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BACKSPIN Magazin #117

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#117

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SOMMER 2015

„HATER,

DA HABT

IHR DEN

SALAT“(K.I.Z - 2015)


MOTRIP

MAMA

Ab 19. JUNI 2015

Erhältlich als Standard CD Album,

180g Doppel Vinyl (inkl. digitales Album),

Limited Deluxe Box und Download

TOUR 2015

13.10.15 München Backstage

15.10.15 Berlin SO36

16.10.15 Stuttgart Wizemann

17.10.15 Hamburg Übel & Gefährlich

18.10.15 Köln Underground

Tickets gibt es an allen bekannten

Vorverkaufsstellen und unter www.eventim.de

www.MOTRIP.de


EDITORIAL

#117

Der Sommer steht vor der Tür. Sogar in Hamburg

konnte man in den vergangenen Tagen ein wenig

Sonne abbekommen. Und Sommer bedeutet auch

jedes Jahr wieder, dass die Festivalsaison vor der Tür

steht. War es in der Vergangenheit eher seltener der

Fall, dass Rapper auf Festivals außerhalb ihres Genres

auftraten, so erobern sie heute fast jede Festivalbühne

Einen Blick auf die Werte der Kultur beziehungsweise der Gesellschaft haben

zweifelsohne auch die Jungs von K.I.Z. Und zum Jubiläum von „10 Jahre

Hurensohn” war es scheinbar Zeit für ein neues Album, um Rap-Deutschland

mal aufzuzeigen, wer den Sarkasmus salonfähig gemacht hat. Ehre, wem

Ehre gebührt. Doch wie hat alles angefangen? Eine Frage, die uns Nico, Maxim,

Tarek und Sil-Yan beantworteten.

Auch mit US-Westcoast-Rapper Ras Kass schwelgte unsere Autorin Frederike

Arns in Erinnerungen. Gestartet als eine der größten Rap-Hoffnungen

des Landes – genreübergreifend und vor beeindruckender Kulisse, nicht selten

zur Primetime. Ein Fakt, der zeigt, wie sehr Rap in der gesellschaftlichen der Westküste in den 90ern, schaffte der Kalifornier nie den wirklichen Durchbruch.

Und das, obwohl ihm nicht wenige erfolgreiche Kollegen bis heute

Mitte angekommen zu sein scheint.

Doch die Vorurteile gegenüber der Kultur und ihren Vertretern sind gerade in Talent und Qualität bescheinigen. Die Gründe dafür lieferte Ras Kass selbst in

den sogenannten Mainstream-Medien noch heute recht weit verbreitet. Das einem spannenden Gespräch.

ist soweit bekannt. Zu oft landen Rapper mit ihrem Handeln im Fokus und sorgen

so oft für die üblichen Vor-Verurteilungen. Kollege Falk Schacht ist einer heute nicht weniger aktuell. Im Sommer, bei gutem Wetter und guter Laune.

Geführt übrigens auf dem Hip Hop Kemp 2014, also auf einem Festival,

der Vorreiter im Kampf um die richtige Positionierung von Hip-Hop und Rap Ein Rahmen, der immer Nährboden für gute Geschichten ist. So auch dieses

im Mainstream. Kein Artikel mit schlecht recherchierten Inhalten und fadenscheinigen

Argumenten, der nicht vom Wahl-Hamburger an den Pranger und Novalja, um nur ein paar Orte des Hip-Hop-Festivalkalenders 2015 zu nennen.

Jahr wieder, egal, ob in Ferropolis, Stuttgart, Hünxe, Hradec Kravlove oder

am Ende richtiggestellt wird. Wie es sich für einen echten Nerd gehört. Ein Denn auch dieses Jahr sind wir wieder auf der Jagd für euch, nach Stories

Label zu gründen, war da ebenso nur die logische Konsequenz. Ein Projekt, und Bildern. Wir sehen uns. Aber erst mal: Viel Spaß beim Lesen!

das der Journalist und Moderator mit Hingabe führt und uns den Anstoß dazu

gab, mit ihm mal über seine Karriere, die Sicht auf die Kultur und eben das

neue Label zu sprechen.

Niko Hüls, Chefredakteur

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 3


HERAUSGEBER:

Niko Hüls / BACKSPIN Media

CHEFREDAKTEUR:

Niko Hüls

ART-DIREKTION:

Goran Tesanovic

LAYOUT:

Stephan „Gizmo“ Haramina

REDAKTION:

Valentin Alvarez Soto, Benjamin Auch, Martin Fischer, Stephan „Gizmo“ Haramina, Julia Henchen,

Tim Kinkel (Textchef), Shana Koch, Steffen Köster, Dennis Kraus (Chef vom Dienst),

Diana Swiadek, Dan Rosca, Mark Todt

AUTOREN DIESER AUSGABE:

Frederike Arns, Oliver Bartelds, Rene Gröger Fume, Peter Hagen,

Christian Luda, Janiv Koll, Phil Kühn, Rachel Sircar, Johann Voigt, Viktoria Weber, Marc „Sleepwalker“ Wichmann

FOTOS:

Afrika-Karibik Festival, Fifou Designs, Fresh Island, Phillip Gätz, Vitali Gelwich Photography Berlin,

Ice H2O, Hip Hop Kemp, HipHop Open, Niko Hüls, Florian Krause, Mafire Records Photography, Out4Fame, Ondro, Ninja Tune,

Sanjeev Velmurugan, Sleepwalker, Jan Grube Vids, Voy, Robert Winter, ZZTop

GRAFFITI-SEITEN:

Marten Dannenberg

GRAFFITI-KONTAKTE:

Tim Carstens & Tim Karger

E-Mail: Graffiti@backspin.de

REDAKTION TECHNICS:

Torben Bowm, Dan Rosca

E-Mail: Dan.Rosca@backspin.de

REDAKTION PERFORMANCE:

Benjamin Auch

E-Mail: Benjamin.Auch@backspin.de

ANZEIGENLEITUNG:

Benjamin Jäger

Fon: +49 (0)40 45 00 02 94

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BACKSPIN sieht sich als Magazin, das die Entwicklung der internationalen Hip-Hop-Szene dokumentiert. Unser Anliegen ist es nicht, mit unseren bildlichen sowie textlichen Inhalten

die Leser dazu aufzurufen, strafbare Handlungen zu begehen. Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Für eingesandtes

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4 BACKSPIN #117 Sommer 2015


16 28

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38

58 80

BACKSPIN#117

06 ········································ Ohne Worte

10 ····································· Deutschstunde

12 ········································ Beatcorner

16 ··················· Wie war das noch mal? K.I.Z.

20 ··································· Hut Ab: Dr. Bootleg

22 ································ Musik: Falk Schacht

28 ··································· Musik: Raekwon

34 ························Die hohe 5 XXL: Celo & Abdi

37 ························Promotion: Original Penguin

38 ······································ Graffiti: ZZTop

44 ······························ Graffiti: Special– Raws

48 ····································· Graffiti: Walls

50 ··················· Graffiti: Back in the Days – Kone

52 ····································· Graffiti: Trains

56 ························ Tales From A Dirty Old Man

58 ····························· Art: Golden Green 179

62 ·········· Producer Spotlight: Hudson Mohawke

65 ································ Technics: Produkte

66 ·············· Technics: Sleepy‘s World of Music

69 ···································Promotion: Farah

70 ·································· Musik: Ras Kass

73 ··········································· Festivals

80 ··································· Musik: Fashawn

84 ··························· Die hohe 5 XXL: MoTrip

86 ························ Back in the Days: 3rd Bass

90 ································ Album der Ausgabe

92 ······································· Soundcheck

96 ········································ Verlosungen

98 ··············································· ABO

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 5


Foto:Mafire Records Photography

PSAIKO DINO,

deine Jubelpose, bitte!

6 BACKSPIN #117 Sommer 2015


Foto:Mafire Records Photography

CELO,

wie können wir uns dich als Trainer

an der Seitenlinie vorstellen?

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 7


Foto:Mafire Records Photography

WEEKEND,

du hast leider ein Eigentor geschossen, wie reagierst du?

8 BACKSPIN #117 Sommer 2015


Foto:Mafire Records Photography

FALK:

Wie stellst du dich in eine Mauer?

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 9


TEXT: STEFFEN KÖSTER

Sobald aus dem angrenzenden Stadtpark Barbecue-Rauchschwaden in die Nase dringen und es aus jeder Ecke nach exzessiv konsumiertem

Grünen zu riechen scheint, ist das ein eindeutiger Indikator für den Anbeginn einer angenehmen Jahreszeit. Pünktlich zum Sommer und damit

zur anstehenden Festivalsaison werden an dieser Stelle adäquate musikalische Neuerscheinungen aus Rapdeutschland präsentiert. Zeugt der

Geldbeutel von chronischer Leere und ist die Zeit knapp bemessen, eignen sich die vorgestellten Releases perfekt, um sie mit auf den Campingplatz

zu nehmen – schließlich gibt es sie ohne größere Umständlichkeiten zum Gratis-Download.

Das Free-Release der Ausgabe: Gratis, aber

nicht umsonst preist der Fürther MC Johnny

Rakete seine neue EP für einen ganzen Monat

an. Um „Das Leben Das Universum Und Der

Ganze Rest“ herunterladen zu können, muss

der geneigte Hörer zuvor ein Level des Kultspiels

„Space Invaders“ durchstehen. Die Belohnung

sind fünf Tracks, für deren sphärische musikalische

Untermalung HawkOne tatsächlich den

„The Legend of Zelda“-Soundtrack nach Samples

durchforstet hat. So bewegt sich „DLDUUD-

GR“ galant zwischen Nintendo-Nostalgie, klugen

Lebensreflexionen und einem sympathischen

Johnny Rakete, der die Kiffer-Mentalität für die

EP mal beiseite und den Fokus auf anderes gelegt

hat.

schießt. Auf den treibenden Instrumentalen funktioniert

das nur allzu gut. Für die zeichnet nämlich

Rooq aus dem Umfeld der Witten-Untouchable-

Clique verantwortlich. Reinhören!

Um mit Missverständnissen im Rahmen seiner

„Tourette-Syndrom EP“ aufzuräumen (man höre

„14.11.14“), meldet sich Edgar Wasser mit einer

frischen „Freetrack Collection“ – der vierten

mittlerweile – zum Gratis-Download zurück. Unter

den 16 Anspielstationen verbergen sich mehr

und weniger bekannte Edgar-Tracks und -Features,

gespickt mit allerlei intelligent-zynischer

Lyrik des Münchners, mit der dieser der Szene

seit Jahren ihren ganz eigenen Spiegel vorhält.

Die abgetippten Texte zum heimlichen Unter-der-

Dusche-Mitrappen gibt’s obendrein.

Tracks zählendes Machwerk, das auf den Namen

„Beats und Bratpfanne“ hört. Das bevorzugte

Medium der Wahl unterstreicht hier die Attitüde

von Nordin und Kauz, die sich ganz auf die altbewährte

Kombination aus atmosphärisch-knisternden

Vinyl-Loops und von Schnickschnack

befreitem Sprechgesang konzentriert. Die mittlerweile

ausverkaufte Kassette kann nun auch in

MP3-Form gratis bezogen werden. Glücklicherweise.

Für seinen neuesten Streich wandelt Adi Space

aus den Reihen der Cosmo Gang auf Solopfaden.

Unter dem programmatischen Pseudonym Bimbo

Beutlin berichtet dieser in reimender Weise

„Von Pfeifenkraut und leichten Frauen“. Größtenteils

platziert Bimbo seine dezent verstrahlten

und zurückgelehnten Raps auf jazzig-souligem

Klangteppich. Eine angenehm entspannte und

musikalisch gelungene Angelegenheit.

Als Dankeschön zum Charterfolg ihres Albums

„Boomshakkalakka“ veröffentlichen die 257ers

die neun Tracks starke EP „Schrottmusik“. Auf

gewohnt trashigen Electro-Beats und in probater

Woddi-Manier sind sich Shneezin, Mike und

Keule für keine Ekelhaftigkeiten zu schade. Nebst

den typisch-ausgefallenen Flow-Abfahrten rund

um ihre Lieblingsthemen Hip-Hop und bewusstseinserweiternde

Substanzen tüteten die 257ers

sogar Gastbeiträge von Eko Fresh und Selfmade-

Records-Labelkollege Favorite ein.

Dass Totenkopf-, Panda- und andere Masken

nicht mehr länger nur der männlichen Fraktion

vorenthalten sind, beweist Antifuchs, die ihre Hörer

„Willkommen im Fuxxxbau“ heißt. Hungrig,

wie man die Rapperin aus diversen Video-Battles

kennt, inszeniert sich Antifuchs, indem sie auf

technisch hohem Niveau gegen die Konkurrenz

„Wie der Hase läuft“ – das offenbart Haze auf

seiner gleichnamigen EP. Mit rotzigem Karlsruher

Straßenrap, düster-knarzendem Boom-Bap

und regelmäßigem Output hat Haze in den letzten

Jahren auf sich aufmerksam gemacht. Die

sieben Songs der EP führen die eingeschlagene

Linie konstant fort. Interessierte können sich die

in Schwarz-Weiß-Optik gehaltene Videoauskopplung

zu „Bunker“ zu Gemüte führen.

Ursprünglich auf Tape via Alles Geben Musik releaste

das Westberliner Rap-Duo Futschis sein elf

Ein Blick auf die nächste heranwachsende Generation

hiesiger Beatproduzenten lässt Großes erahnen.

Seinen Beitrag leistet Nugat, der im Alter

von 17 Jahren mit der Produzenten-EP „Beats x

Beer x Green“ für lau um die Ecke kommt. Die

Instrumentale aus der Nugatschen Beatschmiede

überzeugen mit organisch-warmem Sample-Gefrickel.

Gastbeiträge stammen von Gold Roger,

Füffi und Pray. So werden der Titel der EP sowie

ihr Sound der Jahreszeit mehr als gerecht. In audiovisueller

Hinsicht könnte eine Sichtung des

Videos zu „Lollyaggin“ lohnenswert sein. B

10 BACKSPIN #117 Sommer 2015



TEXT: PHONK RIBERY

Es ist spannend zu verfolgen, wie die Diskussionen unter DJs, in den Medien und zwischen Musikliebhabern regelmäßig wechseln. Da diskutierte man die Langlebigkeit der CD,

die Qualität der MP3, die Vorteile von Serato und Traktor – um nun wieder bei der alten Liebe zu landen: dem Vinyl. Klangheimlich hat sich das Medium 7inch wieder in den

Fokus der Plattenleger aus den Bereichen Funk, Soul, Breaks, Disco und Mash-up gerückt. Darauf reagieren natürlich auch die Labels. Schuld daran sind sicherlich Aktivisten

wie Soulbrother Suspekt, Marc Hype, Smoove, Andy Smith, DJ Format oder Boca 45, die ihrer „Single“-Liebe treu blieben und sie nun in den Mittelpunkt rücken. Deshalb soll

an dieser Stelle auch mal eine „Beatcorner“-Ausgabe den 45ern gewidmet sein:

BOCA 45

„Mr. Big Sun“

Label: Digga Please

Format: Vinyl/CD/MP3

man ganz genau auf den großen Native-Tongues-Hit und

rekonstruiert ihn mit neuem Gesang und einer anderen

Auslegung des Samples herrlich frisch. Sowieso ist das

alles sehr frisch und sehr golden. Mehr davon!

THE ALLERGIES

„Big Bird/Heartbreaker“

Label: Wack Records

Format: Vinyl/CD/MP3

teln. Somit passt die Bezeichnung „Groovy Retro Modern

Sound“ ganz gut. Mit der B-Seite auf seiner neuen Single

hat er noch eine Prise Latin verarbeitet. Peak-time-Tune!

Steve Moore aus Newcastle ist eine Institution im internationalen

DJ-Zirkus. Der sympathische Brite reist um

die Welt und propagiert nicht nur das Kulturgut Vinyl über

Hip-Hop, Funk und Soul, Moore ist auch ein großartiger

Produzent und Chef des Plattenlabels Wack Records. Hier

Scott „Boca 45“ Hendy dreht seit fast 20 Jahren die Plattenteller

und wer ihn schon mal gehört hat, weiß, dass er

ein unaufhaltsamer Wirbelwind der funkigen Breakbeats

ist. Dass er nicht auf digitale DJ-Programme wie Traktor

oder Serato umgestiegen ist, um seine Möglichkeiten zu

erweitern, erstaunt nicht wenige. Schließlich wäre man so

technisch und bezüglich der Trackauswahl klar im Vorteil.

Aber nein, Boca griff einfach weiterhin auf eine unglaubliche

Sammlung von 45ern zurück und blieb trotzdem im

Spiel. Der Global-DJ-Player bespielt nicht nur die halbe

Welt mit seinen imposanten Single-Sets, er produziert zudem

regelmäßig deftige Kost zwischen psychedelischem

Soul, harten Breaks und derbem Rap. So auch für seine

neueste Single „Mr. Big Sun“ mit Stephanie McKay.

MINIMATIC

„If This Is Love/Owner of

a Boogaloo Heart“

Label: Tour Eiffel Records

Format: Vinyl/CD/MP3

Der fleißige Franzose Minimatic ist ein lebendes Vintage-

Kunstwerk. Er ist DJ, Produzent und Musiker in einer

Person. Seine 7inches sind seit Jahren eine erfrischende

Mischung aus 60er-Soul, Electro Swing und ansteckender,

uniquer Funkyness. Dabei hat er ein starkes Branding aus

alten Instrumenten und modernen elektronischen Hilfsmit-

NAUGHTY NMX

„Jungle Mango/Name

& Number“

Label: Dusty Donuts

Format: Vinyl/CD/MP3

Während diese Zeilen entstehen, steht die dritte Veröffentlichung

des Berliner Labels Dusty Donuts an. Dahinter

stehen Marc Hype, Jim Sharp, Naughty NMX und Runex.

Dusty Donuts veröffentlicht ausschließlich auf Vinyl. Die

zweite 7inch kommt vom Naughty NMX mit seinen exquisiten

Edits der B-Boy-Klassiker mit all den Zutaten, die

dazugehören: afrikanische Drums, die fast schon zu hypnotisch-religiösen

Mantras werden, pointierte Bläsersätze

und ins Blut gehende Breakbeats. Auf der B-Seite schaut

gibt es neue Formen von funkiger Frischware und atemberaubende

Mash-ups. Mit seinem Partner Turrell hat er den

modernen Soul in den letzten Jahren maßgeblich geprägt,

und es ist mir immer noch ein großes Rätsel, warum dieses

Duo nicht so erfolgreich ist wie Amy Winehouse und

Mark Ronson. Nun gibt es eine massive Packung Rhythm

& Blues sowie Funk auf der neuen Wack-Single. Dancefloor-Alarm,

Baby! B

12 BACKSPIN #117 Sommer 2015




MOBB DEEP, JOEY BADASS,

GHOSTFACE KILLAH & RAEKWON,

PRHYME, GANG STARR FOUNDATION,

EVIDENCE, YELAWOLF, THE FOUR

OWLS, MEGALOH, UMSE, SYLABIL

SPILL, RETROGOTT & HULK HODN…

THIS YEAR AT HIP HOP KEMP

HRADEC KRALOVE

20.–22.8.2015

WWW.HIPHOPKEMP.DE

4–TAGESTICKETS AB 59 EURO (VIP: 110 EURO)

ERHÄLTLICH AUF WWW.4TIX.DE

DIREKT-BUSTOUREN AUS DE/AT/CH AB 60 EURO

ENJOY YOUR LIFE IN LOVE AND PEACE


WIE WAR

DAS NOCH

MAL,

K.I.Z.,

Interview: Niko Hüls, Valentin Alvarez | Fotos: Voy

16 BACKSPIN #117 Sommer 2015


… als ihr euer Demotape Marcus Staiger auf

den Tisch gelegt habt? Könnt ihr euch erinnern?

Tarek: Ja, er hat’s nach drei Songs ausgemacht

und meinte, es ist scheiße.

Maxim: Und dann waren wir sauer – auf die gesamte

Industrie.

Tarek: Auf die Illuminati-Rap-Industrie.

DJ Craft: Und auf mich wart ihr auch sauer.

Maxim: Ja, weil du meintest, du seiest so dicke

mit Staiger. Das hat, glaube ich, auch gar nicht

gestimmt.

DJ Craft: Es hat zu der Zeit nicht gestimmt,

nein. Aber ich wollte unbedingt, dass wir da hingehen

und ihm diese CD auf den Tisch legen.

Dass das dann so nach hinten losgeht, damit

hatte ich nicht gerechnet. Weil ich natürlich sehr

überzeugt von der Platte war. Und dann sind wir

ziemlich geknickt wieder herausspaziert.

War das Demo denn rückblickend betrachtet

tatsächlich so scheiße?

Maxim: Das war schon scheiße, das hat er richtig

erkannt.

Maxim: Das bleibt unter uns.

Tarek: Ach ja, ich habe „Fick dich“ von Jonesmann

geremixt! Das war nicht gut.

Maxim: Nico und ich, oder vielleicht auch wir

alle drei, keine Ahnung, haben einen Song gegen

Amis, die ihre Features in Deutschland verkaufen,

gemacht, der auch echt doof ist.

Was hat euch damals angetrieben? Ging es

euch um Fame und Erfolg?

Tarek: Anfänglich war es mir eher wichtig, dass

die Leute, die ich damals als coole Rapper gesehen

habe, meinen Namen kennen und wissen,

was ich kann. Damals, als ich zwölf war, wollte

ich unbedingt wissen, was diese Hip-Hop-Szene

ist und wie man da reinkommt. Und wenn

du dann irgendwann drin bist, denkst du dir: Oh

mein Gott, Alter. Die sind ja alle voll hängen geblieben.

Wahrscheinlich ist man es selbst auch,

aber dann denkt man sich: Oh Gott, warum war

mir das so wichtig? Aber es macht auch Spaß.

Geld und Fame stehen da eher hinten an.

Maxim: Bei mir war das Gefühl eher so, dass

ich wollte, dass die Leute mich hassen. Das

Man hat das Gefühl gehabt, er versteht das Ganze

irgendwie und hat Bock auf Stress

Nico: Da haben wir neulich auch selbst noch

mal reingehört, weil wir so ein Mixtape für unsere

Special Edition gemacht haben, wo lauter

Oldschool-Songs von uns drauf sind. Und wir

haben wirklich nichts von dem Ding nehmen

können, das war alles wack.

Irgendwie müsst ihr Staigers Interesse dann

aber doch geweckt haben. Was habt ihr gemacht?

Maxim: Wir haben von dem Demo CDs gebrannt

und selbst vertickt.

Tarek: Und auch an unseren Skills haben wir

gefeilt.

Nico: Im Kerzenschein an den derbsten Reimen

gefeilt!

Maxim: Und dann kam Staiger auch irgendwann

auf uns zu. Aber das war dann auch wegen

neuerer Mucke. Wir haben ein bisschen

Zeit gehabt, um uns zu entwickeln.

Nico: So drei Jahre.

Maxim: Ja, drei Jahre später wurde das Ding

den Leuten vom Bunker aufgezwungen, bis es

dann zu Marcus Staiger gelangt ist. Und dann

fing die Legende an! Aber ich glaube, bis dahin

fanden wir den Bunker wieder so richtig uncool.

Maxim: Das waren ja nicht die Harten in Berlin.

Und wir wollten erst mal nicht zu denen gehören.

Aber dann haben wir mitbekommen, dass

Staiger doch ganz cool ist.

Was hat Staiger 2005 denn cool gemacht?

Tarek: Er hatte ein Studio? Ich habe keine Ahnung.

Was war eigentlich cool an Staiger?

Maxim: Keine Ahnung, ich weiß es auch nicht

so richtig.

Nico: Er war einfach gut. Er war gut im Gespräch

miteinander. Er hat halt gesagt, was an uns cool

und was eventuell noch verbesserungswürdig

ist. Der Typ war einfach sympathisch und nicht

gerade blöd.

Maxim: Man hat das Gefühl gehabt, er versteht

das Ganze irgendwie und hat Bock auf Stress und

auf was Neues. Ich weiß noch bei „Böhse Enkelz“

– da hatten wir noch zwei, drei Songs rumliegen.

Irgendwelche Remixe, die sehr dumm und

albern waren, und wo ich froh bin, dass er uns

davon abgeraten hat, indem er meinte: „Ey, überlegt

euch, dass ihr nicht zu viel von diesem albernen

Shit macht, sonst werdet ihr irgendwann

als Band auch nicht mehr ernst genommen.“ Da

hat er ein gutes Händchen bewiesen.

Heißt das, er hat schon merklich Einfluss genommen

auf eure Entwicklung?

Tarek: Was heißt merklich? Er hat auf jeden Fall

hervorgehoben, was uns besonders macht,

und uns darin unterstützt. Im Endeffekt genau

das, was Beat Gottwald, unser Manager, auch

gemacht hat. Was man einfach als guter Manager

oder Labelchef …

Maxim: … als guter Vater so tut!

Wie aufnahmefähig wart ihr denn damals für

Anregungen und Kritik?

Tarek: Das waren jetzt keine krassen Anregungen.

Im Endeffekt hat er nur gesagt: „Das

ist gut und da würde ich es mir noch mal überlegen.“

Ob wir es machen oder nicht, blieb uns

dann selbst überlassen. Meistens hat er recht

gehabt. Ich weiß jetzt aber auch gerade gar

nicht mehr, welche Remixe das waren.

war dann auch eine Art Abgrenzungsmusik, ein

Bedürfnis, den Leuten zu zeigen, dass man sie

nicht leiden kann.

Zu Zeiten des Kettensägen-Massakers und des

„Böhse Enkelz“-Tapes gab es in der BACKSPIN-

Redaktion einige, die das gefeiert und einige,

die es gehasst haben. Diese beiden Reaktionen

erntet ihr wahrscheinlich häufiger, oder?

Tarek: Ja, und das ist gut so. Wenn Musik nur

Achselzucken hervorruft und einen kalt lässt, ist

das für mich ein Zeichen dafür, dass sie Dreck

ist.

Legt ihr es darauf an, so zu polarisieren?

Maxim: Das war halt einfach unser Humor, den

wir im Freundeskreis und unserem Umfeld hatten

und geil fanden.

Tarek: Das war damals so eine verkrampfte Zeit.

Alles, was ein bisschen aus der Reihe getanzt ist

und etwas Humor hatte, hat ja direkt schockiert.

Das war jetzt nicht kalkuliert oder so, das war

einfach sehr simpel. Es war eben raptechnisch

eine sehr ernste Zeit.

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 17


Gab es bei euch, zum Beispiel in dem Moment,

als ihr euren Major-Deal unterschrieben habt,

die Erkenntnis, Musik auch als Job zu sehen?

Tarek: Das klingt irgendwie eklig.

Ja. Dennoch: Gab es dazu Überlegungen?

Tarek: Natürlich hast du dann einen Moment,

in dem du merkst, dass du viele Fans hast. Und

denen möchte man natürlich gute Musik liefern.

Das Wichtigste aber ist, dass man selbst

mit seiner Musik zufrieden ist. Dann sind es die

Fans meist auch, und daraus ergibt sich dann

dieses Business-mäßige. Aber das stand nicht

im Vordergrund.

Nico: Bei mir gab es da irgendwie solche Momente,

in denen man sich dachte: Okay, jetzt

gehe ich gar nicht mehr arbeiten. Danach war’s

so: Okay, jetzt verdienen wir sogar Geld damit.

Aber es war nie so, dass wir uns deswegen gedacht

haben, dass wir jetzt mehr Zeit investieren

sollten als vorher. Das war ein relativ fließender

Übergang.

Maxim: Das war schon geil, als man gemerkt

hat: Okay, ich muss jetzt nicht mehr arbeiten. Ich

kann jetzt noch mehr Zeit mit der Musik verbringen.

Und dass irgendeine Sache, die dir Spaß

macht, ab irgendeinem Punkt auch eine Arbeit

sein kann, widerspricht der Spaß-Theorie für

mich auch nicht.

DJ Craft: Für mich persönlich war es am Anfang,

als wir bei Royal Bunker unterschrieben haben,

noch eine Ausprobierphase. Man wusste noch

nicht, in welche Richtung es gehen wird, ob es

auf dem Level bleibt oder größer werden kann.

Aber als Beat Gottwald unser Manager wurde

und wir den Vertrag bei Universal unterschrieben

und „Hahnenkampf“ rauskam und das alles

auch viel mehr Zeit in Anspruch genommen hat

und es wirklich ein Fulltime-Job wurde, da hat

sich bei mir schon das Gefühl breitgemacht:

Okay, jetzt wird es ernst. Und wenn man jetzt

alles richtig macht, am Ball bleibt und gut abliefert,

kann man da oben mitspielen.

Einerseits seid ihr da mit ausgestreckten Mittelfingern

durch die Szene gelaufen und ihr

habt deutlich gemacht, dass euch egal ist, was

andere von euch denken. Andererseits haben

euch genau diese Leute dann auf die Schulter

geklopft. Dazu kam dann der Deal mit Universal

– wie habt ihr da eure Haltung bewahrt?

Maxim: Universal sucht ja gerade dieses Rebellische.

Damit machen die ihr Geld. Die haben

auch überhaupt kein Interesse daran, irgendwas

zu ändern. Deswegen ist es jedenfalls nicht

so, dass sich irgendwas verändert, abgesehen

davon, dass man sich mehr auf die Musik konzentrieren

kann.

Nico: Außerdem kann man sich darin ja auch

ein Stück weit ziemlich wohlfühlen. Ich denke,

es gibt viele Künstler, die mit so einem Künstlervertrag

viel mehr mit ihrem Label zu tun haben.

Und wenn du dann auch noch mit diesen

Leuten zusammen feiern gehst und so Sachen,

kann es sein, dass dich das vielleicht etwas beeinflusst.

Aber wir gehen halt ab und zu Abendessen

oder treffen mal irgendwen irgendwo

und ansonsten hängen wir mit denselben Leuten

ab wie vorher, von daher hat das auch nicht

so viel Einzug in unsere Kunst erhalten.

Maxim: Meist liegt es doch an den Künstlern

selbst, ob das Major für sie ein Dämon ist und

man da in die Pop-Hölle einzieht. Da wird keiner

zu gezwungen. Die denken ja irgendwann

selbst so marktwirtschaftlich und sagen sich:

Wir müssen mehr wie die und die Band sein

und mehr das und das machen. Die meisten

machen sich selbst zu solchen Produkten. Dahinter

steckt kein böser A&R.

Die BACKSPIN hat mal eine Titelgeschichte

über euch gedruckt, die euch nicht so sonderlich

glücklich gemacht hat. Erinnert ihr euch?

Maxim: Ach so, ja. Das war diese Fantasie-Geschichte

von …

Nico: … Bianca Ludewig.

Maxim: Genau. Was Humor angeht, bin ich

sehr anspruchsvoll. Da bin ich eine Instanz in

Deutschland. Auch was literarische Spielereien

angeht, sollte es halt dope sein. Dann bin ich

18 BACKSPIN #117 Sommer 2015


auch down damit, dass man sich über mich lustig

macht. Aber das soll dann auch gut sein.

Tarek: Ich glaube, sie hatte jetzt nicht den

Anspruch, eine gute Story zu schreiben. Sie

wollte uns eher zeigen, dass sie das, was wir

textlich machen, auch mit uns machen kann.

Das kann man natürlich machen – wenn man

es gut macht. Aber es war einfach nicht lustig.

Das habe ich ihr auch in einem feuchtfröhlichen

Suffabend im Trinkteufel mal persönlich sagen

müssen. Und dann war auch wieder gut. Das

war eigentlich ein nettes Gespräch. Und dann

waren da noch so Einzelinterviews, die waren

auch nicht so übel. Aber die Geschichte war

einfach doof und unnötig.

Im Vortext stand, dass die Leute nicht wüssten,

wo sie K.I.Z. einordnen sollten. Der Wortlaut

war: „Im wertkonservativen Hip-Hop, der zuweilen

klarer strukturiert ist als eine Ikea-Kommode,

fehlt eine Schublade für K.I.Z.“

Maxim: Wenn man Schubladen braucht, hat

man solche Art von Sorgen. Keine Ahnung. Wir

sind unsere eigene Schublade.

Tarek: Dieses Schubladendenken ist traurig.

heute. Aber wir haben mal laut.de ein Interview

gegeben, wo der Typ einfach reingeschrieben

hat, was er wollte. Im Spiegel-Online-Interview

auch, wo einfach so Sachen standen, die wir

gar nicht gesagt haben.

Maxim: Aber meistens ist es sehr positiv. Die

hatten immer eine Mischung aus Respekt und

etwas Angst vor uns, was ich sehr verwirrend

finde, weil wir einfach grundsympathische Typen

sind. Ich glaube, das Problem ist immer

nur entstanden, weil ein paar Journalisten, die

eine andere Auffassung ihres Jobs hatten, sich

selbst in den Mittelpunkt stellen wollten. Deren

Ziel war es nicht, einen guten Artikel oder eine

gute Sendung zu machen, sondern am Ende

selbst geil dazustehen. Und dadurch kommen

dann solche Sachen mit dem Motto: Ich versuche,

witziger und brutaler zu sein, ich versuche,

schlauer zu sein.

Tarek: Ich versuche, die zu entlarven!

Musstet ihr euch viel erklären?

Tarek: Das wollte man auf jeden Fall oft von

uns. Aber das haben wir dann auch nicht wirklich

gemacht. Warum sollte man das auch tun?

Maxim: Ja, das klingt heldenhaft, war aber

dumm. In dem Alter ist das ja nicht so dramatisch,

in Deutschland jedenfalls. Man wird ja

nicht erschossen. Es ist einfach nur verletzend.

Nico: In Deutschland gibt es ja kein Getto.

Maxim: Ja, in Deutschland gibt’s ja kein Getto!

Ganz offiziell.

Sagt wer?

Maxim: Das Bundesamt für Gettoforschung.

Tarek: Der Gettopräsident.

Auf euren Konzerten erlebt man oft eine große

Anzahl von Jungs, die offenbar große Freude

daran haben, eure Hooks bierselig in bester

Volksfestmanier mitzugröhlen. Stört euch

das?

Maxim: Nö, das ist klasse. Ein bisschen gerader

singen könnten sie manchmal. Das haben

wir bei den Frauenkonzerten gemerkt. Als nur

Frauen im Raum waren, klang das alles ein wenig

besser. Aber ansonsten ist das natürlich vorbildlich.

Eine der Qualitäten, die ein K.I.Z.-Fan

mitbringen sollte.

Aber meistens ist es sehr positiv. Die hatten immer eine

Mischung aus Respekt und etwas Angst vor uns

Ich denke nicht, dass jeder das braucht. Journalisten

brauchen das sicherlich oftmals, aber

ansonsten …

Maxim: Ich finde das gar nicht schlimm! Wenn

eine Schublade dem dient, dass du im Plattenladen

weißt, ich mag die Art von Musik, dann

gehe ich hier bei Black Music rein, egal wie lächerlich

man so eine Bezeichnung findet, dann

ist das völlig okay. Ich bin jetzt niemand, der

sagt, dass man mich nicht in eine Schublade

stecken kann. Aber dass man daran verzweifelt,

wenn man keine Schublade findet, ist ein selbst

gemachtes Problem.

Wie bewertet ihr allgemein eure Erfahrungen

mit Medien? Wie begegnen euch Journalisten?

Tarek: In der Zeit von 2005 bis 2010 haben die

Leute ja an Berliner Rap gezweifelt. Es wurde

immer gesagt, es gebe keine sozialen Brennpunkte

oder Gettos hier. Da wurden wir immer

ganz erleichtert als Gegenentwurf zu dieser

Musik gesehen, was uns extrem genervt hat.

Dementsprechend war das Feuilleton uns immer

sehr wohlgesonnen – und das ist es bis

Es ist viel lustiger, wenn man dem Menschen

nicht gibt, was er möchte.

Maxim: Das ist Rapmusik und keine Schrank-

Bauanleitung, das muss man nicht alles verstehen.

Es gibt Dinge, die verstehe ich auch nicht

unbedingt. Ich verstehe nicht, wie Leute Klavier

spielen können. Ist doch egal, es hört sich geil an.

Auf eurem neuen Album „Hurra die Welt geht

unter“ gibt es den Song „AMG Mercedes“ –

beschreibt ihr da eure eigene Vergangenheit?

Maxim: Ja, das ist Real Talk. Zweifelst du das

an? Wir erzählen da ja nicht, dass wir Leute erschießen

würden …

Nico: Das ist dann auch für die Leute interessanter,

weil es dadurch einen Reality-Fernseh-

Charakter bekommt, dass man dann sagen

kann: Okay, der hat das und das erlebt. Aber

ansonsten, wenn wir die uns ausgedacht hätten,

wären uns die Geschichten vielleicht ein

bisschen zu langweilig.

Maxim, du rappst da, dass du alleine zu einem

Einzelkampf gegangen bist …

Was ist denn da die Offenbarung, die man dort

für sich gewinnen kann?

Maxim: Das ist schwer zu beschreiben, du

musst da gewesen sein. Kauf dir die Special

Edition jetzt bei Amazon. Ist gerade ein bisschen

billiger geworden, 39 Euro.

Tarek: Nur noch 39? Mensch, da würde ich zuschlagen!

Maxim: Ja. Mit dem exklusiven Mixtape, ausschließlich

mit Songs von 2000 bis 2004.

Tarek: Alter Schwede. Und dann auch noch

eine Fahne!

Maxim: Und ein Kartenspiel! Und noch eine

DVD mit dem splash!-Auftritt.

Tarek: Das ist nicht nichts.

Maxim: Und das alles in der Form einer Atombombe.

Also ich meine, schlagt zu! B


INTERVIEW: Dennis Kraus

Jan Grube Vids

HUTFOTOS:

AB,

Dr. Bootleg, mit deinen Remixen hast du im Netz ordentlich

Staub aufgewirbelt. Was treibt dich an, Remixe von deutschen

Rapsongs mit vorzugsweise amerikanischen Instrumentals zu

machen?

Ich war mehrere Jahre im Ausland unterwegs, zum Beispiel in

Thailand, Südafrika und Venezuela. Und eine Sache ist mir da immer

wieder aufgefallen: Die Leute haben einen stärkeren Bezug

zu Musik in heimischer Sprache. Das ist mir besonders in Caracas

aufgefallen. Da hat der DJ, der vor mir aufgelegt hat, einen

Cumbia-Remix von Snoop Doggs „Drop It Like It’s Hot“ gespielt.

Die Leute sind komplett durchgedreht. Und wenn ich dann von

meinen Reisen zurück kam und hier in einen Klub ging, fehlte mir

immer etwas. Man kennt das ja aus manchen Klubs, wenn zum

Beispiel „Hammerhart“ gespielt wird und die Leute dann hammerhart

abgehen. Diese Energie fehlt mir einfach viel zu oft. Und

meine Vision ist es tatsächlich, dass in deutschen Klubs überwiegend

deutsche Musik gespielt wird.

DR.

Woran liegt es deiner Meinung nach, dass – abgesehen von den

Deutschrap-Partys – in den Klubs wenig Deutschrap läuft?

Wenn man versucht, einen Klub-Track zu machen, ist das eigentlich

schon zum Scheitern verurteilt. So ein Song muss einfach

ein gewisses Feeling haben. „Lean Back“ zum Beispiel ist ja kein

richtiger Klub-Track, was die Lyrics angeht, durch die Produktion

funktioniert der aber trotzdem überall. Mit Remixen kann man

das, denke ich, in diese Richtung lenken. Natürlich spielen die DJs

BOOTLEG

dabei eine wichtige Rolle. Und das war dann auch der Anlass für

mich, mir mal ein paar Songs vorzunehmen.

Von vielen Deutschrap-Songs, die du mit einem fremden Beat

versiehst, gibt es offiziell keine Acapellas. Woher bekommst du

die? Besorgst du dir von den Künstlern die Vocal-Spuren oder

arbeitest du mit Phasenauslöschung?

Mit Phasenauslöschung. Mittlerweile ist es für mich sogar

einfacher zu remixen, wenn ich das Acapella filtere. Wenn du

das Acapella filterst, weißt du direkt, wo die Vocals einsetzen,

20 BACKSPIN #117 Sommer 2015


und musst nur noch das Tempo anpassen. Bei

einigen Acapellas hat man dann ab und zu mit

Störfrequenzen zu kämpfen. Da muss man sich

dann zu helfen wissen.

Wie zum Beispiel?

Die Acapellas werden quasi durch Subtraktion

gefiltert. Die Formel wäre dann: Original minus

Instrumental gleich Acapella. Das Instrumental

bekommt man ja mittlerweile ziemlich häufig bei

den ganzen Premium-, Limited- und was es da

nicht noch alles für Versionen gibt mitgeliefert.

Das mache ich mir zunutze. Ich lege die beiden

Versionen als WAV auf jeweils eine Spur in mein

Default-Template, wobei auf der Instrumentalspur

die Phasen umgekehrt sind. Dann werden

die Spuren synchronisiert und das Tempo angepasst

– und schon kann es losgehen. Wichtig

ist, dass die Spuren exakt übereinander liegen.

Dafür arbeite ich fast ausschließlich mit Abelton

Live. Das Filtern dauert dann nur noch wenige

Minuten.

Ist es zwingend notwendig, WAV-Dateien zu

verwenden? Oder funktioniert das auch mit

MP3s?

Ich versuche, MP3s zu meiden. Bei einigen

Songs funktioniert das aber auch mit MP3s, unkomprimiert

ist aber qualitativ immer besser.

Hast du schon Feedback von Künstlern bekommen,

die du geremixt hast?

Ja, die 187 Strassenbande, SSIO, Favorite,

Olexesh, Hanybal, Freunde von Niemand, Marla

Blumenblatt, Zugezogen Maskulin und Edgar

Wasser haben mir Props gegeben und meine

Remixe auf Facebook und Twitter gepostet. Das

freut mich und dafür bin ich den Künstlern dankbar.

Was muss ein Deutschrap-Song haben, damit

du ihn remixen willst?

Ich höre mir fast alle aktuellen Alben an, und ein

oder zwei Songs bleiben meist hängen. Für die

Beatauswahl orientiere ich mich oft an den Inspirationen

des Künstlers. Das war zum Beispiel bei

Favorites „Europas wichtigster Mann“ der Fall.

Da hat sich dann „Slim Shady“ von Eminem ganz

gut gemacht.

In vielen Fällen kombinierst du aktuelle

Deutschrap-Songs mit etwas älteren US-Instrumentals.

Zufall?

Nein. Ich habe die meisten Songs als 12inch zu

Hause. Dadurch bekommt man auch einen ganz

anderen Bezug. Das ist halt die Musik, mit der

ich aufgewachsen bin. Ich verfolge da jetzt aber

kein gewisses Schema. Der Remix muss für mich

einfach Sinn ergeben. Das kann dann über den

Inhalt laufen, oder auf Basis des Flows und der

Rhythmik – im besten Fall beides. Das ist jedoch

komplett unterschiedlich. Ich könnte dir aber zu

jedem Remix eine kleine Geschichte erzählen,

warum genau der so gemacht wurde.

Wie bringst du Acapella und Instrumental auf

ein Tempo? Arbeitest du viel mit Time-Stretching

oder setzt du von vornherein auf die Kombination,

dass beide Songs in puncto Tempo

nah beieinander liegen?

Ich bin da recht flexibel. Bei den gefilterten Acapellas

ist das etwas schwieriger. Da kannst du

nicht einfach 10 BPM hoch- oder runtergehen.

Das würde sich soundmäßig bemerkbar machen.

Ich würde aber eher das Acapella in Richtung

Beat bringen als umgekehrt. Aber wenn etwas

von Anfang an überhaupt nicht passt, wird

es auch nicht passend gemacht. Das ist so meine

Bauernregel.

Auf Twitter schreibst du, Dr. Bootleg therapiere

Deutschrap. Hat Deutschrap eine Therapie nötig?

Definitiv, ja! Diagnose positiv! Zur angewandten

Therapie muss ich jedoch auf meine ärztliche

Schweigepflicht verweisen.

Hat sich durch deine Deutschrap-Remixe für

dich etwas geändert? Ist jemand auf dich zugekommen,

der mit dir zusammenarbeiten möchte?

Ja, der eine oder andere Künstler beziehungsweise

Manager hat sich bei mir bereits gemeldet,

woraus Zusammenarbeiten entstanden. Für

mich ist es jetzt einfacher, über das Internet mit

Künstlern und Labels in Kontakt zu treten.

Spielst du mit deinen Remixen eigentlich auch

auf die Remix-Kultur an, die es in den 90ern in

den USA gab?

Auf jeden Fall. Ich habe mir viele Maxis nur wegen

der Remixe gekauft. Das Original war da häufig

Nebensache. Deutschem Hip-Hop fehlt diese

Remix-Szene. Ähnlich sieht es mit der deutschen

Mixtape-Szene aus. Hier veröffentlicht ein Rapper

seine B-Tracks als Mixtape. Das hat ja mit

dem Werk eines DJs überhaupt nichts mehr zu

tun.

Wann hast du eigentlich mit DJing angefangen?

Das muss so um 2000 gewesen sein. Ich wollte

eigentlich immer ein Instrument lernen, aber das

war bei uns damals einfach nicht drin. Mein großer

Bruder kam dann irgendwann mit einem kopierten

VHS-Tape vom „Battle of the DJs“ (Hamburg,

1996, Anm. d. Red.) um die Ecke. Nachdem

ich mir dann günstig zwei gebrauchte Plattenspieler

und einen Mixer besorgt hatte, ging’s ab!

Ich habe damals auch an einer ITF-Meisterschaft

teilgenommen. Aber heute versuche ich, Turntablism

so einzubinden, dass das Gesamtprodukt

soundtechnisch für den Hörer verständlich und

leicht zu verdauen ist.

Wirst du mit deiner Remix-Geschichte noch

weitere Schritte gehen? Wohin soll sich das

entwickeln?

Dr. Bootleg wird ein Live-Act mit dem Fokus auf

Deutschrap. Da wird es Turntable-Action geben,

wie es sie so vorher noch nicht gab. Das wird

wild! Ich habe dafür auch schon ein paar Ansätze

fertig, aber das nimmt ein bisschen mehr

Zeit in Anspruch als ein Remix. Darüber hinaus

will ich eine Online-Plattform namens „Deutsch

Rap Bootlegs“ starten, auf der nicht nur meine

eigenen Remixe zu hören sein werden. Leute wie

Drunken Masters oder Symbiz Sound produzieren

ja bereits sehr gute Deutschrap-Remixe. Ich

möchte einfach einen Teil zur Remix-Szene in

Deutschland beitragen und deutschen Rap klubtauglicher

machen.

Wenn du die Acapella- und die Instrumental-

Spur aus Ableton exportierst, wirst du ja wahrscheinlich

einen gewissen Lautstärke-Verlust

haben. Besserst du da per Mastering noch mal

nach?

Obwohl das Material schon gemastert wurde,

benutzte ich, je nachdem, noch eine DJ-Master-

Software namens „Platinum Notes“ im A-B-Vergleich,

um die Remixe etwas lauter zu bekommen.

Heutzutage wird die Musik ja viel stärker

komprimiert als in den 90ern. Ein aktuelles Beispiel

sind die Beats von Xatar. Die sind einfach so

knackig produziert und komprimiert, dass sich im

A-B-Vergleich die Beats aus den 90ern dagegen

dünn anhören.

Welche Erfahrungen hast du bisher mit der Urheberrechtsthematik

gemacht?

Mir ist klar, dass dieses Urheberrechtsmassaker

jederzeit vorbei sein kann. Das geht nicht ewig so

weiter. SoundCloud räumt da gerade auf. Dazu

muss ich noch sagen: Ich möchte mit den Remixen

kein Geld verdienen. Ich kann ja nichts verkaufen,

das mir nicht gehört.

Machst du eigentlich auch selbst Beats?

Ja, aber das ist eher etwas für mich. Damit gehe

ich nicht raus.B

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 21


Ein Interview mit

FALK

SCHACHT

„Es war nie mein Plan, Journalist zu werden“

INTERVIEW: Niko Hüls, Dennis KrauS

FOTOS: Phillip Gätz c/o PAM // www.phillipgaetz.de

22 BACKSPIN #117 Sommer 2015


Dann und wann kommt Falk Schacht zum Mittagessen in der BACKSPIN-Redaktion vorbei. Selbstverständlich wird dann auch die allgemeine

Großwetterlage im Hip-Hop diskutiert. Für dieses Gespräch jedoch haben wir uns etwas zurückgenommen und vor allem Fragen gestellt.

Wie empfindet er es, von den großen Medien als Hip-Hop-Experte zurate gezogen zu werden? Was ist die Hip-Hop-Expertise wert? Wie

war das eigentlich mit „Mixery Raw Deluxe“? Und welche Richtungen wird Deutschlands bekanntester Hip-Hop-Nerd künftig einschlagen?

Falk, du wirst von den Mainstream-Medien gerne

als Experte zurate gezogen. Was muss in der Rap-

Welt passieren, damit dich Journalisten anrufen?

Wenn etwas hochkocht, werde ich von Kollegen

angerufen. Als zum Beispiel dieses B.S.H.-Cover

mit den sich küssenden Jungs veröffentlicht wurde,

begann eine Homophobie-Diskussion – und da

wurde ich angefragt.

Neben ein, zwei anderen Hip-Hop-Experten haben

viele Sendeanstalten offenbar dich als solchen in

ihrer Datenbank. Äußerst du dich gerne gegenüber

Mainstream-Medien zu Hip-Hop-Themen?

(Überlegt) Darüber denke ich nicht groß nach. Ich

nehme an, dass man mich deshalb fragt, weil man

mir zutraut, die Antwort zu wissen. Häufig sind das

Fragen, die ich mir schon mal selbst gestellt habe.

Hip-Hop hat bei mir so viele Fragen aufgeworfen,

und auf der Suche nach den Antworten habe ich

dann auch noch Antworten auf Fragen gefunden,

die ich mir selbst gar nicht gestellt hatte. Für mich

ist das spannend.

Hast du als Experte für größere Medien schon

mal schlechte Erfahrungen machen müssen?

Wurde zum Beispiel mal nur der eine Satz, der

eine Schnipsel benutzt, den die von dir haben

wollten, der aber aus dem Kontext gerissen wurde

und so eine andere Wirkung bekam?

Vor so etwas habe ich mich immer geschützt.

Ich frage vorher ziemlich genau, worum es geht

und was das Ziel ist. Und wenn ich merke, dass

auf der anderen Seite keine Sensibilität für das

Thema herrscht, halte ich es nicht für sinnvoll, da

mitzumachen. Außerdem dokumentiere ich die Interviews

immer, sodass ich hinterher einen Beleg

darüber habe, was gesprochen wurde.

Welchen Wert misst du deiner Expertise in diesem

Zusammenhang bei? Kann man den beziffern?

Du meinst den rein kapitalistischen Wert?

Am Ende ist ja auch das ein Job, oder?

Was den Respekt innerhalb der Szene angeht,

kann ich mich nicht beschweren. Und darauf basiert

ja auch, dass ich angefragt werde. Aber meist

ist es vielen egal, was ich die letzten Jahre gemacht

habe. Denen geht es dann eher um ein paar

schnelle Antworten. Die meisten Sachen sind ja so

kurze Geschichten. Da geht es nicht um etwas Finanzielles.

Längere Geschichten sind vergleichbar

mit dem Schreiben von Artikeln in Zeitschriften.

Das heißt, eine Expertise wie zum Beispiel deine

ist unter Umständen erst mal vollkommen

egal?

Ja. Es geht nicht darum, was man weiß oder kann,

sondern darum, dass man in eine Schablone

passt. Bei den Öffentlich-Rechtlichen kann man

sich genau anschauen, wie die gerade um das junge

Publikum buhlen. Die sehen den Erfolg einiger

YouTuber und fragen sich, wieso das funktioniert.

Trotzdem wirst du nur angefragt, wenn du eine

Marke bist. Erst dann kommt bei anderen das Interesse,

mit dir zu arbeiten. Ohne die jahrelange Vorarbeit

würde sich ja keiner für mich interessieren.

„Ich achte immer darauf, dass bei meinen Interviews die redaktionelle Freiheit

gewahrt ist und ich gewisse journalistische Standards einhalte“

Merkst du denn, dass du durch deine Experten-

Äußerungen deinen Marktwert steigerst?

Zumindest wird so meine Marke, mein Image verbreitet.

Und das Produkt deiner Marke bist du, der Moderator

und Journalist?

Natürlich, ich bin ja selbstständig. Jeder von

uns vermarktet sich ja im Grunde selbst. Wir alle

vermarkten unsere Arbeitskraft und unsere Fähigkeiten,

jeden Tag. Darauf basiert unser Gesellschaftssystem.

Natürlich gibt es Unterschiede,

was den Grad der Vermarktung betrifft. Es ist Teil

meines Berufs, in der Öffentlichkeit zu stehen,

und natürlich hat man dadurch ein Image. Aber

auch das ist eigentlich etwas, was jeder Berufstätige

auch hat. Dein Arzt hat auch ein Image, an

dem er arbeitet – auch wenn das nicht sein Primärziel

ist. Aber er muss darauf achten, dass er

ein gutes Image hat. Wer will schon zu dem Arzt

gehen, der keinen guten Ruf hat? Und so geht

mir das auch. So achte ich zum Beispiel immer

darauf, dass bei meinen Interviews die redaktio-

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 23


nelle Freiheit gewahrt ist und ich gewisse journalistische

Standards einhalte.

Das erste Mal Geld dafür bekommen, dass du

über Rap sprichst, hast du von Viva 2. Kannst du

dich an das Gefühl erinnern, als dein erstes so

verdientes Geld auf deinem Konto landete?

Ja. Es war nie mein Plan, Journalist zu werden, es

passierte einfach – wie so vieles in meinem Leben.

Aber du hast weiter „Supreme“ gemacht …

Natürlich. Aber ich überlegte auch, was eine Alternative

hätte sein können.

Zur Not hättest du wieder Pizza ausfahren müssen?

Theoretisch. Und dann ist da immer so ein Punkt:

Was ist privat, was ist Beruf? Das frage ich mich bis

heute. Wenn ich heute Abend im Netz etwas über

fragen mich und nennen mich einen Experten

oder geben mir komische Namen wie „Der Papst

des Hip-Hop“ oder „Der Günther Jauch des Hip-

Hop“ oder „Der Roger Willemsen des Hip-Hop“.

Hattest du dennoch auch das Gefühl, es geschafft

zu haben? Immerhin warst du beim

Fernsehen …

Nein, das ist in meiner Persönlichkeit nicht so angelegt.

Ich bin ein Getriebener, der die Dinge einfach

macht. Natürlich reflektiere ich auch viel, aber

das Tolle am Machen ist, dass dabei Dinge passieren,

die mir ständig neue Ideen ermöglichen.

Und man muss auch ehrlich sein, nicht alles, was

glänzt, ist Gold.

Meinst du damit die Geschichte von „Mixery Raw

Deluxe“ bei Viva?

Ja, das war eine andere Baustelle. Mein Vertrag

war noch nicht ausgelaufen. Als aber der von MC

Rene auslief, brauchten die einen neuen Host, also

setzten die mich da drauf. Als mein Vertrag dann

auch auslief, war ich da auch weg. Allerdings erweckte

man eine Zeit lang den Eindruck, dass die

Sendung weiterlaufen könnte, sie sollte nur mehr

„sexy“ sein. Es dauerte dann nicht mehr lange, bis

ich mit der Sendung ins Internet wechselte und sie

dort erfolgreich weiterführte.

Ich habe viele Jahre nebenher für verschiedene

Magazine geschrieben und Radio gemacht. Ich

habe damals das ganze Handwerk mit der Learning-by-Doing-Methode

erlernt, und wenn ich meine

ersten Texte lese, muss ich natürlich schmunzeln.

Ich musste in den acht Jahren aber auch

von irgendetwas leben. Ich habe jeden Scheißjob

gemacht, saß bei der Telekom im Callcenter, war

bei McDonald’s, habe Pizza ausgefahren etc. Da

war das Geld von Viva 2 natürlich ein Traum. Ich

habe mich damals so in die Arbeit gestürzt, dass

ich irgendwann einen Burn-out bekam, inklusive

Hörsturz und so weiter. Wobei ich nach zwei, drei

Jahren an einen Punkt kam, wo ich überlegt habe,

mich nicht mehr mit Hip-Hop zu beschäftigen. Das

hat ein halbes Jahr gedauert und hatte mit dem

Aufstieg von Aggro Berlin zu tun. Für mich war das

nicht der Hip-Hop, mit dem ich groß geworden bin.

Und das hat mich echt an meine Grenze gebracht.

Mir hat am Ende geholfen, mich intensiv mit der

Geschichte von Hip-Hop auseinanderzusetzen. Dabei

habe ich so viele Widersprüche entdeckt, dass

mir klar wurde: Wir alle haben ein zu starres Verständnis

der Hip-Hop-Kultur. Wir erdrücken Hip-

Hop mit unseren Forderungen, die eigentlich nur

Ausdruck unserer Persönlichkeit sind, und deshalb

nicht zwingend für andere gelten müssen.

Hip-Hop lese, ist das dann privat? Was ich da lese,

kann ich schließlich auch in meinem Job gebrauchen.

Privat- und Arbeitsleben sind für mich also

eigentlich eins.

Man kann es auch so sehen, dass du für die Ausübung

deines Hobbys bezahlt wirst. Das ist doch

auch Luxus, oder?

Total. Jeder Mensch in Deutschland sollte dafür

bezahlt werden, das zu tun, was er liebt.

Und du hast dafür auch eine Menge Props bekommen

Dafür bin ich auch dankbar. Obwohl ich aus Perfektionismus

heraus immer denke, dass ich es noch

besser machen kann.

Trotz der Selbstzweifel hast du dich aber weiter

vor die TV-Kameras gestellt und eine Hip-Hop-

Sendung moderiert. Da ist doch eigentlich kein

Platz für Selbstzweifel, oder?

Selbstzweifel habe ich, aber sie halten mich nicht

davon ab, das zu tun, was andere für gut erachten.

Ein wenig hat das auch etwas von einem Getriebenen.

So ist das auch mit diesem Experten-Ding.

Ich weiß, dass ich über bestimmte Dinge mehr

weiß als andere. Darum kommen andere zu mir,

So konntest du, wie nur einige sehr wenige andere

in Deutschland auch, dein Leben weiter mit

Hip-Hop-Journalismus bestreiten. Das war ein

Luxus. Eine goldene Ära für die Angestellten der

Juice, der BACKSPIN und für dich …

Insgesamt gab es damals trotzdem wenige Leute,

die von Hip-Hop relativ gut leben konnten.

Wobei wir hier schnell bei der Frage sind, wer

Hip-Hop ist und wer nicht. Einige von denen, die

gut von Hip-Hop leben konnten, waren vorher

Punks und sind nur dazugestoßen, indem sie sich

als Manager um Hip-Hopper gekümmert haben.

Das war damals der Zeitgeist – und das Business.

Die Hip-Hopper, die damals davon leben konnten,

waren also Privilegierte. Und heute gibt es

eben Tausende, die gerade mal so auf halb acht

davon leben können.

Und die beuten sich oftmals selbst dafür aus …

Absolut. Damals habe ich mir dann auch die Frage

gestellt: Ist das jetzt Glück? Ist das Können? Ist das

Schicksal? Schließlich kam ich zu dem Schluss,

dass du, wenn du etwas mit Herzblut machst,

am Ball bleibst und dich bewegst, immer vorankommst

und belohnt wirst.

Als du „Mixery Raw Deluxe“ gemacht hast, waren

die anderen, größeren Hip-Hop-Medien ja

schon ins Straucheln geraten. Die Medienkrise

24 BACKSPIN #117 Sommer 2015


war in vollem Gange. Hast du dich da als Privilegierten

gesehen? Ihr wart da ja durch euren

Sponsor außen vor …

Ich habe natürlich beobachtet, was da passierte.

Euch ging es nicht gut, dem splash! ging es nicht

gut. Das waren alles Indikatoren, die in meine Bewertung

mit eingeflossen sind. Natürlich machte

mir das etwas aus, ich bin ja Angehöriger dieser

Kultur und möchte, dass es ihr gut geht.

Wie bist du damit umgegangen?

Was sich für mich verändert hat, war zum Beispiel,

dass ich den Falk, der 2003/2004 von der Entwicklung

um Aggro Berlin abgeturnt war, dumm

fand. Irgendwann hatte ich begriffen, dass diese

Entwicklung Hip-Hop nicht töten würde, sondern

dass das einfach ein anderer Ansatz war.

Mit dem bin ich zwar nicht aufgewachsen, aber

ich lernte viel darüber und merkte, dass die Einseitigkeit

keinen Sinn hatte. Dann machte ich

mein erstes Interview mit zum Beispiel MC Bogy

– einfach auch, weil ich neugierig war, und um

mich selbst herauszufordern. Das brachte mir

Spaß und ich habe unglaublich viel gelernt dadurch,

auch fürs Leben.

Haben dich damals auch die Einschaltquoten

beeinflusst? Für „Mixery Raw Deluxe“ im Netz

konntet ihr die ja – im Gegensatz zu deiner Zeit

bei Viva – klar ermitteln …

Ja und nein. Bei Viva habe ich nie eine Quote unter

die Nase gehalten bekommen. Daher haben

wir auch einfach das gemacht, worauf wir Bock

hatten. Als es dann ins Netz ging, gab es natürlich

Wunschquoten. Allerdings habe ich die kleinen

Themen deswegen nicht vernachlässigt und platzierte

sie zwischen den großen Themen, von denen

ich wusste, dass die die Quote bringen. Das

habe ich mir nicht nehmen lassen.

Warum gab es „Mixery Raw Deluxe“ nicht auf

YouTube?

Das war eine hausinterne Entscheidung.

Nun liegt die Website seit Januar 2014 brach.

Wieso eigentlich?

Kein Kommentar.

So eine Antwort gibt man, wenn man in einem

Rechtsstreit liegt …

Kein Kommentar.

Schon gut. Dennoch kann man sagen, dass das

Hip-Hop-Publikum gerne wenigstens irgendetwas

von Falk Schacht möchte …

Das ist dasselbe wie mit dem Experten-Dasein.

Man kann sich das so vorstellen, dass ich ein

bisschen so wie eine Sicherheitsfirma bin. Da ich

das Image habe, derjenige zu sein, der weiß, wie

Hip-Hop funktioniert, kann man sich bei mir eine

Art Sicherheit einkaufen, sodass die Leute einem

vertrauen. Wenn also ein Kollege von Deutschlandradio

Kultur mich befragt, holt er sich die

Sicherheit, dass sein Beitrag als respektabel angesehen

wird.

„Privat- und Arbeitsleben sind

für mich eigentlich eins“

Ein Interview mit

FALK

SCHACHT

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 25


Aktuell ist Facebook die für dich beste Präsentationsfläche,

oder? Was treibt dich an, dort so aktiv

zu sein?

Früher hatte ich dafür so einen privaten Newsletter,

den bekamen zum Beispiel ihr beide, Dendemann,

Jan Delay, Kool Savas, Sido etc. Und dann sagte

mir Jan Delay: „Dicker, mach’ das doch mal auf

Facebook!“ Und er hatte recht. Der Austausch mit

den Leuten bringt mir Spaß. Zunächst hatte ich darauf

keinen Bock, ließ mich dann aber überzeugen

und merkte: Das ist cool. Wie viel und was ich da

poste, ist allerdings abhängig davon, wie viel Zeit

ich habe. Aktuell sind wir ja mitten im Release von

„Street Jazz“, sodass sich die meisten Facebook-

Aktivitäten darum drehen.

Du hast dein Label Catch The Beat gegründet –

wie sehr hängt der Erfolg des Labels davon ab,

dass die Person dahinter du bist?

Das weiß ich nicht. Meine Bekanntheit ist natürlich

von Vorteil. Aber am Ende bin ich überzeugt, dass

es immer die Musik ist, die zählt. Meine Bekanntheit

ist aber natürlich von einem gewissen Vorteil.

Dazu kommt, dass meine Fähigkeit als Journalist

darin besteht, mit einem Lichtstrahl Aufmerksamkeit

auf einen Punkt zu lenken. Ich bin dann sozusagen

der Leuchtturm. Und wenn ich das Licht auf

ein Goldstück richte, dann sagen die Leute: „Oh,

ein Goldstück!“ Und wenn ich es auf einen Haufen

Schrott richte, sagen sie: „Oh, ein Haufen Schrott!“

Dasselbe ist es mit meinem Label. Ich richte den

Lichtstrahl auf ein Projekt, das ich mir ausgedacht

habe, und das am Ende natürlich ein Stück Gold

sein muss. Letztlich aber entscheidet das Publikum.

Wenn man sich umschaut, haben sich einige Hip-

Hop-Journalisten zweite und dritte Standbeine

aufgebaut. Heißt das, als Hip-Hop-Journalist verdient

man zu wenig?

Natürlich verdienen wir Hip-Hop-Journalisten zu

wenig. Aber frag doch mal in der Medienbranche

allgemein, wie viele dort der Meinung sind, fair

bezahlt zu werden. Und wir sind eine Nische innerhalb

dieser Branche.

Angenommen, Hip-Hop bekommt noch mehr

gesellschaftliche Relevanz – könnte das etwas

daran ändern?

Dann würden jedenfalls die Protagonisten wichtiger

und es gebe ein gesteigertes Bedürfnis

nach Hip-Hop-Informationen. Inwieweit die Mainstream-Medien

darauf reagieren werden, ist aber

schwer zu sagen..

Auch wenn du sagst, dass du eigentlich nichts

planst: Wohin soll oder wird sich die Marke Falk

Schacht entwickeln?

Mein Name wird immer etwas mit Musik und Kultur

zu tun haben, egal in welcher Form.

Eigentlich müsstest du – um zum Schluss noch

mal einen Namen aus dem Hut zu zaubern – der

Jan Böhmermann des Rap werden, oder?

Nein, denn Jan Böhmermann ist schon der Jan

Böhmermann des Rap. Der ist Hip-Hop-affin. Und

er hat Dendemann und seine Band in die Sendung

geholt, das ist schwer zu toppen.

So eine Antwort gibt man, wenn man in einem

Rechtsstreit liegt …

Kein Kommentar.

Schon gut. Dennoch kann man sagen, dass das

Hip-Hop-Publikum gerne wenigstens irgendetwas

von Falk Schacht möchte …

Das ist dasselbe wie mit dem Experten-Dasein.

Man kann sich das so vorstellen, dass ich ein bisschen

so wie eine Sicherheitsfirma bin. Da ich das

Image habe, derjenige zu sein, der weiß, wie Hip-

Hop funktioniert, kann man sich bei mir eine Art

Sicherheit einkaufen, sodass die Leute einem vertrauen.

Wenn also ein Kollege von Deutschlandra-

„Ich bin sozusagen ein Leuchtturm. Wenn ich das Licht auf ein Goldstück

richte, sagen die Leute: ‚Oh, ein Goldstück!‘ Und wenn ich es auf

einen Haufen Schrott richte, sagen sie: ‚Oh, ein Haufen Schrott!‘“

Ein Interview mit

FALK

SCHACHT

26 BACKSPIN #117 Sommer 2015


dio Kultur mich befragt, holt er sich die Sicherheit,

dass sein Beitrag als respektabel angesehen wird.

Aktuell ist Facebook die für dich beste Präsentationsfläche,

oder? Was treibt dich an, dort so aktiv

zu sein?

Früher hatte ich dafür so einen privaten Newsletter,

den bekamen zum Beispiel ihr beide, Dendemann,

Jan Delay, Kool Savas, Sido etc. Und dann sagte

mir Jan Delay: „Dicker, mach’ das doch mal auf

Facebook!“ Und er hatte recht. Der Austausch mit

den Leuten bringt mir Spaß. Zunächst hatte ich darauf

keinen Bock, ließ mich dann aber überzeugen

und merkte: Das ist cool. Wie viel und was ich da

poste, ist allerdings abhängig davon, wie viel Zeit

ich habe. Aktuell sind wir ja mitten im Release von

„Street Jazz“, sodass sich die meisten Facebook-

Aktivitäten darum drehen.

Du hast dein Label Catch The Beat gegründet –

wie sehr hängt der Erfolg des Labels davon ab,

dass die Person dahinter du bist?

Das weiß ich nicht. Meine Bekanntheit ist natürlich

von Vorteil. Aber am Ende bin ich überzeugt, dass

es immer die Musik ist, die zählt. Meine Bekanntheit

ist aber natürlich von einem gewissen Vorteil.

Dazu kommt, dass meine Fähigkeit als Journalist

darin besteht, mit einem Lichtstrahl Aufmerksamkeit

auf einen Punkt zu lenken. Ich bin dann sozusagen

der Leuchtturm. Und wenn ich das Licht auf

ein Goldstück richte, dann sagen die Leute: „Oh,

ein Goldstück!“ Und wenn ich es auf einen Haufen

Schrott richte, sagen sie: „Oh, ein Haufen Schrott!“

Dasselbe ist es mit meinem Label. Ich richte den

Lichtstrahl auf ein Projekt, das ich mir ausgedacht

habe, und das am Ende natürlich ein Stück Gold

sein muss. Letztlich aber entscheidet das Publikum.

Wenn man sich umschaut, haben sich einige Hip-

Hop-Journalisten zweite und dritte Standbeine

aufgebaut. Heißt das, als Hip-Hop-Journalist verdient

man zu wenig?

Natürlich verdienen wir Hip-Hop-Journalisten zu

wenig. Aber frag doch mal in der Medienbranche

allgemein, wie viele dort der Meinung sind, fair

bezahlt zu werden. Und wir sind eine Nische innerhalb

dieser Branche.

Angenommen, Hip-Hop bekommt noch mehr

gesellschaftliche Relevanz – könnte das etwas

daran ändern?

Dann würden jedenfalls die Protagonisten wichtiger

und es gebe ein gesteigertes Bedürfnis

nach Hip-Hop-Informationen. Inwieweit die Mainstream-Medien

darauf reagieren werden, ist aber

schwer zu sagen..

Auch wenn du sagst, dass du eigentlich nichts

planst: Wohin soll oder wird sich die Marke Falk

Schacht entwickeln?

Mein Name wird immer etwas mit Musik und Kultur

zu tun haben, egal in welcher Form.

Eigentlich müsstest du – um zum Schluss noch

mal einen Namen aus dem Hut zu zaubern – der

Jan Böhmermann des Rap werden, oder?

Nein, denn Jan Böhmermann ist schon der Jan

Böhmermann des Rap. Der ist Hip-Hop-affin. Und

er hat Dendemann und seine Band in die Sendung

geholt, das ist schwer zu toppen.B


INTERVIEW: RENÉ GRÖGER

FOTOS: ICE H2O

verbal intercourse mit

RAEKWON

28 BACKSPIN #117 Sommer 2015


Seit nunmehr zwei Dekaden füttert Corey Woods aka Raekwon the Chef seine Fans mit feinster Rap-Kost. Als ranghohes Mitglied des Wu-Tang Clan

schrieb er in den 90ern Hip-Hop-Geschichte. Sein Solodebüt „Only Built 4 Cuban Linx...“ gilt als Meilenstein des Straßenrap. Während viele seiner

Kollegen an Relevanz verloren, erarbeitete sich der MC mit den mafiösen Lyrics einen Status als respektierter Rap-Veteran. BACKSPIN sprach mit

Raekwon über seine bewegte Karriere im Musikgeschäft und das neue Album „Fly International Luxurious Art“.

Raekwon, seit deinem ersten Soloalbum sind nun

ungefähr 20 Jahre vergangen …

Das ist total verrückt, Alter. Wenn ich darüber

nachdenke, kommt es mir gar nicht so lange vor.

Ich fühle mich nicht so, als würde ich das schon

20 Jahre lang machen. Versteh mich nicht falsch,

ich habe extrem viel Arbeit reingesteckt, um relevant

zu bleiben. Das Gefühl dabei ist aber noch so

frisch, als hätte ich erst vor zehn Jahren angefangen

mit dem Rappen.

Du bist in New York Ende der 70er- und Anfang

der 80er-Jahre aufgewachsen. Wie kamst du in

Kontakt mit der Hip-Hop-Kultur?

Hip-Hop war überall. Es war egal, ob du in der

Bronx warst oder so wie ich auf Staten Island.

gesagt, er solle nicht auf mich zielen. Wie gesagt,

es gab viele Schießereien in unseren Projects, da

lernst du schnell, dass du mit Waffen vorsichtig

sein musst. Er hat die Pistole auf das Zimmerfenster

gerichtet. Glaub mir, wir waren alle geschockt,

als das Fenster durch den Schuss zu Bruch ging.

Was hat euch damals motiviert, mit dem Rappen

anzufangen?

Künstler wie Rakim oder Big Daddy Kane haben

uns beeindruckt, weil sie bei den Hörern etwas

ausgelöst haben. Sie hatten Einfluss auf die Leute.

Wenn ich sie mit ihren Goldketten gesehen habe,

hatte das einfach Style. Das wollten wir auch. Mit

der Zeit haben wir die Sprache des Rap verstanden

und konnten uns darin ausdrücken. Ich bin dafür

„Wir wollten unsere Gegend repräsentieren und

der Welt zeigen, dass es uns gibt“

Die Kultur wuchs von Tag zu Tag. Es war eine Bewegung,

ein regelrechter Trend. Wir hörten den

ganzen Tag Musik von Run-DMC, Slick Rick oder

KRS-One. Das waren die Leute, die mich dazu

brachten, eigene Rap-Texte zu schreiben. Sie

sprachen über den Wahnsinn im Ghetto, damit

konnte ich mich identifizieren. Damals passierte

viel Scheiße in meiner Gegend. Es gab fast täglich

Schießereien. Ich habe versucht, das Beste daraus

zu machen. Hip-Hop gab mir die Möglichkeit, von

diesen Problemen zu erzählen. In den Texten konnte

ich das auf kreative Weise verarbeiten und so

für kurze Zeit dem Elend entfliehen. Ich hatte einfach

Spaß mit meinen Jungs. Das habe ich daran

geliebt.

Es heißt, dass du in dieser Zeit beinahe von U-

God angeschossen wurdest, als ihr mit Waffen

gespielt habt. Was war da los?

Wir haben als Teenager viel Scheiße gebaut,

musst du wissen. Wir hingen an dem Tag bei Cappadonna

ab. U-God hatte eine Knarre dabei und

hat damit herumgefuchtelt. Er tat so, als wäre sie

nicht geladen und wollte abdrücken. Ich habe ihm

einen harten Weg gegangen, habe jeden Tag geübt

und all meine Energie reingesteckt. Ich wollte gehört

werden und habe versucht, mir einen Namen

zu machen.

Wurde RZA so auf dich aufmerksam, als er den

Wu-Tang Clan gegründet hat?

Ich kannte RZA schon, als er anfing, seine ersten

Tapes zu produzieren. Wir kamen aus der gleichen

Nachbarschaft. Er wusste, dass ich Skills habe.

Meine Stimme und mein Flow stachen hervor. Es

gab noch mehr junge Rapper, die was drauf hatten.

RZA hat das erkannt und uns zusammengebracht.

Wir wollten unsere Gegend repräsentieren und

der Welt zeigen, dass es uns gibt. Wir liebten Rap.

Insofern war die Perspektive, selbst damit durchzustarten,

perfekt für uns. Wir hatten nichts anderes.

RZA hat uns die Türen geöffnet.

Stimmt es, dass RZA damals 100 Dollar von jedem

kassiert hat, der auf der ersten Single „Protect

Ya Neck“ sein wollte?

Das stimmt. Wir hatten damals keine richtigen

Jobs. Wir hingen am Block herum und haben dort

unser Ding gemacht. 100 Dollar waren für uns eine

Menge Kohle. Wir mussten beweisen, dass es uns

wirklich ernst ist. Es war aber weniger als Investition

gedacht, sondern vielmehr als Absicherung für

RZA, damit er nicht auf den Studiokosten sitzen

bleibt.

Das erste Wu-Tang-Album „Enter the Wu-Tang (36

Chambers)“ wird bis heute als eine der besten

Rap-LPs aller Zeiten gefeiert. War euch damals

bewusst, was für einen Einfluss eure Musik haben

würde?

Uns war klar, dass wir Einiges erreichen können,

wenn wir uns reinhängen. RZA wusste, dass wir

dope sind. Es ging nur noch darum, ins Studio zu

gehen und das zu beweisen. Er gab uns die gemeinsame

Vision, etwas, woran wir glauben konnten.

Wir haben uns mächtig ins Zeug gelegt. Rap

hat uns zwar viel bedeutet, ich habe es aber eher

realistisch gesehen. Es war eine Gelegenheit, den

Hustle in meiner Hood für kurze Zeit hinter mir zu

lassen. Ich wollte den Leuten zeigen, woher ich

komme und Staten Island repräsentieren. Darauf

kam es mir an.

Trotz des starken Bezugs zu deinem Viertel hast

du auf deinem Debütalbum als erster Wu-Tang-

Rapper mit Nas auch einen Feature-Gast, der

nicht zum Clan gehört …

Daran hat sich auch bis heute nichts geändert.

Auf meinem ersten Soloalbum „Only Built 4 Cuban

Linx...“ habe ich natürlich meine Jungs vom

Wu-Tang Clan gefeaturet. Gleichzeitig war ich aber

auch Fan von anderen Rappern. Ich meine, ich bin

immer Hip-Hop-Fan geblieben. In New York gab es

viele Talente, Nas zum Beispiel. Er hatte sich schon

ein Jahr vor uns einen Namen gemacht und neue

Maßstäbe gesetzt. Mir war klar, dass ich was mit

ihm machen möchte. Wir hingen viel miteinander

herum. Als ich dann an meinem Album gearbeitet

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 29


verbal intercourse mit

RAEKWON

habe, musste ich ihn mit draufholen. Ich habe ihn

ins Studio eingeladen und wir nahmen „Verbal Intercourse“

auf.

Nicht zuletzt wegen dieses Tracks gilt „Only Built

4 Cuban Linx...“ als Klassiker. Würdest du zustimmen,

wenn man sagt, dass du damit neue Maßstäbe

für Mafia-Rap gesetzt hast?

Definitiv. Als ich das Album 1995 über Loud Records

herausgebracht habe, gab es nicht allzu viele

Leute, die über diese Dinge gesprochen haben,

jedenfalls nicht so detailliert. Ich habe das Level

angehoben. Ich habe den Leuten erklärt, wo die

Drogen und die Gewalt in den Slums herkommen.

Ich habe die Realität in meinem Umfeld abgebildet.

Trotzdem konnte ich mich gleichzeitig künstlerisch

ausdrücken. Die Musik ist wie ein Soundtrack zu

dem Leben, das ich damals geführt habe.

1994 gab es eine Flut auf Staten Island, bei der

viele Tapes in eurem Studio zerstört wurden.

Wäre das Album fast nicht erschienen?

Alter, wir haben eine Menge Musik verloren, als

das Studio überschwemmt wurde. Es waren krasse

Songs dabei, die nie jemand hören wird. Ich

hatte zu dem Zeitpunkt aber noch nicht viel eingerappt.

Im Grunde genommen waren es Skizzen

und Rohversionen von Tracks, an denen wir noch

mal gründlich arbeiten wollten. Es waren nicht nur

Songs von „Cuban Linx“, sondern vor allem Beats.

Ich glaube, RZA hat viele Instrumentals verloren,

die er in der Zeit produziert hat.

Später bist du nach New Jersey gezogen und

hast gemeinsam mit dem Rest des Clans in

einem Haus gelebt, der Wu Mansion. Wie kam

das?

Als wir so richtig erfolgreich wurden, entstand

die Idee, eine Villa zu kaufen – die Wu Mansion.

Das war so um 1996. Dort nahmen wir „Wu-Tang

Forever“ auf. Wir wollten näher beieinander sein,

damit wir uns voll auf die Musik konzentrieren

konnten. Das haben wir gemacht. Wir hingen

miteinander herum, haben Ideen entwickelt und

konnten sie direkt umsetzen. Allerdings war es

zu weit weg von unserer Hood. Ein paar von uns

haben sich dort nicht so wohl gefühlt. Ich meine,

die Wu Mansion war nie mein Hauptwohnort

oder so. Ich hatte dort zwar ein eigenes Zimmer,

doch es war mehr so etwas wie ein Rückzugsort

für mich. Vor allem, wenn wir den ganzen Tag

Musik gemacht haben und ich völlig erschöpft

war.

Als 1999 dein zweites Soloalbum „Immobilarity“

erschien, gab es einen Bruch im Hinblick auf

die Produktion: Es gab darauf keine Beats von

RZA. Wieso?

Das ist so ähnlich wie auf meinem neuen Album

„F.I.L.A.“. Du musst verstehen, ich bin MC. Das

heißt, ich bin ein Künstler, der wächst und sich

weiterentwickelt. RZA und ich haben jahrelang zusammengearbeitet.

Ich war an einem Punkt angelangt,

an dem ich das Gefühl hatte, in einem Käfig

gefangen zu sein. Ich wollte da raus und meinen

Horizont erweitern. Wie gesagt, es war mir schon

immer wichtig, mit anderen Rappern und Produzenten

Musik zu machen. Natürlich hatte der Wu-

Tang Clan seinen eigenen Style, aber gleichzeitig

wusste ich, dass wir mehr können. Als Solokünstler

habe ich die Möglichkeit genutzt, das zu zeigen.

Ich wollte nicht in einer Schublade feststecken.

Kurz darauf hast du dich von Loud Records getrennt

und bist zu Universal gegangen. Bereust

30 BACKSPIN #117 Sommer 2015


18. Juni 2015


du diesen Schritt aus heutiger Sicht? Immerhin

hattest du da auch gute Zeiten …

Nein, das würde ich so nicht sagen. Ich meine,

Loud Records hat versagt. Ich bin mit meinem dritten

Album „The Lex Diamond Story“ dann zu verschiedenen

Labels gegangen. Ich wusste ja, dass

es Interessenten gibt. Universal hat mir dann den

besten Deal angeboten. Mit der Promo, die sie für

mich gemacht haben, bin ich aber sehr unzufrieden

gewesen.

Hast du aus der Enttäuschung darüber dann dein

eigenes Label IceH2O Records gegründet?

Yeah. Zu diesem Zeitpunkt stand IceH2O schon

in den Startlöchern. Die Strukturen waren aber

noch nicht vorhanden. Durch die Probleme mit

den Plattenlabels ist mir klar geworden, dass ich

es selbst machen muss. Der Punkt war erreicht,

wo ich komplett independent sein wollte. Es war

ein logischer Schritt, meine eigene Marke zu

etablieren. Du musst dich musikalisch weiterentwickeln,

aber genauso deine Fähigkeiten als Geschäftsmann.

Das habe ich 2009 mit „Only Built

4 Cuban Linx... Pt. II“ getan. Das Album habe ich

im Alleingang gestemmt. Der Weg war steinig

ambitioniert und hungrig. Wenn Leute sagen, dass

man mit dem Alter an Power verliert, dann ist das

totaler Bullshit. Ich vergleiche mich eher mit einem

guten Wein, der mit der Zeit reift und immer besser

schmeckt.

Wie hat sich deine Herangehensweise an Songs

für „F.I.L.A.“ verändert im Vergleich zu deinem

Debütalbum?

Heute ist es etwas bunter geworden. Wenn du in

einer Gruppe bist, dann kannst du oft nur einen

bestimmten Style fahren. Der Wu-Tang Clan steht

für einen dunklen, dreckigen Sound mit cineastischen

Lyrics. Versteh mich bitte nicht falsch,

ich liebe das. Auf meiner neuen Platte konnte ich

aber endlich meine Vielseitigkeit zeigen. Natürlich

wollte ich nicht zu sehr in eine völlig andere

Richtung gehen. Die Fans kennen ja meinen

Style und wollen den hören. Gleichzeitig bin ich

aber eben auch ein Künstler, der den Leuten zeigen

möchte, dass er sich immer noch weiterentwickelt.

Ich habe keinen Bock drauf, immer das

Gleiche zu machen. Deshalb hat das Album zwar

einen gewissen 90er-Flavour, aber es zeigt dir,

dass ich mit der Zeit gehe.

und ihnen eine Plattform zu geben. Mal sehen,

was da so geht. Im Moment habe ich aber ein

sehr gutes Team um mich.

Was hältst du von Rappern wie Joey Badass oder

Action Bronson, die den klassischen New-York-

Sound zurückbringen?

Ich denke, es ist so ähnlich wie bei mir damals. Ich

habe ja anfangs gesagt, dass Slick Rick und Rakim

die Vorväter waren, zu denen ich aufgeschaut

habe. Genauso hat die neue Rap-Generation den

Wu-Tang Clan studiert. Es ist ein Trend, der sich

wiederholt. Die Jungs können sich damit identifizieren

und versuchen, es auf ihre Weise noch besser

zu machen. Sie haben erkannt, dass es nicht

darum geht, wer am meisten Geld macht. Die

Skills sind das Entscheidende.

„F.I.L.A.“ kam am 27. April raus. Wie geht es jetzt

weiter, hast du schon Pläne? Vielleicht ein Kollabo-Album

mit Ghostface?

Ghostface und ich haben schon darüber gesprochen.

Wir planen den dritten Teil von „Cuban Linx“.

Aktuell arbeite ich aber gerade an „The Purple Tape

Files“, einer Dokumentation über meinen Klassiker

„Wir haben eine Menge Musik verloren, als das

Studio überschwemmt wurde“

und hart, aber ich bin froh darüber, dass ich ihn

gegangen bin. Das Album war ein großer Erfolg.

Finanziell hat es sich definitiv gelohnt, diesen

Schritt zu gehen.

Die letzten beiden Alben des Wu-Tang Clan haben

durchwachsene Kritiken bekommen. Du hast

selbst Kritik an den Produktionen von RZA geübt.

Habt ihr mittlerweile alles geklärt?

Die Sachen, die geklärt werden mussten, haben

wir geklärt. Wu-Tang ist meine Familie, weißt du. Da

gibt es hin und wieder Uneinigkeit. Wichtig ist, dass

darüber gesprochen wird. Das haben wir getan.

Man könnte auch den Eindruck bekommen, die

Kritik an den letzten Wu-Tang-LPs hat dich noch

mehr angespornt, deine Solokarriere voranzutreiben.

Woher nimmst du die Energie?

Ich habe das große Glück, das zu machen, was ich

liebe. Ich habe meine Leidenschaft für Hip-Hop nie

verloren. Es gibt so viele gute Musiker, mit denen

ich noch arbeiten möchte, um die Musik besser zu

machen. Ich stecke mir hohe Ziele, um das Bestmögliche

zu erreichen. Darum bin ich nach wie vor

Der Ansatz zeigt sich schon in der Auswahl deiner

Feature-Gäste. Du hast alte Weggefährten

wie Ghostface Killah und Busta Rhymes drauf.

Gleichzeitig sind mit French Montana und 2

Chainz Rapper der New School vertreten …

Genau darum ging es mir. „F.I.L.A.“ ist ein Meisterwerk

in meiner Diskografie und ich glaube,

die Fans werden das ähnlich sehen. Denn einerseits

bin ich mir selbst treu geblieben, gleichzeitig

habe ich mich aber zu einem Künstler gewandelt,

der verschiedene Stile beherrscht. Und

durch die Kontakte, die ich mir über all die Zeit

aufgebaut habe, bin ich in der Lage, mit vielen

coolen MCs zu rappen.

Mit welchen Musikern würdest du gerne ins

Studio gehen?

Es gibt viele Produzenten, mit denen ich gerne

Projekte starten möchte. Wenn ich an die krassesten

Produzenten zurzeit denke, dann muss

ich weltweit schauen. Denn auf der ganzen Welt

gibt es junge Talente, die neue Dinge ausprobieren,

vor allem in Großbritannien. Ich versuche, in

Zukunft noch mehr mit Newcomern zu machen

„Only Built 4 Cuban Linx...“. Ich erkläre, wie das

Album entstanden ist und was zu der Zeit in mir

vorging. Es gab damals einige Kontroversen um

die Platte. Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums

will ich den Leuten meinen Werdegang erklären.

Das Projekt steckt noch in den Kinderschuhen,

aber mein Team und ich arbeiten hart daran, dass

es noch dieses Jahr erscheint. Es kostet eine Menge

Arbeit, Zeit und Geld. Daher haben wir eine

Crowdfunding-Seite eingerichtet. Fans können

sich so daran beteiligen und direkt mit mir in Kontakt

treten. B

Wir verlosen 3x das aktuelle Raekwon-Album auf

CD. Um an der Verlosung teilzunehmen, beantworte

einfach folgende Frage: Wofür steht bei

Raekwons neuem Album das Kürzel „F.I.L.A.“?

Sende die Antwort per Mail an win@backspin.de

Einsendeschluss ist der 4. August 2015. Der

Rechtsweg ist ausgeschlossen.

32 BACKSPIN #117 Sommer 2015



Die Hohe Fünf XXL

Celo

mit

&

Abdi

INTERVIEW: Johann Voigt, Niko Hüls

FOTOS: Ondro

34 BACKSPIN #117 Sommer 2015


Als sich Celo & Abdi beim Broterwerb im Callcenter zum ersten Mal über den Weg liefen, war nicht vorauszusehen, welch große Wellen die

beiden noch schlagen würden. Nachdem ihr „Mietwagentape“ unerwartet zu einem Untergrundklassiker mutierte, folgte mit „Hinterhofjargon“

der endgültige Aufstieg in die Rap-Bundesliga. Nun ist unter erneuter Zusammenarbeit mit Haus- und Hofproduzent m3 das vermutlich

rundeste Album des Duos entstanden: „Bonchance“..

Nach „Hinterhofjargon“ folgt jetzt euer zweites

Album mit m3. Zwischendurch kam „Akkupunktur“,

auf dem eine Menge unterschiedlicher Produzenten

vertreten waren. Habt ihr danach gemerkt,

dass ihr als Trio am besten funktioniert?

m3: Nachdem wir ein Album zusammengemacht

hatten, war klar, dass die beiden auch mal mit anderen

Leuten arbeiten wollen. Viele Produzenten

sind in der Zeit erst auf sie aufmerksam geworden

und das haben sie ausgenutzt. Ich arbeite ja

auch nicht ausschließlich mit den Jungs.

Celo: Die Produzenten haben auf jeden Fall gute

Arbeit geleistet. Aber den berühmten roten Faden

kannst du nur mit einem festen Hausproduzenten

erreichen, mit dem du auch direkt Ideen

austauschst.

„Mietwagentape“ eigentlich keine Beatproduzenten

kannte. Wir haben uns dann auf Anhieb

verstanden. Er hat sich nicht verstellt und ist auch

heute noch genauso wie damals.

Celo: m3 ist sehr direkt, das gefällt mir an ihm. Er

sagt, was er denkt.

m3: Mittlerweile sind wir zusammen mit Syn und

Lex ein kleines Team geworden.

Wie hart äußert ihr Kritik aneinander?

Celo: Hart gibt es nicht. Wir sind einfach ehrlich.

(lacht)

m3: Wenn etwas nicht gut ist, dann sagt man das

und es wird geändert.

Abdi: Aber wenn jemand sagt, dass es ist nicht

gut ist, obwohl ich davon überzeugt bin, dann

lesen auch die Meinungen der Fans, die uns

wichtig sind. Die haben gefordert, dass es wieder

back to the roots gehen soll. Darum machen wir

es jetzt so wie früher.

Celo: Für uns ist es ja auch am einfachsten, diesen

Stil zu fahren.

m3: Das ist wie bei Michael Jordan: Erst hat er

Basketball gespielt, dann Baseball. Am Ende ist

er doch wieder zum Basketball zurückgekehrt. Es

ist eben das, was die Jungs am besten können.

Celo: Da stecken einfach nur 150 Prozent Celo &

Abdi drin. Das sind wir.

Abdi: Weder „MWT“ noch „HJ“ oder „Akkupunktur“

ist so. Das sind 200 Prozent „Bonchance“.

Aber wer „MWT“ gemocht hat, wird „Bonchance“

lieben.

„Auf einmal hat man einen Bauch und alle sagen,

dass es einem zu gut geht“ (Abdi)

m3: Mit den beiden hat es bei „HJ“ schon gepasst,

aber die Herangehensweise an dieses

Album war noch mal ganz anders. Auf „HJ“ waren

teilweise sechs Jahre alte Beats. Dieses Mal

haben wir von vornherein geplant und alles von

null gestartet. Ich habe mich auch nach ihren

Vorstellungen gerichtet. Es ist durchdachter und

dadurch ist der rote Faden auf diesem Album am

krassesten.

Wie kam damals überhaupt die Verbindung zustande?

m3: Mir gefiel „Franzaforta“ vom „Mietwagentape“.

Daraufhin habe ich Celo bei Facebook angeschrieben.

Syn hat sich dann bei mir gemeldet

und so ist der erste Kontakt entstanden. Danach

waren die beiden auf Tour in Hamburg und dort

haben wir uns richtig kennengelernt. Da ist eine

Freundschaft entstanden. Ich kannte die Frankfurter

Mentalität auch schon von Azad und kann

mich damit am besten identifizieren.

Abdi: Ich kannte m3 & Noyd aus dem Booklet

eines Azad-Albums. m3 ist mir wegen des BMW

M3 im Kopf geblieben, obwohl ich vor dem

behalte ich es bei. Trotzdem hat m3 ein Ohr für

gute Musik und deswegen hören wir auch auf

seine Kritik.

m3: Gerade haben wir im Auto mit Syn über eine

Hook diskutiert. Wenn drei Leute sagen, dass es

kacke ist, dann nehme ich es raus. Aber wenn die

beiden es mögen, dann behalten wir es schon

bei.

Greift ihr beiden in den musikalischen Bereich

ein?

Abdi: Je nachdem …

m3: Abdi sagt dann meistens, dass es ihm nicht

gefällt. „Was soll ich denn anders machen?“

„Mach anders.“ (lacht) Manchmal fuckt mich das

schon ab, weil dieses „Anders“ nicht klar definiert

ist.

Abdi: Das hättest du doch vorhin in der Whats-

App-Gruppe sagen können. (alle lachen)

Was hat euch dazu gebracht, sich wieder in

Richtung „Mietwagentape“ zu bewegen?

Abdi: Auf dem letzten Album haben wir ein bisschen

experimentiert. Wir bereuen nichts, aber

Läuft man dann nicht Gefahr, sich thematisch zu

wiederholen?

Celo: Es gibt so viele Sachen, die ich erlebt habe.

Darüber kann ich zehn Alben schreiben. Ich muss

mich nur daran erinnern, was passiert ist, und

dann beginnen, das in Reime und Flows zu verpacken.

Das Geilste ist, wenn du jemanden aus

alten Zeiten triffst. Dann kommt alles wieder.

Abdi: Dann kommt: „Alter, Abdi, hast du noch

den Zwanni, den ich dir damals gegeben habe?“

Celo: Von 1999. (lacht)

Kritisieren euch Leute oft dafür, dass ihr angeblich

den Kontakt zur Basis verloren habt?

Abdi: Auf einmal hat man einen Bauch und alle

sagen, dass es einem zu gut geht. Aus der Distanz

denken sich Leute dann: „Ah, der hat jeden

Tag neue Nike-Schuhe an.“ Verbringe mal fünf

Minuten mit mir und du wirst sehen, dass ich immer

noch der Alte bin.

Celo: Darüber braucht man gar nicht zu diskutieren.

Du kannst uns ja nicht übelnehmen, dass wir

Erfolg haben und Geld verdienen. Früher bist du

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 35


dafür morgens aufgestanden, um bei den Leuten

zu klingeln, die dir Geld geschuldet haben. Damit

sie es nicht irgendwo anders ausgeben.

In euren neuen Videos gibt es eine deutliche

Präsenz jeglicher Art von Drogen. Findet ihr es

cool, das die ganze Zeit so offensiv zu thematisieren?

Abdi: Natürlich sind Drogen nicht cool.

m3: Im Trailer sieht man ja auch, was für Folgen

das haben kann. Guck mal, wie der Typ drauf ist.

Abdi: Nüchtern hätte man ihm das Paket nicht

gerippt.

Celo: Auch die Toiletten-Story erzählt er jedem.

Freunde kamen daraufhin zu mir und haben gemeint,

dass sie genau so einen Typen kennen,

der sie ständig nervt. Celo & Abdi sind keine Medienwelt,

die dir irgendwas verkaufen will. Wir

zeigen dir einfach, wie das Leben ist. Natürlich

gibt es da Schattenseiten.

Wie politisch würdet ihr euch einschätzen?

Celo: Sobald ich einen Text schreibe, ist er politisch,

obwohl ich das gar nicht sein möchte. Zum

Beispiel, weil es eine autonome Gruppe für sich

interpretiert und feiert. Dadurch wird eine Parole

daraus. Lyriker werden gerne von Menschen mit

unterschiedlichen Ideologien interpretiert. Einige

können sich dann eben mit Celo & Abdi identifizieren.

Auf der anderen Seite gibt es immer primitive

Menschen, die für ihre Zwecke Propaganda

daraus schlagen.

Wenn dann mal zu etwas Stellung bezogen

wird, entwickeln sich die Kommentare auf Facebook

oder YouTube oft in eine radikale Richtung

m3: Ich finde es prinzipiell gut, wenn sich Musiker

zu einem politischen Thema äußern, da sie

oft eine hohe Reichweite haben. Aber sie sollten

dafür auch eine gewisse Bildung besitzen, denn

sonst wird nur Halbwissen vermittelt. Die oft sehr

jungen Hip-Hop-Hörer sind für so was leider relativ

empfänglich.

Celo: Man sollte sich bei einem politischen Thema

auf jeden Fall immer mit beiden Seiten beschäftigen.

Sonst wird es zu gefährlichem Halbwissen.

Auf die Kommentare lege ich allerdings

keinen großen Wert, denn die werden oft von

Zwölfjährigen geschrieben. Ich mache aber keine

Musik für Zwölfjährige, sondern für Erwachsene.

Oft sind es auch primitive Leute mit Halbwissen,

die mitreden wollen und dann irgendwelche

Pegida-Bewegungen unterstützen. Deren Einstellung

erinnert an das Mittelalter und ist meiner

Meinung nach ziemlich lächerlich. B

„Celo & Abdi sind keine Medienwelt, die dir

irgendwas verkaufen will“ (Celo)

Die Hohe Fünf

Celo

mit

&

Abdi

36 BACKSPIN #117 Sommer 2015


ORIGINAL

PENGUIN

Die Spring/ Summer 15 Kollektion von Original Penguin ist inspiriert durch die 1950er

Jahre in Miami Beach: Ikonischer Ocean Drive, leuchtende Motel Zeichen neben einsamer

Palme. Die Farbpalette verbindet chromatische Rot und lebendiges Grün mit

einem Schuss von Aqua und von weichen Rosa. Diese Kontraste erinnern an die satten

Farben der Strand Häuser die von den weichen Pastellfarben der Art-Deco–Straßen von

Miami Beach umgeben sind.

Weitere Infos und Bilder gibt es auf www.originalpenguin.co.uk

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 37


EINMAL KIEZ UND ZURÜCK

ZZTOP

MIT

Interview: Mark Todt

Fotos: ZZTop

38 BACKSPIN #117 Sommer 2015


ZZTop ist ein Writer, der einen Standpunkt vertritt, auch wenn das Stehen in manchen Momenten seiner Lebenszeit ins Schwanken gerät. Man

trifft ihn auf jeden Fall eher in der Kneipe als im Zugdepot. Er ist ein Bomber, wie er im Buche steht. In Hamburg kommt man selten umhin, seine

Spuren zu übersehen. Meist wurden sie in einem denkbar ungesunden Zustand hinterlassen, aber das ist ja sein Problem und im Nachhinein das der

Hausbesitzer, deren Häuser er in der Nacht geschändet hat.

Dein Name lässt einige Interpretationsmöglichkeiten

zu und dadurch stellen sich mir zu Anfang

gleich zwei Fragen: Hättest du gerne einen langen

Bart und hörst du die Musik der Band ZZ Top?

Liegt nahe, aber nee – weder muss ich den langen

grauen Bart haben noch die Musik hören.

Wie kam es überhaupt zu der Namensfindung?

Ich habe einen Namen gesucht und wollte irgendeinen

mit „Top“ am Ende. Von der Band hatte ich

natürlich schon gehört, aber der Name oder das

Wort war einfach geil. Ja, und so ist es der geworden.

Der ist einprägsam, ist ungewöhnlich, hat

harte Buchstaben, und ich war mir sicher, dass

sich so schnell keiner an die ZZT-Buchstabenfolge

rantraut, die dann noch mit einem P endet. Da kotzt

einfach jeder, mich eingeschlossen!

Du bist ziemlich viel in der Hansestadt Hamburg

unterwegs und treibst farblichen Unsinn. Hast du

noch Zeit für normale Sachen?

Wenn ich mit meiner 15-Stunden-Schicht Graffiti

fertig bin, sitze ich den Rest des Tages am Tresen

irgendeiner Kaschemme hier und trinke Frischgezapftes.

(lacht) Natürlich, Mann: Job, Frauen, Feiern

und so weiter. Das braucht doch jeder.

Wie sieht ein Tag im Leben des Sprayers ZZTop

aus?

Ich habe immer viel um die Ohren und eine lange

To-do-Liste.

Würdest du sagen, dass dein Leben unter deinem

Hobby leidet oder dass es eine Bereicherung erfahren

hat?

Im Großen und Ganzen ist Graffiti für mein Leben

definitiv eine Bereicherung. Ich habe damit eine

Sache für mich gefunden. Ich entscheide mich

doch dafür und mache es nur und immer in dem

Umfang, wie es Bock bringt. Geht es mir aufn Sack

oder stresst es mich, male ich mal einen Monat gar

nichts. Habe ich Bock, male ich auch mal sieben

Nächte die Woche. Da soll auch nichts drunter leiden.

Hamburg ist nicht bekannt dafür, ein entspanntes

Umfeld für Sprayer zu bieten. Wie gehst du mit

diesem Sachverhalt um?

Hamburg ist schon nervig, aber man kann sich ja

auf alles einstellen und lernt auch mit der Zeit. Fakt

ist: In Hamburg musst du beim Malen hellwach

und clever sein. Sollte man zumindest. Die Maler

unter sich verstehen sich im Großen und Ganzen.

Beef kommt und geht halt.

Wieso sprühst du überhaupt?

Graffiti heißt oder ist für mich Style, Leidenschaft,

Spaß, Ausdruck und Ausleben persönlicher Freiheit,

Abgrenzung vom Mainstream, Kontra geben

und laut sein, Flavour, zeigen, dass man da ist, Kur

und Therapie, Aggressionsbewältigung, Egotrip,

Adrenalin, Action, Entspannung, Spießern in die

Fresse pissen und wissen, dass sie Hass schieben

werden, wenn sie dein Piece oder Tag sehen, Ästhetik,

Wettkampf, Ruhm, Feeling, Abenteuer, ganz

einfach eine Freizeitbeschäftigung und in seinen

„Habe ich Bock, male ich auch mal

sieben Nächte die Woche“

vielen Facetten einfach nie langweilig.

Wie geht dein direktes Umfeld mit deiner Leidenschaft

um?

Größtenteils ganz entspannt und verständnisvoll.

Sind eh sehr viele Maler dabei. Ansonsten gehe

ich damit bei anderen Leuten eher verschlossen

um.

Graffiti ist ja nicht bekannt dafür, ein Hobby

zu sein, was man so mal eben zwischendurch

macht. Was nervt dich am meisten an Graffiti?

Und was liebst du am meisten daran?

Ich finde es geil, wenn man es aufs Purste reduziert:

Flächen in der Öffentlichkeit einfärben und

umgestalten. Das bringt einfach Spaß. Mit Style

oder ohne Style, mit künstlerischem Anspruch

oder ohne, mit Dose, Marker, Feuerlöscher, Farbbombe

oder was auch immer. Bang, da passiert

was – da bleibt was. Sinnvoll oder sinnfrei und

manchmal auch nur temporär. Man hinterlässt seinen

Namen überall in der Stadt und markiert Orte,

an denen man gewesen ist. Jedes Piece oder Tag

zieht dich ein Stückchen aus der grauen Masse,

macht auf dich aufmerksam und erinnert andere an

deine Person, konserviert das vergängliche Dasein

somit ein wenig länger. Ohne maßlos politisch zu

werden, ist Bombing auch immer ein Statement,

das ausdrückt, dass der öffentliche Raum nicht nur

dazu dienen darf, Gehör für finanzstarke Unternehmen

und ihre Werbebotschaften zu schaffen.

Man zeigt damit, dass man sich nicht durch das

etablierte Wertesystem und geltende Gesetze davon

abhalten lässt, sich Ausdruck zu verschaffen

und fühlt sich somit ein Stück weit freier. Bombing

ist gewaltloser ziviler Ungehorsam – und das ist

schon immer wichtig gewesen. Darüber hinaus

ist die Battle-Komponente geil. Man kann sich in

vielen Disziplinen mit anderen messen. Qualitativ

oder quantitativ – oder beides. Und dann kommt

man durch Graffiti einfach rum, lernt coole Leute

kennen und hat mit denen so gut wie immer eine

gute Zeit. Mich nervt, dass ich nie Skizzen zu Hause

haben kann, dass ich mein Hobby im Verborgenen

inkognito ausüben muss, was aber dann wiederum

auch den Reiz ausmacht, die paranoiden

Züge, die man annimmt, und dann nervt mich das

ganze Getratsche und der Graff-Gossip unter den

Malern. Aber irgendwie gewöhnt man sich auch

an das alles und lernt, damit gut umzugehen.

Bist du der Meinung, dass es zu viele oder zu wenige

Sprüher gibt?

Es gibt mittlerweile definitiv zu viele Sprüher. Zumindest

zu viele, die Graffiti einfach zu bequem

kennengelernt haben und es aus einer anderen

Motivation heraus betreiben, als ich es mache.

Früher war Graffiti einfach underground und hatte

somit mehr Magie und Flavour. Wie bei so vielen

Subkulturen meiner Zeit hat das Internet das leider

kaputtgemacht. Der leichte Zugang zu Material

und Wissen, das früher wirklich elitär vererbt wurde,

hat dem Ganzen eine Menge Reiz entzogen.

Umso mehr freue ich mich aber darüber, wenn ich

heutzutage Youngsters sehe und kennenlerne, die

Graffiti mit Begeisterung und Leidenschaft ausleben.

Für die Größe der Stadt könnte hier aber auf

jeden Fall mehr gebombt werden.

Das, was ich von dir kenne – Pieces, Tags, Throwups

– hat alles einen recht klassischen Ansatz und

scheint den Anspruch zu verfolgen, dass es gut

aussehen soll. Liege ich da richtig? Und wieso ist

das so?

Ja, da liegst du richtig. Mir gefällt das New Yorker

Graffiti der 80er und das, was in den 80ern in

Europa gemacht wurde, immer noch am besten.

Daran orientiere ich mich, das ist meine Basis. Zu

meinem Anspruch: Ich habe schon Bock, geile

Sachen zu machen, aber in manchen Situationen

oder unter bestimmten Umständen ist das letzten

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 39


EINMAL KIEZ UND ZURÜCK

ZZTOP

MIT

Endes dann auch nicht so wichtig. Da stehen dann

einfach Action und Flavour im Vordergrund.

Heutzutage geht Sprayen ja richtig ins Geld, früher

war es eher umsonst. Ist dir diese Entwicklung

egal oder stört sie dich?

Ob es ins Geld geht, liegt auch heute immer noch

am Maler. Es kommt darauf an, wie geschäftstüchtig

er ist, und wie und womit er malen will. Um

ein gutes Piece zu malen, musst du ja nicht die

besten oder teuersten Dosen haben, sondern nur

einen geilen Style. Was mich eher stört, ist die Effekthascherei

des heutigen Graffiti-Zeitgeists, der

knallbunt und witzig ist oder die gute Idee des Gesamtkonzepts

über die Gestaltung der eigentlichen

Buchstaben stellt. Das ist zwar oft auch cool, der

Fokus steht für mich aber immer auf den Letters.

Wenn du das Material zu einem geilen Piece dazu

noch ragst, kriegst du von mir auf jeden Fall die

volle Punktzahl. (lacht)

Wenn man deinen Namen googelt, findet man

gleich eine Menge Fotos von deinen Bildern.

Freut dich das oder bist du eher ein Internetfeind?

Beides. Es tauchen halt viele lieblose Fotos und

Videos von eigenen Sachen auf, die die eigene

Wahrnehmung und den Wert des eigenen Pieces

für einen selbst nicht rüberbringen. Dazu auch

Pieces, die man nicht unbedingt wiedersehen

wollte. Ab und zu wird man dann aber auch wieder

positiv überrascht und bekommt ein Foto von

einer Sache, die man gar nicht festgehalten oder in

geiler Qualität hatte. Da gibt es halt viele Vor- und

Nachteile. Das Internet hat Graffiti auf jeden Fall

stark verändert, das habe ich ja bereits in einer der

vorherigen Fragen erwähnt. Ob du aktiv sein willst

oder Graffiti einfach nur konsumierst, musst du für

dich selbst entscheiden. Respekt bekommst du für

deine Scheißfotos oder behinderten Kommentare

auf Instagram, Facebook oder sonst irgendeiner

Internetplattform von mir allerdings nicht. Ich persönlich

nutze das Internet bisher nur ganz sporadisch,

um meine Sachen zu zeigen.

Nutzt du die Vorteile des Internets auch für Graffiti?

Klar, ich suche mir vor dem Malen immer schon

gleich die nächstgelegene Bar zum Spot über Google

Maps raus, wo ich nach dem Malen dann meine

trockene Kehle mit kaltem Bier benetzen kann.

Das Internet ist auf jeden Fall eine große Hilfe und

ich nutze es so gut es geht natürlich.

Bist du eher der gesellige Sprayer oder ein Einzelkämpfer?

Beschreib bitte auch die jeweiligen

„Es gibt mittlerweile definitiv zu

viele Sprüher“

Vor- und Nachteile!

Ich male am liebsten mit wenigen regelmäßigen

Partnern und möchte auch gar nicht mit jedem malen.

Ich mag ein eingespieltes Team, wo man weiß,

woran man ist und wie der oder diejenigen ticken,

wo keiner sich unnötig aufspielt oder sich beweisen

muss und wo man sicher sein kann, dass sie,

40 BACKSPIN #117 Sommer 2015


wenn es hart auf hart kommt, die Fresse halten,

oder sich entsprechend gerade machen. Ich bin

aber auch sehr gerne und oft alleine unterwegs. So

bin ich flexibel, kann komplett auf ego abwaltern,

habe keine Diskussionen und keine geplatzten Verabredungen

auf die letzte Minute.

Die Graffitiszene wird zum Teil auch von diversen

anderen Szenen instrumentalisiert, zum

Beispiel von Fußballfans. Wie beurteilst du diese

Entwicklung?

Dies ist in meinen Augen eine natürliche Entwicklung,

und ich wundere mich im Übrigen, warum

es nicht weitaus mehr Szenen für sich nutzen. Bei

dem, wie es derzeit in Hamburg abgeht, wünscht

man sich natürlich die gute alte Zeit vor dem Fußball-Graffiti

zurück. (lacht)

Wie respektvoll gehst du mit anderen Graffitis

und Sprayern um?

Eigentlich immer respektvoll, wenn ich weiß, dass der

Maler länger als nur eine Saison gebombt hat oder

ich sehe oder höre, dass ein junger Maler die richtige

Einstellung hat. Richtig ernst kann ich sie allerdings

erst nehmen, wenn sie ein paar Jahre auf der Uhr

haben und immer noch bomben, auch wenn sie mal

Feindkontakt, einen Job oder eine Freundin hatten.

Würdest du dich als Allrounder bezeichnen oder

ist es dir wichtig, nur für eine bestimmte Disziplin

im Graffiti bekannt zu werden?

Ich bin eigentlich schon ein Allrounder, obwohl

mich Trains nie so wirklich gepackt haben. Ich konzentriere

mich aber phasenweise auf bestimmte

Disziplinen. Derzeit sind das Tags und Throw-ups.

Aber gute Stylepieces müssen schon sein, um mal

wieder zu zeigen, wo der Hammer hängt.

Wie wichtig ist es dir, viel zu machen?

Viel ist immer gut! Ich habe noch viele Ideen und

Sachen, die ich umsetzen möchte.

Was ist für dich eigentlich viel?

Ey, bei dem hohen Output von einigen Leuten frage

ich mich das auch immer wieder. Das ist von so

vielen Faktoren abhängig und letzten Endes dann

wieder subjektiv. Ein Familienvater, mit Frau und

Job, der dreimal die Woche nachts losgeht, macht

in meinen Augen sehr viel. Ohne Freundin beeindruckst

du mich erst, wenn du noch ein bisschen

häufiger losgehst. Dann hängt das ja auch immer

davon ab, was du machst und wo du es machst.

Lieber besoffen eine Nacht mit Marker durch die

Klubs ziehen oder die U-Bahnen der Welt jagen?

Lieber besoffen mit Marker durch die Klubs ziehen

und danach noch ‘ne geile Tante bumsen.

Was geht dir durch den Kopf, wenn du dir Graffiti-

„Fakt ist: In Hamburg musst du beim

Malen hellwach und clever sein“

Videos anschaust von Leuten, die anscheinend

jedes Risiko eingehen, um auch die abgelegenste

U-Bahn der Welt zu bomben?

Hut ab! Krasse Leute. Hardcore. Alter, warum filmen

und zeigen die blöden Affen jetzt ihren Trick,

wie sie in den Spot gekommen sind? Zu nerdig.

Graffiti-Opfer. Cool. Wär ja schon ganz geil, wa? Da

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 41


hätte ich jetzt auch Bock zu. Kack-Style und dafür

der Aufwand, Mann. Respekt!

Wer oder was könnte dich am ehesten dazu bringen,

aufzuhören?

Eine meckernde kleine süße Omi, die mir an den

Ohrläppchen zieht, ein Checker oder Beamter, der

schreiend angelaufen kommt, wenn die Dosen alle

sind und, und, und. Da gibt es schon viele Gründe.

Musst du kreativ sein oder wäre für dich auch

irgendeine andere Art der Kriminalität infrage

gekommen?

Ich bin gerne kreativ. Das Illegale ist nur wichtig,

um sich vom Mainstream krasser abzugrenzen,

um Normalo-Spackos davon abzuhalten. Da gibt

es definitiv noch viele andere Sachen, die vor diesem

Hintergrund interessant sind.

Denkst du, dass eine Entkriminalisierung der Szene

Sinn ergeben würde, oder wäre dass das Ende

von Graffiti?

Wie soll das denn gehen? Ich glaube, da ist mir die

Fragestellung unklar.

Was meinst du, wie lange machst du noch weiter?

Ich bin zu weit gegangen, um Graffiti komplett an

den Nagel hängen zu können. Auch wenn ich viele

andere Interessen habe, ist Graffiti schon ein wichtiger

Faktor in meinem Leben. Auf die eine oder andere

Weise werde ich es für mich immer ausleben,

weiterentwickeln und damit verbunden bleiben.

Nenn mir zum Ende fünf Gründe, warum man

dich liebt und fünf, warum man dich hasst!

Och nee, zum Schluss die Todesfrage oder wie?

Darauf gebe ich keine Antwort, das soll jeder selbst

entscheiden, der in Hamburg war und/oder mich

mal kennengelernt hat.

Obligatorische Shout-outs!

Meine DSF- und COS-Familie. Dann alle meine

Freunde, Feierferkel und Malpartner der letzten

Jahre, unter anderem aus den Klubs: 13ers, AMB,

BK, BTOPS, CAS, DSU, END, GBR, GG, HA, ID,

JBCB, KGZ, KN, LETS, LONS, NTDC, OBS, RMC,

SUK, THY, VRS, WB … Ihr wisst, wer ihr seid. Prost,

auf euch!B

EINMAL KIEZ UND ZURÜCK

ZZTOP

MIT



PHOTO BY FLORIAN KRAUSE

44 BACKSPIN #117 Sommer 2015


Raws

OFFICIALS CREW

Raws ist ein Graffitisprüher aus Berlin, der seit

2004 aktiv ist.

Nach den ersten Versuchen auf Papier und der folgenden

Zeit in der Illegalität, malt Raws seid 2010

ausschließlich legal. Er konzentriert sich seitdem

auf das Stylewriting. Für ihn stehen ausgewogene

Farbkombinationen, saubere Umsetzung und vor

allem das Weiterentwickeln seines Styles im Vordergrund.

Raws ist Mitglied in der Off Crew aus

Berlin und der internationalen Sbb Crew.

Check:

facebook.com/rawsone

instagram.com/kanslerberlin

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BACK IN THE DAYS!!!

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TALES OF A

DIRTY OLD

MAN

Wie werde ich als Writer am besten bekannt?

Bekanntheitsgrad

mutieren. Na, wollt ihr wissen, wie es ti-Touristen in Asien, Lateinamerika und den USA

funktioniert? Einen Moment! Vorher sollte bereits zu spüren. Also, ein paar kleine Tipps am

ich euch noch ein paar Fragen stellen, um Rande, solltet ihr es dennoch nicht verhindern

sicherzugehen, dass ihr auch bereit seid, können, dass der Drang nach Ruhm euch dazu

diesen Weg einzuschlagen.

zwingt, in diesen Gegenden insbesondere Trains

zu bomben: Verschwindet so schnell wie mög-

Nun, dies ist wohl die häufigste Frage, die sich die

meisten Writer zu Anfang ihrer unsäglichen Karriere

stellen. Mir schwirrten auch viele Fragezeichen

um den Kopf, als ich anfing – und ich muss

sagen, dass ich für meine „Karriere“ irgendwie

immer noch keine Antwort gefunden habe. Es

gibt tatsächlich Sprüher auf diesem Planeten, die

mich immer noch nicht kennen oder gar schon

wieder vergessen haben. Unglaublich! Wie kann

das sein? Was habe ich falsch gemacht? Immerhin

male ich jetzt schon seit 31 Jahren. Hm, lasst

mich mal überlegen, was ich besser machen

könnte. Das Marketing bezüglich meiner Person

muss überdacht werden! Obwohl, ich möchte ja

nichts verkaufen, sondern „nur“ bekannt werden.

Wollte ich Geld damit verdienen, würde ich wunderhübsche

Murals im Street-Art-Stil malen und

mich in der Hipster-Welt feiern lassen, dann kurz

eine bis zehn Ausstellungen in den angesagten

Galerien organisieren und alles immer schön online

im eigenen Blog und bei Facebook posten.

Tätää, der neue Star wäre geboren. Bald könnte

ich dann wieder illegal losziehen und die Stadtväter

dieser Welt würden in den einzelnen Bezirken

meine Sprühereien mit Plexiglas veredeln. Hach,

ich wäre entzückt!

Hey, Leute, ich will euch ja jetzt nicht die Träume

kaputtmachen, aber es gibt noch viel bessere

Methoden, als Writer bekannt zu werden.

Ich habe da von einer ziemlich radikalen und

effektiven Variante gehört, die sich leider erst

sehr langsam durchzusetzen scheint. Aber hat

man diese Prozedur erst einmal hinter sich gebracht,

wird man fast binnen Sekunden weltweit

berühmt und selbst Leute, die noch nie mit Graffiti

zu tun hatten, unterhalten sich über einen. Ihr

müsst euch nicht in die Kunstwelt einschleimen

und ihr müsst auch nicht zum zweiten Banksy

1. Seid ihr bereit dazu, dass ihr eure Familie und

Freunde über einen längeren Zeitraum nicht zu

Gesicht bekommt?

2. Seid ihr bereit, eine Menge Geld für euer Lebensideal

auszugeben?

3. Mögt ihr es, fotografiert zu werden?

4. Steht ihr auf unerträglichen Schmerz?

5. Würdet ihr es durchstehen, dass die ganze

Graffiti-Welt dennoch über euch lacht?

Solltet ihr diese Fragen eher mit einem Nein

beantworten, dann lest jetzt nicht mehr weiter,

denn es hat eh keinen Sinn, dass ihr sprayt. Der

Tipp des Tages, nein, des Jahrzehnts ist: Fliegt

nach Singapur und lasst euch beim Bemalen

der U-Bahn erwischen! Dann kommt alles von

ganz alleine. Ihr seid in den Medien vertreten mit

Foto und müsst euch über nichts mehr Gedanken

machen. Jeder spricht über euch und jeder

kennt euch, sogar mit Gesicht. Ist das nicht toll?

Obwohl, jetzt, wenn ich es mir gerade überlege,

die zwei Jungs aus dem Osten unserer Republik,

die sich haben überführen lassen, sind

mir immer noch nicht geläufig. Ich habe nur die

verzweifelten Gesichter im Kopf, die sie hatten,

als ihnen durch das ganze Fotografiert-Werden

klar wurde, dass auch drei Stockhiebe auf den

Allerwertesten und eine völlig überzogene Haftstrafe

Teil des Spektakels sind. Sorry, Leute, ich

muss mal kurz eine Pause machen vor lauter hämischem

Lachen! Wer war noch mal der dämliche

Schweizer, der ungefähr die gleiche Strafe

erhielt? Spock? Captain Kirk? Ach ja, McKoy,

das war sein Pseudonym. Was für ein Anfänger!

Kennt den eigentlich noch jemand? Leider ist es

mittlerweile ein Fakt, dass gerade im außereuropäischen

Ausland die Behörden sehr akribisch

und schlagkräftig ermitteln. Dies bekamen Graffilich

aus besagten Ländern! Reist über Drittländer

an! Kontaktiert niemanden, der auch dieses Hobby

hat vor Ort! Versucht, im Vorfeld straffrei Graffiti

auszuüben, sodass niemand denken könnte,

dass ihr das gewesen seid, was da passiert ist!

Und vergesst nicht, ich habe euch das alles nicht

gesagt!

Wenn ich jetzt anfange, genauer über die Voraussetzungen

zum Berühmt-Werden mittels

Graffiti nachzudenken, fällt mir auf, dass ich alle

oben gestellten Fragen mit einem Ja beantworten

könnte. Ich sehe meine Familie zum Teil nur

ganz sporadisch, da die sich ja selten auf Bahngeländen

herumtreibt. Ich habe schon eine Unmenge

an Geld für dieses Hobby ausgegeben,

sei es für Dosen, Benzin oder weiß der Geier für

was sonst noch. Sowohl auf der Polizeiwache als

auch auf diversen Jams wurden Fotos von mir

gemacht und zwar auch dann, das ließ sich leider

äußerst selten vermeiden, wenn ich nicht fotografiert

werden wollte. Über Stacheldrahtzäune

zu klettern, ist auch heutzutage immer wieder

recht schmerzhaft. Und lachen tun irgendwie

immer noch eine Menge Leute über mich. Scheiße!

Und das Allerschlimmste: Mich kennt immer

noch nicht jeder!

Nun denn, in diesem Sinne: weitermachen!

Ich weiß doch auch nicht, wo das alles hinführen

soll.

Euer dreckiger alter F…B

56 BACKSPIN #117 Sommer 2015



Interview: Oliver bartelds

Fotos: Golden Green 179

58 BACKSPIN #117 Sommer 2015

„GASSENHAUER“

/ SIEBDRUCK + SPRÜHFARBE / 50 x 70cm / 2014


Golden Green, ein Pseudonym wie eine Verheißung,

die von glanzvollen Zeiten kündet. Golden Green

steht für eine Bilderwelt zwischen Graffiti-Ästhetik

und handgemachter Grafik. Für BACKSPIN öffnete

der Hamburger Künstler die Pforten in eine Welt

voller Realität gewordener Visionen.

GOLDEN

GREEN

und die Autonomie der Gegenwartskunst

Schön, dass du zwischen deinen Ausstellungen

und Projekten noch Zeit findest, ein paar Fragen

zu beantworten. Ich oute mich hiermit auch

gleich mal als Fan deiner Arbeiten! Was mir persönlich

an ihnen so gut gefällt, ist, wie du die

Kunst des Weglassens anwendest. Elemente wie

Blasen oder Sterne sitzen einfach auf den Punkt –

weniger ist mehr, oder?

Also, ich lasse nicht bewusst Dinge weg. Vielleicht

versuche ich, mich allgemein auf das Wesentliche

zu konzentrieren. Wie du schon sagst,

weniger ist meistens mehr. Man muss aber

wissen, was das Wenige ist, was den Kern beinhaltet.

Dazu muss man auch mal mehr gemacht

haben. Klassische Graffiti-Stilelemente wie Blasen,

Sterne, Tropfen etc. spielen in meinem gesamten

Oeuvre eine große Rolle. Aus all diesen

Elementen habe ich irgendwie meine eigene

Bildsprache zusammengewurstet. Das wird mir

zumindest häufig mitgeteilt. Ich hoffe wirklich,

dass es stimmt. Ich selbst kann meinen eigenen

Stil nämlich nicht so klar umreißen, da ich mich

sehr ungern festlege.

Deine letzte Soloausstellung in Hamburg in der

Affenfaust Galerie trug den Titel „Chimäre“.

Kannst du uns dazu etwas erzählen?

Ich habe meistens nur eine vage Vision von

dem, was ich produzieren möchte, und dann

kommt im Endeffekt etwas völlig anderes dabei

raus. Deswegen habe ich meine letzte Ausstellung

in der Affenfaust Galerie „Chimäre“

genannt. Ein Fremdwort für Hirngespinst oder

Trugbild. Was ich daran so faszinierend finde,

ist, dass ein Hirngespinst oder Trugbild normalerweise

keine Realität werden kann. Ich würde

aber sagen, meine Bilder sind Realität gewordene

Hirngespinste. Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit.

Fantastisch!

Hast du unterschiedliche Herangehensweisen in

Bezug auf die Arbeit im öffentlichen Raum oder

für die Galerie?

Ja, klar. Im öffentlichen Raum arbeite ich ja eigentlich

nur großflächig und mit der Sprühdose.

Im Atelier probiere ich diverse Techniken

und meine Arbeiten sind meist auch eher Kleinformate

im Vergleich zu einer Wand oder einer

Fassade. Das eine schließt das andere nicht aus.

Die verschiedenen Arbeitsweisen ergänzen sich

vielmehr zu einem großen Ganzen.

Welchen Einfluss, speziell bei der Arbeit im Freien,

übt hier die Umgebung aus?

Die Umgebung hat immer einen Effekt auf das

Schaffen. Welchen genau, ist schwierig zu sagen.

Wenn ich in Spanien ein Bild male, wird das

jetzt nicht automatisch sonniger oder blumiger

oder so. Die Architektur hat natürlich Einfluss

auf das Bildformat oder die Farbigkeit, weil man

sich dem irgendwie anpassen muss. Überspitzt

gesagt, bleibt das Bild eigentlich gleich oder zumindest

ähnlich, nur die Umgebung ändert sich.

Das hat eher Einfluss auf den Betrachter als auf

meine Kunst. Die verschiedenen Umgebungen

lassen meine Werke und damit auch mich in

einem anderen Licht erscheinen.

Welche Rolle spielt dabei Hamburg für dich?

Hamburg hat mich zu einem großen Teil zu dem

gemacht, was ich bin. Die Stadt, die Menschen,

das Klima – man hört den Dialekt in meiner

Sprache. Sieht man die Erfahrungen, die ich in

dieser Stadt gemacht habe, auch in meiner Bildsprache?

Ich weiß es nicht. Heute, im digitalen

Zeitalter, spielen Lokalitäten auch nur noch eine

untergeordnete Rolle. Das war früher wirklich

anders. Da hatte man noch einen lokalen Style.

Das ist mit dem Internet verloren gegangen.

Wie war sie denn, die Hamburger Szene in den

goldenen 90ern?

Man hat irgendwie immer einen verklärten Blick

auf die Vergangenheit. Die Phasen, in denen

man jung ist und nicht darüber nachdenkt, was

man gerade macht, sind am Ende meistens

die guten alten Zeiten. Die goldene Ära. In den

90ern waren wir jung und haben auf die Kacke

gehauen. Für jemanden, der jetzt jung ist, waren

es die goldenen 2000er. Außer der Tatsache,

dass die Züge damals wesentlich besser aussahen,

weine ich der Vergangenheit keine Träne

hinterher. The Golden Error!

Aus dieser Zeit kenne ich noch einige Klassiker

von dir. Einige Flächen, wie etwa der Flora-Bunker,

werden seit 20 Jahren gemalt. Andere, wie

beispielsweise die Fischers Allee oder Motte, sind

verschwunden oder haben sich verändert. Wie

siehst du, als Hamburger Jung, auf diese Wände?

Hast du eventuell eine besondere Verbindung zu

einer von ihnen, oder eine aktuelle Lieblings-Hall?

Ich habe natürlich eine Verbindung zu den Plätzen,

an denen ich schon gemalt habe. Zu manchen

eine bessere, zu anderen eine schlechtere.

Aber die Dinge kommen und gehen. Was

soll’s? Meine Lieblings-Hall-of-Fame ist die, an

der noch nicht gemalt wurde. Ich liebe jungfräuliche

Wände. Ich fand Wände auch schon immer

attraktiver als Züge. Züge sind einfach keine

Leidenschaft von mir. Grandios ist es natürlich,

dass sie dein Bild durch die Gegend fahren. Ich

mag das Format von Wänden, aber finde das

Malen an Hall of Fames eigentlich total beschissen.

Das Gute daran ist der soziale Aspekt. Man

kann schön mit den Jungs einen an die Wand

kleben und Schwachsinn reden. Andere spielen

eine Partie Schach, wir malen eine Wand.

Welche Bedeutung hat das Reisen für dich?

Reisen erweitert den Horizont. Man kann seinen

Horizont aber nicht erweitern, wenn man dafür

nicht bereit ist. Wenn man offen für Neues ist,

muss man aber auch nicht unbedingt reisen, um

seinen Horizont zu erweitern. Ich meine Reisen

im Sinne von Ortswechsel. Man kann auch reisen,

wenn man ins Museum geht oder ein Buch

liest oder LSD einwirft. Wobei das dann wiederum

nur eine theoretische Reise ist. Es geht also

nichts über den guten alten Trip in die Ferne! Als

Hamburger hat man sowieso immer Fernweh.

Den Namen Golden Green verwendest du ja eigentlich

noch nicht so lange. Davor warst du

unter einem anderen Pseudonym im klassischen

Graffiti tätig. Was hat dich damals zum Namenswechsel

bewogen?

Das Pseudonym, unter dem ich vorher jahrelang

tätig war, hatte schlechtes Karma. Aids – was hat

man da für Assoziationen? Keine guten. Green

habe ich damals schon nebenher zur Abwechslung

gemalt. Irgendwann kam dann der Punkt,

wo es nicht mehr ging. Das ist wie das Beenden

einer Beziehung. Und dann habe ich nur noch

Green gemalt und das Golden davor gesetzt.

Golden Green. G. Green. GG179.

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 59


JEUX DE BOULE / PAPIERSCHNITT + SPRÜHFARBE / 50 x 70cm / 2014

„THE WALL“ / ACRYL AUF LEINWAND 140 x 140cm / 2014

60 BACKSPIN #117 Sommer 2015


6. „BILLARDSPIELER“ / „BLIND“ / „DER SCHREI 2015“ / „GRIMMIG“ / LACKSTIFT AUF PAPIER / 30 x 40cm / 2015

Ich assoziiere damit einen Namen, der von einer

glanzvollen Zukunft kündet. Welche Bedeutung

hat er für dich?

Das freut mich, wenn du das mit meinem Namen

in Verbindung bringst. Damit verbinde ich

ihn auch. (lacht) Ich finde es faszinierend, dass

die Menschen seit jeher Empfindungen an Farben

knüpfen. I’m feelin’ blue, ich sehe rot, der

graue Alltag etc. Die Maja wollten mit Gold die

Sonne darstellen. Und Grün steht in vielen Kulturen

für das blühende Leben. Sommer, Sonne,

Palmen. All das, was es in Hamburg im Überfluss

gibt.

Eines Tages deinen vollen bürgerlichen Namen zu

verwenden, ist das für dich ein Thema?

In bestimmten Kreisen wird ein Graffiti-Pseudonym

gering geschätzt oder einfach nicht verstanden.

Aus Ignoranz oder Unwissenheit – wie auch immer.

Ich habe kein Problem, auch meinen bürgerlichen

Namen zu verwenden oder eine Mischung

aus meinem bürgerlichen Namen und meinem

Pseudonym – Moritz G. Green. Es geht um mein

Werk, nicht um meinen Namen. Wenn die Leute

dazu meinen bürgerlichen Namen brauchen – bitte.

Ich habe viele Namen. Such dir einen aus!

Damals hast du ja eher den klassischen Stylewriting-Ansatz

mit Pfeilen und Verbindungen und

dem ganzen Gedöns verfolgt. Wie ist heute dein

Bezug zu diesen Stylepieces? Und wie stehst du

zu aktuellen Bildern dieser Art?

Ein geiles Piece ist ein geiles Piece. Von mir aus

mit Pfeilen, Verbindungen und Spezialeffekten.

Das macht Graffiti ja auch aus. Im Grunde male ich

ja auf eine Art auch immer noch Stylepieces. Nach

meinem Graffiti-Verständnis meint man doch mit

einem Stylepiece ein Buchstaben-Bild. Ich würde

mich aber nie als einen klassischen Stylewriter

bezeichnen. Das schränkt mich irgendwie ein.

Ich male ja auch gerne mal nur Character. Ehrlich

gesagt, graust es mir sowieso vor diesen ganzen

Schubladen – Character-Maler, Stylewriter, Street-

Art, Urban-Art, Spraycan-Art. What the fuck?

Stichwort Technik: Was hat dich dazu bewogen,

auch mit dem Scherenschnitt oder klassischen

Drucktechniken zu arbeiten?

Langeweile im Atelier. Über den Tellerrand gucken.

Neugierde. Ich weiß es nicht. Eine neue Technik

auszuprobieren ist damit vergleichbar, ein neues

Outfit anzuprobieren. Sie verleiht der alten Bildsprache

neuen Glanz. Die alte Form wird in einen

neuen Anzug gesteckt – und siehe da: Es entstehen

Bilderwelten, die einen zu einem zweiten Blick

geradezu auffordern.

Wie setzt du dich mit dem Prozess der Wirkung

zwischen Betrachter und Werk auseinander? Forcierst

du beispielsweise auf einer Vernissage den

Dialog mit den Besuchern, oder spielst du lieber

Mäuschen?

Weder noch. Ich spiele nicht das scheue Mäuschen

und forciere nicht unbedingt den Dialog. Ich

bin aber immer offen, wenn jemand den Dialog

mit mir sucht und freundlich auf mich zugeht. Natürlich

finde ich es interessant, was der Betrachter

oder die Betrachterin in meinen Bildern sieht. Das

eröffnet mir auch neue Sichtweisen auf mein Werk.

Meistens stimmen diese nämlich nicht mit meiner

Sichtweise überein. Darüber mache ich mir dann

Gedanken – meistens denke ich, entweder sind die

alle irre oder ich bin es.

Hast du ein aktuelles Lieblingsbild?

„The Wall“. Eine Leinwand, die ich 2014 gemalt

habe. Ich weiß nicht, warum, aber an diesem Bild

hänge ich.

Welche Bedeutung hat für dich überhaupt die

Resonanz anderer auf deine Werke? Spielen Facebook,

Instagram & Co. eine Rolle für dich?

Ist doch super, wenn Anerkennung auch über die

sozialen Netzwerke kommt. Warum nicht? Fame ist

seit jeher ein zentraler Antriebsmotor im Graffiti –

die verfluchte Eitelkeit. Wenn es mir wirklich alles

egal wäre, hätte ich keinen Account. So einfach ist

das. Aber ich lasse mich da auch nicht täuschen. In

den sozialen Netzwerken bekommt man ja eigentlich

nur Zucker in den Arsch geblasen. Und vielleicht

ist das auch besser so. Ich kritisiere keinen

Künstler, den ich nicht kenne. Und wenn ich den

Künstler kenne, kritisiere ich ihn nicht öffentlich bei

Facebook & Co. Die sozialen Netzwerke sind dafür

da, seine Sachen einer Welt zu präsentieren, die

einem sonst vielleicht verschlossen bleiben würde.

Ganz ehrlich, bei aller gerechtfertigten Kritik

an Facebook & Co. denke ich, dass sie für Künstler

das Beste sind, was ihnen passieren konnte. Jetzt

kennen Leute auf der ganzen Welt meinen Stuff

und können mich ganz leicht kontaktieren. Wie

hätte ich das denn bitte vor 20 Jahren angestellt?

Da wäre man auf die richtigen Leute angewiesen

gewesen. Ist man heute zwar irgendwie auch

noch, aber nicht mehr so extrem. Das Internet bietet

definitiv mehr Autonomie für den Künstler der

Gegenwart.

Als Teil der Ultra Boys arbeitest du zudem in einer

Künstlergruppe, deren Mitglieder international

aktiv sind. Wie würdest du hier den Kern eures

Zusammenschlusses beschreiben – was ist charakteristisch

für die Gruppe?

Ähnliche Ansichten auf Graffiti, Kunst und den

Lifestyle vielleicht. Im Grunde kommen wir alle

aus einem ähnlichen Background, aber mit einem

anderen Anstrich oder einer anderen Prägung. Andere

Sprache. Anderes Land. Das macht das Ganze

so spannend. Die Typen ticken genau wie man

selbst, aber sprechen eine andere Sprache und

kommen irgendwie aus einer ganz anderen Welt.

Und dann auch wieder nicht. Manchmal, wenn ich

Freunde aus anderen Ländern treffe und sie langsam

auch besser kenne, habe ich das Gefühl, ich

könnte jetzt einfach mit ihnen Deutsch reden. In

solchen Momenten ist die Sprache nur eine Barriere.

Ich weiß auch nicht, das ist alles Freakshit.

UBs sind alles Freaks. Wie bei „Star Wars“ in dieser

Bar-Szene …

Was planst du als nächstes?

Odd-A-Lot!B

www.goldengreen179.com

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 61


Interview: Janiv Koll

Fotos: Ninja Tune

Producer Spotlight:

HUDSON

MOHAWKE

Favourite break? Boah, das ist ja fast nicht zu beantworten! Ich

sage einfach mal ganz unkreativ „Funky Drummer“. Könnte aber

von Tag zu Tag wechseln …

Favourite current Hip-Hop song? Müsste Kanyes „All Day“ sein.

Favourite song you wish you had produced? Müsste ebenfalls

Kanyes „All Day“ sein. (lacht)

Favourite producer? Rick Rubin! Der Mann ist ein absolutes Idol,

nicht nur für mich.

62 BACKSPIN #117 Sommer 2015


Hast du denn schon einmal die Chance bekommen,

Rick Rubin dieses Lob von Angesicht zu

Hudson Mohawke, was geht ab?“ Und er nur so:

„Machst du Witze? Ich weiß doch, wer du bist:

Angesicht mitzuteilen?

Hudmo!“ Und ich dachte nur so im stillen Kämmerlein:

Du hast als kleiner Junge die Klassiker-

Habe ich tatsächlich, ja! Es gab da eine ganz bestimmte

Session in der Produktionsphase vom Alben von diesem Mann und seiner Gruppe im

neuen Kanye-Album. Da waren wir in einer Villa Kinderzimmer gehört, und jetzt steht der vor dir

auf Hawaii mit integriertem Studio eingemietet.

Alles ziemlich fancy. Und neben Kanye, DJ war schon ein wirklich stolzer Moment für mich.

und kennt sich mit deiner Musik aus. Irreal! Das

Khaled und Konsorten war tatsächlich auch Rick Kann man kaum beschreiben.

Rubin mit am Start. Ich glaube, Kim war sogar

auch dabei. (allgemeines Gelächter) Da ergab Abgesehen von solchen positiven Beispielen

sich dann tatsächlich mal die Gelegenheit für gibt es doch sicher auch die weniger positiven,

mich, mit Mister Rubin gemeinsam im Studio zu oder? Die, in denen du dich plötzlich mit Musikern

in einem Raum wiederfindest, wo die

sein und ein wenig zu plauschen. Trotz seiner

Chemie, vornehm ausgedrückt, nicht unbedingt

in Flaschen abgefüllt werden müsste?

echt ruhigen, freundlichen Art ist er einfach eine

krasse Respektsperson und ein waschechter

Boss! Wenn Rick Rubin etwas sagt, dann sind Du spielst sicher auf das Interview von Lunice

wirklich alle still und schreiben geistig mit. Der und mir zusammen mit Future an, oder? (erneutes

allgemeines Gelächter) Ja, das stimmt

Typ kann einfach im Sessel zurückgelehnt etwas

ganz leise nebenbei sagen, und trotzdem strahlt schon. Manchmal ist es wirklich nicht ganz

er dabei eine wahnsinnige Präsenz und Autorität leicht, gemeinsam auf eine Wellenlänge zu

und extrem viel Fachwissen aus. In der Anwesenheit

von so einer Legende zu sein, war wirk-

Welten kommt und sich überhaupt gar

kommen, wenn man aus völlig verschiedenen

nicht

anhört, was er in seinen Texten alles von sich

gibt, denkt man jetzt nicht unbedingt, dass er

besonders easy ist. Ist er aber tatsächlich! Pusha

T ist, ohne zu übertreiben, einer der nettesten

Rapper, mit denen ich bisher in diesem Business

zu tun hatte. Ein extrem auf dem Boden gebliebener,

talentierter und freundlicher Mensch.

Pusha T ist ja bekanntlich auch auf dem Remix

deines Megahits „Chimes“ vertreten. Warst du

vom Erfolg dieses Songs selbst verblüfft? Wie

war das denn so für dich, als plötzlich Apple

ankam und den Beat für die weltweite Mac-

Book-Kampagne haben wollte?

Das war krass! Ein Weltkonzern in der Größenordnung

von Apple klopft ja nicht jeden Tag an

deine Tür. Allerdings war ich jetzt nicht unbedingt

erstaunt über das Interesse per se, denn

der Song wurde davor schon für eine Handvoll

anderer Dinge kommerziell genutzt.

Und du hast jetzt ein lebenslanges MacBook-

Abo bekommen, oder wie dürfen wir uns das

genau vorstellen?

„Pusha T ist einer der nettesten Rapper, mit denen

ich bisher in diesem Business zu tun hatte“

lich ein verrückter Moment für mich. Manchmal

ist es wirklich krank, plötzlich mit den persönlichen

Idolen abzuhängen und eventuell sogar

arbeiten zu dürfen.

Genauso wie du deine persönlichen Idole

triffst, bist du ja trotz deiner Bescheidenheit

selbst ein Idol für eine ganze Armee von teilweise

recht namhaften SoundCloud-Fricklern

und Beat-Liebhabern. Gab es denn auch mal

einen Moment in deiner Karriere, an dem einer

deiner Helden plötzlich vor dir stand und dein

Fan war?

Naja, die SoundCloud-Fraktion ist ja größtenteils

etwa in meinem Alter und zählt eher zu

meinem Freundeskreis, als dass man sich auf

reiner Künstler-Ebene begegnet. Klar findet

man sich da gegenseitig gut, aber das ist eher

so ein Ding auf Augenhöhe. Aber außerhalb

dieses Kreises gab es diese Momente tatsächlich

schon. Teilweise sind sie sehr surreal. Mit

Q-Tip zum Beispiel war das wirklich ein lustiges

Erlebnis. Als ich ihn getroffen habe, habe ich

mich ihm sehr kleinlaut vorgestellt: „Hi, ich bin

kennt. Und speziell mit Future war es auch einfach

eine allgemein blöde Situation, weil wir am

Abend zuvor in New York noch wirklich fest auf

die Kacke gehauen haben. Wir saßen dann quasi

noch halb besoffen in diesem Studio herum

und hatten zu funktionieren, während wir praktisch

vor laufender Kamera ausnüchtern mussten.

Das war tough! Dazu kam dann noch, dass

Future wirklich so absurd high war, wie ich es

noch nie bei einem Menschen erlebt hatte. Ich

wusste bis dahin gar nicht, dass man überhaupt

so high sein kann. Wahnsinn! Also nichts gegen

Future. Ich finde ihn unterhaltsam und mag seine

Musik. Aber das war wirklich eine strange

Situation …

Gab es im Gegenteil denn auch überraschend

erfreuliche Zusammenkünfte, bei denen du einen

dir bis dato persönlich unbekannten Kollegen

aus dem Musikgeschäft vor dir stehen

hattest, der viel umgänglicher war, als du es im

Vorfeld erwartet hattest?

Ja, auf jeden Fall! Mit Pusha T war das eine echt

angenehme Überraschung. Wenn man sich so

Nicht ganz, nein. Allerdings habe ich von Apple

eine MacBook-Sonderanfertigung bekommen.

Ich habe denen praktisch gesagt, was ich so an

speziellen Wünschen und Ideen hätte und das

wurde dann extra für mich zusammengebaut.

Ich will jetzt aber nicht zu sehr ins Detail gehen,

sonst wird das wieder zu nerdig …

Nerdig ist ein gutes Stichwort: Dein Sound hat

sich ja bereits seit deinen ganz frühen Anfängen,

wie etwa deinem Tweet-Remix, durch einen

gewissen Hang zur Nerdigkeit ausgezeichnet.

Siehst du dich selbst als Nerd?

Schwer zu sagen. Das ist ja keine bewusste Entscheidung,

die man trifft. So nach dem Motto:

Yeah, ich bin jetzt ein Nerd. Cool! Ich experimentiere

halt einfach gerne beim Musizieren.

Ob das dann besonders nerdig ist oder nicht,

lasse ich andere entscheiden. Ich will einfach,

dass meine Produktionen mich am Ende des Tages

so sehr zufriedenstellen, wie es eben gerade

möglich ist. Klar steigere ich mich dann auch hin

und wieder mal in Kleinigkeiten eventuell mehr

rein als nötig. Wenn mich das dann zu einem

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 63


HUDSON

MOHAWKE

„Wenn Rick Rubin etwas sagt, dann sind wirklich

alle still und schreiben geistig mit“

Nerd macht, ist es eben so. Aber eigentlich habe

ich immer nur versucht, meine Lieblingsproduzenten

zu analysieren und ihre Arbeit auf meine

Art und Weise neu zu interpretieren. Quasi

die traditionelle Herangehensweise ins Jetzt zu

übersetzen. Auf diesem Weg ist dann über die

Jahre eben mein persönlicher, eventuell etwas

nerdiger Sound entstanden.

Das neueste Kapitel deiner musikalischen Entwicklung

ist nun dein aktuelles Album „Lantern“.

Eine Laterne führt durch das Dunkel. Sie

weist quasi den Weg. Hat der Titel einen metaphorischen

Anschlag, oder sollte man ihn nicht

überinterpretieren?

Jein. Einerseits will ich natürlich mit meinem

Sound ein Vorreiter sein. Allerdings will ich jetzt

auch nicht übertrieben auf Leader machen. Ich

will ja nicht so tun, als ob mir jetzt alle folgen

müssten, denn das wäre ja a) sehr langweilig

und b) will ich auch nicht rüberkommen wie ein

eingebildetes Arschloch. (lacht) Mein Hauptaugenmerk

lag eigentlich auf einem schlüssigen

Spannungsbogen. Das Album sollte ein

24-Stunden-Gefühl erzeugen. Wie ein musikalischer

Tagesablauf sozusagen. Von morgens

in Ruhe aufstehen bis abends ein wenig abdrehen

wollte ich alles abdecken. Die Laterne

sollte sozusagen den Anfang davon darstellen.

Den Hörer aus der Dunkelheit der Nacht in den

Morgen und somit in einen neuen Tag begleiten,

um dann nachts wieder in der Dunkelheit

zu münden.

Quasi wie ein Soundtrack zu einem konkreten

Tagesablauf?

So kann man das ausdrücken, ja.

„Lantern“ klingt tatsächlich sehr orchestral und

cineastisch. Fast wie der Soundtrack zu einem

ganz speziellen Film. Siehst du dich in der Zukunft

auch als Dienstleister in der Filmmusik?

Ja, auf jeden Fall! Allerdings sollte es, wenn

mein Name draufsteht, auch einen gewissen

künstlerischen Anspruch haben. Ich will damit

jetzt nicht sagen, dass für mich nur Arthouse-

Cinema-Produktionen infrage kommen. Aber in

die Welt der Jennifer-Aniston-Romantik-Comedy

passt mein Sound, denke ich, auch einfach

nicht so besonders gut hinein. Ich denke da

eher an Projekte wie „Rubber“ von Mr. Oizo zum

Beispiel. Der hat einen Film gedreht und selbst

vertont, in dem ein Reifen die Hauptrolle spielt.

Der rollt dann durch die Wüste und bringt mit

seiner Psycho-Power Dinge zum Explodieren

etc. Richtig abgedreht! So etwas reizt mich aus

künstlerischer Sicht natürlich immer. Ich habe

allerdings auch, abgesehen von solchen Komplett-Projekten,

schon das eine oder andere Mitwirken

an Soundtracks in Aussicht. Ist aber alles

noch zu geheim, um darüber zu reden.

Erzähl uns doch bitte zum Abschluss noch eine

kleine Anekdote: Was ist der mit Abstand eigenartigste

DJ-Auftrag, den du jemals erhalten

hast?

Da habe ich etwas Gutes: Am nächsten Donnerstag

lege ich bei einer Fitness-Veranstaltung

auf. Da werden ganz viele von diesen Bikes aus

dem Fitness-Studio nebeneinander aufgestellt.

Und die Leute schwitzen sich dann da einen

beim Strampeln ab, während ich auflege. Das

wird bestimmt sehr grotesk, aber auch sehr

lustig!B

64 BACKSPIN #117 Sommer 2015


TECHNICS

PRODUKTE

TEXT: Torben Bowm

IPAD EDITION

Produkte von Sugar Bytes sind auf der einen

Seite tolle Tools, die man über VSToder

AU-Einbindung in den Workflow seiner

DAW einbauen kann. Vielleicht hast

du ebenfalls den Bericht über den „Egoist“

gelesen, der vor ein paar Monaten auch als

„iPad Edition“ veröffentlicht wurde – meines

Erachtens nach der nächste Schritt nach

DJ-Programmen auf dem Tablet. Du kannst

einen Song aus deiner Musikbibliothek auswählen

oder per AudioPaste importieren,

wenn die mitgelieferte Library nicht mehr

mit Inspirationen aufwartet. Kurz die Startpunkte

für die einzelnen Slices, die du nutzen

willst, einstellen, vielleicht das Timing

und die Tonhöhe anpassen. Als nächstes

kannst du aus einer großen mitgelieferten

Auswahl an passenden Drums eben diese

hinzufügen. Auch hier besteht die Möglichkeit,

deine eigenen Sounds zu importieren.

Dann eine erst mal eher minimal gehaltene

Bassline erstellen und diese mit Effekten

oder was auch immer interessanter gestalten.

Am schnellsten und einfachsten werden

sicherlich Ergebnisse in Richtung minimaler

Musik zu erzeugen sein, aber wenn

man sich mit dem „Egoist“ ein wenig auseinandersetzt,

seine eigenen

Sounds einarbei-

EGOIST

tet und schließlich die

mitgelieferten Effekte

nutzt, kann auch mehr

als nur eine Skizze einer

neuen Songidee entstehen.

Für die interne

Weiterverarbeitung auf

dem iPad stehen Möglichkeiten

für die Anbindung

über Audiobus,

Mixdown oder iTunes-

Filesharing bereit. Auch

ist an die externe Steuerung

über Full Midi Support

gedacht worden..B

Allg.: www.sugar-bytes.de/content/products/Egoist/index.php?lang=de

iPad: www.sugar-bytes.de/content/products/EgoistIOS/index.php?lang=de

CYCLOP

IPAD EDITION

Dass es den Berlinern gelingen

würde, ihren genialen

Synthie „Cyclop“

auf eine iPad-freundliche

Version zu schrumpfen,

war natürlich nur eine Frage

der Zeit. Das Ergebnis

allerdings ist aller Ehren

wert. Nicht umsonst haben bereits mehrere Produzenten

verrückte Synthie-Klänge mit dem „Cyclop“

erzeugt und auf Releases verewigt. Über die

Verwendung von Inter-App-Audio und Audiobus

kann der gesamte Umfang der Desktop- beziehungsweise

Plug-in-Version nun auf dem iPad

genutzt werden. Sogar die Presets sind kompatibel.

Aus zwei Synthesizer-Engines können je

sechs Syntheseformen zum Einsatz kommen,

wobei die beiden Filter-Engines mit jeweils zehn

verschiedenen Filtern aufwarten. Der interne Signalverlauf

kann frei bestimmt werden und der

Effekt-Sequenzer bringt noch einmal ein Stück

mehr Wandelbarkeit in den Sound. So man die

Möglichkeit nutzt und Presets von der Desktop-

Version importiert, wird man sich über die Tag-

Wolke freuen, die einem die Suche nach den passenden

Presets von Seiten des gesuchten Klangs

vereinfacht. Auch können selbst erstellte Presets

durch ein gut durchdachtes Tagging in den schön

animierten File-Browser eingebunden werden.

Der Sound steht der Desktop-Version ebenfalls in

nichts nach, somit ist der Preis mit 24,99 Euro als

überaus fair zu bewerten. Noch Unentschlossenen

kann bei Fragen der Nutz- und Bedienbarkeit geraten

werden, die jeweils 30-Tage-Free-Trial-Version

der Desktop-Apps herunterzuladen und zu sehen,

ob es Produkte sind, die gebraucht werden..B

Allg.: www.sugar-bytes.de/content/products/Cyclop/index.php?lang=de

iPad: www.sugar-bytes.de/content/products/CyclopIOS/index.php?lang=de

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 65


SLEEPY‘S

WORLD

OF

MUSIC

@BACKSPIN

- FETTE BEATS

TEXT: Sleepwalker

FOTOS: Sleepwalker

Moin Moin, Freunde der Klangverformung. Ich freue mich, euch wieder begrüßen zu dürfen hier bei Sleepy’s World of Music. Heute

möchte ich mit euch mal ein bisschen in das Thema Produktion mit dem Schwerpunkt Drums eintauchen. Denn seien wir mal ehrlich:

Was ist, neben den Vocals, mit das Wichtigste in einer Hip-Hop-Produktion? Normal, Degga: der Beat! Wenn der Beat nicht fetzt,

hängst du schon mal mit der halben Miete im Rückstand. Das sieht nicht aus und niemand möchte gern irgendwo Schulden haben.

Man könnte jetzt hier zahlreiche Beispiele von Produzenten nennen, die regelmäßig fett abliefern. Aber meine

Favoriten in Sachen fetter Beat sind DJ Premier und Dr. Dre. Seit Jahrzehnten drücken ihre Beats in den Klubs

weltweit und setzen meiner Meinung nach Standards für eine richtig dicke Hip-Hop-Produktion. Gemeinsam

wollen wir heute dem Geheimnis näherkommen, wie man seine eigenen Drums vom Sound her aufwerten

kann und genauso fett abliefert wie unsere weltberühmten Vorbilder.

PHILOSOPHIE DER EIGENEN SAMPLE LIBRARY

Jetzt könnte ich natürlich dazu auffordern, einfach

ins Internet zu gehen und sich die aktuellsten

Sample-Pakete runterzuladen. Das macht

kaum Arbeit und man kann sofort loslegen. Aber

dann sollte man sich auch nicht wundern, wenn

die Musik vom Nachbarn fast genauso klingt wie

die eigene und man sich irgendwie nicht unterscheidet

vom Rest der Hip-Hop-Welt, weil es der

eigenen Musik klanglich an Charakter fehlt.

Hier möchte ich euch empfehlen, ab heute eine

eigene Klang-Bibliothek mit selbst gesampleten

Sounds und Loops aufzubauen, denn das Ziel

muss sein, eine eigene Sound-ID zu entwickeln.

Dafür muss man sich nur das Indiana-Jones-Kostüm

umwickeln und sich auf eine Reise durch

die verschiedensten Klang-Dimensionen begeben.

Ab heute samplen wir theoretisch alles,

was nicht bei drei aufm Baum ist! Jede Art von

Musik wird durchforstet und NSA-mäßig abgehört.

Denn überall in dieser Welt voller

Frequenz-Spektakel warten jede Menge

Kicks, Snares, Hi-Hats, Percussions,

Drum-Loops und sonstige Sounds darauf,

von uns gesampelt zu werden.

Die Indiana-Jones-Attitüde, so viel

sei angemerkt, gilt allerdings nicht

nur für Drum-Sounds, sondern für alle

zukünftigen Samples, die von uns entdeckt

werden wollen.

VINYL, CD ODER YOUTUBE?

Vor einiger Zeit meinte mal einer meiner

Level-1-Studenten, dass er seine Drum-

Samples alle von YouTube ziehe. Ich habe

ihn angeguckt und gefragt: Was soll der

Scheiß?!? Ich konnte es damals nicht

glauben, dass sich jemand freiwillig diese

mindere Qualität gibt und damit seine

Songs produziert. Aber woher sollte dieser

Junge es auch wissen?! Für ihn gab es

den Sound, den er suchte, mit ein, zwei

Klicks zum Download, und Zack konnte

er loslegen. Die Qualität konnte er in dem

Moment noch nicht wirklich beurteilen.

Warum ich ihm damals sowie heute davon

abrate, Samples von YouTube zu benutzen,

ist schnell erklärt:

1. Weiß man nie, in welcher Qualität das

Original aufgenommen und abgespeichert

wurde.

2. Durch die Konvertierung der Videodatei

beim Erstellen und dem späteren Up- sowie

Download von YouTube ist auf jeden Fall Audioqualität

verloren gegangen.

Wenn wir anfangen, einen Beat zu produzieren,

der sich später im Mix durchsetzen und mies auf

die Zwölf hämmern soll, dann müssen wir auf

qualitativ hochwertige Audioquellen beim Samplen

setzen. Ganz nach dem Motto: Umso besser

das Ausgangsmaterial, desto fetter wird unser

Beat. Deswegen ist mein Rat, sich Drum-Samples

auf Schallplatten oder CDs zu suchen, um sie

dann in einem verlustfreien Format abspeichern

zu können. CDs lesen wir dann in 16-Bit ein und

66 BACKSPIN #117 Sommer 2015


das Vinyl nehmen wir in 24-Bit in unsere DAW

auf. Arbeitet ihr mit Hardware-Samplern wie

zum Beispiel einer E-mu SP-1200 oder einem

Akai S900, empfehle ich euch, die gesampleten

Sounds später wieder in 24-Bit in die DAW zu

überspielen.

Ein Sample von einer Vinyl-Scheibe klingt

meist wärmer als das gleiche Sample von CD,

was einem Hip-Hop-Beat auf jeden Fall zugutekommen

kann. Welches Format für euch besser

klingt, ist dann eher eine Frage des Geschmacks

und kein Qualitätsnachteil. Das Gute an einer CD

ist, dass wir sie mit unserer DAW digital auslesen

können. Vom Ding her haben wir da keine

Verluste, weil das Signal nicht gewandelt werden

muss, und wir bekommen den Sound exakt so,

wie er auf CD gepresst wurde.

Schon mal den Satz „Diggin’ in the Crates“ gehört?

Früher bin ich oft losgegangen und habe

im Laden stundenlang Schallplatten durchgehört

auf der Suche nach dem goldenen Schnipsel,

wie mein alter Freund Gizmo sagen würde.

Falls ihr das noch nie gemacht habt, solltet ihr

es unbedingt nachholen! Aber Vorsicht bitte – es

könnte süchtig machen.

FIRST THERE WAS THE BEAT

Das Mischen vom Beat ist bei einem Hip-Hop-Mix

immer das Erste, was ich an den Start bringe. Ich

ordne meine Spuren in Cubase und Track eins ist

zu 99 Prozent der Kick. Dann kommen die Snare,

Hi-Hat, Percussion und Sonstiges an Sounds,

was zu meinem Beat gehört. Auf jeder Spur

achte ich genau darauf, dass ich intern auf keinen

Fall übersteuere und mir genug Headroom

lasse für spätere Änderungen an der Lautstärke.

Dafür benutze ich das VUMT-Plug-in von Klanghelm

oder den Channel Strip der Console 1 von

Softube, die mir beide erlauben, den Eingangslevel

zu kontrollieren. In letzter Zeit nutze ich aber

verstärkt die Console 1 wegen des kompletten

Channel Strips plus Transient Designer, den ich

hier benutzen kann. Ich fahre auf jedem Kanal einen

Low-cut, der von 20 bis 100 Hertz und mehr

raufgehen kann. Beim Kick muss man aufpassen,

dass man nicht zu viel abschneidet,

da der Kollege ja zusammen mit dem

Bass später für den Druck zuständig ist!

Diese Spuren mische ich erst mal grob

zusammen und route sie dann in eine

neue Gruppe (Bus) in Cubase. Als erstes

wird hier auch wieder die Console 1 insertiert,

um Pegel und EQ des gesamten

Beats einstellen zu können.

Ab hier kann man jetzt verschiedene

Wege gehen. Ich gebe euch einfach mal

ein paar Beispiele mit auf den Weg:

1. Ich insertiere in jedem Kanal

der Drums eine Bandmaschine

wie zum Beispiel die VTM von Slate Digital,

um meinen Beat-Sounds einen Hauch

von Wärme und Dicke zu verleihen. In der

Beat-Gruppe insertiere ich dann einen

Kompressor, um meine Drum-Sounds

vorsichtig ein wenig zusammenzuschweißen

und den Beat mehr als Einheit

dastehen zu lassen.

Hier bietet sich auch

ein Kompressor mit

Parallel-Funktion an, um

das komprimierte Signal

nur leicht zuzumischen. Den

kann man auch ruhig ein

wenig stärker in die Kompression

fahren, ohne dass

der Druck von Kick und Snare dabei verloren

geht. Entweder bockt das Ergebnis dann schon,

oder man insertiert vielleicht noch einen beliebigen

EQ und färbt das Signal ein bisschen in die

gewünschte Richtung.

2. Eine andere Methode wäre, an dieser Stelle

die Virtual Console Collection von Slate Digital

auf allen Drum-Sounds zu insertieren und mit

den verschiedenen Konsolen-Emulationen nach

einem geeigneten Klang zu suchen. Die Neve-

Emulation verleiht dem Sound immer etwas

Warmes und hebt im Bass-Bereich einiges an.

Kann aber auch zu viel sein, wenn eure gesampleten

Sounds schon super im Saft stehen und

kaum Fragen offen gelassen haben. Dann nimmt

man vielleicht eher die SSL- oder API-Konsolen,

die nicht so stark in den Bass-Bereich eingreifen.

In der Beat-Gruppe wird dann der VCC-Bus

insertiert, der alle anderen Spuren auf einer zu-

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 67


SLEEPY‘S

WORLD

OF

MUSIC

sammenfasst und auch gleichzeitig steuern kann.

Vom Ding her tun wir gerade so, als wenn wir

an einer teuren Vintage-Konsole mischen. Den

Drum-Bus kann man dann, wie oben, mit Kompressor

und EQ bei Bedarf weiter bearbeiten.

3. Das wäre so in etwa ein Mix aus dem ersten

und zweiten Beispiel, aber mit folgender Reihenfolge

auf jedem Kanal: Bandmaschine – Virtual

Console Collection – Console 1. Falls ihr keine

Console 1 habt, könnt ihr natürlich auch jeden anderen

Channel Strip eurer Wahl hier insertieren.

Da man heutzutage in vielen Studios wegen des

warmen druckvollen Sounds Drums noch auf

Bandmaschine aufnimmt, kann man sich mit dieser

Variante hier einbilden, man hätte das auch

so gemacht. Die Drum-Gruppe bearbeitet man

dann wie oben beschrieben.

Steht der Beat-Sound soweit, könnte man

hier anfangen, einen kleinen Drum-Hall ins Spiel

zu bringen. Dafür machen wir uns in der DAW

einen FX-Kanal auf und insertieren einen schönen

Hall wie zum Beispiel das EMT 140 von der

UAD-2-Karte. Low-cut bei 300 Hertz und High-cut

bei fünf Kilohertz, um den Effekt ein bisschen

zu verschleiern und nicht den Bass-Bereich verschwimmen

zu lassen. Jetzt drehen wir in den

einzelnen Kanälen einfach nach Belieben den

Send zum EMT auf und tauchen unsere Sounds

in ein wenig Hall. Mein schlauer Spruch des Tages

wäre hier: Weniger ist mehr.

Wenn alles richtig gelaufen ist, sollte der Beat

jetzt auf jeden Fall schon eine miese Peitsche

sein! Ansonsten haben wir irgendwas falsch

gemacht, nicht so gute Beat-Sounds gesamplet

oder vielleicht noch nicht das Ohr für das Wesentliche

entwickelt. Aber keine Panik Freunde,

Übung macht den Meister.

Schlusswort

So Freunde, ich

hoffe, ich konnte

euch mit diesem

Artikel ein paar

interessante Ansätze mit auf den Weg geben.

Alle Plugins, die ich hier genannt habe, können

natürlich mit ähnlichen ersetzt und durch andere

ergänzt werden. Eurer Kreativität sind da keine

Grenzen gesetzt. Am Ende des Tages gibt es kein

Richtig oder Falsch! Postet mir euer Feedback zu

diesem Artikel in das neue Hip-Hop-Musik-Forum

INFOKASTEN

Produktionscredits Samy Deluxe – „Weck mich auf“, Panjabi MC – „Jogi“,

Xavas – „Die Zukunft trägt meinen Namen“, Die Prinzen – „Ersatz“ u. v. a. m.

Mix-Credits Bass Sultan Hengzt – „Schmetterlingseffekt“, BOZ – „Ich brauch

dich nicht“, Die Profis – „Boom Bap“, Swiss – „Große Freiheit“ u. v. a. m.

auf www.audio-praxis.de im BACKSPIN-Bereich.

Überrascht mich mit eigenen Ansätzen oder verlinkt

dort eure Ergebnisse nachdem ihr meine

Tipps hier ausprobiert habt. Wenn wir uns dort

gemeinsam über unsere große Leidenschaft, das

Musikmachen, austauschen können, würde mich

das freuen!

Über welche Themen würdet ihr gerne in den

nächsten Ausgaben lesen? Schreibt mir eure

Anregungen gerne per Email an:

BACKSPIN@AUDIO-PRAXIS.DE.

SLEEPWALKER LINKS

www.sleepwalker.de // www.swom.tv

HERSTELLER INFOS

Mehr über die Console1

UAD-2 von Universal Audio

Plugins von Slate Digital

VU Metering von Klanghelm

www.softube.com

www.uaudio.com

www.slatedigital.com

www.klanghelm.com

68 BACKSPIN #117 Sommer 2015


„The Poetry of the Ordinary“

FARAH

Mit einer tief im britischen Menswear verwurzelten Philosophie bereitet das Menswear-

Label FARAH Klassiker modern auf und schafft so eine Balance zwischen funktionaler

Ästhetik und zeitlosem Design. Für Frühjahr/Sommer 2015 zelebriert FARAH „The Poetry

of the Ordinary“ – eine moderne und bequeme Kollektion mit klaren Linien und Einflüssen

von Street & Sport und lässigen Styles mit akzentuierenden Prints. Die Kollektion

interpretiert dafür Muster und Texturen unserer urban geprägten Umwelt.

Weitere Infos auf www.farah.co.uk

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 69


Starker Rapper, schwacher Geschäftsmann

RAS KASS

INTERVIEW: Frederike Arns

FOTO: Niko Hüls

70 BACKSPIN #117 Sommer 2015


In der Karriere von Ras Kass gibt es eindeutig mehr Tal- als Bergfahrten. Sie ist gezeichnet von Ärger mit Plattenfirmen, Gefängnisaufenthalten, privaten Problemen

und dem eigenen Jähzorn. Ras Kass hat gerade mit Apollo Brown das Album „Blasphemy“ draußen – es scheint so, als sei alles in trockenen Tüchern.

Unsere Autorin Frederike Arns hat den Mann mit der reibeisernen Stimme getroffen und sich seine verrückten Storys über Misserfolge und Unglück angehört.

Ras Kass, du bist am Anfang deiner Karriere bei

Priority Records gelandet. Wie kam das?

Andere Labels wie Def Jam waren interessiert an

mir. Aber ich habe mir Priority ausgesucht, weil

ich von der Westcoast komme. N.W.A, Ice Cube

und Snoop Dogg waren auch da. Ich wusste,

dass die mich machen lassen, was ich will. Jay Z

war da ja auch mal kurz. Das wird immer vergessen.

Sie wussten auch nicht, wie sie ihn vermarkten

sollten, das muss man sich mal vorstellen! Zu

der Zeit hatte er „Ain’t No Nigga“ mit Foxy Brown

gemacht. Sie sollte Def Jams Zugpferd werden,

deswegen kam der Song auf einen Soundtrack.

So ist Jay Z letztlich bei Def Jam gelandet. Was

passiert, passiert eben. Ich bin genau so ein guter

Rapper wie Jay Z. Überleg dir mal, er würde jetzt

hier sitzen und über seine Misserfolge reden.

Du warst ja trotzdem groß in den 90ern und

hast „Soul on Ice“ sowie „Rasassination“ veröffentlicht.

Du hast bei wichtigen All-Star-Songs

mitgemacht und mit großartigen Künstlern zusammengearbeitet.

Das muss doch ein Jay-Z-

Gefühl gewesen sein, oder?

Bereust du, dich mit den Mächtigen angelegt zu

haben?

Im Musik-Business musst du einfach wissen,

wann du die Fresse hältst. Ich habe sie nie gehalten,

mir damit selbst in den Fuß geschossen und

mir richtig Ärger mit einigen Leuten eingehandelt.

Aber wenn jemand lügt und ich ihm sage,

dass er ein Lügner ist, dann bin ich kein schlechter

Mensch. Es ist mir auch egal, wie viel Geld

jemand hat. Wir wachen alle morgens mit Mundgeruch

auf und gehen kacken. Trotzdem würde

ich nächstes Mal wohl die Fresse halten. (lacht)

Mit diesem herben Beigeschmack hast du versucht,

irgendwie weiterzumachen. Aus „Van

Gogh“ sollte ein neues Album namens „Goldyn

Chyld“ werden. Kann man da seine Kreativität

überhaupt noch frei entfalten?

Klar, du versuchst inmitten von Lügen zu arbeiten.

Zu der ganzen Sache passt die Van-Gogh-

Metapher ganz gut. Er galt zu Lebzeiten als Freak,

weil er sich ein Ohr abgeschnitten hatte. Bei ihm

lagen Verrücktheit und Brillanz ganz nah beieinander.

Von seinem Künstlerumfeld wurde er ge-

„Ich bin genau so ein guter Rapper wie Jay Z“

Nein, ich habe einfach nur meinen Job gemacht.

Klar, ich war dankbar, dass ich auf einmal mit

RZA oder Dr. Dre zu tun hatte. Ich bin vom Fan

zum echten Mitglied der Hip-Hop-Familie aufgestiegen.

Aber in dieser Familie kennt jeder jeden,

deswegen stellt sich nicht die Frage, ob man ein

Star ist. Man kann das mit Basketball vergleichen:

Kobe und Lebron kannten sich auch schon aus

dem Sommercamp, als sie noch jung, unbekannt

und nicht gedraftet waren. Das einzige Mal, dass

ich ein gewisses Star-Gefühl hatte, war beim

Videodreh mit Dr. Dre und Mack 10 zu „Ghetto

Fabulous“. Das war eine riesige Produktion, wofür

wir die Queen Mary gemietet hatten. Da hat

jeder Rapper vorbeigeschaut und auch MTV war

da. Aber ich hatte den Erfolg nie total im Fokus.

Vielleicht ist das auch der Knackpunkt, weshalb

bei mir so viel schiefgelaufen ist.

Ja, meistens war in deiner Karriere irgendwie

der Wurm drin …

Ja, im Musik-Business lief bei mir alles schief.

Niemand hätte jemals mein Rap-Können infrage

gestellt. Ich war wirklich einer der Größten, habe

alle MCs rasiert und kannte jeden – Guru, DJ Premier

und 2Pac. Das war aber nur die eine Seite

der Medaille. Auf der anderen Seite war ich ein

richtig schlechter Geschäftsmann. Priority wurde

irgendwann von Capitol Records geschluckt

– damit fing das ganze Unheil an. Meine jähzornige

Eigensinnigkeit hat mich unternehmerische

Strukturen nicht akzeptieren lassen. Stattdessen

habe ich mich immer mit allen angelegt. Wenn

du andauernd zu einem Plattenboss-Millionär

„Fick dich, Arschloch!“ sagst, dann kann das

nicht gutgehen. Ich habe da gegen arrogante,

aber auch kluge und einflussreiche Leute gekämpft.

Mein größter Feind war meine eigene

Plattenfirma, man glaubt es kaum. Von 2002 bis

2009 war ich mit Capitol Records im Rechtsstreit.

Ich wollte, dass sie mich aus meinem Vertrag

entlassen. Den Gefallen taten sie mir aber nicht.

Sie behielten mich und wollten mich schleichend

töten. Ich glaube, sie haben mehr Geld dafür

ausgegeben, mich an sie zu fesseln, als mich zu

promoten. Der Song „Nature of the Threat“ verbildlicht

meine Misere sehr gut: Das sind acht Minuten,

die von der Bedrohung durch den weißen

Mann handeln. Ich war mit dieser Bedrohung so

beschäftigt, dass ich nicht bemerkt habe, dass

mich auch meine eigenen Leute ausnehmen.

Mein großer Bruder und Freund hat mich quasi

bestohlen. Das ist meine Ironie des Schicksals.

Wie kam es denn dazu, dass dein drittes Album

„Van Gogh“ im Vorfeld gebootlegt wurde?

Meine Plattenfirma hasste mich einfach, deswegen

haben sie das gemacht. Ich bin sehr starrsinnig,

das können meine Familie und Freunde

bestätigen. Man kann da hin- und herreden, aber

letztlich kommt man zu dem Schluss: Ich bin ein

Arschloch. Ich akzeptiere das, es stimmt wirklich.

Xzibit nennt mich immer Napoleon. Ich bin der

Anführer und sage, was gemacht wird. So etwas

ist mit der Plattenfirma nicht zu vereinbaren, denn

sie ist dein Arbeitgeber und gibt die Anweisungen.

Aber was soll ich tun? Ich bin auch nur ein Mann

mit einem Schwanz. Ich kann pissen, so viel ich

will, die Plattenfirma hat den Feuerwehrschlauch.

Ich dehydriere und die haben Wasser für immer.

schätzt, aber die Populärkultur hat ihn gefickt. Er

war seiner Zeit voraus. Erst als er tot war, wurde

er in den Himmel gelobt. Bei mir ist das ähnlich.

Ich war schon immer anders. Die Plattenfirma

wusste nicht mit mir umzugehen.

Es gab auch eine Kontroverse um die erste Single.

DJ Premiers Remix zu „Goldyn Chyld“ stand

Dr. Dres „The Whoop“ gegenüber. Was war da

los?

Zu der Zeit hat Capitol Priority aufgekauft und

Künstler wie Snoop Dogg, die Dilated Peoples

und mich behalten. Aber eigentlich hatten sie

keine Ahnung von urbaner Musik. Capitol ist die

amerikanische Version der europäischen EMI.

Die sind die Beatles! Sie dachten sich wohl: „Los,

lasst uns ein paar Schwarze behalten!“ Man kann

das mit Plantagenarbeit vergleichen. Was die

erste Single betrifft: Eigentlich sollte das Premos

Version von „Goldyn Chyld“ werden. Die wussten

lange nicht, dass ich auch „The Whoop“ mit Dr.

Dre aufgenommen hatte. Das war auch vielmehr

ein Freundschaftsdienst – ich habe ihm dafür

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 71


nie Geld gezahlt. Irgendjemand hat das mit der

Aufnahme der Plattenfirma gesteckt. Die waren

solche Dre-Groupies! Ich wollte diese Single um

keinen Preis und sagte zu ihnen: „Ich habe dafür

nie etwas gezahlt, ich kann sie auch einfach Dr.

Dre zurückgeben!“ Dann antworteten sie: „Dann

bringen wir eben dein Album nicht heraus!“ Die

haben mich wirklich wie einen Affen behandelt.

So grausam kann ein Label sein. Kein „Van Gogh“

und kein „Goldyn Chyld“. Eigentlich waren fünf

Alben vertraglich festgelegt, aber ich schaffte

noch nicht mal das dritte. Sie haben mich für tot

erklärt. Dabei hatte ich eine Familie zu ernähren,

musste Miete und ein Auto zahlen. Zu meinen

Zwillingskindern und ihrer Mutter musste ich sagen:

„Wir müssen jetzt jeden Tag Bohnen essen.“

Plattenfirmen denken, sie besitzen Menschen

Also warst du quasi in zwei Gefängnissen.

Wann konntest du dem Plattenfirmen-Gefängnis

entfliehen?

Das war 2009. Zehn lange Jahre meines Lebens

waren vergangen, in denen ich nicht künstlerisch

produktiv sein konnte. Ich habe mit dem Doppelalbum

„A.D.I.D.A.S.“ wieder bei null anfangen

müssen. Es sollte eigentlich nur digital erscheinen.

Als Independent-Künstler ist alles schwieriger,

da weiß ich die Majorlabels bei allem Ärger

auch zu schätzen. Sie bezahlen alles – Artwork,

Studio, Mix, Mastering. Bei „A.D.I.D.A.S.“ konnte

ich mir einen physikalischen Tonträger eigentlich

gar nicht leisten. Die Fans wollten ihn aber. Deswegen

habe ich eine Kickstarter-Kampagne initiiert

und zum Schluss 5.000 CDs darüber verkauft.

In dieser Zeit hattest du also massive Geldprobleme?

Die hatte ich nicht nur in dieser Zeit, sondern

schon immer. Rap hat mich nie ausgezahlt. Ich

hatte schon immer andere Geschäfte laufen, über

die ich aber nicht sprechen kann. Nicht falsch ver-

„Mein gröSSter Feind war meine eigene Plattenfirma“

wie Sklavenhalter. Weil ich schwarz bin, dachten

sie wohl, dass ich dumm sei. Ich habe das aber

nicht mit mir machen lassen, ich bin ein intelligenter

Mensch. Ich mache keinen Cripwalk, nur

weil jemand anderes das will. Mein ganzer Ärger

hat sich irgendwann kreativ kanalisiert. Es gibt einen

Song namens „Fuck You Up“. Da spreche ich

die Plattenfirmen-Leute direkt an. Der Moment

war unbezahlbar, als ich ihnen den Song vorgespielt

habe. Sie fanden ihn erst richtig gut, bis sie

kapiert haben, dass es um sie geht. (lacht)

Wie ging es weiter?

Ich musste ins Gefängnis. Es drehte sich da um etwas,

was schon vor meiner Zeit als Rapper geschehen

war. Der böse Bube John Austin baut nämlich

Scheiße, seit er geboren ist. Deswegen habe ich

auch Ras Kass erfunden, damit es eine gute Version

von mir gibt. John Austin hat Probleme mit der

Polizei, trinkt zu viel, kommt mit seinem Vater nicht

zurecht und kämpft sein ganzes Leben gegen irgendetwas.

Nach den zwei Jahren Gefängnis habe

ich versucht, weiterzumachen, auch wenn Capitol

mich in der Zwischenzeit auf die schwarze Liste gesetzt

hatte. Wie es scheint, sind sie zu jedem Radiosender

gegangen und haben dafür gesorgt, dass

nie wieder Ras Kass gespielt wird.

stehen: Ich liebe Hip-Hop, wir sind eine Familie

und wir respektieren einander. Warum sitze ich

sonst hier und führe dieses Interview? Ich würde

mir wünschen, dass ich von Rap leben kann wie

Eminem oder Xzibit, aber das ist bei mir nie der

Fall gewesen.

Bist du neidisch?

Nein, ich gratuliere den Leuten gerne. Ich gehöre

nicht zu den neidischen Hatern. Mein Freund

Eminem ist sehr erfolgreich, ich gönne ihm das

von ganzem Herzen. Das Gleiche gilt für Jay Z.

Das Gute ist, dass die beiden eh nicht alle Frauen

ficken können. Für mich bleibt immer etwas übrig.

Ich bin der Mann neben dem Mann. (lacht)

Ich habe da mit Jay Z eine richtige Strategie entwickelt.

Im Klub greift er sich seine 20 Mädels

ab. Kurz vorm Gehen bleibt er noch mal bei mir

stehen und redet irgendeinen Mist mit mir. Alle

haben gesehen, dass er sich mit mir unterhalten

hat. Ich sehe in dem Moment natürlich crispy

aus, meine Haare sind gemacht und meine Klamotten

sitzen. Wenn er weg ist, werde ich dann

zum wichtigsten Mann! (lacht) Ganz leichte Methode.

Zurück zum Neid: Was er isst, bringt mich

nicht zum Kacken. Ich freue mich für die anderen,

die erfolgreicher sind. Sie verdienen es ja auch.

Festival auf der Hauptbühne spiele oder nicht. Ich

mache einfach meinen Job. Und es geht nicht

immer um Geld. Man kann auf verschiedene Weisen

reich sein. Ich habe einen erfahrungsreichen

Weg hinter mir. Ich habe ein gutes Leben. Klar,

wenn ich das ganze Geld auf diesem Planeten haben

könnte, würde ich es nehmen. Aber ich würde

niemals meinen Charakter und meine Seele

für Geld verkaufen. Dass alles „scheint“, ist nun

mal Teil des Entertainment-Geschäfts. Niemand

wollte mich auf MTV sehen, als ich im Gefängnis

war. Die Leute wollen die wunderschöne Beyonce

sehen. Wer weiß, vielleicht sieht sie ganz anders

aus, wenn sie nicht zurechtgemacht ist? Rap

ist nun mal Unterhaltung, Image und unechte Authentizität.

Guck dir Eminem an, der musste sich

auch erst die Haare blondieren und blaue Kontaktlinsen

tragen, um wie das weißeste Kind aller

Weißen auszusehen. Und schon war sein Image

erfunden. Damit hat er mehr Platten verkauft als

wir ganzen Niggas zusammen. Der ist Elvis!

Nun muss ich noch mal auf den Anfang des

Gesprächs zurückkommen: Es gab eine unbeschwerte

Zeit in deiner Karriere, in der es so

aussah, als würdest du der ganz große Wurf

werden. Vermisst du diese Zeit und dieses Gefühl?

Zu der Zeit hatte der böse John Austin vor, einen

Mord zu begehen. Also nein! Ich hatte mich

schon mit meinem Cousin informiert, wie man

so etwas macht. Zu der Zeit war richtig was im

Argen bei mir. Jeder, der sagt, seine besten Tage

seien lange vorbei, kann sich auch töten. Meine

besten Tage kommen noch, daran glaube ich. Ich

war im Gefängnis, hatte 1.000 Probleme, spielte

mit dem Gedanken, jemanden zu töten und hatte

Angst, selbst getötet zu werden. Danke Gott,

dass ich noch lebe und mich weiterentwickeln

kann. Man muss die Vergangenheit verstehen,

um die Gegenwart gut zu machen.

treten.B

Rapper haben immer Image, Status und Style.

Deswegen kommt bei den Fans oft an, dass sie

reich sind. Fühlt sich das nicht merkwürdig an?

In Wirklichkeit bist du es ja nicht …

Meine Freunde behandeln mich doch wie einen

Star! Das reicht mir. Mir ist egal, ob ich bei einem

72 BACKSPIN #117 Sommer 2015


FOTO: HIPHOP OPEN

HIPHOP OPEN

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Der Festival-Kalender wird immer voller: Warum sollte man sich dieses Jahr auf den Weg zu eurem Festival machen?

Weil wir natürlich ein super Line-up haben und dieses Jahr zusätzlich einige neue Aktionen am Festivaltag passieren werden. Zum ersten Mal wird es dieses

Jahr die Möglichkeit geben, nach dem regulären Programm auf dem Cannstatter Wasen in der Innenstadt noch einmal richtig Gas zu geben. In sechs Klubs

stehen die Türen für die Besucher des Festivals offen. Der Eintritt in die Klubs ist im Festivalticket bereits inbegriffen. Und in diesem Jahr werden erstmals

mit dem „Open Playground“ auch die Bereiche Street-Sports und Street-Art repräsentiert. Daher wird es 2015 eine Plattform für BMX, Skateboarding, Streetbasketball

und Slacklining geben. Die von Glacéau vitaminwater präsentierte Spielfläche bietet BMX-Obstacles, Rails und Flatlandspots, eine Skateboard-

Miniramp, sowie einen Streetbasketball-Court. Abseits des Open Playground wird an der Wiese des Reitstadions ein Gibbon Slackline Parcour aufgebaut.

Für Skateboarder und BMXer wird es im Skateshop Arrow & Beast sowie im BMX-Shop Kunstform ein limitiertes Kontingent an Einlassbändern geben, die

kostenlosen Zutritt zum Open Playground garantieren. Generell ist das Gute an unserem Festival-Standort, dass man nicht im Nirgendwo ist, sondern mitten

im Zentrum. Ein paar Stationen mit der Trambahn – und man ist umgeben von Bars, Restaurants und Klubs. Das macht auch die Anreise ziemlich komfortabel.

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 73


FOTO: AFRIKA-KARIBIK-FESTIVAL

AFRIKA KARIBIK

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Der Festival-Kalender wird immer voller: Warum sollte man sich dieses Jahr auf den Weg zu eurem Festival machen?

Diese Frage müssten eigentlich die Festival-Fans beantworten. Die Mischung in puncto Stimmung, Flair und Good Vibrations macht uns einzigartig.

Egal, ob auf der Bühne das vielseitige und erstklassige Line-up zum Beispiel mit OMI, Kwabs, Popcaan, Mark Forster, Gentleman und MC Fitti oder vor

der Bühne die unterschiedlichsten Besucher oder die Partys auf unseren Zeltplätzen. Außerdem versprüht unser Festival mit echten Freilandpalmen,

Liegestühlen und einem Beach-Bereich mit integrierter Cocktailbar ein einzigartiges afro-karibisches Flair – der perfekte Kurzurlaub am Main wartet

also auf euch! Die Festival-Fläche liegt zwischen einem großen Schwimmbadgelände und dem Main. Gegenüber und immer im Blick befindet sich

das beeindruckende Schloss Johannisburg. Außerdem gilt Aschaffenburg als das Bayerische Nizza und bietet nicht nur im Sommer zahlreiche Events,

Kultur, eine gastronomische Vielfalt und ein einzigartiges Shoppingerlebnis. Und auch das Nachtleben hat einiges im Angebot! B

74 BACKSPIN #117 Sommer 2015


FOTO: HIP HOP KEMP

HIP HOP KEMP

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Der Festival-Kalender wird immer voller: Warum sollte man sich dieses Jahr auf den Weg zu eurem Festival machen? Dazu kommt: Das Line-up

zusammenstellen ist immer eine schwierige und spannende Angelegenheit. Was war hier eure Idee für dieses Jahr?

Wir veranstalten das Kemp nun seit 14 Jahren. Und die Kontinuität in der Line-up-Style-Auswahl ist bei uns so geblieben, wie sie immer war. Wir

setzen also auf Altbewährtes. Und unsere Stammbesucher lieben das. Unser Hauptaugenmerk ist dabei nach wie vor bei 90er-Trueschool-Hip-Hop

wie Ghostface Killah & Raekwon, Mobb Deep, DJ Premier, Gang Starr Foundation, Evidence – flankiert von Newcomern wie Joey Badass, The Four

Owls und Dope D.O.D. sowie deutschen Acts wie Megaloh oder Retrogott & Hulk Hodn, um nur einige Namen zu nennen. Ein weiteres schlagkräftiges

Argument ist natürlich auch immer wieder unser Ticketpreis. Das Drei-Tage-Ticket (+ Warm-up-Tag) für 59 Euro bei diesem Line-up ist absolut

herausragend. B

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FOTO: OUT4FAME FESTIVAL

OUT4FAME

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Der Festival-Kalender wird immer voller: Warum sollte man sich dieses Jahr auf den Weg zu eurem Festival machen?

Der Weg zu uns sollte über die Liebe zur Hip-Hop-Kultur kommen. Seit über 15 Jahren tourt Out4Fame quer durch Europa, um Künstler, die für More

Real Rap stehen wie zum Beispiel Busta Rhymes, Ice Cube, Method Man & Redman, Nas, Dead Prez uvm. in verschiedenen Städten auf die Bühne zu

bringen. Am Wochenende des 12. und 13. Juni freuen wir uns, Freunde aus ganz Europa bei uns im Ruhrpott in NRW willkommen zu heißen. Hierbei

gibt sich das Out4Fame-Team sehr viel Mühe, den Aufenthalt auf dem Festival für alle bestmöglich zu gestalten. Es ist eine Herzensangelegenheit,

Menschen zusammenzubringen und ein frohes und friedliches Fest miteinander feiern zu können. B

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FOTO: SANJEEV VELMURUGAN

TOUCH THE AIR

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Der Festival-Kalender wird immer voller: Warum sollte man sich dieses Jahr auf den Weg zu eurem Festival machen?

Wir konzentrieren uns nicht nur auf eine Musikrichtung, sondern auf Urban und auf Elektro, womit wir das einzige Festival in der Schweiz sind, das

diesen Musikmix anbietet. Internationale Acts wie Steve Aoki, Wu-Tang Clan, Foxy Brown und The Avener spielen auf demselben Festival. Damit

möchten wir wie jedes Jahr unseren Festivalbesuchern einen guten Mix aus urbaner und elektronischer Musik anbieten. Ebenso eine gute Mischung

aus aktuellen Hitparaden-Künstlern sowie die „Classics“ von früher, zum Beispiel mit Foxy Brown oder dem Wu-Tang Clan. Das Besondere am Touch

The Air ist außerdem, dass die Location an einem Waldrand liegt, was das Festival daher sehr idyllisch und familiär macht. Zudem haben wir einen

eigenen Bahnhof direkt am Festivalplatz. Die Besucher sind innerhalb kürzester Zeit auf dem Gelände. B

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 77


FOTO: FRESH ISLAND FESTIVAL

FRESH ISLAND

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Neben dem Line-up kann auch die Region das Reiseziel sein. Was ist das Besondere an eurer Location und der Region drumherum?

Kroatien ist die Nummer eins der Sommer-Reiseziele in Europa. Zrce ist ein international bekanntes Urlaubsziel. Sonne, Strand, Meer, die Open-Air-

Spielstätten Papaya, Aquarius und Kalypso (Papaya ist laut DJ Mag unter den Top-20-Klubs weltweit). Extremsport am Strand, authentische mediterrane

Küche und der weltweit beste Käse runden das Angebot des Fresh Island Festivals ab. Wow! Du liebst es, vor den Stars im Bikini zu tanzen und

zu singen? Wir haben zwei Slogans: Europas Nummer-eins-Hip-Hop-Strand-Festival und dein perfekter Hip-Hop-Urlaub. Wir sind der Meinung, dass

das Reiseziel Zrce unser wichtigster Headliner ist, oder zumindest einer der wichtigsten.B

78 BACKSPIN #117 Sommer 2015


FOTO: ROBERT WINTER

SPLASH!

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Der Festival-Kalender wird immer voller: Warum sollte man sich dieses Jahr auf den Weg zu eurem Festival machen?

Wir haben noch heißere Newcomer – sowohl national als auch international – und außerdem mit der splash! Mag Stage eine Bühne, bei der die Jungs

vom Magazin ihre Ideen einbringen konnten. Und Ferropolis ist mit seiner Mischung aus Industrie-Charme und Natur vermutlich eines der schönsten

Festivalgelände Europas. Wir sind allerdings seit April ausverkauft – ohne Ticket ist es nicht sinnvoll, zu uns zu kommen. B

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FASHAWN

und die Ökologie des Rap

INTERVIEW: Viktoria Weber

FOTOS: Fifou Designs

80 BACKSPIN #117 Sommer 2015


Auf seinem via Nas’ Mass Appeal Records veröffentlichten Album „The Ecology“ thematisiert Santiago Leyva aka Fashawn aktuell den

Einfluss der Umgebung auf das menschliche Verhalten. Aber inwiefern hat die „Ökologie“ eines Rappers Einfluss auf dessen lyrische Skills?

Sind womöglich sogar allein am Flow oder Inhalt die Herkunft und der Name des Erzählers zu erkennen? Wir zeigten dem für seine Qualitäten

als Lyricist bekannten Fashawn Zitate aus Rap-Texten, ohne Hinweis auf den Künstler oder Song, und fragten nach.

„Dark as the midnight hour, I’m bright as the

mornin’ sun/ Brown skinned, but your blue

eyes tell me your mama can’t run“ (Kendrick

Lamar – „Complexion (A Zulu Love)“)

Ich kenne diese Lyrics nicht, aber das ist Kendrick

Lamar. Das erkenne ich. Er spricht von

einem dunkelhäutigen Mädchen mit blauen Augen.

Und wenn er sagt, „your mama can’t run“,

impliziert er, dass dessen Mutter weiß ist. Das

hier kommt von einem Jungen, der in einem

sehr afroamerikanisch dominierten Teil von L.A.

aufwuchs. So, als ob er keine weiße Person gesehen

hätte, bis er 24 war. Ich bin ein großer Fan

von Kendrick Lamar. Ich bewundere seine Lyrik.

ionably Late“ arbeitete, und er meinte zu mir:

„Du solltest diese Line so und so spitten.“ Und

ich so: „Wer ist dieses Kind, das mir sagt, was

ich tun soll?“ Aber am Ende des Tages dachte

ich mir: „Das ist Earl. Er ist ein Genie.“

„Right before he pulled the trigger, and ended

her life/ He thought about the cocaine with

the platinum and ice” (Immortal Technique –

„Dance With the Devil”)

Wow. Ich weiß nicht, wer der Autor ist, aber die

Lyrics sagen mir, dass er sehr traumatisierende

Zeiten durchgemacht hat. Das ist ein Typ, der

die Straße gesehen hat. Sie ist für ihn Realität.

Und er kennt auch den Albtraum, den sie be-

te ich nicht allzu viel Berührung mit Künstlern

aus anderen Ländern. Die längste Zeit meines

Lebens habe ich nicht einmal Rap aus New York

oder von irgendwo anders gehört. Ganz einfach

aus dem Grund, dass ich aus Kalifornien

komme. Ich habe kein Biggie-Album gehört,

„Illmatic“ habe ich zum ersten Mal 2004 gehört.

Die Leute denken wahrscheinlich, dass ich seit

1994 Nas-Fan bin – das stimmt nicht. Weil ich

aus Kalifornien komme, wir sind sehr territorial.

Ich stamme aus einer Gang-Kultur. Du entscheidest

dich für eine Seite und vergisst alles andere.

Erst mit „Boy Meets World“ begann ich, mich

für die Welt zu öffnen.

„Wir sind eine Generation von Kids, die die

falschen Dinge oder Idole wertschätzt“

„To Pimp a Butterfly” erhielt sehr schnell ein

positives Feedback wie schon lange kein Album

zuvor. Ist das verdient oder vielleicht einfach

nur ein Hype?

Ich weiß nicht. Es könnte ein Hype sein, aber

das hier ist pures Talent. Ich kenne Kendrick

seit Jahren und weiß, dass das alles nicht über

Nacht passiert ist. Ich denke, es ist absolut verdient.

„I’m a hot and bothered astronaut crashing while/

Jacking off to buffering vids of Asher Roth

eating apple sauce” (Earl Sweatshirt – „Earl”)

Earl Sweatshirt. Das sehe ich am Muster. Daran,

wie er reimt. Und an der Dreistigkeit zu sagen,

dass er sich zu puffernden Asher-Roth-Videos

einen runterholt, während er Apfelmus isst.

(lacht) Nur Earl würde so einen verrückten Mist

von sich geben. Das hier kommt von einem Kid,

das mit verschiedenen Kulturen aufwuchs, das

sich anpassen kann. Auch wenn er ein Außenseiter

und schüchtern ist. Er ist ein Energiebündel,

ein Skater, ein sehr offenes Individuum. Er

war mit mir im Studio, während ich an „Po for

President“ für das Alchemist-Mixtape „FASH-

deuten kann. Ich weiß aber nicht, wer das ist.

[Auflösung: Immortal Technique] Okay, ich

kenne den Song. Vor allem, wie er im letzten

Vers den Spieß umgedreht hat. Von wegen, ich

war auch da und habe seine Mutter auch vergewaltigt.

So etwas habe ich nie zuvor gehört.

Immortal Technique ist einer meiner Lieblings-

Lyricists. Und das ist eine Line von einem meiner

Lieblingssongs.

„Blud take off the red gold and green/ Them

man are soft just like ice cream, seen?/ Start

moving correctly/ If you don’t wanna upset

me, you get me?” (Skepta – „Shutdown“)

Keine Ahnung. In Oakland sagen sie „blud“.

Oder ist die Gang in L.A. gemeint? Lass mich

ein wenig nachdenken. Es ist nicht Kardinal Offishall

… Keine Ahnung.

Das ist von Skepta, einem Grime-Rapper aus

London. Ich finde es interessant, dass du ausschließlich

an Rapper aus den USA gedacht

hast. Sagt dir Grime etwas?

Nein, nicht wirklich. Aber den Namen Skepta

habe ich schon gehört. Als ich aufwuchs, hat-

„Peace to da Berg for repping rawness to Hollis/

A mix of Phil Collins and Nasir Jones/ With

the best of both worlds contained in his palms”

(Cronite – „Journey”)

Wer zur Hölle ist das? Keine Ahnung. Ist er Albanier?

Queens? Warum Hollis? Dieser Typ

kommt entweder aus Queens oder „da Berg“.

Pittsburgh? Ich habe keinen blassen Schimmer,

wer dieser Typ ist, aber ich respektiere definitiv

seine Lyrik.

Das ist Cronite, ein deutsch-kroatischer Rapper

aus Nürnberg, Bayern. Er rappt auf Englisch,

was es in Deutschland nicht oft gibt. Es gibt

aber Leute, die sagen, deutscher Rap oder generell

jeder Rap, der nicht aus den USA kommt,

sei kein echter Rap, sondern eine Kopie …

Ich habe gerade einen Song aufgenommen,

der „Copycat“ heißt. Manchmal ist es eine Kopie.

Wenn ich als Amerikaner nach Deutschland

komme, dann will ich eure Geschichte hören,

wie ihr Musik und Sound versteht. Ich will keine

Imitation dessen hören, was wir zu Hause machen.

Aber andererseits ist es auch schwer, den

Erfinder nicht zu imitieren. Für mich ist es auch

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 81


schwer, Nas nicht zu imitieren. Beziehungsweise

ist es unmöglich für mich, mein Ding zu machen,

ohne den Einfluss zu merken.

„If skills sold, truth be told, I’d probably be/ Lyrically,

Talib Kweli/ Truthfully, I wanna rhyme

like Common Sense/ But I did five mill’ I ain‘t

been rhyming like Common since“ (Jay Z –

„Moment of Clarity“)

Sean Carter, Jay Z. Sehr einfach. Wir alle kennen

seine Ökologie. Aber hier gibt er zu, dass

er nicht auf dem Skill-Level eines Talib Kweli reimen

kann – doch kann Talib Kweli auf kommerzieller

Ebene keine fünf Millionen verkaufen. In

Wirklichkeit will Jay Z reimen wie Common Sense

und Talib Kweli. Er wäre gerne ein Conscious-

Rapper. Er ist es wahrscheinlich auch, aber damit

verkauft man eben nicht so viele Platten.

generation of ignorance bitches live for the

‘gram so they life ain’t got no significance”

(Tink – „Ratchet Commandments”)

Das könnte J. Cole sein. Nein? Ist er Amerikaner?

[Kleiner Tipp: Es ist kein Er]. Oh, okay …

Beginnt ihr Name mit Rap? Ich versuche gerade

herauszufinden, wer das ist. Brilliante Lyrics. Ich

stimme total mit ihr überein. Sag mir, wer das

ist! [Auflösung: Tink] Timbalands Künstlerin aus

Chicago? Sie ist dope, ich liebe Tink. Ich denke,

sie und ich könnten in einem vergangenen Leben

verheiratet gewesen sein. Hier wundert sie

sich, warum die Schwestern sich heutzutage

nicht respektieren. Wir verhalten uns aggressiv

und wir sind eine Generation von Kids, die die

falschen Dinge oder Idole wertschätzt.

„I let him hit it ‘cause he slang cocaine/ He toss

my salad like his name Romaine/ And when we

Während deiner Arbeit an „The Ecology“ warst

du quasi einer neuen Ökologie ausgesetzt,

denn du bist jetzt bei Nas’ Label Mass Appeal

Records gesignt. Welchen Einfluss hatte Nas

auf deine neue Musik?

Er ist der Grund, warum ich hier bin. Der Grund,

warum ich zurück bin, Interviews gebe und auftrete.

Ich wollte damit aufhören und etwas anderes

machen. Aber Nas meinte: „Du bist ein wirklich

talentierter Künstler. Ich will, dass du ein Teil von

Mass Appeal bist.“ Jetzt fühle ich mich bereit, den

Hip-Hop noch einmal anzugreifen. Jetzt, wo ich bei

„God’s Son“ höchstpersönlich gesignt bin. Meine

Leidenschaft wurde neu entfacht, mein Schwert

neu geschärft. Er tut viel für mich, ohne viel zu tun.

Und ich warte auf das Album von ihm.

„Hurry up with my damn massage/ Hurry up

with my damn ménage/ Get the Porsche out

„Von meiner Mutter kommt meine Ausdrucksweise,

wie ich Worte auswähle und sie verwende“

Wie stehst du zu Rappern, die, anstatt davon

zu erzählen, wo sie herkommen, lieber in eine

Rolle schlüpfen und über ihren neuen Bugatti

reden – nur um vielleicht mehr zu verkaufen?

Ich denke, die verstecken sich vor sich selbst

und ihrer Realität. Deswegen mache ich so etwas

nicht. Wenn ich reime, will ich dir mein Leben

auf einer Platte geben. Wenn ich nur reime, um

albern und witzig zu sein, nutze ich eine andere

Gehirnhälfte. Aber nicht jeder ist gleich. Musik ist

eine Art, die Welt auszublenden. Manche Künstler

nutzen Musik, um die Welt zu verändern. Es

kommt einfach darauf an, welchen Standpunkt

du einnimmst. Ich habe nichts gegen solche

Künstler, aber es gibt eine Alternative.

„Versace, Versace, Versace, Versace, Versace,

Versace, Versace, Versace“ (Migos – „Versace”/

Drake – „Versace”)

Ja, genau. Das ist eine sehr gebildete Person …

Ich habe den Track auf „The Ecology” adressiert:

„Prolly seen more Versace than Pac and Big Pun,

word to Migos, I move words by the kilos.” Der

Song ist ursprünglich von Migos, Drake hat ihn

später geremixt und groß rausgebracht. Das (Er

meint das Schild, Anm. d. Red.) ist großartig, ich

will ein Foto damit machen.

„I thought, I thought we had some young

queens, what you mean?/ We act belligerent,

done, I make him buy me Balmain” (Nicki Minaj

– „Anaconda”)

Das ist Nicki Minaj. (lacht) Hier ist sie auf jeden

Fall sexuell aufgeladen … Und bei dem Salat

geht es um Oralsex. Ich mag das Wortspiel mit

dem Romaine und Balmain. Das ist cool. Aber

auch sehr einfach.

Tink sagte in einem Interview: „Die Leute übersehen

weibliche Rapper oder sie nehmen uns

nicht so ernst wie männliche Künstler. Und ich

weiß warum – viele weibliche Rapper versuchen

einfach nur zu sein wie Nicki Minaj.“

Das hat sie gesagt? Deswegen liebe ich Tink. Es

gibt viele dope weibliche MCs da draußen, die

übersehen werden. Zum Beispiel Rapsody, die

aktuell auf Kendricks Album zu hören ist. Oder

Ill Camille aus Kalifornien. Eine der krassesten

Lyricists, die ich je gehört habe. Und Tink.

„Even though, we know somehow we all gotta

go/ But as long as we leaving thievin’ we’ll be

leavin’ with some kind of dough, so” (Nas feat.

AZ – „Life’s a Bitch“)

Das ist AZ. Einer meiner Lieblingssongs, einer

meiner Lieblings-Lyrics von „Life’s a Bitch“. Stell

dir vor: Ich habe mir ein AZ-Album gekauft, bevor

ich mir ein Nas-Album gekauft habe. Ich bin

ein großer AZ-Fan. Ich würde nicht reimen, wie

ich reime, würde er nicht reimen, wie er reimt.

the damn garage/ I am a god“ (Kanye West – „I

Am a God”)

Nur „I Am a God” hätte auch gereicht. (lacht)

Kanye West ist einer der Besten aller Zeiten. Ich

bin mir sicher, würdest du ihn fragen, würde er

sagen, er ist der Beste aller Zeiten. Das hier ist

einfach ein krasses Wortspiel. Die Line, die ich

von dem Song am meisten mag, ist die mit den

„damn croissants”. Ich bewundere Kanye Wests

Dreistigkeit genauso wie ich Earls bewundere.

Beide haben für mich dieselbe Dreistigkeit.

Es gibt Gerüchte, Kanye West hätte für seine

ersten Alben Ghostwriter engagiert. Würdest

du für jemanden ghostwriten und gab es schon

Angebote?

Es gibt viele Leute, die mich für sie ghostwriten

lassen sollten. Es gab auch schon Angebote. Ich

möchte keine Namen nennen, aber es gibt viele

Leute, deren Flow ich gerne verbessern würde.

Ich habe auch schon Songs für andere geschrieben.

Die wissen es wahrscheinlich nur nicht.

Letzte Woche habe ich einen Song für DMX geschrieben.

Ich würde mich freuen, wenn er den

Track eines Tages performen oder aufnehmen

würde. Aber womöglich würde er sich eher angegriffen

fühlen, wenn ich ihm das anbiete.

„Yeah I make pop music but I’m still king with

the flow/ This is what you should’ve been thin-

82 BACKSPIN #117 Sommer 2015


FASHAWN

und die Ökologie des Rap

kin’ about” (Kaytranada feat. Vic Mensa – „Drive Me Crazy”)

Schlecht. Wer ist das, T.I.? Ein Amerikaner? [Vic Mensa, gerade

schwer von Kanye West gehypt. Er wurde erstmals bekannt

durch den Popsong „Down on My Luck“] Ich kenne Vic,

ich mag seinen Vers auf dem Track „Pasadena“. Aber ich würde

mich noch nicht als Fan von ihm bezeichnen.

„Guess I’m at a crossroads, lost hope and I lost quotes/ My

heart smokes from the fire that ya’ll done provoked“ (Fashawn

feat. Aloe Blacc & Nas – „Something to Believe In“)

Das ist die erste Bar aus „Something to Believe In“ auf „The

Ecology“. Ich war einfach an einem Punkt, an dem ich meinen

Glauben an Gott verloren hatte. Ich spürte seine Anwesenheit

in meinem Leben nicht mehr. Alles fing an, zu vorhersehbar

zu werden, zu langweilig. Also verlor ich meine Hoffnung

und meine Worte. So viel Druck und der plötzliche Ruhm. Ich

wollte fliehen. Aber ich hatte das Gefühl, die Welt hätte das

provoziert, nicht ich. Ich war nur jemand, der den Stift nahm

und ins Studio ging. Das ist einer meiner Lieblingssongs. Ich

habe diesen Vers dreimal geschrieben. Als ich die erste Line

dann hatte, wusste ich, das ist sie. Die würde ich Nas zeigen

und hoffen, dass er darauf rappt. Ich könnte ewig über diesen

Song reden.

Wer oder was in deiner Ökologie beeinflusste deine Lyrik

am meisten?

Meine Mutter. Sie ist eine der eloquentesten Sprecherinnen

und eine der artikuliertesten Personen, die ich je getroffen

habe. Von ihr habe ich diesen Durst nach Wörtern und danach,

zu lernen. Von meiner Mutter kommt meine Ausdrucksweise,

wie ich Worte auswähle und sie verwende. Natürlich

könnte ich auch die obligatorischen Rapper aufzählen, aber

eigentlich kommt das alles von meiner Mutter.

Wer ist dein Lieblings-Lyricist oder die für dich beste Geschichte

im Storytelling?

„Fetus“ von Nas. Das ist ein Song, in dem er Storytelling, Poesie

und Personifizierung vorführt. Er bringt dich im Grunde

durch seine Geburt. Das Austreten aus dem Vater, das Eintreten

in die Mutter, die neun Monate im Bauch seiner Mutter

und wie er zum ersten Mal seine Augen öffnet. Du fühlst

dich, als ob du im Bauch seiner Mutter gewesen wärst. Er

nimmt dich mit dahin. Er verwendet die Personifikation wie

kein anderer Rapper. Oder „Last Words“. Da gibt es zu viele

Songs. Deswegen ist Nas mein Favorit untern den Lyricists

und Storytellern im Hip-Hop. Und aktuell mein Boss. Dame

Dash würde es nicht gefallen, jemand anderes Boss zu nennen.

Deswegen: Shout-out an meinen Partner Nas!

Kurze Schlussnotiz: Bei allem Respekt für versierte Lyrics,

Poesie und personifizierendes Storytelling – das „Versace“-

Schild war das Einzige, das Fashawn auf eigenen Wunsch

behalten hat.B

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 83


Interview: Shana Koch

Foto: Vitali Gelwich Photography Berlin

Die Hohe Fünf XXL mit

MoTrip

Sage und schreibe drei Jahre sind ins Land gezogen,

seit MoTrip mit seinem Debütalbum „Embryo“

den ersten Meilenstein seiner Karriere legte. Diese

vergangenen drei Jahre war es verdächtig ruhig um den

Aachener. Es waren drei Jahre voller Höhen und Tiefen,

wie sich später herausstellte. Alles, was er hin und

wieder durchscheinen ließ, waren vereinzelte Hinweise

auf ein neues Projekt. Im Sommer 2015 ist es nun so

weit, der Nachfolger steht in den Startlöchern. Zurück

zum Nullpunkt: Vorhang auf für „Mama“.

MoTrip, seit „Embryo“ sind drei Jahre vergangen.

Der Nachfolger „Mama“ steht in

den Startlöchern. Hast du je daran gezweifelt,

dass die Platte erscheinen würde?

Nein. Es gab Momente, in denen ich solche

Gedanken mit mir ausgefochten habe. Irgendwie

war mir aber immer bewusst, dass

ich das Projekt nicht abbrechen würde. Dazu

bin ich zu dankbar für die Songs, ich weiß

das alles zu sehr zu schätzen. Definitiv hatte

ich nicht immer Spaß an der Sache. Phasenweise

brauchte ich wirklich Aufbauhilfe von

außen. Leute, die an einen glauben.

Wer hat dir diese Aufbauhilfe geleistet?

Meine Familie, insbesondere meine Mutter

hat mir wieder auf die Beine geholfen. Die

stand komplett hinter mir. Genauso meine

Freundin und mein gesamter Freundeskreis

– die haben mir Kraft gespendet. Nicht zu

vergessen, wären da auch einige Labelkollegen:

Sido hat sich regelmäßig gemeldet,

gefragt, wie es mir geht und mich motiviert.

Es war schön zu sehen, dass sich andere

Gedanken machen. Noch ein Beispiel ist Ali

As: In meiner krassesten Krisenzeit telefonierten

wir und ich sagte ihm, ich bräuchte

84 BACKSPIN #117 Sommer 2015


einen Tapetenwechsel. Er war dann oft bei uns

im Studio in München. Ich bin sehr dankbar für

das alles.

Denkst du, die Fans gehen anders auf eine Platte

zu, die nach drei Jahren erscheint, als auf

eine, die nach einem halben Jahr erscheint?

Das ist schwer zu sagen. Man kann Fans nicht

jeder kennen. Es gibt viele Sparten – egal, ob

Musik oder Sport –, in denen man dazu nicht

stehen kann. Ich mache das dennoch nicht, um

ein Tabu zu brechen. Wer mich kennt, weiß,

Vergleicht man die beiden Platten: Findest du,

es hat eine Art Werteverschiebung in deiner

Musik stattgefunden?

Auch hier finde ich, dass jetzt kein Schalter umgelegt

oder eine neue Stufe erklommen wurde.

pauschalisieren. Doch behaupte ich, dass die

Hörer es im Endeffekt in der Hand haben. Wenn

die eben ein Album, das in einer Woche entsteht,

100.000 Mal kaufen, dann supporten die

das. Mir ist das recht egal, ich mache einfach.

dass das stimmt. Ich spreche auf dem Album

noch andere Themen an, die nicht geplant waren

und einfach aus mir herauskamen. Ein gutes

Beispiel ist der Song „Fan“. Ich habe mich im

Nachhinein gefragt, ob ich da nicht eventuell

Dennoch hört man die Veränderung. Meine Mir ist bewusst, dass der Hype sechs Monate mehr Angriffsfläche als nötig biete.

Musik klingt ernster. Nicht unbedingt ernster im

Sinne von traurig, sondern eher im Sinne von

aggressiver. In meiner früheren Musik habe ich

vieles einfach belächelt. Das ist aber nichts Bewusstes.

Jetzt wurde viel Frust abgebaut, ich

habe mir einiges von der Seele geschrieben.

nach „Embryo“ größer war als jetzt. Rein marketingtechnisch

gedacht hätten wir da irgendwas

raushauen müssen. Ich mache aber gerne Musik

und habe diesen Druck nicht gespürt.

Inwiefern, glaubst du, war der Hype damals

noch größer?

Wie viel Fan steckt denn noch in dir?

Mein Fan-Sein hat sich nicht geändert. Das ist

etwas, das ich oft beobachte. Leute reden im

Präteritum und sagen, sie waren Fan. Selten

hat das damit zu tun, dass der Künstler schlecht

wird, sondern eher, dass die Fans jetzt selbst erfolgreich

Das Album klingt sehr erwachsen …

Danke. Das war aber wirklich kein bewusst gewählter

Schritt. Ich habe es einfach gemacht

und das Endergebnis ist jetzt auch so gewor-

Was ich damit sagen möchte, ist, dass jeder normale

Mensch vermutlich viel schneller nachgelegt

hätte und nicht erst drei Jahre später. (lacht)

Ich kann mir vorstellen, dass es schlichtweg

sind. Als ich 16 war, hat Savas mich mit

auf Alben und Reisen genommen. Da war ich

so glücklich, dass ich Teil davon wurde. Vorhin

hast du mich nach meiner Werteverschiebung

den, wie ich es mir ungefähr gewünscht habe.

„Ich mache einfach“

Natürlich gibt es immer Punkte, die man noch

ändern könnte aus Künstlersicht.

Das klingt nach Hang zum Perfektionismus …

Der ist definitiv auch einer der Gründe, wieso es

normaler gewirkt hätte und direkt reibungsloser

abgegangen wäre, wenn die Platte direkt

gekommen wäre. Aber ehrlich gesagt, war das

noch nie meine Intention. Vielleicht bin ich dazu

zu wenig Business-Mann und zu sehr Musiker.

so lange gedauert hat. Ich gebe zu, ich bin nicht Die Vorfreude auf das Album dürfte durch die

der Allerleichteste. Ich arbeite sehr schnell. Teilweise

schreibe ich Sachen, die ich dann gar Die Platte ist jetzt quasi noch exklusiver …

lange Wartezeit nur noch weiter gestiegen sein.

nicht erst aufnehme oder ich lösche sie nach Wenn dem so ist, ist es cool. Aber auch hier

dem Aufnehmen sofort wieder. Ich glaube aber, muss ich sagen: Das war keine Berechnung. Wir

diese Arbeitsweise schadet dem Produkt im saßen auf keinen Fall vor einem Jahr da und haben

uns gedacht, dass es bestimmt noch cooler

Endeffekt nicht. Natürlich weiß ich, dass man

zu viel nachdenken kann. Jedoch weiß ich, wo würde, wenn wir noch ein Jahr warten. So was

die Sache ungefähr hin muss und denke sie wird gerne unterstellt, dass alles eiskalt geplant

nicht kaputt. Es gibt jedoch kein klares Muster. und kalkuliert ist. Wie gesagt: Ich mache einfach.

So ein Hype kommt und geht. Das ist aber

Manchmal sind Songs nach dem Aufnehmen

auch direkt fertig.

nicht das, wo ich hin möchte. Man sieht ja auch

wenig anderes von mir außer Musik. Wie selten

mache ich zum Beispiel irgendwelche Blogs,

Rap-Deutschland liefert aktuell unfassbar viel

Output. Sagt ein schneller Release-Rhythmus wie ich Minigolf spielen oder Enten füttern gehe.

etwas über die Qualität der Produkte aus?

Das ist alles nicht mein Ding. Ich mache meine

Nein, ich finde nicht, dass das etwas über Musik und bin froh, wenn ich genau dafür akzeptiert

werde – das ist für mich wertvoller als

Qualität aussagt. Ich finde es in keiner Hinsicht

schlimm, wenn man nur ein halbes Jahr alles andere.

an seiner Platte schreibt. Weder stört mich das

noch geht mich das irgendetwas an. Objektiv In deinem Song „Mathematik“ rappst du, dass

betrachtet man am Ende aber doch einen qualitativen

Unterschied, allein was die Produktionen trifft man jedoch immer wieder auf die Thema-

du die Eins bist. In anderen Songs von „Mama“

tik Selbstzweifel. Ist das nicht total konträr?

angeht. Gern erinnere ich mich jedoch genauso

an Alben, die am Wochenende entstanden sind Das ist vielleicht sogar schizophren! Es ist so:

und mich dennoch geprägt haben. Beides kann Ich bin keine Heulsuse. Ich weiß, was ich mache,

sehe, was die anderen machen und kann

gut oder schlecht sein, ich würde da nicht so

stark differenzieren.

es objektiv einschätzen. Allerdings gibt es Momente,

in denen man an sich zweifelt. Das wird

gefragt. Das ist heute nicht mehr, was mich

treibt. Damals war es mir wichtig, wie ich eingeordnet

und ob ich akzeptiert werde. Zurück zur

Frage: Ich bin immer Fan geblieben. Ich kaufe

Alben und besuche Konzerte. Ich habe die Musik

schon gehört, bevor ich selbst Rapper wurde

und das leugne ich nicht. In meiner Musik hört

man sogar, dass ich stark von deutschem Rap

geprägt bin. Das ist, was ich liebe und wofür ich

mich niemals verstellen werde.

Seit Beginn deiner Karriere hast du mit den

größten Namen zusammengearbeitet. Siehst

du dich selbst aus heutiger Sicht als einen der

besten Rapper der Szene?

Ich behaupte das oft in Songs, aber da ist das

natürlich etwas anderes. Sonst würde ich das

nie so großkotzig behaupten. Es gibt da draußen

überkrasse Rapper und ich feiere schon

viel anderes. Ich bin froh, behaupten zu können,

dass ich einer der Besten bin, ohne dass

es eingebildet klingt. Wenn es um richtigen Rap

geht, sehe ich noch eine Handvoll Leute, und

die möchte ich keineswegs diskreditieren. Natürlich

stehe ich zu meinem Talent und ich bin

stolz. Dennoch bin ich nicht eingebildet genug,

um zu sagen, ich allein bin der Krasseste. Das

wäre komisch und schlichtweg gelogen.B

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 85


TEXT: CHRISTIAN LUDA

BACK IN THE DAYS

3RD

BASS

INTERVIEW: Frederike Arns

FOTOS: ???

Weiße Rapper sind in den USA aktuell ebenso erfolgreich wie umstritten. Anders als heute kann man

sie in den 1980er-Jahren an einer Hand abzählen: Es gibt die Beastie Boys sowie MC Serch und Pete

Nice von 3rd Bass. Diese ebnen innerhalb der von Schwarzen und Latinos begründeten Hip-Hop-Kultur

nicht nur den Weg für heutige Stars wie Eminem und Action Bronson, sondern können jene kulturelle

Integrität vorweisen, die Künstlern wie Iggy Azalea und Macklemore von vielen abgesprochen wird.

Bevor das Trio 3rd Bass, bestehend aus MC Serch

(Michael Berrin) und Prime Minister Pete Nice

(Peter Nash) sowie DJ Richie Rich aka Daddy

Rich (Richard Lawson), 1989 seine erste Platte

veröffentlicht, sind die Mitglieder bereits jahrelang

in der New Yorker Hip-Hop-Szene aktiv.

Der aus Far Rockaway, Queens, stammende MC

Serch macht 1985 seinen Abschluss an der LaGuardia

High School of Music & Art and Performing

Arts mit Schwerpunkt Gesang und Stimme. Seit

Anfang der 80er von Hip-Hop infiziert, schlägt er

zum Entsetzen seiner Mutter ein Stipendium für

Italienische Oper aus, um stattdessen Rapper zu

werden. Produzent Tony D (Anthony Dick, nicht

zu verwechseln mit Tony Depula, siehe BACK-

SPIN MAG #112) verhilft ihm zu Ghostwriting-

Jobs für Whodini sowie zu einem Plattenvertrag

mit Warlock. Seine 1986 erscheinende Debütsingle

„Melissa“ erweist sich jedoch als Flop, sodass

Serch seinen Deal gleich wieder verliert.

Gemeinsam mit Tony D startet er anschließend

das Label Idlers und veröffentlicht 1987 die Single

„Hey Boy!“. Während Tony D ihn über den

Tisch zieht und tatsächlich alleiniger Eigentümer

des Labels ist, das später unter anderem die

Jungle Brothers hervorbringt, verschafft „Hey

Boy!“ MC Serch erste Aufmerksamkeit. Es folgen

Radio-Promos für Red Alert und ein Auftritt

beim New Music Seminar MC Battle 1988, der

ihm einen Deal bei Russell Simmons’ Rush Artist

Management einbringt. Einen Monat später unterschreibt

dort auch Pete Nice.

Dieser wächst in Brooklyn und Long Island auf und

kommt 1977 erstmals in Kontakt mit Hip-Hop.

Der zehnjährige Pete arbeitet als Balljunge für das

von seinem Vater trainierte Basketballteam und

wird von den Spielern mit frühen Hip-Hop-Tapes

versorgt. Während seiner Zeit an der Bishop

Ford Central Catholic High School in Brooklyn

ist er Mitglied der kurzlebigen Rap-Gruppe Sin

Qua Non, die, ebenso wie Stetsasonic, Just-Ice

und Positive K, von Lumumba Carson gemanagt

wird, der später als Professor X vom X-Clan bekannt

wird. Carson ist zudem Manager und Booker

vom Latin Quarter. In dem legendären Hip-

Hop-Klub kreuzen sich erstmals die Wege von

Serch und Pete Nice.

An der Columbia University gründet Pete gemeinsam

mit dem Graffiti-Writer und von einigen

als erster weißer Rapper überhaupt gehandelten

Lord Scotch (Blake Lethem, jüngerer Bruder von

Schriftsteller Jonathan Lethem) sowie dessen

Freund Shameek die Gruppe Servin’ Generals.

Außerdem hat Pete Nice gemeinsam mit DJ Clark

86 BACKSPIN #117 Sommer 2015


Kent von 1986 bis 1987 die erste Hip-

Hop-Sendung beim College-Sender

WKCR, auf dem ab 1990 Stretch Armstrong

und Bobbito Radiogeschichte

schreiben.

Die Servin’ Generals stehen kurz vor

einem Plattendeal bei Select, als Shameek

einen U-Bahn-Wagen überfällt

und Lord Scotch spurlos verschwindet.

Dante Ross, später einflussreicher

A&R bei Tommy Boy und Elektra, hört

deren Demo und stellt den Kontakt zu

Produzent Sam Sever her, den er kurz

zuvor bereits mit MC Serch zusammengebracht

hat. Ende 1987 lernen sich

so Serch und Pete Nice in den Chung

King Studios erstmals richtig kennen.

In derselben Nacht entsteht der erste

gemeinsame Song „Wordz of Wizdom“.

Mit Sam als DJ nehmen sie in der Folge

unter dem Namen 3 the Hard Way ein

Demotape auf, das unter anderem den

Song „Product of the Environment“

enthält.

Nachdem Russell Simmons und Lyor Cohen

sie erfolglos anderen Labels anbieten,

nehmen sie die Gruppe schließlich

bei Def Jam unter Vertrag. Während

der Albumaufnahmen äußert Sam Sever

den Wunsch, nicht länger offizieller

Teil der Gruppe zu sein, um sich voll auf

seine Produzententätigkeit konzentrieren

zu können. So wird letztlich Daddy

Rich von der Supermen Crew um Clark

Kent zum dritten Mitglied von 3rd Bass.

Der DJ aus Brooklyn hatte zuvor bereits

mit Pete Nice zusammengearbeitet und

nimmt 1989 am New Music Seminar

DJ Battle teil, das von Serch gehostet

wird. Als er zur Gruppe stößt, ist das

Album jedoch bereits fast fertiggestellt.

„The Cactus Album“ erscheint nach langer Wartezeit

im Oktober 1989 und gilt heute als eines

der besten Alben der Hip-Hop-Geschichte. Sam

Sever sorgt mit Unterstützung von Pete Nice für

den Großteil der Produktion, außerdem gibt es

Beiträge von zwei der größten Namen der Zeit:

The Bomb Squad sorgen für den Albumtrack

„Oval Office“ und die erste Single „Steppin’

to the A.M.“, während Prince Paul die Singles

„Brooklyn-Queens“ und „The Gas Face“ produziert.

Letztere ist der größte Hit des Albums

sowie das Debüt von K.M.D.s Zev Love X, heute

besser bekannt als MF Doom. Dieser ist auch

verantwortlich für den Titel, der als Beschreibung

eines ablehnenden Gesichtsausdrucks

mittlerweile zum gängigen US-Sprachgebrauch

gehört. Das Video bietet Cameos von Erick Sermon,

Flavor Flav, DMC, Jam Master Jay, Bobbito

und weiteren. Zu jenen, die in dem Song

ein „Gas Face“ bekommen, zählt MC Hammer,

der zudem auf dem Albumsong „The Cactus“

gedisst wird („The Cactus turned Hammer’s

mother out“). Als 3rd Bass für einen Promo-Gig

nach L.A. fliegen, erfährt man bei Def Jam, dass

Hammers Bruder bei den Crips ein Kopfgeld von

50.000 Dollar ausgesetzt hat. Die Gefahr wird in

letzter Sekunde gebannt, indem Crips-Gründer

Mike Concepcion seinen Lieutenant als Bodyguard

stellt und als Gegenleistung am selben

Abend bei den American Music Awards zwei

Sitzplätze direkt neben Michael Jackson erhält.

Außerdem helfen ihm Simmons und Cohen,

ein Label für seine Compilation „We’re All in the

Same Gang“ zu finden. Abseits von Hammer

wird das 3rd-Bass-Album auch an der Westküste

geschätzt. MC Eiht outet sich 1990 auf der

Comptons-Most-Wanted-Single „One Time Gaffled

‘Em Up“ als Fan („Loaded as fuck, pumpin’

The Cactus“), und als Ice Cube für sein Album

„AmeriKKKa’s Most Wanted“ nach New York

kommt, will er eigentlich mit Sam Sever arbeiten.

Da dieser nicht auftaucht, entscheidet sich

Cube für The Bomb Squad.

Die Beastie Boys, die auf dem Albumtrack „Sons

of 3rd Bass“ attackiert werden, revanchieren

sich lediglich musikalisch – und das erst drei

Jahre später auf dem „Check Your Head“-Song

„Professor Booty“: Die Line „Dancing around

like you think you’re Janet Jackson“ ist eine Anspielung

auf MC Serchs legendäre Tanzeinlagen,

die fester Bestandteil der guten Liveshows von

3rd Bass sind. Hiervon können sich im Frühling

1990 auch die deutschen Fans überzeugen, als

die Gruppe zusammen mit Public Enemy nach

Europa kommt. Die Tour wird überschattet vom

Skandal um Professor Griff. Nach mehrfachen

Interviews mit antisemitischen Äußerungen hat-

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 87


3RD

BASS

te dieser im Juni 1989 seine Position

als „Minister of Information“ bei Public

Enemy verloren, was im Outro von „The

Cactus“ folgendermaßen kommentiert

wurde: „Yo, we’re Professor Griff, that

means we’re outta here, sucka!“ Kurz

vor der Tour kommt es im Büro von Def

Jam zu einer Auseinandersetzung, bei

der Griff MC Serch bedroht und als „fucking

jew bastard“ beschimpft, woraufhin

er endgültig aus der Gruppe fliegt

und erst 1997 zurückkehrt.

1990 veröffentlichen 3rd Bass die EP

„The Cactus Revisited“. Neben sechs

Remixen, darunter der Marley-Marl-Remix

von „Product of the Environment“,

findet man hierauf den neuen Song „3

Strikes 5000“, der es auch auf das kommende

Album schafft. Auf der EP sind

erstmals Scratches von Daddy Rich zu

hören.

Das zweite 3rd-Bass-Album „Derelicts

of Dialect“ erscheint im Juni 1991, erreicht

wie der Vorgänger Goldstatus

und erweist sich auch musikalisch als

würdiger Nachfolger. Als Gäste vertreten

sind Nice & Smooth und Chubb

Rock sowie K.M.D., deren Debütalbum

„Mr. Hood“ einen Monat zuvor mit MC

Serch und Pete Nice als Executive Producers

herauskommt. Für die starken

Beats sorgen neben 3rd Bass und

Sam Sever erneut Prince Paul sowie

die Stimulated Dummies. Das Trio um

Dante Ross produziert unter anderem

die erste Single „Pop Goes the

Weasel“. Der Song richtet sich

gegen Pop-Rap, insbesondere

den von Vanilla Ice, und wird

dabei ironischerweise 3rd

Bass’ größter kommerzieller

Hit – ein ähnliches Schicksal, wie es

später „Crossover“ von EPMD widerfährt.

Mit „3rd Bass Theme“ aka „Portrait of

the Artist as a Hood“ wird eine weitere

Single aus dem Album ausgekoppelt,

das das letzte von 3rd Bass sein soll.

Nach der Albumtour und der Single

„Gladiator“ vom gleichnamigen Soundtrack

trennen sich 3rd Bass 1992 aufgrund persönlicher

Differenzen zwischen Pete Nice und MC

Serch. Noch im selben Jahr veröffentlicht MC

Serch auf Def Jam sein Soloalbum „Return of

the Product“. Als Produzenten verpflichtet er

das Duo Wolf & Epic sowie T-Ray, der auch mit

Cypress Hill, Lord Finesse und den Artifacts zusammenarbeitet

und Ende der 80er Mitglied der

White Boys, einer anderen frühen, wenngleich

wenig erfolgreichen weißen Rap-Gruppe war.

Rückblickend bleibt vom soliden „Return of the

Product“ insbesondere der Song „Back to the

Grill“ in Erinnerung: Neben Chubb Rock und

Red Hot Lover Tone ist auf dem Posse-Track Nas

zum zweiten Mal überhaupt zu hören. Auf der

Single findet man zudem einen Remix, bei dem

das Line-up um O.C. erweitert wird. Dieser erhält

kurz darauf einen Deal bei Wild Pitch, wo

Serch als A&R und Vice President arbeitet. Nas

unterschreibt einen Production Deal bei der neu

gegründeten Firma Serchlite und erhält einen

Plattenvertrag bei Columbia. Dort erscheint

1992 der von MC Serch betreute „Zebrahead“-

Soundtrack, auf dem sich MC Serchs Song „Puff

the Head“ und Nas’ Debütsingle „Halftime“ wiederfinden.

Im Jahr darauf veröffentlichen Prime Minister

Pete Nice & Daddy Rich bei Def Jam ihr Album

„Dust to Dust“ mit den Singles „Rat Bastard“

(gerichtet an Serch) und „Kick the Bobo“. Mit

Beats der beiden sowie von Sam Sever, The

Beatnuts und K.M.D. knüpft das Werk eher an

den 3rd-Bass-Sound an. Als Gäste zu hören sind

Psycho Les, Kurious und Cage, der hier sein De-

88 BACKSPIN #117 Sommer 2015


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büt feiert, sowie Benz von den Dredknotz. Das aus Brooklyn stammende

Duo hat im Jahr darauf mit der von Mentor Daddy Rich produzierten

Single „Causin a Menace“ einen kleinen Underground-Hit.

1994 geht als eines der besten Hip-Hop-Jahre in die Geschichte ein, und

sowohl MC Serch als auch Pete Nice haben bei prägenden Alben ihre

Finger im Spiel. Ersterer ist Executive Producer von Nas’ „Illmatic“ sowie

O.C.s „Word...Life“ und beaufsichtigt die Produktion des ebenfalls bei

Wild Pitch erscheinenden Albums „Genocide & Juice“ von The Coup.

Pete Nice hat unterdessen gemeinsam mit Bobbito das Columbia-Unterlabel

Hoppoh am Start, wo das starke Kurious-Album „A Constipated

Monkey“ mit der von Pete Nice und Daddy Rich produzierten Single „I’m

Kurious“ herauskommt. Bei Hoppoh erscheint 1995 noch „Pre-Life Crisis“,

das Debütalbum von Count Bass D. Nachdem Kurious sich weigert,

ein zweites Album aufzunehmen, verlieren Pete Nice und Bobbito ihren

Deal bei Columbia.

MC Serch fungiert 1996 auf „It Was Written“ nochmals als Executive Producer

und zieht sich danach aus der Karriere von Nas zurück. In der Zwischenzeit

agiert er als Mentor einer neuen vielversprechenden weißen

Rap-Gruppe: Non Phixion veröffentlichen 1996 und 1997 über Serchlite

Music ihre ersten Singles „Legacy“ und „5 Boros“. Danach kommt es zu

Geldstreitigkeiten zwischen Mentor und Gruppe, die kurz darauf einen

von Serch ausgehandelten Major-Deal bei Geffen verliert.

1998 erscheint bei Serchlite Music mit „Venom“ zudem die Debütsingle

der Arsonists, die anschließend zu Bobbitos Indie-Label Fondle ’Em

wechseln, wo auch Zev Love Xs Renaissance als MF Doom beginnt.

Im selben Jahr finden 3rd Bass wieder zusammen. Nach einem Auftritt

beim Woodstock-Festival 1999 erscheint im Folgejahr über Serchlite die

wenig beachtete Comeback-Single „Hail to the Chief“. Ein angekündigtes

Album wird nie in die Tat umgesetzt.

Pete Nice kehrt danach dem Musikgeschäft den Rücken, eröffnet die

Sportsbar „McGreevy’s 3rd Base Saloon“ in Boston und veröffentlicht

das Buch „Baseball Legends of Brooklyn’s Green-Wood Cemetery“.

Außerdem handelt er mit Baseball-Memorabilien, die jedoch nicht immer

echt sind: Wegen Betrugs wird er 2014 zu einer Strafzahlung von

260.000 Dollar an ein Auktionshaus verurteilt.

MC Serch wird 2003 der erste weiße Moderator beim Detroiter Radiosender

WJLB. Seine Show „Serch in the AM“ endet 2006. Im Jahr darauf ist

er Host der VH1-Serie „Ego Trip’s the (White) Rapper Show“ und bringt

das Album „M.any Y.oung L.ives A.go: The 1994 Sessions“ mit bisher

unveröffentlichten Aufnahmen heraus. 2009 ist er an der Seite von MF

Doom auf dem Song „Benetton“ von Kurious’ Comeback-Album „II“ zu

hören. Mit Serchlite ist er bis heute hinter den Kulissen aktiv und betreut

unter anderem eine Zeit lang Boldy James, der mittlerweile bei Nas’ Label

Mass Appeal unter Vertrag steht.

Daddy Rich lebt seit einigen Jahren mit seiner Familie in Arizona und ist

immer noch als DJ unterwegs. B

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Die mit dem CARE-Paket


Protokoll: Rachel Sircar, Diana Swiadek, Valentin Alvarez

Marsimoto

„Ring der Nebelungen“ + Album – CD / 2LP + Four Music

Ein langer Arbeitstag geht dahin. Doch bevor

jeder tut, was er will, kommen Niko, Phil, Tim

und Dennis noch einmal zusammen, um „Ring

der Nebelungen“ zu hören. Niko: „Das neue

Marsimoto-Album – habt ihr da Bock drauf?“

Phil: „Ich bin total unvoreingenommen.“ Tim:

„Ich auch.“ Phil: „Ich habe die Marsi-Alben davor

nie wirklich ernsthaft gehört. Das wird jetzt

also das erste Mal sein.“ Niko: „Und du, Dennis?

Als großer Marteria-Fan?“ Dennis: „Auch wenn

man mich für einen Banausen halten mag: Ich

kann Marsimoto zwar hier und da einiges abgewinnen,

habe aber die Marteria-Alben viel öfter

und auch viel länger gehört. Daher bin ich zwar

neugierig, aber nicht euphorisch.“ Tim: „Ich

bin da ein bisschen bei Phil. Ich habe die Alben

schon alle mitbekommen und auch immer irgendwie

meinen Spaß mit den Platten gehabt,

aber langfristig hängen geblieben sind die bei

mir nicht. Dennoch erwarte ich hier nun qualitativ

hochwertige Musik.“

Es geht los. „La Saga“. Schweigen. Niko:

„Und?“ Tim: „Die Produktion fand ich richtig

gut!“ Niko: „Das war ja vorher klar.“ Tim: „Ja,

aber irgendwie fand ich es auch etwas anstrengend.“

Phil: „Ich höre mir auch sein amerikanisches

Pendant nicht an. Da ist es ähnlich,

die Beats finde ich geil …“ Tim: „Da finde ich

Marsi fast noch zugänglicher. Als hier eben

dieser Reggae-Part eingesetzt hat, ging es für

mich schon ab. Ich habe nun jedenfalls Bock

auf mehr.“

Also weiter mit „Tijuana Flow“. Niko: „Der

knüpft doch direkt an den ersten Song an,

oder?“ Phil: „Ich finde den geiler.“ Tim: „Ich

nicht.“ Phil: „Doch, der ist raptechnisch geiler,

der Sprachschatz im ersten Part ist ziemlich gut.

Für mich klang das eben, als könne sich Marteria

als Marsimoto mehr austoben.“ Dennis:

„Ich fand, dass das raptechnisch im Vergleich zu

‚Grüner Samt‘ noch mal eine Weiterentwicklung

war. Er flowt für mich noch besser. Dazu gefällt

mir auch, wie der Charakter Marsimoto mit Leben

und Haltung gefüllt wird.“ Niko: „Der Vergleich

Marteria/Marsimoto kommt ja irgendwie

automatisch. Und ich erwarte von Marteria mehr

Boom, während es bei Marsi für mich irgendwie

gechillter abgeht. Dazu kommt hier dieser Wortwitz,

für den am Ende aber auch irgendwie beide

stehen.“ Tim: „Vielleicht kenne ich die anderen

Platten doch nicht gut genug, aber für mich verwischt

hier ein wenig die Grenze zwischen Marteria

und Marsimoto.“ Niko: „Das habe ich auch

schon gedacht. Aber am Ende geht das schon

weit auseinander.“

Es folgt „Anarchie“. Tim: „Den fand ich auch

wieder anstrengend und zu voll.“ Dennis: „Echt?

Ich fand den derbe, auch wenn der Song natürlich

verdammt langsam war.“ Niko: „Ist das für

Kiffer eigentlich zu anstrengend?“ Tim: „Weiß

nicht. Aber ich fand es jetzt schon anstrengend,

und wenn ich stoned bin, liegt meine Toleranzgrenze

wahrscheinlich noch ein bisschen tiefer.

Oder der Song hat dann noch mal eine andere

Wirkung.“ Niko: „Muss man sich hier eigentlich

inhaltliche Fragen stellen? Um was geht es hier?“

Dennis: „Um Parolen auf weißen Wänden, groß

gesprüht mit grünem Blut an den Händen.“ Gelächter.

Phil: „Viel hängen geblieben ist demnach

nicht?“ Dennis: „Für den Augenblick gab es doch

einige ziemlich geile Sätze.“ Niko: „An denen

hangele ich mich entlang.“ Dennis: „Geil fand ich

eben auch, wie er ‚A.N.N.A.‘ zitiert hat. So etwas

machen ja auch noch einige andere gerne, aber

so, wie das Zitat hier eingebaut wurde, hört man

das nicht so häufig.“

Nun kommt „An der Tischtennisplatte“. Niko:

„Wenn du dich fragst, worum es in diesem Song

geht, dann hast du Hip-Hop nicht verstanden.

Worum ging es noch gleich?“ Gelächter. Phil:

„Das kam wie eine Charakterstudie der Kernzielgruppe,

oder?“ Dennis: „Da waren schon wieder

so spektakuläre Formulierungen zu hören. Sehr

90 BACKSPIN #117 Sommer 2015


gut! Aber es wird langsam mal Zeit für etwas

Schnelleres.“ Niko: „Aber für Kiffer darf es doch

gerne etwas langsamer sein, oder?“ Dennis:

„Ach, dass ist doch Klischee-Scheiße. Ich habe

schon genügend Kiffer gesehen, die auf Techno

unterwegs waren.“ Niko: „Vielleicht haben

die sich aber auch in halber Geschwindigkeit

bewegt.“ Dennis: „Niemals!“ Gelächter. Niko:

„Okay, wir halten fest: Bisher waren die Songs

ziemlich langsam.“ Dennis: „Und jedes Mal stand

man einer großen Soundwand mit tiefem Bass

und schleppenden Grooves gegenüber.“ Tim:

„Irgendwie ist es aber auch schwierig. Wir haben

es nach 18 Uhr, der Tag ist schon rum und dann

kommt etwas so Großes. Wenn ich so etwas am

Morgen höre, bin ich vielleicht offener.“ Dennis:

„Für dich ist das Früh-morgens-Mucke? Den Arbeitstag

möchte ich nicht als dein Kollege erleben!“

Tim: „Soundtechnisch nimmt einen das

jedenfalls schon ganz schön ein.“

Weiter geht’s mit „Meisterwerk“. Niko: „Und? Ist

das ein Meisterwerk?“ Dennis: „In der Hook wurde

der Wahnsinn, unter dem Meisterwerke gerne

mal entstehen, ziemlich geil auf den Punkt gebracht.

Dazu hängt man in den Strophen voll am

Text und wartet auf das nächste Wortspiel oder

den nächsten Vergleich.“ Phil: „Hat man eigentlich

eine Chance, das inhaltlich zu erfassen, wenn man

sich nicht konzentriert?“ Tim: „Vielleicht ist das

gar nicht so wichtig.“ Niko: „Das Kendrick-Lamar-

Album hat das doch auch gezeigt: Der Einstieg in

ein Album kann schwer sein, aber wenn man sich

darauf einlässt, wird man belohnt, oder?“ Dennis:

„Magisches Theater – nur für Verrückte. Eintritt kostet

den Verstand.“

Jetzt kommt „Illegalize It“. Dennis: „Ich kann

das zwar alles nachvollziehen, und ein ‚Illegalize

It‘-Song macht sicherlich auch mehr Spaß als ein

‚Legalize It‘-Song. Aber in puncto Meinung bin

ich nicht dabei. Ansonsten finde ich die Nummer

großartig! Hat nicht irgendwer gerade noch so

einen Song gemacht?“ Niko: „Genetikk“. Tim:

„Für mich bisher das absolute Highlight. Der

Song ist voll auf den Punkt gebracht. Wie er damit

spielt, dafür bekannt zu sein, Kiffer-Mucke zu

machen und den Spieß noch mal umdreht, weil

er lieber Randfigur bleiben möchte, anstatt dass

alle so werden wie er. Cool!“ Dennis: „Mit der

Illegalität von Weed verbinden viele ja auch lustige

Jugenderinnerungen.“ Phil: „Und es wäre

schlimm, wenn die nachfolgenden Generationen

diese Erfahrungen nicht mehr machen könnten.

Abgesehen davon: Der Song war bisher am

kompatibelsten für die Bühne.“

Nun kommt „Ring der Nebelungen“. Dennis:

„Der Song hat mich an ganz viele alte Marsi-

Tracks denken lassen. Gleich am Anfang kam mir

dieses ‚Keine isst‘ in den Sinn. Dazu kommt, dass

wahrscheinlich kein Rapper in Deutschland cooler

Sätze sagen kann wie ‚Ich mache Guacamole

in Guatemala klar‘.“ Niko: „Genau dafür mag ich

Marsimoto. Diese Stimmungen nehmen mich

einfach mit. Ich wüsste auch nicht, ob ich hier die

schnelleren oder die langsameren Songs besser

finde.“ Phil: „Zu dem Track vorher war der hier

schon ein ziemlicher Kontrast.“ Dennis: „Geil ist

auch, wie die zum Ende hin immer noch schön

im Instrumental abgehen und mal zeigen, wie

sie ihre LFOs bedienen können.“ Tim: „Mich hat

der auch mitgenommen. Da gibt es nichts zu meckern.

Insgesamt denke ich außerdem, dass das

hier ein Album ist, das wächst.“ Niko: „Läuft man

bei all dem Hype eigentlich Gefahr, erst mal alles

von Marteria/Marsimoto geil zu finden?“ Dennis:

„Nein. Gut, ich bin ein großer Marteria-Fan, aber

wie ich vorhin meinte, kann ich Marteria mehr

abgewinnen als Marsimoto.“ Phil: „Obwohl wir

überall einen Haken hinter machen. Woran liegt

das also?“ Kollektives Achselzucken. Tim: „Ich

habe in jedem Fall schon Bock bekommen, mir

das Album noch mal in Ruhe reinzupfeifen. Jedenfalls

habe ich das Gefühl, dass hier an alles

gedacht wurde.“

Weiter geht’s mit „Green Pangea“. Dennis:

„Schon vorbei? Den höre ich noch 20.000 Mal!“

Niko: „Warum das?“ Dennis: „Der nimmt mich

am meisten mit bisher. Der Drive, das Tempo,

hier hat mir sofort alles gefallen. Der ist genau

mein Ding!“ Niko: „Der Song dürfte jeden dahindarbenden

Kiffer dazu motivieren, aufzustehen

und zum Kühlschrank zu gehen.“ Tim: „Das

kann er besonders gut – Kiffer mit auf Reisen

nehmen. Marsi kann das alles sehr gut erzählen,

wahrscheinlich, weil er schon selbst da war. Auch

wenn sich das thematisch etwas wiederholt.“

Phil: „Das lässt sich doch gar nicht verhindern.“

Tim: „Was mir grundsätzlich noch aufgefallen ist:

Bei Marsi wird mehr mit Atmosphären gearbeitet

als mit Melodien. Darum hat man auch im Nachhinein

weniger die Beats im Kopf als die Texte.“

Nun kommt „7 Leben“. Dennis: „Großartige

Textidee!“ Tim: „Hier ist der Sound im Vergleich

zu den Vocals irgendwie zurückhaltender. Der ist

irgendwie etwas mehr Hip-Hop.“ Phil: „Mit dem

Song kann man noch eine Menge Spaß haben.“

Track Nummer zehn: „Flywithme“. Niko: „Alter

Schwede, was war denn da am Ende los?“ Phil:

„Ich fand das anstrengend.“ Dennis: „Ich habe

mich gefragt, ob hier der Beat mit dem Vocal-

Sample zuerst da war und man dann wegen

dieses ‚Fly With Me‘ da einen Text drumherum

geschrieben hat, oder ob es andersherum war.“

Tim: „Für mich war das der Madlib-mäßigste

Song bisher.“ Dennis: „Jetzt gib uns mal wieder

einen Muntermacher!“

„Usain Bolt“. Dennis: „Ja, da war er, der Muntermacher!“

Niko: „Ich bin begeistert.“ Tim:

„Mich hat der jetzt nicht so wach gemacht, wenn

ich da mal reingrätschen darf. Textlich war das

schon unterhaltsam, aber die Hook fand ich jetzt

nicht so …“ Niko: „Du suchst jetzt aber auch das

Haar in der Suppe, oder?“

Weiter geht es mit „Zecken raus“. Dennis:

„Was für ein Text! So etwas hat ja auch Tradition

bei Marsimoto. Großartig!“ Niko: „Ich fand den

auch geil. Eine Zecke, die nicht als linksradikal

beschimpft werden will, von den Rechtsradikalen

aber auch nicht wahrgenommen wird … herrlich.“

Tim: „Für mich ist das der Muntermacher,

den ihr eben schon hattet. Der Beat ist ein Brett.“

Und dann kommt „Trippin“. Dennis: „Der klingt

noch Hip-Hop-mäßiger als der eine vorhin – mit

den Scratches und diesen Sounds, die klingen

wie ein geschnittenes Sample.“ Tim: „Der Song

bringt noch mal eine andere Facette mit rein, dieses

fast schon liebliche Soundbild habe ich auf

dem Album bisher noch nicht gehört.“ Phil: „Für

mich passt der Song gar nicht so sehr zu den

anderen, obwohl ich den angenehm zu hören

fand.“ Tim: „Okay, der fällt schon etwas raus.“

Und schließlich „Back 2 Green“. Niko: „Ich fand

den etwas anstrengend.“ Dennis: „Ja, aber der

schließt das Album sehr gut ab.“ Niko: „Auf mich

wirkt das hier oft wie so eine Art Experiment.“

Dennis: „Für mich ist die Figur Marsimoto mit

dieser Platte noch mal ein ganzes Stück gewachsen.“

Niko: „Aber sie war zwischendurch auch

schon mal eingängiger, als sie hier zu hören war.

Auf den beiden Marsi-Alben davor waren die

Songs nicht so verspielt und nicht so schwer.“

Dennis: „Wenn ich mir überlege, wie viel Spaß

mir einige Marsi-Songs gemacht haben, dann hat

der allein schon mehr Lieblingssongs gemacht

als viele andere.“ Niko: „Ja, und dagegen ist das

hier schon schwerere Kost.“ Tim: „Für mich war

das teilweise auch schwere Kost. Aber ich muss

mir das Album noch ein paarmal anhören, denn

ich habe das Gefühl, dass es mir immer mehr gefallen

wird, je öfter ich es höre.“B

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 91


SOUND

CHECK

2.0

DEUTSCH

Deichkind

„Niveau Weshalb

Warum“

Xatar

„Baba aller Babas“

Zugezogen Maskulin

„Alles brennt“

Denyo

„Derbe“

Die Orsons

„What‘s Goes“

Genetikk

„Achter Tag“

Credibil

„Molokopf“

92 BACKSPIN #117 Sommer 2015

26

25

25

25

24

24

23

NIKO PHIL RIKE

Wow! Sie schaffen es, Satire, Kritik,

Politik und Party auf ein einziges Album

zu bringen. Und das auch noch

unfassbar gut. Daumen (sehr) hoch!

Starkes Album. Kaum einer versteht

es so, diesen authentischen Vibe

der 90er in die Neuzeit zu bringen.

Rundes Ding.

Überragend. Diese Jungs versprühen

mit dem Album genau das,

was ich damals bei den Beginnern

gefühlt habe. Jetzt schon auf einem

so guten Niveau. Wo soll das nur

hinführen?

Einfach nur „Derbe“. Ein mitnehmender

Blick auf den musikalischen

Zeitgeist, gepaart mit vielschichtig

gedachten Rap-Parts, die

hier Spaß machen und Lust auf das

Beginner-Album bereiten.

Das mit Abstand beste Album der

Vier. Und das nicht nur dank der

Soundkünste von Tua. Alle vier im

Orsons-Zenit. Was soll da noch

kommen?

Schwer, so ein Album wie den Vorgänger

zu toppen. Und hiermit auch

nicht geschafft. Das Album klingt

anders, nicht so treibend, noch mehr

etwas zum Zuhören.

Dass Credibil die Zukunft gehört,

zeigt auch diese EP mehr als deutlich.

Starke Lyrics und ein, zwei

echte Knaller überdecken dann auch

die Songs, denen noch ein wenig

Würze fehlt. Aber das ist wohl nur

die Vorspeise.

Darüber, ob das Album noch hier in

die Liste gehört, lässt sich streiten.

Darüber, dass die Deichkinder mittlerweile

in einer eigenen Liga spielen,

nicht.

9 9

Reinstes Entertainment!

Viele schlaue Botschaften und Kalendersprüche,

aber ich kann mir

das nicht öfter anhören.

Großartige Produktionen, große

Ideen und ein etwas zu kleiner

Wortschatz für meinen Geschmack.

Weniger albern als die vorherigen

Alben und für mich daher das hörbarste

Orsons-Album bis dato.

Schon cool, dass solche Art von Rapmusik

heutzutage so erfolgreich sein

kann. Wenn es nicht einige wenige

Ausreißer nach unten geben würde,

hätte es auch eine noch höhere Bewertung

gegeben.

Abgeliefert!

Ein phänomenales Gesamtkunstwerk

eines avantgardistischen

Kollektivs. Ursprünglich haben sie

sich sicher nichts dabei gedacht.

Zeitgeist-Selbstgänger.

„Original“ und das Video dazu waren

ein Flash. Habe mir einen Mantel

gekauft, würde für Xatar die Schuhe

ausziehen und in letzter Zeit wackele

ich auch so komisch mit den Händen

… Der Rest des Albums flasht

ein kleines Bisschen weniger.

9 8

8

Eloquente Erhabenheit, die neue

Standards setzt. Ob zugezogen

maskulin, zugezogen feminin, letztlich

sind wir alle Hochstapler mit

Achillesferse. Beruhigend, oder?

10 6 9

Denyo-lo hat sich mit Würde weiterentwickelt,

ein Zurück in die 90er

gibt es nicht und das ist auch gut so.

Symbiz Sound sind live unschlagbar,

muss man erlebt haben.

10 7 8

Unheimlich sympathische und lustige

Leute, aber mit ihrer Musik

konnte ich nie besonders viel anfangen.

10 7 7

8 8

7

8

Solide und für Fans eine Freude, aber

nicht so stark wie „D.N.A.“.

Seine Geschichten treffen ins Herz,

ohne pathetisch zu sein. Er hat einen

schönen Dialekt und die Videos sind

ganz großes Kino.

8

8

8


Kontra K

„Aus dem Schatten

ins Licht”

Lance Butters

„Blaow“

Schwesta Ewa

„Kurwa“

187 Strassenbande

„Der Sampler 3“

Audio88 & Yassin

„Normaler Samt“

Bushido

„Carlo Cokxxx

Nutten“

Prinz Porno

„pp = mc2“

Farid Bang

„Asphalt Massaka 3“

23

23

23

22

22

22

21

22

NIKO PHIL RIKE

Der Weg, den er geht, ist klar und

deutlich. Ohne dabei seine Werte zu

verlieren. Ich lege mich fest: Kontra

K wird noch ganz groß. Im Moment

fehlt noch ein wenig Vielfalt.

Diese Fickt-euch-alle-Attitüde auf

Albumlänge ist schon schwer

verdaulich, vor allem gepaart mit

dieser Stimme und Betonung. Aber

um es nicht zu mögen, ist textlich

zu vieles zu gut gesehen.

Real Talk in der Grund-Definition des

Wortes. Ich höre ihr und ihren Geschichten

gerne zu, auch wenn es

sicherlich stärkere Rapper gibt.

Synthie-Bretter und Straßenrap auf

technisch hohem Niveau. Tolles Hörvergnügen.

Witzig, intelligent, stark. Ein Album,

wie man es sich gewünscht hat.

Aber auf Länge braucht es mehrere

Durchgänge, um ganz anzukommen.

Ein „CCN“ kann man schwer wiederholen.

Aber dieser dritte Teil ist

zornig genug, um den Vibe zu transportieren.

Es ist unmöglich, den Porno-Vibe

von vor zehn Jahren wieder genauso

hinzubekommen, aber der

Prinz schafft es, ihn in die Neuzeit

zu bringen.

Ein bitterböses Album. Gefühlte

100 Gegner beleidigt und dabei

immer breit grinsen. Auf Dauer mir

aber zu wenig Abwechslung.

Hier und da merkt man schon, dass

durch den Deal produktionstechnisch

neue Welten erschlossen wurden. An

der sympathischen Art, pathetische

Geschichten zu erzählen, hat sich hingegen

wenig geändert – was nichts

Schlechtes bedeutet.

9 7

8

Kann man sich gut nebenbei geben,

hab‘ ich ehrlicherweise so nicht erwartet.

Schwesta Ewa schafft es, dass man

während des Hörens des Albums

überhaupt nicht über die Rapperinnen/Rapper-Thematik

nachdenkt.

Die Konsequenz, mit der die Bande

seit Jahren ihren Weg geht, muss

man einfach anerkennen – Platz

zwei in den Albumcharts ist die verdiente

Belohnung.

Viele der Gedanken, die hier transportiert

werden, heben sich angenehm

von dem ab, was man sonst

auf Rap-Alben findet und verdienen

es, dass man sich mit ihnen auseinandersetzt.

Wie erwartet, das schwächste

Album aus der „CCN“-Reihe, aber

durchaus unterhaltsam.

Ich gehöre nicht zu den alteingesessenen

Prinz-Porno-Fans, daher

catcht mich das nicht zu 100 Prozent.

Allerdings macht alleine der

„Dschungelabenteuer“-Epos das

Album zu einem guten Album.

Man kriegt das, was man erwartet:

gutes Entertainment!

7

Breite, manchmal zu runde Produktionen

mit guten, manchmal zu pathetischen

Texten.

Der Beweis dafür, dass man sich

vom VBT erheben kann – auf einem

Major, auf Albumlänge, mit gefühlt

noch länger gezogenen Silben.

Sie ist klug, weiß sich zu vermarkten

und ist in vielen Situationen immer

noch schüchtern. Sie hat mehr erlebt

als wir alle, erzählt unglaubliche

Geschichten, kann rappen und steht

auf 90er-Beats und Jacky-Cola. Man

muss sie einfach mögen.

7 8 8

Hamburg, Zusammenhalt, Familien -

ersatz. So hat Straßenrap zu sein.

7 7 8

Mag sein, dass Samt einfach mal

normal anstatt irgendwie bunt sein

sollte. Mir ist diese ständige kommentierende

Metaebene dennoch

auf Dauer zu nervig.

8 7 7

8 7

8

8

6

7

Zu viel anstrengendes Drumherum,

zu wenig Fokus auf Rap.

Porno ist > als Pi.

Auch bei „Asphalt Massaka 10“

werde ich noch sagen: Farid ist süß.

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 93

7

8

7

7

7


SOUND

CHECK

2.0

Kendrick Lamar

„To Pimp a Butterfly“

D‘Angelo

„Black Messiah“

Joey Badass

„B4.Da.$$”

Fashawn

„The Ecology”

Mellow Music Group

„Persona“

Action Bronson

„Mr. Wonderful”

Big Sean

„Dark Sky Paradise”

INT.

94 BACKSPIN #117 Sommer 2015

28

28

27

26

26

24

24

NIKO PHIL RIKE

Puh. Schwere Kost. Nicht so eingängig

wie der Vorgänger. Aber

dafür mit noch viel mehr Message.

Und weil es so sperrig ist, braucht

es auch einfach seine Zeit, um zu

wirken.

Der Typ ist einfach der Größte. In

all seinem Wahnsinn. Aber bei all

den New Kidz am Block, die vielleicht

so sein wollen wir er, scheitern

sie an der Ausstrahlung dieses

Mannes – auf jedem Song.

Wow. Krasses Album. Wie erwartet?

Vielleicht, aber auf jeden Fall

jetzt schon eines der stärksten

Dinger des Jahres.

Sechs Jahre sind eine lange Zeit

für ein neues Album. Braucht es

wohl auch, nach dem Vorgänger.

Das Warten hat sich gelohnt. Unheimlich

stimmig das Ganze.

Klasse. Und eine klare MMG-

Ansage an den Rest der Rap-Welt.

Mag dem Typen eigentlich nicht

so gerne zuhören. Hat aber hier

ein Album am Start, das wie ein

Etappenziel seiner Reise durch die

Rap-Landschaft klingt. Abzüge in

der B-Note.

Schon ein verdammt rundes Ding.

Auch wenn man die Perfektion in

den Produktionen kritisieren kann,

geht mir das voll rein.

Wurde ein Rap-Album jemals so

einsilbig von der Kritik gefeiert wie

dieses? Wenn man die daraus erwachsene

Skepsis ablegt und sich

aufs Hören konzentriert, bleibt einem

wohl nichts anderes übrig, als in den

Chor einzustimmen.

9 10

Sich „etwas“ länger Zeit zu nehmen

und dafür dann so ein Produkt abzuliefern,

ist durchaus zur Nachahmung

empfohlen – Classic!

Fokussierte Beschränkung auf das

Wesentliche und trotzdem – oder

gerade deshalb – ein zeitloses

Album.

„Boy Meets World“ ist ein Klassiker,

an den Fashawn mit „The

Ecology“ nicht ganz herankommt.

Es reicht aber locker, um eines der

besten Alben der ersten Jahreshälfte

abzuliefern.

Die Ansammlung an hochkarätigen

Produzenten und Rappern,

die etwas Substanzielles zu sagen

haben, erinnert ein wenig an gute

alte „Soundbombing“-Zeiten.

Klingt ähnlich hungrig, aber einen

Tick souveräner als die Vorgängerwerke:

„All I do is eat oysters/

And speak six languages in three

voices“.

Mir haben die beiden vorherigen

Alben besser gefallen, aber vielleicht

ist die leichte Enttäuschung

auch das Ergebnis zu hoher Erwartungen.

Das Album ist so vielschichtig und

rätselhaft, dass man bei jedem

Hören etwas Neues entdeckt. Das

Gegenteil von Langeweile.

Einer der letzten wahren und begnadeten

Künstler. Er und The

Vanguard haben mir mein Konzert

des Jahres/Jahrzehnts beschert.

9 9

10

Dieser junge Typ flasht einen regelmäßig

– mit diesem Album und

bei Fernsehauftritten in amerikanischen

Late-Night-Shows. An seiner

Konzert-Präsenz muss er aber

noch ein wenig arbeiten.

9 10 8

Santiago Leyva hat viel erlebt, man

hört seinen Geschichten auf angenehmen

Beats von Exile & Co. sehr

gerne zu – „To Be Young“ ist ein

Paradebeispiel. Bis zum nächsten

Album aber bitte nicht wieder so

eine lange Pause!

9 8 9

Steht „Mello Music Group“ drauf,

steckt Qualität drin.

9 8 9

8 8

9

7

Der verrückte Rap-Koch hat hier eine

leckere Buchstaben-Suppe zubereitet,

die nach guten Worten und

souligen Beats schmeckt.

Breite Produktion und Features am

Zahn der Zeit – vorprogrammierter,

kalkulierter Erfolg.

9

8

8


Ghostface Killah &

BadBadNotGood

„Soul Soul“

Red Phil

„Look What This

World Did to Us”

Snop Dogg

„BUSH”

Earl Sweatshirt

„I Don‘t Like Shit, I

Don‘t Go Outside”

Oddisee

„The Good Fight“

Sadat X

„Never Left“

Raekwon

„Fly International

Luxurious Art“

Rapper Big Pooh

„World Paint Pictures“

24

24

24

23

23

23

22

22

NIKO PHIL RIKE

Krasser Output von dem Mann. Wu-

Tang im Gebäude. Mir aber nicht

mehr genug am Puls der Zeit.

Überraschung. Gelungenes Album.

Aber eigentlich klar, wenn

Mello Music Group draufsteht.

Die Leute da haben gerade ein

gutes Gespür für meinen Geschmack.

Ich weiß, viel zu poppig und viel

zu cheesy. Aber irgendwie ist

die Combo Broadus/Williams so

krass eingängig, dass es eine

Freude ist. Und Rick Ross als Kirsche

auf dem Sahneeis.

Ich komme irgendwie nicht rauf auf

die Welle, die alle Releases der Odd

Future Gang auf die Menschheit in

Jubelstürmen loslässt. Aber muss ja

auch nicht sein …

Gutes Ding, aber auf Länge ist mir

das zu langweilig.

Ehre, wem Ehre gebührt. Aber

irgendwie nicht mehr so meine

Sache.

Schöne, runde Sache. Mit ein

paar echt eingängigen Highlights.

Nicht mehr und nicht weniger.

Und sicher besser als das Crew-

Album ...

Sieht ein wenig nach Absprache

aus. Aber auch Pooh überrrascht

und überzeugt. Für seine Labelwahl

kann ich ja nix. Go MMG.

7

8

Gefühlt haben wir in jeder Ausgabe

ein Ghostface-Album!? In der Regel

bekommt man das, was man

erwartet – für das gewisse Etwas

sorgt diesmal der Support der Torontoner

Jazz-Band.

Ein angenehm unaufgeregtes Album,

das sich mit alltäglichen

Dingen und der Sichtweise des Protagonisten

hierauf befasst. Mellow-

Music-Group-Sound!

Objektiv betrachtet sicherlich

eine 9, aber hier zählt ja mein

Geschmack – und für den ist das

Ganze an zu vielen Stellen zu anstrengend.

Für mich das beste Album, das ich

je aus dem Odd-Future-Camp gehört

habe!

Mellow!

Schon etwas anachronistisch an

der einen oder anderen Stelle –

aber als Original darf man das auch

sein!

Das Cover ist schon ziemlich skurril,

auf dem Album selbst liefert Rae

aber wie gewohnt ab – nicht ganz

auf „OBFCL2“-Niveau, aber nah

dran.

Das vierte MMG-Release in den

Top 15! Little-Brother-Flow und

Apollo-Brown-Beats: Hätte von mir

9 Punkte bekommen, wenn es nicht

so wenige Tracks wären.

8

8

Dieses Clan-Mitglied hat gerade

die musikalische Poleposition inne.

Erst „36 Seasons“ und jetzt dieses

Monster aus Soul und Jazz? Ghostface

Killah ain‘t nuthin‘ ta fuck wit‘.

Genau die richtige Musik, um sich

seiner selbst gewählten Einsamkeit,

seinen Gedanken und der

einen Liebe hinzugeben.

Snoop singt, Pharrell produziert,

Stevie featuret – was soll da schon

passieren?

9 7 8

Für mich hat er damit seinen Creator

Tyler überholt.

7 8 8

7

7 7

8

8

8

7

Vom ewig Reisenden ist man

sehr gute Alben gewöhnt. Auf

dem Albumcover (und auch auf

Instagram) schleicht sich das

Hipsterhafte ein wenig zu sehr ein.

8 8

Diese Beats, diese Stimme, dieser

Typ! Da kann das alte Liebhaber-

Herz nur lachen.

Ein alter Held, der auf Biegen und

Brechen versucht, im musikalischen

Hier und Jetzt anzukommen.

Geschichten zwischen Hoffnung und

Desillusionierung. Auch als absoluter

Fan von Apollo Browns Beats

bin ich langsam der Meinung, dass

er seine Produktivität einen Gang herunterschalten

sollte, sonst hört man

ihn bald an jeder Ecke.

Sommer 2015 #117 BACKSPIN 95

9

8

9

6

7


AUDIO

TECHNICA

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CARRERA

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PALLADIUM

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Tokio, Paris, New York und Los Angeles, ist die CITY EQUIPPED Kollektion

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PUMAx

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Real-Pack. Der NYC Photo Real zeigt die Skyline New Yorks bei Nacht

als Photo-Druck auf seinem Upper. Ursprünglich wurde das Modell 1991

als Trainingsschuh für Langstreckenläufer entwickelt und verdankt seinen

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96 BACKSPIN #117 Sommer 2015


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HERCULES

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DJ

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oder Tablets und sofortigen Zugriff auf alle Wiedergabelisten auf

Spotify, Deezer oder anderen Musik-Streaming-Diensten. Fügt EQs und

Samples nach Gusto hinzu und peppt so eure Mixe auf. Den Controller

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EPIPHONE LEE

MALIA SIGNATURE

LES PAUL CUSTOM

ARTISAN

Gitarre? Gibson! Was sonst! Wir verlosen den Klassiker unter den E-Gitarren, die

Les Paul Lee Malia Signature Custom Artisan von Epiphone, einem Ableger von

Gibson. Mit der Les Paul fühlt man sich gleich zurückversetzt in die 60er/70er Jahre,

was nicht nur am Design liegt. Das Liebhaberstück wurde damals schon von Eric

Clapton und Jimmy Page bespielt. 1x in der Farbe Walnuss abzustauben!

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Sommer 2015 #117 BACKSPIN 97


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98 BACKSPIN #117 Sommer 2015


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100 BACKSPIN #117 Sommer 2015

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