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Münchner Ärztliche Anzeigen AUS DER RECHTSPRECHUNG 7
Beschäftigungsverbot bei Schwangeren
Wie weit geht der Mutterschutz?
Immer wieder führt die Frage, welche
Beschäftigungsverbote es für
schwangere Arbeitnehmerinnen gibt,
zu Auslegungs- bzw. Einordnungsschwierigkeiten.
Zugegebenermaßen
sind die Regelungen des Mutterschutzgesetzes
(MuSchG) teilweise
unübersichtlich.
Betriebliches Beschäftigungsverbot
gem. § 13 Abs.1 Ziff. 3 MuSchG
Welche Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen
für schwangere oder stillende
Frauen unzulässig sind ist in
den §§ 9 ff. MuSchG festgelegt.
Dabei hat der Arbeitgeber stufenweise
vorzugehen, wenn er unverantwortbare
Gefährdungen i. S. der §§
9, 11 oder 12 MuSchG z. B. Kontakt
mit Gefahrstoffen am Arbeitsplatz
festgestellt hat (§ 13 MuSchG). Die
Beurteilung der Arbeitsbedingungen
und einer damit einhergehenden
Gefährdung der Schwangeren oder
Stillenden obliegt also hier allein
dem Arbeitgeber.
Stellt er eine Gefahr fest, weil es
sich beispielsweise um unzulässige
Tätigkeiten oder Arbeitsbedingungen
i. S. von § 10 MuSchG handelt, muss
er eingreifen. In § 11 MuSchG werden
unzulässige Tätigkeiten und
Arbeitsbedingungen für schwangere
Frauen konkret aufgeführt. Zusätzlich
muss er feststellen, ob ggf.
durch eine Umgestaltung der
Arbeitsbedingungen die Gefährdung
beseitigt werden kann. Ist dies nicht
möglich oder wäre es mit einem
unverhältnismäßigen Aufwand verbunden,
ist zu prüfen, ob die
Schwangere an einem anderen
geeigneten Arbeitsplatz eingesetzt
werden kann, wenn ein solcher zur
Verfügung steht und für die betroffene
Frau zumutbar ist.
Kommen weder Schutzmaßnahmen
noch ein betriebsinterner
Arbeitsplatzwechsel in Betracht,
darf die Schwangere oder Stillende
nicht weiter beschäftigt werden. Es
besteht dann ein sog. betriebliches
Beschäftigungsverbot, das vom
Arbeitgeber gegenüber der Schwangeren
auszusprechen ist. Dieses
kann befristet oder auch unbefristet
sein, wenn der Arbeitsplatz grundsätzlich
nicht für eine Schwangere
geeignet ist.
Individuelles Beschäftigungsverbot
gem. § 16 MuSchG
Beim individuellen Beschäftigungsverbot
werden die individuellen Verhältnisse
der betroffenen Frau als
Kriterium herangezogen. Die Rechtsgrundlage
dafür findet sich in § 16
MuSchG (Abs. 1). Der Arbeitgeber
darf eine schwangere Frau nicht
beschäftigen, soweit nach einem
ärztlichen Zeugnis ihre Gesundheit
oder die ihres Kindes bei Fortdauer
der Beschäftigung gefährdet ist. Darüber
hinaus darf der Arbeitgeber
eine Frau, die nach einem ärztlichen
Zeugnis in den ersten Monaten nach
der Entbindung nicht voll leistungsfähig
ist, nicht mit Arbeiten beschäftigen,
die ihre Leistungsfähigkeit
übersteigen (§ 16 Abs. 2 MuSchG).
Für die Begründung eines Verbots
nach § 16 MuSchG reicht es aus,
dass eine konstitutionsbedingte
Gefahr für die Schwangere oder den
Fötus besteht. Hierüber stellt der
behandelnde Arzt das entsprechende
Zeugnis aus. Dieses darf jeder
approbierte Arzt ausstellen, nicht
nur der Gynäkologe, also ggf. auch
der Hausarzt. Der Arzt entscheidet,
ob die Patientin wegen eingetretener
Komplikationen arbeitsunfähig ist
oder sie nicht bzw. teilweise nicht
arbeiten darf, obwohl sie nicht krank
ist. Der behandelnde Arzt muss
sorgfältig abwägen, ob „nur“ eine
zeitlich begrenzte Arbeitsunfähigkeit
oder aber, bei weiterer Ausübung
der beruflichen Tätigkeit, eine
Gefährdung für das Leben oder der
Gesundheit von Mutter oder Kind
gegeben ist.
Zugegebenermaßen sind die
Grenzen bei dieser Beurteilung fließend.
Bestehen beispielsweise bei
der Schwangeren andauernde Übelkeit
und/ oder Erbrechen, Rückenschmerzen
oder ein Schwangerschaftsdiabetes,
ist oft eine vorübergehende
Krankschreibung
Ute Sasse
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Medizinrecht
Der behandelnde
Arzt muss sorgfältig
abwägen.
Ute Sasse