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MÄA-21-2020online

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Münchner Ärztliche Anzeigen AUS DER RECHTSPRECHUNG 7

Beschäftigungsverbot bei Schwangeren

Wie weit geht der Mutterschutz?

Immer wieder führt die Frage, welche

Beschäftigungsverbote es für

schwangere Arbeitnehmerinnen gibt,

zu Auslegungs- bzw. Einordnungsschwierigkeiten.

Zugegebenermaßen

sind die Regelungen des Mutterschutzgesetzes

(MuSchG) teilweise

unübersichtlich.

Betriebliches Beschäftigungsverbot

gem. § 13 Abs.1 Ziff. 3 MuSchG

Welche Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen

für schwangere oder stillende

Frauen unzulässig sind ist in

den §§ 9 ff. MuSchG festgelegt.

Dabei hat der Arbeitgeber stufenweise

vorzugehen, wenn er unverantwortbare

Gefährdungen i. S. der §§

9, 11 oder 12 MuSchG z. B. Kontakt

mit Gefahrstoffen am Arbeitsplatz

festgestellt hat (§ 13 MuSchG). Die

Beurteilung der Arbeitsbedingungen

und einer damit einhergehenden

Gefährdung der Schwangeren oder

Stillenden obliegt also hier allein

dem Arbeitgeber.

Stellt er eine Gefahr fest, weil es

sich beispielsweise um unzulässige

Tätigkeiten oder Arbeitsbedingungen

i. S. von § 10 MuSchG handelt, muss

er eingreifen. In § 11 MuSchG werden

unzulässige Tätigkeiten und

Arbeitsbedingungen für schwangere

Frauen konkret aufgeführt. Zusätzlich

muss er feststellen, ob ggf.

durch eine Umgestaltung der

Arbeitsbedingungen die Gefährdung

beseitigt werden kann. Ist dies nicht

möglich oder wäre es mit einem

unverhältnismäßigen Aufwand verbunden,

ist zu prüfen, ob die

Schwangere an einem anderen

geeigneten Arbeitsplatz eingesetzt

werden kann, wenn ein solcher zur

Verfügung steht und für die betroffene

Frau zumutbar ist.

Kommen weder Schutzmaßnahmen

noch ein betriebsinterner

Arbeitsplatzwechsel in Betracht,

darf die Schwangere oder Stillende

nicht weiter beschäftigt werden. Es

besteht dann ein sog. betriebliches

Beschäftigungsverbot, das vom

Arbeitgeber gegenüber der Schwangeren

auszusprechen ist. Dieses

kann befristet oder auch unbefristet

sein, wenn der Arbeitsplatz grundsätzlich

nicht für eine Schwangere

geeignet ist.

Individuelles Beschäftigungsverbot

gem. § 16 MuSchG

Beim individuellen Beschäftigungsverbot

werden die individuellen Verhältnisse

der betroffenen Frau als

Kriterium herangezogen. Die Rechtsgrundlage

dafür findet sich in § 16

MuSchG (Abs. 1). Der Arbeitgeber

darf eine schwangere Frau nicht

beschäftigen, soweit nach einem

ärztlichen Zeugnis ihre Gesundheit

oder die ihres Kindes bei Fortdauer

der Beschäftigung gefährdet ist. Darüber

hinaus darf der Arbeitgeber

eine Frau, die nach einem ärztlichen

Zeugnis in den ersten Monaten nach

der Entbindung nicht voll leistungsfähig

ist, nicht mit Arbeiten beschäftigen,

die ihre Leistungsfähigkeit

übersteigen (§ 16 Abs. 2 MuSchG).

Für die Begründung eines Verbots

nach § 16 MuSchG reicht es aus,

dass eine konstitutionsbedingte

Gefahr für die Schwangere oder den

Fötus besteht. Hierüber stellt der

behandelnde Arzt das entsprechende

Zeugnis aus. Dieses darf jeder

approbierte Arzt ausstellen, nicht

nur der Gynäkologe, also ggf. auch

der Hausarzt. Der Arzt entscheidet,

ob die Patientin wegen eingetretener

Komplikationen arbeitsunfähig ist

oder sie nicht bzw. teilweise nicht

arbeiten darf, obwohl sie nicht krank

ist. Der behandelnde Arzt muss

sorgfältig abwägen, ob „nur“ eine

zeitlich begrenzte Arbeitsunfähigkeit

oder aber, bei weiterer Ausübung

der beruflichen Tätigkeit, eine

Gefährdung für das Leben oder der

Gesundheit von Mutter oder Kind

gegeben ist.

Zugegebenermaßen sind die

Grenzen bei dieser Beurteilung fließend.

Bestehen beispielsweise bei

der Schwangeren andauernde Übelkeit

und/ oder Erbrechen, Rückenschmerzen

oder ein Schwangerschaftsdiabetes,

ist oft eine vorübergehende

Krankschreibung

Ute Sasse

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Medizinrecht

Der behandelnde

Arzt muss sorgfältig

abwägen.

Ute Sasse

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