahr präsentieren<br />
mehr als 20 internationale Teams ihre Gartenkreationen.<br />
Die Teams bestehen im Allgemeinen aus jungen Menschen<br />
im Alter zwischen 25 und 35 Jahren. Alle haben die gleiche<br />
Fläche zur Verfügung, um einen Garten zu gestalten, der<br />
eine Verbindung zum Thema des Jahres haben und für eine<br />
Dauer von sechs Monaten angelegt sein muss. Er soll sich<br />
Lesetipps & Reiseinfos<br />
Domaine de Chaumont-sur-Loire …<br />
… Berlin 1260 km … Hamburg 1074 km<br />
… Köln 681 km … Frankfurt 752 km<br />
Lannion<br />
… München 966 km … Wien 1483 km<br />
… Zürich 664 km<br />
N12/E50… Paris 194 km<br />
Brest … Tours 41 km Saint-Brieuc<br />
… Blois 20 km<br />
N12/E50<br />
Die nächstgelegenen Flughäfen, die<br />
aus dem deutschsprachigen<br />
N164<br />
Raum<br />
direkt angeflogen werden, sind die<br />
Pariser Quimper Flughäfen Orly (186 km) und<br />
D<strong>76</strong>8<br />
Charles de Gaulle (216 km).<br />
Combrit<br />
N165/E60<br />
N24<br />
Schloss und Kunstzentrum sind täglich<br />
geöffnet, außer am A84/E401 1. Januar und am<br />
25. Dezember.<br />
Das Saint-Malo Internationale Avranches Gartenfestival ist<br />
von Ende April bis zum 1. November<br />
täglich N1<strong>76</strong>/E401 Mont-Saint-Michel<br />
geöffnet.<br />
Die Öffnungszeiten schwanken je nach<br />
A84<br />
Saison. Bitte informieren Sie sich vor<br />
einem Besuch auf der Website.<br />
Tageskarte 12 – 19 €, Zweitagespass<br />
Rennes<br />
20 – 33 € (je nach Saison).<br />
Montalivet<br />
Saint-Lô<br />
N13<br />
Caen<br />
Le A29/E44 Havre<br />
A131 Jumièges<br />
Honfleur<br />
A13/E46<br />
A28/E402<br />
Le Mans<br />
A28/E502<br />
A86/E60<br />
A10/E5<br />
Rouen<br />
A11/E50<br />
A13/E5<br />
Dreux<br />
Chartres<br />
A10/E5-E60<br />
A10/E5<br />
Cheverny<br />
Tours Chenonceau<br />
A85<br />
A83<br />
Poitiers<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 43: Cheverny, das Schloss von Tim und Struppi (23 km entfernt)<br />
Chenonceau, Chambord, Azay-le-Rideau, die großen Saint-Sigismond Namen im Loire-Tal lassen manchmal<br />
vergessen, dass auch weniger bekannte Schlösser in der Nachbarschaft einen Umweg lohnen. Ein<br />
N11/E601<br />
solches befindet sich südöstlich von Blois in Cheverny. Niort Zwar hat hier niemals ein König gewohnt,<br />
dafür ist das Schloss den meisten Kindern La und Rochelle Erwachsenen wegen einer Comicserie bekannt: Tim<br />
E5/A10<br />
und Struppi. Cheverny war das Vorbild für das berühmte Schloss Mühlenhof von Kapitän<br />
Haddock. Darüber hinaus erzählt es von einer großen Familiendynastie und ist eines der<br />
heute noch am prunkvollsten eingerichteten E602/A837 Schlösser entlang der Loire.<br />
Monts<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG Angoulême DIESER UND ANDERER AUSGABEN<br />
FINDEN SIE AUF SEITE 86.<br />
Blois<br />
Chambord<br />
A20/E9<br />
A16<br />
PARIS<br />
Versailles<br />
Orléans<br />
A71/E9<br />
A6/E15<br />
Chaumont-sur-Loire<br />
Limoges<br />
Bourges<br />
A71/E11<br />
Montluçon<br />
A8<br />
58 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
E5/A10<br />
Périgueux<br />
A89/E70<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 59<br />
Tulle<br />
Brive-la-Gaillarde<br />
Le Pescher<br />
Saillac
UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays Paris de la Loire<br />
Saint-Germain-des-Prés<br />
Seit dem Welterfolg des Romans<br />
Da Vinci Code von Dan Brown im<br />
Jahr 2003, dessen Handlung in<br />
der Kirche Saint-Sulpice in Paris<br />
spielt, ist dieses religiöse Gebäude<br />
auf dem ganzen Planeten bekannt.<br />
Obwohl sich seitdem die<br />
Besucher dort drängen, bleibt<br />
eine der Kapellen, in der sich drei<br />
riesige Wandgemälde befinden,<br />
die man eher im Louvre erwartet<br />
hätte, weitgehend unbeachtet.<br />
Diese Malereien sind das Werk<br />
des berühmten Malers Eugène<br />
Delacroix (1798-1863), der ihnen<br />
mehrere Jahre seines Lebens<br />
widmete, obwohl er bereits krank<br />
und manchmal an dem Punkt<br />
war, aufzugeben. Besonders Der<br />
Kampf Jakobs mit dem Engel ist<br />
eines der berühmtesten Gemälde<br />
des Künstlers und der französischen<br />
Malerei überhaupt.<br />
Eugène Delacroix fotografiert vor 1863 von Carjat &<br />
Cie (Musée Carnavalet – Histoire de Paris). Rechte<br />
Seite: die Chapelle des Saints-Anges, gleich hinter<br />
dem Eingang der Kirche Saint-Sulpice, an deren<br />
Dekoration Delacroix 12 Jahre lang arbeitete.<br />
60 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong>
UNTERWEGS IN FRANKREICH Paris<br />
Der Platz und die Kirche Saint-Sulpice im 18. Jahrhundert, ein Werk der Zeichnerin Anna Schmidt<br />
und des Graveurs Frédéric Salathé (Musée Carnavalet – Histoire de Paris).<br />
Der Passant, der im Pariser Viertel Saint-Germaindes-Prés<br />
an der Kirche Saint-Sulpice vorbeigeht,<br />
ahnt oft nicht, dass er dabei nur wenige Schritte<br />
von einem der größten Meisterwerke der französischen<br />
Malerei entfernt ist. Dabei müsste er nur die gepolsterte<br />
Tür der Kirche öffnen und eintreten – was zudem noch<br />
kostenlos ist –, um ein Gemälde des berühmten französischen<br />
Malers Eugène Delacroix zu entdecken, das viele<br />
als dessen « spirituelles Testament », als « das Werk eines<br />
ganzen Lebens » ansehen: Der Kampf Jakobs mit dem Engel.<br />
Derselbe Passant ahnt meist nicht im Geringsten, wie viel<br />
Hartnäckigkeit, wie viel unglaubliche Verbissenheit notwendig<br />
war, damit Delacroix diese Arbeit vollenden konnte.<br />
Es war eine jahrelange Prüfung, gegen die er im wahrsten<br />
Sinne des Wortes Krieg führte. Einen Krieg gegen sich<br />
selbst, um Inspiration zu finden, aber auch einen Krieg gegen<br />
seine Krankheit, die Feuchtigkeit und Kälte des Ortes.<br />
Delacroix litt nicht nur an der Kehlkopftuberkulose, die<br />
schließlich zu seinem Tod führte, sondern auch an einer<br />
Hodenentzündung, und das bei seinem Beruf, der ihn dazu<br />
zwang, aufrecht oder sogar auf einer Leiter stehend zu arbeiten<br />
… Grund genug also für den Passanten, der heute<br />
über den Place Saint-Sulpice geht, seinen Weg nicht einfach<br />
fortzusetzen, sondern sich etwas Zeit zu nehmen, die<br />
Kirche zu betreten und die unvorstellbare Arbeit von Delacroix<br />
zu betrachten. Das ist eine schöne Art, den Maler<br />
und sein Werk zu würdigen.<br />
Zwölf Jahre Arbeit<br />
Ernst zwischen Delacroix und Saint-Sulpice wird es<br />
am 28. April 1849, als der Innenminister beim Maler offiziell<br />
drei große Wandgemälde bestellt, welche die Chapelle<br />
des Fonts-Baptismaux der Pariser Kirche schmücken<br />
sollen. Der Raum ist groß, die Arbeit entsprechend umfangreich:<br />
Es geht darum, zwei ausladende Wände sowie<br />
die Decke der Kapelle zu schmücken. Diese ist zentral<br />
gelegen: direkt hinter dem Eingang der Kirche. Wie im<br />
ganzen Gebäude sind die Mauern feucht, für einen Maler<br />
ist der Ort relativ düster. Die Aufgabe erweist sich als<br />
nicht einfach. Delacroix, der mit seinen 50 Jahren bereits<br />
über umfangreiche Berufserfahrung verfügt, ist sich darüber<br />
voll bewusst. Vor allem, da er Saint-Sulpice kennt: Er<br />
ist zwar Agnostiker und besucht nicht viele Kirchen, doch<br />
diese hat oft seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Bereits<br />
im Alter von 22 Jahren, als er in einem Dachzimmer<br />
in der nahe gelegenen Rue Jacob wohnte, hat er die beiden<br />
Türme von Saint-Sulpice auf einem Bild verewigt. Insofern<br />
nimmt er diese Arbeit erfreut in Angriff, für die ihm<br />
das Ministerium einen Betrag von genau 26 826 Francs<br />
in Aussicht stellt. Delacroix weiß damals noch nicht, dass<br />
ihn dieser Vertrag bis 1861, also 12 Jahre lang, beschäftigen<br />
wird, denn erst am 22. Juli 1861 wird er die Dekoration<br />
der Kapelle vollenden. Zu diesem Zeitpunkt hat er<br />
dann noch zwei Jahre zu leben …<br />
Krieg gegen die Feuchtigkeit<br />
Bevor Delacroix noch die<br />
Themen bestimmt, die er bei<br />
der Gestaltung der Kapelle<br />
umsetzen will, wird ihm<br />
bewusst, dass die vordringlichste<br />
Aufgabe zunächst<br />
in der Vorbereitung des<br />
Mauerwerks besteht.<br />
Dieses ist in einem sehr<br />
schlechten Zustand, porös<br />
und sehr feucht, sodass<br />
man darauf zu diesem<br />
Zeitpunkt gar keine Farbe<br />
anbringen kann. Umso<br />
weniger, als dass es im<br />
19. Jahrhundert Praxis ist,<br />
eine Farbe auf der Basis<br />
von Öl und Wachs zu<br />
verwenden, die zwingend<br />
einen ganz trockenen<br />
Untergrund voraussetzt.<br />
Bereits diese Vorarbeiten<br />
erweisen sich aufgrund der<br />
Beschaffenheit der Mauern<br />
viel komplizierter als<br />
vorgesehen. Für Delacroix<br />
beginnt ein regelrechter<br />
Krieg gegen die Feuchtigkeit,<br />
der schnell zu einer<br />
Zwangsvorstellung wird.<br />
Die Kapelle, in der er – hinter Gerüsten und Holzbrettern<br />
vor Blicken geschützt – arbeitet, wird für ihn zu einem<br />
befestigten Lager. Nahezu zu einem Gefängnis. Eine<br />
Anspielung darauf findet sich in seinem Tagebuch wieder,<br />
da er darin statt « Mauer » oft das Wort « Festungsmauer »<br />
verwendet. Sieben Jahre lang widmet er sich diesen vorbereitenden<br />
Arbeiten. Selbstverständlich ist er in dieser Zeit<br />
oft mehrere Monate lang abwesend – vor allem, um an anderen<br />
Orten zu malen –, doch Saint-Sulpice und die durch<br />
die Feuchtigkeit verursachten Probleme beherrschen sein<br />
ganzes Denken. Oft ist er kurz davor aufzugeben: « Diese<br />
Arbeit ist für mich zum Albtraum meiner Tage geworden,<br />
ich werde sie wahrscheinlich niemals vollenden », schreibt<br />
er …<br />
Das Gemälde Der Kampf Jakobs mit dem Engel, das Delacroix<br />
direkt auf die Wand der Kapelle malte, misst 7,51 m auf 4,85 m.<br />
Kapelle oder Verlies?<br />
Doch Delacroix bleibt hartnäckig. Er verbeißt sich<br />
regelrecht. Von der Krankheit bereits gezeichnet spürt<br />
er, dass dies das Werk seines Lebens ist. Dafür muss er<br />
sich selbst übertreffen. Ab 1855 widmet er sich dann voll<br />
und ganz dieser Kirche, die Arbeiten werden zu seinem<br />
Lebenszweck. Er möchte sooft wie möglich dort sein. In<br />
seinem Tagebuch erwähnt er, dass er auch am Sonntag in<br />
der Kirche arbeiten möchte. Dazu benötigt er jedoch<br />
die Genehmigung der kirchlichen Verantwortlichen.<br />
Der Abt lehnt das Ansinnen<br />
ab. Delacroix geht sogar so weit,<br />
den Kaiser und die Kaiserin um<br />
Intervention zu bitten. Vergebens.<br />
An vielen Sonntagen gelingt<br />
es ihm dennoch, « im Verborgenen<br />
» auf seinem Gerüst zu<br />
arbeiten. Die Kapelle ähnelt<br />
für ihn immer mehr einem<br />
regelrechten « Verlies », in das<br />
er sich – zur Beunruhigung<br />
seiner Nächsten – zurückzieht.<br />
Es geht ihm wie so vielen anderen<br />
Künstlern: Gerade die<br />
physisch extrem anstrengende<br />
Arbeit verschafft ihm ein echtes<br />
Glücksgefühl. Das hindert<br />
ihn jedoch nicht daran, sich<br />
Fragen zu stellen, manchmal<br />
sogar zu zweifeln. So schreibt<br />
er in seinem Tagebuch: « Die<br />
Malerei setzt mir in Wahrheit<br />
zu, quält mich, wie eine der<br />
anspruchsvollsten Maitressen<br />
[…] doch woher kommt es,<br />
dass dieser ewige Kampf mich<br />
nicht niederstreckt, sondern<br />
mich stärkt, dass er mich nicht<br />
entmutigt, sondern mich tröstet,<br />
mich beschäftigt, sobald<br />
ich die Arbeit ruhen lasse? »<br />
Saint-Sulpice, eine theatralische Kirche<br />
Unermüdlich kehrt Delacroix in die Kirche Saint-<br />
Sulpice zurück, wo er von den beiden treuen Malern<br />
Pierre Andrieu (1821-1892) und Louis Candide Boulanger<br />
(1806-1867) unterstützt wird. Die Wände und die Decke<br />
der Kapelle – die in der Zwischenzeit in Chapelle des<br />
Saints-Anges umbenannt wurde – sind endlich saniert,<br />
und 1855 werden dann die ersten Entwürfe umgesetzt.<br />
Für die Motive lässt sich Delacroix von der Architektur<br />
von Saint-Sulpice als Ganzes inspirieren: Mit ihren beiden<br />
weit auseinanderstehenden Türmen und der monumentalen<br />
Fassade ist sie für den Maler immer eine erstaunliche<br />
62 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 63
UNTERWEGS IN FRANKREICH Paris<br />
Grenzenlose Verbissenheit<br />
Wenn sein Gesundheitszustand es zulässt, arbeitet<br />
Delacroix umso härter in Saint-Sulpice. Er macht sogar<br />
die Bemühungen seiner Freunde zunichte, die ihn im<br />
Sommer 1860 überzeugen können, die Hauptstadt für<br />
ein paar Wochen zu verlassen und nach Champrosay<br />
zu gehen. Dieses kleine, ruhige, bei Künstlern beliebte<br />
Dorf liegt rund 30 Kilometer südlich von Paris und wird<br />
vor allem wegen der im Vergleich zu Paris viel reineren<br />
Luft geschätzt. Doch nach ein paar Tagen in der Abgeschiedenheit<br />
hält Delacroix es nicht mehr aus und<br />
nimmt bei Tagesanbruch den ersten Zug, um wieder<br />
in Saint-Sulpice zu sein. Dort zieht er sich zum Malen<br />
zurück, nimmt aber dennoch nachmittags, seiner Gesundheit<br />
zuliebe, einen Zug zurück nach Champrosay.<br />
Schließlich fährt er jeden Tag hin und her, was ihn mit<br />
Sicherheit noch etwas mehr ermüdet. Seine Freunde wagen<br />
es nicht, etwas dagegen zu sagen, denn sie wissen<br />
nur zu gut, dass der Künstler seit Jahren von der Vollendung<br />
der Gemälde in Saint-Sulpice besessen ist.<br />
Oben: Delacroix hat die Wandmalereien darüber hinaus mit einem Trompe-l‘œil umgeben, das wie ein täuschend echter Holzrahmen aussieht.<br />
Rechte Seite: Einige Hundert Meter von Saint-Sulpice entfernt befindet sich das Musée Eugène<br />
Delacroix; im Garten des Gebäudes liegt das ehemalige Atelier des Malers.<br />
und untypische « theatralische Kirche » gewesen. Dieses<br />
Theatralische will er aufgreifen, sogar verstärken. Es sollen<br />
daher nicht « nur » religiöse Gemälde werden, sondern<br />
sie sollen die Kapelle mit Leben erfüllen, die Aufmerksamkeit<br />
des Besuchers auf sich ziehen, genauso wie ein<br />
Schauspieler die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf sich<br />
zieht. Davon ist Delacroix überzeugt. Schließlich war bereits<br />
der Italiener Giovanni Niccolo Geronimo Servandoni<br />
(1695-1<strong>76</strong>6), einer der acht für Bau und Renovierung<br />
von Saint-Sulpice verantwortlichen Architekten, neben<br />
seiner Tätigkeit als Architekt auch Theater- und Operndekorateur!<br />
Realistisch erscheinende,<br />
kämpfende Engel<br />
Der Maler will also auf den drei Gemälden nicht einfach<br />
« klassische » Darstellungen aus der Bibel umsetzen<br />
und auf brave und traditionelle Art interpretieren, sondern<br />
kämpfende Engel darstellen, die sehr lebendig und realistisch<br />
erscheinen. Er setzt alles daran, dass diese Malereien<br />
die theatralische Atmosphäre von Saint-Sulpice ergänzen.<br />
Zunächst verbringt Delacroix Monate damit, Skizzen<br />
anzufertigen, um die beste Möglichkeit herauszuarbeiten,<br />
wie er die Bewegungen und die Ausdrucksstärke der<br />
Szenen umsetzen will. Später, als er dann unter großem<br />
Krafteinsatz mit den eigentlichen Gemälden in der Kapelle<br />
beginnt, macht sich bereits eine gewisse Müdigkeit<br />
bemerkbar. Um Zeit zu sparen – und Energie, denn daran<br />
beginnt es zu mangeln – verlässt Delacroix im Dezember<br />
1857 seine Unterkunft in der Rue Notre-Dame-de-<br />
Lorette und installiert seine Wohnung und sein Atelier in<br />
der Rue de Furstenberg <strong>Nr</strong>. 6. Dieses Gebäude liegt ganz<br />
in der Nähe der Kirche und beherbergt heute das Musée<br />
Delacroix, eines der persönlichsten und charmantesten<br />
Museen von Paris.<br />
64 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 65
UNTERWEGS IN FRANKREICH Paris<br />
Begrenzte Anerkennung<br />
Die Monate Februar, März und April 1861 sind vom<br />
gnadenlosen Kampf Delacroix‘ geprägt. Der Mann ist allein,<br />
todmüde, gelähmt vor Schmerzen, denen Kälte und<br />
Feuchtigkeit in der Kirche nicht gerade zuträglich sind.<br />
Doch obwohl es ihm immer schwerer fällt, die Arbeit zu<br />
beenden, gibt er nicht auf. Einige Monate später, am 31.<br />
Juli 1861, kann die Einweihung der Wandmalereien in<br />
der Kapelle im Rahmen einer kleinen Zeremonie stattfinden.<br />
Delacroix wohnt ihr bei, ist aber in einem seltsamen<br />
Zustand, wie jemand, der auf seine Verurteilung wartet.<br />
Die Kommentare sind relativ positiv, der Künstler bleibt<br />
trotzdem verdrossen. Er alleine weiß, was diese Arbeit<br />
Reiseinfos & Lesetipps<br />
genau repräsentiert. Er hat ein wesentlich größeres Lob<br />
erwartet. « Weder der Minister noch der Präfekt haben<br />
mich besucht …», notiert er abends enttäuscht in seinem<br />
Tagebuch. Das ist richtig. Vermutlich haben die offiziellen<br />
Vertreter – genauso wie die meisten Passanten, die heute<br />
über den Platz Saint-Sulpice gehen – sich nicht die Zeit<br />
genommen, die ungeheure Arbeit des großen Malers<br />
Calais Dunkerque<br />
und die Hartnäckigkeit, die er dafür an den Tag legen<br />
musste, zu erkennen und zu würdigen. Heute kann man<br />
dieses Versäumnis gutmachen, indem Boulogne man Saint-Sulpice<br />
besucht, das Bild Der Kampf Jakobs mit dem Engel betrachtet<br />
und sich sagt, dass dieser Starrsinn letzten Endes<br />
vollkommen mit dem unglaublichen realistischen Kampf<br />
übereinstimmt, den Delacroix veranschaulicht hat …<br />
Arras<br />
Roubaix<br />
Lille<br />
Guyenco<br />
Zwei Bücher für alle,<br />
die noch tiefer einsteigen möchten:<br />
Jean-Paul Kauffmann, La Lutte avec l’Ange, Éditions Folio,<br />
334 Seiten, ISBN 978-2070420162.<br />
Dieser spannende Roman des Schriftstellers, Journalisten und<br />
Kunstliebhabers Jean-Paul Kauffmann ist schon beinahe ein Krimi.<br />
Er führt darin regelrechte Ermittlungen über das Gemälde Der<br />
Kampf Jakobs mit dem Engel von Delacroix. Die Kirche Saint-Sulpice<br />
und dieses Bild haben seine Neugier geweckt, sodass er im Verlauf<br />
der fesselnden Handlung versucht, den versteckten Sinn des<br />
Werkes zu enthüllen. Der Leser wird aufgefordert, ihm zu den Orten und<br />
Personen zu folgen, die Schlüssel für das Verständnis des rätselhaften Werkes sind.<br />
Sébastien Allard, Côme Fabre und Asher Miller,<br />
Delacroix, Hazan/Louvre Éditions,<br />
480 Seiten, ISBN 978-2754114431.<br />
Dieser schöne Bildband mit bemerkenswerten<br />
Abbildungen war der offizielle Ausstellungskatalog der<br />
Retrospektive Delacroix 1798-1863, die 2018 im Louvre<br />
gezeigt wurde. Es ist eines der umfangreichsten Werke,<br />
das sich der Arbeit von Delacroix widmet. Man kann darin<br />
die komplexe Persönlichkeit des Künstlers, der sowohl<br />
diskret als auch ruhmversessen, neugierig<br />
und kultiviert war, gut erfassen. Ganz unerwartet<br />
entdeckt man, dass Delacroix das Schreiben ebenso gut<br />
beherrschte wie das Malen und Zeichnen.<br />
66 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Brest<br />
Quimper<br />
Combrit<br />
Angers<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 75:<br />
A11/E60<br />
La Baule<br />
Champs-Elysées: eine Aufforderung<br />
St. Nazaire<br />
zum Träumen? (2 km Nantes entfernt)<br />
Im Herzen vieler ist sie nach wie vor A87<br />
« die schönste Straße der Clisson Welt ». Aber<br />
Cholet<br />
wie lange noch? Die Avenue<br />
des Champs-Élysées,<br />
A83<br />
die Les sich Sablesd’Olonne<br />
2,5 Kilometern vom<br />
über eine Länge<br />
von<br />
Place de la Concorde bis<br />
zum Arc de Triomphe A83<br />
erstreckt, ist heute<br />
Saint-Sigismond<br />
laut und verschmutzt.<br />
Über ein Projekt<br />
N11/E601<br />
für<br />
Niort<br />
ihre Umgestaltung, La Rochelle ein<br />
komplett neues Konzept für diese Straße. E5/A10<br />
Cherbourg-<br />
Octeville<br />
Paris …<br />
… Berlin 1054 km … Hamburg 872 km<br />
… Köln 470 km … Frankfurt 569 km<br />
… München 817 km … Wien 1405 km<br />
… Zürich 584 km<br />
N165/E60<br />
Die beiden Pariser Flughafen Orly (16<br />
km) und Charles de Gaulle (25 km)<br />
werden aus dem deutschsprachigen<br />
Raum direkt angeflogen.<br />
Lannion<br />
Saint-Malo<br />
<br />
Église Saint-Sulpice<br />
Place Saint-Sulpice<br />
N1<strong>76</strong>/E401<br />
Saint-Brieuc<br />
75006 Paris N12/E50<br />
Telefon: +33 (0)1 42 34 59 98<br />
N12/E50<br />
N164<br />
www.pss75.fr/saint-sulpice-paris<br />
D<strong>76</strong>8<br />
Die Kirche ist täglich von 7.30 Uhr<br />
bis 19.30 Uhr geöffnet. N24Es herrscht<br />
Maskenpflicht.<br />
Lorient<br />
Quiberon<br />
Vannes<br />
N165/E60<br />
<br />
Musée Eugène Delacroix<br />
6, rue de Fürstenberg<br />
Le A29/E44 Havre<br />
75006 Paris<br />
A131<br />
Telefon: +33 (0)1 44 41 86 Honfleur 50<br />
N13<br />
www.musee-delacroix.fr Caen<br />
Saint-Lô<br />
Normaltarif 7 €, Kombiticket für den<br />
Besuch<br />
A84/E401des Louvre am selben oder<br />
folgenden Tag 15 €.<br />
A28/E402<br />
A13/E46<br />
Avranches<br />
Die meisten Räume des Museums<br />
Mont-Saint-Michel sind verhältnismäßig klein.<br />
Durch die Maßnahmen für den<br />
A84Gesundheitsschutz im Hinblick auf<br />
das Coronavirus muss für den Besuch<br />
telefonisch (9.30 Uhr bis 17.30 Uhr) ein<br />
Zeitfenster reserviert werden. Sollten<br />
Rennes Plätze für die nächste Besichtigung<br />
verfügbar sein, ist dies auch vor Ort<br />
Le Mans<br />
möglich. Es herrscht Maskenpflicht.<br />
A11/E501<br />
Montalivet<br />
Angoulême<br />
Poitiers<br />
A28/E502<br />
A86/E60<br />
Monts<br />
Rouen<br />
A11/E50<br />
Blois<br />
A13/E5<br />
Dreux<br />
Chartres<br />
A10/E5-E60<br />
Versailles<br />
A10/E5<br />
Chambord<br />
A16<br />
Orléans<br />
Amiens<br />
PARIS<br />
A6/E15<br />
Chaumont-sur-Loire<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 60: Cheverny<br />
Saint-Germain-des-Prés, Tours Chenonceau mehr A71/E9 als ein<br />
A85<br />
Viertel, die Seele von Paris?<br />
A10/E5 Saint-Germain-des-Prés gehört neben dem<br />
Bourges<br />
Eiffelturm, Montmartre und den Champs-<br />
Élysées zu den legendären Orten<br />
in Paris. Das A20/E9 Viertel war jahrelang<br />
ein beliebter Treffpunkt A71/E11 von<br />
Intellektuellen, Künstlern und<br />
Politikern und wurde lange Zeit<br />
als die intellektuelle Seele der<br />
Hauptstadt betrachtet. Was ist<br />
von diesem Mythos heute noch<br />
übriggeblieben? Wie Montluçon sieht die<br />
Realität in diesem Viertel aus?<br />
E602/A837<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 86.<br />
Limoges<br />
A1/E15-E19<br />
A89/E70<br />
A5/E54<br />
A4/E50<br />
Sens<br />
A71/E11<br />
Clermont-<br />
Ferrand<br />
Puy de<br />
A75/E11<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 67 le Mont-Dore
UNTERWEGS IN FRANKREICH Hotel<br />
Das Quartier Latin ist das historische und<br />
intellektuelle Zentrum von Paris und heute<br />
noch eines der authentischsten Viertel der<br />
Hauptstadt. Will man nur wenige Gehminuten<br />
von der Kathedrale Notre Dame,<br />
dem Panthéon und der Sorbonne entfernt<br />
übernachten, so bietet sich das erst kürzlich<br />
renovierte Hotel La Lanterne an. Es ist<br />
eine Ausnahmeerscheinung in diesem<br />
Viertel, denn es gehört zu den wenigen<br />
seiner Art, die sich durch einen ruhigen,<br />
intimen Charakter auszeichnen und gleichzeitig<br />
hochwertige Dienstleistungen anbieten.<br />
Und das zu einem Preis-Leistungs-<br />
Verhältnis, wie es in Paris äußerst selten<br />
ist. Diese Adresse sollte man sich merken,<br />
wenn man sich etwas gönnen will!<br />
Eine Wohnung im Quartier Latin können sich<br />
seit einigen Jahren nur noch wenige Pariser<br />
leisten. Wie in zahlreichen anderen Vierteln<br />
der Hauptstadt sorgen Quadratmeterpreise<br />
zwischen 10 000 und 18 000 Euro auch hier dafür,<br />
dass immer mehr Bewohner die Gebäude allmählich<br />
verlassen, obwohl ihre Familie vielleicht bereits<br />
seit Generationen dort wohnte. Dennoch konnte<br />
das Quartier Latin zumindest bislang seine Seele<br />
bewahren und bietet eine Atmosphäre, die sich von<br />
anderen Pariser Vierteln deutlich abhebt. Dazu trägt<br />
nicht zuletzt die berühmte, alteingesessene Universität<br />
Paris 1 Panthéon-Sorbonne bei. Ihre Studenten<br />
und die der zahlreichen anderen Schulen und Universitätsableger<br />
in diesem Stadtteil sorgen für ein<br />
der geistigen Arbeit gewidmetes und zugleich<br />
dynamisches Ambiente, ein Eindruck, der durch<br />
renommierte Verlage, geschichtsträchtige<br />
Buchhandlungen und Filmkunstkinos noch<br />
verstärkt wird. Hier schlägt das Herz von Paris, das<br />
Herz einer Stadt der Verliebten, der Bücher, der<br />
Kultur und der Bildung.<br />
Mitten in dieser eigenen, kleinen Welt, nahezu<br />
versteckt in einer kleinen Straße, auf halbem Weg<br />
zwischen Notre Dame und Panthéon, liegt eine<br />
Besonderheit dieses Viertels: das Hotel La Lanterne.<br />
In diesem erst vor Kurzem von Grund auf<br />
renovierten Haus gibt es keine dieser winzig kleinen<br />
Zimmer, die eher altmodisch eingerichtet und<br />
dekoriert und für zahlreiche andere Hotels typisch<br />
sind. Hier haben anspruchsvolle Gäste die Wahl<br />
unter 42 Zimmern, die sich bereits durch ihre<br />
Größe von 16 bis 45 Quadratmetern angenehm<br />
abheben. Einige erstrecken sich über zwei Etagen,<br />
andere bieten einen Blick in den schönen Garten.<br />
Die eigentliche Überraschung befindet sich jedoch<br />
im Untergeschoss: In einem effektvollen Gewölbekeller<br />
befindet sich ein großartiger Pool, ein regelrechtes<br />
Schmuckstück, das so schnell nicht seinesgleichen<br />
findet. An den Pool angeschlossen ist ein<br />
Wellnessbereich im Designerstil mit Hamam und<br />
Sauna: eine Oase der Erholung. Abgerundet wird<br />
das Ganze durch einen gut ausgestatteten Fitnessbereich.<br />
Wenn man einen Tag lang die zahlreichen<br />
Monumente der näheren Umgebung besucht hat<br />
(Panthéon, Kirche Saint-Sulpice, Kathedrale Notre-Dame,<br />
Institut du Monde Arabe) oder einfach<br />
zu Fuß durch das Viertel gebummelt ist, sind diese<br />
Einrichtungen überaus willkommen.<br />
Ein persönliches Hotel in einer überschaubaren<br />
Größe mit Personal, das den Gästen jeden Wunsch<br />
von den Augen abliest, aber dennoch diskret bleibt:<br />
Solche Merkmale sind ein echtes Plus und machen<br />
den Unterschied. Was Service und persönlichen<br />
Empfang angeht, so ist La Lanterne ganz vorne<br />
mit dabei. Der Concierge-Service « Clef d’Or » – in<br />
68 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 69
UNTERWEGS IN FRANKREICH Hotel<br />
Deutschland nennt sich dieser Service « Die Goldenen<br />
Schlüssel » – ist das Nonplusultra in dieser Beziehung und<br />
steht für Dienstleistungen, die großen Hotels in nichts<br />
nachstehen. Chic und Eleganz verströmen, aber trotzdem<br />
den Esprit des Viertels leben, sind in diesem Hotel<br />
kein Widerspruch. Das zeigt sich beispielsweise, wenn<br />
der Concierge-Service ein nahe gelegenes Restaurant mit<br />
vernünftigen Preisen empfiehlt, wo man « wie zu Hause »<br />
empfangen wird, sobald man mitteilt, von wem man die<br />
Empfehlung bekommen hat.<br />
Die Zimmer im La Lanterne sind sehr komfortabel, die<br />
Betten neu, die Dekoration strahlt viel Charme aus. Auch<br />
hier sorgt das moderne Design für ein wohltuendes Ambiente.<br />
Nicht zu vergessen die Beleuchtung, auf die man – ganz<br />
untypisch für Paris – offensichtlich besonderen Wert gelegt<br />
hat: Sie sorgt für eine ausreichende Helligkeit, schafft aber<br />
dennoch eine angenehme Atmosphäre. Die Badezimmer,<br />
in denen sich das Flair des Raumes fortsetzt, zeichnen sich<br />
ebenfalls durch ihre Größe und eine durchdachte Gestaltung<br />
aus: Hier muss man sich nicht, wie in so vielen anderen<br />
Hotels des Viertels, in eine enge Duschkabine zwängen,<br />
sondern genießt die Größe eines « richtigen » Bades.<br />
Nach Aufhebung der Ausgangssperre wurde das Hotel<br />
Anfang Juli wiedereröffnet. Selbstverständlich wurden<br />
alle erforderlichen Maßnahmen für den Schutz der Gesundheit<br />
ergriffen: Alle Einrichtungen werden häufiger sauber gemacht,<br />
an diversen Orten steht Handdesinfektionsmittel zur Verfügung<br />
und sowohl die Zimmer als auch der Fitnessraum werden<br />
nach jedem Gast gereinigt und desinfiziert. Die Bedingungen<br />
für Reservierung und Stornierung wurden vereinfacht, sodass<br />
nun eine kostenlose Stornierung bis 24 Stunden vor der Anreise<br />
möglich ist. Darüber hinaus gibt es Spezialangebote sowie<br />
ein kostenloses Frühstück bei einer direkten Reservierung.<br />
Viele Gründe also, um ganz entspannt diesen Ort zu genießen,<br />
der ein richtiggehendes Juwel in einem der sympathischsten<br />
Viertel von Paris darstellt.<br />
<br />
La Lanterne****<br />
12, rue de la Montagne Sainte Geneviève<br />
75005 Paris<br />
Telefon: +33 (0)1 53 19 88 39<br />
www.hotel-la-lanterne.com<br />
42 Zimmer von 16 bis 45 m² (Classique,<br />
Supérieure, Deluxe, Suite, Duplex,<br />
Familienzimmer), einige davon mit eigener<br />
Terrasse.<br />
Preis: ab 170 € pro Nacht.<br />
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70 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 71
FRANKREICH HEUTE Preis<br />
Das französische Satiremagazin Charlie Hebdo und die<br />
Vereinigung Dessinez Créez Liberté (DCL) haben in diesem<br />
Jahr den Prix Charlie ins Leben gerufen. Das Thema dieser<br />
ersten Ausschreibung, die sich an nicht professionelle<br />
Zeichner im Alter von 18 bis 25 Jahren richtet, hieß « Leben<br />
ohne Handy ». Von den 258 Einsendungen wurden in<br />
einem ersten Schritt zunächst 15 ausgewählt und schließlich<br />
zwei Preise vergeben, da die Jury sich letztendlich<br />
nicht zwischen den beiden Teilnehmern entscheiden<br />
konnte. Eine der beiden Zeichnungen, die mittlerweile im<br />
Magazin Charlie Hebdo veröffentlicht wurden, stammt von<br />
einem jungen, talentierten Deutschen: dem 18-jährigen<br />
Tyll Peters aus Hamburg. Wir haben aus diesem Anlass mit ihm über seine – zahlreichen<br />
– Verbindungen zu Frankreich gesprochen und darüber, wie er über Humor<br />
und Satire im Zusammenhang mit den Medien und der Gesellschaft denkt, sowie über<br />
die Unterschiede, die seiner Meinung nach in dieser Beziehung zwischen Deutschland<br />
und Frankreich bestehen.<br />
Tyll Peters, welche Beziehung haben Sie zu Frankreich?<br />
Frankreich ist das Land, aus dem so viel stammt, was<br />
mich schon immer inspiriert und beeinflusst hat – insbesondere<br />
natürlich Comics und Karikaturen, aber auch<br />
Literatur. Asterix lese ich seit jeher, ebenso viele andere<br />
Klassiker aus dem frankophonen Raum, wie Tim &<br />
Struppi, Blake & Mortimer, Spirou & Fantasio, Gaston,<br />
Lucky Luke … Die französische Sprache lerne ich seit der<br />
sechsten Klasse, also seit <strong>Herbst</strong> 2012. Als Comiczeichner<br />
und -leser fasziniert es mich, welchen Kultstatus Comics<br />
und Co. in Frankreich haben: Sie sind dort eine hoch angesehene<br />
Kultur, in Deutschland werden Comics gerne<br />
mal belächelt und heruntergespielt, zu viele Menschen<br />
halten sie für einfache Kinderunterhaltung. Dass es herausragende<br />
moderne Comics (nur) für Erwachsene gibt,<br />
ist den wenigsten bewusst.<br />
Lesen viele junge Deutsche in Ihrem Alter Comics?<br />
Ich glaube nicht. Selbstverständlich sind die meisten<br />
mit Asterix aufgewachsen und lesen die Bände eventuell<br />
nach wie vor, ansonsten kenne ich aber niemanden in meinem<br />
Alter mit der gleichen Faszination für Comics. Die<br />
enthusiastischsten Comicleser sind meiner Auffassung<br />
nach Männer im mittleren Alter, aber vielleicht täuscht<br />
mein Eindruck auch. Ich hoffe es zumindest!<br />
Interessieren sich junge Deutsche für Illustrationen und Karikaturen?<br />
Vielleicht nicht unbedingt für Illustrationen und Karikaturen<br />
im Besonderen, aber auf jeden Fall interessieren<br />
sich junge Deutsche für Satire generell – seien es Kabaretts,<br />
Satireshows im Fernsehen, Posts in sozialen Medien<br />
… Die Satire ist eine Kunstform, die heutzutage eine<br />
weitere, eine neue Funktion hat: Im Gegensatz etwa zu<br />
Nachrichten oder traditionellen Medien zur politischen<br />
Bildung schafft es die Satire, eine ganze Generation zu<br />
politisieren und aufzuklären. Die Satirepartei « Die PAR-<br />
TEI » erhält beispielsweise besonders viele Stimmen von<br />
Erstwählern (an meiner Schule schnitt sie bei Juniorwahlen<br />
zweistellig ab), Martin Sonneborn und Nico Semsrott<br />
sorgen mehr als andere für Transparenz im Europaparlament.<br />
Man könnte fast meinen, dass manche Satiriker den<br />
Politikbetrieb übernehmen, während die echten Politiker<br />
Realsatire betreiben.<br />
Wie haben Ihre Freunde es wahrgenommen, dass Sie den Preis<br />
von Charlie Hebdo erhalten haben?<br />
Alle haben sich sehr gefreut und waren ebenso überrascht<br />
wie ich, aber wahrscheinlich noch viel begeisterter<br />
… Ich zeige Freude nicht direkt nach außen, meine<br />
Reaktion war eher « Oh, ich habe gewonnen. Cool » – die<br />
Begeisterung übernehmen dafür<br />
meine Freunde für mich!<br />
Was bedeutet das Magazin Charlie<br />
Hebdo für Sie? Wie wurden Sie auf den<br />
Preis Charlie Hebdo aufmerksam? Wie<br />
lief Ihre Beteiligung an dem Wettbewerb<br />
ab?<br />
Ich lernte Charlie Hebdo leider<br />
etwas zu spät kennen, nämlich am<br />
7. Januar 2015, dem Tag des Attentats.<br />
Ich war damals 13 Jahre alt. Die<br />
Zeitung hat mich sofort fasziniert,<br />
als ich das erste Mal von ihr gehört<br />
habe. Ich habe direkt begonnen,<br />
mich über sie zu informieren, ihre<br />
Zeichnerinnen und Zeichner zu entdecken,<br />
die Zeitung zu sammeln und<br />
regelmäßig zu lesen … Die Karikaturen<br />
haben meinen Stil beeinflusst<br />
und auch meine Überzeugung, selbst Karikaturist werden<br />
zu wollen, gefestigt. Ich wusste, früher oder später wird<br />
auch eine Zeichnung von mir in Charlie Hebdo oder etwas<br />
Ähnlichem zu finden sein. Dass es jetzt doch so schnell<br />
ging, hätte ich aber nie erwartet … Auf den Prix Charlie<br />
wurde ich – wenig überraschend – durch eine Anzeige<br />
in Charlie Hebdo selbst aufmerksam. Ich überlegte eine<br />
Zeit lang und reichte letztendlich drei Zeichnungen per<br />
E-Mail ein. Der Wettbewerb an sich hat sich ordentlich<br />
verzögert, ursprünglich sollten die Gewinner bereits am<br />
26. März bekannt gegeben werden, die E-Mail von Charlie<br />
Hebdo mit der Information, dass ich gewonnen habe,<br />
erhielt ich aber erst am 29. Mai.<br />
Die Zeichnung, für die Tyll Peters den<br />
Preis von Charlie Hebdo erhalten hat,<br />
in ihrer deutschen Übersetzung<br />
Eine Zeit lang gab es in Deutschland eine deutsche Ausgabe<br />
von Charlie Hebdo. Aufgrund der zu geringen Leserschaft<br />
wurde diese Ausgabe wieder eingestellt. Hat ein solches Magazin<br />
in Deutschland überhaupt Chancen? Gibt es Ihrer Meinung<br />
nach einen Unterschied zwischen dem deutschen und dem<br />
französischen Humor?<br />
Die deutsche Ausgabe von Charlie Hebdo hatte einige<br />
Schwachstellen. Das größte Problem war, dass sie keine<br />
eigene deutsche Redaktion hatte, wie es etwa bei anderen<br />
internationalen Satirezeitschriften wie Mad – die früher<br />
in Deutschland sehr erfolgreich war – der Fall war. Charlie<br />
Hebdo wurde in Frankreich gestaltet und produziert, sie<br />
beinhaltete ausschließlich eine französische Außensicht<br />
auf Deutschland. Man merkte, dass die französischen<br />
Zeichnerinnen und Zeichner nicht so ganz wussten, wie<br />
sie die deutschen Leserinnen und Leser ansprechen sollten,<br />
und diese wussten wiederum nicht so recht, was die<br />
Franzosen genau von ihnen wollten. Besonders die erste<br />
Ausgabe fand ich extrem peinlich, zwar wurde es mit der<br />
Zeit besser, aber da fehlten schon die Leser. Außerdem<br />
kostete jede Ausgabe stolze vier Euro, da sie in Frankreich<br />
verlegt und gedruckt wurde, was angesichts der 16 Seiten<br />
viel zu viel war. Darüber hinaus ist<br />
natürlich der französische Humor<br />
ganz anders. Charlie Hebdo ist sehr<br />
zynisch, sehr provokant. Zwar gibt<br />
es auch deutsche Satire, die ähnlich<br />
provokativ ist – auch hier ist es keine<br />
Seltenheit, dass Satire eine Staatsaffäre<br />
oder zumindest enorme Kontroversen<br />
auslöst –, aber der Humor und<br />
der Stil sind ganz anders. Ein Großteil<br />
dieser Kontroversen ist völlig<br />
absurd und unnötig. Und leider ist<br />
es auch oft so, dass in Deutschland<br />
die Verantwortlichen von Satire, die<br />
auch nur die geringste Kontroverse<br />
auslöst, sehr schnell zurückrudern,<br />
sich entschuldigen, die Inhalte löschen,<br />
was von sehr wenig Rückgrat<br />
zeugt …<br />
Ist die Zeichnung ein Mittel, um über alles lachen zu können?<br />
Gilt dies für Deutschland und Frankreich gleichermaßen?<br />
Die Zeichnung ist ein Mittel, um über alles lachen zu<br />
können, egal ob in Frankreich, in Deutschland oder sonst<br />
wo auf der Welt. Auch geschmacklose Satire ist Satire,<br />
die von der Pressefreiheit geschützt ist, egal ob man sie<br />
gut findet oder nicht. Je suis Charlie bedeutet genau, dass<br />
man diese Form der Meinungsäußerung verteidigt, egal,<br />
ob man sie teilt oder nicht. Wer das Attentat verurteilt,<br />
aber zu den Zeichnungen von Charlie « Ja, aber … »<br />
sagt, ist und war nie Charlie. Allerdings sei gesagt, dass<br />
der Grat zwischen Satire und Hetze kleiner ist, als man<br />
denkt, und dass einige rassistische, sexistische, behindertenfeindliche,<br />
trans- oder homophobe Zeichnungen und<br />
dergleichen keine Satire mehr sind, sondern nur noch<br />
Hetze. Ich denke, dass Satire immer nur nach oben treten<br />
soll, und ich würde keine Karikaturen machen, die auf<br />
Minderheiten, auf Schutzbedürftige abzielen. Opfer von<br />
Diskriminierung können gerne jene Diskriminierung, von<br />
der sie betroffen sind, selbstironisch benutzen. Satire darf<br />
zwar alles, aber das eine oder andere ist wirklich nicht nötig.<br />
Satiriker sollten immer auf der Seite der Schwachen<br />
und Unterdrückten stehen und die Mächtigen, Politik und<br />
Wirtschaft, die Gewinner von Kolonialismus und Globalisierung<br />
ins Visier nehmen. Wenn ein rein satirischer<br />
Text in einer deutschen Tageszeitung die geballte Wut<br />
der Bundespolizei und des Innenministers auf sich ziehen<br />
kann, finde ich das ganz wunderbar. Allerdings etwa Rassismus<br />
als « schwarzen Humor » abzustempeln, was viel zu<br />
viele tun, ist einfach nur ein Armutszeugnis … Kollegen,<br />
wir sind besser als das!<br />
Tyll Peters, wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />
Wenn Sie mehr über Tyll Peters erfahren und seine Welt entdecken<br />
möchten, dann besuchen Sie seine Website: www.tyllpeters.de.<br />
72 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 73
FRANKREICH HEUTE Gesellschaft<br />
Wo ist eigentlich das gute<br />
französische Brot geblieben?<br />
Obwohl das französische Baguette in der ganzen Welt nach wie<br />
vor als gastronomisches Kulturobjekt angesehen wird und als<br />
Symbol für die französische Lebensart gilt, erlebt man beim Betreten<br />
der meisten Bäckereien in Frankreich eine herbe Enttäuschung:<br />
Seit mehreren Jahrzehnten ist gutes Brot dort immer<br />
seltener zu finden. Daran sind nicht nur die industrielle Produktion<br />
und ein veränderter Geschmack der Konsumenten schuld,<br />
sondern auch die Tatsache, dass das altüberlieferte Know-how<br />
nahezu ausgestorben ist. Zum Glück gibt es aber heute nach wie<br />
vor Bäcker, die sich dieser Entwicklung widersetzen und denen<br />
es ein Anliegen ist, dem französischen Brot wieder den Stellenwert<br />
zu verleihen, den es früher einmal hatte.<br />
Man muss dem Brot in Frankreich unbedingt<br />
wieder seinen ursprünglichen Mythos verleihen!<br />
» Dieser unverblümte und wohlwollende<br />
«<br />
Ratschlag kommt von jemandem, der Frankreich ins Herz<br />
geschlossen hat: Steven L. Kaplan. Der ehemalige Professor<br />
für europäische Geschichte stammt aus Amerika und<br />
unterrichtete nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern<br />
auch an mehreren französischen Universitäten. Darüber<br />
hinaus wird er als einer der größten Spezialisten für die<br />
Geschichte des Brotes angesehen. In Frankreich veröffentlichte<br />
er vor Kurzem ein Werk, das voll und ganz dem<br />
französischen Brot gewidmet ist.* Es ist eine Fundgrube<br />
an Informationen für alle, die der Meinung sind, dass dieses<br />
Nahrungsmittel eng mit Frankreich, seiner Geschichte<br />
und seiner Kultur verbunden ist und dass es mehr denn je<br />
wichtig ist, sich dafür einzusetzen.<br />
Was erzählt uns Kaplan auf den 366 Seiten? Zunächst<br />
einmal, dass Frankreich sich seit dem 17. Jahrhundert<br />
damit brüstet, ein « Mekka der Lebensart » zu sein. Die<br />
Franzosen erinnern bekanntlich unaufhörlich daran, dass<br />
sie schon immer eine besondere Beziehung zur Gastronomie<br />
hatten. Sie bezeichnen sich als Gourmets, lieben<br />
es, stundenlang in der Küche zu stehen und ebenso viel<br />
Zeit am Tisch zu verbringen. Dabei beweisen sie immer<br />
einen ausgeprägten Sinn für Geselligkeit. Es ist im Übrigen<br />
nicht erstaunlich, dass sie vor einigen Jahren sogar die<br />
UNESCO davon überzeugen konnten, die « französische<br />
Art zu speisen » zum Weltkulturerbe zu erheben. So ruft<br />
Kaplan uns in Erinnerung, dass Frankreich, historischen<br />
Überlieferungen zufolge, lange Zeit eines der « besten<br />
Brote auf der Welt » hatte und dass die Franzosen eine<br />
ganz besondere Beziehung zu ihrem<br />
Brot pflegten. Bäckereien galten im<br />
Hexagon jahrhundertelang in den Dörfern<br />
als wahre Institutionen und befanden<br />
sich daher an ausgesuchten Orten<br />
neben Kirche oder Rathaus. Seit Mitte<br />
des 20. Jahrhunderts ist das Bild vom<br />
Franzosen und seinem Baguette – mit<br />
sechs Milliarden pro Jahr immerhin das<br />
meistverkaufte Brot Frankreichs – sogar<br />
ein bekanntes Symbol, das in den<br />
Köpfen der Menschen fest verankert ist.<br />
Die Stärke der Ausführungen von Kaplan liegt jedoch<br />
darin, dass dieser bei Weitem nicht nur ein idyllisches Bild<br />
der Situation zeichnet. Die Motivation für die kolossale<br />
Arbeit ist nämlich eine beunruhigende Feststellung: Der<br />
Autor weist deutlich darauf hin, dass in den französischen<br />
Bäckereien heutzutage kaum mehr ein wirklich gutes Brot<br />
zu finden ist. Diese Kultur wurde komplett vernachlässigt,<br />
und die meisten Franzosen haben sich daran gewöhnt, Tag<br />
für Tag dasselbe bleiche, weiche und geschmacklose Brot<br />
zu essen. Hochwertiges Brot, wie man es früher kannte –<br />
knusprig und duftend, im Holzfeuer gebacken –, wurde<br />
mehrheitlich durch « farbloses », schlecht gebackenes Brot<br />
aus Mehl – von dem man meist keine Ahnung hat, woher<br />
es kommt – und chemischen Triebmitteln ersetzt; es wird<br />
kaum mehr richtig geknetet und so schnell wie möglich<br />
im elektrischen Ofen « erhitzt » … So traurig sieht die Realität<br />
des französischen Brotes heute aus. Von den sechs<br />
Milliarden Baguettes, die pro Jahr verkauft werden, sind<br />
75 % bleich und ohne Geschmack.<br />
Beim Betreten einer der vielen französischen Bäckereien<br />
kommt man also um die Feststellung nicht umhin, dass<br />
das Brot in den allermeisten Fällen nicht mehr das ist, was<br />
es einmal war. Die Tatsache, dass auf dem Firmenschild<br />
mit der Bezeichnung Artisan boulanger geworben wird,<br />
ändert an der Situation nichts. Hinweise geben einige<br />
Dinge. Zunächst kann man nicht mehr wirklich von<br />
Vielfalt sprechen: Ein halbes Dutzend Brotsorten gelten<br />
bereits als große Auswahl. Von dem breiten Sortiment,<br />
wie man es aus deutschen Bäckereien kennt (Vollkornbrot,<br />
Körnerbrot, Schwarzbrot, Mischbrot, kleine und gro-<br />
74 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
* Pour le pain, Steven L. Kaplan, Éditions Fayard, 366 Seiten, ISBN 978-2213716671<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 75
FRANKREICH HEUTE Gesellschaft<br />
ße Laibe, Brötchen …), ist man weit entfernt! Sogar die<br />
Franzosen geben zu, dass in dieser Hinsicht die Auswahl<br />
in Deutschland besser ist. Ein weiterer Punkt: Die Farbe<br />
des Brotes hat sich verändert. Im Laufe der Zeit wurde<br />
es immer heller. Das hat zwei Gründe. Zum einen liegt<br />
es am Mehl: Die Vorliebe für Vollkornmehle und Körner<br />
ging in Frankreich nach und nach verloren. Heute kauft<br />
man das Brot oft in Supermärkten oder Bäckereiketten,<br />
welche morgens mit industriell gefertigten Teiglingen<br />
beliefert werden. Da diese vor Ort lediglich aufgebacken<br />
werden, hat man sich daran gewöhnt, dass alle Brote<br />
mehr oder weniger aus dem gleichen weißen Mehl bestehen.<br />
Der zweite Grund für die Farbe wird durch die<br />
Industrialisierung dieses Produktes und den Vertrieb in<br />
Supermärkten begünstigt, denn ein nur wenig gebackenes<br />
beziehungsweise vor Ort aufgebackenes Brot spart Zeit<br />
und Geld … Also haben es sich die Franzosen zur Gewohnheit<br />
gemacht, schlecht gebackenes Brot zu verzehren,<br />
das nichts mit dem goldbraunen und knusprigen Brot<br />
von einst zu tun hat.<br />
Befragt man dann noch den Bäcker selbst, erfährt<br />
man, was darüber hinaus hinter diesem Wandel steckt.<br />
Die natürliche Hefe, die von guten Bäckern als « Seele<br />
eines guten Brotes » angesehen wird, gibt es nahezu nicht<br />
mehr. Die meisten französischen Bäcker verwenden heute<br />
Backpulver für die Teiggärung, obwohl von diesem Vorgang<br />
die Qualität des aufgegangenen Brotteiges abhängt.<br />
Während der Bäcker früher aus einem Mehl mit wilden<br />
Hefen und Bakterien geduldig seine eigene Hefe züchtete<br />
– das Prinzip ist dasselbe wie bei der Essigmutter –, wurde<br />
dieser Prozess durch das Aufkommen von quasi « keimfreien<br />
» und « sterilen » Mehlen (ähnlich wie bei Milch)<br />
nahezu unmöglich. Da die Industrie für jedes Problem<br />
eine Lösung parat hat, bot sie den Bäckern dann Backpulver<br />
an und schuf damit gleichzeitig Abhilfe für ein anderes<br />
Problem: Der Gärungsprozess, der durch die neuen,<br />
weißen Mehle nahezu unmöglich geworden war, ist nämlich<br />
ein komplexer und vor allem zeitaufwendiger Prozess.<br />
Mit Backpulver geht das dagegen viel schneller … Daher<br />
breitete sich diese Technik schnell aus.<br />
Und so kam es, dass die französische Brotkultur verschwand.<br />
Ein wichtiges Anzeichen dafür ist im Übrigen<br />
der stetige Rückgang des Konsums. Während die Franzosen<br />
Mitte des 19. Jahrhunderts noch 800-900 Gramm<br />
Brot pro Tag verzehrten, waren es 1900 nur noch 600<br />
Gramm und 425 Gramm am Vorabend des Zweiten Weltkriegs.<br />
Heute liegt dieser Wert bei 100-125 Gramm, was<br />
einem halben Baguette entspricht. Die Zeiten, in denen<br />
Brot ein fester Bestandteil jeder Mahlzeit war, sind also<br />
lange vorbei! Die Ausbreitung des « Standardbaguettes »<br />
ist natürlich nicht der einzige Grund dafür, doch sie hat<br />
viel dazu beigetragen, dass sich die Franzosen von ihrem<br />
Brot abgewendet haben und dass die Qualität des traditionellen<br />
Bäckerhandwerks verloren ging.<br />
Paradoxerweise verläuft die Entwicklung in Frankreich<br />
entgegengesetzt zu dem, was in vielen anderen<br />
Ländern abläuft: Dort entsteht genau die Brotkultur, die<br />
die Franzosen vernachlässigen. Außerhalb des Hexagons<br />
breiten sich seit einigen Jahren « französische Bäckereien »<br />
immer mehr aus. So werden in New York, Tokio, Oslo<br />
oder Perth Geschäfte eröffnet, die mit blau-weiß-roten<br />
Fahnen und anderen typisch französischen Symbolen<br />
dekoriert sind und in denen sich das « echte französische<br />
Baguette » sehr gut verkauft. Auch wenn sich das Brot<br />
dort, zugegebenermaßen, nicht zwangsläufig durch eine<br />
hohe Qualität auszeichnet … Kaplan amüsiert sich in<br />
seinem Buch zudem über den koreanischen Großkonzern<br />
SPC, der weltweit 3500 Bäckereien besitzt, die sich zwar<br />
vorwiegend in Südkorea und anderen asiatischen Ländern<br />
befinden, aber ebenso in den Vereinigten Staaten und<br />
sogar … in Paris! In diesen Bäckereien, die sinnigerweise<br />
den Namen « Paris-Baguette » tragen und mit französischen<br />
Symbolen wie dem Eiffelturm dekoriert sind, wird<br />
ein – objektiv gesehen – mittelmäßiges Baguette verkauft,<br />
das mit dem traditionellen Rezept nicht viel gemein hat.<br />
Dennoch setzt es auf made in France, selbst wenn dieses<br />
Kriterium dadurch stark abgewertet wird …<br />
Heißt das nun, dass die Situation wirklich katastrophal<br />
ist und dass man im Hexagon überhaupt kein hochwertiges<br />
Brot mehr findet? Ganz sicher nicht. Es ist zwar<br />
offensichtlich in Gefahr, doch glücklicherweise gibt es<br />
immer noch einige Bäcker – die meisten gehören der jüngeren<br />
Generation an –, die wieder auf die fundamentalen<br />
Werte ihres Berufs setzen. Dazu gehört viel Mut, denn<br />
die Herausforderung ist groß! Die Aufgabe wird zwar dadurch<br />
erleichtert, dass sich im Bewusstsein der Franzosen<br />
etwas ändert und diese (erneut) entdecken, wie wichtig der<br />
Konsum gesunder und umweltschonend produzierter Produkte<br />
ist. Doch die « neuen » Bäcker sind sich darin einig,<br />
dass die Konsumenten erst einmal den Geschmack von<br />
gutem Brot und dessen Vielfalt wiederentdecken müssen.<br />
Diesen Kampf beschwört Kaplan herbei: Seiner Meinung<br />
nach sollte man « gegen Desinteresse und Ignoranz, gegen<br />
die Aufgabe bestimmter Werte, eines bestimmten Wissens,<br />
von Erinnerungen kämpfen […] die zusammen ganz<br />
einfach einen der wichtigsten Zweige der französischen<br />
Kultur bilden, der sowohl populär als auch elitär ist ».<br />
Das ist der Preis, um « dem Brot wieder seinen Mythos zu<br />
verleihen ». Einige französische Bäcker haben dies bereits<br />
erkannt und sind dabei, es konkret umzusetzen. Einer davon<br />
ist Thierry Beuvier aus einem kleinen Dorf im Val de<br />
Loir in der Sarthe, zwischen Le Mans und Tours. Dort<br />
produziert er mit seinen beiden Söhnen, Antoine und Lucien,<br />
ein authentisches, biologisches Brot à l’acienne, für<br />
das die Menschen oft von weit her kommen. Wir haben<br />
ihn in seiner Bäckerei getroffen und uns mit ihm über die<br />
Lage der französischen Bäckereien unterhalten und darüber,<br />
wie er und seine Söhne die Situation vor Ort erleben.<br />
<strong>76</strong> · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 77
FRANKREICH HEUTE Gesellschaft<br />
Interview<br />
Thierry Beuvier,<br />
ein Bäcker in Saint-Vincent-du-<br />
Lorouër (Sarthe), « von dem man<br />
nur träumen kann »<br />
Thierry Beuvier, vor fünf Jahren haben Sie zusammen mit Ihren<br />
Söhnen Antoine (30 Jahre) und Lucien (21) eine Bäckerei<br />
im kleinen Dorf Saint-Vincent-du-Lorouër eröffnet. Dort stellen<br />
Sie goldbraunes Biobrot her, das außen knusprig und innen<br />
locker und luftig ist. Das Mehl und die Körner dafür wählen<br />
Sie selbst aus, und vor allem produzieren Sie Ihre eigene Hefe.<br />
Das gibt es heutzutage in Frankreich nicht mehr sehr oft …<br />
Nein, leider ist das sogar inzwischen eine Ausnahme<br />
geworden. In unserem Umfeld verwenden die Bäcker<br />
herkömmliche Rohstoffe und Backpulver. Bleiches Brot<br />
ist inzwischen die Regel, schön gebräuntes und gut gebackenes<br />
Brot die Ausnahme. Dies geht so weit, dass wir die<br />
Menschen in einem kleinen Dorf wie hier mit unserem<br />
goldbraunen, auf traditionelle Art und mit biologischen<br />
Zutaten hergestellten Brot verunsichern …<br />
Woher kommt dies Ihrer Meinung nach?<br />
Auf dem Land kaufen die Franzosen vor allem im<br />
Supermarkt ein. Dort erhalten sie alles, auch Brot. Und<br />
dieses Brot ist industriell hergestellt, bleich, geschmacklos.<br />
Nach und nach haben sie sich an diesen Geschmack<br />
gewöhnt. Das ist traurig, aber wahr und weit von dem<br />
Image entfernt, nach dem Frankreich der Champion für<br />
knuspriges Brot ist.<br />
Haben Sie den Eindruck, dass man in Frankreich das Knowhow<br />
für gutes Brot verloren hat?<br />
Ich muss leider feststellen, dass es immer schwieriger<br />
wird, ein qualitativ hochwertiges Brot zu bekommen. Vor<br />
ein paar Jahrzehnten war dies dagegen noch gang und<br />
gäbe. Ich persönlich war schon immer über die ungeheuer<br />
große Auswahl an Broten erstaunt, die man in Deutschland<br />
in der kleinsten Bäckerei findet: Weißbrot, Schwarzbrot,<br />
Körnerbrot, Brot aus speziellen Mehlen … In Frankreich<br />
ist es selten, dass ein Bäcker eine derartige Auswahl<br />
hat. Wenn man mir hier in einem Restaurant oder Hotel<br />
ein bleiches Baguette anbietet, das weich und nicht richtig<br />
gebacken ist, dann muss ich gestehen, dass ich mich für<br />
meinen Berufsstand schäme. Meiner Meinung nach haben<br />
wir in Frankreich überhaupt nicht mehr « das beste Brot<br />
der Welt », wie es gemeinhin heißt. Das gab es vielleicht<br />
irgendwann einmal, aber heute nicht mehr. Einmal mehr<br />
haben wir uns wohl auf unseren Lorbeeren ausgeruht. Das<br />
ist bei uns ein Klassiker, nicht wahr?<br />
Nehmen Sie es Ihren Landsleuten übel, dass sie letztendlich die<br />
Vorliebe für gutes Brot verloren haben?<br />
Nein, wie sollen sie gutes Brot schätzen, wenn man<br />
sie im Laufe der Jahre daran gewöhnt hat, schlecht gebackenes,<br />
fades Brot zu essen? Und das Verrückte ist, dass<br />
Menschen zu mir in die Bäckerei kommen, mein Brot ansehen<br />
und dann fragen: « Haben Sie kein richtiges Brot? »<br />
Sie wollen weißes Brot. Ich erkläre Ihnen dann, warum<br />
unseres dunkler ist, dass dies ein Qualitätsmerkmal ist, ein<br />
Zeichen dafür, dass es richtig gebacken ist. Die meisten<br />
verstehen es dann. Manchmal füge ich dann noch lachend<br />
hinzu, dass unser Brot nicht nur als Unterlage oder zum<br />
Auftunken der Sauce im Teller geeignet ist … Es ist ein<br />
eigenständiges Nahrungsmittel, nahrhaft, ausgewogen<br />
und der Gesundheit zuträglich.<br />
Sie sind der eindeutige Beweis, dass es nach wie vor möglich<br />
ist, gutes Brot herzustellen …<br />
Ja, aber es ist wirklich nicht einfach. Und dabei habe<br />
ich noch Glück, denn meine beiden Söhne begleiten mich<br />
in diesem Abenteuer. Ohne sie hätte ich nicht durchgehalten,<br />
immerhin bin ich schon fast 60 Jahre alt. Es liegt auf<br />
der Hand, dass die jungen Menschen von heute nicht mehr<br />
Bäcker werden wollen. Es ist ein harter Beruf, der unserer<br />
veränderten Gesellschaft und der kürzeren Arbeitszeit<br />
nicht entspricht. Zudem wird wenig dafür getan, um die<br />
Jugend für die wunderbaren Handwerksberufe zu interessieren.<br />
Was die Finanzen angeht, so ist es schwierig von<br />
diesen Berufen leben zu können.<br />
Es ist also ein täglicher Kampf?<br />
Ja. Es war oft schwer, vor<br />
allem in den ersten Jahren. Man<br />
setzt sich voll und ganz ein und<br />
fragt sich manchmal, ob das<br />
den Menschen überhaupt klar<br />
ist. Doch nach und nach haben<br />
sie unser Engagement realisiert,<br />
das echte Brot wiederentdeckt,<br />
das nach traditionellen Rezepten<br />
und mit hochwertigen Zutaten<br />
hergestellt wird. Das war wichtig.<br />
Heute sagen uns die Kunden<br />
ab und zu, dass unsere Art zu arbeiten<br />
richtig ist. Man ist wieder<br />
stolz auf gutes Brot. Wir haben<br />
niemals aufgegeben, wir haben<br />
alles gegeben. Nach fünf Jahren<br />
sind wir stolz auf das Feedback,<br />
das wir bekommen. Wir wissen,<br />
dass unser Brot in Bezug auf<br />
Qualität, Umweltschutz und<br />
Arbeit einen Sinn ergibt …<br />
La Fournée du Lorouër<br />
13 rue André Albert<br />
72150 Saint-Vincent-du-Lorouër<br />
Telefon: +33 (0)6 40 38 32 02<br />
Thierry, Antoine und Lucien begrüßen<br />
Sie gerne in ihrer Bäckerei. Informieren<br />
Sie sich am besten vor einem Besuch<br />
telefonisch über die Öffnungszeiten,<br />
da sich diese je nach den Liefer- und<br />
Marktzeiten ändern können.<br />
Sie leisten gegenüber den Kunden auch pädagogische Arbeit …<br />
Ja, das fängt schon beim Preis an. Wir müssen erklären,<br />
warum unser Brot teurer ist als ein farbloses Supermarktbaguette.<br />
Die biologisch erzeugten Zutaten kosten<br />
mehr, sie sind schwieriger zu erhalten, wir brauchen<br />
mehr Zeit und es ist heutzutage nicht leicht, davon zu<br />
leben. Doch inzwischen haben es die Kunden begriffen.<br />
Während der Corona-Krise sind sie sogar gekommen und<br />
haben gesagt: « Wenn Sie den Preis für Ihr Brot erhöhen<br />
müssen, tun Sie es, wir verstehen das, denn wir wissen,<br />
was dahintersteckt. » Es hat richtig gutgetan, so etwas zu<br />
hören!<br />
Sie helfen vor allem mit, dass die Menschen wieder lernen, wie<br />
gutes Brot schmeckt, ein Geschmack, den sie beinahe vergessen<br />
hätten …<br />
Ja, wir versuchen es auf jeden Fall. Doch wissen Sie,<br />
es ist nicht einfach, die Gewohnheiten zu verändern.<br />
Nehmen Sie beispielsweise dieses Dorf. Der ehemalige<br />
Bürgermeister war immer biofeindlich eingestellt, also hat<br />
er nichts unternommen, um uns zu helfen. Er selbst hat<br />
unsere Bäckerei nicht einmal betreten. Aus Prinzip nicht,<br />
er ist gegen Bioprodukte. Punkt. Das ist zwar sein persönliches<br />
Problem, doch als Bürgermeister eines Dorfes sollte<br />
man meiner Meinung nach die Handwerksbetriebe und<br />
Geschäfte unterstützen, vor allem, wenn es nur wenige<br />
sind. Er dagegen nicht. Er hat sogar einen Baguetteautomaten<br />
auf dem Dorfplatz aufstellen lassen. Stellen Sie<br />
sich das einmal vor! Kurz und gut, seit den letzten Gemeinderatswahlen<br />
gibt es eine neue Mannschaft, seitdem<br />
beliefern wir die Schulkantine mit Brot. Das ist ein echter<br />
Fortschritt! Deren erste Reaktion<br />
war jedoch, ausschließlich « Weißbrot<br />
» zu verlangen. Das haben wir<br />
abgelehnt und erklärt, dass dies im<br />
Gegenteil eine Gelegenheit sei, um<br />
die Jungs und Mädels mit der Vielfalt<br />
des Brotes, der Körner vertraut<br />
zu machen, ihren Geschmacksinn<br />
zu schulen. Im Prinzip müssen wir<br />
in Frankreich die « Ausbildung » in<br />
Sachen Brot neu angehen. Es geht<br />
zwar vorwärts, aber nur langsam.<br />
Vor allem im ländlichen Umfeld tut<br />
man sich schwer damit, zu hinterfragen:<br />
Es gibt viele Landwirte, die<br />
lange Zeit im eigenen Betrieb mit<br />
Bio nichts zu tun haben wollten.<br />
Und dann Biobrot essen, können<br />
Sie sich das vorstellen? Doch die<br />
Zeiten ändern sich. Man muss zuversichtlich<br />
bleiben, darf sich nicht<br />
entmutigen lassen!<br />
Thierry Beuvier, vielen Dank für das<br />
Gespräch.<br />
78 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 79
FRANKREICH HEUTE Gesellschaft<br />
Lotto: Glücksspiel in Frankreich zur Rettung des Kulturerbes<br />
Franzosen lieben Lotto und Rubbellose. Im September<br />
2018 entdeckten Sie anlässlich der Journées<br />
européennes du Patrimoine, der Europäischen<br />
Tage des Denkmals, ein ganz neues<br />
Glücksspiel: das Loto du Patrimoine. Ins Leben<br />
gerufen hatte es der Staat, um auf neuartige Weise<br />
Geld für die Restaurierung und Rettung bedrohter<br />
französischer Kulturgüter<br />
zu sammeln. Die<br />
Idee war erfolgreich und<br />
wird seitdem jedes Jahr<br />
wiederholt. Vor Kurzem wurden<br />
die Monumente vorgestellt,<br />
die <strong>2020</strong> davon profitieren<br />
werden. Eine kleine<br />
Übersicht über die glücklichen<br />
Auserwählten.<br />
Rubbellos Illico<br />
Mission Patrimoine<br />
Es wird ab dem 31. August zum Preis<br />
von 15 Euro in den Verkaufsstellen<br />
der Lotteriegesellschaft Française des<br />
Jeux (meist in Tabakwarengeschäften)<br />
verkauft. Man kann damit 1,5 Millionen<br />
Euro gewinnen. Neu in diesem Jahr:<br />
Bei jedem Los gibt es eine « zweite<br />
Chance », bei der man möglicherweise<br />
eine « Erfahrung im Herzen des<br />
französischen Kulturerbes » gewinnen<br />
kann. Was dies genau bedeutet, war<br />
bei Drucklegung noch nicht bekannt.<br />
Die Lotteriegesellschaft spricht jedoch<br />
von einem « authentischen Eintauchen<br />
in ein geschichtsträchtiges Kulturgut<br />
im Kostüm der jeweiligen Epoche ».<br />
Für jedes verkaufte Ticket werden 1,<strong>76</strong><br />
Euro an die Fondation du Patrimoine<br />
überwiesen. Die Gewinnchance liegt<br />
bei 1 zu 2,9, was die beste Chance aller<br />
Rubbellose der Française des Jeux ist.<br />
Obwohl es dieses Ereignis<br />
erst seit zwei Jahren<br />
gibt, hat es bereits einen<br />
festen Platz im Leben der Franzosen.<br />
Seit 2018 veröffentlicht der<br />
französische Kulturminister im<br />
Laufe des Sommers die « glücklichen<br />
» Monumente, welche eine<br />
finanzielle Unterstützung der<br />
Fondation du Patrimoine erhalten<br />
sollen. In diesem Fall stammen<br />
die zu verteilenden Gelder aus<br />
dem Loto du Patrimoine, das die staatliche Lottogesellschaft<br />
Française des Jeux veranstaltet. Im derzeitig angespannten<br />
wirtschaftlichen Kontext ist diese « Finanzspritze<br />
» bei denjenigen, die sich für den Erhalt der französischen<br />
Kulturgüter einsetzen, besonders willkommen, zumal<br />
die in Frankreich traditionell großzügigen Spenden im<br />
Zuge der Krise um das Coronavirus eingebrochen sind.<br />
Die Kulturerbe-Stiftung des Landes, bei der rund 3000<br />
Monumente eingeschrieben sind, erlebte innerhalb von<br />
sechs Monaten einen Rückgang der Spendengelder um<br />
45 %. Dies entspricht einer Summe von 5,5 Millionen<br />
Euro. Ihren Schätzungen zufolge dürfte sich dieser Fehlbetrag<br />
am Jahresende auf circa 10 Millionen Euro belaufen.<br />
Die strengen Auflagen für den<br />
Gesundheitsschutz und die fehlenden<br />
Mittel, um diese Auflagen<br />
zu erfüllen, machen die Aufnahme<br />
oder Fortführung vieler Restaurierungsarbeiten<br />
unmöglich,<br />
was wiederum zu einem Schneeballeffekt<br />
führt, da sich dadurch<br />
die Fristen verlängern und dies<br />
weitere Kosten verursacht … Am<br />
Ende könnte die Umsetzung<br />
zahlreicher Projekte gefährdet<br />
sein. Die Situation ist umso angespannter,<br />
als dass die Instandhaltung<br />
der französischen Denkmäler<br />
im Wesentlichen von lokalen<br />
Initiativen getragen wird – kleine<br />
Gemeinden, Vereinigungen, private<br />
Besitzer … –, die schon naturgemäß<br />
begrenzte Finanzmittel<br />
haben. In den meisten Fällen setzen<br />
diese Träger auf diverse Hilfen,<br />
damit sie ihre Renovierungsprojekte<br />
überhaupt durchführen<br />
können. Der Bedarf ist allerdings<br />
riesig: Das Kulturministerium schätzt, dass sieben bis zehn<br />
Prozent des französischen Kulturerbes heruntergekommen<br />
sind und dringend einer Restaurierung bedürfen. Alle Initiativen,<br />
um die notwendigen Gelder aufzutreiben, sind<br />
daher mehr als willkommen.<br />
Fünf Sonderziehungen des Lottos<br />
Mission Patrimoine<br />
Diese Sonderziehungen finden am Mittwoch 9.,<br />
Samstag 12., Montag 14., Mittwoch 16. und Samstag<br />
19. September statt. Spielscheine können ebenfalls in<br />
den Verkaufsstellen der Lotteriegesellschaft oder auf<br />
der offiziellen Website www.fdj.fr erworben werden. Der<br />
Einsatz für ein Tippfeld beträgt 2,20 €. Pro Ziehung kann<br />
man bis zu 2 Millionen Euro gewinnen. Pro ausgefülltem<br />
Tippfeld werden 0,54 € an die Fondation du Patrimoine<br />
überwiesen.<br />
2018 kreierte der Staat zwei Glücksspiele, mit denen die<br />
Franzosen « für einen guten Zweck spielen » und einen Beitrag<br />
zur Erhaltung des Kulturerbes leisten können: ein Rubbellos<br />
(das in Frankreich beliebteste Glücksspiel, bei dem<br />
man unmittelbar weiß, ob man gewonnen hat) und Lotto-<br />
Sonderziehungen (fünf in diesem Jahr). Dieses Angebot<br />
war in den vergangenen Jahren ein voller Erfolg: Knapp 47<br />
Millionen Euro konnten auf diese Weise 2018 und 2019 an<br />
die Fondation du Patrimoine überwiesen werden, was viele<br />
der zahlreichen lokalen Initiativen Mut schöpfen lässt. In<br />
der Ausgabe <strong>2020</strong> sind erstmals die Hälfte der 18 Stätten<br />
religiöse Gebäude. Wie es das Gesetz vorsieht, gehören<br />
die meisten von ihnen kleinen Gemeinden, die sich demnach<br />
um Unterhalt und Renovierung kümmern müssen.<br />
Da gerade hier die Ressourcen sehr knapp sind, sind diese<br />
Bauwerke oft die Ersten, die darunter leiden. Doch zu den<br />
glücklichen Auserwählten gehören auch ein Tabakspeicher,<br />
ein ehemaliges Gerichtsgebäude, ein römisches Theater, ein<br />
Leuchtturm … Und alle diese Kulturgüter hoffen nun darauf,<br />
dass die Franzosen Ende August/Anfang September<br />
die Glücksspiele zuhauf nutzen, damit ihre Restaurierung<br />
mithilfe der Einnahmen in Angriff genommen werden<br />
kann. Drücken wir ihnen die Daumen! Sollten Sie Ende<br />
August/Anfang September in Frankreich sein, versuchen<br />
Sie doch ebenfalls Ihr Glück!<br />
Die Liste der 18 ausgewählten Monumente, die<br />
vom Kulturerbe-Lotto <strong>2020</strong> profitieren werden:<br />
Auvergne-Rhône-Alpes: Kirche Saint-Etienne<br />
de Mélas in Teil (Ardèche)<br />
Bourgogne-Franche-Comté: protestantischer Tempel<br />
Saint-Martin in Montbéliard (Doubs)<br />
Bretagne: Leuchtturm, Fort und Kaserne der<br />
Île aux Moines (Côtes-d’Armor)<br />
Centre-Val de Loire: pyramidenförmige<br />
Scheune in Jars (Cher)<br />
Korsika: Couvent des Filles de Marie in der<br />
Hafenstadt Île Rousse (Haute-Corse)<br />
Grand Est: Tabakspeicher von Lipsheim, wiederaufgebaut<br />
im Écomusée d’Alsace<br />
in Ungersheim (Haut-Rhin)<br />
Hauts-de-France: Kirche Saint-Pierre in<br />
Dompierre-sur-Authie (Somme)<br />
Île-de-France: Fort in Cormeilles-en-<br />
Parisis (Val-d’Oise)<br />
Normandie: römisches Theater in Lillebonne<br />
(Seine-Maritime)<br />
Nouvelle-Aquitaine: Viaduc des Rochers<br />
Noirs (Corrèze)<br />
Okzitanien: Abtei Sainte-Marie in Lagrasse (Aude)<br />
Pays de la Loire: ehemaliges Gerichtsgebäude<br />
in Baugé-en-Anjou (Maine-et-Loire)<br />
Provence-Alpes-Côte d’Azur: Kathedrale Notre-<br />
Dame du Réal in Embrun (Hautes-Alpes)<br />
Guadeloupe: Kolonialgebäude Zévallos in Moule<br />
Martinique: Kirche Sacré-Cœur de Balata<br />
Französisch-Guyana: Kirche Saint-<br />
Joseph in Iracoubo<br />
La Réunion: Hängebrücke über dem<br />
Rivière de l’Est.<br />
Saint-Pierre-et-Miquelon: Kathedrale Saint-Pierre<br />
80 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 81
ART DE VIVRE Wein<br />
Château La Coste<br />
(2/2): ein Versuchslabor für den Weinbau von morgen?<br />
In der letzten Ausgabe von Frankreich<br />
erleben haben wir uns mit dem architektonischen<br />
und kulturellen Aspekt<br />
eines der innovativsten französischen<br />
Weingüter in Sachen Weintourismus,<br />
Château La Coste (Bouches-du-Rhône),<br />
beschäftigt. Diese ausgedehnte, 180<br />
Hektar große Domaine – davon 130<br />
Hektar Rebfläche – liegt etwa auf halbem<br />
Weg zwischen Aix-en-Provence und<br />
dem Naturpark Luberon. Sie gehört<br />
dem reichen irischen Geschäftsmann<br />
Paddy McKillen, der mit ihr inmitten der<br />
provenzalischen Hügellandschaft eine<br />
ganz neuartige Begegnungsstätte für<br />
Kunst, Architektur und Wein geschaffen<br />
hat. Die ultramodernen Anlagen für den<br />
Weinausbau befinden sich in einem<br />
imposanten Weinkeller, der vom Stararchitekten<br />
Jean Nouvel entworfen<br />
wurde. Das Gebäude ruft sowohl bei<br />
den lokalen Winzern als auch bei den<br />
zahlreichen Besuchern spontane Neugier<br />
hervor. Man fragt sich unweigerlich,<br />
ob dieses Weingut in gewisser Weise<br />
nicht als eine Art Versuchslabor für den<br />
Weinbau von morgen angesehen werden<br />
kann.<br />
Von Weitem könnte man meinen, zwei riesige Stahlrohre<br />
lägen auf dem Boden und wären teilweise<br />
eingegraben. Der Anblick dieser seltsamen Anlage<br />
inmitten der provenzalischen Landschaft überrascht jeden,<br />
der sie zum ersten Mal sieht, vor allem, wenn sie durch die<br />
Reflexe des Sonnenlichts den Besucher richtiggehend<br />
blendet, was naturgemäß in dieser Gegend nicht selten der<br />
Fall ist. Manchen mag dieses Bild zunächst sogar irritieren,<br />
weil er sich beim Anblick dieses vermeintlichen Hangars<br />
für landwirtschaftliche oder industrielle Gerätschaften und<br />
Maschinen unweigerlich fragt, wie eine Behörde ein solches<br />
Gebäude in dieser sicherlich geschützten Naturlandschaft<br />
genehmigen konnte. Bei einem Besuch von Château<br />
La Coste stellt man jedoch fest, dass diese 10 Meter hohen<br />
Gebäude mit der halbrunden Form seit 2008 das eigentliche<br />
« Herz » der Weinproduktion beherbergen. Dort werden<br />
die Trauben sortiert und gepresst, der Wein vinifiziert<br />
und abgefüllt, die Flaschen anschließend gelagert. Der Ort<br />
hat eine Länge von mehreren Hundert Metern, reicht bis<br />
zu 17 Meter tief in die Erde und beherbergt eine Ansammlung<br />
ultramoderner und glänzender Stahltanks, die mit<br />
Stegen verbunden sind. Bei einer der regelmäßig stattfindenden<br />
Führungen erhält der Besucher den Eindruck, in<br />
ein futuristisches Universum einzutauchen, das geradezu<br />
einem Science-Fiction-Film entsprungen sein könnte. Es<br />
hat wenig mit den Weinkellern anderer Weingüter in der<br />
Umgebung gemein; selbst auf nationaler Ebene tut man<br />
sich schwer, etwas Vergleichbares zu finden.<br />
Zugegeben: Paddy McKillen, der Besitzer von Château<br />
La Coste, hat sich die Anlage etwas kosten lassen. Er<br />
wollte « das Beste und Schönste » für seine Domaine. Bei<br />
der Umsetzung hat er an nichts gespart, denn er beauftragte<br />
den französischen Architekten Jean Nouvel mit der<br />
Realisierung dieses Weinkellers, der sowohl hinsichtlich<br />
seiner Architektur – die man nur als zukunftsorientiert<br />
bezeichnen kann – als auch hinsichtlich der Anlagen, die<br />
dort untergebracht sind – selbstverständlich das Modernste,<br />
was die Weinbautechnologie zu bieten hat – aus dem<br />
Rahmen fällt. Das Ganze muss, so erfährt man vor Ort,<br />
einer Weinerzeugung dienen, die « im Einklang mit den<br />
Prinzipien der biologisch-dynamischen Landwirtschaft<br />
steht », um « das Terroir zu schützen » und der provenzalischen<br />
Weinbautradition « einen frischen Wind zu verleihen<br />
». Nicht gerade bescheiden also, was die Ansprüche<br />
angeht. Die biodynamische Bewirtschaftung von Château<br />
La Coste ist allerdings zur Stunde noch nicht zertifiziert,<br />
seit 2009 tragen die Weine jedoch das Label « Bioweine ».<br />
Dass Paddy McKillen große Ambitionen hegt, wird<br />
dem Besucher sofort klar. Es geht nicht nur darum, qualitativ<br />
hochwertige Weine in den drei Farben zu produzieren.<br />
Dies ist bereits der Fall, einige seiner Weine<br />
haben auf internationaler Ebene<br />
bereits<br />
einen soliden Ruf. Offensichtlich will er dazu beitragen,<br />
den provenzalischen Wein auf innovative Art und Weise<br />
weiterzuentwickeln. Dafür scheint es für ihn keine<br />
Grenzen zu geben, weder in Sachen Ausrüstung, Rebsorten<br />
oder Vinifizierungsmethoden, noch im Hinblick auf<br />
eine Zusammenarbeit mit herausragenden Beratern und<br />
Önologen. Mit bestimmten Gewohnheiten zu brechen,<br />
fällt ihm offensichtlich nicht schwer. Die Installation<br />
von Kunstwerken in den Reben, über die Sie in der letzten<br />
Ausgabe lesen konnten, ist nur der sichtbare Teil des<br />
Eisbergs, was die Originalität der Domaine angeht. Das<br />
wirklich Innovative spielt sich nahezu im Verborgenen,<br />
im Weinkeller, ab. Um darüber etwas mehr zu erfahren,<br />
haben wir uns mit John Belsham unterhalten. Er ist Önologe<br />
und Weinberater von Paddy McKillen und in dieser<br />
Eigenschaft für das von Jean Nouvel konzipierte Kellergebäude<br />
verantwortlich.<br />
John Belsham, Sie haben gemeinsam mit Jean Nouvel das ausgesprochen<br />
futuristische Kellergebäude entwickelt, das Paddy<br />
McKillen haben wollte. Wie würden Sie es heute bezeichnen?<br />
Als Weinkeller? Als Abfüllzentrum? Als Weinlager?<br />
Dieses in seiner Art einzigartige Gebäude ist all das<br />
zusammen, gerade dadurch zeichnet es sich aus. Es ist<br />
ein tolles Tool, eine regelrechte Fabrik, etwas, was es in<br />
der Welt des Weinbaus nur sehr selten gibt, besonders<br />
in Frankreich. Die gesamte Produktionskette ist hier auf<br />
innovative Art am selben Ort vereint, vom Sortieren der<br />
Trauben bis zur Lagerung der Flaschen. Für das Gebäude<br />
gab es von Anfang an eine zentrale Leitlinie: den Einsatz<br />
allerneuester Technologien, um in jedem Produktionsschritt<br />
alle charakteristischen Merkmale des Weines zu<br />
erhalten. Unser Bestreben ist es, mit dieser Ausrüstung<br />
einen Wein zu erzeugen, der in perfekter Harmonie mit<br />
der natürlichen Umgebung steht.<br />
Das ist sicher richtig, aber Sie wissen selbst, dass das Konzept<br />
82 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 83
ART DE VIVRE Wein<br />
eines Weines « in Harmonie mit der Natur » heutzutage auch<br />
von vielen anderen verfolgt wird, provenzalische Winzer in<br />
der Umgebung eingeschlossen. Andere setzen sich ebenfalls für<br />
einen biologischen oder biodynamischen Weinbau ein …<br />
Das ist richtig. Wir sind selbstverständlich nicht die<br />
Einzigen, die sich dafür interessieren. Der Weinbau als<br />
Ganzes entwickelt sich immer mehr in Richtung bio. Ich<br />
glaube aber, dass Château La Coste durch die Mittel, die<br />
es zur Verfügung hat, mehr oder weniger bewusst für den<br />
Berufsstand eine Art « Versuchslabor der Möglichkeiten »<br />
darstellt. Das sieht man konkret daran, dass es durchaus<br />
denkbar ist, den Weinbau mithilfe moderner Technologie<br />
weiterzuentwickeln und gleichzeitig die Natur zu schützen.<br />
Nehmen Sie die biologisch-dynamische Landwirtschaft<br />
als Beispiel. Wir sind nicht zertifiziert, aber wir<br />
arbeiten voll und ganz nach ihren Prinzipien, und zwar<br />
bei den meisten Parzellen der Domaine, darunter diejenigen,<br />
mit denen wir unsere prestigeträchtigsten Weine<br />
erzeugen. Vor allem in Frankreich stellen bisher vor allem<br />
kleine Weingüter auf diese Art der Bewirtschaftung um.<br />
Man muss dazu wissen, dass es nicht gerade einfach ist,<br />
Rinderhörner auf einer Fläche von 120 Hektar zu vergraben,<br />
um dadurch für diese Fläche den Dünger nach den<br />
Regeln der Kunst zu produzieren. Ich glaube, dass wir<br />
beweisen, dass man eine biodynamische Wirtschaftsweise<br />
durchaus im größeren Stil betreiben kann. Das kostet Zeit<br />
und Geld, aber wir glauben daran! Ich persönlich liebe<br />
Projekte und dieses ist das größte, an dem ich jemals gearbeitet<br />
habe!<br />
Lassen sich die Mitarbeiter von Château La Coste von der Positionierung<br />
« als Versuchslabor » inspirieren? Bekennen sie sich<br />
dazu?<br />
Ich habe festgestellt, dass einige unserer Ansätze,<br />
die das Team zunächst schockiert haben, inzwischen<br />
verstanden werden und Zustimmung<br />
finden.<br />
Nehmen Sie beispielsweise die Traubenlese bei Nacht.<br />
Das wollte ich einführen. Dadurch wird der Stress für die<br />
Trauben reduziert und eine maximale Qualität erhalten.<br />
Zu Beginn sagte man mir, dies sei verrückt, sogar unmöglich.<br />
Letzten Endes machten aber alle mit und sind sich<br />
heute darin einig, dass es ein echtes Plus für den Wein ist.<br />
Dasselbe gilt für unsere Entscheidung, den gesamten Prozess<br />
bei niedriger Temperatur ablaufen zu lassen. Das ist<br />
ein ausgezeichnetes Mittel, um die Aromen zu bewahren.<br />
Die Gebäude dafür auszurüsten, erschien zunächst ebenfalls<br />
verrückt, denn wir mussten sie mit einer doppelten<br />
Hülle versehen. Aber auch hier ist unbestritten, dass sich<br />
diese Vorgehensweise in der Qualität des Weins bemerkbar<br />
macht. Die Gestaltung der Gebäude selbst ermöglicht<br />
es uns, dass der Kontakt des Weins mit Licht auf ein Minimum<br />
reduziert ist und wir äußerst reaktiv sein können.<br />
Alles wird vor Ort erledigt, es geht schnell, der Wein wird<br />
im letzten Moment in Flaschen abgefüllt, quasi direkt vor<br />
der Lieferung. Wir arbeiten « nach Maß », auch wenn unsere<br />
Abfüllanlage für bis zu zwei Millionen Flaschen pro<br />
Jahr ausgelegt ist. Auf diese Weise findet der Kunde im<br />
Wein fast genau die Merkmale wieder, die dieser kurze<br />
Zeit zuvor, beim Verlassen des Weinguts, hatte …<br />
Glauben Sie, dass der Weinbau beziehungsweise die Landwirtschaft<br />
in der Provence neue Impulse braucht?<br />
Ja. Wissen Sie, ich bin Neuseeländer. Ich komme<br />
also aus einer Welt, in der der Weinbau im Vergleich zu<br />
Europa noch relativ jung ist. Nicht ohne Grund spricht<br />
man von den Weinen der « Neuen Welt ». Es ist klar, dass<br />
wir in Bezug auf den Wein weder denselben geschichtlichen<br />
Hintergrund noch dieselbe « altüberlieferte » Vorgehensweise<br />
wie in Europa haben. Ich sage das nicht ohne<br />
den entsprechenden Hintergrund, denn ich habe meine<br />
Berufslaufbahn in den 70er-Jahren in den Reben des<br />
Médoc begonnen. Daher weiß ich, welchen Stellenwert<br />
Traditionen und Gewohnheiten im Bordelais haben.<br />
Mir wurde schnell klar, dass wir in Neuseeland<br />
aufgrund unserer « Jugend » in diesem Beruf<br />
echte Vorzüge gegenüber Frankreich<br />
besitzen: nicht vor Neuerungen<br />
zurückzuschrecken, bestimmte<br />
Vorstellungen und Praktiken<br />
viel leichter infrage zu stellen,<br />
neue Techniken auszuprobieren,<br />
sich letzten Endes<br />
an eine sich verändernde<br />
Umwelt anzupassen,<br />
sei es nur an ein verändertes<br />
Klima.<br />
Die Welt des Weinbaus<br />
in Frankreich<br />
hat also Mühe, mit den<br />
aktuellen Entwicklungen<br />
Schritt zu halten?<br />
Das stelle ich seit Jahren<br />
fest. Und es ist nicht<br />
so, dass sie sich nicht<br />
verändert. Auch hier hat<br />
man in der Tat erkannt,<br />
dass man die Umwelt in<br />
die Überlegungen einbeziehen<br />
muss. Aber alles<br />
geht langsam, sehr langsam<br />
vonstatten. Und vor<br />
allem schützt man hier das Terroir durch die Einführung<br />
neuer Regelungen. Genau darin liegt das Problem, denn<br />
mit all den Normen, Labels und Auflagen engt man den<br />
Beruf zu stark ein. Das verhindert am Ende jede Initiative<br />
und letzten Endes die Möglichkeit, auf Betriebsebene<br />
notwendige Veränderungen einzuleiten. Man achtet zwar<br />
immer auf die Norm, vergisst dabei aber, auf die Veränderung<br />
in der Welt zu achten. In der Neuen Welt sind die<br />
Vorschriften viel weniger streng. Dies kann ebenfalls zu<br />
Problemen führen, weil einige dadurch machen, was sie<br />
wollen. Generell haben die Winzer dadurch aber mehr<br />
Zeit und mehr Freiheiten, um eigene Überlegungen zu<br />
verfolgen. Auf diese Weise können sie Verfahren testen<br />
und sich individuell an Veränderungen anpassen. In<br />
Frankreich erscheint mir das unmöglich. Ein Winzer ist<br />
sehr oft bereits durch das Pflichtenheft der Appellation<br />
d‘Origine Contrôlée (AOC) eingeengt. Er ist in seinen<br />
Entscheidungen nicht frei …<br />
Das gilt vor allem auch in finanzieller Hinsicht. Nur wenige<br />
Weingüter können sich so hohe Investitionen leisten, wie es hier<br />
der Fall ist …<br />
Sie haben vollkommen recht, darauf hinzuweisen. Ich<br />
bin mir der außerordentlichen Chance, die wir auf Château<br />
La Coste haben, durchaus bewusst. Wissen Sie, ich<br />
habe bereits auf sieben oder acht Weingütern auf der ganzen<br />
Welt solche Einrichtungen installiert, aber es ist das<br />
erste Mal, dass der Besitzer keine einzige meiner Empfehlungen<br />
abgelehnt hat. Das ist ein Luxus. Ich bin mir<br />
auch bewusst, dass dies eine enorme Verantwortung mit<br />
sich bringt, denn wir müssen eine hervorragende Qualität<br />
erreichen. Da wir die besten Instrumente besitzen, um<br />
Wein zu produzieren, muss es ein großer Wein sein. Und<br />
das ist auch in der Provence möglich!<br />
Die Provence scheint bereits seit ein paar Jahrzehnten das<br />
Image vom «netten, einfachen Rosé » abgelegt<br />
zu haben …<br />
Lange Zeit dachte man, dass man<br />
im Süden Frankreichs grosso modo in<br />
der Lage sei, einen Rosé für Touristen<br />
zu produzieren. Aber ich bin mir<br />
sicher, dass man die Region, seit sie<br />
<br />
Château La Coste<br />
2750 Route de la Cride<br />
13610 Le Puy-Sainte-Réparade<br />
Telefon: +33 (0)4 42 61 92 92<br />
ihr altes Image bewusst abgelegt hat, heute mit anderen<br />
Augen sieht, selbst wenn sie als Weinbaugebiet vermutlich<br />
niemals so bekannt wie Burgund, Bordeaux oder gar<br />
die Champagne sein wird. Der Rosé aus der Provence ist<br />
heute mehr als ein einfacher Sommerwein, der gerade<br />
im Trend liegt, die Rot- und Weißweine werden immer<br />
bekannter. Die Weinregion Provence ist gerade dabei,<br />
eine große Herausforderung zu bestehen: Sie ist auf dem<br />
besten Weg, allmählich einige der besten Weine der Welt<br />
zu produzieren. Das beweist, dass sich Dinge verändern<br />
können.<br />
Glauben Sie, dass der französische Weinbau in der Lage ist,<br />
sich weiterzuentwickeln?<br />
Ja. Ich glaube, dass die Welt des Weines heute eine<br />
globale Welt ist. Aber im positiven Sinn: Das bedeutet<br />
nicht, dass die Terroirs und ihre Besonderheiten verschwinden<br />
werden, sondern dass im Gegenteil eine Kooperation<br />
entsteht. Uns allen wird immer bewusster, dass<br />
wir in einer « fertigen » Welt leben, dass wir Teil eines<br />
Ökosystems sind. In dieser Welt müssen wir zusammenleben,<br />
wir müssen gemeinsam für sie sorgen. Selbst<br />
wenn diese Vorstellung manchmal utopisch erscheint, so<br />
breitet sie sich aus, und die biologische beziehungsweise<br />
die biodynamische Bewirtschaftung tragen dazu bei. Der<br />
Informationsaustausch zwischen Winzern in der ganzen<br />
Welt war noch niemals so einfach wie heute. Ich sehe dies<br />
an den diplomierten jungen Menschen, die auf Château<br />
La Coste arbeiten: Die meisten habe heute Praktika auf<br />
Weingütern im Ausland absolviert. Sie haben eine viel internationaler<br />
ausgerichtete Vision von der Welt der Reben.<br />
Sie sind in der Lage zu vergleichen, sich ihr Urteil durch<br />
den Abgleich von Informationen zu bilden. Das ist eine<br />
Neuerung, und ich glaube, das geht in die richtige Richtung.<br />
Vorausgesetzt, man sucht nicht nur Ertrag um jeden<br />
Preis, sondern man setzt sich vor allem für den Schutz von<br />
Erde und Reben ein. Wein machen<br />
ja, aber einen Wein, der wieder die<br />
Umwelt respektiert. Das ist die Herausforderung<br />
der kommenden Jahre.<br />
John Belsham, vielen Dank für das Gespräch.<br />
84 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 85
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8<br />
9<br />
7<br />
12<br />
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nach Regionen<br />
geordnet:<br />
Landesweite Themen<br />
6<br />
11<br />
1 2<br />
3<br />
10<br />
13<br />
5<br />
14<br />
16<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Die schönsten Küstenwege 67<br />
Fahrradrouten – Die schönsten 59<br />
Strecken entlang der Küsten<br />
Weihnachtsmärkte – Wo geht es 57<br />
noch authentisch zu?<br />
Winterurlaub – Romantische<br />
Skistationen anstatt Bettenburgen 57<br />
Künstlerdörfer – 10<br />
54<br />
Künstlerdörfer zum Verlieben<br />
Kultur – Museumseröffnungen 54<br />
wie am Fließband<br />
Brücken – Frankreichs<br />
53<br />
bemerkenswerteste Brücken<br />
Wellness in den Bergen – Nach 43<br />
dem Sport die Erholung<br />
10 Ideen… – …für Ferien am Meer 40<br />
Naturwunder – Die 10 schönsten 33<br />
Naturwunder Frankreichs<br />
1 Paris <strong>Nr</strong>.<br />
Städteplanung – Champs-<br />
Élysées: eine Aufforderung zum<br />
Träumen?<br />
Coup de cœur – Die<br />
Straßenbuchhändler an den<br />
Seine-Quais in Paris<br />
Saint-Germain-des-Prés: Mehr<br />
als ein Viertel, die Seele von Paris?<br />
Le Train Bleu – Ist das legendäre<br />
Restaurant noch immer einen<br />
Besuch wert ?<br />
Musée d‘Histoire de la Médecine<br />
– ein ungewöhnliches Museum im<br />
Herzen der Hauptstadt<br />
Pariser Rathaus – Ein Palast für<br />
die Hauptstädter<br />
Le Bon Marché – Eine Pariser<br />
Institution feiert ihren 160.<br />
Geburtstag<br />
Hôtel des Invalides – Ein kleines<br />
Militär-Versailles mitten in Paris<br />
Avenue des Champs-Elysées<br />
– Wie steht es um den Glanz des<br />
Prachtboulevards?<br />
Butte-aux-Cailles – Aus der Mitte<br />
entsprang ein Fluss<br />
Serie: Restaurants<br />
und Brasserien der<br />
französischen Hauptstadt (6):<br />
Designrestaurants<br />
4<br />
15<br />
17<br />
18<br />
75<br />
65<br />
60<br />
58<br />
57<br />
53<br />
41<br />
38<br />
36<br />
31<br />
31<br />
HOTELS<br />
Le Narcisse Blanc – Paris 62<br />
La Belle Juliette – Paris 54<br />
Hotel Lutetia – Paris 32<br />
2 Pariser Umland <strong>Nr</strong>.<br />
Ecouen – Ein Museum für die<br />
Renaissance<br />
Saint-Denis – Ruhestätte der<br />
Könige<br />
50<br />
33<br />
3 Norden & Champagne <strong>Nr</strong>.<br />
Hauts-de-France – Familistère de 64<br />
Guise,von «Versailles für Arbeiter»<br />
zum bewohnten Museum<br />
Baie de Somme – Eine<br />
63<br />
beeindruckende Reise (Teil 2):<br />
Le parc du Marquenterre<br />
Baie de Somme – Eine<br />
62<br />
beeindruckende Reise (Teil 1): die<br />
Abbaye de Saint-Riquier<br />
Nordfrankreich – Auf den Spuren 59<br />
eines großen französischen<br />
Architekten<br />
Marais Audomarois – Ein<br />
58<br />
Sumpfgebiet für Kenner<br />
Lille – Die unterschätzte<br />
54<br />
Metropole<br />
Musée Matisse – Kunstgenuss auf 47<br />
dem platten Land<br />
Pays de Condé – Eine<br />
43<br />
Bergbaugegend erfindet sich neu<br />
Marne – In der Heimat des<br />
40<br />
Champagners<br />
10 Ideen… für Nord-Pas-de-Calais 38<br />
Arras & Douai – Riesen für den 36<br />
Kleinen<br />
Jardin Mosaic – Ein Spaziergang 33<br />
wird zur Reise<br />
HOTELS<br />
Le Domaine de la Chartreuse – 57<br />
Gosnay<br />
Pasino – Saint-Amand-les-Eaux 43<br />
4 Elsass & Lothringen <strong>Nr</strong>.<br />
Elsass / Grand Est – Mit dem<br />
Hausboot 100% elektrisch durchs<br />
Elsass<br />
Meuse – Wandern mal anders – Die<br />
Begegnung von zeitgenössischer<br />
Kunst und ländlichem Raum<br />
Elsass – Kaysersberg,eines der<br />
Lieblingsdörfer der Franzosen<br />
Vogesen – Eine Fotoausstellung<br />
unter freiem Himmel im Herzen<br />
der Vogesen<br />
Grand-Est – Mondial Air Ballons,<br />
der poetische Aufstieg von 456<br />
Heißluftballons<br />
Grand-Est – Graufthal,das Elsass<br />
zur Zeit der Streichhölzer<br />
Kirrwiller – 520 Einwohner<br />
und die drittgrößte Music Hall<br />
Frankreichs<br />
Weihnachtskugeln aus<br />
Meisenthal – nicht nur Kugeln,<br />
sondern Objekte voller Sinn<br />
Château de Lunéville – Wie<br />
Phoenix aus der Asche<br />
74<br />
70<br />
69<br />
68<br />
65<br />
64<br />
62<br />
61<br />
52<br />
Abbaye de Murbach – Es steht ein 47<br />
Kloster im Walde<br />
Musée Lalique – Eine Hommage 43<br />
an die Glasmacherkunst<br />
10 Ideen… für ein Wochenende 41<br />
im Elsass<br />
Haut-Koenigsbourg – Ein<br />
40<br />
wahrhaft deutsch-französisches<br />
Kulturerbe<br />
Bitche – Das zweite Leben einer 38<br />
Zitadelle<br />
Neufchef & Aumetz – Das stolze 36<br />
Erbe der lothringischen Kumpel<br />
HOTELS<br />
Le Chambard – Kaysersberg 69<br />
Grand Hôtel & Spa Gérardmer – 68<br />
Gérardmer<br />
La Cheneaudière – Colroy-la- 61<br />
Roche<br />
La Clairière Bio- & Spa-Hotel – 38<br />
La Petite-Pierre<br />
5 Burgund & Jura <strong>Nr</strong>.<br />
Burgund – Eine Rundfahrt zum 75<br />
Auftanken!<br />
Châteauneuf-en-Auxois: Die 74<br />
Verbindung von Kulturerbe,<br />
Modernität und Lebendigkeit<br />
«Unsere Vorfahren, die Gallier»: 73<br />
Eine Reise ins Land von Asterix<br />
Morvan – Eine Geschichte von 71<br />
Ammen und Pflegekindern<br />
Jura – Weihnachten im Jura: vom 69<br />
Rosenkranz zum Spielzeugland<br />
Haute-Saône – Notre-Damedu-Haut<br />
in Ronchamp: eine<br />
69<br />
Rechenaufgabe für Le Corbusier<br />
Ostfrankreich – Vorreiter bei der 68<br />
Abschaffung der Sklaverei<br />
Jura – Salins-les-Bains: Salz, 67<br />
das weiße Gold prägt eine ganze<br />
Region<br />
Saône-et-Loire – Tournus, ein 66<br />
Zwischenstopp für Neugierige auf<br />
dem Weg in den Süden<br />
Côte d’Or – Vill’Art, das zweite 66<br />
Leben eines Steinbruchs<br />
Belfort – Die wiederentdeckte 64<br />
Genialität eines Künstlers<br />
Bourgogne-Franche-Comté – 63<br />
Alésia, Auf den Spuren der Gallier<br />
Route des Grands Crus – Die 61<br />
Champs-Elysées von Burgund<br />
Montbéliard – 30 Jahre<br />
61<br />
Lumières de Noël<br />
Dijon – Mehr als nur Senf 53<br />
Genuss – Die AOC der Franche- 47<br />
Comté<br />
Maison de Louis Pasteur – Ein 43<br />
Dorf im Fokus der Wissenschaft<br />
Hospices de Beaune – Ein<br />
41<br />
Krankenhaus mit Weinbergen<br />
Lac de Pannecière – Spaziergang 41<br />
durch die Ruinen eines<br />
untergegangenen Dorfes<br />
Montbéliard – Die Farben einer 41<br />
Stadt<br />
Peugeot-Museum – Mehr als ein 39<br />
Automobilmuseum<br />
Wein – Saint-Véran aus Burgund 35<br />
HOTELS<br />
Château Sainte-Sabine – Sainte- 74<br />
Sabine<br />
Relais Bernard Loiseau –<br />
Seaulieu<br />
71<br />
6 Loire-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
Pays de la Loire – Saint-Florentle-Vieil:<br />
Die kulturelle Revanche<br />
74<br />
eines kleinen Dorfes an der Loire<br />
Centre - Val de Loire – Richelieu: 73<br />
«das schönste Dorf des<br />
Universums!»<br />
Pays de la Loire – Die schöne 70<br />
Geschichte des größten<br />
japanischen Gartens Europas<br />
Loire-Tal – Eine faszinierende 68<br />
Reise ins Land der Troglodyten<br />
Mayenne – Mit dem Hausboot auf 66<br />
der Mayenne<br />
Chédigny – ein Dorf wird zum 65<br />
Garten<br />
La grange de Meslay: Von der 60<br />
Holzkathedrale zum Musiktempel<br />
Tours – Frischer Wind im Loiretal 59<br />
Chambord – Mehr als nur ein 58<br />
beeindruckendes Schloss<br />
Cheverny – Das Schloss von Tim 43<br />
und Struppi<br />
Ballonfahrt übers Loire-Tal – 38<br />
Bitte zeichne mir ein Schloss<br />
Blois – Ein Schloss der<br />
36<br />
Geheimnisse und Intrigen<br />
Le Mans – Unerwartet anders 33<br />
HOTELS<br />
Troglododo – Azay-le-Rideau 31<br />
7 Normandie <strong>Nr</strong>.<br />
Normandie – Biennale La Forêt 74<br />
Monumentale: Wenn Kunst den<br />
Wald verschönert<br />
Normandie – Villa «Les Rhumbs» 73<br />
in Granville: Wo für Christian Dior<br />
alles gegann<br />
Normandie – An Bord der Marité 71<br />
von Granville zu den Chausey-<br />
Inseln<br />
Le Havre – 500 Jahre, das will 62<br />
gefeiert werden !<br />
Cherbourg – Dem Meer<br />
53<br />
zugewandt<br />
Genuss – Die AOC der Normandie 39<br />
Mémorial Caen – Ein Museum für 31<br />
den Frieden<br />
HOTELS<br />
Domaine de la Corniche –<br />
36<br />
Rolleboise<br />
8 Bretagne <strong>Nr</strong>.<br />
Finistère – Pont-Aven:<br />
75<br />
inspirierende Bretagne!<br />
Pays bigouden: die Bretagne in 73<br />
konzentrierter Form<br />
Belle-île-en-Mer – Unsere Coups 70<br />
de cœur für die größte bretonische<br />
Insel<br />
Finistère – Locronan, die<br />
66<br />
bretonische Seele par excellence<br />
Côtes d’Armor – La Vallée des 63<br />
Saints, die bretonische Osterinsel<br />
Brest und Roscoff – Mehr als nur 62<br />
zwei Gärten<br />
☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 31 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 36 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 38 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 39 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 40<br />
☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 43 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 47 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 49 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 51<br />
☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 53<br />
☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 60<br />
☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 54<br />
☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 61<br />
☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 57 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 58 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 59<br />
☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 62<br />
RESTEXEMPLARE<br />
RESTEXEMPLARE<br />
☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 63 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 64<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 65 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 66 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 67 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 68 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 69<br />
☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 70 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 71 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 72 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 73 ☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 74<br />
ich bestelle die folgende(n) Ausgabe(n) von<br />
Frankreich erleben für 5,90 € pro Heft zzgl. Versandkostenpauschale.<br />
Diese beträgt innerhalb<br />
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☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 75
Bretagne – Umfriedete<br />
61<br />
Pfarrbezirke<br />
Ile d’Ouessant – Eine Insel voller 58<br />
Leben<br />
Montagnes Noires – Wo die 54<br />
Bretagne in die Höhe wächst<br />
Vitré, Fougères, Combourg, 47<br />
Château des Rochers-Sévigné<br />
– Mittelalterliche Festungen und<br />
literarische Vermächtnisse<br />
Brest – Die unterschätzte<br />
41<br />
Hafenstadt am Ende der Welt<br />
Genuss – Die AOC der Bretagne 40<br />
Abbaye de Daoulas – Kloster der 39<br />
Kultur und der Heilpflanzen<br />
Pointe du Raz – Das Ende der Welt 31<br />
HOTELS<br />
Castel Clara – Port Goulphar, 70<br />
Belle-Île-en-Mer<br />
Château de Sable – Porspoder 58<br />
9 Atlantikküste <strong>Nr</strong>.<br />
Nouvelle-Aquitaine – Talmontsur-Gironde:<br />
zwischen Himmel<br />
75<br />
und Fluss am Ende der Welt<br />
Coup de cœur – Carrelets:<br />
74<br />
poetische Fischerhütten aus einer<br />
anderen Zeit<br />
Baskenland – Château d’Abbadia, 71<br />
eine Inspiration für den<br />
Wiederaufbau von Notre-Dame ?<br />
Atlantiküste – Ein Paradies für 67<br />
Naturismus<br />
Nouvelle-Aquitaine – Coup de 66<br />
cœur: Parc de Majolan<br />
Nouvelle-Aquitaine – Die<br />
64<br />
Metamorphose von Bordeaux,<br />
Eine Zwischenbilanz<br />
Coup de cœur – Die Eiche im 63<br />
Taubenschlag von Pouzay<br />
Bordeaux 60<br />
Wein – Jurade de Saint-Emilion 47<br />
Bordeaux – Bordeaux 2.0 46<br />
Ile d’Oléron, Ile de Ré, Ile<br />
46<br />
Madame, Ile d’Aix, Fort Boyard –<br />
Reif für die Insel(n)<br />
Wein – Ein asiatischer Winzer im 46<br />
Bordelais<br />
Radfernweg – Velodyssey, immer 41<br />
am Atlantik entlang<br />
Klöster – Abteien, die sogar 40<br />
Kinder begeistern<br />
Marais Poitevin – Die grünen 38<br />
Kanäle des Marais Poitevin<br />
Likör – Angélique de Niort, Likor 38<br />
aus einer Heilpflanze<br />
Gironde – Wie Vauban eine<br />
36<br />
Flussmündung abriegelte<br />
HOTELS<br />
Hôtel de Sèze – Bordeaux 64<br />
Hôtel Napoléon – Ile d’Aix 46<br />
10 Auvergne & Limousin <strong>Nr</strong>.<br />
Corrèze – Das Gefühl, in der 68<br />
Inkastadt Machu Micchu zu sein<br />
Nouvelle-Aquitaine – Les Pans 63<br />
de Travassac, eine Spektakuläre<br />
Reise in das Land des Schiefers<br />
Clermont-Ferrand – Aufbruch 47<br />
aus schwieriger Position<br />
Genuss – Die AOC der Auvergne 38<br />
HOTELS<br />
Domaine Saint Estève – Millau 53<br />
11 Périgord & Midi-<br />
Pyrénées<br />
Vallée de la Dordogne: Wo man<br />
« wie Gott in Frankreich lebt »<br />
Rodez – In der Heimat von Pierre<br />
Soulages<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
60<br />
54<br />
Tradition – Toulouse im Zeichen 47<br />
des Veilchens<br />
Airbus-Fabrik – Zu Besuch bei 46<br />
Airbus in Toulouse<br />
Gouffre de Padirac – Der<br />
44<br />
Erdmitte ein Stückchen<br />
näherkommen<br />
Pastell – Das blaue Gold 43<br />
Genuss – Diskrete Früchtchen, 33<br />
Backpflaumen aus Agen<br />
HOTELS<br />
Chateau de la Treyne – Lacave, 60<br />
Vallée de la Dordogne<br />
Grand Hôtel Le Turenne –<br />
47<br />
Beaulieu-sur-Dordogne<br />
12 Pyrenäen <strong>Nr</strong>.<br />
Le Train Jaune – Ein Zug als<br />
Wahrzeichen<br />
13 Languedoc-<br />
Roussillon<br />
Aude – Die große Höhle von<br />
Cabrespine, ein unterirdisches<br />
Abenteuer<br />
Occitanie – Assignan,Das<br />
unglaubliche Schicksal eines<br />
französischen Dorfes<br />
Sigean: das Reservat der<br />
glücklichen Tiere<br />
Languedoc-Roussillon –<br />
Überraschende Mittelmeerregion<br />
Carcassonne – Imponierende<br />
Festungsstadt des Mittelalters<br />
Côte Vermeille – Paulilles, wenn<br />
die Hölle zum Paradies wird<br />
Saint-Guilhem-le-Désert – Wenn<br />
ein Krieger zum Klosterbruder<br />
wird<br />
Stadtentwicklung – Montpellier,<br />
ein Synonym für Dynamik<br />
Pont du Gard – Altes Aquädukt<br />
erfrischend jung<br />
Wein – AOC Fitou, Qualitätsgarant<br />
aus dem Süden<br />
45<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
65<br />
64<br />
60<br />
59<br />
57<br />
57<br />
47<br />
47<br />
41<br />
33<br />
14 Rhône-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
Lyon – Rendezvous in der Rue du 64<br />
Premier-Film<br />
Drôme – Wandern auf den Spuren 62<br />
der Hugenotten<br />
Lyon – Die Metamorphose<br />
61<br />
eines Arbeiterviertels in ein<br />
Freilichtmuseum<br />
Lyon – Eine Stadt gewinnt ihre 59<br />
Flussufer zurück<br />
Montélimar & Umgebung – Eine 46<br />
Reise zwischen gestern und<br />
morgen<br />
Tradition – Guignol, kleine Helden 43<br />
aus Lyon<br />
Wein – Clairette de Die 42<br />
Genuss – Die AOC von Rhône- 41<br />
Alpes<br />
Grignan – Im Land der schönen 40<br />
Briefe: eine Reise nach Grignan<br />
Wein – Lirac, das « mediterranste » 40<br />
Weinanbaugebiet im Rhône-Tal<br />
Jardin Zen d’Erik Borja – Auf 39<br />
der Suche nach dem verlorenen<br />
Garten<br />
Gastronomie – Michel Chabran, 39<br />
der Luxus der Simplizität<br />
Genuss – L’O Provençale: Olivenöl 36<br />
aus Nyons<br />
Palais Idéal du Facteur Cheval – 33<br />
Die Kraft eines Traumes<br />
HOTELS<br />
Manoir de la Roseraie – Grignan 40<br />
15 Alpen <strong>Nr</strong>.<br />
Auvergne-Rhône-Alpes: Evian: 71<br />
das Gedächtnis des Wassers<br />
Montblanc – Alpine Winterfreuden 31<br />
16 Provence <strong>Nr</strong>.<br />
Provence-Alpes-Côte d’Azur – 75<br />
Château La Coste: ein Hauch<br />
von Verrücktheit zwischen<br />
provenzalischen Reben<br />
Porquerolles – Villa Carmignac: 73<br />
Große Kunst auf einer kleinen Insel<br />
Provence – Coup de cœur: le 71<br />
Moulin de Daudet, Fontvieille<br />
Marseille – Eine fast<br />
70<br />
hundertjährige Liebeserklärung ist<br />
noch immer atuell<br />
Camargue – Tanzende Flamingos 69<br />
in der Camargue<br />
Provence – Lavendel: eine<br />
67<br />
überraschende deutschfranzösische<br />
Geschichte.<br />
Provence – Mit Giono auf dem 67<br />
Berg der Schäfer<br />
Alpes-de-Haute-Provence – 66<br />
Salagon, ein einzigartiger Ort, um<br />
die Hochprovence zu verstehen<br />
Fontaine-de-Vaucluse – Die 58<br />
berühmteste Quelle Frankreichs<br />
Arles – Römische Pracht und 53<br />
prachtvolle Kunstvorlage<br />
Umwelt – Lavendel der Provence 46<br />
in Gefahr<br />
10 Ideen… für die Provence 39<br />
Saint-Rémy-de-Provence – Die 33<br />
provenzalische Idylle von Saint-<br />
Rémy<br />
Avignon – Ein Tag in der Stadt der 31<br />
Päpste<br />
HOTELS<br />
B Design & Spa – Le Paradou 39<br />
Attrap’Rêves – Allauch 33<br />
17 Côte d’Azur <strong>Nr</strong>.<br />
Paul Ricard – zwei Inseln, ein<br />
Schicksal<br />
Iles de Lérins, jenseits des «roten<br />
Teppichs» von Cannes<br />
Provence-Alpes-Côte-d’Azur<br />
– Géoparc de Haute-Provence,<br />
eine erstaunliche Reise in die<br />
Vergangenheit der Erde<br />
Hyères – eine authentische Ecke<br />
am Mittelmeer<br />
Antibes – Die Überraschung an<br />
der französischen Riviera<br />
Monaco – Internationales<br />
Zirkusfestival von Monte Carlo<br />
Monaco – Die unglaubliche Saga<br />
eines kleines Fürstentums<br />
Bormes-les-Mimosas – Wo<br />
Blumen wie Königinnen verehrt<br />
werden<br />
Ile de Port-Cros – Kleine<br />
Trauminsel im Mittelmeer<br />
Domaine du Rayol – Die<br />
Geschichte eines ungewöhnlichen<br />
Parks<br />
Nizza – Frühlingsgefühle einer<br />
Diva<br />
HOTELS<br />
La Bonne Etape – Château-<br />
Arnoux-Saint-Auban<br />
Clarion Grand Hôtel Aston –<br />
Nizza<br />
Château de la Messardière –<br />
Saint-Tropez<br />
75<br />
74<br />
65<br />
63<br />
54<br />
53<br />
47<br />
39<br />
38<br />
36<br />
32<br />
65<br />
41<br />
35<br />
18 Korsika <strong>Nr</strong>.<br />
Genuss – Die AOC Korsikas 43<br />
Überseegebiete<br />
(DOM/TOM)<br />
Französisch-Guayana – Natur,<br />
Geschichte, Raumfahrt<br />
Martinique – Entdeckungen in<br />
einer Postkartenidylle<br />
Ti’Punch & Planteur – Der<br />
Charme der Antillen in zwei<br />
Cocktails<br />
Weitere Themen<br />
Chantals Rezepte<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
37<br />
31<br />
31<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
APPETITANREGER<br />
Gratin de légumes du jardin 47<br />
SUPPEN<br />
Gaspacho de tomates et fraises 46<br />
Gaspacho de tomate 40<br />
Velouté de laitue 38<br />
SALATE<br />
Spinatsalat mit harten Eiern und 66<br />
knusprigen Hähnchenflügeln<br />
QUICHES & TARTES<br />
Tarte Tatin aux pommes et au 74<br />
camembert<br />
Tourte Printanière aux<br />
70<br />
champignons de Paris<br />
Tarte d’automne aux champignons 60<br />
et à la farine de châtaignes<br />
Quiche Lorraine 33<br />
GRATINS, AUFLÄUFE & TOASTS<br />
Camembert rôti au four 57<br />
Croque Monsieur & Croque<br />
54<br />
Madame<br />
Parmentier de canard 31<br />
FLEISCHGERICHTE<br />
Poulet fermier basse température 62<br />
à l’ail<br />
Rôti de porc aux pruneaux 59<br />
Coq au vin 43<br />
FISCHGERICHTE<br />
Poêlée de Saint-Jacques au cidre 73<br />
Encornets à la Sétoise 69<br />
Blanquette de saumon 65<br />
Millefeuille de crabe au saumon 63<br />
fumé<br />
Sole meunière 61<br />
FONDUES UND SAUCEN<br />
Die echte hausgemachte<br />
68<br />
Mayonnaise<br />
DESSERTS<br />
Le Gâteau basque 71<br />
Le Far Breton 64<br />
Profiteroles au chocolat chaud 58<br />
Crème brûlée à la fleur d’oranger 39<br />
GEBÄCK<br />
La Tarte Bourdaloue 67<br />
Les petits sablés de Noël 53<br />
Cannelés 41<br />
GETRÄNKE<br />
Liqueur d’estragon 36<br />
Weine & Alkoholika<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Spirituosen – Sapinette: ein Likör 74<br />
aus Tannennadeln<br />
Wein – Das Weinbaugebiet Bandol 73<br />
Spirituosen – Roderich Dühr, ein 65<br />
Deutscher, der Cognac im Blut hat<br />
Wein/Portrait – Glucklich wie 64<br />
Sabine und Jörg in Frankreich<br />
Wein – Crémant, ein kleiner<br />
63<br />
Schaumwein mausert sich<br />
Wein – Der elsässische Winzer<br />
Jean-Paul Schmitt ist seinen<br />
Reben näher denn je<br />
Alkoholische Getränke –<br />
Frankreich, das neue Eldorado für<br />
Bierliebhaber<br />
Wein – Der neue Trend beim<br />
Aperitif à la française<br />
Wein – Warum wird Wein nicht<br />
grundsätzlich im Holzfass<br />
gelagert?<br />
Champagner – Was Sie schon<br />
immer über Champagner wissen<br />
wollten<br />
Produktpiraterie – Wenn<br />
Weinflaschen gefälscht sind<br />
Weltkulturerbe – Frankreichs<br />
Winzer greifen zum Welterbe titel:<br />
Les coteaux, maisons et caves de<br />
Champagne (Teil 2)<br />
Jurade de Saint-Emilion – Mehr<br />
als Folklore: eine Tradition, die<br />
lebt!<br />
Peter Kwok – Ein asiatischer<br />
Winzer im Bordelais<br />
Picon – « Un Picon-Bière, s’il vous<br />
plaît »<br />
Lagerung – Tipps zum<br />
Aufbewahren von Wein<br />
Bier – Schattendasein oder<br />
Geheimtipp?<br />
Lirac – Das « mediterranste »<br />
Weinanbaugebiet im Rhône-Tal<br />
Wein & Gesundheit – Vive le vin!<br />
Vive la santé!<br />
Angélique de Niort – Likor aus<br />
einer Heilpflanze<br />
Cognac – Eine ungewöhnliche<br />
Erfolgsgeschichte<br />
AOC Fitou – Qualitätsgarant aus<br />
dem Süden<br />
Ti’Punch & Planteur – Der<br />
Charme der Antillen in zwei<br />
Cocktails<br />
Genuss<br />
61<br />
60<br />
59<br />
58<br />
57<br />
54<br />
53<br />
47<br />
46<br />
43<br />
41<br />
40<br />
40<br />
39<br />
38<br />
36<br />
33<br />
31<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Gastronomie – Champignons: 70<br />
Jacky Roulleau, der Gärtner der<br />
Nacht<br />
Genuss – Bouchot-Muscheln: 69<br />
der Rolls-Royce unter den<br />
französischen Muscheln<br />
Gastronomie – Das beste aller 66<br />
Baguettes<br />
Gastronomie – Kaviar von der 65<br />
französischen Atlantikküste,<br />
der neue Star<br />
Gilles Choukroun – Ein<br />
62<br />
Sternekoch, der die Pariser an den<br />
Flughafen zieht<br />
Gastronomie – Wenn ein junger 61<br />
Koch einen Michelin-Stern erhält<br />
Spitzengastronomie – Fabian 53<br />
Feldmann, ein deutscher<br />
Sternekoch im Land der<br />
Feinschmecker<br />
Produkte – Orangina 53<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 49<br />
Aquitaniens<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 47<br />
der Franche-Comté<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 46<br />
Burgunds<br />
Trüffel – Schwarze Diamanten 44<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 43<br />
Korsikas<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 41<br />
von Rhône-Alpes<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 40<br />
der Bretagne<br />
Gastronomie – Michel Chabran, 39<br />
der Luxus der Simplizität<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 39<br />
der Normandie<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC<br />
der Auvergne<br />
L’O Provençale – Olivenöl aus<br />
Nyons<br />
Backpflaumen aus Agen –<br />
Diskrete Früchtchen<br />
Ti’Punch & Planteur – Der<br />
Charme der Antillen in zwei<br />
Cocktails<br />
Politik & Wirtschaft<br />
Wirtschaft – Die Revision<br />
der Gebietsgrenzen der<br />
AOC Champagne: ein neuer<br />
Goldrausch?<br />
Politik – Sind die Regionen das<br />
Erfolgsrezept für den Tourismus ?<br />
Wirtschaft – Frankreich-<br />
Deutschland: der Krieg der<br />
Gummibärchen ist erklärt!<br />
Initiative – Die deutschfranzösische<br />
Freundschaft: welch<br />
eine Energie!<br />
Politik – Präsidentschaftswahlen<br />
2017, Präsidiale Orte<br />
Wirtschaft – Atomkraft in<br />
Frankreich: der Niedergang eines<br />
Systems, das sich zu sicher fühlte<br />
Regionen – Auf der Suche nach<br />
neuen Namen<br />
Kindergeld – Ist eine Reform<br />
überhaupt möglich?<br />
Pestizide – Marie-Lys Bibeyran,<br />
eine Frau kämpft gegen Pestizide<br />
Verkehrspolitik – Die<br />
Wiederentdeckung der<br />
Langsamkeit<br />
Monnaie de Paris – Pessac,<br />
hinter den Kulissen der Euro-<br />
Münzprägung<br />
Hochschulpolitik – Teaching in<br />
English? Oh mon Dieu!<br />
Umwelt – Lavendel der Provence<br />
in Gefahr<br />
Gregor Gysi – Der Linken-Politiker<br />
und Frankreich<br />
Machtverhältnisse – Alles nach<br />
links<br />
Medien – Die politische<br />
Ausrichtung französischer Medien<br />
Tourismus – Hauptsache<br />
außergewöhnlich<br />
Volksabstimmungen –<br />
Modethema im Wahlkampf<br />
Fünf Jahre Sarkozy – Zeit für eine<br />
Bilanz<br />
Umweltschutz –<br />
Kettensägenmassaker am<br />
Welterbe Canal du Midi<br />
Bistrosterben – Naht das Ende<br />
des Bistros?<br />
Reiseziele der Politiker – Plages<br />
de gauche, plages de droite,<br />
Urlaub in politischen Farben<br />
Gesellschaft & Alltag<br />
Geschichte – Koch und Pasteur:<br />
eine konstruktive Rivalität als<br />
Hoffnungsträger<br />
Kulturschock – Die Königin von<br />
Arles<br />
Geschichte – Montaigne: Ist die<br />
«Grabgeschichte» bald gelöst?<br />
Gesellschaft – Literaturszene: das<br />
Ende eines zu langen Schweigens<br />
Geschichte – Heinz Stahlschmidt,<br />
der Deutsche, der den Hafen von<br />
Bordeaux rettete<br />
Gesellschaft – Demografie: mehr<br />
Franzosen, aber nicht überall …<br />
Gesellschaft – Der unglaubliche<br />
Streit im das Erbe von Saint-<br />
Exupéry<br />
38<br />
36<br />
33<br />
31<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
73<br />
70<br />
69<br />
65<br />
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54<br />
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53<br />
47<br />
47<br />
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40<br />
39<br />
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<strong>Nr</strong>.<br />
75<br />
74<br />
74<br />
74<br />
71<br />
70<br />
69<br />
Interview – Serie «Quand on aime<br />
la France» (2)<br />
René Martin, der französische<br />
Steve Jobs der Musik<br />
Interview – Serie «Quand on aime<br />
la France»<br />
Roger Diederen, Direktor der<br />
Kunsthalle München<br />
Ernährung – Vorsicht vor<br />
triploiden Austern!<br />
Gesellschaft – Le Mondial la<br />
Marseillaise à pétanque, der<br />
größte Boule-Wettkampf der Welt<br />
Geschichte – Tromelin, Die Insel<br />
der vergessenen Sklaven<br />
Yacine Aït Kaci – Der Vater von<br />
Elyx, des Botschafters der guten<br />
Laune<br />
David Ken – Der Fotograf, der das<br />
Glück fotografiert<br />
Verkehr – Paris: das Tauziehen um<br />
die Umwandlung des Seine-Ufers<br />
in eine Fußgängerzone geht weiter<br />
Geschichte: Die Johnnies, die<br />
Lieblingsfranzosen der Engländer<br />
Frauen und Männer, die sich<br />
für die deutsch-französische<br />
Freundschaft einsetzen:<br />
Barbara Barberon-Zimmermann,<br />
Mitbegründerin des deutschfranzösischen<br />
Kulturfestivals<br />
arabesques<br />
Brexit: Wie denken Briten, die in<br />
Frankreich leben, darüber?<br />
Fußball – Euro 2016: 10 Stadien<br />
warten auf die Fussballfans<br />
Integration – die Schwächen des<br />
französischen Systems<br />
Erfolgsgeschichten aus<br />
Frankreich –<br />
Denis Mollat, der Buchhändler 2.0<br />
Geschichte – 300. Todestag<br />
von Ludwig XIV. in Versailles:<br />
Begräbnisrituale leben länger als<br />
Könige<br />
Gesellschaft – Hinter den<br />
Kulissen des CROSS Corsen.<br />
Erinnerungskultur – Passen<br />
Gedenken und Tourismus<br />
zusammen?<br />
EU-Hauptstadtjahre: 2013 –<br />
Nantes und Marseille werden<br />
europäische Hauptstädte<br />
Winterschlussverkauf – Der<br />
andere Wintersport<br />
Jean Viard – Der Mann, der<br />
Frankreich beobachtet<br />
Simone Hérault – Die Stimme<br />
Frankreichs<br />
Berühmtheiten – Die 100<br />
bekanntesten Franzosen<br />
Frankreichbild – Frankreichs<br />
Image in der Welt<br />
Académie Française – Die<br />
Unsterblichen, die 40 Wächter der<br />
französischen Sprache<br />
Der Präfekt – Lebendes Symbol<br />
des Zentralismus<br />
Tourismus – Trends für den<br />
Winterurlaub 2011/12<br />
Gardienne – Félisa, Gardienne<br />
in Paris<br />
Ehrenlegion – Geht es noch um<br />
Verdienste?<br />
Mona Ozouf – Bretonin, Französin<br />
und Europäerin<br />
Kunst & Kultur<br />
Kultur / Comic (3/3) – Marco Rizzo<br />
und Lelio Bonaccorso – À bord de<br />
l’Aquarius<br />
Kultur / Comic (2/3) – Inès Léraud<br />
und Pierre Van Hove: Algues<br />
vertes, l’histoire interdite<br />
69<br />
68<br />
67<br />
63<br />
63<br />
62<br />
62<br />
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60<br />
60<br />
60<br />
59<br />
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58<br />
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57<br />
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43<br />
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39<br />
39<br />
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36<br />
33<br />
31<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
73<br />
72<br />
Kultur / Comic (1/3) – Nora<br />
Krug: Heimat, ein deutsches<br />
Familienalbum<br />
Kultur – Amüsante Geschichten<br />
rund um die französische<br />
Nationalhymne «La Marseillaise»<br />
Kultur – Festival de Piano de La<br />
Roque d’Anthéron<br />
Geschichte – Der Neandertaler:<br />
Unser Urahn erhält ein neues<br />
Image<br />
Portrait – Auf den Spuren von<br />
Jacques Prévert<br />
Sprache – Aussprache,<br />
Kartografie eines Systems à la<br />
française<br />
Kultur – 1977-2017: Centre<br />
Pompidou, 40 Jahre und immer<br />
noch überraschend<br />
Musik: Das unglaubliche<br />
Vermächtnis von Maurice Ravel<br />
Neue Museen –<br />
Museumseröffnungen wie am<br />
Fließband<br />
Künstlerdörfer – 10<br />
Künstlerdörfer zum Verlieben<br />
Musée Soulages Rodez – In der<br />
Heimat von Pierre Soulages<br />
Musée Matisse – Kunstgenuss auf<br />
dem platten Land<br />
Götz Alsmann – Götz Alsmann<br />
in Paris<br />
Museen – Frankreichs Museen auf<br />
der Überholspur<br />
ST-ART – Eine Kunstmesse<br />
zwischen den Welten<br />
Französisches Historisches<br />
Museum – Ein Projekt schlägt<br />
hohe Wellen<br />
Pariser Philharmonie – Wenn<br />
Politik von der Realität eingeholt<br />
wird<br />
Lebensart<br />
71<br />
68<br />
67<br />
67<br />
64<br />
64<br />
61<br />
60<br />
54<br />
54<br />
54<br />
47<br />
46<br />
45<br />
38<br />
31<br />
31<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Produkte – La Hulotte, «das 74<br />
meistgelesene Magazin im<br />
Tierbau»<br />
Produkte – Les Herbes de<br />
71<br />
Provence<br />
Produkte – Das<br />
70<br />
Gemüsepassiergerät aus Edelstahl<br />
namens Moulinex<br />
Produkte – Le Livre de Poche: 69<br />
eine kulturelle Revolution<br />
Produkte – Châteldon:<br />
68<br />
der Champagner unter den<br />
französischen Mineralwässern<br />
Produkte – Revolution in Sachen 67<br />
Aperitif!<br />
Produkte – Les boules Quies 66<br />
Produkte – Die Zitronenpresse 65<br />
aus Glas von Luminarc<br />
Produkte – La Pléiade 64<br />
Produkte – Das Salz La Baleine 63<br />
Produkte – Das Papier d’Arménie 62<br />
Produkte – Der gelbe Briefkasten 61<br />
der Post<br />
Produkte – Der Bistrostuhl<br />
60<br />
« Drucker »: zeitlos und pariserisch<br />
Produkte – Bol à prénom 59<br />
Produkte – Eau de Javel 58<br />
Produkte – Sophie la girafe 57<br />
Spiele – Ein Puzzle als Unikat 54<br />
Produkte – Duralex-Gläser 53<br />
Tradition – Toulouse im Zeichen 47<br />
des Veilchens<br />
Guignol – Kleine Helden aus Lyon 43<br />
Le Bon Marché – Eine Pariser 41<br />
Institution feiert ihren 160.<br />
Geburtstag<br />
Bunte Töpfe – Keramik aus<br />
28<br />
Vallauris
ART DE VIVRE Rezept<br />
Mont-blanc ist ein beliebtes Dessert in Frankreich, das in<br />
Einzelportionen serviert wird. Gleichzeitig ist es eines meiner<br />
Lieblingsdesserts! Besonders im <strong>Herbst</strong> bereite ich es gerne<br />
zu. Es besteht aus einer Meringe, die mit Sahne und Maronencreme<br />
bedeckt wird. Gourmands lieben es! Man muss<br />
allerdings wissen, dass es eine sehr süße Nachspeise, also nicht<br />
gerade für eine Diät geeignet, ist. Doch welch ein Genuss!<br />
Tauchen Sie den Löffel bis ganz nach unten ein, und kosten<br />
Sie auf diese Weise die verschiedenen Konsistenzen und Geschmacksrichtungen<br />
gleichzeitig. Ein echter Leckerbissen!<br />
Mont-blanc<br />
Für 4 Personen • Zubereitung: 30 Minuten • Backzeit (zum Trocknen der Meringen): 2 Stunden bei 100° • Ruhezeit im Gefrierschrank: 2 Stunden<br />
Zutaten:<br />
Für die Meringen:<br />
4 Eiweiß (120 g)<br />
120 g Streuzucker<br />
Für die Schlagsahne:<br />
30 cl flüssige Sahne (35 %<br />
Fettgehalt)<br />
25 g Puderzucker<br />
Für die Maronencreme:<br />
300 g Maronencreme (wenn<br />
möglich aus der Ardèche)<br />
150 g ganze Maronen aus der Dose<br />
10 cl Crème fraîche (35 %<br />
Fettgehalt)<br />
Zubereitung:<br />
Meringen:<br />
• Eiweiß mit dem Rührgerät steif<br />
schlagen. Zucker nach und nach (in<br />
4 bis 5 Portionen) zugeben, bis die<br />
Masse fest, glatt und glänzend ist.<br />
Ich überprüfe immer, ob sich am<br />
Ende des Quirls eine Spitze bildet,<br />
denn das ist ein Hinweis darauf,<br />
dass die Masse optimal fest ist.<br />
• Eischnee in vier gleiche Portionen<br />
teilen, diese auf ein mit Backpapier<br />
bedecktes Kuchenblech geben und<br />
jeweils eine Kuppel daraus formen.<br />
Im auf 100° vorgeheizten Backofen<br />
trocknen lassen. Ein Tipp: Von<br />
Zeit zu Zeit die Tür des Backofens<br />
öffnen, damit der Wasserdampf<br />
entweichen kann. Das verbessert<br />
den Trocknungsprozess. Am Ende<br />
sollen die Meringen trocken und<br />
knusprig, aber nicht gebräunt sein.<br />
Schlagsahne:<br />
• Flüssige Sahne in ein Gefäß geben<br />
und mit dem Rührgerät beginnen<br />
zu schlagen. Nach und nach Puderzucker<br />
zugeben und weiterschlagen,<br />
bis eine feste Schlagsahne entsteht.<br />
Sie muss in Form bleiben, wenn Sie<br />
einen Löffel davon herausnehmen.<br />
• Mit zwei Suppenlöffeln jeweils<br />
einen Kloß aus der Sahne formen<br />
und auf eine Meringue setzen.<br />
• 2 Stunden im Gefrierschrank<br />
ruhen lassen.<br />
Maronencreme:<br />
• Die ganzen Maronen im Mixer<br />
fein mahlen. Maronencreme<br />
dazugeben. Erneut einige Sekunden<br />
mixen, dann Crème fraîche<br />
zugeben und solange weitermixen,<br />
bis die Creme die Konsistenz<br />
eines Brotaufstrichs hat.<br />
• Meringen aus dem Gefrierschrank<br />
nehmen und jeweils auf einen<br />
Teller setzen. Jede Meringue<br />
vollständig mit der Kastaniencreme<br />
überziehen, diese bedeckt also<br />
auch die Schlagsahneschicht.<br />
• Bis zum Servieren im Kühlschrank<br />
aufbewahren.<br />
Bon appétit!<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 91
ART DE VIVRE Produkt<br />
Serie: Typisch französische Produkte (26)<br />
Das gelbe Ölzeug von Guy Cotten<br />
Ein kleines gelbes Männchen mit ausgebreiteten Armen.<br />
Das ist seit 1974 das Logo eines der symbolträchtigsten<br />
französischen Kleidungsstücke, nämlich<br />
des Ciré jaune, des gelben Ölzeugs von Guy Cotten. Seit<br />
1981 wird es durch den Slogan L’abri du marin ergänzt. Bei<br />
diesem Kleidungsstück darf man nicht nur auf die Äußerlichkeiten<br />
achten. Das in der Bretagne hergestellte Kleidungsstück<br />
scheint zwar ganz und gar nicht den Ansprüchen<br />
der französischen Haute Couture zu entsprechen, doch<br />
es ist deshalb nicht minder international anerkannt und<br />
etabliert. Auf allen Weltmeeren wird es von Seefahrern getragen,<br />
es schützt nicht nur Fischer, Matrosen und Segler,<br />
sondern auch Spaziergänger vor Regen, Gischt und Böen.<br />
Alles begann 1964, als Guy Cotten und seine Frau im<br />
Finistère eine Werkstatt eröffneten und sich auf die Fertigung<br />
von Arbeitskleidung, vor allem für Fischer, spezialisierten.<br />
Das war damals ein gewagtes Unterfangen, denn die<br />
französische Fischereibranche steckte mitten in einer Krise,<br />
der Textilindustrie ging es kaum besser. Viele Menschen in<br />
ihrem Umfeld wollten die Eheleute Cotten deshalb davon<br />
abbringen, doch diese waren fest entschlossen und vertrauten<br />
ihrer Idee und ihrem Glück. Und sie sollten recht behalten!<br />
Fischer – und alle Bretonen im weitesten Sinne, die in<br />
der Nähe des Meeres arbeiteten – trugen damals Kleidung<br />
aus Baumwolle, die mit einer einfachen, imprägnierenden<br />
Ölschicht überzogen war. Sie war schwer, nicht wirklich<br />
dicht, unpraktisch und vor allem kalt, sobald sie durchnässt<br />
war. All diese Nachteile waren Guy Cotten nur zu<br />
gut bekannt, er war der Erste, der die Notwendigkeit erkannte,<br />
etwas Praktischeres und Besseres zu entwickeln.<br />
1966 kreierten die Eheleute Cotten dann ein revolutionäres<br />
Kleidungsstück: die Jacke Rosbras, eine gelbe<br />
Regenjacke aus PVC, einem Material, das bis dato nur<br />
für die Herstellung von Markisen und Planen verwendet<br />
worden war. Ein solides, dichtes und relativ leichtes Material.<br />
Erstmals wurde bei dieser Regenjacke ein besonders<br />
einfallsreiches Detail verwendet, nämlich der Klettverschluss.<br />
Diese Technik wird bei der Marke Cotten nach<br />
wie vor eingesetzt und hat sich zu einem Markenzeichen<br />
entwickelt, das inzwischen oft und vor allem schlecht kopiert<br />
wurde. Die gelbe Farbe wurde deshalb gewählt, weil<br />
sie auf dem Meer besonders gut zu sehen ist.<br />
Um die Seeleute von seiner Erfindung zu überzeugen,<br />
ging Guy Cotten an die Hafenkais im Süden des Finistère<br />
und präsentierte den teils neugierigen, teils ungläubigen<br />
Männern mit triftigen Argumenten sein neues Produkt.<br />
Die ersten Tests waren überzeugend. Die Seeleute, die mit<br />
dem gelben Ölzeug ausgerüstet waren, kamen vom Meer<br />
zurück und waren voll des Lobes über dessen Vorzüge.<br />
Endlich fühlten sie sich wirklich vor Gischt und Wind geschützt<br />
und in ihrer Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkt!<br />
Die Mundpropaganda wirkte und das kleine Unternehmen<br />
Cotten vergrößerte sich schnell. 1988 übernahm Cotten<br />
von Pirelli das Unternehmen Piel, einen Spezialisten für<br />
Überlebensausrüstung. Einige Jahre später entwickelt dieses<br />
einen wiederum revolutionären Überlebensanzug aus<br />
Neopren, der mit einem Textilmaterial (für den Auftrieb)<br />
und Titan (für die Wärmeisolierung) ausgerüstet ist. 1996<br />
bewahrte diese Kleidung die Skipper Raphaël Dinelli und<br />
Thierry Dubois bei der legendären Vendée Globe vor dem<br />
Tod. Nach einer Havarie verbrachten die beiden Männer an<br />
den Rumpf ihres Segelbootes geklammert mehrere Tage im<br />
tosenden, null Grad kalten Meer. Sie glaubten, ihr letztes<br />
Stündlein habe geschlagen. Doch sie wurden von der australischen<br />
Marine gerettet und sind Guy Cotten für immer<br />
und ewig dafür dankbar, dass sie dank dieses Anzuges die<br />
Zeit bis dahin überlebt hatten.<br />
Dank der qualitativ hochwertigen, strapazierfähigen<br />
Kleidungsstücke florierte das Unternehmen Cotten unaufhörlich.<br />
Als Guy Cotten 2013 im Alter von 88 Jahren<br />
starb, trat seine Familie in seine Fußstapfen und führt es<br />
seitdem weiter. Die Marke Cotten hat sich zu einem Muss<br />
für alle entwickelt, die beruflich oder aus Leidenschaft<br />
mit dem Meer zu tun haben, und ist darüber hinaus ein<br />
zuverlässiger und beständiger Botschafter für die Bretagne.<br />
Getreu dem Image seiner hochwertigen und haltbaren<br />
Produkte schaltete das Unternehmen vor Kurzem in der<br />
französischen Presse die nebenstehende Werbekampagne,<br />
die ganz nebenbei den Hinweis auf eine gewisse deutschfranzösische<br />
Zusammenarbeit gibt …<br />
In dieser Serie werden Produkte vorgestellt, die sich in fast jedem französischen Haushalt befinden oder die für viele Franzosen kleine<br />
Nationalheiligtümer sind. In den letzten Ausgaben sind erschienen: Hollywood- und Malabar-Kaugummis (<strong>Nr</strong>. 51), Petit Suisse (<strong>Nr</strong>. 52),<br />
Orangina (<strong>Nr</strong>. 53), Duralex-Gläser (<strong>Nr</strong>. 54), Messer (<strong>Nr</strong>. 55), L’école des loisirs (<strong>Nr</strong>. 56), Sophie la girafe (<strong>Nr</strong>. 57), Eau de Javel (<strong>Nr</strong>. 58), Bol à<br />
prénom (<strong>Nr</strong>. 59), Bistrostuhl « Drucker » (<strong>Nr</strong>. 60), der gelbe Briefkasten der Post (<strong>Nr</strong>. 61), Papier d’Arménie (<strong>Nr</strong>. 62), Salz La Baleine (<strong>Nr</strong>. 63),<br />
Literatursammlung La Pléiade (<strong>Nr</strong>. 64), Zitronenpresse aus Glas von Luminarc (<strong>Nr</strong>. 65), Boules Quies (<strong>Nr</strong>. 66), Ricard aux plantes fraîches<br />
(<strong>Nr</strong>. 67), Eau de Châteldon (<strong>Nr</strong>. 68), Le Livre de Poche (<strong>Nr</strong>. 69), Gemüsepassiergerät Moulinex (<strong>Nr</strong>. 70), Herbes de Provence (<strong>Nr</strong>. 71), Cacolac<br />
(<strong>Nr</strong>. 72), L’Image d’Épinal (<strong>Nr</strong>. 73), La Hulotte, « das meistgelesene Magazin im Tierbau » (<strong>Nr</strong>. 74) und die Savon de Marseille (<strong>Nr</strong>. 75).<br />
92 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 93
GUÉWEN A TESTÉ<br />
… Froschschenkel<br />
Froschschenkel sind eines der Symbole der französischen Gastronomie und im Land sehr beliebt.<br />
Ausländer mögen darüber erstaunt sein – ein Frosch ist doch so herzig! –, doch viele Franzosen<br />
sind ganz verrückt nach ihnen! Das ist in einem Land, in dem Schnecken ebenfalls eine Spezialität<br />
sind, nichts Ungewöhnliches. Ich persönlich hatte bisher noch keine Froschschenkel gegessen,<br />
das hat sich nun aber geändert!<br />
Wurde das Froschschenkel-Gericht<br />
in Frankreich erfunden?<br />
Nein, absolut nicht. Man kann zwar nicht genau bestimmen,<br />
wann die Menschen begonnen haben, diese Lurche<br />
zu verzehren, doch Geschichtsforscher sind sich einig,<br />
dass sie bereits um das erste Jahrhundert v. Chr. in China<br />
konsumiert wurden. Den Spuren nach zu urteilen, die<br />
man in ehemaligen Lebensmittellagern der Azteken fand,<br />
war das bei diesem Volk im 14. Jahrhundert auch der<br />
Fall. In Frankreich hielten Froschschenkel im Mittelalter<br />
Einzug in die Küche. Richtig populär wurden sie dann<br />
ab dem 19. Jahrhundert, vor allem als der Schriftsteller<br />
Alexandre Dumas (1802-1870)<br />
sie in seinem Grand dictionnaire de<br />
cuisine als ein besonders ausgesuchtes<br />
Nahrungsmittel aufführte, das in<br />
großen Restaurants serviert wird.<br />
Wo isst man überall Froschschenkel?<br />
Obwohl ihr Konsum in den<br />
Köpfen der Menschen eng mit<br />
Frankreich verbunden ist, werden<br />
Froschschenkel auf der ganzen Welt<br />
verzehrt, so auch in der Schweiz,<br />
in Deutschland, Asien, Afrika und<br />
Québec. Frankreich ist dagegen eines<br />
der Länder, in denen man diesem<br />
Gericht weitgehend positiv gegenübersteht.<br />
Viele Franzosen haben<br />
zwar noch niemals in ihrem Leben<br />
Froschschenkel gegessen (so wie ich<br />
vor dem Schreiben dieses Artikels),<br />
sind aber davon überzeugt, dass diese<br />
sehr gut schmecken. Froschschenkel<br />
zählen zu den « renommierten Gerichten<br />
» der französischen Küche.<br />
Woher stammen die Frösche, die<br />
in Frankreich gegessen werden?<br />
Im Gegensatz zur vorherrschenden<br />
Meinung stammt die überwiegende<br />
Mehrheit der im Hexagon verzehrten<br />
Froschschenkel nicht aus dem<br />
eigenen Land: Pro Jahr werden mehr<br />
als 4200 Tonnen aus dem Ausland,<br />
vorwiegend aus Indonesien, importiert.<br />
Die Franzosen kaufen diese<br />
dann tiefgefroren im Supermarkt<br />
zu einem Preis von rund 10 Euro<br />
pro Kilogramm. Überraschend ist<br />
das nicht, denn die in Frankreich<br />
heimischen Froscharten stehen<br />
seit Anfang der 80er-Jahre unter<br />
Artenschutz, da sie vom Aussterben<br />
bedroht waren. Es gibt allerdings in Frankreich<br />
regulierte Zuchten, wobei die Frösche dort viel teurer<br />
sind (20 bis 30 Euro pro Kilogramm) und daher eher<br />
von Feinschmeckerrestaurants gekauft werden.<br />
Wo werden in Frankreich Frösche gezüchtet?<br />
Froschzuchten findet man grundsätzlich im feuchten<br />
Umfeld, egal ob in der Bretagne, in Burgund oder im<br />
Bordelais. Teichfrösche werden vorwiegend in den<br />
Sumpfgebieten in der Vendée gezüchtet, während der<br />
Grasfrosch in mittleren Höhenlagen wie dem Jura, den<br />
Ardennen, dem Elsass oder der Auvergne gezüchtet<br />
wird. Auch die Region Dombes im Departement<br />
Ain ist besonders für ihre Froschzuchten berühmt.<br />
Wie werden Froschschenkel zubereitet?<br />
Bei dieser Frage sind sich alle einig: so einfach wie<br />
möglich! In der Pfanne in Butter mit etwas Knoblauch<br />
und Petersilie gedünstet schmecken Froschschenkel<br />
am besten. Manche lieben sie auch in einer Sauce<br />
– zum Beispiel in einer Weinsauce –, als Suppe,<br />
als Omelette, mit Sahne verfeinert oder gegrillt.<br />
Schmecken Froschschenkel gut?<br />
Ganz ehrlich, ja! Hat man sich dazu überwunden,<br />
Froschschenkel zum ersten Mal zu essen, stellt man<br />
fest, dass das Fleisch in der Konsistenz Hühnerfleisch<br />
ähnelt, aber äußerst zart ist. Für mich persönlich war<br />
es eine sehr wohlschmeckende Entdeckung, doch wie<br />
bei Schnecken auch, macht vor allem die Butter mit<br />
Knoblauch und Petersilie den Reiz des Gerichtes aus …<br />
Darf man in Frankreich Frösche fangen?<br />
Seit wilde Frösche in Frankreich geschützt sind, darf<br />
man sie nicht zu kommerziellen Zwecken fangen,<br />
beispielsweise, um sie im Restaurant als Gericht<br />
anzubieten. Wie bei anderen geschützten Tierarten<br />
ist jedoch der Fang für den « persönlichen Bedarf »<br />
gestattet, wobei es für einige Spezies bestimmte Quoten<br />
gibt. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass in manchen<br />
Familien selbstgefangene Frösche serviert werden.<br />
Sind Frösche eine bedrohte Tierart?<br />
Weltweit gibt es mehr als 7000 Amphibienarten. 25<br />
bis 30 Prozent von ihnen sind bedroht. Seitdem wild<br />
lebende Frösche in Frankreich geschützt sind, sind sie<br />
nicht mehr bedroht. Die hohen Importe von Fröschen<br />
aus Indonesien, die dort in ihrem natürlichen Umfeld<br />
gefangen werden, sind Fachleuten zufolge allerdings<br />
problematisch und gefährden die Biodiversität. Liebhaber<br />
sollten daher auf wild lebende Spezies verzichten und<br />
Frösche aus Zuchten in Frankreich, der Türkei oder<br />
Vietnam bevorzugen. Diese Länder haben sich zur<br />
Einhaltung strenger Zuchtauflagen verpflichtet.<br />
94 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong>
Leserbriefe<br />
Sehr geehrtes Redaktionsteam,<br />
mit der Winterausgabe haben Sie Erinnerungen an unseren<br />
Familienurlaub im Jahre 2002 im Bigoudenland geweckt.<br />
Natürlich haben wir damals in Le Guilvinec auf die einlaufenden<br />
Kutter und den Frischfisch gewartet, den Leuchtturm Eckmühl<br />
bestiegen, bei La Torche den Wellenreitern mit Begeisterung<br />
zugesehen und auch die Spitzenhauben bewundern können.<br />
Sehen Sie selbst …<br />
Familie Titz<br />
wieder nach Frankreich träumen – und das ist besonders jetzt<br />
ein großes Geschenk und eine wertvolle Oase des Glücks. (…)<br />
Es ist wirklich kaum vorstellbar, dass ich Sie nun seit der ersten<br />
Ausgabe begleite und Sie mich ☺ An dieser Stelle ein ganz großes<br />
Dankeschön für Ihre leidenschaftliche und beeindruckende<br />
Arbeit – und dass Sie sich als Zeitschrift mit Ihrem Konzept<br />
immer treu geblieben sind. Ich selbst arbeite als PR-Referentin<br />
für eine Stiftung und habe eine bildungswissenschaftliche<br />
und journalistische Ausbildung. Daher weiß ich umso mehr zu<br />
schätzen, was Sie seit Jahren mit Ihrer Arbeit Hervorragendes<br />
leisten. Chapeau!<br />
À très bientôt, bien amicalement,<br />
Nadine Zeidler<br />
Frankreich im<br />
Abonnement<br />
erleben!<br />
Redaktion:<br />
Liebe Familie Titz,<br />
wir freuen uns, dass wir Ihnen diese schönen Momente in der<br />
Bretagne wieder in Erinnerung gerufen haben. Sie haben wirklich<br />
Glück gehabt, so viele Frauen mit der traditionellen Kopfbedeckung<br />
zu sehen. Obwohl sich mehrere Vereinigungen für den Erhalt dieser<br />
Tradition einsetzen, verschwindet sie leider mehr und mehr.<br />
Jean-Charles Albert:<br />
Liebe Frau Zeidler,<br />
ganz herzlichen Dank für Ihre liebenswürdige Nachricht,<br />
die mir und dem ganzen Team – an das ich sie natürlich<br />
sofort weitergeleitet habe – unglaublich gutgetan hat, umso<br />
mehr, als dass wir Ihre Worte während der Ausgangssperre<br />
erhalten haben. Wir sind uns voll und ganz darüber bewusst,<br />
dass uns in all den Jahren ein ganz besonderes Band mit<br />
unseren Lesern verbindet. Sie können darauf zählen, dass wir diese<br />
wertvolle Beziehung auch in Zukunft pflegen werden! Wir haben<br />
noch viel mit Ihnen zu teilen!<br />
Seit Jahren besorge ich mir Ihr Magazin, um immer wieder<br />
neue Anreize oder profunde Erklärungen zu finden. Ich bin seit<br />
Jahrzehnten hauptsächlich im Süden unterwegs, und so versorge<br />
ich mich natürlich auch mit Produits régionaux, z. B. mit der weißen<br />
Lupine. Was Sie auf S. 6 der letzten Ausgabe als Lupine (Lupinus<br />
alba) abgebildet haben, ist jedoch eindeutig ein Antirrhinum majus<br />
(Löwenmäulchen). Auch essbar, für die industrielle Vermarktung<br />
aber wohl nicht so geeignet, weil wenig ertragreich.<br />
Cordialement<br />
H. Brüning<br />
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Per Telefon: +49 (0)30 / 42 80 40 40<br />
Per Fax: +49 (0)30 / 42 80 40 42<br />
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Sie versäumen keine Ausgabe mehr !<br />
Sie haben kein Risiko, denn das<br />
Abonnement ist nach einem Jahr<br />
jederzeit kündbar !<br />
Cher Monsieur Albert,<br />
ich freue mich immer so sehr über Frankreich erleben, und<br />
auch gerade jetzt in dieser Zeit ist die Zeitschrift einmal mehr<br />
mein Begleiter durch den Alltag. Durch die wunderschönen<br />
Reportagen und interessanten Beiträge kann ich mich immer<br />
Redaktion:<br />
Lieber Herr Brüning,<br />
da haben Sie absolut recht! Im Übrigen haben uns viele Leser auf<br />
diese Verwechslung unsererseits aufmerksam gemacht. Wir sind<br />
selbst Pflanzenliebhaber und kontrollieren jede Seite von Frankreich<br />
erleben vor dem Druck noch einmal mit größter Sorgfalt, doch<br />
diesen Irrtum haben wir übersehen! Wir bitten um Entschuldigung!<br />
Werbecode: ABO<strong>76</strong>/20<br />
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erleben zum Vorzugspreis.<br />
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Ich bestelle das Abonnement für mich selbst und zahle für ein<br />
Jahr (4 Ausgaben) nur 19,90 Euro anstatt 23,60 Euro im Zeitschriftenhandel<br />
(Deutschland). In Österreich kostet das Abonnement<br />
21,90 Euro anstatt 26,00 Euro und in der Schweiz 37,00<br />
CHF anstatt 43,60 CHF. Alle anderen Auslandsabonnements<br />
kosten 26,90 Euro. Das Abonnement läuft zunächst für ein Jahr<br />
und verlängert sich danach automatisch. Es ist nach dem ersten<br />
Jahr jederzeit kündbar.<br />
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Ich möchte das Abonnement zu den oben genannten Preisen verschenken.<br />
Entscheidend ist dabei der Wohnort des Beschenkten.<br />
Ich erhalte eine Auftragsbestätigung und einen Geschenkgutschein,<br />
den ich dem Beschenkten übergeben kann. Das Abonnement<br />
endet nach einem Jahr (4 Ausgaben) automatisch. Das<br />
Abonnement soll erhalten:<br />
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96 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Hat Ihnen unser Magazin gefallen? Haben Sie Verbesserungsvorschläge oder Anregungen?<br />
Schreiben Sie uns. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung!<br />
Per E-Mail: leserbriefe@frankreicherleben.de ·<br />
Per Brief: Frankreich erleben – Leserbriefe · Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux · Frankreich<br />
Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Fassung zu veröffentlichen.<br />
Vorname / Name<br />
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Telefonnummer für Rückfragen<br />
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Ich ermächtige die AVZ GmbH, Storkower Straße 127a, 10407<br />
Berlin, Gläubiger-Identifikationsnummer DE39Z0200000080844<br />
wiederkehrende Zahlungen von meinem Konto mittels Lastschrift<br />
einzuziehen. Die Mandatsreferenz wird mir gesondert mitgeteilt.<br />
Datum, Unterschrift<br />
Diese Bestellung kann innerhalb von 14 Tagen beim Aboservice<br />
schriftlich ohne Angabe von Gründen widerrufen werden.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong> · 97
IMPRESSUM/VORSCHAU<br />
Impressum<br />
Frankreich erleben ist das Ergebnis von Teamarbeit. Neben den Autoren und<br />
Fotografen tragen auch die Lektoren, Grafiker und alle anderen Mitarbeiter<br />
zur Qualität der einzelnen Artikel bei. Daher sind keine einzelnen Personen<br />
am Ende eines Artikels hervorgehoben, sondern findet die Nennung im<br />
Impressum statt.<br />
Frankreich erleben erscheint im Verlag<br />
Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux<br />
Telefon: +33 (0)1 75 439 440 · Fax: +33 (0)1 75 434 549<br />
info@frankreicherleben.de · www.frankreicherleben.de<br />
Abonnentenbetreuung & Heftbestellungen:<br />
AVZ GmbH<br />
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Telefon: +49 (0)30 / 42 80 40 40<br />
Fax: +49 (0)30 / 42 80 40 42<br />
abo@frankreicherleben.de<br />
Wenn am 17. November <strong>2020</strong> die nächste Ausgabe von Frankreich<br />
erleben (<strong>Nr</strong>. 77, Winter <strong>2020</strong>/21) im Handel erhältlich ist, werden<br />
die Temperaturen deutlich kühler sein als zurzeit. Vielleicht haben<br />
Sie das Magazin auch abonniert, dann steckt es bereits circa eine<br />
Woche früher in Ihrem Briefkasten.<br />
Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, folgt nun wieder unser kleines<br />
«Rätsel der letzten Seite », bei dem Sie einige Hinweise auf Themen<br />
der kommenden Ausgabe bekommen.<br />
ISSN: 1861-4256<br />
Gründer des Magazins: Jean-Charles Albert und Markus Harnau<br />
Herausgeber: Jean-Charles Albert<br />
Chefredakteur (V.i.S.d.P.): Jean-Charles Albert<br />
Redaktionsbüro:<br />
Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux<br />
Telefon: +33 (0)1 75 439 440 · Fax: +33 (0)1 75 434 549<br />
Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />
Jean-Julien Bault, Sabine Beck, Guéwen Brown, Chantal Cobac, Martine Doucet,<br />
Laurent Fournerie, Alain Lardière, Ina Muñoz, Annaïs Quetsub, Gérard Rival,<br />
Serge Robin, Sabine Schmitt<br />
Layout: Zauberhaus.eu<br />
Anzeigen Frankreich:<br />
Isabelle Schmidt<br />
Telefon Frankreich: +33 (0)1 75 439 441<br />
Telefon Deutschland: +49 (0)921 44710<br />
ischmidt@frankreicherleben.com<br />
Anzeigen Deutschland:<br />
Samuel Péchin<br />
Telefon Frankreich: + 33 (0)6 31 54 64 93<br />
spechin@frankreicherleben.com<br />
Gültige Anzeigenpreisliste: 18/<strong>2020</strong><br />
Druck: pva, Druck und Medien-Dienstleistungen GmbH, Landau<br />
Vetrieb:<br />
VU Verlagsunion KG · Meßberg 1 · 20086 Hamburg<br />
Tel: +49 (0)40 3019 1800<br />
Sämtliche Informationen sind nach bestem Wissen und mit Sorgfalt zusammengestellt.<br />
Eine Gewährleistung für die Rich tig keit und Vollständigkeit kann jedoch<br />
nicht über nom men wer den. Der Verlag übernimmt keine Haftung für un ver langte<br />
Ein sen dun gen. Die Redaktion behält sich die Kür zung und Bearbeitung von<br />
Leserbriefen vor. Es gelten die Geschäfts bedingungen des Verlags. Beiträge,<br />
Fotos und gra fische Dar stel lungen sind ur he ber rechtlich geschützt. Nach druck,<br />
auch aus zugs weise, Ver viel fäl ti gung auf foto mecha nischen und anderen Wegen<br />
sowie Nutz ung auf Da ten trägern bedürfen der schrift lichen Zustimmung des<br />
Verlags.<br />
Frankreich erleben erscheint alle drei Monate und ist im gut sortierten<br />
Zeitschriftenhandel in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Luxemburg und<br />
Südtirol sowie per Abonnement erhältlich.<br />
Einzelpreise im Handel: 5,90 E (D), 6,50 E (A),<br />
10,90 CHF (CH), 7,00 E (F/L/B/NL), 7,00 E (I)<br />
Abonnement (Preise pro Jahr): 19,90 E (D), 21,90 E (A),<br />
37,00 CHF (CH), alle anderen Länder: 26,90 E<br />
Bezugspreise beinhalten, wo erforderlich, die gesetzliche Mehrwertsteuer.<br />
© <strong>2020</strong> Ajc Presse, Bordeaux<br />
Bildnachweise (nach Seiten, Anordnung von links nach rechts, oben nach<br />
unten): Titel: Serge Robin, Ajc Presse • S.3: Serge Robin, Ajc Presse •<br />
S.4: Serge Robin, Ajc Presse; DR • S.6: Flying Whales; Valode et Pistre<br />
Architectes; Pixabay • S.8: Festival Lumières sur le Bourbonnais • S.9:<br />
Myrabella/Wikimedia Commons / CCBY-SA 3.0 • S.10: Pixabay; Pca-<br />
Stream Philippe Chambaretta Architecte • S.11: Serge Robin, Ajc Presse<br />
• S.12-16: DR • S.17: Arte, DR • S.18: DR • S.20-21: Alain Lardière, Ajc<br />
Presse • S.22-24: DR; Extraits du Reportage « Bagne pour enfants: Belle-<br />
Île se souvient » du 13/07/2019, C. Carlier, JM. Piron, P.Nau, France 3<br />
Bretagne, DR; Carte postale: collection F.Villadier, DR • S.26-28: Serge<br />
Robin, Ajc Presse • S.29: Extrait de l’ouvrage Notre-Dame de Strasbourg,<br />
du génie humain à l’éclat divin, Editions du Signe, DR • S.30: Serge<br />
Robin, Ajc Presse • S.32-38: Cédric Brown, Ajc Presse • S. 40-41: Maud<br />
Humbert, Bourgogne-France-Comté Tourisme • S.42: Ecomusée du Pays<br />
de la Cerise • S. 43: Serge Robin, Ajc Presse; Ecomusée du Pays de la<br />
Cerise • S. 44: Office de Tourisme de Luxeuil-les-Bains, Vosges du Sud;<br />
Serge Robin, Ajc Presse; Ecomusée du Pays de la Cerise • S.45: Serge<br />
Robin, Ajc presse • S.46-47: Ecomusée du Pays de la Cerise • S.51: DR<br />
• S.52-58: Serge Robin et Cédric Brown, Ajc Presse • S.60: CC0 Paris<br />
Musées / Musée Carnavalet • S.61: Alain Lardière, Ajc Presse • S.62: CC0<br />
Paris Musées / Musée Carnavalet • S. 63-66: Alain Lardière, Ajc Presse<br />
• S.68-71: Hôtel La Lanterne, DR • S.72-73: Tyll Peters, DR • S.74-79: La<br />
Fournée du Loroüer et Ajc Presse • S.82-85: Serge Robin, Ajc Presse •<br />
S.90-91: Nicole Cobac, Ajc Presse • S.93: Guy Cotten, DR • S. 94: Serge<br />
Robin, Ajc Presse; Pixabay • S.96: DR • S.98: Serge Robin, Ajc Presse;<br />
Nadar, Museum of Fine Arts, Houston, Domaine public • Serge Robin, Ajc<br />
Presse.<br />
98 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />
Zunächst drei Fotos:<br />
Und dann drei Hinweise, von denen<br />
jeder eine Verbindung zu einem der<br />
Fotos hat:<br />
• Ich gelte als einer der größten<br />
französischen Schriftsteller. Im Dezember <strong>2020</strong> begeht man –<br />
würdig, wie ich hoffe! – meinen 150. Todestag. Bei mir treten die<br />
Musketiere immer zu dritt auf.<br />
• Ich bin ein kleines Dorf in der Nähe der Loire. Meine Bewohner<br />
haben mir ein besonderes Image verliehen: Innerhalb weniger<br />
Jahre haben Sie mich zu einer Referenz in Sachen Trödel- und<br />
Antiquitätenhändler gemacht.<br />
• Ich bin ein Gourmand, stamme aus dem Elsass und liebe<br />
Schokolade über alles. Ich habe sie bereits zu meinem Beruf<br />
gemacht, bevor ich überhaupt mein Diplom in der Tasche hatte. Ich<br />
habe unter anderem einen berühmten Brotaufstrich erfunden, der<br />
ausschließlich aus französischen Haselnüssen besteht, und meine<br />
Schokoladen verkaufen sich heute in der ganzen Welt.<br />
Haben Sie alles erraten? Dann können Sie die Antworten überprüfen,<br />
indem Sie die folgenden Namen vervollständigen:<br />
_ L _ _ A _ _ _ E D U_ _ S<br />
LA C _ _R _R E - S_R - L_ - L_ _R<br />
JA_Q__S BO_ _ _L<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 77 - Winter <strong>2020</strong>-2021<br />
Erscheint am 17. November <strong>2020</strong><br />
Großzügige Unterkünfte im modernen Design, eine Wellnesslandschaft<br />
mit 5 Saunen, Sonnenterrasse und Boddenblick, ein Fitnessstudio mit<br />
professionellen Geräten, ein Hobbyraum mit Billardtisch, Tischtennisplatte<br />
und Tischfußball sowie eine Lounge mit Kamin und Panoramablick,<br />
mönchgut living & spa bietet Ihnen alles, um einen perfekten Urlaub auf<br />
Rügen zu verleben. Die Lage im Herzen des romantischen Fischerdorfes<br />
Gager im UNESCO-Biosphärenreservat Südost-Rügen verspricht zudem<br />
Entspannung und Erholung inmitten unberührter Natur, nur wenige Minuten<br />
vom Ostseestrand und den berühmten Seebädern der Insel entfernt.<br />
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Es gibt viele Villen in der Provence, die Sie mieten können.<br />
Doch in diese Villa werden Sie sich verlieben!<br />
Sie genießen eine atemberaubende Aussicht über das weite Tal des Naturparks Lubéron,<br />
nach Gordes, auf die Monts de Vaucluse und den Mont Ventoux. Allein dieser atemberaubende<br />
Panoramablick ist unbezahlbar! Außerdem erreichen Sie in nur wenigen<br />
Minuten zu Fuß den Dorfkern von Roussillon mit seinen Geschäften und Restaurants<br />
und bekommen trotzdem wegen der geschützten Lage der Villa nichts vom Trubel im<br />
Ort mit. Die provenzalische Architektur und die Einrichtung im modernen Design bilden<br />
eine gekonnte Symbiose, die Sie so schnell nicht ein zweites Mal in der Provence finden<br />
werden. Der beheizte Infinity-Pool und 2.600 qm große Garten sind Garant für einen<br />
erholsamen Urlaub. Die Villa verfügt über Platz für bis zu zehn Personen, doch durch<br />
den modularen Grundriss fühlt man sich aber auch zu zweit oder viert nicht zu einsam.<br />
www.provence-living.fr