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<strong>ALPEIP</strong> a.s.b.l.<br />

Association luxembourgeoise pour les enfants intellectuellement précoces<br />

Luxemburgische Vereinigung für hochbegabte Kinder<br />

Non-Profit-Organisation<br />

2008<br />

Informationen für Eltern<br />

Sitz : 8, rue Jos Schroeder L-6981 RAMELDANGE<br />

R.C.S. 2002 61 00624<br />

www.alpeip.lu PC-Konto: IBAN LU27 1111 1986 3172 0000<br />

Kontakt: Tel: 491901 E-Mail: info@alpeip.lu<br />

Seite 1


UNSERE WICHTIGSTEN ZIELE<br />

� Ein genaueres Bild hochbegabter Kinder vermitteln, um die<br />

Einstellung ihnen gegenüber zu verändern<br />

� In ihrem Umfeld das Verständnis und Bewusstsein für ihre<br />

Andersartigkeit fördern<br />

� Klassen schaffen, die den schulischen Bedürfnissen und dem<br />

Lernrhythmus hochbegabter Kinder gerecht werden<br />

� Regelmäßig neue Erkenntnisse über Unterrichtsmodelle in<br />

Weitere Kontaktmöglichkeiten:<br />

Europa und der ganzen Welt zusammentragen.<br />

Präsidentin: RADOUX-BECK Micky Tel: 49 19 01<br />

Sekretärin: QUINTUS-BRESSANUTTI Rita Tel: 30 74 74<br />

Kassenwart: EILENBECKER Béatrice Tel: 99 85 45<br />

<strong>ALPEIP</strong> a.s.b.l.<br />

Association luxembourgeoise pour les enfants intellectuellement précoces<br />

Seite 2


<strong>ALPEIP</strong> a.s.b.l.<br />

Association luxembourgeoise pour les enfants intellectuellement précoces<br />

Die luxemburgische Vereinigung für hochbegabte Kinder wurde im März 2002 von<br />

betroffenen Eltern gegründet.<br />

Kinder, die nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechen, leiden unter ihrer<br />

Andersartigkeit und laufen Gefahr, ausgegrenzt zu werden.<br />

Abhängig davon, ob auf die schulischen Bedürfnisse der Kinder und ihre Persönlichkeit<br />

eingegangen wird oder nicht, kann diese Ausgrenzung stärker oder schwächer ausfallen.<br />

Die schulische Eingliederung wirkt sich auf die berufliche und soziale Integration aus.<br />

Dies gilt nicht nur, aber vielleicht besonders für Luxemburg, weil hier verschiedene<br />

Sprachen und Kulturen aufeinander treffen.<br />

Schulischer Misserfolg kann nicht nur zu sozialem, sondern auch zu persönlichem<br />

Scheitern, zu Minderwertigkeitsgefühlen oder sogar zu Depressionen führen.<br />

Kinder, die auf andere Weise von der gesellschaftlichen Norm abweichen, werden heute<br />

glücklicherweise akzeptiert und es ist zu Anpassungen im Schulsystem gekommen.<br />

In Absprache mit Lehrern, Behörden und anderen betroffenen Personen setzt sich<br />

unsere Vereinigung speziell im schulischen Bereich für die Integration hochbegabter<br />

Kinder ein, damit diese nicht häufiger unter schulischem Versagen leiden als ihre<br />

Mitschüler.<br />

Wann immer möglich, wird ein schulisches Umfeld in Luxemburg einem Wegzug des<br />

Kindes ins Ausland vorgezogen, der die Familie belastet.<br />

Zahlreiche Länder haben bereits Maßnahmen zur Förderung hochbegabter Kinder<br />

ergriffen. Diese haben folgende Ziele:<br />

1. Früherkennung der Hochbegabung<br />

2. Vorhinderung von Schwierigkeiten<br />

3. Begleitung der Familie während der ganzen Schulzeit<br />

4. Unterstützung bei auftretenden Schwierigkeiten ab der Grundschule<br />

5. Anpassung des Lernrhythmus an die Bedürfnisse der einzelnen Schüler<br />

6. Erarbeitung strukturierter Maßnahmen zur Betreuung der hochbegabten<br />

Kinder, mit deren Hilfe das individuelle Schulniveau berücksichtigt und<br />

verbessert werden kann<br />

7. Schulung von Lehrern und Schulpsychologen<br />

8. Ausarbeitung umfassender Strategien zur Betreuung der Schüler<br />

9. Sensibilisierung der Öffentlichkeit, um einer sozialen Isolierung der<br />

Kinder und ihrer Familien entgegenzuwirken<br />

10. Möglichkeit, eine Klasse zu überspringen<br />

Seite 3


Zweck der luxemburgischen Vereinigung für hochbegabte Kinder:<br />

Unser Hauptanliegen ist es, den hochbegabten Kindern und ihren Eltern zu helfen.<br />

Gleichzeitig wollen wir die Schulbehörden auf die derzeitigen Mängel des<br />

Bildungssystems und die Notwendigkeit der Schulung von Lehrern und Psychologen<br />

aufmerksam machen.<br />

Wir möchten …:<br />

� den Eltern helfen, Hochbegabung zu verstehen und sich weniger allein zu fühlen<br />

� dabei helfen, eine geeignete oder zumindest positiv eingestellte Schule zu finden<br />

� bei der Suche nach einem kompetenten Psychologen helfen<br />

� wenn nötig bei Gesprächen mit Lehrpersonen oder Behörden als Vermittler auftreten<br />

� Ausflüge und Freizeitaktivitäten für die Kinder anbieten<br />

� öffentliche Informationsveranstaltungen organisieren<br />

� die Forschung und Lehrerweiterbildung fördern<br />

� das Umfeld und die Öffentlichkeit sensibilisieren<br />

Inhaltsverzeichnis:<br />

I / Gauss’sche Kurve<br />

II / Erkennungsmerkmale von hochbegabten Kindern oder Kindern mit erhöhtem<br />

Intelligenzquotienten<br />

III / Die Tests<br />

IV / Die Schwierigkeit Intelligenz zu definieren<br />

V / Die Anpassungsunfähigkeit hochbegabter Kinder<br />

VI / Wie kann man ein hochbegabtes Kind am besten unterstützen?<br />

VII / Die Risiken<br />

VIII / Ratschläge für die Kontaktaufnahme mit den Schulpsychologen der Region<br />

Seite 4


I / GAUSS’SCHE KURVE<br />

debil sehr niedrig durchschnittlich hoch sehr extrem<br />

niedrig hoch hoch<br />

Hochbegabung<br />

Ein hochbegabtes Kind ist seinem realen Alter im mentalen Bereich um 2 bis 7 Jahre<br />

voraus.<br />

Seite 5<br />

IQ


II / ERKENNUNGSMERKMALE VON HOCHBEGABTEN KINDERN ODER<br />

KINDERN MIT ERHÖHTEM INTELLIGENZQUOTIENTEN<br />

2.1 / ALLGEMEINE MERKMALE HOCHBEGABTER KINDER<br />

- Entwicklungsvorsprung gegenüber Gleichaltrigen<br />

- Frühzeitiges Sprechen, Lesen und Schreiben<br />

- Außergewöhnliche Entdeckerfreude<br />

- Wissbegierde, die zu ständigem Fragen anregt<br />

- Frühe Auseinandersetzung mit den grundlegenden Aspekten des Lebens, der<br />

Zeit und des Universums<br />

- Starke Sensibilität und ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit<br />

- Viel Fantasie<br />

- Auffallender Kontrast zwischen frühreifem Denkvermögen und manchmal<br />

kleinkindlichem Verhalten<br />

- Abneigung gegen sich wiederholende Abläufe und Aufgaben<br />

- Intensive Begeisterung für eine Materie, jedoch abflauendes Interesse nach<br />

eingehender Auseinandersetzung damit<br />

- Sinn für Humor, der in Depression umschlagen kann, wenn das Kind nicht<br />

verstanden wird<br />

- Langeweile in der Klasse (physiologische Störungen)<br />

- Tendenz, alleine zu arbeiten<br />

- Vorliebe für die Gesellschaft von älteren Kindern oder Erwachsenen<br />

- Bevorzugung von Erwachsenen als Gesprächspartner<br />

- Kritische Einstellung gegenüber anderen<br />

- Schwierigkeit, die daraus resultierende Abschottung und soziale Isolation in<br />

den Griff zu kriegen<br />

- Freude an der Auseinandersetzung mit komplizierten Problemen<br />

- Stundenlanges Herumtrödeln mit den Hausaufgaben auf Grund von<br />

Desinteresse an der Materie<br />

- Mögliche zeitweilige Launenhaftigkeit<br />

- Ablehnung brutaler, willkürlicher Autorität<br />

- Bedürfnis, die Richtigkeit einer Sache nachzuvollziehen<br />

Ein begabtes Kind muss weder ein glückliches Kind noch ein guter Schüler sein.<br />

2.2 / WICHTIGE MERKMALE<br />

- Eine sehr große intellektuelle Neugier, die dem starken Bedürfnis entspricht,<br />

den Verstand zu fordern<br />

- Frustration im Umgang mit Gleichaltrigen, die zu starkem Individualismus und<br />

tiefer Einsamkeit führt<br />

Einige hochbegabte Kinder zeigen Verhaltens- oder Persönlichkeitsstörungen sowie<br />

schwere Lernstörungen, die schulisches Versagen zur Folge haben können.<br />

Das außergewöhnliche Potenzial dieser Kinder als auch die Mängel und<br />

Unzulänglichkeiten, die schließlich zum schulischen Versagen beitragen, können<br />

gleichzeitig auftreten. Die Vorurteile gegenüber Kindern mit schulischen Problemen<br />

sollten folglich überdacht werden. Dies gilt insbesondere bei hochbegabten Kindern.<br />

Seite 6


III / DIE TESTS:<br />

- IQ-Tests (Intelligenzquotient)<br />

IQ-Tests sind nur eine Möglichkeit, das Niveau der intellektuellen<br />

Entwicklung im Vergleich zu den entsprechenden Werten der Gleichaltrigen<br />

zu messen, d.h. die Asynchronie (bei Hochbegabung), die Heterochronie (bei<br />

Debilität) oder die Normalität.<br />

- EQ-Tests (emotionaler Quotient)<br />

EQ-Tests messen den Umgang mit der Emotionalität, der in den IQ-Tests nicht<br />

berücksichtigt wird.<br />

Neben dem Standford-Binet- und dem Terman-Merill-Test werden heute vor allem die<br />

von WECHSLER entwickelten Tests angewendet: der HAWIK-Test für 6- bis 16-<br />

Jährige, der HAWIVA-Test für 2- bis 6-Jährige und der HAWIE-Test für Erwachsene.<br />

Kinder mit einem Testergebnis von über 125 Punkten werden als hochbegabt eingestuft,<br />

allerdings ist dabei zu beachten, dass dieser Mittelwert je nach Einstellung und<br />

psychischer Verfassung des Kindes 10 bis 20 Punkte höher liegen kann.<br />

Howard Gardner definiert sieben Intelligenztypen:<br />

1. die linguistische Intelligenz<br />

2. die logisch-mathematische Intelligenz<br />

3. die räumliche Intelligenz<br />

4. die musikalische Intelligenz<br />

5. die körperlich-kinästhetische Intelligenz<br />

6. die zwischenmenschliche Intelligenz<br />

7. die persönliche Intelligenz.<br />

Das Verhältnis zwischen IQ und EQ<br />

Der IQ erlaubt unabhängig von jeglicher Definition von Intelligenz die Beschreibung<br />

eines wichtigen Teils der Persönlichkeit.<br />

Der EQ ermöglicht es, alles unter einem gemeinsamen Nenner zusammenzufassen, was<br />

das Gefühlsleben einer Person betrifft.<br />

Seite 7


IV / DIE SCHWIERIGKEIT INTELLIGENZ ZU DEFINIEREN:<br />

4.1 / Blaise Pascal (1623-1662)<br />

Seiner Meinung nach gibt es zwei Arten von Geist:<br />

- Der „gerechte Geist“ repräsentiert die Kraft und die Aufrichtigkeit des Geistes. Er<br />

versucht, die Konsequenzen von Grundsätzen innert kürzester Zeit und im Detail zu<br />

erfassen;<br />

- Der „geometrische Geist“ repräsentiert die Dimensionen des Geistes. Er versucht, eine<br />

große Anzahl von Grundsätzen zu verstehen ohne diese zu verwechseln.<br />

Grundsätzlich kann der eine durchaus ohne den anderen existieren. Daher die<br />

Schwierigkeit, eine einheitliche Definition der Intelligenz zu finden.<br />

4.2 / Kasimierz Dabrowski (1902-1980)<br />

Der polnische Psychiater und Psychologe beschreibt Hochbegabung nicht nur als eine<br />

intellektuelle Fähigkeit außerhalb der Norm. Seiner Ansicht nach stellt diese Fähigkeit<br />

lediglich einen Teil der Hochbegabung dar.<br />

Die Voraussetzung für die Entwicklung einer Hochbegabung sind seiner Meinung nach<br />

verschiedene „Overexcitabilities“ (hohe Sensibilität der Sinne). Diese zeigen sich schon<br />

bei Kleinkindern und sind somit angeboren.<br />

Dabrowski unterscheidet fünf verschiedene Typen von „Hochbegabung“:<br />

- psychomotorisch<br />

- sensorisch<br />

- intellektuell<br />

- imaginär<br />

- emotional.<br />

4.2.1 / Die psychomotorische Hochbegabung<br />

Sie kann sich in reduziertem Schlafbedürfnis, schnellem Sprechen, einer Vorliebe für<br />

schnelle Sportarten und Handlungsdruck äußern.<br />

Weitere Anzeichen sind Begeisterungsfähigkeit, Hang zum Herumalbern, zwanghaftes<br />

Reden, Impulsivität, das Bedürfnis zu organisieren und sich mit anderen zu messen.<br />

Diese Eigenschaften sind jedoch nicht mit Hyperaktivität zu verwechseln.<br />

4.2.2 / Die sensorische Hochbegabung<br />

Sie manifestiert sich oft durch Unverträglichkeit von bestimmten Nahrungsmitteln,<br />

Gerüchen oder Geräuschen. Hochbegabte Kinder zeigen ein besonderes Interesse an<br />

allem, was schön (Gegenstände, Schreibstile etc.) und wohlschmeckend ist, mit einem<br />

Hang zum Exzentrischen.<br />

4.2.3 / Die intellektuelle Hochbegabung<br />

Sie äußert sich beim Kind ab dem ersten Altersjahr durch ständiges und beharrliches<br />

Fragen. Das Kind gibt sich erst zufrieden, wenn es eine ihm logisch und akzeptabel<br />

erscheinende Antwort erhält.<br />

Seite 8


Ab dem vierten bis fünften Altersjahr entwickelt das Kind einen enormen Wissensdurst.<br />

Es liest mit Begeisterung, liebt die detaillierte Planung von Handlungsabläufen und<br />

Ereignissen. Es macht sich Gedanken über den Sinn des Lebens und beschäftigt sich mit<br />

moralischen und ethischen Fragen. Dies ist eine Fähigkeit, über die ein normal begabtes<br />

Kind noch nicht verfügt.<br />

4.2.4 / Die imaginäre Hochbegabung<br />

Das Kind ist sehr kreativ und hat einen ausgeprägten Sinn für Humor, der manchmal fast<br />

bizarr erscheint. Es ist anfällig für Alpträume, und seine Träume sind in Farbe und sehr<br />

komplex.<br />

Es hat eine ausgeprägte Angst vor dem Unbekannten, da seine Vorstellungskraft dazu<br />

führt, dass Realität und Fiktion nicht miteinander in Einklang gebracht werden können.<br />

4.2.5 / Die emotionale Hochbegabung<br />

Dies ist wahrscheinlich die wichtigste der fünf Hochbegabungen.<br />

Sie drückt sich dadurch aus, dass das Kind emotionale Bindungen zu Tieren aufbaut und<br />

sehr starke Sympathie oder Antipathie gegenüber Menschen oder Dingen empfindet.<br />

4.3 / Françoise Dolto (1908-1989)<br />

Die Psychoanalytikerin und Mutter ist der Ansicht, dass es für einen Erwachsenen<br />

schwierig ist, ein Kind als eine ihm ebenbürtige Person zu akzeptieren.<br />

Nur durch die Emotionalität erhält die menschliche Intelligenz überhaupt einen Sinn.<br />

Intelligenz alleine existiert nicht. Erst durch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren<br />

kann sich eine Persönlichkeit mit all ihren Facetten entwickeln.<br />

Seite 9


V / DIE ANPASSUNGSUNFÄHIGKEIT HOCHBEGABTER KINDER:<br />

Unter dieser Anpassungsunfähigkeit, die von M.J.CH. Terrassier<br />

ASYNCHRONIE-SYNDROM genannt wurde, versteht man eine heterogene<br />

Entwicklung beim hochbegabten Kind.<br />

Man unterscheidet dabei:<br />

- Internale Asynchronie:<br />

• Die Diskrepanz zwischen intellektueller und emotionaler Entwicklung:<br />

Seine scharfsinnige Intelligenz verschafft dem Kind Wissen, welches<br />

Ängstlichkeit oder Angstzustände hervorruft. Der Grund dafür ist, dass<br />

die verhältnismäßig unreife emotionale Entwicklung des Kindes keine<br />

ökonomische Verarbeitung des Wissens erlaubt.<br />

• Die Diskrepanz zwischen der intellektuellen Entwicklung und der<br />

psychomotorischen Entwicklung führt oftmals zu psychomotorischen<br />

Schwierigkeiten – besonders beim Schreiben.<br />

• Die Diskrepanz zwischen verschiedenen Bereichen der intellektuellen<br />

Entwicklung: Tests, in denen es darum geht, Schlussfolgerungen zu<br />

ziehen und Logik anzuwenden, werden grundsätzlich besser gelöst als<br />

Tests, in denen es um Allgemeinwissen, Wortschatz und Mathematik<br />

geht. Dies ist ein Beweis dafür, welch negative Rolle das Umfeld des<br />

Kindes bei der Wissensbereicherung spielt, denn es erlaubt dem<br />

hochbegabten Kind nicht, sein Wissen in dem Ausmaß zu bereichern, wie<br />

es seinen Fähigkeiten entspräche.<br />

• Die Diskrepanz zwischen der intellektuellen und emotionalen<br />

Entwicklung hat zur Folge, dass das hochbegabte Kind in diesen beiden<br />

Entwicklungsbereichen keine Erfüllung beim Umgang mit anderen<br />

erfährt.<br />

- Externale Asynchronie:<br />

• Im Hinblick auf die Schule ist zu beachten, dass ein hochbegabtes Kind<br />

über eine schnellere geistige Entwicklung verfügt als seine<br />

Klassenkameraden. Es lässt sich oft ablenken, weil es sich langweilt, und<br />

konzentriert sich nur auf schwierige Aufgaben. Es ist deshalb möglich,<br />

dass das Kind eine komplexe Aufgabe erfolgreich bewältigt, aber bei der<br />

Lösung einer leichteren Aufgabe versagt.<br />

• Eltern haben oft Schwierigkeiten, mit dem Kind ein Gespräch zu führen,<br />

welches sowohl seinem hohen intellektuellen und kognitiven Niveau als<br />

auch seinem gefühlsmäßigen Entwicklungsstand, welcher dem<br />

tatsächlichen Alter des Kindes entspricht, gerecht wird.<br />

• Im Hinblick auf andere Kinder ist zu beachten, dass oft eine Mauer des<br />

Unverständnisses besteht zwischen dem hochbegabten Kind und<br />

Gleichaltrigen, die der gesellschaftlichen Norm entsprechen. In der Folge<br />

wertet sich das hochbegabte Kind selbst ab, weil es von gleichaltrigen<br />

Kindern trotz seiner verzweifelten Versuche nicht akzeptiert wird.<br />

Manche hochbegabte Kinder verleugnen sogar ihre Fähigkeiten, um sich<br />

dieser Norm anzupassen.<br />

- Der negative Pygmalion-Effekt (M.J.Ch. Terrassier)<br />

• Ein Kind, dessen Hochbegabung nicht erkannt wird, hat oftmals Mühe,<br />

die Erwartungen von Lehrern, Eltern und Kameraden zu erfüllen. Da das<br />

Kind sich seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten nicht bewusst ist, stützt<br />

es sich auf das Bild, das ihm von seinem Umfeld vorgegeben wird. Es<br />

Seite 10


verleugnet seine Fähigkeiten in einem Versuch, sich „normal“ zu<br />

verhalten.<br />

- Die paradoxe Anpassungsunfähigkeit hochbegabter Kinder (J. Piaget)<br />

• Assimilation = Fähigkeit des Einzelnen, mit seinem Umfeld zu<br />

interagieren<br />

• Akkommodation = Druck des Umfelds auf den Einzelnen<br />

VI / WIE KANN MAN EIN HOCHBEGABTES KIND AM BESTEN<br />

UNTERSTÜTZEN?<br />

1. Eine frühzeitige Erkennung der Hochbegabung kann psychischen Störungen<br />

und schulischem Versagen vorbeugen.<br />

2. Ältere Kinder erhalten durch das Erkennen der Hochbegabung die<br />

Gewissheit, dass sie nicht unheilbar krank sind.<br />

3. Das Verstehen und Akzeptieren der Andersartigkeit hilft, den seelischen<br />

Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden.<br />

4. Aufmerksamkeit für die Probleme des Kindes ist oberstes Gebot.<br />

5. Fragen zu den unterschiedlichsten Themen sollten offen und ehrlich<br />

beantwortet werden.<br />

6. Intellektuelle Fähigkeiten und Kreativität sollen gefördert werden. Die große<br />

Neugier des Kindes soll gestillt werden, und das Kind soll eigene<br />

Lernstrategien entwickeln.<br />

7. Das Überspringen von einer oder zwei Klassen in der Grundschule verringert<br />

den Vorsprung des Kindes, löst aber das eigentliche Problem nicht. Es ist nur<br />

eine Notlösung in einem unflexiblen Schulsystem.<br />

8. Das Kind sollte in seinem eigenen Tempo lernen dürfen und nicht einem<br />

vorgegebenen Rhythmus unterworfen werden, der ihm nicht entspricht.<br />

9. Die Bildung von speziellen Klassen für Hochbegabte hilft, schulischem<br />

Versagen entgegenzuwirken.<br />

Klassen für Hochbegabte haben zum Ziel:<br />

- das Kind aus seiner sozialen Isolation zu holen<br />

- das psychische Gleichgewicht des Kindes zu stärken<br />

- den Unterricht zu bereichern und zu vertiefen sowie das Lerntempo zu<br />

beschleunigen<br />

- die Lernbereitschaft des Kindes zu fördern<br />

- das bewusste Denken des hochbegabten Kindes zu fördern, das allzu oft<br />

intuitiv handelt<br />

- die Eingliederung ins normale Schulsystem der Oberstufe oder in die<br />

Universität zu erleichtern.<br />

Die Ratschläge, die man der heutigen Fachliteratur entnehmen kann, sind oft<br />

nicht auf die individuellen Bedürfnisse des einzelnen Kindes zugeschnitten.<br />

Seite 11


Durch das zu strenge Befolgen der Ratschläge presst man das betroffene Kind<br />

erneut in ein Schema, das ihm nicht entspricht.<br />

„Man spricht viel über das hochbegabte Kind, doch mit ihm spricht man nicht.“<br />

Françoise Dolto<br />

VII / DIE RISIKEN:<br />

Bleibt die besondere Begabung des Kindes unbemerkt oder wird eine falsche<br />

Diagnose gestellt, macht sich das hochbegabte Kind ein falsches Bild von sich<br />

selbst. Mögliche Folgen sind.<br />

- Abnahme des IQ aufgrund psychischer Faktoren<br />

- Selbstverstümmelung infolge des Leidens<br />

- Schuldgefühle aufgrund absichtlichen Versagens, weil das Kind den anderen<br />

gleichen möchte<br />

- „Underachievement“<br />

- erhöhte Verletzlichkeit aufgrund des hohen IQ<br />

- soziale Abgrenzung<br />

- affektive Instabilität<br />

Eine Häufung dieser Faktoren kann zu einer verzerrten Selbstwahrnehmung und<br />

zu Kommunikationsschwierigkeiten führen.<br />

Spätfolgen, für die häufig keine Erklärung gefunden wird:<br />

Ein Kind, dessen Hochbegabung während der Grundschulzeit nicht erkannt<br />

wurde, wird in der ersten Zeit dank seines intellektuellen Potenzials schulisch gut<br />

über die Runden kommen, ohne aber je den Unterschied zwischen Lernen und<br />

Verstehen zu begreifen.<br />

Auf der Mittel- und Oberstufe jedoch treten die durch Unstrukturiertheit,<br />

mangelnden Arbeitswillen und fehlende Methodik und Motivation entstandenen<br />

Lücken deutlich zum Vorschein. Dadurch hat das hochbegabte Kind mit<br />

schweren Nachteilen zu kämpfen, die zu unvorhergesehenem schulischem<br />

Versagen führen können. Der Grund dieses Versagens könnte in der Folge auf<br />

eine für dieses Alter typische Pubertätskrise zurückgeführt werden. Das Problem<br />

bleibt somit unerkannt und kann sich verschlimmern.<br />

Das gesteigerte psychische Unwohlsein des Kindes führt zu völligem Versagen<br />

und Außenseitertum.<br />

Des Weiteren reagiert das familiäre und/oder schulische Umfeld des Kindes mit<br />

einem unbewussten Fehlverhalten, da der Ursprung des Problems nicht erkannt<br />

oder falsch wahrgenommen wird. Bei Beurteilungsgesprächen wird dann oft<br />

empfohlen, das Kind in seinem Jahrgang zu belassen anstatt eine vorzeitige<br />

Seite 12


Versetzung in Erwägung zu ziehen. Die in diesen Momenten häufig erwähnte<br />

Unreife des Kindes ist eine Folge der Hochbegabung und nicht der Grund des<br />

schulischen Versagens. Das Eingreifen der Eltern bei solchen Gesprächen ist von<br />

zentraler Bedeutung.<br />

Leistungsschwäche eines Kindes kommt durch mangelnde Aufnahmefähigkeit<br />

zum Ausdruck und wird meist rasch erkannt. Eine Hochbegabung jedoch kann<br />

während der ganzen Grundschulzeit unerkannt bleiben, da auf dieser Stufe vom<br />

Kind nur die Aufnahme des vermittelten Stoffes erwartet wird, was aber weit<br />

unter seinen Möglichkeiten liegt. Auf der Mittelstufe werden dann die durch<br />

fehlende Methodik und Motivation entstandenen Lücken rasch zu einem<br />

Handicap, das schulisches Versagen und Ausgrenzung zur Folge haben kann.<br />

VIII / Ratschläge für die Kontaktaufnahme mit den Schulpsychologen der<br />

Region<br />

Glücklicherweiser erhalten wir immer weniger Anrufe von Eltern, die bei der<br />

Kontaktaufnahme mit dem psychologischen Dienst für Kinder im Primarschulalter auf<br />

Probleme stoßen.<br />

Wir raten den betroffenen Eltern, die Probleme des Kindes genau zu schildern und nur<br />

einen Intelligenztest zu verlangen, um festzustellen, ob die Probleme des betroffenen<br />

Kindes von einer möglichen Hochbegabung herrühren oder einen anderen Grund haben.<br />

Die Betreuung des Kindes durch den schulpsychologischen Dienst, die Zusammenarbeit<br />

zwischen Eltern und Schule und vielleicht sogar eine Psychotherapie werden dann in<br />

Betracht gezogen.<br />

Wenn man nämlich gleich zu Beginn und ohne jegliche Erklärung die Durchführung<br />

eines IQ-Tests verlangt, erweckt dies bei manchen Psychologen den Eindruck, dass<br />

dieser Test nur zur Befriedigung der elterlichen Neugier diene. Folglich fühlen sie sich<br />

missbraucht und lehnen eine weitere Zusammenarbeit ab.<br />

Damit solche Situationen vermieden werden können, raten wir den Eltern eindringlich,<br />

gegenüber dem zuständigen Psychologen von Anfang an klarzustellen, dass die<br />

Gespräche zum Ziel haben, schulische und/oder familiäre Probleme zu lösen.<br />

Ein IQ-Test ist unerlässlich für die Diagnose einer Hochbegabung und für die<br />

Festlegung der Behandlungsmethoden.<br />

Wenn nun der Psychologe nach seiner Begutachtung findet, dass die Durchführung eines<br />

IQ-Tests nicht notwendig oder sogar gefährlich für die Gesundheit des Kindes sei, hat er<br />

selbstverständlich das Recht, den Test zu verweigern. In einem solchen Fall ist dies den<br />

betroffenen Eltern gegenüber zu begründen, und die Betreuung durch den zuständigen<br />

psychologischen Dienst muss trotzdem erfolgen.<br />

Die Psychologen der SGE sind es sich schuldig, ihre Patienten von ihrem Fachwissen<br />

profitieren zu lassen, um mögliche psychologische Leiden zu vermindern.<br />

Außerdem sind sie verpflichtet mit anderen Fachleuten zusammenzuarbeiten, falls sie es<br />

als notwendig für das Wohlergehen ihrer kleinen Patienten erachten oder falls dies<br />

explizit von Eltern oder Vormund verlangt wird.<br />

Seite 13

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