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SPIRITUALITÄT - KLJB

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SICH SELBST BE-SUCHEn<br />

Durch eine persönliche Lebenskrise hat der Theologe Pierre Stutz (56)<br />

im Alter von 38 Jahren seinen Weg zum mystischen Lebensstil ge funden.<br />

Er meint: Gott ist in jeder und jedem von uns Mensch geworden<br />

Wer hilft dir, dass du dich nicht von dir entfernst?“,<br />

singt Herbert Grönemeyer in seinem Lied „Zum<br />

Meer“ auf seiner wunderbaren CD „Mensch“.<br />

„Heute besuche ich mich. Mal schauen, ob ich zu Hause bin!“,<br />

sagt der Münchner Karl Valentin.<br />

Diese beiden Sätze bringe ich ohne Zögern in Verbindung<br />

mit einer mystischen Lebensgestaltung, ohne jemanden vereinnahmen<br />

zu wollen. Ich selbst bin nicht aus Neugierde oder<br />

Begeisterung auf meine mystischen Wurzeln gestoßen, sondern<br />

durch eine innere Notwendigkeit. Mit 38 Jahren ist alles,<br />

was ich mir vor allem vom Willen her aufgebaut habe, wie<br />

ein Kartenhaus in sich zusammengefallen: Burn-out! In diesen<br />

dunkelsten Stunden meines Lebens bin ich mystischen Texten<br />

begegnet, die mir bis heute eine große Lebenshilfe sind.<br />

Zu lange habe ich vom Liebesappell Jesu<br />

„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ nur<br />

den ersten Teil gehört. Diese Einseitigkeit hat<br />

mich krank gemacht. Darum erlebe ich die<br />

Worte der temperamentvollen spanischen<br />

Mystikerin Teresa von Ávila (1515-1582)<br />

„Gotteserkenntnis ist ohne Selbsterkenntnis<br />

nicht möglich“ als große Befreiung. Christliche<br />

Mystikerinnen und Mystiker betonen zu Recht,<br />

dass Gott nicht nur in Bethlehem Mensch geworden ist, sondern<br />

auch in jeder und jedem von uns. Mach es wie Gott,<br />

werde Mensch! Der Trappistenmönch und Mystiker Thomas<br />

Merton (1915-1968) bringt es auf den Punkt: „Heilig werden<br />

heißt sich selber werden.“ Es bedeutet nicht, um sich selbst<br />

zu kreisen, sondern die von Gott geschenkten Talente zum<br />

eigenen Wohlbefinden und zum Wohl der Gemeinschaft zu<br />

entfalten. Mystische Menschen ermutigen mich, mein Leben in<br />

die Hand zu nehmen, wohl ahnend, dass es in Händen Gottes<br />

gut aufgehoben ist.<br />

Seit 18 Jahren schreibe ich nun Bücher und gestalte Kurse,<br />

um Jung und Alt zu einer Mystik im Alltag zu ermutigen. Am<br />

besten kann ich Mystik mit einer Szene aus dem Film „Billy<br />

Elliot“ umschreiben. Billy, ein elfjähriger Junge, kämpft sich<br />

durch’s Leben, weil er spürt, dass er zum Tanzen geboren ist.<br />

Er meldet sich beim Royal Ballet in London an. Als er bei der<br />

Prüfung gefragt wird, was er beim Tanzen fühle, sagt er: „Im<br />

Anfang fühle ich mich noch ganz steif. Dann tanze ich und es<br />

tanzt. Ich vergesse mich und es ist, wie wenn Elektrizität durch<br />

mich gehen würde. Dann bin ich voll da und ganz weg.“ Wir<br />

kennen alle Erfahrungen, in denen wir im Innersten tief<br />

an gerührt sind. Gotteserfahrungen, die uns verwurzeln und<br />

be flügeln.<br />

WEITERE INFOS: WWW.PIERRESTUTZ.CH<br />

Pierre Stutz<br />

Theologe, spiritueller<br />

Begleiter und Autor aus<br />

Lausanne, Schweiz<br />

pierrestutz@bluewin.ch<br />

HEUTE BESUCHE ICH MICH.<br />

MAL SCHAUEn,<br />

OB ICH zU HAUSE BIn!<br />

Karl Valentin<br />

BUFO 4.2009<br />

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