Lacerta viridis - VipersGarden
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.TUR- U N D A R T E N S C H U T Z<br />
Norbert Schneeweiß, Manja Böhme, Michael Stein,<br />
Vit Zavadil und Jan Kautman<br />
Populationsgenetische Studie als Beitrag zum<br />
Artenschutzprojekt Smaragdeidechse<br />
{<strong>Lacerta</strong> <strong>viridis</strong>) in Brandenburg<br />
ie Vorkommen der Smaragdeidechse <strong>Lacerta</strong> <strong>viridis</strong> (LAURENTI 1768) in<br />
Deutschland beschränken sich auf die südöstliche Sander- und Seentallandschaft<br />
des Bundeslandes Brandenburg (Niederlausitz) sowie die<br />
südexponierten Hänge des Donautals östlich von Passau (Bayern). Die<br />
weithin isolierten Reliktvorkommen in Brandenburg befinden sich an der<br />
nordwestlichsten Arealgrenze der Smaragdeidechse.<br />
Dieses Verbreitungsmuster ergibt sich aus den<br />
Folgen einer weiten nacheiszeitlichen Arealexpansion<br />
im Holozän, ausgehend von einem im Südosten<br />
Europas gelegenen submediterranen Refugium.<br />
Speziell für die Randpopulationen in Brandenburg<br />
wird angenommen, dass sie seit der zunehmenden<br />
Bewaldung Mitteleuropas während des Atlantikums<br />
(6000-2000 J. v. Chr.) weitgehend isoliert<br />
vom kontinuierlichen Verbreitungsgebiet existieren<br />
(PETERS 1970).<br />
Noch Anfang der 1990er Jahre mangelte es an<br />
Detailkenntnissen hinsichtlich der aktuellen Verbreitung<br />
und Bestandssituation der Smaragdeidechse<br />
in Nordost-Deutschland (SCTIIEMENZ & GÜNTHER).<br />
Dies ist insbesondere auf die Konzentration wesentlicher<br />
Vorkommen auf ehemalige und bis dahin<br />
Abb. 1. Dunkles Smaragdeidechsenweibchen<br />
(<strong>Lacerta</strong> <strong>viridis</strong>) aus Brandenburg.<br />
- Foto: N. Schneeweiß<br />
nicht öffentlich zugängliche Truppenübungsplätze<br />
zurückzuführen. Dank umfassender Feldstudien<br />
(ELBING 2000; ELBING 2001 a) sind derzeit in Brandenburg<br />
fünf, überwiegend stabile und vitale, jedoch<br />
zum Teil individuenschwache Reliktpopulationen<br />
bekannt. Nach jüngsten Bestandszahlen (2002/2003)<br />
handelt es sich hierbei um insgesamt ca. 220 Individuen<br />
(Geschlechterverhältnis 1:2,4). Mit dem<br />
Ziel, die Populationen zu stabilisieren und langfristig<br />
zu sichern, wurden komplexe Schutzprogramme<br />
erstellt (ELBING 2001b) und in der Anfangsphase<br />
verwirklicht. Im Rahmen dieser Bemühungen wurde<br />
in den Jahren 1996-1999 auch ein Wiederansicdlungsversuch<br />
mit ausgesetzten Nachzuchttieren<br />
unweit eines historischen Vorkommens durchgeführt<br />
(SCHNEEWEIß 2001).<br />
Hier möchten wir über ein von der DGHT<br />
gefördertes Teilvorhaben berichten, das als Bestandteil<br />
des Brandenburger Artenschutzprojektes<br />
auf die Problematik dieser Reliktpopulationen zugeschnitten<br />
wurde. Wie bereits abgeschlossene<br />
Untersuchungen (ELBING 2001 a) zeigen, existieren<br />
die Brandenburger Populationen unterschiedlich<br />
stark voneinander isoliert. Die Tiere zeigen hier<br />
häufiger eine dunkle Färbung als in den nächstgelegenen<br />
Vorkommen des kontinuierlichen Verbreitungsgebietes<br />
(Abb. 1).<br />
Morphologische Vergleiche sowohl der Brandenburger<br />
Reliktpopulationen untereinander (s. Fitnessparameter,<br />
ELBING 2000) als auch zwischen L.<br />
<strong>viridis</strong> Populationen in Brandenburg und anderen<br />
Arealrandlagen (Slowakei und S-Mähren) lassen<br />
populationsspezifische Aspekte hinsichtlich bestimmter<br />
Merkmale erkennen (Abb.2). So deutet<br />
der Vergleich der Quotienten aus Kopf-Rumpf-<br />
Längen zu Kopfbreiten daraufhin, dass die Individuen<br />
in Brandenburger Populationen etwas breitere<br />
eUeif^hc 12 (2004) Heft 2
N A T U R - & A R T E N S C H U T Z 66<br />
• Minimum-Maximum<br />
• Mittelwert-Standardabweichung<br />
• Minimum-Maximum<br />
• Mittelwert-Standardabweichung<br />
LJ:<br />
Abb. 2. Vergleich der Quotienten aus Kopf-<br />
Rumpf-Längen und Kopfbreiten zwischen<br />
drei Regionen des Verbreitungsgebietes<br />
von <strong>Lacerta</strong> <strong>viridis</strong><br />
Köpfe haben als in Populationen der Slowakei und<br />
Süd-Mährens.<br />
Diese stehen allerdings unter dem starken Einfluss<br />
ökologisch relevanter Habitateigenschaften<br />
(Klima, Nahrungsangebot, Prädatoren usw.) und<br />
lassen daher nur begrenzte Aussagen über real<br />
existierende genetische Unterschiede zu. Eine Benachteiligung<br />
isolierter Reliktvorkommen der Smaragdeidechse<br />
aufgrund möglicher Inzuchtdepression,<br />
die sich in Form verringerter Fitness oder<br />
Reproduktivität niederschlägt, ist bisher nicht zu<br />
erkennen. Allerdings erscheint diese Frage vor dem<br />
Hintergrund geringer Individuenzahlen einzelner<br />
Reliktvorkommen sowie kleinster Gründerpopulationen<br />
für Zucht und Wiederansiedlungsvorhaben<br />
(SCHNEEWEISS 2001) relevant. Diese Effekte<br />
werden durch die natürlicherweise eingeschränkt<br />
CI^YHJG 12 (2004) Heft 2<br />
% Cr<br />
vorhandenen und zeitlich begrenzt geeigneten Habítate<br />
in den Randarealen verstärkt. Häufig treten<br />
dabei Gründer- und Flaschenhalseffekte auf, die zu<br />
einer genetischen Differenzierung nicht nur des<br />
gesamten Reliktvorkommens, sondern auch zwischen<br />
den individuenschwachen Einzelpopulationen<br />
führen. Aufgrund des momentanen Wissensstandes<br />
und der Bestandssituation ergeben sich auch<br />
weiterhin zahlreiche phylogeografische, populationsbiologische<br />
und naturschutzrelevante Fragestellungen,<br />
die im Rahmen einer Dissertation anhand<br />
molekularer Merkmale (Kombination nuklearer<br />
Marker und mitochondrialer Marker) aufgeklärt<br />
werden sollen.<br />
Dabei stellt der molekularbiologische Ansatz<br />
eine Möglichkeit dar, die derzeitige Situation der<br />
Brandenburger Vorkommen sowohl aus einem historischen<br />
als auch einem aktuellen Blickwinkel zu<br />
betrachten. Innerhalb des Projektes werden Fragen<br />
zur postglazialen Ausbreitungsgeschichte und zu<br />
Populationseigenschaften (genetische Variabilität,<br />
Isolationseffekte) der in Brandenburg beheimateten<br />
Smaragdeidechsen bearbeitet. Anhand der erfassten<br />
Daten können weiterhin Aussagen über Fitness<br />
und Reproduktivität der Populationen getroffen<br />
werden. Die Aufklärung der Populationsstruktur<br />
und des Grades der genetischen Variabilität innerhalb<br />
der Brandenburger Vorkommen soll einen<br />
entscheidenden Beitrag zum Verständnis populationsdynamischer<br />
Prozesse innerhalb einer anthropogen<br />
beeinflussten Metapopulation leisten. Durch<br />
die Analyse dieser populationsspezifischen genetischen<br />
Marker sollen letztlich Schlussfolgerungen<br />
für das Naturschutzmanagement und die Flächennutzung<br />
innerhalb der Habítate der natürlichen als<br />
auch der neu angesiedelten künstlichen Populationen<br />
gezogen werden. Die Resultate dieser Untersuchung<br />
besitzen hohe Relevanz für das zukünftige<br />
Naturschutz-Management der Lausitzer Vorkommen,<br />
zum Beispeil inwieweit sich die geplanten<br />
Abb. 3. Smaragdeidechsenpärchen beim<br />
Sonnenbad. - Foto: U.Prokoph
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Maßnahmen eher auf die Vernetzung der bestehenden<br />
Reliktvorkommen oder auf die Erhaltung der<br />
möglicherweise bereits adaptierten isolierten Populationen<br />
konzentrieren sollen.<br />
Schriften<br />
ELBING, K. (2000): Fortpflanzungsbiologie und<br />
Populationsbiologie der Smaragdeidechse (La¬<br />
certa <strong>viridis</strong>, LAURENTI, 1768) in ihren brandenburgischen<br />
Reliktvorkommen. Dissertation,<br />
Universität Bremen.<br />
— (2001a): Die Smaragdeidechsen: zwei (ungleiche<br />
Schwestern. Laurenti Verlag, Bochum.<br />
— (2001b): Übersicht über Verbreitung und Status<br />
der Reliktpopulationen von <strong>Lacerta</strong> <strong>viridis</strong> (LAU<br />
RENTI 1768) im mitteleuropäischen Tiefland. -S.<br />
150-158 in (Hrsg. K. ELBING & H.-K. NETT<br />
MANN): Beiträge zu Naturgeschichte und zum<br />
Schutz der Smaragdeidechsen (<strong>Lacerta</strong> s. Str.),<br />
Mertensiella 13. Rheinbach.<br />
LAURENTI, J. N. (1768): Specimen medicum exhi-<br />
M & S REPTILIEN<br />
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bens Synopsis reptilium. Amsterdam.<br />
PETERS, G. (1970): Studien zur Taxonomie, Verbreitung<br />
und Ökologie der Smaragdeidechsen:<br />
I. <strong>Lacerta</strong> trilineata, <strong>viridis</strong> und strigata als<br />
selbständige Arten. - Mitt. Zool. Mus. Berlin<br />
38: 127-152.<br />
SCHNEEWEISS, N. (2001): Aspekte der Entwicklung<br />
und des Ausbreitungsverhaltens von Smaragdeidechsen<br />
(<strong>Lacerta</strong> <strong>viridis</strong> <strong>viridis</strong>) in einem<br />
Ansiedlungsversuch in Brandenburg. - S. 229¬<br />
240 in (Hrsg. K. ELBING & H.-K. NETTMANN):<br />
Beiträge zur Naturgeschichte und zum Schutz<br />
der Smaragdeidechse (<strong>Lacerta</strong> s. Str. ), Mertensiella<br />
13, Rheinbach.<br />
Autoren<br />
Norbert Schneeweiß, Manja Böhme, Michael<br />
Stein, Vit Zavadil und Jan Kautman<br />
Arbeitsgemeinschaft Natur- und Artenschutz<br />
Nauener Str. 68<br />
D-16833 Linum<br />
MfrS REPTILIEN<br />
Albstr. 18/1+2<br />
78056 VS-Weigheim<br />
Tel.: 07425/31447<br />
Fax: 07425/31448<br />
e^L&^Lhjc 12 (2004) Heft 2