2020-01-10 Bayreuther Sonntagszeitung
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Aktuell<br />
2 <strong>10</strong>. Januar 2021 <strong>Bayreuther</strong> <strong>Sonntagszeitung</strong><br />
Ihr RechtamSonntag<br />
Änderung eines Testaments bei Kontaktabbruch?<br />
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Enthält ein gemeinschaftliches<br />
Testamentdie Regelung, wonach<br />
das Testament durch den überlebenden<br />
Ehegatten wegen „familiärer<br />
Zuwiderhandlungen“des<br />
als Schlusserben eingesetzten<br />
Kindes geändert werden kann, so<br />
greiftdieseRegelung nicht, wenn<br />
das Kind wegen des jahrelangen<br />
Ehebruchs des überlebenden<br />
Ehegattens den Kontakt zuihm<br />
abbricht. Dies gilt insbesondere<br />
dann, wenn das Kind intellektuell<br />
minderbegabtist,OLG Bamberg,<br />
Beschluss vom 09.<strong>10</strong>.<strong>2020</strong> 3W<br />
43/20.<br />
Dem Fall lag folgender Sachverhalt<br />
zugrunde: Im Jahr 1999<br />
hatte ein Ehepaar ein gemeinschaftliches<br />
Testament errichtet,<br />
wonach sie sich selbst als Erben<br />
und ihren Sohn als Schlusserben<br />
eingesetzt haben. Zudem<br />
enthielt das Testamentdie Regelung,<br />
dass es bei einer „familiären<br />
Zuwiderhandlung“ des Sohnes<br />
abgeändert werden kann. Die<br />
Schlusserbeneinsetzung diente<br />
der Fürsorge des intellektuell<br />
minderbegabtenSohnes.<br />
Ab dem Jahr 2004 unterhielt<br />
der Ehemann mit der Schwester<br />
seiner Ehefrau ein außereheliches<br />
Verhältnis einschließlich<br />
gemeinsamer Urlaubsreisen. Darunterhatte<br />
die Ehefrau sehr gelitten.<br />
Der Sohn des Paares stand<br />
dabei auf Seiten der Mutter. Im<br />
Mai 2<strong>01</strong>3 verstarb schließlich die<br />
Ehefrau.<br />
Im Januar 2<strong>01</strong>4 errichtete der<br />
überlebende Ehemann ein Testament,<br />
wonach sein Sohn und<br />
seine Geliebte je zur Hälfte seine<br />
Erben sein sollten. Er begründete<br />
dies mit dem Kontaktabbruch<br />
seines Sohnes. Nachdem auch<br />
der Ehemann verstorben war,<br />
beantragte seine Geliebte, die<br />
Schwester der vorverstorbenen<br />
Ehefrau, einen Erbschein, der<br />
sowohl sie als auch den Sohn des<br />
verstorbenen Paares als Erben<br />
ausweisen sollte.<br />
Der Sohn wiederum beantragteeinen<br />
Erbschein, der ihn als<br />
Alleinerben ausweisen sollte. Das<br />
Amtsgericht Bamberg wies den<br />
Antrag des Sohnes zurück.Ersei<br />
nicht Alleinerbe geworden. Die<br />
Formulierung „familiäre Zuwiderhandlung“<br />
im gemeinschaftlichen<br />
Testamentvon 1999 seisozuverstehen,<br />
dass bei einem ernsthaftenVerstoßgegen<br />
den familiären<br />
Zusammenhalt das Testament<br />
geändert werden dürfe. Von<br />
einem solchen Verstoß sei aufgrund<br />
des Kontaktabbruchs des<br />
Sohns zu seinem Vaterauszugehen.<br />
Gegen diese Entscheidung<br />
richtete sich die Beschwerdedes<br />
Sohns.<br />
Das Oberlandesgericht<br />
(OLG) Bamberg entschied zu<br />
Gunsten des Sohns. Die Abänderung<br />
des gemeinschaftlichen<br />
Testaments von 1999 durch das<br />
Testament von 2<strong>01</strong>4 sei unwirksam.<br />
Das Amtsgericht habe sich<br />
unzureichend damit auseinandergesetzt,<br />
welche übereinstimmenden<br />
Vorstellungen beide<br />
Ehegatten mit der Formulierung<br />
„familiäre Zuwiderhandlung“ verbunden<br />
haben. Zudem müsse<br />
das nach dem Willen des einen<br />
Ehegatten mögliche Auslegungsergebnis<br />
mit der Einstellung des<br />
anderen Ehegatten abgeglichen<br />
werden.<br />
Nach Ansicht des OLG sei<br />
auszuschließen, dass auch nur<br />
einer der beiden Ehegatten<br />
ernsthaft davon ausgegangen<br />
sein könnte, der andere Teil könne<br />
eine Befugnis zum Widerruf<br />
wegen eines familiären Störverhaltens<br />
des Sohns selbstfür den<br />
Fall angestrebt haben, dass ein<br />
jahrelanger Ehebruch des Überlebenden<br />
zu einem tiefgreifenden<br />
Konflikt mit anschließender Kontaktverweigerung<br />
zwischen ihm<br />
und seinem Sohn führt.Erstrecht<br />
seiauszuschließen, dass der Erblasser<br />
bei seiner Ehefrau das Verständnis<br />
vorausgesetzt haben<br />
könnte, dass der floskelhaft formulierte<br />
Änderungsvorbehalt in<br />
einem derartigen Konfliktfall dem<br />
überlebenden Ehestörer auch<br />
noch die Handhabe eröffnen sollte,<br />
nunmehr zu Gunsten des an<br />
einem zukünftigen Ehebruch des<br />
Letztversterbenden beteiligten<br />
Partners zu testieren.<br />
Zudem habe das Amtsgericht<br />
nach Meinung des OLGnichtberücksichtigt,<br />
dass der dem Sohn<br />
angelastete Kontaktabbruch<br />
darauf zurückzuführen ist, dass<br />
der Erblasser eine außereheliche<br />
Beziehung mit der Schwester<br />
seiner Ehefrau eingegangen war<br />
und dadurch auch das Verhältnis<br />
zwischen ihm und seinem Sohn<br />
eine tiefgreifende Störung erfahren<br />
hatte. Der Erblasser habe<br />
nicht nur die Grundlagen seiner<br />
Ehe, sondern auch des familiären<br />
Zusammenhalts untergraben<br />
und damit die Gefahr eines<br />
Zerwürfnisses hervorgerufen. Es<br />
wäre somit Sache des Erblassers<br />
gewesen, den ersten Schritt zur<br />
Aussöhnung mit dem durch den<br />
jahrelangen Ehebruch tief verletzten<br />
Sohn zu gehen.<br />
Ohnehin bezweifelte das<br />
OLG,dassalleinderVorwurfeiner<br />
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vom Erblasser vermissten, aber<br />
gleichwohl unterbliebenen Kontaktaufnahme<br />
auch im Hinblick<br />
auf die intellektuelle Minderbegabung<br />
des Sohns ein ernsthafter<br />
Verstoßgegen den familiären Zusammenhalt<br />
darstellt.<br />
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