Unsere Gastfreundschaft – Ihr Geschenk - Stiftung Gott hilft
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praxisnah<br />
GEBEN UND EMPFANGEN<br />
WENN SICH GENERATIONEN AUSTAUSCHEN<br />
[ HEINZ ZINDEL ]<br />
Was gilt noch <strong>–</strong> was tut die jüngere Generation ganz anders? Senioren sind gefordert<br />
zu verstehen und zu akzeptieren. Aber wo liegt die Toleranzgrenze?<br />
Es klopft an die Tür meines Büros, und<br />
schon steht er mitten im Zimmer, der<br />
über 80-jährige ehemalige Mitarbeiter.<br />
IchkenneihnseitJahrzehnten,zuerstals<br />
Schreiner in einem unserer Schulheime,<br />
nun seit vielen Jahren als waches MitgliedderAltersheimgemeinschaft.Noch<br />
täglich flickt er in seiner Werkstatt im<br />
Untergeschoss allerlei Gegenstände des<br />
täglichen Gebrauchs. «Nun möchte ich<br />
doch einmal wissen, was denn heute in<br />
unserer <strong>Stiftung</strong> pädagogisch noch gilt»,<br />
bricht es aus ihm heraus. Ich bitte ihn<br />
Platz zu nehmen: «Wie meinst du das?»<br />
SAUBERKEIT ÜBER ALLES<br />
Er holt tief Luft und zeigt dann mit der<br />
Hand zum Kinderheim: «Jetzt steht doch<br />
schon seit zwei Tagen ein Schlitten vor<br />
dem Schwalbenhaus im Schnee, und niemand<br />
kümmert sich darum!» <strong>–</strong> Bevor ich<br />
eine Antwort finde, sehe ich unseren<br />
Gründer Emil Rupflin vor mir. Es wird erzählt,<br />
dass er bei Heimbesuchen mit seiner<br />
Frau Babette immer zuerst einen<br />
Blick ins WC warf und die Sauberkeit des<br />
«Örtchens»kontrollierte,währendsiemit<br />
dem Finger über die Fussleisten in der<br />
Stube strich, um allfällige Staubreste zu<br />
entdecken. Ordnung und Sauberkeit gehörten<br />
damals zu den Grundpfeilern der<br />
Pädagogik. Vor diesem Hintergrund versucheich,meinenBesucherzuverstehen.<br />
Ich erkläre ihm, dass die junge Erziehergeneration<br />
die pädagogischen Schwerpunkte<br />
etwas anders setze, aber trotzdem<br />
auch die äusseren Dinge nicht vernachlässige.<br />
Und es wird mir wieder neu<br />
bewusst: Zwei Generationen <strong>–</strong> zwei Welten!<br />
Nach einer Weile verabschiedet er<br />
sich von mir; nicht ganz überzeugt, wie<br />
mir scheint, aber vielleicht ein wenig beruhigt.<br />
Dieses Erlebnis steht mir vor Augen,<br />
wenn ich mich heute <strong>–</strong> nun selbst seit<br />
bald15JahrenimRuhestand<strong>–</strong>frage:Wie<br />
kann der Austausch, das Geben und<br />
Empfangenzwischendiesenzwei,oftsogar<br />
drei so unterschiedlichen Generationen<br />
gelingen?<br />
DIE VERANTWORTUNG DER ALTEN<br />
Eines steht fest: Wir Alten haben die Verantwortung<br />
abgegeben. Bleibt uns denn<br />
nocheinAuftrag?Sicher,allerdingsnicht<br />
auf der operativen Ebene. Ich versuche,<br />
einige Möglichkeiten zu beschreiben:<br />
Alles anders. «Was ich tat, tun nun die<br />
Jungen. Sie machen fast alles anders.<br />
Gut. Ich habe seinerzeit auch fast alles<br />
anders gemacht als die Alten. Ich wünsche<br />
ihnen ein gesegnetes Tun und Got-<br />
tes Beistand.» Was Jörg Zink hier<br />
schreibt, kann für uns wegweisend sein.<br />
Es geht um Anteilnahme und Ermutigung<br />
den Jungen gegenüber. Wir sollen<br />
gut hinschauen auf alles, was geschieht.<br />
Wirkönnenesbewegenundmittragenin<br />
unseremGebet,dennwirhabennunweit<br />
mehr Zeit für diese Unterstützung als<br />
früher in unserer aktiven Phase. Allerdings<br />
lieber nicht wie jene 90-jährige,<br />
noch vitale und zupackende Grossmutter,<br />
die mir vor längerer Zeit sagte:<br />
«Wenn ich schon täglich für meine Enkelkinder<br />
bete, habe ich doch auch das<br />
Recht, meine Meinung über ihre Erziehungeinzubringen.»Ichempfahlihr,das<br />
Erstere weiter zu pflegen und auf das<br />
Letztere womöglich zu verzichten.<br />
Geben und empfangen. Wie steht es mit<br />
dem Erteilen eines Rats? Hier gilt eine<br />
einfache und unmissverständliche Regel:<br />
Nur wenn wir gefragt werden! Und<br />
auch dann ohne die Erwartung, dass er<br />
auch befolgt wird. Entscheidend ist die<br />
Frage, ob wir innerlich wach bleiben für<br />
die Anliegen der jüngeren Generation,<br />
auch wenn wir nicht alles verstehen und<br />
gutheissen können. Hauptsache, sie<br />
spürenunsereZuneigung.Einebefreundete<br />
Paartherapeutin äusserte sich in