10.11.2020 Aufrufe

Empfehlungskatalog der Buchhandlung WortReich 2020

Auch in diesem Jahr haben wir für Sie wieder nach besonderen Büchern und Spielen geschaut und präsentieren Ihnen hier unsere Auswahl. Viel Spaß beim Stöbern!

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Es gibt mehr Schätze in Büchern als Piratenbeute auf <strong>der</strong><br />

Schatzinsel … und das Beste ist, du kannst diesen<br />

Reichtum jeden Tag deines Lebens genießen.<br />

Walt Disney<br />

2


Liebe Kundinnen und Kunden,<br />

ein turbulentes, anstrengendes und mitunter heftiges Jahr liegt fast hinter uns. Wer hätte noch<br />

im Januar erahnen können, was da auf uns zukommen wird? Wir wurden durchgeschüttelt und<br />

viele von uns haben Beulen und Schrammen davongetragen. Für uns im <strong>WortReich</strong> waren die<br />

Ereignisse des zurückliegenden Jahres wie eine Achterbahnfahrt. Wir hatten mitunter große<br />

Angst und viele Sorgen haben uns in <strong>der</strong> ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Nacht um den Schlaf gebracht. Wir haben<br />

aber auch gelernt, dass es manchmal ganz an<strong>der</strong>s kommt als man denkt. Sie, liebe Kund*innen,<br />

haben uns in den Zeiten <strong>der</strong> Unsicherheit auf allen Kanälen angefunkt, haben Bücher, Spiele,<br />

Puzzles, Tonies und Hörbücher bestellt. Sie haben dafür gesorgt, dass wir weiterhin Arbeit hatten<br />

und weiterhin dem nachgehen konnten, was wir so lieben. Wir konnten Bestellungen<br />

entgegennehmen, beraten, einpacken und Sie alle weiterhin mit Literatur und Zeitvertreib<br />

versorgen - auch bei geschlossenen Türen. Es ist ein schönes Gefühl, Teil einer Gemeinschaft<br />

zu sein und zu spüren, dass man einan<strong>der</strong> braucht. Unser großer Dank gilt all denen, die uns<br />

unterstützt haben. Dazu zählen Sie, liebe Kund*innen, aber auch die Mitarbeiter*innen <strong>der</strong><br />

Sebastianus-Apotheke in Königsdorf und des Reformhaus Heift in Horrem und vor allen Dingen<br />

all die unglaublich tollen Menschen, die beim Ausliefern mit angepackt haben. In die Zeiten <strong>der</strong><br />

3


Schließung fiel auch unser zehnjähriges Jubiläum in Horrem und das fünfjährige in Königsdorf. Wir<br />

versprechen Ihnen hiermit:<br />

All das holen wir nach! Wenn wir wie<strong>der</strong> dürfen, wird groß gefeiert. Solange sollten wir uns alle<br />

an tollen Geschichten erfreuen und so oft es geht in an<strong>der</strong>e Welten und Leben abtauchen.<br />

Bücher helfen uns mitunter dabei, das Leben zu ertragen. Den meisten von uns tut ein wenig<br />

Leichtigkeit gut. Wir haben dafür ein paar Bücher für Sie herausgesucht, die wir Ihnen gerne<br />

vorstellen möchten. Wir danken an dieser Stelle allen Autor*innen, Übersetzer*innen und<br />

Verlagsmitarbeiter*innen , die dafür sorgen, dass wir immer genügend tröstende, wärmende,<br />

spannende, unterhaltsame und informative Geschichten um uns herum haben, die uns mit auf<br />

die Reise nehmen.<br />

Ihnen allen wünschen wir Zuversicht, Geduld, Gesundheit und Leichtigkeit. Geben Sie gut auf<br />

sich Acht und seien Sie nett zueinan<strong>der</strong>.<br />

Herzlichst, Ihr <strong>WortReich</strong>-Team<br />

4


5


6


Das Lieblingsbuch <strong>der</strong> Unabhängigen<br />

Seit dem Jahr 2013 gibt es die Woche <strong>der</strong> unabhängigen <strong>Buchhandlung</strong>en WUB. In diesem Zeitraum zeigen<br />

sich die teilnehmenden <strong>Buchhandlung</strong>en von ihren schönsten Seiten. Es gibt viele Veranstaltungen und<br />

beson<strong>der</strong>e Aktionen, die in diesem Jahr aus den bekannten Gründen größtenteils im Internet stattfanden.<br />

Fester Bestandteil <strong>der</strong> Aktionswoche ist mittlerweile die Wahl des Lieblingsbuches <strong>der</strong> unabhängigen<br />

Buchhändler*innen. Alle im Buchhandel arbeitenden Menschen sind eingeladen, Ihren Favoriten ins<br />

Rennen zu schicken und bei den anschließenden beiden Abstimmungen wird dann <strong>der</strong> Siegertitel gewählt.<br />

In den letzten Jahren waren es Bücher wie Altes Land von Dörte Hansen, Vom Ende <strong>der</strong> Einsamkeit von<br />

Benjamin Wells, Was man von hier aus sehen kann von Mariana Leky und im letzten Jahr Der Gesang <strong>der</strong><br />

Flusskrebse von Delia Owens, die für große Liebe und Begeisterung bei den Buchhändler*innen gesorgt haben.<br />

In diesem Jahr wurde Offene See von Benjamin Myers zum Lieblingsbuch gewählt. Der britische Autor<br />

erzählt darin eine Geschichte, die berührt, unterhält und guttut. Im Jahr 1946 verlässt <strong>der</strong> 16jährige Robert die<br />

Schule in dem Wissen, dass seine Zukunft schon vorgezeichnet ist. Wie sein Vater und alle an<strong>der</strong>en männlichen<br />

Familienmitglie<strong>der</strong> wird er im Bergwerk schuften. Um vorher noch etwas vom Königreich An<strong>der</strong>swo zu<br />

entdecken, begibt er sich auf die Reise durch England. An <strong>der</strong> Küste von Yorkshire trifft er dann zunächst auf<br />

einen Deutschen Schäferhund und dann auf die Besitzerin Dulcie. Die ältere, alleinstehende Dame lädt ihn<br />

zum Tee ein und aus dem kurzen Besuch wird ein längerer Aufenthalt, <strong>der</strong> beide Leben für immer verän<strong>der</strong>n<br />

wird. Benjamin Myers erzählt anrührend von den Kerben, die das Schicksal manchmal in unsere Seelen schlägt<br />

und wie es uns Menschen gelingt, damit zu leben. Ein sanftes und wohltuendes Buch.<br />

D.W.<br />

7


8<br />

Kiepenheuer&Witsch<br />

24,- €


Unsichtbar verbunden<br />

Thomas Hettche hat mit Herzfaden ein Stück deutscher Geschichte geschickt mit persönlichen Geschichten<br />

und nostalgischen Kindheitserinnerungen verwoben. Es geht um Krieg, Flucht und Vertreibung, aber auch<br />

um Hoffnung, Freundschaft und die Macht <strong>der</strong> Kunst.<br />

Ein zwölfjähriges Mädchen entdeckt nach einer Vorstellung <strong>der</strong> Augsburger Puppenkiste im Foyer des<br />

Theaters eine kleine Holztür, öffnet sie und gerät in eine Zwischenwelt. Auf Puppengröße geschrumpft<br />

begegnet sie auf einem dunklen Dachboden Jim Knopf, Urmel, <strong>der</strong> Prinzessin Li Si, dem kleinen Prinzen und<br />

den an<strong>der</strong>en Marionetten. Vor allem aber trifft sie dort Hatü, die Frau, die einst mit ihrem Vater all diese<br />

Figuren geschnitzt hat und die ihr eine Geschichte zu erzählen beginnt: die Geschichte dieses einmaligen<br />

Theaters und <strong>der</strong> Familie, die es gegründet hat. Sie beginnt im zweiten Weltkrieg, als Walter Oehmichen,<br />

ein Schauspieler des Augsburger Stadt-Theaters und Hatüs (eigentlich Hannelore) Vater, im Lazarett einen<br />

Puppenschnitzer kennenlernt. Wie<strong>der</strong> zuhause baut er ein kleines Marionettentheater um seine beiden<br />

Töchter in dieser schlimmen Kriegszeit aufzumuntern und zu beschäftigen. Daraus entsteht nach dem<br />

Krieg, gefüttert von <strong>der</strong> Energie und <strong>der</strong> Aufbruchsstimmung <strong>der</strong> jungen Generation die so erfolgreiche<br />

und die Kulturlandschaft <strong>der</strong> jungen Bundesrepublik mitprägende Augsburger Puppenkiste.<br />

Der titelgebende Herzfaden sei übrigens, erklärt Walter Oehmichen seinen Töchtern, <strong>der</strong> unsichtbare<br />

Faden, <strong>der</strong> die Marionette mit den Herzen <strong>der</strong> Zuschauer verbindet. Das gilt auch für Bücher und beson<strong>der</strong>s<br />

für dieses. Nicht umsonst stand Herzfaden auf <strong>der</strong> Nominierungsliste für den diesjährigen Deutschen<br />

Buchpreis.<br />

M.S.<br />

9


10<br />

Kunstmann 22,-<br />


Die Sache mit <strong>der</strong> Kunst<br />

Ist das Kunst, o<strong>der</strong> kann das weg? Diese Frage stellt man sich in Anbetracht des ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Werkes<br />

ja durchaus mal. Bei Kristoff Magnussons neuem Roman Ein Mann <strong>der</strong> Kunst hingegen kann ich voller<br />

Inbrunst versichern: Das ist ganz große Kunst.<br />

Magnusson erzählt die Geschichte des misanthropischen und zurückgezogen lebenden Künstlers KD Pratz.<br />

Dieser wohnt und arbeitet auf einer Burg im Rheingau und weigert sich seit Jahren beharrlich, <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit Einblick in seinen Arbeitsprozess und sein Privatleben zu geben. Es ranken sich viele Gerüchte<br />

um diesen Mann, die wenigsten davon lassen ihn sympathisch wirken. Davon lässt sich <strong>der</strong> För<strong>der</strong>verein eines<br />

Frankfurter Museums jedoch nicht einschüchtern. Die Mitglie<strong>der</strong> möchten ihren neuen Anbau gerne dem Werk<br />

von KD Pratz widmen, allerdings muss dieser im Gegenzug die Pforten seiner Burg öffnen, um die Gesellschaft<br />

zu empfangen. Angeführt wird die Gruppe von <strong>der</strong> selbstbewussten und kämpferischen Psychotherapeutin<br />

Ingeborg Marx und - eher wi<strong>der</strong>willig - ihrem Sohn Constantin. Zum Ensemble gehören ansonsten alles, was man<br />

sich in solch einem För<strong>der</strong>verein vorstellen kann: Der schmierige Neureiche, ein politisch vollkommen überkorrektes<br />

Pärchen und einige schräge Typen mehr. KD Pratz selber schaut mit Missachtung auf die Menschheit<br />

im Allgemeinen und die Reisegruppe aus Frankfurt im Speziellen. Aus dem Aufeinan<strong>der</strong>prallen dieser<br />

verschiedenen Charaktere und <strong>der</strong>en Blick auf die Welt entspinnt sich ein Roman, <strong>der</strong> Themen wie das<br />

Patriachat, toxische Männlichkeit, Moral, Verantwortung und natürlich auch Kunst nicht nur streift, son<strong>der</strong>n<br />

tief auslotet. Dass die Geschichte in weiten Teilen amüsant, intelligent und gesellschaftlich relevant ist, ist das<br />

größte Verdienst des Autors. Ein herrliches Buch, das Spaß macht und genug Stoff zum Diskutieren bietet.<br />

D.W.<br />

11


12<br />

Diogenes 26,- €


Zwei Buchhändler*innen, eine Empfehlung: Ute Büttner und Philipp Buir<br />

schwärmen von „Der Halbbart“<br />

Philipp Buir: Mit Titeln aus dem Diogenes Verlag ist es manchmal eine eigenartige Sache. Bei keinem an<strong>der</strong>en<br />

Verlag ist man so gezwungen, Bücher nicht nach ihrem Äußeren zu beurteilen. Denn Diogenes gestaltet seine<br />

Bücher seit jeher auf dieselbe Art und Weise: Weißer Einband und weißes Cover mit einem Bild, das von Buch<br />

zu Buch variiert. Will man also wissen, worum es sich bei einem bestimmten Buch handelt, muss man es in<br />

die Hand nehmen und anfangen zu blättern. Ganz oft wird man dann auch mit einem Roman belohnt, <strong>der</strong><br />

einen nicht mehr loslässt. So auch bei Charles Lewinskys neuem Buch Der Halbbart. Denn dieses Buch, das<br />

im Jahre 1313 spielt, ist nicht so wie an<strong>der</strong>e historische Romane; das merkt man direkt auf den ersten Seiten.<br />

Unser Protagonist ist Eusebius, genannt Sebi, <strong>der</strong> mit zwei älteren Brü<strong>der</strong>n in einem Dorf nahe des Klosters<br />

Einsiedeln aufwächst. Um ihre alleinstehende Mutter zu unterstützen, müssen die Jungs viel auf dem Feld<br />

schuften, aber Sebi, <strong>der</strong> nicht für diese harte Arbeit gemacht ist, hängt lieber den eigenen Gedanken nach und<br />

lauscht Geschichten. Eines Tages betritt <strong>der</strong> Halbbart das Dorf, ein älterer Mann, dem die Menschen in <strong>der</strong> Welt<br />

schlimm zugesetzt haben, und <strong>der</strong> dadurch eine Weisheit erlangt hat, die er Sebi nur allzu gern zuteilwerden lässt.<br />

Charles Lewinsky beweist, dass historische Romane auch ohne Langatmigkeit und Schwulst auskommen<br />

und zeichnet ein Bild des tiefsten Mittelalters, das nicht nur authentisch (also grausam) ist, son<strong>der</strong>n auch<br />

unterhaltsam und gespickt mit klugen Einwürfen. Und gerade Sebis Werdegang vom Geschichtenlauscher<br />

zum Geschichtenerzähler ist mir als Leser sehr ans Herz gegangen.<br />

P.B.<br />

13


14<br />

Diogenes 26,- €


Ute Büttner: Wer sich gerne die wildesten Geschichten erzählen lässt und die, in denen <strong>der</strong> Teufel<br />

vorkommt, ganz beson<strong>der</strong>s schätzt, <strong>der</strong> kommt mit Der Halbbart von Charles Lewinsky voll auf seine<br />

Kosten. Der Roman entführt die Leser*innen in ein Schweizer Bergdorf Anfang des vierzehnten<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts. Hier lebt <strong>der</strong> Sebi zusammen mit seinen zwei älteren Brü<strong>der</strong>n und <strong>der</strong> Mutter, als eines Tages<br />

ein Frem<strong>der</strong> in die Gegend kommt und sich am Rand <strong>der</strong> Dorfgemeinschaft nie<strong>der</strong>lässt. Der Sebi ist<br />

brennend an dem Neuankömmling interessiert, <strong>der</strong> Halbbart genannt wird, weil sich sein Gesicht in eine<br />

verbrannte und eine unverbrannte Hälfte teilt. So beginnt dieser Roman, in dessen Folge <strong>der</strong> Leser die<br />

Entwicklung des Sebi durch mehrere Jahre hindurch begleitet, seine Freundschaft zum Halbbart und zum<br />

Kätterli, seine Stationen beim Totengräber, im Kloster, beim Schmied und schließlich als Lehrling beim<br />

Teufels Anneli, die im Winter von Dorf zu Dorf zieht und gegen Kost und Logis die spannendsten Geschichten<br />

vom Teufel und seinen Verführungskünsten erzählt. Gleichzeitig kann <strong>der</strong> Leser die Entwicklung des Dorfes<br />

verfolgen, die Anklage gegen den Halbbart und die anschließende Gerichtsverhandlung. Geschichten<br />

erzählen ist des Sebis größtes Vergnügen und als Lehrling beim Teufels Anneli angenommen worden zu<br />

sein, sein größtes Glück. Das wollen sich die Angreifer auf den Herzog zu Nutze machen und schleppen ihn<br />

als eine Art Chronist mit in den Hinterhalt. Was ihnen <strong>der</strong> Sebi in <strong>der</strong> Annahme, er werde lauthals korrigiert,<br />

im Nachhinein über den Verlauf erzählt, ist maßlos übertrieben und faustdick gelogen, aber den<br />

Beschriebenen gefällt es und wird als Schil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ereignisse so weitererzählt werden.<br />

U.B.<br />

15


S.Fischer 22,- €<br />

16


Von Aufbrüchen, Umbrüchen und Abbrüchen<br />

Sieben Richtige von Volker Jarck erzählt von den kleinen und großen Momenten, die unser Leben - und das<br />

von Menschen, die wir gar nicht kennen - für immer verän<strong>der</strong>n. In einzelnen Episoden erzählt <strong>der</strong> Autor<br />

von Greta, die bei einem schweren Verkehrsunfall lebensgefährlich verletzt wird, von ihren Eltern Roland<br />

und Kathy und <strong>der</strong>en Nachbarn Viktor und Marie. Weiterhin gibt es noch den Möbelpacker Ricardo. Dessen<br />

Tochter Lucia ist Krankenschwester in <strong>der</strong> Klinik, in <strong>der</strong> Greta behandelt wird. Lucias ehemaliger<br />

Schulfreund Tim wurde in Italien gerade von seiner Partnerin Linda verlassen, die nun eine Wohnung sucht.<br />

Denn in ihre bisherige ist inzwischen die Schriftstellerin Eva als Nachmieterin eingezogen, die vor vielen<br />

Jahren mit Viktor zusammen war. Wie ein Reigen fügen sich die Geschichten ineinan<strong>der</strong> und bilden so<br />

irgendwann ein großes Ganzes. Volker Jarck erzählt von Zufällen, Tragödien, dem großen Glück, <strong>der</strong> Liebe,<br />

dem Tod und allem, was dazwischen liegt. Es geht um Hoffnung, Mut, Verzweiflung und die Suche nach<br />

dem, was unser Leben einzigartig macht. Dabei geht die Reise von Bochum nach Köln, Boston und Rom.<br />

Dieses Buch hat eine ungeheure Strahlkraft. Es tröstet, gibt Kraft und schenkt Zuversicht.<br />

Am Ende steht die Einsicht, dass wir alle miteinan<strong>der</strong> verbunden sind und niemand sein Leben in Isolation<br />

führen kann. Ein wahrer Seelenstreichler. Sie wollen einen Eindruck vom Schreibstil haben? Bitteschön:<br />

Die Zehntelsekunde, bevor die Schaukel zurückschwingt: Das ist <strong>der</strong> letzte Moment ohne Zweifel. Der<br />

Moment, in dem wir wissen, dass wir fliegen können, wenn uns irgendwer nur fest genug anschubst. Fliegen<br />

bis in den leuchtenden Himmel und nie wie<strong>der</strong> landen müssen. Die Beine nach vorne gestreckt, die Nase im<br />

Wind und grinsend über alle Milchzähne.<br />

D.W.<br />

17


18<br />

Hanser 22,- €


Vom Schweigen und Suchen<br />

Elbwärts von Thilo Krause dreht sich um die Themen Herkunft, Kindheit und Fremdheit. In einzigartiger<br />

Sprache erzählt <strong>der</strong> Autor diese Geschichte, die auch eine Geschichte Deutschlands ist. Von dort, wo er<br />

aufgewachsen ist, ist <strong>der</strong> Erzähler weggegangen und hat immer etwas vermisst. Das Verlorene versucht er<br />

wie<strong>der</strong>zufinden und kauft ein Haus in <strong>der</strong> Nähe des Dorfes, in dem er einen Teil seiner Kindheit verbracht<br />

hat, und zieht mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter dort ein. Auf seiner Suche ist er immer draußen<br />

unterwegs, erklettert insbeson<strong>der</strong>e einen Felsen, seinen Felsen, <strong>der</strong> vom Klettertourismus unbeachtet<br />

geblieben ist, verliert sich in <strong>der</strong> Betrachtung <strong>der</strong> Weite des Sommerhimmels, kehrt abends zurück um am<br />

nächsten Tag wie<strong>der</strong> loszulaufen. Es wird wenig gesprochen in diesem Roman, mit Frau, Kind, dem Freund<br />

von früher und einem tschechischen Busfahrer, aber es wird sich viel an die Kindheit erinnert, oft geträumt<br />

und immer intensiver gesucht. Die Intensivierung sorgt für Beschleunigung und die löst bei <strong>der</strong> Leserschaft<br />

eine gewisse Beunruhigung aus. In einer so phantastischen Landschaft, die so ideal das Schroffe und das<br />

Weiche, die Weite und die Enge darstellt, wird <strong>der</strong> Mann doch nicht verloren gehen? Das wird er nicht und<br />

vielleicht lässt sich seine Suche vergleichen mit einer Szene aus dem Roman, in <strong>der</strong> er, während des<br />

Elbhochwassers, sein Auto schwimmend findet und tief nach etwas taucht, das er unbedingt haben will<br />

und von dem er genau weiß, wo es sich befindet. Der Roman endet mit einer Befreiung, für den Mann und<br />

für die Leser*innen und sie spiegelt fast dessen kindliche Vorstellung von einem Raumschiff auf dem Weg<br />

in eine an<strong>der</strong>e Galaxie, mit seinem Freund als Kapitän und ihm als Bordingenieur. Allen Neugierigen auf<br />

starke und vielschichtige Literatur empfehle ich dieses Romandebüt.<br />

U.B.<br />

19


Claassen 20,- €<br />

20


Den eigenen Weg finden<br />

Viele Bücher, die im Frühjahr dieses Jahres erschienen sind, sind - Corona sei Dank - lei<strong>der</strong> ziemlich untergegangen.<br />

Das trifft auch auf Ein Mann seiner Klasse von Christian Baron zu. Dieses Buch hat mich zutiefst<br />

berührt und ich wünsche ihm viele Leser*innen. Der Autor erzählt in diesem Roman seine eigene Geschichte,<br />

die all die großen Themen des Lebens streift.<br />

Baron erzählt von einem gewalttätigen Vater, einer depressiven Mutter, die früh stirbt, von versagenden<br />

Behörden und von einem jungen Mann, <strong>der</strong> es schafft, sich zu befreien und unbeirrt den eigenen Weg zu<br />

gehen. Dabei schafft es <strong>der</strong> Autor ohne Vorwürfe und Schuldzuweisungen die Ereignisse zu rekapitulieren<br />

und zeigt damit auch, welche Mechanismen manche Menschen in Gewalt, Sucht und Krankheit abrutschen<br />

lassen. Er erzählt von all den Kämpfen, die Menschen täglich auszustehen haben – gegen sich selbst, gegen<br />

die, die sie eigentlich lieben sollten, gegen Ämter und gegen ein System, das auch heute noch nicht<br />

durchlässig ist. Es geht aber auch um Verständnis, Verzeihen und Hoffnung.<br />

Beginnend in den 90er Jahren in Kaiserslautern bis in die Jetztzeit verfolgen wir den Ich-Erzähler auf seinem<br />

Weg, schauen ihm dabei zu, wie er zwischen Wut und dem Wunsch nach Seelenfrieden hin- und herpendelt,<br />

wie ihm Bildung die Welt öffnet und wie schwer ihm <strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> Abnabelung fällt.<br />

Für mich eines <strong>der</strong> stärksten Bücher des ganzen Jahres.<br />

Wenn die Umstände wie<strong>der</strong> entspannte und maskenfreie Veranstaltungen erlauben, werden wir Christian<br />

Baron auf jeden Fall zu uns einladen. Solange kann ich Ihnen nur mit Nachdruck empfehlen, dieses Buch<br />

zu lesen.<br />

D.W.<br />

21


22<br />

dtv 20,- €


Ganz und gar zauberhaft<br />

Jonathan Swifts neuer Roman Da sind wir ist eine Geschichte über Magie, die Magie des Neuanfangs und<br />

die Magie <strong>der</strong> Erinnerung, die Magie <strong>der</strong> Liebe und die Magie des Showbusiness.<br />

Swift erzählt von drei Varietékünstlern, die 1959 in Brighton an <strong>der</strong> englischen Südküste die Sommergäste<br />

unterhalten. Jack ist <strong>der</strong> Confrencier <strong>der</strong> Show. Er hat immer einen flotten Spruch auf den Lippen und ist<br />

<strong>der</strong> Schwarm aller Mädchen. Ronnie ist <strong>der</strong> große Pablo, <strong>der</strong> Zauberer und Star <strong>der</strong> Show. Er hat nur Augen<br />

für Evie, seine bezaubernde Assistentin. Und Evie, anfangs glücklich verlobt mit Ronnie, erliegt immer mehr<br />

dem Charme des Womanizers Jack. Alle drei stammen aus ärmlichen Verhältnissen, doch während Evie<br />

und Jack von ihren Müttern von klein auf für die Bühne gedrillt und von Vorsprechen zu Vorsprechen<br />

geschleift wurden, ist Ronnie eher zufällig zur Zauberei gekommen. Zum Ende des Sommers, nach <strong>der</strong><br />

letzten Show, ist Ronnies und Evies Hochzeit geplant, doch dazu kommt es nicht mehr. Als Höhepunkt <strong>der</strong><br />

letzten Show löst sich Pablo auf <strong>der</strong> Bühne in Luft auf – und bleibt verschwunden!<br />

Graham Swift erzählt von Schein und Sein, von <strong>der</strong> Flüchtigkeit <strong>der</strong> Dinge, von glanzvollen<br />

Bühnenauftritten und den Menschen dahinter. Er spielt gekonnt mit Zeitebenen und Perspektiven,<br />

verknüpft dabei kunstvoll heitere und tragische Momente und zeigt: Das Leben ist immer beides:<br />

schmerzhaft und freudvoll.<br />

M.S.<br />

23


mare 22,- €<br />

24


Ungelebte Leben<br />

Manche Bücher wirken wie Medizin. Sie lin<strong>der</strong>n Schmerzen, geben Kraft und machen einen wie<strong>der</strong> fit für<br />

das Leben. Ein solches Buch ist Bären füttern verboten von Rachel Elliott.<br />

Sydney ist Karikaturistin und Freerunnerin. Ständig ist sie in Bewegung und gönnt sich nur selten einen<br />

Moment <strong>der</strong> Ruhe. Es gibt nur einen Ort an den ihre Füße sie nicht mehr tragen wollen: Zurück nach St.Ives,<br />

den Ort ihrer Kindheit. Niemals hat sich Sidney versöhnen können mit dem Moment, <strong>der</strong> ihre gesamte<br />

Familie auseinan<strong>der</strong>gerissen hat als sie zehn Jahre alt war. Ihren 47. Geburtstag will sie nicht feiern, und<br />

so begibt sie sich an diesem Tag in die ehemalige Heimat, um sich den Dämonen <strong>der</strong> Vergangenheit zu<br />

stellen. Diese Reise wird nicht nur Sidneys Leben für immer verän<strong>der</strong>n. St.Ives ist voller Menschen, die<br />

mitunter am Leben zu verzweifeln drohen. Es sind ganz normale Menschen mit Ecken und Kanten, Ängsten<br />

und Hoffnungen, die mitunter scheitern o<strong>der</strong> vor lauter Angst gar nichts mehr machen. Sie heißen Maria,<br />

Dexter und Belle und das Leben hat ihnen die ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Wunde zugefügt. Rachel Elliott beschreibt<br />

jede dieser Persönlichkeiten äußerst wahrhaftig und mit einer großen Portion Liebe (bis auf eine, aber Sie<br />

werden beim Lesen schon wissen, um wen es sich handelt und warum es da mit <strong>der</strong> Liebenswürdigkeit<br />

nicht weit her ist). Bären füttern verboten ist ein Buch über die Brüche im Leben, über Nächstenliebe und<br />

über unsere Fähigkeit, weiterzugehen, auch wenn unsere Welt sich nicht mehr dreht. Auf jeden Fall ist es<br />

eine Geschichte über jede*n von uns. Geschrieben mit leichter Hand und wun<strong>der</strong>voll übersetzt von Claudia<br />

Feldmann.<br />

D.W.<br />

25


26<br />

S.Fischer 22,- €


Ein beeindrucken<strong>der</strong> Roman mit einer Zukunftsvision, die noch lange nachhallt.<br />

Zugvögel von Charlotte McConaghy erzählt von einer starken Frau. Franny Stone ist auf einer Mission. Sie<br />

hat sich in den Kopf gesetzt, die beschwerliche Reise <strong>der</strong> Küstenseeschwalben von Grönland bis in die<br />

Antarktis zu begleiten. Um an Bord <strong>der</strong> Saghani, eines Fischerboots, zu gelangen würde sie alles tun. Der<br />

Grund für ihre Verbissenheit lässt einen sprachlos und beklommen zurück, denn dieser Flug <strong>der</strong><br />

Küstenseeschwalben könnte <strong>der</strong> allerletzte sein. Eine Klimakatastrophe hat dafür gesorgt, dass unzählige<br />

Tierarten kurz vor dem Aussterben stehen und sogar ganze Wäl<strong>der</strong> innerhalb <strong>der</strong> nächsten Jahre nicht<br />

mehr existieren werden. Die Saghani ist eines <strong>der</strong> letzten Fischerboote, die noch auslaufen, und Franny<br />

setzt alles dran, die Crew zu überreden, noch einmal auszulaufen und einen letzten großen Fang zu suchen.<br />

Dieser Roman hat es in sich, denn die Themen, die er behandelt, sind so aktuell wie nie, und so trifft die<br />

Geschichte von Franny und <strong>der</strong> Crew <strong>der</strong> Saghani da, wo es weh tut.<br />

Charlotte McConaghy ist eine beeindruckende Mischung aus Familiendrama, Abenteuerroman und<br />

Naturerzählung gelungen, die einen packt und nicht mehr loslässt. Und auch Franny trägt maßgeblich dazu<br />

bei, denn <strong>der</strong> Leser taucht nach und nach in ihre Vergangenheit ein und erfährt, dass dort Dinge lauern,<br />

die die Besessenheit erklären, mit <strong>der</strong> sie ihre Mission verfolgt. Doch das Beeindruckendste an diesem Buch ist,<br />

meiner Meinung nach, das Gefühl, das es in einem zurücklässt. Denn trotz <strong>der</strong> Thematik und des zwischendurch<br />

bedrückenden Tons, beendet die Autorin ihren Roman mit einem berührenden und hoffnungsvollen Ausklang,<br />

<strong>der</strong> zwar nachdenklich aber auch versöhnlich stimmt.<br />

P.B.<br />

27


28<br />

Rowohlt, 20,-€<br />

S.Fischer 22,- €


Die letzte Reise<br />

Der Tod gehört zum Leben. Das ist eine <strong>der</strong> verdrängtesten Tatsachen. Irgendwann wird er jeden einmal<br />

treffen und vorher werden wir sehr wahrscheinlich an<strong>der</strong>e an ihn verlieren. In Sterben im Sommer erzählt<br />

Zsuzsa Bánk von sich und ihrem Vater, von den letzten gemeinsam verbrachten Monaten und vom ersten<br />

Jahr, das ohne ihn vergangen ist. Sie erzählt von den vielen Phasen, die nach einer tödlichen Diagnose für<br />

ein Elternteil durchlaufen werden. Es braucht eine*n Schriftsteller*in um die Stationen, Gedanken und<br />

Gefühle so in Worte zu fassen und zu komprimieren, dass diese chaotische Zeit in ein erzählbares<br />

Aufeinan<strong>der</strong>folgen gewandelt werden kann. Zsuzsa Bánk erzählt aber nicht nur von sich und ihrem<br />

Verhältnis zum überaus geliebten Vater, son<strong>der</strong>n auch von Ungarn im Sommer, vom Licht, von <strong>der</strong><br />

Landschaft, den Menschen und vom Balaton. Ihr Vater war ein Sommermensch, <strong>der</strong> eine beson<strong>der</strong>e und<br />

immer gleiche Art hatte, in den See zu gehen und weit hinauszuschwimmen. Nur weil sie gestorben sind,<br />

hört das Leben mit ihnen nicht auf. Dieser Roman unterstreicht das deutlich. In einer wun<strong>der</strong>schönen<br />

Sprache und in so treffenden Bil<strong>der</strong>n nimmt Zsuzsa Bánk uns mit in eine Zeit, auf die sich keiner vorbereiten<br />

kann und macht uns mit ihrem Roman ein ehrliches und überaus lesenswertes Angebot.<br />

U.B.<br />

29


Kiepenheuer&Witsch<br />

20,- €<br />

30


Herzergreifend traurig und unglaublich lustig<br />

Pandatage von James Gould-Bourn ist eine Geschichte, die ihren Leser*innen aus verschiedenen Gründen<br />

die Tränen in die Augen treibt.<br />

Danny Maloney ist das, was man als Pechvogel bezeichnen würde. Als Teenager schwängert er seine<br />

Freundin, er hat keine Familie o<strong>der</strong> Ausbildung und hält sich und seinen Sohn mit Aushilfsjobs auf dem Bau<br />

gerade so über Wasser. Seit seine Frau vor einem Jahr bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist, hat<br />

sein Sohn kein Wort mehr gesprochen. Jetzt kommt auch sein zwielichtiger Vermieter samt Gorilla ins Haus<br />

und droht ihn aus <strong>der</strong> Wohnung zu schmeißen, sollte er nicht möglichst schnell die Mietrückstände nebst<br />

Wucherzinsen aufbringen. Ja, es läuft wirklich nicht gut für Danny. Als er auch noch seinen Job verliert,<br />

bringen ihn die Straßenkünstler im Park auf die Idee sich als Tanzbär zu versuchen. Für 10 Pfund kauft er<br />

sich ein nach Jägermeisterkotze stinkendes Pandakostüm, besorgt sich eine gefälschte Lizenz und wittert<br />

das schnelle Geld.<br />

Am ersten Tag wird er direkt ausgeraubt und von einem Kind vermöbelt, aber Danny gibt nicht auf.<br />

Tatsächlich schafft er es sogar durch das Kostüm wie<strong>der</strong> eine Beziehung zu seinem Sohn aufzubauen.<br />

Pandatage ist witzig, traurig, herzergreifend und es wird sehr viel geflucht. Von <strong>der</strong> Sprache hat es mich<br />

sehr an Christopher Moore (Die Bibel nach Biff) erinnert. Mir hat dieses Buch viel Spaß gemacht.<br />

S.K.<br />

31


32<br />

Blumenbar 22,- €


Definitiv mehr als eine schwarze Bridget Jones<br />

Mit Queenie hat Candice Carty-Williams eine Figur aus Fleisch und Blut und mit allen Stärken und Schwächen<br />

geschaffen. Queenies Leben läuft alles an<strong>der</strong>e als gut. In ihrem Job bei einer Londoner Zeitungsredaktion<br />

tut sie alles, um nicht arbeiten zu müssen, erstellt hin und wie<strong>der</strong> belanglose Listen, anstatt sich mit den<br />

Themen zu befassen, die sie wirklich interessieren. Als dann ihr Freund Tom nach einer Beziehungspause<br />

verlangt, ist das Chaos perfekt und Queenie stürzt in eine Abwärtsspirale aus Online-Dating und schlechten<br />

One-Night-Stands und gerät nach und nach in eine Depression. Allein ihre Freundesgruppe, die sich Die Corgis<br />

nennt, gibt ihr ein wenig Halt, denn selbst Queenies Familie sieht ihr selbstzerstörerisches Handeln mehr<br />

als kritisch. Doch dieses Buch ist weit mehr als eine weitere klischeehafte, gescheiterte Liebesgeschichte<br />

mit Happy End, son<strong>der</strong>n die Geschichte einer jungen Frau, die sich aus einer Situation befreit, in <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

verzweifeln würden. Und das für mich Wichtigste daran: Alles fühlt sich echt an, denn Queenie ist alles<br />

an<strong>der</strong>e als perfekt. Und das bleibt <strong>der</strong> Leser*in auch nicht verborgen. Zwischendurch hat man große Lust,<br />

sich die Haare zu raufen, Queenie zu packen und zu schütteln. Aber genau das macht den Reiz dieses Buches<br />

aus, denn Queenie hat große Probleme damit, ihren Selbstwert zu erkennen. Sie ist eine komplexe Frau mit<br />

einer komplexen Geschichte, die sich den Lesenden erst nach und nach offenbart. Und wer bis zum Schluss<br />

an ihrer Seite bleibt, wird mit einem Roman belohnt, <strong>der</strong> das Leben und den damit verbundenen Kampf einer<br />

jungen schwarzen Frau in <strong>der</strong> heutigen Zeit in einer Art beschreibt, die es mir ermöglicht, zu verstehen.<br />

P.B.<br />

33


DuMont 24,- €<br />

34


Die Stellung <strong>der</strong> Frau in Japan<br />

Brüste und Eier von Mieko Kawakami ist ein umwerfendes Stück Literatur über die Stellung <strong>der</strong> Frau in Japan.<br />

Natsuko, eine dreißigjährige Frau in Osaka, bekommt an einem Sommertag Besuch. Vor ihrer Tür stehen<br />

ihre Schwester Makiko und <strong>der</strong>en Tochter Midoriko. Was so unspektakulär beginnt, entwickelt sich schnell<br />

zu einem Buch, das man meiner Meinung nach unbedingt gelesen haben muss. Denn Mieko Kawakami<br />

erschafft in einer Mischung aus geschliffener Sprache und interessanten, komplexen Charakteren einen<br />

Roman darüber, was es heißt in <strong>der</strong> sehr traditionellen und konservativen Gesellschaft Japans eine Frau zu<br />

sein, die ebendiesen Traditionen nicht nachkommt. Natsuko ist asexuell, hat aber dennoch den Wunsch, ein<br />

Kind zu bekommen. Für sie käme nur eine Samenspende infrage, aber diese wird in Japan schwer kritisiert.<br />

Makiko ist neun Jahre älter als ihre Schwester und arbeitet in einer Bar als Hostess. Sie kommt mit ihrem<br />

voranschreitenden Alter nicht beson<strong>der</strong>s gut zurecht und möchte eine Brustvergrößerung vornehmen<br />

lassen, um in ihrem Job nicht abgeschlagen zu werden. Midoriko ist zwölf Jahre alt und spricht nicht mehr mit<br />

ihrer Mutter, son<strong>der</strong>n schreibt alles was sie beschäftigt, in ein kleines Notizbuch. Dieses jedoch ist voller<br />

Fragen zu den Verän<strong>der</strong>ungen, die ihr Körper gerade durchläuft und was ihr Dasein als Mädchen mit ihrer<br />

Rolle in <strong>der</strong> Gesellschaft zu tun hat.<br />

In diesem Buch sticht immer wie<strong>der</strong> die Selbstbestimmtheit, mit <strong>der</strong> Natsuko durchs Leben geht, hervor.<br />

Es ist sehr untypisch für eine dreißigjährige Frau unverheiratet zu sein und alleine zu leben. Und so begleitet<br />

man als Leser*in Natsuko auf ihrem ungewöhnlichen Weg durch ein Land zwischen Tradition und Mo<strong>der</strong>ne<br />

und kann dabei einiges dazulernen. Meine uneingeschränkte Empfehlung!<br />

P.B.<br />

35


36<br />

dtv 22,- €


Wie man wird was man ist<br />

Der neue Roman von Jean-Paul Dubois ist voller Tragik und Komik. Leben hat immer einen Beginn und die<br />

Personen, die einen umgeben und die Umstände, in denen man aufwächst haben einen großen Einfluss<br />

auf den Fortgang dieses Lebens. Das ist allgemein bekannt und nichts Beson<strong>der</strong>es, aber die Geschichten,<br />

die man um diese Tatsachen herum erzählen kann, die können beson<strong>der</strong>s sein. Dubois ist das auf intensive<br />

und überaus lesenswerte Weise gelungen. Zwei Jahre in einer Gefängniszelle bieten den geliebten Toten<br />

ausreichend Zeit um den Häftling Paul Hansen immer wie<strong>der</strong> in die Erinnerung an sie abgleiten zu lassen.<br />

Warum dieser sympathisch wirkende Mann einsitzt, erfährt man nicht direkt. Sein Zellengenosse, ein Hells<br />

Angels Mitglied, kommt dem Geheimnis früher auf die Spur als die Leser*innen. Nach und nach taucht man<br />

in Pauls Geschichte(n) ein, erfährt von seinen Eltern, seiner Frau und seinem Hund. Paul hat einen feinen<br />

Sinn für Organismen und eine große Sympathie für <strong>der</strong>en Schwächen. Bevor er verhaftet wird, arbeitet er<br />

in einem, viele Parteien umfassenden, Wohnhaus. Dort ist er ein wesentlicher, wenn auch unauffälliger<br />

Teil des Ganzen, zuständig für die Funktionstüchtigkeit aller Mechanik und die optimale Gestaltung <strong>der</strong><br />

Freizeitbereiche. In seine Bemühungen, diesen kleinen Kosmos reibungslos am Laufen zu halten, nimmt er<br />

auch Bewohner auf, die älter werden und mitunter Hilfe benötigen. Diese Gemeinschaft, dieses friedliche<br />

Gleichgewicht aller Kräfte zerfällt, als die Wohnungseigentümer einen neuen Vorstand wählen. Den<br />

Inhaftierten kennzeichnen Zurückhaltung, Empathie und die Vorstellung, in größtmöglicher Freiheit zu<br />

leben. Für ihn ist das nach seiner Entlassung nur dort möglich, wo man, um ein Urteil über die Verfehlungen<br />

eines Menschen abzumil<strong>der</strong>n sagt: Je<strong>der</strong> von uns bewohnt die Welt auf seine Weise.<br />

U.B.<br />

37


Hanser 19,- € Suhrkamp 24,- € KiWi 24,- €<br />

38


Dreimal Leben<br />

Auch in seinem fünften Roman, Hamster im hinteren Stromgebiet schreibt Joachim Meyerhoff wie<strong>der</strong><br />

glänzend. Der Autor erzählt in seinen Büchern aus seinen unterschiedlichen Lebenswelten, mit viel Humor<br />

und Witz. Außerordentlich unterhaltsam und spritzig, trotz des heiklen Themas. Er erzählt von seinem<br />

Schlaganfall, <strong>der</strong> ihn kurz nach seinem 51. Geburtstag ereilt. Er wird als Notfall auf eine Intensivstation<br />

eingeliefert, ein tragisches Erlebnis – er versucht seine düstere Situation mit Geschichten aus seinem Leben<br />

mit kleinen Episoden erträglicher zu machen. Sein trockener Humor ist einfach wun<strong>der</strong>bar!<br />

Robert Seethaler ist ein Meister <strong>der</strong> intelligenten Unterhaltung. Das beweist er einmal mehr mit Der letzte<br />

Satz. Gustav Mahler sitzt 1911 auf einem Schiff von New York nach Europa – es wird seine letzte Reise sein.<br />

An Bord des Schiffes sitzt er an Deck und lässt sein Leben Revue passieren. Seethaler zeigt Mahler weniger<br />

als Musiker, denn als Mensch. Seine Beziehung zu Alma, Mahlers Frau o<strong>der</strong> seiner kleinen Tochter Anna,<br />

die vor Jahren schon gestorben ist. Seethaler schreibt ergreifend über die letzten Tage Gustav Mahlers.<br />

Als begeisterte Ferrante-Leserin bin ich auch diesmal sehr angetan! Elena Ferrantes neuer Roman Das<br />

lügenhafte Leben <strong>der</strong> Erwachsenen erreicht durchaus die Qualitäten ihrer neapolitanischen Saga, einmal<br />

begonnen, lässt einen das Buch nicht mehr los! Giovanna, ein 13-jähriges Mädchen aus gutem Hause, wird<br />

plötzlich in <strong>der</strong> Schule schlechter. Mit ihren Eltern gerät sie immer wie<strong>der</strong> aneinan<strong>der</strong>, sie beginnt sich für<br />

Jungs zu interessieren und gerät – bei einer Recherche über ihre Familie, in das weniger schöne Neapel.<br />

Eine klare Leseempfehlung!<br />

S.M.<br />

39


40<br />

Hanserblau 20,- €


Viel mehr als nur ein Sonntag<br />

Fabio Geda erzählt in seinem Roman Ein Sonntag mit Elena eine völlig unaufgeregte und feinfühlige<br />

Geschichte über einen ehemaligen Architekten und Familienvater, <strong>der</strong> seinerzeit auf <strong>der</strong> ganzen Welt<br />

Brücken baute und dabei selten Zeit mit seiner Familie verbringen konnte. Sein Sohn lebt mittlerweile im<br />

Ausland und mit seiner jüngsten Tochter hat er, seit <strong>der</strong> Beerdigung <strong>der</strong> Mutter, nicht mehr gesprochen.<br />

Nur seine ältere Tochter Sonia wohnt ganz in <strong>der</strong> Nähe und lässt sich hin und wie<strong>der</strong> blicken.<br />

An diesem Sonntag hat er sie und ihre Familie zum Essen eingeladen und stellt sich dafür zum ersten Mal<br />

selber in die Küche. Doch es kommt an<strong>der</strong>s: Sonias Tochter ist vom Baum gefallen und hat sich den Arm<br />

gebrochen. Sie können nicht kommen.<br />

Enttäuscht und voller Zweifel beschließt er, einen Spaziergang zu machen und lernt dort per Zufall die<br />

wesentlich jüngere Elena und ihren Sohn kennen, spricht diese an und lädt sie kurzerhand zum Essen ein.<br />

Diese Begegnung setzt vieles frei und gibt dem Sonntag eine erfrischende Wendung. Die beiden<br />

Unbekannten führen sehr feinfühlige Gespräche und legen ihr Seelenleben in die Hand eines völlig fremden<br />

Menschen. Doch dies ist mehr als die Geschichte dieses einen Sonntages. Die jüngste Tochter, die<br />

Erzählerin <strong>der</strong> Geschichte, berichtet in Rückblenden vom Leben <strong>der</strong> Familie und verbindet nach und nach<br />

ein Geflecht, dass mit <strong>der</strong> Vergangenheit aufräumt und eine neue Gegenwart für alle Beteiligten öffnen<br />

wird. Ein herzerwärmendes Buch, ruhig und wun<strong>der</strong>bar positiv erzählt, bei dem man sich am Ende fühlt,<br />

als ob man diese Familie ein Stück des Weges begleitet hätte.<br />

N.G.<br />

41


Pendo 14,- €<br />

42


Herzerwärmend schön<br />

Carsten Sebastian Henn kennt man ja vor allem als Meister des kulinarischen Krimis. Dass er aber auch ganz<br />

an<strong>der</strong>s kann, hat er schon öfter bewiesen. Nun zeigt er uns einmal mehr, dass er we<strong>der</strong> Wein noch Leichen<br />

braucht, um seine Leser*innen zu fesseln. Mit Der Buchspazierer hat Henn eine Geschichte vorgelegt, die<br />

zu Herzen geht und Liebhabern von schönen Geschichten ein paar schöne Stunden beschert.<br />

Erzählt wird die Geschichte des Buchhändlers Carl Christian Kollhoff, <strong>der</strong> die Geschmäcker seiner Kund*innen<br />

kennt und für jede*n das richtige Buch findet. Doch damit nicht genug; nach Ladenschluss begibt sich <strong>der</strong><br />

rüstige Herr Kollhoff auf Wan<strong>der</strong>ung und liefert Bücher an all die Menschen, die aus ganz unterschiedlichen<br />

Gründen nicht in <strong>der</strong> <strong>Buchhandlung</strong> vorbeischauen können. Er ist <strong>der</strong> Buchspazierer, <strong>der</strong> die Menschen mit<br />

neuer Lektüre glücklich macht. Den Leuten, die er besucht, gibt er wun<strong>der</strong>volle Kosenamen, die an Gestalten aus<br />

<strong>der</strong> Welt <strong>der</strong> Literatur erinnern. Es tauchen auf: Mr. Darcy, Frau Langstrumpf, Effi und einige mehr. Jede dieser<br />

Personen hat ihre eigene Geschichte, die man beim Lesen erfährt. Eines Tages begegnet <strong>der</strong> Buchspazierer<br />

<strong>der</strong> neunjährigen Schascha, die ihn fortan auf seinen Wegen begleitet und sich nicht mehr abwimmeln lässt.<br />

Stück für Stück nähern die beiden sich einan<strong>der</strong> an. Als Kolthoff seine Stelle verliert, bricht nicht nur für den<br />

engagierten Mann eine Welt zusammen, aber wenn es hart auf hart kommt, halten Bücherfreunde zusammen<br />

und können sogar das ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Wun<strong>der</strong> bewirken. Eine zauberhafte Geschichte mit einem Personal,<br />

das einem sehr ans Herz wächst. Carsten Henn setzt mit diesem Buch allen Menschen ein Denkmal, die sich<br />

für schöne Geschichten begeistern und engagieren. Es ist ein Buch für Leser*innen, Buchhändler*innen,<br />

vom Leben Gebeutelte und Träumer*innen.<br />

D.W.<br />

43


Blumenbar 18,- €<br />

44


Donaudampfschiffahrtsvatersuche<br />

Land in Sicht von Ilona Hartmann ist ein kleines aber sehr feines Buch, dass seinen Leser*innen ein paar<br />

vergnügliche Stunden zu bescheren vermag. Jana ist eine junge Frau, die auf <strong>der</strong> Suche nach ihrem Vater<br />

ist. Dieser hat sich relativ früh aus dem Staub gemacht und Janas Mutter mitsamt des kleinen Kindes alleine<br />

gelassen. Dank <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Technik findet die junge Berlinerin ihren Vater auf einem Foto im Internet.<br />

Dort erfährt sie, dass er als Kapitän auf einem Donaukreuzfahrtschiff arbeitet. Kurzerhand bucht sie sich auf einer<br />

Reise ein, ohne irgendeinen Plan zu haben. Auf <strong>der</strong> MS Mozart angekommen, begegnet Jana verschiedenen<br />

illustren Gestalten, Reiseleiter Jo (eine gut gelaunte Ruine), dem Seniorenpaar Marita und Enno, dem<br />

Glitzerjackett tragenden Alleinunterhalter Bob und schließlich auch irgendwann ihrem Vater Milan.<br />

Die Suche nach den eigenen Wurzeln ist ein beliebtes literarisches Thema, aber selten hat jemand so<br />

kurzweilig und doch so tiefgründig darüber geschrieben. Ilona Hartmann schafft es Situationskomik mit<br />

philosophischen Gedanken zu mischen und bleibt somit mit ihrer Geschichte ganz nah am Leben dran. So<br />

witzig dieses Buch daher kommt, so zärtlich beschreibt es die vorsichtige Annäherung zwischen Vater und<br />

Tochter, die einan<strong>der</strong> kaum kennen. Dass man zusätzlich auch noch in den fragwürdigen Genuss einer<br />

Donaukreuzfahrt kommt, ist sicherlich ein weiterer Pluspunkt dieser sprachlich pointierten Geschichte.<br />

Wer sich ein paar schöne Stunden machen und sich auf intelligente Art unterhalten lassen möchte, dem<br />

sei Land in Sicht wärmstens an Herz gelegt. Vielleicht schreiben Sie sich auch den ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Satz<br />

ab, wie zum Beispiel diesen hier: Das Leben wird nirgends bewusster genossen als unter Menschen, die die<br />

meiste Zeit davon schon hinter sich haben.<br />

D.W.<br />

45


Kindler 22,- €<br />

46


Eine Bewegung und ihre Zerstörung<br />

Woran denken Sie, wenn Sie Juist hören? Wahrscheinlich an Meer, Wind und vielleicht noch an Vogelschutz<br />

und den Wasserturm. Dass die kleine Insel einst die Heimat einer reformpädagogischen Schule – Die Schule<br />

am Meer – war, wissen nur noch wenige Menschen. Dabei liest sich die Geschichte dieser Institution, Ihrer<br />

Grün<strong>der</strong>*innen und Schüler*innen unsagbar spannend. Der Autorin Sandra Lüpkes haben wir es zu<br />

verdanken, dass <strong>der</strong> Schule am Meer und vor allem auch Ihrer Mitbegrün<strong>der</strong>in und Lehrerin Annie Reiner<br />

nun endlich ein Denkmal gesetzt wurde. Im Juli 1925 gründen Annie und Paul Reiner, Martin Luserke und<br />

ein paar weitere Mitstreiter*innen diese ganzheitlich orientierte Bildungseinrichtung. Tägliches<br />

Schwimmen in <strong>der</strong> Nordsee, gemeinsames Musizieren, spielerische Wettkämpfe und Segeln gehören<br />

ebenso zum Unterricht wie Natur- und Geisteswissenschaften. Die Autorin erzählt vom Schulleben, von<br />

visionären Lehrkräften und von Unterrichtsmethoden, die ihrer Zeit weit voraus waren. Außerdem erzählt<br />

Lüpkes vom Eiswinter 1928/29, in dem fünf Abiturienten irgendwie von Juist nach Wilhelmshaven gelangen<br />

müssen, um dort die Prüfung ablegen zu können. Vor allem aber erzählt Lüpkes vom Erstarken <strong>der</strong> Nationalsozialisten,<br />

die mit ihrem Antisemitismus auch die Schule am Meer erreichen und dafür sorgen, dass die<br />

jüdische Annie Reiner die Einrichtung verlassen muss. Man kommt nicht umhin, das letzte Kapitel des Buches<br />

und auch <strong>der</strong> Schulgeschichte mit großem Bedauern zu lesen. Unfassbar, was diesem Land mit diesen Verlusten<br />

alles verloren ging. An<strong>der</strong>erseits ist <strong>der</strong> Roman ein Plädoyer für eine an<strong>der</strong>e Art von Unterricht, <strong>der</strong> sich<br />

dem ganzen Menschen, seinem Körper, seinem Geist und seiner Seele widmet. Ein tolles, vielschichtiges<br />

Buch, das auf kluge Art unterhält und informiert.<br />

D.W.<br />

47


48<br />

Kindler 22,- €


Alte Wunden und Neuanfänge<br />

Carmen Korn hat mit Ihrer Jahrhun<strong>der</strong>ttrilogie viele Leser*innen gefesselt und berührt. Die Geschichte von<br />

vier Frauen entspannte sich über zwei Weltkriege und insgesamt hun<strong>der</strong>t Jahre. Mit dem Auftakt zu einer<br />

neuen zweibändigen Reihe schafft es die Autorin wie<strong>der</strong>, uns in verschiedene Schicksale und Leben vor<br />

dem Panorama <strong>der</strong> deutschen Geschichte blicken zu lassen. Und die Welt war jung erzählt von drei<br />

verschiedenen Familien:<br />

Gerda und Heinrich Aldenhoven in Köln, Elisabeth und Kurt Borgfeldt in Hamburg und Margarethe und<br />

Bruno Canna in San Remo. Die Familien sind freundschaftlich und familiär verbunden und blicken teilweise<br />

auf gemeinsam erlebte Momente zurück. Nun schreiben wir den 01. Januar des Jahres 1950. Das erste<br />

Jahrzehnt ohne Krieg bricht an, die Herzen sind voller Sehnsucht, die Köpfe mitunter voller Sorgen. In Köln,<br />

Hamburg und San Remo schaut man auf die neue Zeit mit einer Mischung aus Hoffnung und Angst. Jede<br />

<strong>der</strong> Figuren hat persönliche Probleme zu bewältigen und kämpft mit individuellen Herausfor<strong>der</strong>ungen.<br />

Nach dem Motto Unter jedem Dach ein Ach lässt Carmen Korn uns tief in die Vergangenheit und Gegenwart<br />

<strong>der</strong> einzelnen Familien und speziell <strong>der</strong> Frauen blicken. Dabei erzählt sie vom Schrecken <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

aber vor allem von den Neuanfängen die so viele Familien in dieser Zeit gewagt haben. Dieser bewegende<br />

Roman erzählt von Mut, Hoffnung und <strong>der</strong> Suche nach dem Glück. Die Autorin bleibt auch hier wie<strong>der</strong> ganz<br />

am Leben und Erlebten dran, so dass viele, die die 50er Jahre miterlebt haben, beim Lesen bestätigend<br />

nicken werden.<br />

D.W.<br />

49


50<br />

Rowohlt 20,- €


Ein Beatle auf <strong>der</strong> Suche nach sich selbst<br />

In den späten 1960er Jahren hat John Lennon eine Insel an <strong>der</strong> Westküste von Irland gekauft. Diese<br />

Tatsache ist <strong>der</strong> Ausgangspunkt für Kevin Barrys Buch Beatlebone. Er lässt den erschöpften, verängstigten<br />

und verzweifelten Lennon im Jahr 1978 auf die Insel reisen, in <strong>der</strong> Hoffnung dort seine Schreibblockade<br />

überwinden zu können und einen Platz für einen befreienden Schrei zu finden. Was nun vor dem Panorama<br />

<strong>der</strong> rauen Küstenlandschaft vor sich geht, ist ein wil<strong>der</strong> Ritt durch einen verwirrten Geist. Dabei entziehen<br />

sich das Buch und die Geschichte konsequent je<strong>der</strong> Kategorisierung. Manche Kapitel lesen sich wie ein<br />

Theaterstück, an<strong>der</strong>e wie ein innerer Monolog. Immer wie<strong>der</strong> entdeckt man als Leser*in auch Parallelen<br />

zu James Joyce’s Meisterwerk Ulysses, aber Beatlebone geht weit darüber hinaus. In mitunter schon<br />

lyrischer Sprache erzählt Kevin Barry von einem Giganten und seinen inneren Dämonen. Es ist eine<br />

Geschichte über Kreativität, Selbstverzehrung und Ängste, bei <strong>der</strong> Inhalt und Form miteinan<strong>der</strong> eine<br />

kongeniale Einheit bilden. Barry hat mit diesem Roman die Grenzen des Genres gesprengt, was mit <strong>der</strong><br />

Verleihung des Goldsmith Preises honoriert wurde. Dieser wird an Personen verliehen, die die<br />

Möglichkeiten des fiktionalen Erzählens ausloten und erweitern.<br />

Beatlebone verschlingt seine Leser*innen und schüttelt sie auf <strong>der</strong> gemeinsamen Reise tüchtig durch. Eine<br />

Tour de force, ein Kunstwerk, ein in je<strong>der</strong> Hinsicht beson<strong>der</strong>es Erlebnis, das mit nichts an<strong>der</strong>em zu<br />

vergleichen ist. Für Fans von John Lennon, Irland und originellen Geschichten.<br />

D.W.<br />

51


ororo 10,- €<br />

52


Mit Vollgas in die 80er<br />

Ich kann und will es auch gar nicht verheimlichen: Ich bin ein Kind <strong>der</strong> 80er Jahre und stecke mitten in <strong>der</strong><br />

Midlife-Crisis. Momentan widme ich dem Wie<strong>der</strong>aufbau meiner He-Man-Sammlung sehr viel Zeit und auch<br />

ansonsten bin ich gedanklich sehr oft in diesem Jahrzehnt, dessen Musik für mich nach wie vor zu <strong>der</strong><br />

besten überhaupt gehört. Risto Pakarinen hat für mich also mit Wun<strong>der</strong>bar wie Jennifer trotz des furchtbaren<br />

Titels das perfekte Buch geschrieben. In diesem äußerst kurzweiligen Roman erzählt <strong>der</strong> finnische Autor<br />

die Geschichte des IT-Spezialisten Peter, <strong>der</strong> sich in einer Krise befindet. Sein Leben ist bis jetzt nicht so<br />

verlaufen, wie er sich das als Jugendlicher vorgestellt hat. Seine Karriere ist quasi nicht mehr existent,<br />

Freunde hat er nur noch auf Facebook und sein Liebesleben hat das Verfallsdatum scheinbar schon lange<br />

überschritten. Als er dann noch einen Brief erhält, den er als Jugendlicher an sein erwachsenes Ich<br />

geschrieben hat, trifft er den Entschluss, dass es so nicht weitergehen kann. Nach einer Nacht voller<br />

Alkohol und mit Zurück in die Zukunft auf dem Bildschirm, schmiedet Peter den Plan, zurückzureisen in die<br />

Zeit, in <strong>der</strong> für ihn alles perfekt lief. Doch wie kommt man ohne Zeitmaschine zurück in die 1980er Jahre?<br />

Auch hier hat Peter einen Plan, den er nun in die Tat umsetzen will.<br />

Dieses Buch ist <strong>der</strong> perfekte Lesestoff für alle, die sich an stonewashed Jeans, Puffärmel, Schweißarmbän<strong>der</strong><br />

und Zauberwürfel erinnern können. Gespickt mit sehr viel Musik dieses Jahrzehnts, gerät die Geschichte<br />

zur Zeitreise, bei <strong>der</strong> es viel zu schmunzeln und zu erleben gibt. Bei allem Witz kommt man nicht umher,<br />

darüber nachzudenken, wie einfach das Leben ohne Facebook, Instagram, Twitter und all die an<strong>der</strong>en<br />

vermeintlichen Geschenke <strong>der</strong> Digitalisierung und Globalisierung mitunter war.<br />

D.W.<br />

53


54<br />

Droemer 20,- €


Flucht, Vetreibung, Heimat<br />

Die Bezeichnung Heimatroman klingt meistens ziemlich despektierlich. Es klingt nach Banalität, Kitsch und<br />

Mief. Jahresringe von Andreas Wagner ist nichts davon und doch kreist <strong>der</strong> Roman rund um die Frage, wo<br />

unser Zuhause ist, wenn wir unserer Wurzeln beraubt sind. Der Autor siedelt seine Geschichte in dem Ort<br />

Lich-Steinstraß an, <strong>der</strong> zu Beginn <strong>der</strong> 1980er Jahre dem Tagebau Hambach weichen musste und umgesiedelt<br />

wurde.<br />

Die Handlung des Buches beginnt hingegen viel früher. Als dreizehnjähriges Mädchen muss Leonore ihre<br />

Heimat Ostpreußen verlassen. Ihre Flucht findet in dem kleinen Ort in <strong>der</strong> Nähe von Jülich ein Ende und sie<br />

findet eine Bleibe bei Hannes Immerath, dem Moppenbäcker des Dorfes. Hannes gibt Leonore ein Dach über<br />

dem Kopf und lässt sie fortan bei sich arbeiten. So lernt die Heranwachsende das Bäckerhandwerk. Für die<br />

Bewohner des Ortes wird Leonore hingegen immer die Evangelische aus dem Osten bleiben, mit <strong>der</strong> man<br />

besser nicht redet. Ihr einziger Vertrauter ist <strong>der</strong> Harbringer Arnold, <strong>der</strong>, abgestempelt zum Dorfdeppen,<br />

ebenfalls ein Leben als Außenseiter fristet. Leonore wird schwanger und verrät zunächst nicht, wer <strong>der</strong> Vater<br />

ihres Sohnes ist. Von nun an begleiten wir die Familie über insgesamt drei Generationen, werden Zeugen von<br />

Entwurzelung, magischen Momenten, Liebe und Streit. Im Jahre 2018 stehen sich Leonores Enkelkin<strong>der</strong> Jan<br />

und Sarah als Gegner im Kampf um den Hambacher Forst gegenüber und sind bereit, ihre Positionen mit<br />

Nachdruck zu verteidigen.<br />

Jahresringe ist ein starker Roman, <strong>der</strong> vielen Menschen, Orten und Momenten ein Denkmal setzt.<br />

Geschickt mischt <strong>der</strong> Autor Fakt und Fiktion, Wahres und Wun<strong>der</strong>bares.<br />

D.W<br />

55


Suhrkamp 22,- €<br />

56


Schöne, neue, vernetzte Welt<br />

Es ist eine mo<strong>der</strong>ne Welt, in <strong>der</strong> wir leben. Wir sind vernetzt, sind überall erreichbar und auch in unser<br />

Zuhause ist sehr viel Technik eingezogen. Nicht zuletzt in Form von Sprachassistenten, die omnipräsent<br />

sind und aufs Wort die vernetzte Welt noch etwas enger in unsere Wohnzimmer holt. In Hun<strong>der</strong>t Augen<br />

geht die Autorin Samantha Schweblin noch einen Schritt weiter. Hier holen sich die Menschen Kentukis ins<br />

Haus, Plüschtiere, die mit Kameras und Mikrofonen ausgestattet von wildfremden Menschen ferngesteuert<br />

werden. Es gibt Herren, also solche, die sich ein Plüschtier nach Hause holen, und die Kentukis, die über<br />

eine App die Plüschtiere steuern können. Sobald ein Kentuki in Betrieb genommen wird, verbindet er sich<br />

mit einem Nutzer, <strong>der</strong> ihn fernsteuert. Die Verbindung ist permanent, wird sie von einer <strong>der</strong> beiden<br />

Parteien getrennt, kann keine an<strong>der</strong>e aufgebaut werden. In vielen verschiedenen Geschichten tauchen wir<br />

dabei in die unterschiedlichen Aspekte menschlicher Beziehungen und Abgründe ein. Wir beginnen bei<br />

drei Mädchen, die einer Klassenkameradin einen üblen Streich spielen wollen und von einem Plüsch-Panda<br />

erpresst werden. Reisen mit <strong>der</strong> vereinsamten Carmen von Buenos Aires nach Erfurt und lernen einen<br />

jungen Serben kennen, <strong>der</strong> mit den Kentukis ein lukratives Geschäftsmodell aufgebaut hat. Mal sind wir Herr<br />

mal Kentuki, und die anfängliche Sichtweise, dass sich die Herren ihren Roboterhaustieren völlig ausliefern<br />

gerät sehr schnell ins Wanken, denn die Beziehungen und Machtgefüge sind sehr unterschiedlich und nicht<br />

selten endet die Verbindung mit <strong>der</strong> gewaltsamen Zerstörung des Plüschtieres. Ein wirklich faszinieren<strong>der</strong><br />

Roman, <strong>der</strong> auch dadurch an Spannung und Horror gewinnt, dass die Idee gar nicht so weit entfernt von<br />

unserem Leben ist.<br />

S.K.<br />

57


Rowohlt 24,- €<br />

58


Spanische Grippe, Jazz und <strong>der</strong> Axtmör<strong>der</strong><br />

Bei manchen Büchern kann man gar nicht so genau sagen, welchem Genre sie eigentlich angehören. So ist<br />

es auch mit King Zeno von Nathaniel Rich. Hier liest man Krimi, historischen Roman und gleich mehrere<br />

Psychogramme in einem. Es ist ein Buch für Jazzliebhaber*innen, Ingenieur*innen, und geschichtlich<br />

Interessierte.<br />

New Orleans im Jahre 1918. Der erste Weltkrieg ist beendet. Ein neuer Musikstil wird geboren und die<br />

Spanische Grippe for<strong>der</strong>t viele Menschenleben. In <strong>der</strong> Stadt herrschen große Unruhen und die Polizei<br />

schreckt auch nicht vor brutaler Gewalt zurück, um die Straßen zurückzuerobern. Das Chaos und die Angst<br />

in <strong>der</strong> Bevölkerung wachsen, als die Nachricht vom Axtmör<strong>der</strong> ihre Runde macht. Nathaniel Rich erzählt<br />

von drei Menschen, <strong>der</strong>en Leben durch den Axtmör<strong>der</strong> auf den Kopf gestellt werden: Der aus dem ersten<br />

Weltkrieg heimgekehrte und traumatisierte Ermittler Bill Bastrop, die Mafiabosswitwe Beatrice Vizzini, die<br />

sich mit Nachdruck für den Bau eines gewaltigen Kanals quer durch die Stadt einsetzt, und <strong>der</strong><br />

afroamerikanische Trompeter Izzy Zeno, <strong>der</strong> am Bau des Kanals mitarbeitet und mit dieser körperlich<br />

anstrengenden Arbeit den Lebensunterhalt für sich und seine Familie verdient. Alle drei kämpfen mit<br />

Ängsten, Sehnsüchten und inneren Dämonen. Dieser Roman ist eine Hommage an New Orleans und den Jazz.<br />

Überall ertönt Jazz, jede Seite ist durchdrungen von <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Atmosphäre <strong>der</strong> Stadt. Gleichzeitig<br />

erzählt Nathaniel Rich ein Stück Zeitgeschichte und schafft es Fakt und Fiktion gekonnt miteinan<strong>der</strong> zu<br />

mischen. Außerdem erzählt er von Abgründen, metaphorischen und tatsächlichen Sümpfen und kleinen<br />

und großen Tricksereien.<br />

D.W.<br />

59


60<br />

Piper 22,- €


Wenn es nur ein wenig an<strong>der</strong>s gelaufen wäre<br />

Was-wäre-wenn-Geschichten sind eine Lieblingsrubrik von mir. Was wäre wohl in <strong>der</strong> Geschichte passiert,<br />

wenn ein entscheidendes Detail an<strong>der</strong>s gewesen wäre. Andreas Eschbach hat es vor ein paar Jahren mit<br />

seinem Roman NSA, in dem die Nazis Computer hatten, geschafft mich völlig zu verstören.<br />

In Die Republik nimmt uns Maxim Voland mit in eine prosperierende DDR. 1949 haben sich die alliierten<br />

Westmächte vollständig aus Deutschland zurückgezogen und den Russen und <strong>der</strong> DDR das Feld überlassen.<br />

Seitdem ist Deutschland die DDR. Von <strong>der</strong> Bundesrepublik ist lediglich West-Berlin (Berlin-Deutschland)<br />

übriggeblieben. Hier herrscht Spionagewirrwarr, Bandenkriminalität und knallharter Kapitalismus. In <strong>der</strong><br />

DDR geht es allen Menschen gut. Von Mangel keine Spur. Tatsächlich ist die DDR Vorreiter bei technischen<br />

Entwicklungen; die neuesten Smartphones und Autos mit Brennstoffzellen sind Made in GDR. Im völlig<br />

überwachten Planstaat läuft alles gut. Da explodiert ein Giftgasbehälter in Ostberlin. Die Giftgaswolke tötet<br />

zahlreiche Menschen. Ist es ein Unfall? Ein terroristischer Anschlag? Niemand scheint zu wissen was genau<br />

da passiert ist. Und was noch passieren könnte. Ein desillusionierter Stasi-Offizier und eine MI6 Agentin<br />

glauben nicht an das Märchen vom Unfall und machen sich auf die Suche. Ein französischer Dolmetscher<br />

und seine DDR-Cousine geraten zwischen die Fronten.<br />

Maxim Voland hat einen wirklich spannenden Roman geschrieben, <strong>der</strong> stellenweise an einen<br />

Agententhriller erinnert. Unterhaltsam, manchmal nachdenklich, die Parallelen zu China sind unüberlesbar<br />

und überraschend.<br />

S.K.<br />

61


Penguin 15,- €<br />

62


Haarsträubende Spannungsmomente<br />

Furioser könnte Jan Becks Thrillerdebüt Das Spiel - Es geht um dein Leben gar nicht sein. Jedenfalls hat er<br />

mir eine schlaflose Nacht gebracht und war auch darüber hinaus sehr nachhaltig.<br />

Die Idee ist erstmal nicht neu: Ein starkes, mit seiner eigenen eindrucksvollen Vergangenheit konfrontiertes<br />

Ermittlerteam jagt Serienkiller - und hier gleich mehrere. Die Story ist allerdings sehr außergewöhnlich und<br />

hat dieses Buch für mich so unglaublich spannend werden lassen.<br />

Eine Handvoll Menschen, die keinerlei Verbindung zueinan<strong>der</strong> haben, sind gebrandmarkt durch ein UV-<br />

Tattoo. Allerdings wissen sie davon nichts und so entdeckt unter an<strong>der</strong>em die Schülerin Marvie, auf einer<br />

Party, das unbekannte Skorpion-Tattoo auf ihrem Rücken. Sie und die an<strong>der</strong>en sind die Beute in einem<br />

mör<strong>der</strong>ischen Spiel, das im Darknet einen gigantischen Jackpot verspricht. Doch bevor <strong>der</strong> Gewinner seine<br />

Prämie einstreichen kann, muss er die Opfer jagen und töten. Und schon bald nimmt eine Serie von<br />

grausamen Morden ihren Lauf, die mit dem Tod einer Joggerin beginnt und immer größere Dimensionen<br />

annimmt. Das Spiel ist <strong>der</strong> Auftakt einer neuen Reihe um die Ermittler Björk und Brand und lässt uns am<br />

Ende geschockt und atemlos zurück. So viel sei verraten: Die Geschichte endet mit einem Cliffhanger, so<br />

dass man noch gespannter auf den nächsten Teil sein darf.<br />

N.G.<br />

63


emons 20,- €<br />

64


Ein Rachesturm<br />

Eins ist ganz klar: Michaela Kastel versteht ihr Metier. Keine schreibt so durchdringend wie sie und wer<br />

sich traut ihre Bücher zu lesen, darf nicht zu zart besaitet sein.<br />

Ich bin <strong>der</strong> Sturm erzählt von Madonna. Einer Namenlosen. Eingesperrt in eine Zelle. Die Nr. 13. Seit Jahren.<br />

Nacht für Nacht wird sie von Dämonen heimgesucht und muss unglaubliches über sich ergehen lassen.<br />

Wieviel und was sie erleiden muss, ist unbeschreiblich. Madonna ist nur noch eine Hülle ihrer selbst, aber<br />

längst nicht gebrochen. So gelingt ihr eines Tages die Flucht aus ihrem Verlies und sie begibt sie sich auf<br />

eine gnadenlose Odyssee, mit nur einem Ziel vor Augen: Rache.<br />

Die junge Frau lernt auf ihrer Flucht zwei junge Begleiter kennen, die ihr einen gewissen Halt verschaffen,<br />

denn ihre Peiniger sind ihr schon dicht auf den Fersen.<br />

Michaela Kastel jagt uns von nun an durch diesen Thriller und lehrt uns mitunter wahrhaft das Fürchten.<br />

Man giert nach <strong>der</strong> Wahrheit und nach Vergeltung für Madonna und wird am Ende völlig atemlos<br />

zurückgelassen. Unerwartete Wendungen machen die Story so komplett. Für mich einer <strong>der</strong> besten Thriller<br />

<strong>der</strong> letzten Jahre mit einer unfassbaren Sogwirkung und rasantem Schreibstil.<br />

Michaela Kastel sollte man sich merken!<br />

N.G.<br />

65


Suhrkamp 16,- €<br />

66


Fake News und Manipulation<br />

Es gibt sie noch, eine kleine Schar unabhängiger, investigativer Journalisten, die sich gegen die offizielle<br />

Informationspolitik wehrt, in <strong>der</strong> <strong>der</strong> Wahrheitsgehalt einer Nachricht keine Rolle mehr spielt und die meisten<br />

Menschen sowieso nicht mehr interessiert. Paradise City von Zoe Beck spielt in einem Deutschland <strong>der</strong><br />

Zukunft. Die Bevölkerung des Landes ist nach diversen Klimakatastrophen um die Hälfte geschrumpft und<br />

konzentriert sich in den Metropolen, weite Landstriche sind einfach sich selbst überlassen. Die Tierwelt hat<br />

sich erholt und die Pflanzenwelt den verän<strong>der</strong>ten Bedingungen angepasst, Hauptstadt ist nicht mehr<br />

Berlin, son<strong>der</strong>n Frankfurt am Main, das zusammen mit dem Rhein-Main-Gebiet eine Mega-Metropole<br />

bildet. In eine von den vielen weiten und verlassenen Landschaften, schickt <strong>der</strong> Chef einer <strong>der</strong> letzten<br />

unabhängigen Nachrichtenagenturen des Landes Lina, eine erfahrene Journalistin, um den Wahrheitsgehalt<br />

einer Meldung zu überprüfen, in <strong>der</strong> jemand behauptet, er habe gesehen, wie eine Frau von einem Schakal<br />

zerfetzt worden sei. Was zunächst als eine zutiefst langweilige und unspektakuläre Aufgabe erscheint,<br />

entpuppt sich im Laufe des Geschehens, das plötzlich Leben kostet und zusehends gefährlicher wird, als<br />

äußerst brisant. Ist das scheinbar perfekte Gesundheitssystem, das sanft über alle wacht und für alle die<br />

beste medizinische Versorgung bereithält doch nicht so perfekt wie behauptet, son<strong>der</strong>n fehlerhaft?<br />

Was es bedeuten kann, wenn <strong>der</strong> Mensch das Denken einstellt, nichts mehr kritisch hinterfragt und den<br />

Algorithmen komplett das Feld überlässt führt uns dieser Thriller, dessen Handlung in einer nicht<br />

unwahrscheinlichen Zukunft spielt, auf extrem spannende und höchst unterhaltsame Weise vor Augen.<br />

U.B.<br />

67


Btb je 15,- €<br />

68


Düsteres Island<br />

Diese neue Krimisensation ist einzigartig. Ragnar Jonasson hat seine Trilogie in chronologisch umgekehrter<br />

Reihenfolge veröffentlich. Den Anfang macht Dunkel. Hulda Hermannsdóttir, Kommissarin bei <strong>der</strong> Polizei<br />

Reykjavík, soll frühzeitig pensioniert werden, um Platz für einen jüngeren Kollegen zu machen. Ein harter<br />

Schlag für die Kommissarin, die nach einem nicht einfachen Leben, eine grandiose Ermittlerin ist und viele<br />

Erfolge verbuchen konnte. Sie handelt bei ihrem Chef aus, eine letzte Ermittlung zu übernehmen. Einen<br />

Fall, den sie nie aufklären konnte und <strong>der</strong> ihr nach wie vor Kopfzerbrechen bereitet. Eine junge Russin wurde<br />

vor einem Jahr tot aufgefunden, die Ermittlungen gaben Rätsel auf und wurden von Kollegen nicht ausreichend<br />

geprüft. Schnell wird klar, dass es hier um organisiertes Verbrechen gehen muss, doch Hulda ahnt noch nicht,<br />

in welche Gefahr sie sich begibt. Nach dem außergewöhnlichen Ende des ersten Buches freut man sich auf Insel,<br />

das zeitlich rund zehn Jahre früher spielt und einige Details aus Huldas Vergangenheit offenbart. Es geht um zwei<br />

brutale Verbrechen, die auf <strong>der</strong> namensgebenden Insel stattgefunden haben und <strong>der</strong>en Verbindung zueinan<strong>der</strong><br />

Hulda aufzudecken versucht. Hier schließen sich so langsam die Lücken und man versteht die Geheimnisse<br />

und Verstrickungen aus dem ersten Band. Schonungslos geht es auch im finalen Teil Nebel weiter. In einem<br />

einsamen Bauernhaus werden die beiden Bauersleute tot aufgefunden. Hulda kommt nach einem schweren<br />

Schicksalsschlag wie<strong>der</strong> zurück zur Polizei und wird gleich mit dem Fall beauftragt. Das Verwirrspiel mit einem<br />

alten Vermisstenfall und diesem Leichenfund beginnt. Diese Trilogie im Zeitablauf rückwärts zu erzählen ist<br />

ebenso ungewöhnlich wie genial und packend. Jonasson schafft es eine eindrucksvolle und unverwechselbare<br />

Stimmung zu erzeugen, die auch perfekt zur kalten und winterlichen Landschaft Islands passt.<br />

N.G.<br />

69


Suhrkamp 15,95 €<br />

70


Mord und Totschlag in Nordirland<br />

Der katholische Bulle in Belfast ist älter geworden. 1992 lebt Sean Duffy inzwischen mit seiner Familie in<br />

Schottland und kehrt lediglich an sechs Tagen im Monat nach Belfast zurück, um dort Papierkram zu<br />

erledigen, damit ihm seine Pensionsansprüche nicht flöten gehen. Als er gerade wie<strong>der</strong> mal seine<br />

monatlich Schicht erledigt hat und in seinem alten Haus auf die Fähre nach Schottland wartet, taucht sein<br />

Vorgesetzter auf und zwingt ihn mehr o<strong>der</strong> weniger sich eines Mordfalles anzunehmen, weil alle an<strong>der</strong>en<br />

fähigen Polizisten nicht verfügbar sind. Sean kribbelt es insgeheim schon länger in den Fingern, sein letzter<br />

richtiger Fall liegt ein Jahr zurück, und so handelt er eine sehr großzügige Überstundenregelung aus,<br />

reaktiviert seinen alten Partner Crabbie und macht sich auf den Weg zum Tatort. Ein Maler ist ermordet<br />

worden und sein Auto, ein Jaguar, gestohlen. Doch schon die Todesursache, zwei Schüsse mit einer<br />

Schrotflinte in Brust und Kopf, sieht eher nach Hinrichtung aus als nach einem aus dem Ru<strong>der</strong> gelaufenen<br />

Autodiebstahl. Und überhaupt, wie konnte ein mittelmäßiger Maler sich so ein Auto leisten? Ziemlich<br />

schnell stellt sich heraus, dass <strong>der</strong> Name Quentin Towes in keiner Datenbank auftaucht und ein Tarnname<br />

ist und dann kommen die Dinge richtig ins Rollen. Adrian McKintys neuer Roman Alter Hund, neue Tricks,<br />

um den Polizisten Sean Duffy nimmt uns wie<strong>der</strong> mit in das von Unruhen und Konflikten gebeutelte<br />

Nordirland. Anfang <strong>der</strong> 90er sind die Troubles keineswegs vorbei. Dabei ist wie<strong>der</strong> ein spannen<strong>der</strong> Thriller<br />

mit dem wandelnden Musiklexikon entstanden, <strong>der</strong> auch die Leser*innen mitnimmt, die bislang noch<br />

nichts von Sean Duffy gehört haben.<br />

S.K.<br />

71


Insel 22,- €<br />

72


Sherlock lässt grüßen<br />

Als <strong>der</strong> erfolgreiche Scheidungsanwalt Richard Pryce in seiner Villa in Highgate tot aufgefunden wird,<br />

erschlagen mit einer Flasche 1982 Château Lafite Rothschild im Wert von 2000 £, scheint schnell klar, wer<br />

es war: Nur wenige Tage zuvor hat die berühmte feministische Autorin - und Ex-Frau seines letzten<br />

Mandanten - Akira Anno ihm genau diesen Tod angedroht. Aber so einfach ist es natürlich nicht, fast je<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> mit dem Opfer zu tun hatte scheint ein klares Motiv und ein fragwürdiges Alibi zu haben.<br />

Als ein zweiter Mord in Highgate geschieht müssen Privatdetektiv Daniel Hawthorne und sein Begleiter<br />

Anthony Horowitz tief in die Vergangenheit <strong>der</strong> beiden Opfer eintauchen um den Fall zu lösen. Dabei ist<br />

Hawthorne sowohl seinem Assistenten als auch ScotlandYard immer mindestens zwei Schritte voraus.<br />

Anthony Horowitz, bekennen<strong>der</strong> Sherlock-Holmes-Fan, gelingt es auf höchst amüsante Weise den Stil<br />

dieser legendären britischen Kriminalromane in die Gegenwart zu bringen, indem er sich einfach als<br />

Hawthornes Assistenten und Biographen mit in die Geschichte schreibt: Ganz im Stil von Holmes und<br />

Watson!<br />

M.S.<br />

73


Klett-Cotta<br />

78,- €<br />

26,95 €<br />

42,- €<br />

74


Für Fans und Sammler<br />

Die tiefe Wurzel erfriert nicht, was alt ist, wird nicht zum Gespenst. Dieses Zitat aus einem Gedicht, das<br />

Tolkien in seinem Fantasy-Klassiker Der Herr <strong>der</strong> Ringe für den Thronerben Aragorn schrieb, könnte<br />

zutreffen<strong>der</strong> nicht sein. Denn, auch wenn die Erstveröffentlichung des Vorläufers Der Hobbit mittlerweile<br />

83 Jahre her ist, und J.R.R. Tolkien bereits seit 47 Jahren nicht mehr unter uns weilt, können sowohl alte<br />

als auch junge Fans bis heute noch Neues aus <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong> dieses Großmeisters <strong>der</strong> Fantasy genießen.<br />

Sammler beson<strong>der</strong>s schöner Bücher kommen definitiv auf ihre Kosten, denn sie können sich entwe<strong>der</strong> mit<br />

den Schmuckausgaben des Hobbits o<strong>der</strong> des Silmarillions - die Entstehungsgeschichte Mittelerdes und eine<br />

Chronik <strong>der</strong> drei Zeitalter- versorgen, o<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>ausgabe des Herrn <strong>der</strong> Ringe, die anlässlich<br />

Tolkiens 125. Geburtstags veröffentlicht wurde und mit goldgeprägtem Schuber, Illustrationen des<br />

Künstlers Alan Lee, und zusätzlichem Kartenmaterial daher kommt.<br />

Aber auch, wer sich an Tolkiens herkömmlichen Werken bereits sattgelesen hat, kann die Welt, die er<br />

erschaffen hat, und vor allem den Schriftsteller selbst, weiter erkunden. Tolkien – Schöpfer von Mittelerde<br />

ist eine Sammlung noch nie zuvor veröffentlichter Dokumente, Skizzen, Fotos und zahlreicher Manuskripte,<br />

die sowohl den Schöpfer als auch seine Werke in einem komplett neuen Licht zeigen. Wer sich für die<br />

Geographie und die großen Schauplätze Mittelerdes interessiert, wird mit den Büchern Historischer Atlas<br />

von Mittelerde und Reise durch Mittelerde auf jeden Fall glücklich werden. Man blättert durch die Seiten<br />

und schwelgt dabei in Erinnerungen an seine erste literarische Reise durch diese magische Welt. Und <strong>der</strong><br />

ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e wird sogar noch etwas Neues dazu lernen.<br />

P.B.<br />

75


76<br />

Hod<strong>der</strong>&Stoughton<br />

18,50 €


Mein Tipp für alle, die auf englisch lesen wollen<br />

Der walisische Autor Jasper Fforde schafft es wie wenig an<strong>der</strong>e Welten zu erschaffen, die unserer sehr<br />

ähnlich sind, aber doch in einem entscheidenden Merkmal an<strong>der</strong>s. In The Constant Rabbit gab es in den<br />

60ern ein spontanes antropomorphisches Ereignis bei dem verschiedene Tiere über Nacht wuchsen, sich<br />

auf die Hinterläufe stellten und begannen zu sprechen. Darunter auch fünf Kaninchen. Inzwischen leben<br />

1,2 Millionen menschenähnliche Kaninchen in Großbritannien. Meistens in einer Art Reservat, wo sie<br />

Gemüse anbauen und ihrem friedlichen Lebensstil nachgehen. Den Menschen sind die vielen Kaninchen<br />

suspekt. Man befürchtet, dass die Kaninchen ihre Fruchtbarkeit als Waffe einsetzen und innerhalb<br />

kürzester Zeit die Menschen übervölkern. Großbritannien wird von <strong>der</strong> Anti-Kaninchen-Partei regiert und<br />

<strong>der</strong> Plan wird forciert alle Kaninchen in ein Ghetto nach Wales umzusiedeln. In dieser Stimmung zieht<br />

Constance Rabbit mit ihrer Familie in das beschauliche Dörfchen Much Hemlock. Sehr zum Missfallen <strong>der</strong><br />

Dorfbevölkerung, die ihre Bewerbung für Das schönste Dorf schon schwinden sieht. Also wird <strong>der</strong> Nachbar<br />

Peter beauftragt die ungeliebten Neubürger mit zahlungskräftigen Argumenten zum Verschwinden zu<br />

überreden. Peter arbeitet bei <strong>der</strong> nationalen Kaninchen Überwachungsbehörde als Spotter. Menschen tun<br />

sich sehr schwer Kaninchen zu unterscheiden, lediglich sogenannte Spotter haben diese Fähigkeit. Was<br />

aber keiner weiß: Peter und Constance kennen sich noch von <strong>der</strong> Uni und bald muss Peter sich entscheiden,<br />

auf welcher Seite er steht. Eine beeindruckende Parabel auf unsere Gesellschaft, voller Witz, brillanter<br />

Ideen und toller Charaktere.<br />

S.K.<br />

77


78<br />

DorlingKin<strong>der</strong>sley<br />

29,95 €


Geschmackvoll<br />

In <strong>der</strong> Foodszene ist Yotam Ottolenghi inzwischen längst kein Unbekannter mehr. Er betreibt mehrere<br />

Restaurants in London und hat bereits einige Kochbücher veröffentlicht. Dabei steht bei dem gebürtigen<br />

Israeli stets Gemüse im Vor<strong>der</strong>grund. In seinem neuesten Restaurant Rovi wird komplett vegetarisch<br />

gekocht und auch in seinem neuen Kochbuch Flavour sucht man Fleisch vergebens. Dabei schafft es<br />

Ottolenghi wie kaum ein an<strong>der</strong>er, Gemüse eindrucksvoll und geschmackvoll in Szene zu setzen. Sei es bei<br />

<strong>der</strong> scharfen Pilzlasagne (S.228), Klebreisbällchen in Tamarinden-Rasam-Brühe (S.180) o<strong>der</strong> bei gefüllten<br />

Auberginenröllchen in Curry-Kokos-Dal (S.152), Steckrüben-Gnocchi mit Misobutter (S.94) …<br />

Ich könnte noch eine ganze Weile so weitermachen. Ottolenghi nutzt in diesem Buch drei Hauptzutaten<br />

für mehr Geschmack, wie er es nennt. Das sind 1. Verschiedene Prozesse wie rösten o<strong>der</strong> reifen, 2. Partner<br />

wie Süße o<strong>der</strong> Säure und 3. Produkte wie Pilze o<strong>der</strong> Zwiebeln, die er im letzten Kapitel zu Höchstleistungen<br />

bringt. Dabei greift er oft und gerne auf die Gewürzvielfalt seiner Geburtsstadt Jerusalem zurück, bedient<br />

sich aber auch in Teilen Asiens.<br />

Die Gerichte aus Flavour sind sicherlich keine schnelle Feierabendküche. Alleine schon die langen<br />

Zutatenliste können einem Angst einjagen. Die verschiedenen Gewürze sind aber inzwischen überall zu<br />

haben und hat man sich erst Gericht für Gericht einen gewissen Grundstock zugelegt, ist die Scheu schnell<br />

vergessen und man wird reichlich belohnt mit Flavour.<br />

S.K.<br />

79


Christian 39,99 €<br />

80


Alte Technik, neu entdeckt<br />

Das große Buch <strong>der</strong> Fermentation von Antonia Kögl<br />

Es ist noch nicht allzu lange her, da waren Geschäfte virusbedingt geschlossen, die Büros wurden ins<br />

Wohnzimmer verlagert und viele von uns hatten das erste Mal seit langem wie<strong>der</strong> richtig viel Zeit. Und<br />

während manche das Puzzeln neu für sich entdeckt haben und an<strong>der</strong>e ein Bananenbrot nach dem an<strong>der</strong>en<br />

in den Ofen schoben, haben sich an<strong>der</strong>e mit etwas befasst, das es schon seit Ewigkeiten gibt, uns tatsächlich<br />

öfters begegnet als wir es vielleicht ahnen, und das doch in Vergessenheit geraten ist. Fermentation, also<br />

<strong>der</strong> Vorgang, Nahrungsmittel durch gezieltes und kontrolliertes Verrotten haltbar zu machen.<br />

Und wenn man einmal die Tür in dieses, zugegebenermaßen, oft etwas streng riechende Reich <strong>der</strong><br />

Konservierung geöffnet hat, möchte man am liebsten nicht mehr aufhören. Selbstgemachter koreanischer<br />

Kimchi, saure Gurken, die endlich genau so süß o<strong>der</strong> sauer sind, wie Sie es gerne hätten und leckerer<br />

Kombucha, aber auch Essigrüben, Salzzitronen und selbstgemachter Joghurt finden in diesem Buch Erwähnung.<br />

Sie brauchen nur eine kleine Grundausrüstung, den Rest, wie beispielsweise ideale Lagertemperaturen<br />

o<strong>der</strong> Haltbarkeit <strong>der</strong> Produkte, gibt Ihnen das Kochbuch vor. Für jeden, <strong>der</strong> sich mal kulinarisch wie<strong>der</strong><br />

richtig austoben möchte.<br />

P.B.<br />

81


je 24,90 €<br />

82


Ein neuer Lieblingsverlag<br />

Wir halten für sie ja immer Ausschau nach neuen Büchern und Verlagen, die jenseits <strong>der</strong> seichten Gewässer zu<br />

finden sind. Nun haben wir einen beson<strong>der</strong>en Schatz für Sie und Ihre Kin<strong>der</strong> gehoben. Wir präsentieren Ihnen<br />

den Zuckersüß Verlag. Jedes Buch behandelt ein wichtiges gesellschaftliches Thema und bietet Geschichten<br />

mit starker Botschaft. Wir können uns gar nicht entscheiden, welches <strong>der</strong> acht handverlesenen Bücher wir am<br />

liebsten mögen. Das Mädchen auf dem Motorrad erzählt die wahre Geschichte von Anne-France Dautheville,<br />

die zwischen 1973 und 1981 allein auf ihrem Motorrad die Welt bereiste. Die Autorin Amy Novesky erzählt von<br />

dieser spannenden Reise und all den Län<strong>der</strong>n, die die junge Frau bereist hat. Die Illustrationen von Julie Morstad<br />

schaffen eine ganz beson<strong>der</strong>e Stimmung und bringen den jungen Leser*innen die einzelnen Orte näher.<br />

Ein Junge wie Du und Ein Mädchen wie Du sind großartige Bücher, die Jungs und Mädchen zeigen, dass sie alles<br />

sein können, was sie möchten. Die Autor*innen Frank und Carola Murphy und die Illustratorin Kayla Harren<br />

räumen auf mit Rollenklischees und Schubladendenken und ermutigen die kleinen Menschen, ihren eigenen<br />

Weg zu gehen. Liebe Deinen Körper von Jessica San<strong>der</strong>s geschrieben und von Carol Rossetti illustriert zeigt vor<br />

allem Mädchen sehr eindrücklich, dass je<strong>der</strong> Körper liebenswert ist und dass Einzigartigkeit ein hohes Gut ist.<br />

In diesem Buch werden alle Formen und Körpertypen nicht nur gezeigt, son<strong>der</strong>n auch gefeiert. Für Jungs gibt es das<br />

Gegenstück Sei ein ganzer Kerl. Ein beson<strong>der</strong>s wichtiges Buch ist Das Buch vom Anti-Rassismus, das Kindgerecht<br />

über die Entstehung und Hintergründe von Rassimus erzählt und Werkzeuge an die Hand gibt, Ausgrenzung und<br />

Fremdenhass zu begegnen. Häschen tröstet und Männer weinen sind zwei sensible Bil<strong>der</strong>bücher, die ganz<br />

individuell das Thema Gefühle behandeln. Schauen Sie sich diese Kunstwerke am besten einfach mal selber an.<br />

D.W.<br />

83


84<br />

Insel 48,- €


Der eine entscheidende Moment<br />

Im letzten Jahr haben wir Ihnen Das Stundenbuch des Jacominus Gainsborough ans Herz gelegt. Für uns ist<br />

dieses Buch nach wie vor eines <strong>der</strong> schönsten und beeindruckendsten Bil<strong>der</strong>bücher, die uns jemals begegnet<br />

sind. Es ist eine Hommage an das Leben mit all seinen Höhepunkten und Tragödien. Das neue Buch von<br />

Rébecca Dautremer widmet sich nicht einem ganzen Lebensweg, son<strong>der</strong>n nur einem einzigen Zeitpunkt im<br />

Leben, <strong>der</strong> vielleicht alles verän<strong>der</strong>t. Punkt 12 erzählt die Geschichte des Kaninchenmädchens Sweety, die<br />

sich auf dem Weg zu ihrem Freund Jacominus macht. Um Punkt 12 sind die beiden am Hafen verabredet, den<br />

Jacominus dann an Bord eines Schiffes verlassen wird. Wir begleiten Sweety auf dem weiten Weg zu ihrem<br />

geliebten Jacominus, gehen mit ihr vorbei an Blumen und Büschen, an Menschen und Tieren, an großen<br />

und kleinen Geschichten, die sich entlang des Weges abspielen. Wir verlassen das kleine Häuschen, gehen durch<br />

den Garten in den Wald, in die Stadt und durch ihre Gassen und kommen - so viel sei verraten - irgendwann<br />

am Hafen an. Dabei sehen wir durch Jacominus Augen, <strong>der</strong> sich ausmalt, wo seine Freundin wohl gerade sein<br />

mag. Wir spüren seine Ungeduld, seine Vorfreude und auch seine aufkommende Angst, ob Sweety rechtzeitig<br />

eintreffen wird. Punkt 12 ist ein Buch über die Liebe, das Erwarten, die Vorfreude und das Leben an sich.<br />

Die Geschichte allein ist schon wun<strong>der</strong>schön und liebevoll, aber zum wahren Kunstwerk wird dieses Buch durch<br />

die 100 gestanzten Seiten, die die Leser*innen im wahrsten Sinne des Wortes immer tiefer in die Geschichte<br />

gleiten lassen. Wie durch einen Tunnel gleitet man von einem Bild zum nächsten und taucht immer weiter ab.<br />

Sprache und Bil<strong>der</strong> fügen sich auf so wun<strong>der</strong>volle Art ineinan<strong>der</strong>, dass man sich <strong>der</strong> Geschichte komplett hingibt<br />

und mit Jacominus wartet, hofft und fühlt. Es ist unmöglich, Ihnen den Zauber dieses Buches zu beschreiben.<br />

D.W.<br />

85


Sauerlän<strong>der</strong> je 14,99 €<br />

86


Herzenssache<br />

Oft fehlen einem die Ideen für ein beson<strong>der</strong>es Geschenk zur Geburt, Taufe o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

ähnlichen Anlässen in den ersten Kin<strong>der</strong>jahren. Jetzt hat <strong>der</strong> Sauerlän<strong>der</strong> Verlag zwei<br />

wun<strong>der</strong>volle Bil<strong>der</strong>bücher zu diesen Themen rausgebracht:<br />

Wünsche für mein kleines Mädchen und Wünsche für meinen kleinen Jungen sind liebevoll<br />

erzählt, ganz beson<strong>der</strong>s illustriert und beschreiben, dass Kin<strong>der</strong> ein einzigartiges Geschenk sind.<br />

Es for<strong>der</strong>t auf mutig und stark zu sein, sich niemals zu verstecken o<strong>der</strong> Angst zu haben, neugierig<br />

zu sein und die Welt zu entdecken.<br />

Diese Bücher sind für alle Entdecker*innen, Traumtänzer*innen, Drachenbezwinger*innen,<br />

Himmelstürmer*innen, Geschichtenerzähler*innen und Sternsucher*innen…<br />

Das perfekte Geschenk für alle Neuanfänge o<strong>der</strong> einfach so als kleine Überraschung, um zu<br />

sagen: Ich hab‘ dich lieb!<br />

N.G.<br />

87


Dragonfly 15,- €<br />

Thienemann je 9,99 €<br />

88


Abenteuer für junge Leser*innen<br />

Maximilian Flügelschlag lebt in Trost, einer nebligen und düsteren Stadt unter einer undurchsichtigen Kuppel.<br />

Hierhin haben sich die Menschen vor einer tödlichen Seuche in Sicherheit gebracht. Manche verwandeln sich<br />

im Laufe ihrer Kindheit als Folge von Genmanipulationen - ein mißglückter Versuch sich gegen die Seuche zu<br />

schützen – in schabenartige Wesen. So auch Maximilian. Von seiner Mutter, die sich für ihn schämt, versteckt<br />

großgezogen, will er mit den Flügellosen eigentlich nichts zu tun haben. Als er aber Kaitlin und ihren kleinen<br />

Bru<strong>der</strong> Jonno in seinen Garten flüchten sieht, entschließt er sich spontan, ihnen zu helfen. Plötzlich geht es<br />

nicht mehr nur um ihn und die beiden Flüchtigen, son<strong>der</strong>n um das Schicksal <strong>der</strong> ganzen Stadt, die nicht nur durch<br />

die Kuppel, son<strong>der</strong>n auch durch die machtbesessene Hüterin eingeengt wird. Spannende Steampunk-Dystopie<br />

von Angie Sage für mutige Leser*innen ab 10 Jahren.<br />

M.S.<br />

Geschichten rund um Tierwandler erfreuen sich momentan großer Beliebtheit bei Jungen und Mädchen.<br />

Martina Baumbach und Imke Sönnichsen (Illustrationen) machen dieses Thema nun auch für Grundschulkin<strong>der</strong><br />

lesbar. Wie bei den Büchern für ältere Leser*innen, mangelt es <strong>der</strong> Reihe nicht an Spannung. Entscheidend ist<br />

aber hier die gute Portion Humor, die dafür sorgt, dass niemand schlecht träumen muss. In Unser Lehrer ist ein<br />

Elch begleiten wir Merle und Finn dabei, wie sie von dem Zwergschwein Melusine zu <strong>der</strong> AG Sport für beson<strong>der</strong>e<br />

Talente ausgewählt werden und entdecken, dass sie Tierwandler sind und in <strong>der</strong> AG lernen sollen, ihre Talente<br />

zu beherrschen. Diese Fähigkeiten sind beson<strong>der</strong>s nützlich, wenn es an <strong>der</strong> Schule eine Reihe von Diebstählen<br />

gibt und <strong>der</strong> eigene Lehrer <strong>der</strong> Hauptverdächtige ist. Die Tierwandler–AG beginnt zu ermitteln und gerät in<br />

ihr erstes großes Abenteuer. Band 2 heißt Alle Hasen fliegen hoch und ist bereits erschienen. Der Lesespaß kann<br />

also direkt weitergehen. Ab 8 Jahren.<br />

D.W.<br />

89


Loewe 9,95 €<br />

90


Von Ameisen und Bergindianern<br />

Milla ist neun Jahre alt, lebt mit ihrem Vater und ihrem Hund zusammen, erfindet tolle Geschichten und hat<br />

eine Lese-Rechtschreib-Schwäche. Sollte sich ihr Lesevermögen nicht eklatant verbessern, droht nach den<br />

Sommerferien eine Versetzung in die För<strong>der</strong>klasse. Um das zu verhin<strong>der</strong>n, wird entschieden, dass Milla in<br />

einem Ferieninternat in den Bergen die Ameisen vertreiben lernen soll, in die sich die Buchstaben, beim<br />

Versuch zu lesen, vor ihren Augen verwandeln. Dass sie dann vor dem Internat einen Abzweig in die höheren<br />

Regionen zu ihrem Onkel nimmt, <strong>der</strong> dort abgeschieden ein Bergindianerleben führt, war zwar so nicht<br />

geplant, entfaltet aber eine große Wirkung. Das Bild von den Ameisen, in die sich die Buchstaben verwandeln,<br />

sobald Milla versucht ein Wort zu lesen, ihre Spott- und Hohngesänge, die sie über das Mädchen ergießen,<br />

weil sie sie nicht einfangen kann, verdeutlichen anschaulich, was in einem Kind vorgehen kann, wenn es<br />

vergeblich versucht einen Buchstaben an den an<strong>der</strong>en zur reihen und einen Satz zu lesen. Aber Milla hat<br />

Glück mit sich, denn sie ist ein mutiges Mädchen, mit ihrem Vater, denn <strong>der</strong> liebt sie über alles und ihrem<br />

außergewöhnlichen Onkel, denn dessen Herangehensweise an das Leben ist sehr unkonventionell. So ist am<br />

Ende die Angst vor den Buchstaben überwunden und ein toller Sommer voller Freiheiten, Freundschaften<br />

und Abenteuer verbracht und die kleine Familientruppe in eine größere Dorfgemeinschaft aufgenommen<br />

worden. Als die Schule dann Anfang des neuen Schuljahres die För<strong>der</strong>klassen auflöst und zum inklusiven<br />

Unterricht übergeht, ist Millas Angst vor Ausgrenzung endgültig <strong>der</strong> Boden entzogen. Katharina Schöde<br />

erzählt in Hey Milla! von diesem großartigen Sommer und die Leser*innen gehen auf eine spannende<br />

Entdeckungsreise in die Gefühlswelt eines Menschen mit einer Schwäche und vielen Stärken.<br />

U.B.<br />

91


92<br />

Tessloff je 9,95 €


Abenteuer in Digitalien<br />

Detektivgeschichten gibt es so einige, aber kaum eine kommt so zeitgemäß daher wie #Datendetektive.<br />

Das Team besteht aus Lina, Laurin, Vicki, Theo und Leo, dem Löwenhund. Vervollständigt wird die Truppe von<br />

Brabbelbot, einem klugen und sprechenden Roboter, <strong>der</strong> äußerst witzige Sprüche klopft. Der erste Band <strong>der</strong><br />

Reihe startet mit Linas und Brabbelbots Wechsel zu Laurins Schule. Kurze Zeit später wird <strong>der</strong> Roboter entführt<br />

und gleichzeitig werden die Schulcomputer gehackt. Die Freunde schließen sich zusammen und werden so zu<br />

den Datendetektiven, die gemeinsam den Fall lösen. Auch <strong>der</strong> zweite Teil bietet eine spannende Geschichte.<br />

An <strong>der</strong> Schule <strong>der</strong> Datendetektive ist ein Video im Umlauf, das einen Jungen aus Gigis fieser Gangsterbande<br />

ziemlich bloßstellt. Ist das Video echt? O<strong>der</strong> waren bei <strong>der</strong> Erstellung des Films Experten am Werk, die sich<br />

mit künstlicher Intelligenz auskennen?<br />

Künstliche Intelligenz, Computer und Digitaltechnik sind die wesentlichen Themen dieser Abenteuerreihe für<br />

Kin<strong>der</strong>. Für alle die mehr wissen wollen gibt es Vickis Media. In diesem Lexikon erklärt Vicki, das schlauste<br />

Mädchen im Universum, wichtige Begriffe aus <strong>der</strong> digitalen Welt: Was ist künstliche Intelligenz? Was macht<br />

ein Prozessor? Was sind humanoide Roboter? So erfährt man auf witzige Weise und ganz nebenbei alles,<br />

was man als Computer- und KI-Profi wissen muss. Jaromir Konecny ist Gewinner von über 150 Poetry-<br />

Slams und Dozent für Künstliche Intelligenz. Die Geschichten sind eine tolle Mischung aus Spannung und<br />

Information und bestens geeignet für junge Leser*innen ab 8, die sich für Computer, das Internet und alles,<br />

was damit zu tun hat interessieren. Aufgelockert durch zahlreiche Illustrationen von Marek Bláha eignen<br />

sich die Bücher auch für Kin<strong>der</strong>, die sich von längeren Textpassagen abschrecken lassen.<br />

D.W.<br />

93


Ueberreuter<br />

12,95 €<br />

94


Gute Laune in Schachteln<br />

In Frühstücksflocken stecken ja angeblich alle wichtigen Vitamine und Mineralstoffe, die Kin<strong>der</strong> so<br />

brauchen. Dass dort zudem meistens Unmengen Zucker enthalten ist, wird eher totgeschwiegen. Wir<br />

haben hier einen Lesesnack für junge Leser*innen, <strong>der</strong> die folgenden Zutaten enthält:<br />

Buchstaben (37% Vokale, 63% Konsonanten), Satzzeichen (davon 44% Punkte), Spaß, Abenteuer,<br />

überraschende Wendungen und eine stinkige Prise Fiesheit (alles aus voll biologischer Selbstversorger-<br />

Bauernhof-Haltung).<br />

Aus all diesen Bestandteilen bastelt Judith Allert Der große Käpt’n Knurps, <strong>der</strong> eines Morgens in Emils<br />

Müslischüssel landet. Der rote Zwerg ist erstaunlich lebendig und droht Emil erstmal mit seinem<br />

vermeindlichen Knurps-Strahlen-Stab. Seine Mission ist klar: Er muss seine an<strong>der</strong>en Knurps-Freunde finden<br />

um mit Ihnen gute Laune verbreiten zu können. Emil und <strong>der</strong> Käpt’n tun sich mit Emils Freundin Elsa<br />

zusammen, um Rosi, Wumm und Sieben zu finden und mit Ihnen die düsteren Pläne von Lord Kraxael zu<br />

durchkreuzen. Dabei erleben die großen und kleinen Charaktere einige Abenteuer, öffnen zahlreiche<br />

Frühstücksflocken-Schachteln, müssen sich Dino-Dackeln und an<strong>der</strong>en Bedrohungen stellen und werden<br />

zu einer eingeschworenen Gemeinschaft. Mit den Illustrationen von Horst Hellmeier gerät diese<br />

turbulente Geschichte zu einem knurpsbunten Abenteuer, das viel Spaß bereitet und Lust aufs Lesen<br />

macht. Die Charaktere sind schrill, bringen unterschiedlichste Marotten mit sich und werden jungen<br />

Leser*innen ab 7 Jahren mit Sicherheit das ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e laute Lachen bescheren. Auch Vorlesende<br />

werden mit dieser Geschichte sehr viel Freude haben. Also, auf in’s knurpsige Abenteuer!<br />

D.W.<br />

95


96<br />

KJB 12,- €


Monstermäßig gut<br />

Manchen Autor*innen gelingt es, schwierige Themen in eine bunte und witzige Geschichte zu verpacken.<br />

Bei Meine krasse Monsterklasse geht es um Außenseitertum, Mobbing durch Mitschüler*innen und<br />

Lehrpersonen und die Schwierigkeit, nach einem Umzug Anschluss zu finden.<br />

Hannah ist die Neue an <strong>der</strong> Schule und muss sich von Anfang an gegen fiese Lehrer*innen und gemeine<br />

Mitschüler*innen wehren. Um den Angriffen entgehen zu können, flüchtet sie sich immer wie<strong>der</strong> in die<br />

Schulbibliothek. Eines Tages findet sie dort ein altes, fleckiges Tagebuch und einen merkwürdig aussehenden<br />

Stift. Obwohl Hannah Tagebücher doof findet, beginnt sie doch mit dem Schreiben und erzählt von ihrer<br />

doofen Schule. Doch auf einmal macht <strong>der</strong> Stift sich selbständig und schreibt von ganz alleine! Er schreibt,<br />

Hannah sei die neue Schülerin <strong>der</strong> Monsterklasse und <strong>der</strong> Unterricht ginge am nächsten Tag in <strong>der</strong> großen<br />

Pause los. Sie solle sich dann in <strong>der</strong> Bibliothek mit einer gewissen Frieda treffen. Das Abenteuer Meine krasse<br />

Monsterklasse – Kettenrasseln mit Kellerasseln beginnt! Von nun an hat Hannah sowohl den normalen<br />

Unterricht bei ihren blöden Lehrer*innen, als auch geheimen Unterricht in <strong>der</strong> Monsterklasse, die ihrem<br />

Namen alle Ehre macht. Frankenstein, Mumie, Flaschengeist, Gerippe, Vampire und obendrein ein Einhorn<br />

gehören fortan zu Hannahs Mitschüler*innen und sorgen für viele skurrile und lustige Begebenheiten.<br />

Autor Thomas Krüger und Illustrator <strong>der</strong> Anton haben schon einige Bücher miteinan<strong>der</strong> geschrieben, die bei<br />

Kin<strong>der</strong>n große Begeisterung ausgelöst haben. Auch mit diesem Auftakt zu einer neuen Reihe werden sie mit<br />

Sicherheit wie<strong>der</strong> viele Fans finden. Wir wünschen es den beiden auf alle Fälle. Teil 2 wird im April erscheinen<br />

und verspricht mit dem Untertitel Gruselschock mit Schottenrock wie<strong>der</strong> viel Spaß und eine Menge Action.<br />

D.W.<br />

97


Carlsen 16,- €<br />

98


Zwei ungleiche Freunde sind zurück<br />

Das gleichermaßen hoch- wie tiefbegabte Duo ist zurück und stolpert in ein Abenteuer, das ihre<br />

Freundschaft auf eine harte Probe stellt. Als Rico eines Tages auf den Spielplatz <strong>der</strong> Gang kommt, steht<br />

schnell alles Kopf. Denn die rote Frau, die Eigentümerin des Grundstücks möchte alles dort abreißen und<br />

ein neues Wohnhaus errichten. Klar, dass das nicht passieren darf und Oskar ist sich auch sicher, dass es<br />

sich um ein abgekartetes Spiel handelt. Die beiden Freunde müssten also all ihren gesammelten Grips<br />

anstrengen, um den Spielplatz noch zu retten, aber das gestaltet sich schwieriger als gedacht. Denn Rico<br />

redet nicht nur nicht mehr mit Oskar, dessen schlaues Gerede ihm immer mehr auf den Senkel geht, er ist<br />

auch noch das allererste Mal verliebt. Alle Versuche, den Streit zu schlichten, scheitern grandios und so ist<br />

je<strong>der</strong> auf sich gestellt um den Sieg <strong>der</strong> roten Frau über die Gang zu verhin<strong>der</strong>n.<br />

Andreas Steinhöfel zeigt mit seinem neuesten Buch Rico, Oskar und das Mistverständnis über die zwei<br />

ungleichen Freunde mal wie<strong>der</strong>, warum Rico und Oskar einfach in jedes Bücherregal gehören.<br />

P.B.<br />

99


SteffenSpiele<br />

24,- €<br />

100


Anglerglück<br />

Gerade in diesem Jahr haben viele von uns gemerkt, wie gut es ist, wenn man das ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Gesellschaftsspiel<br />

zum Zeitvertreib Zuhause hat. Beson<strong>der</strong>s wichtig ist in solchen Fällen, dass man schnell loslegen kann,<br />

ohne sich noch ewig lange mit den Regeln beschäftigen zu müssen. Bestens geeignet für 2-4 Spieler ist Pescado<br />

ein großer Spaß, weil die Regeln einfach und eingängig sind und es flott gespielt ist. Auf den 36 Plättchen<br />

sind immer drei Fische abgebildet, die jeweils unterschiedliche Farben haben können. Je mehr Farben<br />

abgebildet sind, desto weniger Punkte gibt es dafür beim Angeln. Zu Beginn seines Zuges deckt ein Spieler<br />

immer sechs Plättchen vom Nachziehstapel auf und würfelt dann mit den fünf weißen Farbwürfeln. Die so<br />

ermittelten Farbkombinationen vergleicht er mit den ausliegenden Fischen, nimmt die übereinstimmenden<br />

Plättchen und legt sie offen vor sich aus. Danach würfelt er ein zweites Mal, wobei er zusätzlich auch die<br />

grauen Farbwürfel einsetzen kann. Dafür muss er aber zwei bis vier <strong>der</strong> noch ausliegenden Plättchen<br />

umdrehen, die dann auch nicht mehr zur Verfügung stehen. Es steht ihm außerdem frei, beliebig viele <strong>der</strong><br />

weißen Würfel erneut zu werfen. Erneut gewonnene Plättchen legt <strong>der</strong> Spieler wie<strong>der</strong> offen vor sich aus,<br />

danach endet sein Zug. Der nächste Spieler füllt die Auslage wie<strong>der</strong> auf sechs Fisch-Plättchen auf und beginnt<br />

seinen Zug. Der Glücksfaktor ist ohne Zweifel sehr hoch, führt aber gleichzeitig zu viel Kommunikation und<br />

einem regen Austausch während des Spiels. Pescado ist ein Spiel, das man schnell mal auspacken kann, um<br />

ein o<strong>der</strong> zwei Runden zu spielen.<br />

D.W.<br />

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Mücke-Spiele 22,- €<br />

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Wettlauf <strong>der</strong> Lebenden und <strong>der</strong> Toten<br />

Adios Calavera! von Martin Schlegel ist ein taktisches Spiel für zwei Personen, das Spaß macht und einem<br />

so ganz nebenbei das Thema Tod und Sterben näherbringt. Jedes Jahr zur Erntezeit am Tag <strong>der</strong> Toten<br />

besuchen die Seelen <strong>der</strong> Verstorbenen die Welt <strong>der</strong> Lebenden. Sie wollen mit ihren Lieben ein rauschendes<br />

Fest feiern. Es wird getanzt, gesungen, getrunken und gegessen. Bevor alle wie<strong>der</strong> getrennte Wege gehen,<br />

schließen die Lebenden und die Toten noch eine Wette ab: Die Gruppe, die es als erste zurück in die eigene<br />

Welt schafft, hat ein Jahr lang das Sagen über die jeweils An<strong>der</strong>en. Der Wettlauf beginnt …<br />

Jedem Spieler stehen dafür acht Spielsteine zur Verfügung, wobei jede Figur eine Seite mit<br />

Son<strong>der</strong>fähigkeiten besitzt. Am Anfang des Spieles entscheiden sich die Spieler für vier Figuren, die mit ihren<br />

Son<strong>der</strong>fähigkeiten ins Spiel kommen; die an<strong>der</strong>en Figuren werden nach den normalen Zugregeln gespielt.<br />

So gibt es Figuren, wie Pedro & Pablo, neben denen die Steine des Gegners nicht stehen bleiben dürfen<br />

o<strong>der</strong> aber z.B. Evita & Eréndia, die als Einzige auch diagonal ziehen dürfen. Ziel ist es nicht nur, die eigenen<br />

Figuren als erstes auf die gegenüberliegende Seite zu bringen, son<strong>der</strong>n man sollte auch versuchen, den<br />

Gegner geschickt zu blockieren. Im Prinzip funktioniert das Spiel wie Dame o<strong>der</strong> Schach, hat aber einige<br />

zusätzliche Regeln und Son<strong>der</strong>funktionen. Das Spielbrett und die Steine sind farbenfroh gestaltet und laden<br />

zum Spielen ein. Adios Calavera! ist unterhaltsam, regt die grauen Zellen an und lässt Lebende und Tote<br />

zusammenkommen. Absolut zu empfehlen für Taktiker, beson<strong>der</strong>s weil jede Spielrunde an<strong>der</strong>s ist und<br />

auch die Schwierigkeitsstufe variabel ist. Eine große Spieleempfehlungen!<br />

D.W.<br />

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TaleSwapper 39,95 €


Für Geschichtensammler und -erzähler<br />

360 Stories ist ein Spiel ohne Gewinner o<strong>der</strong> Verlierer. Ein Spiel das zu zweit o<strong>der</strong> als eine ganze Gruppe<br />

gespielt werden kann, nur für eine Stunde o<strong>der</strong> die ganze Nacht ...<br />

Dieses Spiel ist eine Einladung, sich auf beinah verschwundene Erinnerungen zu entsinnen und alle Arten<br />

von Geschichten miteinan<strong>der</strong> zu teilen. Geschichten von vor langer Zeit, von Heute o<strong>der</strong> eben alles<br />

dazwischen. Banale Geschichten o<strong>der</strong> emotionale Ereignisse. Es ist Ihnen selbst überlassen ob Sie dabei<br />

Ihre Erzählung einfach halten o<strong>der</strong> tiefgründige Erkenntnisse miteinan<strong>der</strong> teilen: Sie entscheiden, welche<br />

Geschichte Sie erzählen. Über einen Drehzeiger, wird ein Thema ausgewählt, zu dem man eine persönliche<br />

Geschichte erzählen soll. Mit Würfeln entscheidet sich, aus welchem Lebensabschnitt die Geschichte<br />

stammen soll. Zum Beispiel: Erzähle eine Geschichte zum Thema Mut aus deinem Lebensabschnitt 27 bis<br />

33 o<strong>der</strong> eine Geschichte zu einem Hobby aus deinem Lebensabschnitt 20 bis 25.<br />

Die Kategorien haben eine große Spannweite und umfassen Bereiche wie Leben, Tod, Zukunft und<br />

Vergangenheit, gehen über eher unverfängliche Themen wie Fahrrad, Wetter, Essen o<strong>der</strong> Musik bis hin zu<br />

Dauerbrennern wie zum Beispiel Angst, Liebe, Abscheu, Ehrlichkeit und vielem mehr. 360 Stories ist ein<br />

wun<strong>der</strong>volles Spiel, das hilft, einan<strong>der</strong> kennenzulernen und zu verstehen. Am Ende sind wir Menschen ja<br />

immer die Summe <strong>der</strong> Geschichten, <strong>der</strong>en Teil wir sind. Das Spiel lässt sich mit zwei bis acht Spieler*innen<br />

spielen, kann eine Stunde o<strong>der</strong> die ganze Nacht dauern und ist für Familienmitglie<strong>der</strong>, Freund*innen,<br />

Kolleg*innen, Fremde und Vertraute gleichermaßen geeignet. Hier gehen alle als Gewinner*in hervor.<br />

D.W.<br />

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