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Lex Laufexperten Magazin 2020

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VIREN & LAUFEN

„Gut“, sagte ich, „sehr gut.“

„Jetzt kannst du endlich mitmachen.“

„Ja“, sagte ich, „stimmt“, ich war noch nicht ganz

wach, deshalb hielt sich meine Euphorie in Grenzen.

Ein paar Tage später aber meldete ich mich endlich

an, und bald darauf erhielt ich meine Startnummer:

2026. Alte Schulfreunde aus Mannheim, Bremen und

Hamburg verkündeten, dass sie jetzt auch dabei seien,

und mein ehemaliger Geschichtslehrer schickte

mir einen Artikel aus dem lokalen Sonntagsblatt Der

Wecker, in dem es hieß, dass seine ganze Familie

beim diesjährigen Ossiloop antrete, sogar sein Sohn

auf Bali.

Über die Ossiloop-App appellierte Edzard an alle,

„die Distanzregeln“ einzuhalten. Und dann ging es

los. Für jede Etappe hatte ich mir eine andere Strecke

in Berlin herausgesucht. Ich lief übers Tempelhofer

Feld, um die Rote Insel und den Tiergarten herum,

verirrte mich im Grunewald, durchstreifte den

Volkspark Jungfernheide und rannte auf dem Mauerrundweg

aus der Stadt hinaus. Die Läufe setzten

nicht nur Endorphine frei, sondern auch eine Schreibenergie,

wie ich es lange nicht mehr erlebt hatte.

Alles, was mir zugestoßen war, musste sofort aufgeschrieben

und im Internet veröffentlicht werden: die

Todesängste, die Beinahezusammenstöße mit Hunden,

Kindern, Autos, die Begegnung mit einem

Waschbär im Wald, die dummen Kommentare von

Freunden und halbstarken Jugendlichen, die mich,

als ich erklärte, jetzt „Dörloper“ zu sein, als „Dörr

Opa“ verspotteten.

Das Tolle war, andere machten das auch: posteten

auf Facebook und Instagram Fotos und Geschichten,

und dadurch entstand gerade wegen der

Distanz, eine völlig neue Art von Gemeinschaftserlebnis.

Meine Mutter versorgte mich mit Analogem: den

Artikeln aus der Ostfriesen-Zeitung, und da las ich

zwischen den Etappen von einem Mann, der vor

Kurzem noch im Koma gelegen hatte, und jetzt mit

roten Schuhen auf den Straßen Ostfrieslands unterwegs

war. Von zwei Freunden, die an der Jümme

eine Laufpause einlegten, um ein Lamm vor dem Ertrinken

zu retten. Von einem Brasilienheimkehrer,

der, weil er unter Quarantäne stand, in Heisfelde 120

Mal ums eigene Haus lief. Von Krebspatientinnen

und Hüftgeschädigten. Von ganz alten und ganz jungen

Teilnehmerinnen. Und von einem Pastor, der die

ganze Strecke vom Meer bis nach Leer am Stück zurücklegte,

der einzig wahre Dörloper.

Das virtuelle Laufen brachte die schönsten Geschichten

hervor. Denn Erzählen verbindet. Schafft Identität.

Es ist das wirksamste Mittel gegen Einsamkeit,

Depression und Tod. Jede Etappe war wie ein Kapitel

in einem abenteuerlichen Kollektivroman, Stationen

einer Heldenreise mit Happy End. Alle hatten plötzlich

etwas zu erzählen, was über die nackten Zahlen,

die Zeiten und Platzierungen, hinausging. Die Wertung

war unwichtig geworden, weil jede und jeder

automatisch gewonnen hatte: an Selbstvertrauen,

Glück, Ideen und Zuversicht, sich von Corona nicht

unterkriegen zu lassen.

Jan Brandt läuft seit dem Ossiloop anners jeden Dienstag

und Freitag und dokumentiert seine Alltied-Ossiloop-Erlebnisse

auf Instagram unter dem Namen juan__

fuego. Zuletzt erschien von ihm das Taschenbuch „Ein

Haus auf dem Land/Eine Wohnung in der Stadt“, DuMont

Buchverlag, 448 Seiten, 12 Euro.

Foto: privat

Fiete läuft mit…

Alle Jahre wieder startet der Ossiloop und ich

bin ein großer Fan dieser Veranstaltung.

Alle Jahre wieder stand ich als Zuschauerin,

zum Anfeuern der Teilnehmer, am Straßenrand und

war stets so begeistert, dass ich mir immer wieder

vornahm im nächsten Jahr auf jeden Fall auch mal

wieder zu starten... doch auf die letzten Jahre bezogen,

bin ich aus den unterschiedlichsten Gründen

nie gestartet. So wäre es auch in diesem Jahr wieder

gewesen, wenn es nicht den „Ossiloop anners 2020“

gegeben hätte, von dem ich in der Zeitung las. Hellauf

begeistert von den Bedingungen hatte ich gleich

einen Plan für mich im Kopf, um in diesem Jahr tatsächlich

starten zu können.

Alle Etappen zu joggen kam für mich nicht in Frage.

Also beschloss ich die Strecken mit meinem

Hund Fiete, einem 2-jährigen Tibet-Terrier zu walken,

denn Strecken um +/- 10 km sind für uns beide

keine Seltenheit. Ich meldete mich umgehend an,

bevor wieder etwas dazwischen kommen konnte...

der Plan stand, aber dann kam es doch noch ein wenig

anders... Ich erzählte nämlich meiner Kollegin

und Freundin Rita, die im Gegensatz zu mir, in den

letzten Jahren immer mit ihrem Mann Bernd beim

Ossiloop gestartet war, von meinem Vorhaben und

sie sagte mir ganz spontan ihre Begleitung zu, was

mich sehr freute. Auch Rita plante ihre Hündin

„Yuma“ mit an den Start zu nehmen.

Am Dienstag, den 28. April ging es dann endlich für

uns zwei Zweibeiner und zwei Vierbeiner los. Hochmotiviert

trafen wir uns kurz vor acht zur ersten

Etappe in Nortmoor, um pünktlich um 8 Uhr die Ossiloop-App

zu starten.

Wir liefen unsere „Püntenrunde“ mit Start und Ziel in

Nortmoor, insgesamt kamen wir auf 13,2(!) km. Mit

der Ossiloop-App mussten wir uns erst einmal „anfreunden“,

aber im Verlauf zeigte sie auch bei uns

zuverlässig alle entscheidenen Daten an... Gott sei

Dank gab es ja auch noch Ritas Laufuhr zum Abgleich.

Nach der ersten Etappe hatten wir dann die Idee, die

nächste Etappe zu joggen – nur soweit ich konnte versteht

sich! Erst einmal gestartet, packte mich dann

der Ehrgeiz und wir joggten (für mich kaum zu glauben)

die gesamte 2. Etappe von Holtland zum „Gut

Stikelkamp“. Auch bei der 3. Etappe lief joggend alles

ohne Probleme ab. Nach der Mühlen-Etappe, auf der

wir auch viele andere nette Läufer*innen trafen und

wir z.T. auch von Zuschauern – auf Abstand versteht

sich – angefeuert wurden, beendeten wir dann das

Joggen und nahmen zur Freude unserer Hunde für

die beiden letzten Etappen das Walken wieder auf.

Glücklich und zufrieden beendeten wir dann den Ossiloop

anners in Meerhausen mit einem Becher Sekt.

Der „Ossiloop anners 2020“ war für mich in vielerlei

Hinsicht ein sehr schönes Erlebnis. Durch die Mischung

unserer Laufstile habe ich für mich einen sehr

guten Wiedereinstieg in den Ossiloop gefunden, außerdem

habe ich festgestellt, dass doch ein wenig

mehr ging als vorher gedacht, was auch meine Motivation

für 2021 stärkt. Mit den Hunden zu laufen

machte auch sehr großen Spaß. Schön zu wissen, dass

es auch im nächsten Jahr eine Alternative zum

„Hauptlauf“ geben soll. Dann heißt es für mich hoffentlich

wieder :„ Alle Jahre wieder startet der Ossiloop

und ich bin mit dabei !“

Ein Bericht von Heike Meinhold.

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