leadership@wdf.at - bomiba
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LEADERSHIP 7/8 2011 I schwerpunkt I expertenforum I wdf-intern I service I 5<br />
aus der Arbeitssucht führt<br />
Mit Fortschreiten der Krankheit weisen<br />
die Betroffenen dann auch Konzentr<strong>at</strong>ionsschwächen<br />
auf, sie werden ungenau<br />
und verlieren die Fähigkeit komplexe Aufgaben<br />
zu lösen oder Entscheidungen zu<br />
treffen. Nach und nach zeigen sich eine<br />
innere Ruhe- und Rastlosigkeit und die<br />
Unfähigkeit zur Entspannung in der Freizeit.<br />
Es folgen körperliche Auswirkungen<br />
wie Schlafstörungen, Kopf- und Rückenschmerzen,<br />
Hypertonie, sowie das häufige<br />
Auftreten von Infekten. Die häufigsten<br />
psychischen Folgen sind Depressionen,<br />
Angst- und Panikstörungen.<br />
Behandlung der Arbeitssucht<br />
Völlige Abstinenz kann hier nicht das<br />
Hauptziel der Behandlung sein. Das Erreichen<br />
der Abstinenz alleine, wäre auch<br />
noch kein Therapieerfolg. Vielmehr muss<br />
der Betroffene wieder Freude an und<br />
Sinn in seinem Leben finden, andere<br />
Möglichkeiten für ein freudvolles Leben<br />
suchen als die Arbeit.<br />
Vor allem das Erreichen eines möglichst<br />
autonomen und freudvollen Lebens<br />
spielt in der Behandlung sowohl der<br />
Arbeitssucht als auch des Burnouts eine<br />
wesentliche Rolle. Es muss – bei der Arbeitssucht<br />
– nicht so sehr die Arbeit als<br />
vielmehr das Freizeitverhalten, das man<br />
besser als Erholungsverhalten bezeichnete,<br />
verändert werden. Das Leben ist<br />
völlig neu zu gestalten. Die Therapie der<br />
Arbeitssucht muss daher ressourcen-<br />
und darf nicht nur defizitorientiert sein.<br />
Betroffene weisen eine Fülle von Ressourcen<br />
auf – sie erinnern sich oft nur<br />
nicht mehr daran. Wesentliche Aufgabe<br />
der Therapie ist daher, diese Ressourcen<br />
freizusetzen bzw. neu zu schaffen.<br />
Freude am Genuss<br />
Im Anton Proksch Institut wurde dafür das<br />
Orpheus-Programm entwickelt. Unterschiedliche<br />
Module tragen darin zur Neuund<br />
Wiederentdeckung der eigenen Lebenskräfte<br />
bei. Denn wo das Leben wieder<br />
schön und damit auch sinnvoll wird, haben<br />
Suchtmittel keine Verführungskraft.<br />
Wir leben in einer Gesellschaft in der das<br />
Genießen – wenn überhaupt – leider nur<br />
mehr eine untergeordnete Rolle spielt. Genießen<br />
ist ein hochkomplexer Vorgang, es<br />
braucht dazu Achtsamkeit, Erlebnisfähigkeit,<br />
das Zulassen intensiver Wahrnehmung<br />
sowie Reflexion des Erlebten. Menschen<br />
mit Arbeitssucht müssen dies meist<br />
erst wieder lernen. Auch das sich selbst Er-<br />
Zur Person<br />
Univ. Prof. Dr. med. Michael Musalek, Facharzt für Psychi<strong>at</strong>rie und Neurologie,<br />
Psychotherapeut, Prof. für Psychi<strong>at</strong>rie an der Univ. Wien, Ärztlicher<br />
Direktor des Anton-Proksch-Instituts, Präsident der Österreichischen Gesellschaft<br />
für Psychi<strong>at</strong>rie und Psychotherapie, Präsident der European Society<br />
of Aesthetics and Medicine, Mitglied des Executive Committee of the<br />
European Psychi<strong>at</strong>ric Associ<strong>at</strong>ion, Präsident der European Society on Tre<strong>at</strong>ment<br />
of Alcohol Dependence and Rel<strong>at</strong>ed Disorders, Präsident – Stiftung<br />
Erwin Ringel Institut, Herausgeber der Zeitschriften „Spectrum<br />
Psychi<strong>at</strong>rie“ und „Psychi<strong>at</strong>rie & Psychotherapie“<br />
lauben von Freude ist dabei wichtig. Viele<br />
von Arbeitssucht Betroffene können sich<br />
gar nicht mehr freuen.<br />
Erste Ergebnisse aus dem Orpheus-Programm<br />
zeigen, dass die Behandlungs<strong>at</strong>traktivität<br />
der Arbeitssucht damit stark gestiegen<br />
ist. Auch die Lebenseinstellung<br />
der Betroffenen h<strong>at</strong> sich durch dieses<br />
Programm enorm verbessert.<br />
Eine gut funktionierende Wirtschaft ist<br />
n<strong>at</strong>ürlich wichtig. Eine ausschließliche Fixierung<br />
auf Wirtschaftlichkeit und Konsum<br />
kann aber nur unzureichend sein.<br />
Arbeiten ist ein wunderbarer Wert –<br />
wenn dieser Wert aber der einzig erstrebenswerte<br />
Lebensinhalt bleibt, wird das<br />
Leben als eingeengt und un<strong>at</strong>traktiv erlebt.<br />
Das größte Ziel des Menschen,<br />
nämlich ein möglichst selbstbestimmtes<br />
und freudvolles Leben zu leben, bleibt damit<br />
unerreicht. Es gilt daher mit all unseren<br />
Kräften unseren Mitmenschen ein<br />
solches selbstbestimmtes und freudvolles<br />
Leben zu ermöglichen.