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elektronische lebensaspekte die wand spricht fat umgepolt - De:Bug

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- DE:BUG.73 - 07|08.2003<br />

ELEKTRONIKA<br />

FEINGESCHLIFFENE UNRUHE<br />

Static<br />

TEXT: RENKO HEUER / FOTO: YASMINA HADDAD<br />

Hanno Leichtmann aka Static bleibt nicht stehen. Dafür war und ist keine Zeit. Nach "Eject Your Mind"<br />

hat er das Band wieder eingelegt, musiziert weiter in Richtung "Song", ohne seinen "Flavour" benennen<br />

zu wollen. Auf dem Cover sehen wir Patronenhülsen. Schön sehen sie aus, in ihrer Schwerelosigkeit.<br />

Gar nicht so leicht, Hanno Leichtmann zu<br />

treffen. Es braucht ein paar Telefonate, bis<br />

wir uns endlich auf Zeit und Ort einigen<br />

können. "Ich trage meistens Jeans und ein<br />

Sakko. Ach ja, und 'ne Brille hab ich auf."<br />

Annähernd dreißig Grad Außentemperatur<br />

machen jegliche Verwechslung unmöglich.<br />

Immer noch im Sakko, dafür muss man<br />

schon ganz schön hartgesotten sein, denke<br />

ich. Oder dedicated.<br />

<strong>De</strong>dication, das ist auch, was unser Zusammentreffen<br />

verschoben hat. <strong>De</strong>nn Leichtmann<br />

ist Vollblutmusiker. Fulltime, 24-7.<br />

Alles, was er anfasst, hat damit zu tun: "Das<br />

hier ist mein Beruf. Natürlich nicht nur Static,<br />

ich habe ja auch andere Projekte, lege auf,<br />

produziere, mache Sachen fürs Theater." Zur<br />

Zeit unseres Treffens sind es gerade <strong>die</strong><br />

Jingles für ein Radioprojekt der Berliner<br />

Volksbühne. Morgen könnte es schon wieder<br />

was anderes sein, für "Stillstand" kann<br />

der Name also nicht stehen: "<strong>De</strong>r Name ist<br />

schon vor einigen Jahren entstanden, als ein<br />

amerikanischer Freund von mir mit Sinustönen<br />

Samples gemacht hat. Er sprach dabei<br />

immer von static, <strong>die</strong>sem Rauschen, wie wenn<br />

man das Radio schlecht eingestellt hat. Ansonsten<br />

gibt es dahinter kein Konzept." Man<br />

findet es auch nicht, das Rauschen, wenn<br />

man seinen Blick auf Statics Musik richtet.<br />

Allein der Reiz <strong>die</strong>ses Wortes muss es gewesen<br />

sein.<br />

Worte sind ein Aspekt, der auf "Flavour Has<br />

Ich habe Schlagzeug stu<strong>die</strong>rt, bis <strong>die</strong> Pädagogikkurse kamen.<br />

No Name" in den Mittelpunkt gerückt ist:<br />

"Ich bin definitiv mehr in Richtung Songs gegangen,<br />

habe mehr Vokalgäste, und <strong>die</strong><br />

Songs sind kürzer geworden. Ich wollte konkreter<br />

werden, vom Format her mehr zur<br />

Popmusik gehen. Zwar haben selbst meine<br />

Tracks meistens Strophe und Refrain, aber ich<br />

bin eben noch ein bisschen weiter gegangen."<br />

Neben Dauergästen wie Justine Electra<br />

und Ronald Lippok hat Leichtmann <strong>die</strong>ses<br />

Mal auch Valerie Trebeljahr, Stefan Schneider<br />

und Christof Kurzmann angesprochen,<br />

um seinen feingeschliffenen Entwürfen <strong>die</strong><br />

endgültige Richtung zu geben: "Die Titel<br />

sind für mich vorher wertfrei – und mit dem<br />

Text kommt <strong>die</strong> Story, dann wird es spannend,<br />

weil der Song noch einmal umgestülpt wird.<br />

Obwohl der Text hinterher nie das widerspiegelt,<br />

was ich mir vorher dabei gedacht hatte,<br />

ist <strong>die</strong>ser Prozess meistens eher unproblematisch.<br />

Es kam nur ein einziges Mal vor, dass ich<br />

das Thema nicht so passend für das Album<br />

fand."<br />

Trotz des relativ unkomplizierten Produktionsprozesses<br />

klingt <strong>die</strong> neue Platte auf-<br />

gekratzter als "Eject Your Mind". Die unbekannte<br />

Unruhe und das Aufgewühltsein<br />

von früher haben ihren Weg in <strong>die</strong> Songs<br />

gefunden, so dass der zuvor angedachte Albumtitel<br />

"Disquiet" nur zu gut gepasst hätte:<br />

Das Soundaquarium wird hier zehnmal<br />

durchgeschüttelt, <strong>die</strong> Beats sind dabei teilweise<br />

schneller, rougher. Aber eben nur<br />

teilweise.<br />

SCHLAGZEUG, SYNTHESIZER UND<br />

FREUNDE<br />

Flavour mag zwar keinen Namen haben,<br />

aber auch keine feste Richtung, was logisch<br />

erscheint, wenn man <strong>die</strong> vielfältigen Einflüsse<br />

Leichtmanns betrachtet: Die Früherziehung<br />

findet in Rumänien statt. Passiv<br />

von Schlagern im Radio berieselt, jeden<br />

Sonntag klassische Musik in einem alten<br />

Kino, ABBA, und irgendwann kommt natürlich<br />

der ältere Bruder und sein Hang zu<br />

<strong>elektronische</strong>r Musik ins Spiel. Inzwischen<br />

in Saarbrücken angekommen, bekommen<br />

Hanno (im zarten Alter von vierzehn Jahren)<br />

und sein Bruder einen Synthesizer ge-<br />

SERVICEPOINT<br />

Static, Flavour Has No Name, ist auf City<br />

Centre Offices / Indigo erschienen<br />

schenkt. Von den Eltern. Das gute Stück<br />

wird natürlich sofort vom Bruder beschlagnahmt,<br />

wie könnte es auch anders sein.<br />

Allerdings ist jener so fair, Hanno mit einem<br />

Schlagzeug zu vertrösten, damit er<br />

nicht mit leeren Händen dasteht: "Ich hab<br />

mir das Schlagzeugspielen selber beigebracht,<br />

<strong>die</strong> ersten fünf Jahre zumindest. Später<br />

hab ich das dann auch stu<strong>die</strong>rt, 'Diplomschlagzeuger',<br />

bis dann kam 'mach mal<br />

Pädagogikkurse', was für mich irgendwie<br />

nicht mehr ging, da hab ich's abgebrochen."<br />

Vielleicht war <strong>die</strong> Zeitspanne einfach zu<br />

lang, <strong>die</strong> so ein Studium in Kauf nimmt. Zu<br />

wenig Raum für Wandel. So wurde der neugewonnene<br />

Freiraum mit Freejazz, DJ-<br />

Abenden mit Kraut und Rüben-Charakter<br />

und Theater-Soundtracks gefüllt. Sein neuster<br />

Lieblingseinfluss ist Folkmusik, einfach,<br />

analog und ehrlich.<br />

Konsequenterweise sind <strong>die</strong> allerneusten<br />

Kreationen Leichtmanns nach genau <strong>die</strong>sem<br />

Prinzip entstanden: "Vorher hab ich<br />

teilweise Beats gemacht, <strong>die</strong> alleine schon aus<br />

zwanzig Spuren bestehen. Aber <strong>die</strong> neusten<br />

HTTP<br />

www.static-music.com<br />

www.city-centre-offices.de<br />

Tracks, wie zum Beispiel 'Waking up', sind<br />

eher rough produziert, mit viel weniger Spuren.<br />

Ich bin froh, dass er es noch auf das Album<br />

geschafft hat, als letztes Update sozusagen."<br />

Noch mag das stimmen, aber auch<br />

<strong>die</strong>se Art von Songs wird wieder überholt<br />

sein, wenn ein neuer Einfluss ausgelebt<br />

werden will. Tokyo und Freejazz-Konzerte<br />

in Wien stehen auf dem Plan, dazu mehr<br />

Musik fürs Theater. Für heute ist aber erstmal<br />

Schluss, ein alter Freund aus Saarbrücken<br />

kommt zu Besuch. Kein Musiker.<br />

Soviel Zeit muss sein.

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