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PolFHa Extra - Das neue Sicherheits- und Ordnungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern 2020 Überblick und Erläuterung

Im Juni 2020 ist das neue Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern (SOG M-V) in Kraft getreten. Es enthält ein verändertes Datenschutzrecht, neue Befugnisse und weitere Ergänzungen des Polizeirechts. Die Darstellung von Prof. Dr. Guido Kirchhoff gibt einen Überblick und erste Bewertungen vor allem zu Vorschriften, die im Streifendienst relevant sind.

Im Juni 2020 ist das neue Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern (SOG M-V) in Kraft getreten. Es enthält ein verändertes Datenschutzrecht, neue Befugnisse und weitere Ergänzungen des Polizeirechts. Die Darstellung von Prof. Dr. Guido Kirchhoff gibt einen Überblick und erste Bewertungen vor allem zu Vorschriften, die im Streifendienst relevant sind.

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Polizei-<br />

Fach-<br />

Handbuch<br />

<strong>Extra</strong><br />

<strong>Das</strong> <strong>neue</strong> <strong>Sicherheits</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Ordnungsgesetz</strong><br />

<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> <strong>2020</strong><br />

<strong>Überblick</strong> <strong>und</strong> <strong>Erläuterung</strong><br />

maßgeblicher Änderungen<br />

von Prof. Dr. Guido Kirchhoff


<strong>Das</strong> <strong>neue</strong> <strong>Sicherheits</strong>- <strong>und</strong> <strong>Ordnungsgesetz</strong> M-V<br />

<strong>Das</strong> <strong>neue</strong> <strong>Sicherheits</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Ordnungsgesetz</strong><br />

<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />

Prof. Dr. Guido Kirchhoff 1)<br />

Im Juni <strong>2020</strong> ist das <strong>neue</strong> Gesetz über die öffentliche<br />

Sicherheit <strong>und</strong> Ordnung in <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />

(SOG M-V) 2) in Kraft getreten. Es enthält<br />

ein verändertes Datenschutzrecht, <strong>neue</strong> Befugnisse<br />

<strong>und</strong> weitere Ergänzungen des Polizeirechts. Die folgende<br />

Darstellung gibt einen <strong>Überblick</strong> <strong>und</strong> erste Bewertungen<br />

vor allem zu Vorschriften, die im Streifendienst<br />

relevant sind.<br />

I. Gr<strong>und</strong>lagen<br />

1. Europäisches Datenschutzrecht<br />

Die meisten Änderungen des SOG M-V sind eine<br />

Folge der europäischen Datenschutz-Gr<strong>und</strong>verordnung<br />

<strong>und</strong> der Richtlinie 2016/680, die auch die Gefahrenabwehr<br />

betreffen. Hier stand der Gesetzgeber<br />

wegen zahlreicher <strong>neue</strong>r Vorschriften vor der Frage,<br />

ob er das Datenverarbeitungsrecht in ein weiteres<br />

Gesetz ausgliedern sollte, wie z.B. in Hamburg, wo es<br />

neben dem SOG HH ein „Gesetz über die Datenverarbeitung<br />

der Polizei“ gibt. Er hat sich aber entschieden,<br />

alle Vorschriften des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts<br />

in einem Gesetz zu belassen. 3)<br />

Im Polizeialltag vermischen sich Eingriffe in das<br />

Recht auf informationelle Selbstbestimmung mit Eingriffen<br />

in andere Rechte der Bürger. So beginnen Einsätze<br />

oft mit einer Befragung, Identitätsfeststellung<br />

<strong>und</strong> einem Datenabgleich, also mit einer Datenverarbeitung.<br />

Erst dann folgen weitere Maßnahmen, wie<br />

z.B. ein Platzverweis oder eine Durchsuchung, wobei<br />

auch Durchsuchungen dazu dienen, Informationen<br />

zu beschaffen. Polizeiarbeit besteht eben überwiegend<br />

aus der Arbeit mit Daten. Gut also, dass alle<br />

zusammenhängenden Maßnahmen der Gefahrenabwehr<br />

in einem SOG M-V geregelt bleiben. Schon<br />

jetzt ist Polizeiarbeit ja nicht einfach <strong>und</strong> kann schnell<br />

unübersichtlich werden, denn weiterhin parallel sind<br />

beispielsweise das VwVfG M-V, das VersG, die StPO<br />

sowie das Straßenverkehrsrecht anzuwenden.<br />

1) Hochschule für Wirtschaft <strong>und</strong> Recht Berlin, Fachbereich Polizei <strong>und</strong><br />

<strong>Sicherheits</strong>management.<br />

2) Vom 27.04.<strong>2020</strong>, GVOBl. M-V, S. 334 ff.<br />

3) Hierzu LT M-V, Drs. 7/3694, S. 4 u. 132.<br />

2. Vorgaben des BVerfG<br />

Der Gesetzgeber hat zudem die Entscheidung des<br />

BVerfG zum BKA-Gesetz 4) berücksichtigt, in der es vor<br />

allem um verdeckte Maßnahmen geht. Dies hat sich<br />

insbesondere beim Schutz des Kernbereichs privater<br />

Lebensgestaltung sowie zeugnisverweigerungsberechtigter<br />

Personen ausgewirkt <strong>und</strong> zu weiteren<br />

Richtervorbehalten geführt.<br />

3. Neue Befugnisse<br />

<strong>Das</strong> SOG M-V hat auch <strong>neue</strong> Rechtsgr<strong>und</strong>lagen für<br />

polizeiliche Eingriffe zur Gefahrenabwehr erhalten<br />

(z.B. verdeckte Online-Durchsuchung, Quellen-TKÜ,<br />

Ausschreibung zur gezielten Kontrolle, erweiterte<br />

Bild- <strong>und</strong> Tonaufzeichnung). Andere Befugnisse, wie<br />

z.B. Meldeauflagen oder den Einsatz von Drohnen,<br />

gab es vorher schon. Allerdings waren sie umstritten,<br />

weshalb der Gesetzgeber nun mit speziellen Regelungen<br />

Rechtssicherheit geschaffen hat.<br />

II.<br />

Verarbeitung personenbezogener Daten<br />

Es dürfte dem Gesetzgeber gelungen sein, die<br />

europäischen Vorgaben zur Datenverarbeitung insbesondere<br />

in den §§ 25-49 SOG M-V so umzusetzen,<br />

dass sich für die meisten Polizistinnen <strong>und</strong> Polizisten<br />

nur wenig ändert. Die bisherigen Regelungen<br />

sind teilweise nur anders formuliert <strong>und</strong> an anderer<br />

Stelle des Gesetzes einsortiert. Für diejenigen, die<br />

im „Backoffice“ für die Datenverarbeitungsabläufe<br />

verantwortlich sind, bringt das Gesetz allerdings viel<br />

Arbeit.<br />

1. Gr<strong>und</strong>sätze<br />

Während bislang zwischen der Erhebung, Verarbeitung<br />

<strong>und</strong> Nutzung von Daten unterschieden<br />

wurde, ist die „Verarbeitung“ nun der Oberbegriff.<br />

Er erfasst jeden Vorgang im Zusammenhang mit<br />

personenbezogenen Daten, auch wenn dieser nicht<br />

automatisiert erfolgt. Damit ist beispielsweise das Erheben,<br />

Speichern, Verwenden, Übermitteln oder der<br />

Abgleich von Informationen erfasst (§ 3 Abs. 5 Nr. 4<br />

SOG M-V). Personenbezogene Daten sind alle Informationen,<br />

die sich auf eine bereits identifizierte oder<br />

eine identifizierbare natürliche Person beziehen (§ 3<br />

Abs. 5 Nr. 1 SOG M-V).<br />

§ 25a SOG M-V enthält zunächst allgemeine<br />

Gr<strong>und</strong>sätze der Datenverarbeitung. Selbstverständlich<br />

gilt nach Abs. 1 weiterhin, dass die Polizei personenbezogene<br />

Daten nur verarbeiten darf, soweit dies<br />

• zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist <strong>und</strong><br />

• dies durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist<br />

oder die betroffene Person in die Verarbeitung<br />

eingewilligt hat.<br />

4) BVerfG v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09.<br />

2


von Guido Kirchhoff<br />

Es ist bei dem – nun in § 25a Abs. 3 SOG M-V geregelten<br />

– Gr<strong>und</strong>satz geblieben, dass personenbezogene<br />

Daten bei der betroffenen Person zu erheben<br />

sind. Bei anderen Personen oder Stellen dürfen sie<br />

nur erhoben werden, wenn dies bei der betroffenen<br />

Person nicht rechtzeitig möglich ist oder sonst<br />

die Erfüllung der jeweiligen polizeilichen Aufgabe<br />

erheblich erschwert oder gefährdet werden würde.<br />

Die Daten müssen gem. § 25 Abs. 4 SOG MV immer<br />

offen erhoben werden, es sei denn, dass die Erfüllung<br />

polizeilicher Aufgaben sonst erheblich gefährdet werden<br />

würde oder wenn anzunehmen ist, dass dies im<br />

Interesse der betroffenen Person ist. Gerade hierzu<br />

enthält das Gesetz aber insbesondere in den §§ 33 ff.<br />

SOG M-V einige Rechtsgr<strong>und</strong>lagen, die der Polizei<br />

eine verdeckte Datenerhebung ausdrücklich erlauben<br />

(z.B. TKÜ).<br />

Ebenfalls unverändert bleibt, dass die betroffenen<br />

Personen auf die Freiwilligkeit ihrer Auskunft oder<br />

die Rechtsgr<strong>und</strong>lage für eine Auskunftspflicht sowie<br />

auf Auskunftsverweigerungsrechte hingewiesen werden<br />

müssen (§ 25a Abs. 5 SOG M-V).<br />

2. Einwilligung<br />

Zwar ist eine zur Aufgabenerfüllung erforderliche<br />

Datenverarbeitung auch zulässig, wenn die betroffene<br />

Person eingewilligt hat (§§ 25a Abs. 1 Nr. 2, 26<br />

Abs. 1 SOG M-V). Aber hierbei ist Vorsicht geboten!<br />

Weniger problematisch dürfte dabei noch sein, dass<br />

die Polizei die Einwilligung im Streitfall nachweisen<br />

muss. Dies kann bei mündlichen Einwilligungen mitunter<br />

schwierig sein, in der Regel gibt es aber Zeugen<br />

(z.B. Kollegen), die sie bestätigen können.<br />

Allerdings ist die Person vor der Abgabe über die<br />

Bedeutung <strong>und</strong> Tragweite der Einwilligung aufzuklären,<br />

insbesondere über die Art <strong>und</strong> den Umfang der<br />

Datenverarbeitung sowie über die Empfänger beabsichtigter<br />

Übermittlungen. Ihr ist die Anschrift der<br />

datenverarbeitenden Stelle mitzuteilen. Zudem ist<br />

sie unter Darlegung der Rechtsfolgen darauf hinzuweisen,<br />

dass sie die Einwilligung verweigern <strong>und</strong> jederzeit<br />

widerrufen kann (§ 26 Abs. 4 u. 5 SOG M-V).<br />

Wegen dieser Informationspflichten wird sich die Einwilligung<br />

in der Praxis nur im Schriftverkehr rechtmäßig<br />

einholen lassen.<br />

Vor allem aber ist die Einwilligung nur wirksam,<br />

wenn sie auf der freien Entscheidung der betroffenen<br />

Person beruht (§ 26 Abs. 6 SOG M-V). Weil sich<br />

die Betroffenen der mit Eingriffsbefugnissen ausgestatteten<br />

Polizei gegenübersehen <strong>und</strong> sie damit<br />

rechnen, dass die Polizei die Maßnahme ohnehin –<br />

notfalls zwangsweise – durchsetzen wird, stellt eine<br />

Einwilligung aber nur selten eine freie Entscheidung<br />

dar. Wer der Polizei beispielsweise bei einer Identitätsfeststellung<br />

seinen Ausweis übergibt, handelt in<br />

der Regel nicht freiwillig, sondern kooperiert, weil er<br />

im Falle einer Weigerung Nachteile befürchtet 5) , wie<br />

z.B. eine Durchsuchung. In der Regel kann von einer<br />

echten Freiwilligkeit nur dann die Rede sein, wenn<br />

die Person von sich aus auf die Polizei zugeht, um<br />

dieser Daten zukommen zu lassen. 6)<br />

Wenn sich die Polizei für die Datenverarbeitung<br />

auf eine Rechtsgr<strong>und</strong>lage z.B. nach den §§ 27 ff. SOG<br />

M-V stützen kann, sollte sie daher nicht den Weg<br />

über eine Einwilligung gehen.<br />

3. Kernbereich privater Lebensgestaltung<br />

§ 26a Abs. 1 SOG M-V 7) gibt vor, dass eine polizeiliche<br />

Maßnahme unzulässig ist, wenn Tatsachen<br />

die Annahme rechtfertigen, dass durch sie allein<br />

Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung<br />

erlangt werden. Dies war bislang schon<br />

verfassungsrechtlich zwingend aber nur zu einzelnen<br />

Standardbefugnissen ausdrücklich geregelt.<br />

Zur Entfaltung der Persönlichkeit im Kernbereich<br />

privater Lebensgestaltung gehört die Möglichkeit,<br />

innere Vorgänge wie Empfindungen <strong>und</strong> Gefühle sowie<br />

Überlegungen, Ansichten <strong>und</strong> Erlebnisse höchstpersönlicher<br />

Art auszudrücken. 8) Geschützt ist insbesondere<br />

die nichtöffentliche Kommunikation mit<br />

Personen des höchstpersönlichen Vertrauens (z.B.<br />

Ehepartner), die in der berechtigten Annahme geführt<br />

wird, nicht überwacht zu werden, wie es insbesondere<br />

bei Gesprächen in der Wohnung der Fall ist. 9)<br />

Erlangt die Polizei solche Erkenntnisse durch eine<br />

Maßnahme, die nicht auf die Erhebung kernbereichsrelevanter<br />

Daten ausgerichtet war, dürfen sie nicht<br />

verwertet <strong>und</strong> müssen gelöscht werden. Eine noch<br />

laufende Erhebung kernbereichsrelevanter Daten<br />

ist gr<strong>und</strong>sätzlich abzubrechen (§ 26a Abs. 2 u. 3 SOG<br />

M-V).<br />

4. Schutz von Berufsgeheimnisträgern<br />

Aus verfassungsrechtlichen Gründen sind zudem<br />

Datenerhebungen zu begrenzen, die gegenüber Berufsgruppen<br />

erfolgen, deren Tätigkeit eine besondere<br />

Vertraulichkeit voraussetzt. 10) Daher regelt § 26b SOG<br />

M-V (in anderer Fassung als der frühere § 33 Abs. 6)<br />

den Schutz von Berufsgeheimnisträgern, die im Sinne<br />

von § 53 Abs. 1 StPO zeugnisverweigerungsberechtigt<br />

sind. Es geht also insbesondere um Rechtsanwälte,<br />

Ärzte oder Journalisten. Bei ihnen sind<br />

Datenerhebungen gr<strong>und</strong>sätzlich unzulässig, wenn sie<br />

voraussichtlich Erkenntnisse erbringen würden, über<br />

die diese Person das Zeugnis verweigern dürfte. Für<br />

die Mitarbeiter der Berufsgeheimnisträger gilt dies<br />

5) Golla, KriPoZ 2019, S. 238 ff., 239.<br />

6) Arzt, SächsVBl. 2019, S. 345 ff., 349.<br />

7) Krit. hierzu Roggan, NJ <strong>2020</strong>, S. 290 ff., 291 f.<br />

8) BVerfG v. 03.03.2004 – 1 BvR 2378/98, BVerfGE 109, S. 279 ff., 313.<br />

9) BVerfG v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09, juris, Rn. 121.<br />

10) S. z.B. BVerfG v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09, juris, Rn. 131 ff.<br />

3


<strong>Das</strong> <strong>neue</strong> <strong>Sicherheits</strong>- <strong>und</strong> <strong>Ordnungsgesetz</strong> M-V<br />

entsprechend (§ 26b Abs. 3 SOG M-V). Erlangt die Polizei<br />

dennoch Erkenntnisse, die sie nicht hätte erheben<br />

dürfen, dürfen sie nicht verwertet werden, entsprechende<br />

Aufzeichnungen sind zu löschen (§ 26b<br />

Abs. 1 S. 3 u. 4 i.V.m. § 26a Abs. 2 S. 2 SOG M-V).<br />

Die Landesregierung geht davon aus, dass von dieser<br />

Regelung das Befragungsrecht nach § 28 Abs. 1<br />

SOG M-V unberührt bleibt. 11) Dies ist zutreffend, weil<br />

eine Befragung voraussichtlich gerade keine Erkenntnisse<br />

erbringen wird, über die die Person das Zeugnis<br />

verweigern dürfte. Sie wird sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht<br />

berufen (s. § 28 Abs. 2 S. 5 SOG<br />

M-V) <strong>und</strong> nur die Fragen beantworten, die sie ohne<br />

eine Verletzung ihrer Schweigepflicht beantworten<br />

darf.<br />

Maßnahmen zur Datenerhebung sind allerdings<br />

gemäß § 26b Abs. 2 SOG M-V auch gegenüber Berufsgeheimnisträgern<br />

zulässig, soweit dies erforderlich<br />

ist, um eine gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben<br />

oder Freiheit abzuwehren. Dies gilt jedoch nicht,<br />

wenn es sich um einen Berufsgeheimnisträger nach<br />

§ 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 u. 4 StPO (Geistliche, Verteidiger,<br />

Parlamentsmitglieder) oder um einen Rechtsanwalt<br />

(oder vergleichbare Person) handelt. Bei ihnen<br />

ist das Erhebungs- <strong>und</strong> Verwertungsverbot also unbegrenzt<br />

ausgestaltet.<br />

Der besondere Schutz des Verhältnisses zu einem<br />

Berufsgeheimnisträger endet, wenn Tatsachen die<br />

Annahme rechtfertigen, dass die zeugnisverweigerungsberechtigte<br />

Person für die Gefahr, die die Polizei<br />

abwehren möchte, selbst verantwortlich ist (§ 26b<br />

Abs. 4 SOG M-V).<br />

5. Allgemeine Befugnisse zur Datenerhebung<br />

§ 27 Abs. 1 SOG M-V regelt weitgehend unverändert,<br />

dass die Polizei zur Abwehr einer Gefahr personenbezogene<br />

Daten der dort genannten Personen<br />

(insbesondere Verhaltens- <strong>und</strong> Zustandsverantwortliche)<br />

erheben darf. Zusätzlich sind dort nun auch Tote<br />

sowie unbekannte Personen aufgelistet. Zudem kann<br />

die Polizei in bestimmten Fällen Daten von Personen<br />

erheben, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen,<br />

dass künftig terroristische Straftaten begangen<br />

werden (§ 27 Abs. 3 SOG M-V), auch wenn sie nicht<br />

zugleich Straftaten von erheblicher Bedeutung sind.<br />

Die Voraussetzungen, unter denen Daten von Personen<br />

erhoben werden dürfen, die mit dem potenziellen<br />

Straftäter in Kontakt stehen, sind nun in § 27<br />

Abs. 3 Nr. 2 SOG M-V präziser formuliert. 12)<br />

Gemäß § 27 Abs. 4 SOG M-V kann die Polizei in<br />

den dort näher genannten Fällen besondere Kategorien<br />

personenbezogener Daten i.S.d. § 3 Abs. 5 Nr. 3<br />

SOG M-V erheben, sofern die Kenntnis dieser Daten<br />

zur Abwehr der Gefahr für die öffentliche Sicherheit<br />

11) LT M-V, Drs. 7/3694, S. 161.<br />

12) S. hierzu BVerfG v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09, juris, Rn. 116.<br />

im jeweiligen Einzelfall zwingend erforderlich ist. Besondere<br />

Datenkategorien sind beispielsweise Informationen<br />

über die religiöse Überzeugung. Gibt es<br />

beispielsweise Anschlagsdrohungen gegen Mitglieder<br />

einer bestimmten Religionsgemeinschaft, können<br />

die Daten konkret gefährdeter Personen (§ 27<br />

Abs. 1 Nr. 3 SOG M-V) erhoben werden, um sie gezielt<br />

schützen zu können, auch wenn dabei ersichtlich<br />

wird, dass es sich um Angehörige der betroffenen Religionsgemeinschaft<br />

handelt.<br />

6. Datenweiterverarbeitung<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich können personenbezogene Daten,<br />

die zu Zwecken des SOG M-V erhoben wurden, weiterverarbeitet<br />

werden, soweit dies zur Erfüllung derselben<br />

Aufgaben <strong>und</strong> zum Schutz derselben Rechtsgüter<br />

oder zur Verhütung derselben Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten<br />

erforderlich ist (§ 36 Abs. 1 SOG<br />

M-V). Zu anderen Zwecken dürfen sie nur weiterverarbeitet<br />

werden, wenn die Voraussetzungen des § 36<br />

Abs. 2 SOG M-V erfüllt sind. Dazu gehört, dass eine<br />

Datenerhebung zu dem anderen Zweck mit vergleichbaren<br />

Mitteln rechtlich zulässig sein muss (Gr<strong>und</strong>satz<br />

der hypothetischen Daten<strong>neue</strong>rhebung). 13) <strong>Das</strong> bedeutet:<br />

Dürfte die Polizei die Informationen, die sie<br />

schon hat, auf vergleichbare Weise auch neu erheben,<br />

so darf sie diese Daten nutzen. Stammen personenbezogene<br />

Daten über Personen, die einer Straftat<br />

verdächtig sind, aus Strafverfahren, können sie zur<br />

vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten unter den<br />

Voraussetzungen des § 37 SOG M-V verarbeitet werden.<br />

III. Befragung<br />

Selbstverständlich darf die Polizei weiterhin nach<br />

§ 28 Abs. 1 SOG M-V Personen anhalten <strong>und</strong> befragen,<br />

wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen,<br />

dass sie Angaben machen können, die erforderlich<br />

sind, um die polizeilichen Aufgaben erfüllen zu können.<br />

Die Vorschrift schreibt nun in § 28 Abs. 2 SOG<br />

M-V ausdrücklich vor, dass § 90 SOG M-V keine Anwendung<br />

findet. Die befragte Person darf also nicht<br />

durch unmittelbaren Zwang zum Anhalten <strong>und</strong> Beantworten<br />

der Fragen gebracht werden.<br />

Unter den in den §§ 52 bis 55 StPO bezeichneten<br />

Voraussetzungen ist die betroffene Person nach wie<br />

vor zur Verweigerung der Auskunft zur Sache berechtigt.<br />

Dies gilt allerdings nicht, soweit die Auskunft<br />

zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die<br />

Sicherheit des B<strong>und</strong>es oder eines Landes oder Leib,<br />

Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist. Neu<br />

ist hier, dass dies nicht für die in der Vorschrift genannten<br />

Berufsgeheimnisträger (insbesondere Strafverteidiger)<br />

gilt, was sich aber auch schon aus § 26b<br />

Abs. 2 S. 2 SOG M-V ergibt. In jedem Fall ist die be-<br />

13) S. hierzu BVerfG v. 20.04.2016 – 1 BvR 966/09, juris, Rn. 288 ff.<br />

4


von Guido Kirchhoff<br />

troffene Person über ihr Recht zur Verweigerung der<br />

Auskunft zu belehren (§ 28 Abs. 2 SOG M-V).<br />

IV. Identitätsfeststellung<br />

Neben der Polizei dürfen jetzt auch die Vollzugsbeamten<br />

der Ordnungsbehörden Personen festhalten,<br />

wenn deren Identität auf andere Weise nicht<br />

oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt<br />

werden kann (§ 29 Abs. 2 S. 4 SOG M-V). Dies ist<br />

den Ordnungsbehörden aber nur bis zum Eintreffen<br />

der Polizei erlaubt.<br />

§ 29 Abs. 4 SOG M-V ordnet für Freiheitsentziehungen<br />

zum Zweck der Identitätsfeststellung die entsprechende<br />

Geltung des § 56 SOG M-V an, allerdings<br />

darf die Freiheitsentziehung insgesamt drei Tage<br />

nicht überschreiten. Dies ergibt sich bereits aus § 56<br />

Abs. 5 S. 3 Nr. 2 SOG M-V, wonach der Gewahrsam<br />

nur zur Verhinderung einer Straftat zehn Tage <strong>und</strong> in<br />

den übrigen Fällen – also auch bei einer Identitätsfeststellung<br />

– drei Tage nicht überschreiten darf. Dies<br />

ist recht lang: Die Freiheitsentziehung zur Feststellung<br />

der Identität ist z.B. in § 42 Abs. 2 BPolG, § 33<br />

Abs. 2 ASOG Berlin oder § 20 Abs. 2 PolG Bbg. auf maximal<br />

12 St<strong>und</strong>en beschränkt. Liegt bis zum Ende des<br />

Tages nach Beginn der Sistierung keine gerichtliche<br />

Anordnung vor, ist die Person zu entlassen.<br />

V. Erkennungsdienstliche Maßnahme<br />

Während die Rechtsgr<strong>und</strong>lage für erkennungsdienstliche<br />

Maßnahmen zur Identitätsfeststellung<br />

unverändert geblieben ist, hat der Gesetzgeber in<br />

§ 31 Abs. 1 S. 2 SOG M-V auf den ersten Blick nur eine<br />

kleine Änderung für den Fall vorgenommen, dass sie<br />

der Verhütung von Straftaten dient: Die Vorschrift<br />

stellt nun durchweg nicht mehr auf „Straftaten“ ab,<br />

sondern lässt „mit Strafe bedrohte Handlungen“<br />

genügen. Sie kommt damit – zumindest seit dieser<br />

Änderung 14) – insbesondere bei strafunmündigen<br />

Kindern in Betracht, die zwar mit Strafe bedrohte<br />

Handlungen aber wegen § 19 StGB keine Straftaten<br />

begehen können. Bei ihnen wird § 31 Abs. 1 S. 2 SOG<br />

M-V mangels Straftat auch nicht durch § 81b Alt. 2<br />

StPO verdrängt. Allerdings darf hier nicht vergessen<br />

werden, die Jugendämter zu informieren, die besser<br />

in der Lage sind, einem Kind dabei Hilfe zu leisten,<br />

einen anderen Lebensweg zu wählen. 15)<br />

Die erkennungsdienstlichen Daten sind zu löschen,<br />

sobald ihre Kenntnis zur Erfüllung der in § 31<br />

SOG M-V genannten Aufgaben nicht mehr erforderlich<br />

ist. Dies folgt nun aus § 45 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 SOG<br />

M-V.<br />

14) Zuvor war dies zweifelhaft, vgl. Baller in Baller/Eiffler/Tschisch, ASOG<br />

Berlin, § 23 Rn. 7; Knape/Schönrock, ASOG Berlin, § 23 Rn. 28.<br />

15) Hierzu Kirchhoff, NJW <strong>2020</strong>, S. 1993 ff., 1996; Kirchhoff, DPolBl.<br />

3.2018, S. 17 ff.<br />

VI. Offene Bild- <strong>und</strong> Tonaufnahme sowie Aufzeichnung<br />

Die offene Bild- <strong>und</strong> Tonaufnahme ist weiterhin in<br />

§ 32 SOG M-V geregelt. Bei oder im Zusammenhang<br />

mit öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen,<br />

die nicht dem VersG unterliegen, können unter<br />

den dort genannten Voraussetzungen personenbezogene<br />

Daten auch durch den offenen Einsatz technischer<br />

Mittel zur Bild- <strong>und</strong> Tonaufzeichnung oder<br />

zur Bildaufnahme angefertigt werden. Dies kann erfolgen,<br />

wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen,<br />

dass dabei Straftaten begangen werden. Es sind aber<br />

auch Übersichtsaufnahmen zulässig, wenn diese z.B.<br />

bei unübersichtlichen Veranstaltungen zur Lenkung<br />

<strong>und</strong> Leitung eines Einsatzes erforderlich sind.<br />

Mit „Bildaufnahme“ ist eine Beobachtung mittels<br />

Bildübertragung ohne Aufzeichnung <strong>und</strong> mit<br />

„Bildaufzeichnung“ zudem die Speicherung der<br />

Aufnahme gemeint. 16) Entsprechendes gilt für die<br />

Tonaufnahme/-aufzeichnung. Zwar ist die bloße Tonaufnahme<br />

in § 32 SOG M-V nur in der Gesetzesüberschrift,<br />

nicht aber im Gesetzestext genannt. <strong>Das</strong> ist<br />

aber kein Fehler, weil dort die Tonaufzeichnung vorkommt:<br />

Da es sich bei der Bild-/Tonaufnahme um<br />

eine „Minus-Maßnahme“ zur Bild-/Tonaufzeichnung<br />

handelt, ist in den Fällen, in denen eine Aufzeichnung<br />

zulässig ist, auch eine bloße Aufnahme erlaubt. 17) Umgekehrt<br />

gilt dies nicht: Übersichtsaufnahmen zur Lenkung<br />

<strong>und</strong> Leitung eines Einsatzes dürfen daher nicht<br />

aufgezeichnet <strong>und</strong> aufgenommene Personen – etwa<br />

durch Heranzoomen – nicht identifiziert werden, solange<br />

nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 Nr. 1<br />

SOG M-V für die Aufzeichnung erfüllt sind, also nur<br />

wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass<br />

Straftaten begangen werden <strong>und</strong> es sich um eine der<br />

in §§ 69, 70 SOG M-V genannten Personen handelt.<br />

Anders als zuvor können Bild- <strong>und</strong> Tonaufzeichnungen<br />

in oder an Polizeifahrzeugen nicht mehr nur<br />

bei Personen- oder Fahrzeugkontrollen hergestellt<br />

werden, sondern gemäß § 32 Abs. 8 SOG M-V – wie<br />

bei Bodycams – an allen öffentlichen Orten, soweit<br />

<strong>und</strong> solange mit hinreichender Wahrscheinlichkeit<br />

zu erwarten ist, dass dies zum Schutz der Polizeibeamten<br />

oder Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder<br />

Leben erforderlich ist.<br />

Völlig neu ist die in § 32 Abs. 9 SOG M-V enthaltene<br />

Befugnis, in Räumen, in denen Gewahrsamnahmen<br />

durchgeführt werden, durch den offenen Einsatz<br />

technischer Mittel Bild- <strong>und</strong> Tonaufzeichnungen anzufertigen.<br />

Hierfür müssen Tatsachen die Annahme<br />

rechtfertigen, dass dies zum Schutz der dort befindlichen<br />

Personen gegen eine Gefahr für Leib oder Leben<br />

erforderlich ist. Dies kommt insbesondere in Gewahrsamszellen<br />

sowie deren Vorräumen in Betracht,<br />

16) LT M-V, Drs. 7/3694, S. 168.<br />

17) LT M-V, Drs. 7/3694, S. 168.<br />

5


<strong>Das</strong> <strong>neue</strong> <strong>Sicherheits</strong>- <strong>und</strong> <strong>Ordnungsgesetz</strong> M-V<br />

um Suizide, ges<strong>und</strong>heitliche Notfälle oder Übergriffe<br />

auf Personen zu verhindern. 18) Dies schützt die Polizeibediensteten<br />

<strong>und</strong> die Gefangenen gleichermaßen<br />

vor Angriffen, gerade wenn sie keine Hilfe herbeirufen<br />

können. Hier kommen vor allem überwachte Bildaufnahmen<br />

in Betracht, weil das spätere Anschauen<br />

von Aufzeichnungen Angriffe <strong>und</strong> Suizide in der Regel<br />

nicht rechtzeitig beenden kann.<br />

§ 32 Abs. 10 SOG M-V stellt nun klar, dass die Polizei<br />

offen erfolgende Bild- <strong>und</strong> Tonaufzeichnungen<br />

auch zur Suche von Personen, deren Leben oder<br />

Ges<strong>und</strong>heit gefährdet ist, anfertigen darf. Dies setzt<br />

voraus, dass die Erfüllung der polizeilichen Aufgabe<br />

auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert<br />

wäre. So dürfen beispielsweise Bilder über<br />

Wäldern oder Gewässern aufgezeichnet werden, um<br />

sie anschließend auf Hinweise zur vermissten Person<br />

auszuwerten.<br />

Ergänzend regelt § 34 SOG M-V, in welchen Fällen<br />

des § 32 SOG M-V die Aufnahmen bzw. Aufzeichnungen<br />

mittels Drohnen erfolgen dürfen (z.B. zur Vermisstensuche).<br />

VII. Besondere Mittel zur verdeckten Datenerhebung<br />

Die §§ 33–33h SOG M-V regeln nach wie vor<br />

• die längerfristige Observation (planmäßig angelegte<br />

Beobachtung, die durchgehend länger als<br />

24 St<strong>und</strong>en dauert oder an mehr als zwei Tagen<br />

stattfinden soll),<br />

• den verdeckten Einsatz technischer Mittel insbesondere<br />

zur Bild- <strong>und</strong> Tonaufnahme sowie -aufzeichnung<br />

(auch zum Schutz der bei einem polizeilichen<br />

Einsatz tätigen Personen, § 33 Abs. 3 SOG<br />

M-V),<br />

• Vertrauenspersonen,<br />

• verdeckte Ermittler,<br />

• den Einsatz technischer Mittel zur Wohnraumüberwachung<br />

(nun § 33b SOG M-V) sowie<br />

• die Überwachung der Telekommunikation mit<br />

technischen Mitteln (jetzt § 33d SOG M-V).<br />

Die Voraussetzungen für diese Maßnahmen sind<br />

präziser gefasst, soweit Dritte davon betroffen sind.<br />

Zudem sind Richtervorbehalte ausgeweitet worden.<br />

Hinzugekommen ist<br />

• der Einsatz technischer Mittel zum Eingriff in informationstechnische<br />

Systeme („Online-Durchsuchung“,<br />

§ 33c SOG M-V),<br />

• die „Quellen-Telekommunikationsüberwachung“<br />

(§ 33d Abs. 3 SOG M-V) 19) sowie<br />

18) LT M-V, Drs. 7/3694, S. 170.<br />

19) Hierzu Roggenkamp/Braun, K&R <strong>2020</strong>, S. 658 ff.<br />

• das Auskunftsverlangen über Nutzungsdaten zur<br />

Inanspruchnahme von Telemedien (§ 33e SOG<br />

M-V), wie z.B. „Youtube“ oder „Google“.<br />

Die Regelungen zur Identifizierung <strong>und</strong> Lokalisierung<br />

von Mobilfunkkarten <strong>und</strong> -endgeräten, zur<br />

Unterbrechung oder Verhinderung der Telekommunikation<br />

<strong>und</strong> zur Auskunft über Bestandsdaten gegenüber<br />

Telekommunikations- <strong>und</strong> Telemediendiensten<br />

sind nun in §§ 33f bis 33h SOG M-V zu finden.<br />

In bestimmten Fällen der §§ 33 bis 33g darf die<br />

Polizei zur Datenerhebung gemäß § 34 SOG M-V auch<br />

Drohnen einsetzen, was ohne eine solche Regelung<br />

zweifelhaft 20) wäre.<br />

VIII. Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung<br />

<strong>und</strong> gezielten Kontrolle<br />

Unter den gleichen Voraussetzungen wie eine<br />

– nun auch zur Abwehr terroristischer Straftaten<br />

zugelassene – Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung,<br />

darf jetzt auch eine Ausschreibung zur<br />

gezielten Kontrolle erfolgen (§ 35 Abs. 2 SOG M-V).<br />

Dazu darf die Polizei<br />

• die Identität von Personen feststellen, die sich in<br />

einem zur gezielten Kontrolle ausgeschriebenen<br />

Fahrzeug oder Container befinden,<br />

• dieses Fahrzeug oder diesen Container sowie die<br />

darin befindlichen Sachen durchsuchen sowie<br />

• die zur gezielten Kontrolle ausgeschriebenen Personen<br />

durchsuchen <strong>und</strong><br />

• die daraus gewonnenen Erkenntnisse an die ausschreibende<br />

Polizeibehörde übermitteln.<br />

Durch die polizeiliche Beobachtung sollen Zufallserkenntnisse<br />

über das Antreffen der ausgeschriebenen<br />

Person bei der ausschreibenden Dienststelle<br />

zusammengeführt werden, um dort Zusammenhänge<br />

erkennen zu können. Die gezielte Kontrolle soll<br />

der ausschreibenden Dienststelle weitere Erkenntnisse<br />

zuführen. So können sich beispielsweise durch<br />

die Durchsuchungen Informationen über Personenzusammenhänge,<br />

den Organisierungsgrad extremistischer<br />

oder terroristischer Gruppierungen <strong>und</strong><br />

Anschlagsziele ergeben sowie zugleich potenzielle<br />

Gefährder verunsichert <strong>und</strong> von ihrem beabsichtigten<br />

Tun abgehalten werden. 21)<br />

IX. Wegweisung, Aufenthalts- <strong>und</strong> Betretungsverbot,<br />

Meldeauflage<br />

Während der Platzverweis in § 52 Abs. 1 SOG M-V<br />

unverändert geblieben ist, hat der Gesetzgeber die<br />

Regelungen zur Wegweisung, zum Aufenthaltsverbot<br />

sowie zur Meldeauflage verbessert.<br />

20) Hierzu Martini, DÖV 2019, S. 732 ff., 734 ff.<br />

21) LT M-V, Drs. 7/3694, S. 192.<br />

6


von Guido Kirchhoff<br />

1. Wegweisung <strong>und</strong> Betretungsverbot<br />

Die Polizei kann unverändert eine Person aus ihrer<br />

Wohnung verweisen, wenn dies erforderlich ist,<br />

um eine gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben oder<br />

Freiheit von Bewohnern derselben Wohnung (gefährdete<br />

Personen) abzuwehren (§ 52 Abs. 2 SOG<br />

M-V). Unter den gleichen Voraussetzungen kann die<br />

Einsatzleitung ein Betretungsverbot anordnen. Sie<br />

hat anschließend unverzüglich die Leitung der zuständigen<br />

Polizeibehörde über diese Anordnung zu<br />

informieren. Die Wegweisung <strong>und</strong> das Betretungsverbot<br />

müssen nun schriftlich ergehen, was in der<br />

Praxis aber auch bisher durch ausgefüllte Vordrucke<br />

erfolgt ist. Widerspruch <strong>und</strong> Anfechtungsklage haben<br />

jetzt keine aufschiebende Wirkung mehr. Die Polizei<br />

muss daher nicht mehr die sofortige Vollziehung anordnen<br />

<strong>und</strong> die Voraussetzungen hierzu gesondert<br />

begründen.<br />

Neu ist zudem, dass die Polizei die Kontaktdaten<br />

der gefährdeten Personen ohne deren Einwilligung<br />

an eine Interventionsstelle übermitteln darf (§ 52<br />

Abs. 3 SOG M-V), sofern nicht alle gefährdeten Personen<br />

noch minderjährig sind. Dort dürfen die Daten<br />

genutzt werden, um den Personen Beratung zum<br />

Schutz ihrer Rechtsgüter anzubieten. Dadurch wird<br />

die Arbeit der Polizei mit der Sozialarbeit verknüpft.<br />

Sofern Kinder oder Jugendliche betroffen sind, ist das<br />

zuständige Jugendamt zu informieren (§ 39b Abs. 1<br />

SOG M-V), das die Kindeswohlgefährdung prüft <strong>und</strong><br />

entscheidet, ob eine Inobhutnahme 22) des jungen<br />

Menschen in Betracht kommt.<br />

2. Aufenthalts- <strong>und</strong> Betretungsverbot<br />

<strong>Das</strong> Aufenthalts- <strong>und</strong> Betretungsverbot ist nun in<br />

§ 52a Abs. 1 SOG M-V geregelt. Nach wie vor darf die<br />

Polizei einer Person untersagen, einen bestimmten<br />

örtlichen Bereich zu betreten oder sich dort aufzuhalten,<br />

wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen,<br />

dass diese Person dort eine Straftat begehen wird<br />

(für terroristische Straftaten gilt § 67b SOG M-V).<br />

Aufenthalts- <strong>und</strong> Betretungsverbote dürfen nur<br />

(noch) durch die Leitung der zuständigen Ordnungsoder<br />

Polizeibehörde oder im Falle der Polizei durch<br />

von ihr besonders beauftragte Beamte angeordnet<br />

werden (§ 52a Abs. 2 SOG M-V). Ein gegen das Verbot<br />

gerichteter Widerspruch oder eine Anfechtungsklage<br />

haben keine aufschiebende Wirkung, so dass die Polizei<br />

auch hier nicht mehr die sofortige Vollziehung<br />

anordnen <strong>und</strong> gesondert begründen muss. Aufenthalts-<br />

<strong>und</strong> Betretungsverbote müssen schriftlich erfolgen<br />

(§ 52a Abs. 3 SOG M-V). <strong>Das</strong> Verbot ist gemäß<br />

§ 52a Abs. 5 SOG M-V auf maximal drei Monate zu<br />

befristen (vorher: höchstens zehn Wochen). Es darf<br />

auf Antrag der Leitung der Polizeibehörde verlängert<br />

22) Hierzu Kirchhoff, DPolBl. 3.2018, S. 6 ff.<br />

werden. Hierfür ist allerdings eine gerichtliche Anordnung<br />

erforderlich.<br />

3. Meldeauflage<br />

Die Polizei hat mit § 52b SOG M-V eine <strong>neue</strong> Standardbefugnis<br />

erhalten: Danach darf sie gegenüber<br />

einer Person anordnen, sich an bestimmten Tagen<br />

zu bestimmten Zeiten bei einer bestimmten Dienststelle<br />

zu melden (Meldeauflage). Zur Gefahrenabwehr<br />

eingesetzte Meldeauflagen sollen eine Person<br />

von einem (Veranstaltungs-) Ort fernhalten, an dem<br />

sie voraussichtlich Straftaten begehen würde. Daher<br />

werden die Meldeintervalle so gewählt, dass der Adressat<br />

auch zwischen den Meldezeitpunkten nicht<br />

dorthin reisen kann. Die Meldeauflagen wurden bislang<br />

auf § 13 SOG M-V gestützt.<br />

Es bestehen schon lange erhebliche Bedenken, die<br />

polizeirechtliche Generalklausel für Meldeauflagen<br />

heranzuziehen, 23) weil damit der Anwendungsbereich<br />

des inzwischen in § 52a Abs. 1 SOG M-V geregelten<br />

Aufenthaltsverbots erweitert wird, obwohl Spezialvorschriften<br />

die Anwendung der Generalklausel<br />

ausschließen. Während Aufenthaltsverbote darauf<br />

beschränkt sind, ein bestimmtes Gebiet nicht zu betreten,<br />

gehen Meldeauflagen darüber hinaus, indem<br />

sie nicht nur zusätzlich die Meldepflicht anordnen,<br />

sondern damit zugleich auch alle anderen Orte sperren,<br />

die der Betroffene zwischen den Meldezeitpunkten<br />

nicht erreichen kann. Unabhängig davon können<br />

Meldeauflagen aufgr<strong>und</strong> des mit ihnen verb<strong>und</strong>enen<br />

schweren Gr<strong>und</strong>rechtseingriffs allenfalls vorübergehend<br />

auf die polizeiliche Generalklausel gestützt werden:<br />

Sind sie in der Praxis bereits zu Standardmaßnahmen<br />

geworden, sind sie gesetzlich auch als solche<br />

zu regeln. Es war daher nahezu zwingend, dass sie<br />

nun endlich eine eigene Rechtsgr<strong>und</strong>lage erhalten.<br />

Voraussetzung für eine Meldeauflage ist, dass Tatsachen<br />

die Annahme rechtfertigen, dass die Person<br />

eine Straftat begehen wird oder die Voraussetzungen<br />

des § 67a Abs. 1 SOG M-V (elektronische Aufenthaltsüberwachung)<br />

vorliegen. Anders als die polizeirechtliche<br />

Generalklausel verlangt § 52b Abs. 1 SOG M-V<br />

also keine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit<br />

oder Ordnung. Meldeauflagen können damit<br />

nun schon im Gefahrenvorfeld eingesetzt werden.<br />

Allerdings muss dieser Aspekt in die Verhältnismäßigkeitsprüfung<br />

einfließen. Je unsicherer ist, dass<br />

eine Person eine Straftat begehen wird, umso weniger<br />

kommt eine Meldelauflage jedenfalls bei weniger<br />

schweren Straftaten in Betracht. Bei Bagatellstraftaten<br />

wie „Schwarzfahren“ sind Meldeauflagen generell<br />

unverhältnismäßig. 24)<br />

Die Meldeauflage darf nur durch die Leitung der<br />

zuständigen Polizeibehörde oder durch von ihr be-<br />

23) Hierzu m.w.N. Kirchhoff, NVwZ <strong>2020</strong>, S. 1617 ff.<br />

24) So auch Roggan, NJ <strong>2020</strong>, S. 290 ff., 297.<br />

7


<strong>Das</strong> <strong>neue</strong> <strong>Sicherheits</strong>- <strong>und</strong> <strong>Ordnungsgesetz</strong> M-V<br />

sonders beauftragte Beamte angeordnet werden.<br />

Auch hier haben Widerspruch <strong>und</strong> Anfechtungsklage<br />

keine aufschiebende Wirkung (§ 52b Abs. 2 SOG<br />

M-V). Die Meldeauflage ergeht schriftlich <strong>und</strong> ist zeitlich<br />

(maximal aber drei Monate) <strong>und</strong> örtlich auf den<br />

zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu<br />

beschränken <strong>und</strong> darf keine unzumutbaren Auswirkungen<br />

auf die Lebensführung der betroffenen Person<br />

haben. Jede Verlängerung bedarf einer richterlichen<br />

Anordnung (§ 52b Abs. 3-5 SOG M-V).<br />

X. Durchsuchung <strong>und</strong> Untersuchung<br />

1. Durchsuchung <strong>und</strong> Untersuchung von Personen<br />

Die in § 53 SOG M-V geregelte Durchsuchung ist<br />

inhaltlich unverändert geblieben. Die Verfahrensvorschriften<br />

des früheren § 54 SOG M-V sind nun aber in<br />

§ 53 Abs. 4 u. 5 SOG M-V enthalten. Zusätzlich regelt<br />

§ 53 Abs. 5 SOG M-V, dass bei berechtigtem Interesse<br />

(z.B. bei Geschlechtsangabe „divers“ 25) ) dem Wunsch<br />

der zu durchsuchenden Person entsprochen werden<br />

soll, die Durchsuchung einer Person bestimmten<br />

Geschlechts zu übertragen. Auf dieses Recht ist die<br />

Person hinzuweisen. Dies gilt aber nicht, wenn die<br />

sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine im<br />

einzelnen Falle bevorstehende Gefahr für Leib oder<br />

Leben erforderlich ist.<br />

Die Untersuchung von Personen, die krankheitsoder<br />

ansteckungsverdächtig sind, ist nun in § 54 SOG<br />

M-V geregelt.<br />

2. Durchsuchung von Sachen<br />

Zur Durchsuchung von Sachen hat § 57 SOG<br />

M-V einen <strong>neue</strong>n Abs. 2 erhalten, der die Durchsuchung<br />

von elektronischen Speichermedien regelt.<br />

Kann vom Durchsuchungsobjekt aus auch auf ein<br />

räumlich davon getrenntes Speichermedium (etwa<br />

eine „Cloud“) zugegriffen werden, kann auch dieses<br />

durchsucht werden, wenn die Erfüllung der Aufgabe<br />

nach dem SOG M-V auf andere Weise aussichtslos<br />

oder wesentlich erschwert wäre.<br />

§ 58 SOG M-V gewährt dem Gewahrsamsinhaber<br />

bei einer Durchsuchung nur noch dann ein Anwesenheitsrecht,<br />

wenn die Durchsuchung der Sachen<br />

„vor Ort“ erfolgt. Es ist damit ausgeschlossen, wenn<br />

z.B. Speichermedien sichergestellt <strong>und</strong> erst auf der<br />

Dienststelle der Polizei durchsucht werden. Zwar ist<br />

dem Gewahrsamsinhaber weiterhin auf dessen Verlangen<br />

eine Bescheinigung über die Durchsuchung<br />

<strong>und</strong> ihren Gr<strong>und</strong> zu erteilen. Erfolgt die Durchsuchung<br />

ohne dessen Anwesenheit (was auch bei Speichermedien<br />

der Fall ist, die erst auf der Dienststelle<br />

25) LT M-V, Drs. 7/3694, S. 254.<br />

der Polizei durchsucht werden 26) ), ist ihm nun aber in<br />

jedem Fall eine solche Bescheinigung auszustellen.<br />

3. Betreten <strong>und</strong> Durchsuchen von Räumen<br />

§ 59 Abs. 5 SOG M-V schreibt nun vor, dass der<br />

Antrag auf eine richterliche Anordnung einer Durchsuchung<br />

von Wohnungen von der Leitung der zuständigen<br />

Polizeibehörde oder von ihr besonders beauftragte<br />

Beamte zu erfolgen hat <strong>und</strong> welche Angaben<br />

in diesem Antrag enthalten sein müssen. Als Nachtzeit<br />

gibt § 59 Abs. 4 SOG M-V jetzt selbst die Zeit von<br />

21 bis 6 Uhr an <strong>und</strong> verweist nicht mehr auf § 104<br />

Abs. 3 StPO 27) .<br />

XI. Sicherstellung von Daten <strong>und</strong> Buchgeld<br />

Bislang durfte die Polizei nach § 61 Abs. 1 SOG<br />

M-V lediglich Sachen sicherstellen. Die Vorschriften<br />

über die Sicherstellung gelten gemäß § 61 Abs. 1 S. 2<br />

SOG M-V nun auch für Daten auf einem elektronischen<br />

Speichermedium sowie von diesem räumlich<br />

getrennten Speichermedien, soweit auf sie vom elektronischen<br />

Speichermedium aus zugegriffen werden<br />

kann. Dabei darf die Polizei den weiteren Zugriff des<br />

Inhabers auf diese Daten ausschließen, wenn andernfalls<br />

die Abwehr der Gefahr, der Schutz vor Verlust<br />

oder die Verhinderung der Verwendung dieser<br />

Daten aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.<br />

Die Polizei hat allerdings unverzüglich eine richterliche<br />

Bestätigung der Rechtmäßigkeit dieser die Daten<br />

betreffenden Maßnahmen zu beantragen.<br />

Zwar handelt es sich auch bei Geld in Form von<br />

Münzen <strong>und</strong> Scheinen um Sachen. Sobald das Geld<br />

aber auf ein Konto eingezahlt wird, ist es keine Sache<br />

mehr, sondern eine Forderung („Buchgeld“). Kontoguthaben<br />

konnten daher allenfalls sichergestellt<br />

werden bzw. bleiben, wenn es sich im Zeitpunkt des<br />

(strafprozessualen oder gefahrenabwehrrechtlichen)<br />

staatlichen Zugriffs noch um Bargeld gehandelt hat<br />

<strong>und</strong> es erst danach zur weiteren Verwahrung auf ein<br />

Bankkonto eingezahlt wurde. 28) Handelte es sich von<br />

Anfang an um eine Geldforderung, war eine Sicherstellung<br />

bisher ausgeschlossen. 29)<br />

Endlich sieht nun aber § 61 Abs. 2 SOG M-V die<br />

durch Pfändung herbeigeführte Sicherstellung von<br />

Forderungen oder anderen Vermögensrechten vor,<br />

soweit tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme<br />

rechtfertigen, dass diese zur Begehung einer Straftat<br />

von erheblicher Bedeutung oder einer terroristischen<br />

Straftat verwendet werden sollen. Damit können nun<br />

auch Kontoguthaben <strong>und</strong> bargeldlose Zahlungsmittel<br />

(z.B. „Bitcoin“) aus dem Verkehr gezogen werden.<br />

26) LT M-V, Drs. 7/3694, S. 259.<br />

27) S. hierzu BVerfG v. 12.03.2019 – 2 BvR 675/14, juris, Rn. 66.<br />

28) Vgl. z.B. OVG Bremen v. 19.04.2016 – 1 LB 200/15, juris, Rn. 38;<br />

anders dagegen z.B. Bay. VGH v. 23.02.2016 – 10 BV 14.2353, juris,<br />

Rn. 17 ff.<br />

29) Hierzu Thiel/Disselkamp, KriPoZ <strong>2020</strong>, S. 281 ff., 284 f.<br />

8


von Guido Kirchhoff<br />

XII. Gewahrsam<br />

Nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 SOG M-V darf eine Person<br />

nun nicht nur in Gewahrsam genommen werden, um<br />

einen Platzverweis oder eine Wegweisung, sondern<br />

auch, um ein Aufenthalts- <strong>und</strong> Betretungsverbot,<br />

eine Meldeauflage, elektronische Aufenthaltsüberwachung<br />

oder eine Aufenthaltsanordnung durchzusetzen.<br />

In § 55 Abs. 3 SOG M-V sind zudem Personen<br />

genannt, die aus dem Vollzug von Jugendstraften<br />

entwichen sind oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb<br />

einer Jugendanstalt oder Jugendarrestanstalt<br />

aufhalten.<br />

Eine praxisrelevante Problematik hat der Gesetzgeber<br />

in § 56 Abs. 5 S. 6 SOG M-V geregelt. Danach<br />

kann die richterliche Entscheidung ohne persönliche<br />

Anhörung der in Gewahrsam genommenen Person<br />

ergehen, wenn diese rauschbedingt nicht in der Lage<br />

ist, den Gegenstand einer Anhörung ausreichend zu<br />

erfassen <strong>und</strong> zur Feststellung der entscheidungserheblichen<br />

Tatsachen beizutragen. Dauert die Freiheitsentziehung<br />

länger als bis zum Ende des Tages<br />

nach dem Ergreifen, ist aber eine erneute richterliche<br />

Entscheidung herbeizuführen. Ist eine Anhörung<br />

hierbei immer noch nicht möglich, hat sich das Gericht<br />

einen persönlichen Eindruck von der Person zu<br />

verschaffen. Die Polizei sollte darauf achten, dass die<br />

rauschbedingte Unfähigkeit, an einer persönlichen<br />

Anhörung teilzunehmen, durch einen Arzt im Zusammenhang<br />

mit der Feststellung der Gewahrsamsfähigkeit<br />

ausdrücklich festgestellt wird.<br />

XIII. Finaler Rettungsschuss<br />

§ 109 Abs. 1 S. 2 SOG M-V regelt endlich ausdrücklich,<br />

dass ein Schuss, der mit an Sicherheit grenzender<br />

Wahrscheinlichkeit tödlich wirken wird, (nur)<br />

zulässig ist, wenn er das einzige Mittel zur Abwehr<br />

einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder der gegenwärtigen<br />

Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung<br />

der körperlichen Unversehrtheit ist. Diese Regelung<br />

gibt den Beamtinnen <strong>und</strong> Beamten Rechtssicherheit<br />

für den sehr seltenen Fall, dass sich ein tödlicher<br />

Schuss nicht vermeiden lässt, wenn man das potentielle<br />

Opfer (was sie auch selbst sein können) schützen<br />

möchte.<br />

9


BASISLEHRBUCH<br />

KRIMINALISITIK<br />

Strategien <strong>und</strong> Techniken<br />

der Verbrechensaufklärung <strong>und</strong> -bekämpfung<br />

Von Christoph Keller (Hrsg.).<br />

1. Auflage 2019<br />

Umfang: 872 Seiten<br />

Format: DIN A 5, Broschur<br />

Preis: 34,90 € [D]<br />

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<strong>Das</strong> vorliegende Buch führt ausführlich in alle relevanten<br />

Themenbereiche der Kriminalistik ein. Die enthaltenen 20 Kapitel<br />

leiten sich ab aus den Lehrinhalten polizeilicher (Fach-)<br />

Hochschulen der Länder <strong>und</strong> des B<strong>und</strong>es sowie aus praktischen<br />

Bedürfnissen der polizeilichen Kriminalitätsbekämpfung<br />

<strong>und</strong> -sachbearbeitung.<br />

Abgehandelt werden von den Autoren sowohl die klassischen<br />

Themen (Einbruch, Raub, Brand, Todesermittlungen<br />

usw.), wie auch neuartige Phänomene (z.B. Cybercrime, Islamistischer<br />

Terrorismus, Reichsbürger <strong>und</strong> Selbstverwalter). Dabei<br />

vermitteln sie gr<strong>und</strong>legendes Wissen über kriminalistische<br />

Fragestellungen, verb<strong>und</strong>en mit den strafprozessualen Fragen<br />

in seinen nationalen <strong>und</strong> internationalen Bezügen. Zulässigkeit<br />

<strong>und</strong> Grenzen polizeilicher Ermittlungstätigkeit werden dabei<br />

in den jeweiligen Kapiteln anhand von Fallbeispielen aus dem<br />

polizeilichen Alltag <strong>und</strong> Lösungshinweisen unter Berücksichtigung<br />

der aktuellen Rechtsprechung dargestellt.<br />

Insgesamt gibt das Werk damit einen breit gefächerten <strong>und</strong><br />

aktuellen <strong>Überblick</strong> über die kriminalistische Praxis <strong>und</strong> stellt<br />

zudem <strong>neue</strong> strategische <strong>und</strong> taktische Ansätze bei der Kriminalitätsbekämpfung<br />

dar. Es richtet sich damit an alle im Polizeidienst<br />

tätigen Personen, die mit Fragestellungen r<strong>und</strong> um das<br />

Thema „Kriminalistik“ zu tun haben. Studierenden steht das<br />

Handbuch insbesondere als Hilfsmittel zur Vorbereitung auf<br />

Prüfungen <strong>und</strong> Klausuren sowie als wertvolles Nachschlagewerk<br />

zur Verfügung.<br />

DER HRSG.<br />

Christoph Keller, Polizeidirektor, hauptamtlicher Dozent<br />

für Eingriffsrecht <strong>und</strong> öffentliches Dienstrecht an der<br />

FHöV NRW, Abteilung Münster.<br />

VERLAG DEUTSCHE POLIZEILITERATUR GMBH<br />

Buchvertrieb<br />

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