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THEMA DER PREDIGT: DAS LICHT SEHEN Liebe ... - Birgit Proske

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<strong>Liebe</strong> Gemeinde!<br />

Predigt: 2. KORINTHER 4,6-10<br />

‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐<br />

<strong>THEMA</strong> <strong>DER</strong> <strong>PREDIGT</strong>: <strong>DAS</strong> <strong>LICHT</strong> <strong>SEHEN</strong><br />

Lassen Sie uns zu Beginn der Predigt einer Frau folgen – Sara ist ihr Name – die einen neuen<br />

Blick auf ihr Leben werfen kann:<br />

„Als Sara in der Mitte des Lebens angekommen war, stellte sie fest, dass sich ihr das<br />

vergangene Leben in Farben darstellte. Manche Tage waren graugrün, manche von einem<br />

hellen Orange, wieder andere ein sattes Blau. Hin und wieder gab es ein besonderes Licht<br />

wie die glitzernde hellrote Spiegelung des Sonnenaufgangs auf dem Wasser.<br />

Häufiger jedoch als bunte Farben sah Sara Schatten, wenn sie zurückblickte. Dunkle,<br />

schwarze Schatten. Sara wunderte sich, wie wenig Licht es doch auf der Welt gab.<br />

Manchmal verdunkelte sich das Leben ganz. Manchmal für eine lange Zeit. Für ein Jahr.<br />

"Meine schwarzen Jahre", sagte Sara. Sie fühlte sich dann, als ob sie in einer dunklen Höhle<br />

wäre. Alles finster. Vorsichtig wählte sie ihre Schritte, um nicht im Abgrund zu<br />

verschwinden, den ihre Augen auszumachen meinten. Sara wusste, dass sie jenseits der<br />

Höhle ein ganzes Universum von Farben erwartete, wenn sie nur wieder herausfinden<br />

würde. Die schwarzen Jahre setzten ihr zu, auch wenn sie keine Angst mehr vor der<br />

Dunkelheit hatte.<br />

Einmal hatte sie vor dem Spiegel gestanden und bemerkt, wie ihre eigenen Augen sie<br />

anstarrten. Sie waren natürlich weiß, in der Mitte die schwarze Pupille mit dem hellblauen<br />

Ring. "Eigentlich müsste man durch das Weiße im Auge sehen können, fand sie, nicht durch<br />

die dunkle Stelle. Aber so lagen die Dinge nun mal nicht. Nur durch das finstere Loch konnte<br />

man sich überhaupt im Spiegel sehen." (Dara Horn, Die kommende Welt, 293)“<br />

Ich habe Sara und ihre Gedanken im Roman "Die kommende Welt" von Dara Horn<br />

entdeckt. Saras Wunsch ist uns Menschen vertraut: Durch das Helle im Auge sehen können.


Die vielen bunten Farben in unserem Leben wahrnehmen, das Licht, die kleinen Farbtupfer<br />

jeden Tag und die doch eher hellen Jahre. Sich daran freuen und dankbar sein. Das Licht<br />

sehen, das auch da ist und unsere Dunkelheit erhellt. Darauf vertrauen, dass die dunkle<br />

Höhle nur ein Durchgang ist zum Licht.<br />

Ein großer Wunsch, eine Sehnsucht: durch das Helle im Auge blicken können und mit einem<br />

ungetrübten Blick auf die Welt schauen! Wieder und immer wieder.<br />

Das gelingt nicht so einfach! Ein Mensch, der das versuchte – wohl auch erfolgreich ‐, ist der<br />

Apostel Paulus. Er hat vielen Menschen ein besonderes Licht gebracht. Und er hat nicht den<br />

Mut verloren. Seinen Grund und Boden dabei beschreibt er im 2. Brief an die Gemeinde in<br />

Korinth:<br />

Lesung des Predigttextes: 2. Korinther 4,6‐10<br />

6 So wie Gott einmal befahl: "Licht soll aus der Dunkelheit hervorbrechen!", so hat<br />

sein Licht auch unsere Herzen erhellt. Durch uns sollen nun alle Menschen Gottes<br />

Herrlichkeit erkennen, die in Jesus Christus aufstrahlt. 7 Diesen kostbaren Schatz<br />

tragen wir in uns, obwohl wir nur zerbrechliche Gefäße sind. So wird jeder erkennen,<br />

dass die außerordentliche Kraft, die in uns wirkt, von Gott kommt und nicht von uns<br />

selbst. 8 Die Schwierigkeiten bedrängen uns von allen Seiten, und doch werden wir<br />

nicht von ihnen überwältigt. Wir sind oft ratlos, aber nie verzweifelt. 9 Von Menschen<br />

werden wir verfolgt, aber bei Gott finden wir Zuflucht. Wir werden zu Boden<br />

geschlagen, aber wir kommen dabei nicht um. 10 Tagtäglich erfahren wir am eigenen<br />

Leib etwas vom Sterben, das Jesus durchlitten hat. So wird an uns auch etwas vom<br />

Leben des auferstandenen Jesus sichtbar.<br />

Hier erfahren wir viel Biografisches: Der Apostel Paulus hatte immer wieder große<br />

Strapazen und Gefahren auf sich genommen, um das Licht des Evangeliums zu den<br />

Menschen zu bringen.<br />

Wenn er in den örtlichen Synagogen von Jesus Christus erzählte, wurde er von der<br />

jüdischen Gemeinde als Ketzer angesehen, davongejagt oder mit Prügel bestraft. Manches<br />

Mal entging er nur knapp der Steinigung. Manches Mal landete er im Gefängnis der<br />

römischen Obrigkeit. Auf seinen Reisen war er den Naturgewalten ausgeliefert ‐ reißende


Flüsse, die Hitze der Wüste, Stürme auf dem Meer ‐ und entging so manches Mal nur knapp<br />

dem Tod.<br />

Neben all diesen außergewöhnlichen Belastungen musste Paulus sich auch um seinen<br />

Lebensunterhalt kümmern und auf Fragen und Sorgen der Menschen antworten, die ihm<br />

persönlich oder brieflich vorgetragen wurden.<br />

Und trotzdem tat eine andere Sache wohl noch mehr weh:<br />

Vielleicht kennen Sie jene Anekdote von einer Gemeinde, die einen neuen Pfarrer suchte.<br />

Der Kirchengemeinderat war sehr kritisch und hatte schon eine Reihe von Bewerbern<br />

abgelehnt: der eine predigte nicht gut genug, der andere besaß nicht die rechte Würde, der<br />

dritte hatte eine zu eigenwillige Theologie ... Der Vorsitzende war verzweifelt. Und in einer<br />

Sitzung, als gerade wieder über einen Kandidaten der Stab gebrochen worden war, sagte<br />

er: »Tja, nun habe ich hier nur noch eine Bewerbung. Aber sie klingt nicht sehr Vertrauen<br />

erweckend. Der Mann schreibt: Leider sei er nicht ganz gesund und seine Krankheit habe<br />

ihm in der Gemeindearbeit schon manchmal ernstlich zu schaffen gemacht. Und auch<br />

sonst, müsse er gestehen, sei er nicht gerade das Ideal eines Pfarrers. Er habe zwar eine<br />

ausgedehnte Erfahrung, aber er habe es nie sehr lange in seinen Gemeinden ausgehalten,<br />

nur ein einziges Mal seien es immerhin drei Jahre gewesen. Auch habe er öfter ernstlichen<br />

Streit mit Amtsbrüdern und bestimmten kirchenpolitischen Gruppen in der Gemeinde<br />

bekommen. Organisation sei nicht seine starke Seite und er stehe in dem Ruf, gelegentlich<br />

sogar zu vergessen, wen er getauft habe.<br />

Andererseits habe er Anlass zu glauben, dass er ein recht guter Theologe sei, und er fühle<br />

eine Berufung zur Verkündigung des Evangeliums. Und wenn die Gemeinde es mit ihm<br />

versuchen wolle, dann wolle er ihr dienen, so gut er könne.<br />

Der Kirchengemeinderat war empört. Wie konnte es ein so kränklicher, offenkundig<br />

streitsüchtiger und gedächtnisschwacher Mann wagen, sich ernstlich zu bewerben! Die<br />

Abstimmung ergab, dass man ihn erst gar nicht zur Probepredigt einladen wolle. – Der


Vorsitzende seufzte und schloss die Akten. »Ich habe mir das schon gedacht«, sagte er.<br />

»Aber Sie sollen doch wenigstens den Namen dieses beklagenswerten Mannes wissen. Es<br />

ist nämlich der Apostel Paulus.«<br />

In der Tat erging es dem Apostel Paulus damals in Korinth nicht viel anders, als in dieser<br />

Anekdote. In der von ihm gegründeten Gemeinde waren Mitarbeiter aufgetaucht, die ihm<br />

jegliche apostolische Autorität absprachen. Sie meinten: So eine schwächliche Figur wie<br />

Paulus könne ja wohl kaum ein glaubwürdiger Zeuge des Evangeliums sein. Paulus würden<br />

die Gaben und Zeichen eines Apostels fehlen. In seinen Briefen spucke er große Töne, aber<br />

wenn man ihn »live« erlebe, sei er schwach und seine Rede kläglich. Er habe keine<br />

Vollmacht und Christus sei nicht in ihm. Ja, die ständige Änderung seiner Reisepläne zeige,<br />

dass Paulus ein wankelmütiger und unzuverlässiger Mensch sei. Diese und eine ganze Reihe<br />

anderer Vorwürfe machten ihm seine Gegner in Korinth.<br />

Sie müssen den Apostel sehr verletzt haben. Man spürt es, wenn man den 2. Korintherbrief<br />

liest. Gegen einige Anschuldigungen setzt Paulus sich zur Wehr, andere wiederum lässt er<br />

stehen. Da bekennt er sich zu seinen Schwächen und versucht sie erst gar nicht zu<br />

verbergen. Das begegnet uns selten, dass jemand zu seinen Defiziten steht. Aber was für<br />

eine Wohltat wäre es, wenn es heute mehr solcher Menschen gäbe, die zu ihren<br />

Schwächen stehen, statt anderen ständig etwas vorzumachen oder gar die Falschen für die<br />

eigenen Fehler verantwortlich zu machen.<br />

Paulus hatte also viele schwarze Stunden und Tage. Manchmal war er am Rand seiner Kraft.<br />

Die Dunkelheiten, die er durchlebte, hinterließen Spuren in seiner Seele. Aber er ist darin<br />

nicht untergegangen, er hat sich nicht verirrt, er ist von der Finsternis nicht verschlungen<br />

worden. Er hat sich nicht aufgegeben.<br />

Was war sein Geheimnis? Seine Kraft? Bei so viel Gegenwind doch sehr genau zu<br />

empfinden, dass er am richtigen Ort ist. Dass er das Richtige in seinem Leben tut. Dass er<br />

seine Lebensaufgabe gefunden hat?


Auch die musste erst erarbeitet werden! Sein Damaskuserlebnis. Bekannt unter dem<br />

Namen Saulus, hat er zuerst Christen verfolgt. Er war sich sehr sicher, dass das gut und<br />

richtig so ist. Er war jüdischen Glaubens und hielt nichts von Jesus, der in seinen Augen nur<br />

ein weiterer Scharlatan war, der sich als Messias aufspielte und sich als Versager<br />

entpuppte, als er am Kreuz starb. So endet kein Messias, war sich Saulus sicher!<br />

Dann aber geschah etwas, das sein Leben auf den Kopf stellte: Jesus erschien ihm im Geiste<br />

und sprach: Warum verfolgst du mich? Geh nach Damaskus. – Saulus wurde blind‐ drei<br />

Tage lang. Und man musste ihm helfen. Dann veränderte sich sein Leben. Was er auch mit<br />

einem neuen Namen dokumentierte. Als Apostel Paulus setzte er sich besonders für die<br />

Heiden ein. Für Menschen, die keine Juden waren, aber trotzdem Christen werden sollten.<br />

Das war seine Lebensaufgabe. Sein Charisma. Sein Genius.<br />

In seinen Briefen klingt immer wieder an, dass er fest daran geglaubt hat, dass Gott ihn zum<br />

Apostel erwählt hat und dass er den Weg beschreitet, den Gott für ihn vorgesehen hat und<br />

dass Gott ihn dabei führt.<br />

Es tut immer gut, wenn wir auf Menschen treffen, die so klar sehen. Die ihre Lebensaufgabe<br />

kennen. Ihren Genius sehen und leben. Die nicht immer nur jammern: sie würden ja gerne,<br />

aber… Sie müssten eigentlich …. und überhaupt, aber die Umstände – Sie wissen schon!<br />

Paulus kannte seinen Platz: treffsicher zwischen den Stühlen!<br />

Was hat ihm geholfen im Alltag? Davon schreibt er wohl zu Beginn unseres Predigttextes:<br />

Er schreibt von Gottes Licht in uns Menschen. Das Licht, das Gott erschuf und in unsere<br />

Welt sandte. Dieses göttliche Licht ist auch als heller Schein in unseren Herzen. Und wenn<br />

wir dieses Licht in uns groß werden lassen, dann sind wir mit Gott zutiefst verbunden.<br />

Paulus hat das gespürt. Und davon gelebt. Von dieser Nähe zu Gott. Von dieser Gott‐<br />

Verbundenheit, die ihm viel Kraft und Mut gegeben hat. Das ist ein wahrer Schatz, den wir<br />

alle in uns tragen.


Und sicherlich hilft er uns auch beim Sehen unseres Alltags weiter. Denken wir an die<br />

Geschichte zu Beginn der Predigt zurück: Dass wir eigentlich gerne durch das Helle hindurch<br />

unser Leben sehen und in neuem Licht betrachten möchten. Wenn wir zurückblicken, sehen<br />

wir ein frisches Grün, ein sattes Blau, ein kräftiges Rot. Hier und da ein strahlendes, warmes<br />

Gelb und ein zartes Rosa. Wir können uns gar nicht sattsehen. Wir staunen, wie bunt und<br />

vielfältig das Leben ist. Wir staunen, wie viel Licht es in unserem Leben gibt, wenn wir es<br />

nur wahrnehmen, wenn wir unseren Blick nicht länger einfangen lassen von den dunklen<br />

Flecken, dem Grau und dem Schwarz zwischen allem Bunten. Wir gehen vom Licht zum<br />

Licht. Wir können nicht im Licht bleiben. Aber nach den dunklen Höhlen, die wir zu<br />

durchwandern haben, wartet immer wieder das Licht, ein ganzes Universum von Farben.<br />

Es ist leider meist ein ungewohnter Blick. Ein Blick, der immer wieder eingeübt werden<br />

muss. Nehmen wir uns Zeit dafür; wie jetzt in diesem Gottesdienst! Die Stunde, in der mein<br />

Leben ins Licht der Gnade Gottes getaucht wird, und ich spüren kann, vielleicht nur für<br />

einen kurzen Augenblick, dass Gott einen hellen Schein auch in mein Herz gelegt hat, der<br />

mich erwärmt und erleuchtet. Der mir Mut macht, meinen Lebensweg zu gehen. Auch<br />

gegen Widerstände. Ich wünsche uns so eine klare Sicht für unser jeweiliges Leben und<br />

immer wieder neue Kraft und neuen Mut durch die spürbare Verbundenheit mit Gott – wie<br />

es der Apostel Paulus hatte.<br />

Amen.

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