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Recht versus Inhalt<br />

<strong>Zweistu</strong>�<strong>ge</strong> <strong>Verfahren</strong><br />

für Wettbewerbe und<br />

Vergabeverfahren<br />

Mag. Hans Staudin<strong>ge</strong>r<br />

—<br />

Moderation<br />

Ist seit 1997 Direktor der Kammer der Architekten<br />

und In<strong>ge</strong>nieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich<br />

und Bur<strong>ge</strong>nland<br />

www.wien.arching.at<br />

—<br />

—<br />

Friedrich Prem<br />

—<br />

begann seine berufliche Karriere als Amtssachverständi<strong>ge</strong>r<br />

der Stadt Wien. Später Wechsel als<br />

Leiter der Baurevision in die Generaldirektion des<br />

Wiener Krankenanstaltenverbundes, einer der<br />

größten Trä<strong>ge</strong>rorganisationen Europas. Seit 2006<br />

Leiter des Geschäftsbereichs Technik und für die<br />

bauliche Umsetzung des Wiener Spitalskonzeptes<br />

2030 sowie für das technische Facility Mana<strong>ge</strong>ment<br />

in den Wiener Spitälern verantwortlich. Als<br />

Mitarbeiter des Österreichischen Normungsinstituts<br />

für die Ausarbeitung von Fachnormen tätig,<br />

beeideter und <strong>ge</strong>richtlich zertifizierter Sachverständi<strong>ge</strong>r.<br />

—<br />

—<br />

Architektin Mag. arch. Silja Tillner<br />

—<br />

Sechs Jahre Studien- und Arbeitsaufenthalt in<br />

Los An<strong>ge</strong>les, Arbeit an langfristi<strong>ge</strong>n Städtebau-<br />

Projekten. Bürogründung 1995. Ab 2003<br />

Zusammenarbeit mit DI Alfred Willin<strong>ge</strong>r, seit<br />

2007 Architekten Tillner & Willin<strong>ge</strong>r ZT GmbH.<br />

Schwerpunkte sind Projekte im öffentlichen Raum,<br />

städtebauliche Studien, Membrankonstruktionen,<br />

Büro<strong>ge</strong>bäude, städtischer Nutzbau und mehr<strong>ge</strong>schossi<strong>ge</strong>r<br />

Wohnungsbau.<br />

www.tw-arch.at<br />

—<br />

—<br />

Architekt DDI Herbert Ablin<strong>ge</strong>r<br />

—<br />

Vorsitzender der Sektion Architekten, 1977<br />

Studium Bauin<strong>ge</strong>nieurwesen, TU Wien, 1978<br />

Studium Architektur, TU Wien, 1991 Architekt,<br />

In<strong>ge</strong>nieurkonsulent für Bauwesen, 1995 Gründung<br />

von Ablin<strong>ge</strong>r, Vedral & Partner ZT GmbH mit<br />

Schwerpunkten in Holzbau, -forschung, Veränderbarkeit,<br />

nachhalti<strong>ge</strong>m Bauen und Bauschadensvermeidung.<br />

2005–2007 Generalsanierung des<br />

ehemali<strong>ge</strong>n Palais Pálffy zum neuen Hauptsitz der<br />

OSZE in Wien, 2009 Nominierung zum Österreichischen<br />

Bau-Preis.<br />

www.a-v.at<br />

—<br />

—<br />

RA Dr. Kurt Dullin<strong>ge</strong>r<br />

—<br />

Rechtsanwalt<br />

Universität Wien (Dr. iur. 1987); Vortragstätigkeit<br />

und Publikationen zu Themen des Vergaberechts;<br />

beruflicher Schwerpunkt: Vertretung und<br />

Beratung von öffentlichen Auftrag<strong>ge</strong>bern und<br />

Sektorenauftrag<strong>ge</strong>bern im Zusammenhang mit<br />

öffentlichen Ausschreibun<strong>ge</strong>n im All<strong>ge</strong>meinen<br />

sowie der vergaberechtlichen Umsetzung von<br />

Bauprojekten im Besonderen; Vertretung vor den<br />

Vergabekontrollbehörden.<br />

www.ra-dul.at<br />

—<br />

—<br />

DI Heinz Peter Rausch<br />

—<br />

Studium der Kulturtechnik und Wasserwirtschaft<br />

an der BOKU. Seit 2001 Gesellschafter<br />

der Vasko+Partner In<strong>ge</strong>nieure Ziviltechniker für<br />

Bauwesen und <strong>Verfahren</strong>stechnik GmbH.<br />

Mitglied der ICPMA (International Construction<br />

Project Mana<strong>ge</strong>ment Association). Engagiert in<br />

zahlreichen Fachausschüssen mit den Schwerpunkten<br />

Projektmana<strong>ge</strong>ment, Vertrag und<br />

Vergabeverfahren.<br />

www.vasko-partner.at<br />

—<br />

—<br />

THEMA —— 4<br />

derPlan Nº 25 Juli 2012<br />

RA Dr. Christian Fink<br />

—<br />

Heid Schiefer Rechtsanwälte<br />

1996 Studium der Rechtswissenschaften, 1998 Bundesministerium<br />

für Wirtschaft und Arbeit, 2000 Kammer<br />

der Architekten und In<strong>ge</strong>nieur-konsulenten für Wien,<br />

NÖ, Bgld., 2002 Senatsvorsitzender des Bundesvergabeamtes,<br />

2006 Heid Schiefer Rechtsanwälte, 2008<br />

Rechtsanwaltsprüfung. Zahlreiche Fachpublikationen<br />

und -vorträ<strong>ge</strong>, u. a. Mitautor von Heid/Preslmayr,<br />

Handbuch Vergaberecht 3 [2010]; Schramm/Aicher/<br />

Fruhmann/Thienel, Bundesvergabe<strong>ge</strong>setz 2006 [2009]<br />

www.heid-schiefer.at<br />

—<br />

—<br />

Fotos: Katharina Gossow


Die durchwegs von Juristen<br />

formulierten Ausschreibun<strong>ge</strong>n<br />

werden zunehmend als<br />

hypertrophes Korsett empfunden.<br />

Weder Juristen noch<br />

Planer fühlen sich damit wohl.<br />

Vergabeverfahren oder Wettbewerb<br />

— im Vordergrund sollte<br />

immer die beste Lösung im<br />

Sinne der Baukultur stehen.<br />

derPlan:<br />

Herr Prem, beim Krankenanstaltenverbund<br />

stehen bis Ende 2015 Bauvorhaben im Ausmaß<br />

von rund drei Milliarden Euro zur Vergabe<br />

an; worauf kommt es bei einem Planerauswahlverfahren<br />

an, was ist wichtig aus der Sicht<br />

eines Auftrag<strong>ge</strong>bers?<br />

Friedrich Prem:<br />

Wir haben einen speziellen Bereich, nämlich<br />

ausnahmslos den der Krankenhäuser. Unsere<br />

Projekte betre�en daher aufgrund der Komplexität<br />

der Materie viele Fachgruppen. Wir haben<br />

nicht nur den Hochbau, sondern im Schnitt parallel<br />

fünfzehn weitere Planer<strong>ge</strong>werke. Das verlangt<br />

eine hohe Interaktion. Für uns ist es wichtig,<br />

mit einem Vergabeverfahren fol<strong>ge</strong>ndes Ziel<br />

zu erreichen: den besten Lösungsvorschlag und<br />

ein <strong>ge</strong>eignetes Team, um den besten Planervorschlag<br />

auch umzusetzen. Meistens gibt es einen<br />

Generalplaner, der mit einem Team zusammenarbeitet.<br />

Unser größtes Problem entsteht,<br />

wenn das Team – bei uns bis zu 120 Menschen<br />

– am Anfang nicht einsatzbereit ist. Für uns ist<br />

der leistungsfähi<strong>ge</strong> und leistungsbereite Bieter<br />

essentiell. Würden wir darauf nicht achten, träfe<br />

uns ein Auswahlverschulden.<br />

Die Verträ<strong>ge</strong> sind ein wesentlicher Bestandteil<br />

des Vergabeverfahrens. Diese sind<br />

aufgrund der Aufgabenstellung komplex und<br />

unterlie<strong>ge</strong>n kaum einem Verhandlungsverfahren.<br />

Spitäler sind di�erenzierte Materien, wo<br />

wir keine Einzelbereiche weglassen können. In<br />

Zukunft werden wir die großen Projekte mithilfe<br />

von PPP-Konstruktionen abwickeln. Das<br />

bedeutet, dass alle Beteiligten von Anfang an<br />

mit einbezo<strong>ge</strong>n werden, um nachträgliche Verhandlun<strong>ge</strong>n<br />

zu vermeiden. Für uns sind daher<br />

ein leistungsfähi<strong>ge</strong>r Generalplaner, die damit<br />

einher<strong>ge</strong>hende Vertragssicherheit sowie der<br />

beste Lösungsvorschlag, der europaweit vom<br />

Markt <strong>ge</strong>boten wird, von eminenter Bedeutung.<br />

Herbert Ablin<strong>ge</strong>r:<br />

Der Dialog der Berufsvertretung der Architekten<br />

mit dem KAV hat sich sehr gut entwickelt.<br />

Für uns <strong>ge</strong>ht es in erster Linie darum, Baukultur<br />

bei Auftrag<strong>ge</strong>bern und in der Bevölkerung<br />

stärker zu verankern. Schließlich haben die <strong>ge</strong>bauten<br />

Projekte über Jahrzehnte Bestand und<br />

bestimmen das Leben ihrer Nutzer. Ich wünsche<br />

mir in Bezug auf das Vergaberecht, dass<br />

ein ei<strong>ge</strong>ner Abschnitt für die Vergabe von <strong>ge</strong>istig-schöpferischen<br />

Dienstleistun<strong>ge</strong>n <strong>ge</strong>scha�en<br />

wird – <strong>ge</strong>ht es doch im Unterschied zu den bauausführenden<br />

Gewerken (bei denen defacto der<br />

Anbotspreis die zentrale Rolle spielt), um das<br />

Finden der besten Projektlösung im ganzheitlichen<br />

Sinn. Beispielhaft sei hier die wichti<strong>ge</strong><br />

Rolle des Preis<strong>ge</strong>richtes <strong>ge</strong>nannt, in der Fachpreisrichter<br />

große Verantwortung übernehmen.<br />

Heinz-Peter Rausch:<br />

Es <strong>ge</strong>ht bei der „Planerauswahl“ nicht nur<br />

um Generalplanung, sondern auch um weitere<br />

Leistungsbilder wie Projektsteuerung, begleitende<br />

Kontrolle, Örtliche Bauaufsicht, etc.,<br />

die alle harmonisiert werden müssen. Um ein<br />

Projekt erfolgreich aufstellen zu können, ist es<br />

wichtig, hier eine <strong>ge</strong>meinsame Vision zu entwickeln,<br />

um potentielle Friktionen möglichst<br />

ausschalten zu können. Neben dem Aspekt des<br />

Scha�ens von Baukunst als bleibendem Wert<br />

steht massiv auch die Fra<strong>ge</strong> der Wirtschaftlichkeit<br />

und technischen Realisierbarkeit.<br />

Zu Beginn eines jeden Projekts ist es dementsprechend<br />

unerlässlich, die Umsetzbarkeit<br />

vertieft zu überprüfen, um nicht Gefahr zu laufen,<br />

die Vorgaben des Bauherrn oder die Intentionen<br />

der Baukunst möglicherweise zu verlieren.<br />

Das Wichtigste für einen Bauherren sind<br />

das gute Zusammenspiel zwischen den beteiligten<br />

Architekten, In<strong>ge</strong>nieurkonsulenten und<br />

auch den Juristen sowie die Nachvollziehbarkeit<br />

der Entwicklung des Projekts – quasi des<br />

Prozesses des Harmonisierens und „Auf-Linie-<br />

Brin<strong>ge</strong>ns“, was heute zu 60 Prozent Aufgabe<br />

von Generalplanern ist.<br />

Silja Tillner:<br />

Ich plädiere für einen Vertrauensvorschuss statt<br />

Angst der Auftrag<strong>ge</strong>ber <strong>ge</strong><strong>ge</strong>nüber den Planern.<br />

Die große Angst ist ja, dass jun<strong>ge</strong> Teams der <strong>ge</strong>stellten<br />

Aufgabe nicht <strong>ge</strong>wachsen sind. Mir <strong>ge</strong>ht<br />

es um ein partnerschaftliches Vor<strong>ge</strong>hen, die<br />

Bildung guter Teams, um letztendlich ein gutes<br />

Er<strong>ge</strong>bnis zu erzielen. In den letzten fünfzehn<br />

Jahren wurde mit dem Vertragswesen oft nicht<br />

sorgfältig <strong>ge</strong>nug um<strong>ge</strong>gan<strong>ge</strong>n, was für die jetzi<strong>ge</strong><br />

Situation verantwortlich ist. Heute werden<br />

bei Ausschreibun<strong>ge</strong>n Verträ<strong>ge</strong> oft gleich mit<strong>ge</strong>schickt.<br />

Studiert man diese, merkt man, dass<br />

der Vertragsverfasser vom Bau<strong>ge</strong>schehen keine<br />

Ahnung hat. Beispielsweise Klauseln, nach denen<br />

man die Gesamtkosten innerhalb von zehn<br />

Ta<strong>ge</strong>n bekannt<strong>ge</strong>ben soll und spätere Ansprüche<br />

nicht mehr anerkannt werden, sonst ist man<br />

draußen. Es sollte vielmehr um die bestmögliche<br />

Lösung <strong>ge</strong>hen. Mein Plädoyer <strong>ge</strong>ht daher in<br />

Richtung guter Bauplanung und einer Vorgabe<br />

von Zielen und nicht so sehr von We<strong>ge</strong>n.<br />

Kurt Dullin<strong>ge</strong>r:<br />

Ich möchte von zwei erwähnten Prämissen<br />

aus<strong>ge</strong>hen: Gesucht sind der beste Lösungsvorschlag<br />

und das beste Team. Das sind die Ziele,<br />

die der Auftrag<strong>ge</strong>ber erreichen sollte. Der Weg<br />

dazu ist die Fra<strong>ge</strong>. Ich glaube, dass nicht unbedingt<br />

beide Ziele in einem Schritt erreicht werden<br />

müssen. Oft <strong>ge</strong>nügt es vorerst, den besten<br />

Lösungsvorschlag zu erhalten; und zwar in einem<br />

so o�en wie möglich <strong>ge</strong>stalteten <strong>Verfahren</strong>.<br />

Es ist dabei einerlei, ob die beste Idee von einem<br />

unbekannten Architekten aus Mistelbach, einem<br />

emeritierten Professor aus Graz oder einem<br />

international renommierten Architekten<br />

aus Tokio kommt. Dafür gibt es ein Vorprüfungsteam,<br />

das über die Qualität des ein<strong>ge</strong>reichten<br />

Projekts entscheidet.<br />

In Schritt zwei, wenn der beste Lösungsvorschlag<br />

<strong>ge</strong>funden ist, <strong>ge</strong>ht es an die Zusammenstellung<br />

eines <strong>ge</strong>eigneten Teams. Wer den<br />

österreichischen Markt kennt, weiß, dass eine<br />

solche Teambildung praktisch immer funktio-<br />

niert. Wichtig dabei ist, dass man durch zu<br />

hohe Anforderun<strong>ge</strong>n und Eignungskriterien<br />

die Lösungsvorschlä<strong>ge</strong> nicht einen<strong>ge</strong>n soll. Bei<br />

der WU Wien oder dem Krankenhaus Wien-<br />

Nord wurden zwei unterschiedliche We<strong>ge</strong> ein<strong>ge</strong>schla<strong>ge</strong>n.<br />

Während etwa in einem Fall die<br />

Möglichkeit ein<strong>ge</strong>räumt wurde, sich die Werknutzungsrechte<br />

für den besten Lösungsvorschlag<br />

ab<strong>ge</strong>lten zu lassen, ist das Ausschreibungsverfahren<br />

im anderen Fall bewusst sehr<br />

o�en <strong>ge</strong>wählt worden; und zwar in dem Sinn,<br />

dass die formalen Anforderun<strong>ge</strong>n in der ersten<br />

Stufe sehr <strong>ge</strong>ring waren. Die Absicht war, auch<br />

international renommierte Architekten für diesen<br />

Wettbewerb zu <strong>ge</strong>winnen, die sonst we<strong>ge</strong>n<br />

der ohnehin vollen Auftragsbücher gar nicht<br />

teil<strong>ge</strong>nommen hätten. Das Ziel wurde tatsächlich<br />

erreicht, und man nahm bewusst in Kauf,<br />

dass die Koordination unterschiedlicher Architektenteams<br />

nicht leicht werden würde. Während<br />

manche den Fokus nur darauf le<strong>ge</strong>n, dass<br />

die Umsetzung möglichst friktionsfrei vonstatten<strong>ge</strong>ht,<br />

bin ich der Meinung, dass zunächst<br />

das beste Projekt <strong>ge</strong>sucht und in einem zweiten<br />

Schritt versucht werden soll, dieses professionell<br />

umzusetzen.<br />

Christian Fink:<br />

Man kann nicht jedes Projekt über denselben<br />

Leisten schla<strong>ge</strong>n. Es kommt auf die Zielsetzung<br />

an, ob vor allem Gestalter, Planer oder Juristen<br />

benötigt werden. Es gibt echte juristische<br />

Spezialisten für die Abwicklung von Vergabeverfahren.<br />

Bei Bauin<strong>ge</strong>nieuren und Architekten<br />

ist das juristische Wissen oft nicht so stark<br />

vorhanden. Das ist manchmal problematisch.<br />

Ich denke dabei etwa an ein Krankenhausprojekt<br />

mit einem Generalplanerteam, wo es um<br />

die Ausschreibung der Ausführungsleistun<strong>ge</strong>n<br />

<strong>ge</strong>ht, die nicht vollständig mittels Leistungsverzeichnissen<br />

beschrieben sind. Da braucht<br />

der Jurist den Techniker und um<strong>ge</strong>kehrt. Oft<br />

stehen Auftrag<strong>ge</strong>ber unter zeitlichem Druck<br />

seitens der Politik, die Ziele und Fra<strong>ge</strong>stellun<strong>ge</strong>n<br />

sind noch nicht aus<strong>ge</strong>reift. Sie ziehen sich<br />

dann <strong>ge</strong>rne auf die formal sichere Variante zurück,<br />

damit nichts schief<strong>ge</strong>ht. Das schließt frei-<br />

„Die Berufsvertretung ist<br />

<strong>ge</strong>nerell daran interessiert,<br />

zweistu�<strong>ge</strong> <strong>Verfahren</strong> zu<br />

erreichen. Wir sind dafür,<br />

breiten Zugang zu ermöglichen<br />

und Teamnachweise erst in der<br />

zweiten Stufe zu verlan<strong>ge</strong>n.<br />

Ich halte es auch für wichtig,<br />

dass Planun<strong>ge</strong>n in der Ö�entlichkeit<br />

früher und stärker<br />

wahr<strong>ge</strong>nommen werden.“<br />

Herbert Ablin<strong>ge</strong>r<br />

—<br />

—<br />

„Gesucht sind der beste Lösungsvorschlag<br />

und das beste<br />

Team. Das sind die Ziele, die der<br />

Auftrag<strong>ge</strong>ber erreichen sollte.<br />

Der Weg dazu ist die Fra<strong>ge</strong>.<br />

Ich glaube, dass nicht unbedingt<br />

beide Ziele in einem Schritt<br />

erreicht werden müssen.“<br />

Kurt Dullin<strong>ge</strong>r<br />

—<br />

—<br />

„Es sollte schon vielmehr um<br />

die bestmögliche Lösung <strong>ge</strong>hen.<br />

Mein Plädoyer <strong>ge</strong>ht daher in<br />

Richtung guter Bauplanung und<br />

einer Vorgabe von Zielen und<br />

nicht so sehr von We<strong>ge</strong>n.“<br />

Silja Tillner<br />

—<br />

—<br />

THEMA —— 5<br />

derPlan Nº 25 Juli 2012<br />

schlechte Verträ<strong>ge</strong> gibt. Es gibt jedoch auch<br />

schlechte Planun<strong>ge</strong>n.<br />

derPlan:<br />

Es scheint evident, dass das Umfeld für die Auslobung<br />

von <strong>Verfahren</strong> im ö�entlichen Bereich<br />

komplex ist. Oft gibt es einen politischen Kontext,<br />

der das Sachziel zurückdrängt. Zu dem<br />

kommt re<strong>ge</strong>lmäßig ein großer zeitlicher und<br />

�nanzieller Druck, der auf den Vorhaben lastet.<br />

Kein Wunder also, wenn sich Auftrag<strong>ge</strong>ber in<br />

den Formalismus �üchten. Wie ist das ei<strong>ge</strong>ntlich<br />

mit dem Vertrauen?<br />

Prem:<br />

Wir dürfen nicht ver<strong>ge</strong>ssen, dass auch der Auftrag<strong>ge</strong>ber<br />

eine Fachkompetenz haben muss,<br />

eine <strong>ge</strong>wisse „Bestellqualität“. Wenn man die<br />

<strong>ge</strong>scheiterten Projekte der letzten Zeit betrachtet,<br />

zeigt sich, dass die Bestellqualität nicht <strong>ge</strong>passt<br />

hat. Wir beginnen nur dann ein Projekt,<br />

wenn sämtliche Projektziele exakt fest<strong>ge</strong>legt<br />

sind. Im Konkreten sind das Funktionalität,<br />

Qualität, Termin und Kosten. Jedes Arbeitspaket<br />

muss vor Vertragsabschluss exakt de�niert<br />

und vertraglich berücksichtigt sein. Es darf<br />

nicht vorkommen, dass einzelne Arbeitspakete<br />

aus dem Projekt nicht bekannt sind. Bei inkongruent<br />

aus<strong>ge</strong>schriebenen Bereichen kommt<br />

es zu Desorientierung, Zeit- und Qualitätsverlust.<br />

Das bedingt konstante Projektteams während<br />

der Projektdauer.<br />

Tillner:<br />

Das bestätigt das Denken in Extremen. Sicher,<br />

wenn alles chaotisch und wenig vorbereitet<br />

begonnen wird, wird es zu Schwierigkeiten<br />

kommen. Ich denke, dass Ziviltechniker<br />

in der Re<strong>ge</strong>l sorgsam arbeiten. Achtzig Prozent<br />

der Ziviltechniker sind niemals mit einem<br />

Versicherungsfall konfrontiert <strong>ge</strong>wesen.<br />

Ein Großteil der österreichischen Architekturbüros<br />

sind Zwei-Personen-Unternehmen,<br />

die von der <strong>ge</strong><strong>ge</strong>nwärti<strong>ge</strong>n Wirtschaftssituation<br />

besonders hart <strong>ge</strong>tro�en werden. Da gilt<br />

es schon zu überle<strong>ge</strong>n, ob diese bei den aktuellen<br />

Ausschreibungs<strong>ge</strong><strong>ge</strong>benheiten, den Zulassungs-<br />

und Eignungskriterien, überhaupt noch<br />

eine Chance zur Teilnahme haben. Wenn ich<br />

zu Jurys ein<strong>ge</strong>laden werde, achte ich stets darauf,<br />

dass möglichst viele Architekten teilnehmen<br />

können und deren Aufwände möglichst<br />

<strong>ge</strong>ring <strong>ge</strong>halten werden.<br />

Ablin<strong>ge</strong>r:<br />

Wenn Auftrag<strong>ge</strong>ber bereit sind, den Vergabeverfahren<br />

Musterverträ<strong>ge</strong> beizule<strong>ge</strong>n, prüft die<br />

Standesvertretung diese Verträ<strong>ge</strong>. Das ist e�zienter,<br />

als wenn jeder einzelne Architekt den<br />

Vertrag in dieser frühen Phase selbst durcharbeiten<br />

muss. Ich sehe in meinen ersten beiden<br />

Jahren als Sektionsvorsitzender, dass Auslober<br />

bereit sind, unsere Argumente zu hören und<br />

faire Verträ<strong>ge</strong> zu <strong>ge</strong>stalten. Es kommen oft Auslober<br />

zu uns, die schon sehr professionell vorbereitet<br />

sind. Eine die Ö�entlichkeit einbeziehende<br />

Diskussion im Vorfeld aber �ndet kaum<br />

statt. In Wien sollen zahlreiche Schulen und<br />

Kindergärten <strong>ge</strong>baut werden, es gibt ein gigantisches<br />

Krankenhäuser-Investitionsprogramm,<br />

das Parlament soll um über 300 Millionen Euro<br />

saniert werden.<br />

Von der Ö�entlichkeit werden aber Stadtentwicklung,<br />

Widmungsplanung oder wichti<strong>ge</strong><br />

Projekte wenig bis gar nicht wahr<strong>ge</strong>nommen –<br />

und wenn, reagieren Boulevard und Ö�entlichkeit<br />

fast re�exartig da<strong>ge</strong><strong>ge</strong>n. Für län<strong>ge</strong>rfristi<strong>ge</strong>,<br />

tiefere Beschäftigung bleibt meist zu wenig Zeit<br />

oder fehlt das Verständnis. Hierin sehe ich einen<br />

großen Verbesserungsbedarf. Ich halte es<br />

für wichtig, dass große Bauprojekte bereits in<br />

Frühphasen der Ö�entlichkeit vor<strong>ge</strong>stellt werden<br />

– und sich unser <strong>ge</strong>sellschaftlicher Umgang<br />

damit verbessert.<br />

Fink:<br />

Was wir jetzt diskutieren, hat nicht unmittelbar<br />

mit dem Vergaberecht zu tun. Das Vergaberecht<br />

ist nicht dafür verantwortlich, ob es<br />

zu einer guten oder weni<strong>ge</strong>r guten Qualität des<br />

Entwurfs kommt. Die Fra<strong>ge</strong> der Baukultur ist<br />

nicht über das Vergaberecht zu beantworten.<br />

Denn wenn die Baukultur ein klar formuliertes<br />

Ziel ist, wird man dies auch mit dem <strong>ge</strong>ltenden<br />

Vergaberecht erreichen.<br />

Ablin<strong>ge</strong>r:<br />

Einwand, denn wenn eine Jury jetzt bei einem<br />

zweistu�<strong>ge</strong>n <strong>Verfahren</strong> in der ersten <strong>Verfahren</strong>srunde<br />

Projekte (oder Teams) auswählt und<br />

diese Entscheidung dann von einem „Verlierer“<br />

an<strong>ge</strong>fochten wird, kann es schwierig sein, eine<br />

lich nicht aus, dass es auch einfach qualitativ �


�<br />

„unangreifbare, berechenbare“ Begründung für<br />

diese Entscheidung zu liefern.<br />

Tillner:<br />

Wie oft kommt es ei<strong>ge</strong>ntlich zu solchen „Anfechtun<strong>ge</strong>n“?<br />

Fink:<br />

In den letzten drei Jahren wurden etwa fünf<br />

Wettbewerbe bei der Vergabekontrolle bekämpft.<br />

Es kam dabei aber nicht aus inhaltlichen<br />

Gründen zur Anfechtung, sondern stets<br />

aus formalrechtlichen Anlässen. Beispielsweise<br />

wurde die unzulässi<strong>ge</strong> Wahl eines <strong>ge</strong>ladenen<br />

Wettbewerbs beanstandet. Die Kammer<br />

hat im Übri<strong>ge</strong>n hier sehr viel in Ausbildun<strong>ge</strong>n<br />

und Schulun<strong>ge</strong>n investiert, um hier das Qualitätsniveau<br />

zu heben. Und das merkt man.<br />

Tillner:<br />

Ich habe selbst an diesen Seminaren teil<strong>ge</strong>nommen<br />

und war immer wieder überrascht,<br />

wie unterschiedlich die Vorkenntnisse auf diesem<br />

Gebiet seitens der Teilnehmer sind. Es <strong>ge</strong>ht<br />

letztlich, ich betone das nochmals, um ein <strong>ge</strong>meinsames<br />

Miteinander von juristischer und<br />

baukünstlerischer Fachkompetenz. Im Moment<br />

treten die Juristen stärker in Erscheinung,<br />

was die stärkere Präferenzierung der Juristen<br />

durch die Auftrag<strong>ge</strong>ber spie<strong>ge</strong>lt, die inhaltliche<br />

Fra<strong>ge</strong>stellung tritt da tendenziell in den Hintergrund.<br />

Die Angst vor einer formalen Au�ebung<br />

ist stärker als das Risiko einer möglichen<br />

schwammi<strong>ge</strong>n Planung.<br />

Dullin<strong>ge</strong>r:<br />

Der Vorwurf der Verrechtlichung ist nicht neu.<br />

Solan<strong>ge</strong> allerdings in den Vergabekontrollgremien<br />

die Juristen das Sa<strong>ge</strong>n haben, so lan<strong>ge</strong><br />

werden auch Architekten verstärkt auf Juristen<br />

zurückgreifen müssen.<br />

Tillner:<br />

Es wundert mich nur, dass die negative Berichterstattung<br />

über die weni<strong>ge</strong>n Au�ebun<strong>ge</strong>n bewirkt,<br />

dass sich potentielle Auftrag<strong>ge</strong>ber vor einer<br />

solchen fürchten. Vielleicht wäre hier eine<br />

verstärkte positive Berichterstattung hilfreich.<br />

Ablin<strong>ge</strong>r:<br />

Es ist einfach wichtig, dass Jurien früher, bereits<br />

bei der Formulierung der Aufgabenstellung<br />

ein<strong>ge</strong>bunden werden. Letztlich kommt es<br />

so zu quali�zierteren und sachlich gut begründeten<br />

Entscheidun<strong>ge</strong>n. Die Kosten dafür sind –<br />

in Relation zum Gesamtprojekt – <strong>ge</strong>ring.<br />

Rausch:<br />

Tatsache ist, dass es wesentlich mehr Verhandlungsverfahren<br />

als Wettbewerbe gibt. Das<br />

macht es aber nicht unbedingt leichter. Hier<br />

fällt der „Schutz“ des Wettbewerbers weg. Es<br />

ist hier oftmals viel härter für den Bieter, er<br />

�ndet sich noch mehr auf un<strong>ge</strong>wohntem und<br />

schwieri<strong>ge</strong>m juristischen Terrain. Selbstverständlich<br />

hat ein Bauherr ein Recht auf Qualität,<br />

Kosteneinhaltung und nicht zuletzt auch<br />

auf Änderung seines Projektes. Diese Probleme<br />

verstärkt mit an<strong>ge</strong>blich „wasserdichten“ juristischen<br />

Verträ<strong>ge</strong>n lösen zu wollen, anstelle<br />

o�ene technische Punkte zu klären und Risken<br />

fair aufzuteilen, bewirkt natur<strong>ge</strong>mäß auch<br />

Ängste auf der Bewerberseite. Es entsteht hier<br />

zeitweise der Eindruck, dass hier Juristen den<br />

Wettbewerb um den „dichtesten“ Konsulentenvertrag<br />

entdeckt haben.<br />

Darüber hinaus leben und arbeiten wir<br />

heute in einer Angstkultur, Juristen sind oft die<br />

„ultima ratio“. Wenn ich einen Juristen beiziehe,<br />

<strong>ge</strong>ht der Auslober davon aus, dass er sich<br />

nichts zuschulden kommen lassen kann. Anders,<br />

wenn ich nur einen juristisch unversierten<br />

Techniker beiziehen würde. Mehrstu�<strong>ge</strong><br />

<strong>Verfahren</strong> würden Projekten nicht nur baukulturell<br />

mehr Leben einhauchen. Ich bin allerdings<br />

der Meinung, dass Verträ<strong>ge</strong> tendenziell<br />

eher schlechter als besser <strong>ge</strong>worden sind.<br />

Heute sind viele Klauseln verdeckter formuliert.<br />

Welcher Konsulent kann sich schon im <strong>Verfahren</strong><br />

mit zig Mitbewerbern einen Juristen leisten.<br />

der Plan:<br />

Wir haben fest<strong>ge</strong>stellt, dass der Titel „Recht<br />

versus Inhalt“ nur bedingt stimmt. Vielmehr<br />

<strong>ge</strong>ht es bei Vergabeverfahren um eine präzise<br />

Zielde�nition, egal von welcher Seite sie betrachtet<br />

wird. Die vorherrschende Angstkultur<br />

führt oft zu einer hypertrophen Aus<strong>ge</strong>staltung<br />

der Texte und zu überzo<strong>ge</strong>nen Formalismen.<br />

Das resultiert aber nicht aus dem speziellen<br />

Verhältnis der Planer zu den Juristen. Es handelt<br />

sich vielmehr um die Abbildung eines <strong>ge</strong>sellschaftlichen<br />

Phänomens. Wir merken, dass<br />

das Verhandlungsverfahren im Vormarsch ist.<br />

„Wir beginnen nur dann ein<br />

Projekt, wenn sämtliche<br />

Projektziele exakt fest<strong>ge</strong>legt<br />

sind. Im Konkreten sind das<br />

vier klar formulierte Projektziele:<br />

Funktionalität, Qualität,<br />

Termin und Kosten.“<br />

Friedrich Prem<br />

—<br />

—<br />

„Um ein Projekt erfolgreich<br />

aufstellen zu können, ist es<br />

wichtig, eine <strong>ge</strong>meinsame<br />

Vision zu entwickeln, um<br />

potentielle Friktionen möglichst<br />

ausschalten zu können.<br />

Neben dem Aspekt des<br />

Scha�ens von Baukunst als<br />

bleibendem Wert steht auch<br />

die Fra<strong>ge</strong> der Realisierbarkeit.“<br />

Heinz-Peter Rausch<br />

—<br />

—<br />

„Für mich stellt sich nun die Fra<strong>ge</strong>,<br />

ob man nicht seitens der Kammer<br />

Verhandlungsverfahren<br />

o�ener <strong>ge</strong><strong>ge</strong>nüberstehen könnte.<br />

Bei Generalsanierun<strong>ge</strong>n wäre<br />

dies z. B. an<strong>ge</strong>bracht, weil ich mit<br />

dem Team dann besser kommunizieren<br />

könnte. Bei einem<br />

Wettbewerb ist das durch die<br />

Anonymität nicht möglich.“<br />

Christian Fink<br />

—<br />

—<br />

Vielleicht sollten wir nunmehr auf die <strong>Verfahren</strong>stypologien<br />

näher ein<strong>ge</strong>hen.<br />

Prem:<br />

Es gibt viele Gründe, die für das Verhandlungsverfahren<br />

sprechen. Ich möchte aber betonen,<br />

dass dies nicht aus Gründen der Angst so ist.<br />

Die wenigsten dieser Projekte <strong>ge</strong>hen schief oder<br />

werden beeinsprucht. Von den vier Projektzielen<br />

betre�en zwei Funktionalität und Qualität<br />

der Architektur. Wobei die Funktionalität<br />

vorrangig ist. Krankenanstalten wirken primär<br />

durch ihre Funktionalität auf die Mitarbeiter<br />

und vor allem auf die Kunden. Der Patient<br />

wird es sehr wohl bemerken, ob er in einem<br />

dunklen Gang oder in einem hellen, freundlich<br />

wirkenden Raum behandelt wird, wo er vielleicht<br />

sogar eine Panoramascheibe in den Park<br />

hat. Die Qualität ist daher additiv zur Funktion<br />

zu sehen. Gerade bei so komplexen Gebilden<br />

wie Krankenanstalten müssen wir die Funktion<br />

primär bestimmen. Wir nehmen also die Funktion<br />

quasi als Rotationsprogramm in die Ausschreibung<br />

auf. Auf diese kann dann der Planer<br />

seine Qualität aufsetzen. Das ist freilich<br />

eine hohe und massive Anforderung, die wir<br />

dem Markt zumuten. Es <strong>ge</strong>nügt also nicht, ein<br />

paar Skizzen mit tollen Perspektiven zu erstellen.<br />

Es muss in jeder Phase sicher<strong>ge</strong>stellt sein,<br />

dass auch die Funktion in ausreichender Tiefe<br />

<strong>ge</strong>währleistet ist.<br />

Ablin<strong>ge</strong>r:<br />

Es hat sich <strong>ge</strong>zeigt, dass das Verhandlungsverfahren<br />

primär ein Anlie<strong>ge</strong>n der Auftrag<strong>ge</strong>ber<br />

und nicht so sehr der Juristen war. Nur ein Drittel<br />

des Gesamtvolumens an Bauaufgaben wird<br />

durch Wettbewerbe, die Mehrzahl über Verhandlungsverfahren<br />

oder überhaupt ohne Vergabeverfahren<br />

ab<strong>ge</strong>wickelt, als Direktauftrag<br />

zum Beispiel.<br />

Tillner:<br />

Oft sind es ja besonders kleine Aufträ<strong>ge</strong>, die viele<br />

Teilnehmer zum Mitmachen locken. Denken<br />

wir etwa an den Rathauspark und den Stadtpark<br />

in Wien, wo es über hundert Einreichun<strong>ge</strong>n gab.<br />

Oft sind die Aufwendun<strong>ge</strong>n, die die Büros für<br />

Wettbewerbe machen, höher als der Gesamtwert<br />

des Auftragsvolumens. Gut wäre es, wenn<br />

mehr ö�entliche Wettbewerbe aus<strong>ge</strong>schrieben<br />

werden würden, dann bräuchten sich nicht alle<br />

um die weni<strong>ge</strong>n zu bemühen und hätten auch<br />

eine größere Chance zu reüssieren. Bei Wettbewerben,<br />

wie der WU Wien oder Kärntner Straße,<br />

gab es relativ weni<strong>ge</strong> Teilnehmer, weil die<br />

Wirtschaft zu dieser Zeit <strong>ge</strong>boomt hat und die<br />

Büros aus<strong>ge</strong>lastet waren.<br />

Ablin<strong>ge</strong>r:<br />

Und weil bei den großen <strong>Verfahren</strong> -fast schon<br />

traditionell- weni<strong>ge</strong>r Büros teilnehmen. Wir bemühen<br />

uns seit eini<strong>ge</strong>r Zeit um eine Plattform,<br />

in der Wettbewerbe aus<strong>ge</strong>lobt werden. Es gibt<br />

Vor<strong>ge</strong>spräche mit großen potentiellen Auftrag<strong>ge</strong>bern,<br />

die z. B. fünf Kindergärten gleichzeitig<br />

ausloben werden. Allerdings hängt die Teilnahme<br />

an Wettbewerben häu�g mit der Projektgröße<br />

zusammen. Im kommunalen Wohnbau gibt<br />

es zunehmend kleinere Projekte.<br />

Dullin<strong>ge</strong>r:<br />

Selbstverständlich kann ich auch bei einem<br />

Wettbewerb primär die Funktionen sehen und<br />

um diese herum einen Wettbewerb machen.<br />

Dazu braucht es das Verhandlungsverfahren<br />

nicht. Die Kosten für Architekten sind bei beiden<br />

<strong>Verfahren</strong> in etwa gleich.<br />

Fink:<br />

Es gab Zeiten, da wurde das Verhandlungsverfahren<br />

auch von Seiten der Kammer positiver<br />

<strong>ge</strong>sehen. In der letzten Zeit war eher der Wettbewerb<br />

en vogue. Wenn ich allerdings an die<br />

verlorenen Aufwände der Büros denke, so blutet<br />

mir das Herz. Für mich stellt sich nun die<br />

Fra<strong>ge</strong>, ob man nicht seitens der Kammer Verhandlungsverfahren<br />

o�ener <strong>ge</strong><strong>ge</strong>nüberstehen<br />

könnte. Bei Generalsanierun<strong>ge</strong>n wäre dies z. B.<br />

an<strong>ge</strong>bracht, weil ich mit dem Team dann besser<br />

kommunizieren könnte. Bei einem Wettbewerb<br />

ist das durch die Anonymität nicht möglich.<br />

Ablin<strong>ge</strong>r:<br />

Für mich ist die Formulierung von Grenzen<br />

zwischen den beiden <strong>Verfahren</strong> künstlich. Wir<br />

können auch Verhandlungsverfahren bei voller<br />

Anonymität so <strong>ge</strong>stalten, dass ein anonymer<br />

Dialog mit dem Preis<strong>ge</strong>richt möglich ist.<br />

Im Denkmalschutz haben wir z. B. mehrstu�<strong>ge</strong><br />

„Fra<strong>ge</strong>-Antwortspiele“, die anonym durch<strong>ge</strong>führt<br />

werden. <strong>Verfahren</strong>sbetreuer haben die<br />

Einhaltung der Anonymität zu <strong>ge</strong>währleisten.<br />

THEMA —— 6<br />

derPlan Nº 25 Juli 2012<br />

Fink:<br />

Mir <strong>ge</strong>ht es eher um die Kommunikation zwischen<br />

Auslober und <strong>Verfahren</strong>steilnehmer.<br />

Mir kommt vor, dass die Fehlerquellen <strong>ge</strong>rin<strong>ge</strong>r<br />

sind, wenn direkt und nicht über ein Preis<strong>ge</strong>richt<br />

kommuniziert wird. Mit der Zunahme<br />

der Teilnehmeranzahl steigt natürlich bei Wettbewerben<br />

auch die Gefahr der Verletzung der<br />

Anonymität.<br />

Rausch:<br />

Ich halte diese Diskrepanz nicht für maß<strong>ge</strong>blich.<br />

Mir erscheint die klare Zielformulierung<br />

vorrangig, auf die sich die anderen Bereiche aufsetzen<br />

lassen. Ich glaube, dass es das beste Team<br />

für das beste Projekt zu <strong>ge</strong>winnen gilt. Es <strong>ge</strong>ht<br />

darum, die Inhomo<strong>ge</strong>nität zwischen Bauin<strong>ge</strong>nieuren<br />

und Architekten zu überwinden. Jun<strong>ge</strong><br />

Architekten werden vielfach über Wettbewerbe<br />

aus<strong>ge</strong>bildet, während Bauin<strong>ge</strong>nieure ihr Knowhow<br />

vorwie<strong>ge</strong>nd in Büros erwerben. Ausbildung<br />

ist nicht unbedingt ident mit den Erfordernissen<br />

von Ausschreibun<strong>ge</strong>n. Das Interesse<br />

dürfte bei den einen primär die <strong>ge</strong>stalterische<br />

Aufgabe sein, während die anderen das pragmatische<br />

Ausführungsinteresse haben. Ich glaube<br />

schon, dass mit dem Verhandlungsverfahren<br />

vieles zu scha�en ist. Sicherlich haben auch<br />

Architekturwettbewerbe ihre Stärken. Der Vertrag<br />

erscheint mir der kritische Punkt zu sein.<br />

Tillner:<br />

Vielleicht <strong>ge</strong>ht es einfach darum, für die entsprechende<br />

Aufgabe auch das passende <strong>Verfahren</strong><br />

zu �nden? So wird etwa die Umwandlung<br />

einer Nutzung sich eher für ein Auftragsverfahren<br />

eignen. Hier ist es manchmal wichtig,<br />

im persönlichen Auftreten überzeu<strong>ge</strong>n zu können.<br />

Oft sind die Zugangsvoraussetzun<strong>ge</strong>n dafür<br />

aber schwierig. Hier sollten die Schwellenwerte<br />

niedri<strong>ge</strong>r werden.<br />

Ablin<strong>ge</strong>r:<br />

Ich diskutiere <strong>ge</strong>rne über bessere Verhandlungsverfahren,<br />

z. B. diese wettbewerbsmäßig<br />

zu strukturieren.<br />

Prem:<br />

Mir ist die Fra<strong>ge</strong> der Anonymität wichtig. Ich<br />

glaube, dass diese ein großes Qualitätsmerkmal<br />

bei <strong>Verfahren</strong> ist. Bei uns verhandelt immer<br />

nur die ver<strong>ge</strong>bende Stelle mit den Anbietern,<br />

niemals der Auftrag<strong>ge</strong>ber. Die Bieter sind<br />

zur Gänze anonym, und niemand aus der Kommission<br />

darf in Verbindung mit der ver<strong>ge</strong>benden<br />

Stelle sein. Die Anonymität wird erst am<br />

letzten Tag auf<strong>ge</strong>hoben, wenn den Bietern die<br />

Möglichkeit <strong>ge</strong>boten wird, ihre Projekte auch<br />

persönlich zu präsentieren.<br />

Fink:<br />

In diesem Zusammenhang spricht man auch<br />

von „ein<strong>ge</strong>haustem“ Wettbewerb. Viele der EUweiten<br />

<strong>Verfahren</strong> werden so ab<strong>ge</strong>wickelt. Es<br />

handelt sich dabei um einen „Wettbewerb“ innerhalb<br />

eines Verhandlungsverfahrens.<br />

Prem:<br />

Dadurch soll auch ein „Schachern“ mit den Anbietern<br />

verhindert werden.<br />

der Plan:<br />

Warum wollen aber Auftrag<strong>ge</strong>ber den Wett-<br />

bewerb umschi�en?<br />

Dullin<strong>ge</strong>r:<br />

Ich bemerke, dass die Anstrengun<strong>ge</strong>n, die auf<strong>ge</strong>wendet<br />

werden, um das Vergaberecht zu vermeiden,<br />

stark im Abklin<strong>ge</strong>n sind. Allerdings<br />

stehen insbesondere bei kleineren Projekten<br />

die Kosten des Vergabeverfahrens manchmal<br />

in einem krassen Missverhältnis zu den Auftragswerten.<br />

Fink:<br />

Ich möchte da auch die Zeitkomponente ergänzen,<br />

die den Auftrag<strong>ge</strong>bern bei der Ausschreibung<br />

von Wettbewerben häu�g sehr wohl weh<br />

tut. Im kommunalen Bereich gab es in letzter<br />

Zeit häu�g Engpässe, da durch das Sparpaket<br />

steuerliche Begünstigun<strong>ge</strong>n wegfallen<br />

und Ausschreibun<strong>ge</strong>n nicht rechtzeitig begonnen<br />

werden konnten. Bei ö�entlichen Aufträ<strong>ge</strong>n<br />

werden oft Bauträ<strong>ge</strong>r dazwischen<strong>ge</strong>schaltet,<br />

um das Vergaberecht zu um<strong>ge</strong>hen.<br />

Ablin<strong>ge</strong>r:<br />

Unser Anlie<strong>ge</strong>n ist es, dass wir mit möglichst<br />

vielen Auftrag<strong>ge</strong>bern in einen quali�zierten Dialog<br />

eintreten und zu guten <strong>Verfahren</strong> kommen.<br />

—<br />

Moderation: Hans Staudin<strong>ge</strong>r<br />

—<br />

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