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Mit Profil in die Zukunft

Entwicklung der Volksschule im Kanton Luzern von 1980 bis 2020. Ein Rückblick von Charles Vincent

Entwicklung der Volksschule im Kanton Luzern von 1980 bis 2020. Ein Rückblick von Charles Vincent

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EDK<br />

NWEDK<br />

DVS<br />

Schulen mit<br />

<strong>Zukunft</strong><br />

VSL LU<br />

Schulen mit <strong>Profil</strong><br />

MIT PROFIL<br />

IN DIE ZUKUNFT<br />

IEDK<br />

Entwicklung der Volksschule im Kanton Luzern<br />

von 1980 bis 2020. E<strong>in</strong> Rückblick.<br />

LLV<br />

Charles V<strong>in</strong>cent<br />

WOST<br />

GBF<br />

ELF<br />

VBLU<br />

BKZ<br />

VBG<br />

EFQM<br />

Schulen für alle<br />

VLG


Impressum<br />

Impressum<br />

Herausgeber: Charles V<strong>in</strong>cent<br />

Redaktion: Roman Aregger, Josef Bucheli, Mart<strong>in</strong>a<br />

Butler, Esther Brun, Romy Villiger, Charles V<strong>in</strong>cent<br />

Interviews und «Aus der Praxis»: apimedia, Gisikon<br />

Gestaltung: Pia Santschi, Horw<br />

Produktion: Margrit Stöckli, Kriens<br />

Bildnachweis:<br />

apimedia, Archiv Dienststelle Volksschulbildung, zvg<br />

Bild «Lernwabe» Seite 55: lernwabe.ch<br />

Bilder Schulhaus Staffeln, Seiten 102, 104, 105, 125:<br />

© Saskja Rosset<br />

Ausgabe: 2020<br />

Pr<strong>in</strong>ted <strong>in</strong> Switzerland<br />

Die Publikation wurde unterstützt durch:<br />

Fördervere<strong>in</strong> Luzerner Volksschulen<br />

Vere<strong>in</strong> VSLuzern 20+<br />

2


<strong>Mit</strong> <strong>Profil</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong><br />

MIT PROFIL IN DIE ZUKUNFT<br />

Entwicklung der Volksschule im Kanton Luzern<br />

von 1980 bis 2020. E<strong>in</strong> Rückblick.<br />

Charles V<strong>in</strong>cent<br />

3


Inhalt<br />

Inhalt<br />

1. E<strong>in</strong>leitung 6<br />

2. Die Vorgeschichte bis 1980 8<br />

3. Die Entwicklungsschritte <strong>in</strong> den Jahren 1980–1995 10<br />

Aus der Praxis: «Altersgemischtes Lernen» 14<br />

Interview Sara Schuppan 16<br />

Interview Pius Egli 17<br />

4. Das Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>» 18<br />

Aus der Praxis: «Integrative Förderung» 30<br />

Interview Hildegard Lanz 32<br />

Interview Hans-Rudolf Schärer 33<br />

5. Das Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>» 34<br />

Aus der Praxis: «Basisstufe» 50<br />

Interview Anton Schw<strong>in</strong>gruber 52<br />

Interview Kathr<strong>in</strong> Krammer 53<br />

6. Der Ausblick: «Schulen für alle» 54<br />

Aus der Praxis: «Tagesstrukturen» 58<br />

Interview Claudia Senn 60<br />

Interview Josef Widmer 61<br />

7. Die Entwicklung <strong>in</strong> der Sonderschulung: Annäherung an <strong>die</strong> Regelschulen 62<br />

8. Entwicklung der Musikschulen: Vom Freizeit- zum Bildungsangebot 68<br />

Aus der Praxis: «Integrative Sonderschulung» 74<br />

Interview Brigitte Mürner 76<br />

Interview Pirm<strong>in</strong> Hodel 77<br />

4


Inhalt<br />

9. Vom Inspektorat zum umfassenden Qualitätsmanagement 78<br />

Aus der Praxis: «Sekundarschulmodelle» 82<br />

Interview Urs W. Studer 84<br />

Interview René Ste<strong>in</strong>er 85<br />

10. Vom Erziehungsgesetz zu den Bildungsgesetzen 86<br />

11. Vom Beamtengesetz zum Personalgesetz 92<br />

Aus der Praxis: «Schul<strong>die</strong>nste» 98<br />

Interview Hans Ambühl 100<br />

Interview Ursi Burkart 101<br />

12. Die Verbesserung der Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen 102<br />

13. Die Kampagne für Schule und Lehrpersonen 106<br />

Aus der Praxis: «Me<strong>die</strong>n und Informatik» 114<br />

Interview Pia Murer 116<br />

Interview Jürg Stadelmann 117<br />

14. Die vielfältigen Unterstützungsangebote 118<br />

15. Von der Volksschulabteilung zur Dienststelle Volksschulbildung 126<br />

16. H<strong>in</strong>weise auf Publikationen 132<br />

5


1. E<strong>in</strong>leitung<br />

1. E<strong>in</strong>leitung<br />

Dr. Charles V<strong>in</strong>cent, Leiter Dienststelle Volksschulbildung<br />

Die Volksschule ist – wie es der Name sagt und wie es <strong>die</strong><br />

gesetzlichen Bed<strong>in</strong>gungen auch verlangen – e<strong>in</strong>e Schule<br />

für das ganze Volk. Diese Aussage trifft für <strong>die</strong> Luzerner<br />

Volksschule ganz besonders zu, denn aktuell besuchen<br />

über 98 Prozent aller K<strong>in</strong>der und Jugendlichen e<strong>in</strong>e<br />

öffentliche Volksschule. Ziel der Verantwortlichen ist es,<br />

<strong>die</strong>sen guten Wert zu halten. Dafür muss sich <strong>die</strong> Schule<br />

immer wieder weiterentwickeln, denn <strong>die</strong> Gesellschaft<br />

hat sich <strong>in</strong> den letzten Jahrzehnten <strong>in</strong> vielen Aspekten<br />

verändert und wird das auch <strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong> tun. Das hat Auswirkungen<br />

auf <strong>die</strong> Volksschule. Auch sie hat sich parallel<br />

zur Gesellschaft <strong>in</strong> allen Bereichen – pädagogisch, strukturell<br />

und organisatorisch – weiterentwickelt und Neuerungen<br />

umgesetzt. Diese haben wesentlich dazu beigetragen,<br />

dass <strong>die</strong> Luzerner Volksschulen heute als<br />

zeitgemäss und <strong>in</strong>novativ beurteilt werden. Dazu haben<br />

<strong>in</strong> den letzten Jahren zahlreiche Personen beigetragen,<br />

wie <strong>die</strong>s <strong>die</strong> Ausführungen <strong>in</strong> den folgenden Kapiteln zeigen.<br />

E<strong>in</strong>ige Aspekte s<strong>in</strong>d besonders hervorzuheben:<br />

– Die Zusammenarbeit der fünf hauptverantwortlichen<br />

Verbände bzw. Träger der Luzerner Volksschulen war<br />

e<strong>in</strong>e entscheidende Voraussetzung für <strong>die</strong> Weiterentwicklung<br />

der Volksschule. Dank Übere<strong>in</strong>stimmung bei<br />

den Zielsetzungen konnte <strong>die</strong> Energie auf deren Umsetzung<br />

gelenkt werden und musste nicht primär für<br />

<strong>die</strong> gegenseitige Überzeugung <strong>in</strong> Detailfragen e<strong>in</strong>gesetzt<br />

werden.<br />

– Die gute Verankerung der e<strong>in</strong>zelnen Schulen vor Ort<br />

war e<strong>in</strong>e wichtige Voraussetzung für <strong>die</strong> Unterstützung<br />

durch <strong>die</strong> kommunalen Behörden und <strong>die</strong> lokale<br />

Bevölkerung. Diese ermöglichten <strong>die</strong> notwendige Unterstützung.<br />

Die Schulen konnten so ihr <strong>Profil</strong> gestalten<br />

und sich als lernende Organisation <strong>in</strong>haltlich und<br />

organisatorisch entwickeln.<br />

– Die enge Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen<br />

der Pädagogischen Hochschule Luzern ermöglichte<br />

auf unkomplizierte Art und Weise <strong>die</strong> Bereitstellung<br />

von wichtigen Unterstützungsangeboten für <strong>die</strong> Schulen<br />

und Lehrpersonen, so z. B. im Bereich der Weiterbildung<br />

oder auch der fachlichen Beratung.<br />

– E<strong>in</strong>e Bildungsdirektor<strong>in</strong> und fünf Bildungsdirektoren,<br />

welche e<strong>in</strong>erseits von der Bedeutung e<strong>in</strong>er zeitgemässen<br />

Volksschule und andererseits von der Notwendigkeit<br />

der Weiterentwicklung der Luzerner<br />

Volksschulen überzeugt gewesen s<strong>in</strong>d, unterstützten<br />

<strong>die</strong> Ziele der Schulentwicklungsvorhaben und deren<br />

Umsetzung kraftvoll und konstruktiv. <strong>Mit</strong> <strong>die</strong>ser Umsetzung<br />

ermöglichten und erleichterten sie <strong>die</strong> Projektarbeiten<br />

<strong>in</strong> grossem Masse.<br />

– Die zahlreichen sehr engagierten <strong>Mit</strong>arbeiter<strong>in</strong>nen<br />

und <strong>Mit</strong>arbeiter <strong>in</strong> den verschiedenen Funktionen<br />

haben mit ihrem Engagement, ihrem Mut und ihrer<br />

Zuversicht <strong>die</strong> Entwicklungen <strong>in</strong> der Praxis erst ermöglicht.<br />

Sie haben <strong>die</strong> Bereitschaft gezeigt, neue<br />

Wege zu begehen, Lösungen zu suchen und <strong>die</strong>se bei<br />

positiven Erfahrungen konsequent umzusetzen.<br />

6


1. E<strong>in</strong>leitung<br />

Dank <strong>die</strong>sen fünf besonderen Voraussetzungen s<strong>in</strong>d <strong>die</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Buch dargestellten Entwicklungsschritte ermöglicht<br />

und erfolgreich umgesetzt worden.<br />

Die Geschichte <strong>die</strong>ser Entwicklungen wird ergänzt durch<br />

Rückmeldungen e<strong>in</strong>zelner <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Prozess engagierten<br />

Personen. E<strong>in</strong>ige Beispiele aus der Praxis zeigen exemplarisch<br />

bedeutsame Entwicklungsschritte auf, denn letztlich<br />

f<strong>in</strong>det <strong>die</strong> Schule vor Ort <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Klassen, <strong>in</strong><br />

der Arbeit mit dem e<strong>in</strong>zelnen K<strong>in</strong>d und dem e<strong>in</strong>zelnen<br />

Jugendlichen statt. Die Praxisbeispiele stellen den Beweis<br />

dar, dass <strong>die</strong> zahlreichen Überlegungen, Planungsschritte,<br />

Weiterbildungskurse etc. viel bewirkt haben und im<br />

Unterricht angekommen s<strong>in</strong>d.<br />

Ich b<strong>in</strong> überzeugt, dass auch <strong>die</strong> nächsten geplanten Entwicklungsschritte<br />

gel<strong>in</strong>gen werden, denn <strong>die</strong> Luzerner<br />

Volksschulen – Behörden, Schulleitungen sowie Lehrund<br />

Fachpersonen – wollen <strong>die</strong> gute Qualität beibehalten<br />

und gesellschaftliche und <strong>in</strong>dividuell notwendige Entwicklungen<br />

auch <strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong> umsetzen.<br />

Ich freue mich über <strong>die</strong> gelungenen Entwicklungsschritte<br />

und dass ich mit <strong>die</strong>sem Buch Gelegenheit habe, den vielen<br />

<strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Form engagierten und <strong>in</strong>volvierten<br />

Personen zu danken. Ich danke allen für <strong>die</strong> grosse Unterstützung<br />

und <strong>die</strong> oftmals notwendige Geduld, schon<br />

wieder etwas Neues, Ungewohntes zu diskutieren und<br />

später umsetzen zu müssen. Ich danke allen für das Interesse<br />

an der täglichen Arbeit <strong>in</strong> den Luzerner Schulen.<br />

Den Lehr- und Fachpersonen und den Schulleitungen<br />

danke ich für Ihre Unterstützung und den E<strong>in</strong>satz, den sie<br />

an den Schulen tagtäglich leisten. Ich danke aber auch<br />

allen <strong>Mit</strong>arbeitenden <strong>in</strong> den verschiedenen Stellen und<br />

Abteilungen der Dienststelle Volksschulbildung, welche <strong>in</strong><br />

kle<strong>in</strong>en und grossen Themen immer engagierte Arbeit<br />

zur Unterstützung und Begleitung der Schulen geleistet<br />

haben. Und ich danke speziell jenen <strong>Mit</strong>arbeitenden, <strong>die</strong><br />

e<strong>in</strong>zelne Teile <strong>die</strong>ses Rückblicks geschrieben oder mitgestaltet<br />

haben.<br />

7


2. Vorgeschichte der Volksschule bis 1980<br />

2. Die Vorgeschichte bis 1980<br />

Die fünfziger und sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts waren von e<strong>in</strong>em starken<br />

wirtschaftlichen Aufschwung geprägt. Die Bevölkerung <strong>in</strong> der Schweiz wuchs. Von<br />

<strong>die</strong>sen beiden globalen Entwicklungen war auch der Kanton Luzern stark betroffen. In<br />

der Volksschulbildung führte <strong>die</strong>s zu e<strong>in</strong>em starken quantitativen und auch zu bedeutendem<br />

qualitativem Wachstum.<br />

a) Allgeme<strong>in</strong>e Entwicklung<br />

Im quantitativen Bereich führten <strong>die</strong> starken Geburtenzahlen<br />

bis <strong>Mit</strong>te der sechziger Jahre zu e<strong>in</strong>er grossen<br />

Zahl neuer Klassen. Diese benötigten zusätzlichen Schulraum,<br />

was zu zahlreichen Neubauten bei den Schulhäusern<br />

führte. Fast jede Geme<strong>in</strong>de baute <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Zeit e<strong>in</strong><br />

neues Schulhaus, grössere Geme<strong>in</strong>den gleich mehrere.<br />

Die stark zunehmende Klassenzahl führte zu e<strong>in</strong>em Mangel<br />

an Lehrpersonen, so dass verschiedene Übergangslösungen<br />

realisiert werden mussten, damit <strong>die</strong> Klassen<br />

alle korrekt unterrichtet werden konnten. Zu Beg<strong>in</strong>n der<br />

sechziger Jahre wurden deshalb <strong>die</strong> Ausbildungsstätten<br />

für Lehrpersonen stark ausgebaut. Die Platzzahl <strong>in</strong> den<br />

Sem<strong>in</strong>aren wurde <strong>in</strong>nert wenigen Jahren fast verdoppelt,<br />

zum Beispiel von 1960–1965 von 350 auf fast 600 Plätze.<br />

Neu wurden auch Ausbildungsgänge für Berufsleute<br />

(Lehramtskurse) angeboten. Trotzdem mussten als Übergangslösung<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Zeit auch Lehrpersonen ohne Ausbildung<br />

gleich nach der Matura e<strong>in</strong>gesetzt werden. Diese<br />

E<strong>in</strong>sätze waren nicht immer erfolgreich, obwohl sie von<br />

Fachpersonen der Sem<strong>in</strong>are und der kantonalen Inspektorate<br />

gut begleitet und unterstützt wurden. Das Ende<br />

des Lehrermangels <strong>Mit</strong>te der siebziger Jahre mit dem<br />

plötzlichen Ende der wirtschaftlichen Hochkonjunktur<br />

wurde daher als klare Entlastung empfunden.<br />

Entwicklung der Geburten seit 1930 im Kanton Luzern<br />

Im qualitativen Bereich waren <strong>die</strong> sechziger und siebziger<br />

Jahre des letzten Jahrhunderts durch vielfältige Reformen<br />

geprägt, <strong>die</strong> zum<strong>in</strong>dest teilweise noch nicht sehr<br />

koord<strong>in</strong>iert erschienen:<br />

b) Interkantonale Ebene<br />

Zur Planung und Umsetzung der sich abzeichnenden Veränderungen<br />

<strong>in</strong> der Volksschule wurde <strong>die</strong> Zusammenarbeit<br />

unter den Kantonen <strong>in</strong>tensiviert. Um <strong>die</strong>se Zusammenarbeit<br />

auf e<strong>in</strong>e feste Grundlage zu stellen, wurden<br />

regionale Erziehungsdirektorenkonferenzen gegründet.<br />

Der Kanton Luzern beteiligte sich an der Innerschweizerischen<br />

Erziehungsdirektorenkonferenz (IDEK). Ebenso<br />

wurde er <strong>Mit</strong>glied der Nordwestschweizerischen Erziehungsdirektorenkonferenz<br />

(NWEDK). In beiden Konferenzen<br />

wurden verschiedene Reformvorhaben ausgelöst<br />

und umgesetzt, <strong>die</strong> später noch genauer erörtert werden.<br />

Diese Entwicklungen und <strong>die</strong> vorherrschende Aufbruchsstimmung<br />

im Bildungswesen führten auch zu schweizerischen<br />

Koord<strong>in</strong>ationsbestrebungen, denn <strong>die</strong> unterschiedlichen<br />

Schulsysteme der Kantone erschwerten<br />

zu nehmend <strong>die</strong> Mobilität der Eltern und der Lernenden.<br />

So erarbeitete <strong>die</strong> Schweizerische Erziehungsdirektorenkonferenz<br />

(EDK) e<strong>in</strong> Schulkonkordat zur Angleichung der<br />

kantonalen Bildungssysteme, das 1970 beschlossen wurde.<br />

Wesentliche Teile <strong>die</strong>ses Konkordats bee<strong>in</strong>flussten <strong>die</strong><br />

Organisation der Volksschulen über vierzig Jahre, bis<br />

2007 das Konkordat zur Harmonisierung der obligatorischen<br />

Schule (HarmoS-Konkordat) neue Vorgaben setzte.<br />

LUSTAT Statistik Luzern<br />

Datenquelle: Bundesamt für Statistik – Bevölkerungsstatistik, STATPOP<br />

8


2. Vorgeschichte der Volksschule bis 1980<br />

c) Äussere Reformvorhaben<br />

Das neue Erziehungsgesetz von 1953 bee<strong>in</strong>flusste <strong>die</strong><br />

Entwicklung im Kanton Luzern über e<strong>in</strong>e längere Zeit. So<br />

wurde <strong>die</strong> Sekundarstufe wesentlich aufgewertet, <strong>in</strong>dem<br />

<strong>die</strong> Realschule als eigenständiger Schultyp e<strong>in</strong>geführt<br />

wurde. Ebenso wurde <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit dem<br />

Schweizerischen Schulkonkordat e<strong>in</strong> obligatorisches<br />

neuntes Schuljahr e<strong>in</strong>geführt. E<strong>in</strong>en grossen Aufschwung<br />

erlebten auch <strong>die</strong> Bildungsangebote für Schüler<strong>in</strong>nen und<br />

Schüler mit e<strong>in</strong>er Lernbee<strong>in</strong>trächtigung und/oder e<strong>in</strong>er<br />

Beh<strong>in</strong>derung, denn <strong>die</strong> 1960 neu geschaffene Schweizerische<br />

Invalidenversicherung unterstützte <strong>die</strong>se Vorhaben<br />

sowohl <strong>in</strong>haltlich als auch f<strong>in</strong>anziell sehr stark. So wurden<br />

<strong>die</strong> Hilfsschulklassen (später Kle<strong>in</strong>klassen) stark<br />

ausgebaut und verschiedene Heilpädagogische Sonderschulen<br />

neu errichtet (z. B. Heilpädagogische Schulen<br />

Emmen, Luzern und Sursee oder Stiftung Rodtegg für<br />

Körperbeh<strong>in</strong>derte). Ebenso wurden bestehende E<strong>in</strong>richtungen<br />

wie <strong>die</strong> Kantonalen Sonderschulen Hohenra<strong>in</strong><br />

stark ausgebaut. Im Regelschulbereich wurden <strong>die</strong> Schulunterstützungs<strong>die</strong>nste<br />

für Logopä<strong>die</strong> und Schulpsychologie<br />

aufgrund kantonaler Konzeptarbeiten flächendeckend<br />

organisiert.<br />

E<strong>in</strong>e spezielle Veränderung stellte der Übergang vom<br />

Schuljahresbeg<strong>in</strong>n im Frühl<strong>in</strong>g zum Sommer dar. Der<br />

Kanton Luzern hatte dabei e<strong>in</strong>e Pionierfunktion. Aufgrund<br />

politischer Vorstösse im damaligen Grossen Rat wurde<br />

<strong>die</strong>se Frage <strong>in</strong>tensiv diskutiert. Obwohl <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>e<br />

gesamtschweizerische Lösung bevorzugt worden wäre,<br />

entschied der Grosse Rat im März 1963 <strong>die</strong> E<strong>in</strong>führung<br />

des Sommerschulbeg<strong>in</strong>ns. Die Umsetzung <strong>die</strong>ses Entscheids<br />

erfolgte relativ rasch, so dass das Schuljahr<br />

1965/66 erstmals nach den Sommerferien startete. <strong>Mit</strong><br />

dem Kanton Luzern stellten auch <strong>die</strong> meisten Kantone<br />

der Zentralschweiz um, während zahlreiche Deutschschweizer<br />

Kantone noch längere Zeit beim Frühl<strong>in</strong>gsbeg<strong>in</strong>n<br />

blieben. Die Umstellung <strong>in</strong> den letzten Kantonen erfolgte<br />

zum Teil erst nach der Festschreibung des<br />

Schuljahresbeg<strong>in</strong>ns <strong>in</strong> der Bundesverfassung <strong>in</strong> den<br />

neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts.<br />

d) Inhaltliche Reformvorhaben<br />

Die äusseren Veränderungen lösten auch wesentliche <strong>in</strong>haltliche<br />

Reformen aus, welche von den Lehrpersonen<br />

e<strong>in</strong>e schrittweise Veränderung des Unterrichts erforderten.<br />

So wurden erste Versuche mit dem Französischunterricht<br />

auf der Primarschule gestartet. Bei <strong>die</strong>sem Unterricht<br />

wurden erstmals audiovisuelle Unterrichtsmittel<br />

gezielt und koord<strong>in</strong>iert e<strong>in</strong>gesetzt. Erneuert wurde auch<br />

der Mathematikunterricht mit dem Versuch der Mengenlehre.<br />

Im Fach Deutsch hielt das Schweizer Sprachbuch<br />

mit e<strong>in</strong>er neuen Sprachlehre E<strong>in</strong>zug. Für das Fach Geschichte<br />

wurde das neue <strong>in</strong>terkantonale Lehrmittel<br />

«Weltgeschichte im Bild» entwickelt und e<strong>in</strong>geführt, das<br />

e<strong>in</strong>e ganz neue didaktische Ausrichtung hatte. Aber auch<br />

<strong>die</strong> Schulung fremdsprachiger K<strong>in</strong>der wurde neu angeboten,<br />

da zunehmend auch Lernende ohne deutscher Muttersprache<br />

<strong>in</strong> der Volksschule gefördert werden mussten.<br />

Da <strong>die</strong> verschiedenen <strong>in</strong>haltlichen Veränderungen<br />

noch wenig koord<strong>in</strong>iert geplant und umgesetzt wurden,<br />

resultierte rasch e<strong>in</strong>e Ernüchterung bzw. Skepsis gegenüber<br />

weiteren Entwicklungsschritten, und zwar <strong>in</strong>sbesondere<br />

auch bei Lehrpersonen und Schulbehörden. Dies<br />

führte dazu, dass nun zunehmend e<strong>in</strong>e kantonale bzw.<br />

<strong>in</strong>terkantonale Koord<strong>in</strong>ation <strong>die</strong>ser Entwicklungen verlangt<br />

wurde. Diese Forderung wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er nächsten<br />

Phase zum<strong>in</strong>dest teilweise umgesetzt, wie im nächsten<br />

Kapitel gezeigt wird.<br />

9


3. Die Entwicklungsschritte <strong>in</strong> den Jahren 1985–1995<br />

3. Die Entwicklungsschritte <strong>in</strong> den Jahren 1980–1995<br />

Die <strong>Mit</strong>te der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts e<strong>in</strong>geleiteten Schulreformen<br />

waren nicht <strong>in</strong> allen Teilen erfolgreich und nachhaltig. Trotzdem g<strong>in</strong>gen <strong>die</strong> Entwicklungen<br />

weiter, allerd<strong>in</strong>gs mit besserer Steuerung und Planung.<br />

a) Die organisatorischen Veränderungen<br />

Die stürmische und teilweise eher unkoord<strong>in</strong>ierte Phase<br />

der Schulentwicklung <strong>in</strong> den sechziger und siebziger Jahren<br />

des letzten Jahrhunderts verlangte nach e<strong>in</strong>er besseren<br />

Steuerung der Vorhaben. Dies wurde auf kantonaler<br />

Ebene möglich durch <strong>die</strong> Neuorganisation der Stellen<br />

im Volksschulbereich.<br />

So wurden alle Projektverantwortlichen <strong>in</strong> der Abteilung<br />

Volksschule zusammengefasst und zentral geführt. Zentralschweizerisch<br />

wurde der Beratungs<strong>die</strong>nst für Schulfragen<br />

(ZBS) geschaffen, der alle regionalen Entwicklungsarbeiten<br />

koord<strong>in</strong>ierte bzw. ausführte. Und auch im<br />

Bereich der Nordwestschweizerischen Erziehungsdirektorenkonferenz<br />

wurde e<strong>in</strong> Steuergremium <strong>in</strong> Form der<br />

Pädagogischen Projektkommission e<strong>in</strong>gesetzt, welches<br />

wichtige Entwicklungsvorhaben <strong>in</strong>itiierte. Über alle Bereiche<br />

h<strong>in</strong>weg konnte aber festgestellt werden, dass sich <strong>die</strong><br />

Entwicklungsvorhaben nun auf <strong>die</strong> Unterrichtsebene<br />

konzentrierten, nachdem <strong>die</strong> Phase der Strukturreformen<br />

und des Schulhausbaus eher abgeschlossen war.<br />

Unterstützt wurde <strong>die</strong>se Akzentverschiebung <strong>in</strong>sbesondere<br />

auch durch den deutlichen Rückgang der Lernendenzahlen,<br />

welcher <strong>die</strong> Klassenbestände s<strong>in</strong>ken liess.<br />

Das war e<strong>in</strong>e gute Voraussetzung für <strong>die</strong> Unterrichtsentwicklung.<br />

b) Die neuen Zentralschweizer Lehrpläne<br />

Nachdem zunächst e<strong>in</strong>zelne Lehrpläne vom neu geschaffenen<br />

Zentralschweizer Beratungs<strong>die</strong>nst für Schulfragen<br />

<strong>in</strong> Zusammenarbeit mit den Kantonen erarbeitet wurden,<br />

beschlossen <strong>die</strong> Innerschweizer Kantone, alle Lehrpläne<br />

geme<strong>in</strong>sam zu erarbeiten. Diese waren im Gegensatz zu<br />

früheren <strong>in</strong>haltsorientierten Stoffverteilungsplänen lernzielorientiert.<br />

Diese neue Ausrichtung führte auch zu<br />

e<strong>in</strong>er neuen Planung und Gestaltung des Unterrichts.<br />

Neben den Fachlehrplänen wurden erste fächerübergreifende<br />

Lehrpläne entwickelt. So wurden <strong>in</strong> der Primarschule<br />

<strong>die</strong> Fächer Heimatkunde, Geschichte, Geografie<br />

und Biologie zum Fach Mensch und Umwelt zusammen-<br />

geführt. Dieses neue Konzept erprobte der Kanton Luzern<br />

schon seit Ende der siebziger Jahre. Auch <strong>in</strong> der Sekundarschule<br />

erfolgte e<strong>in</strong>e ähnliche Entwicklung, <strong>die</strong> allerd<strong>in</strong>gs<br />

nicht gleich umfassend war. So wurden <strong>die</strong> Fächer<br />

Biologie, Chemie und Physik im neuen Fach Naturlehre<br />

konzentriert. Erstmals wurden zudem für verschiedene<br />

neue Fachbereiche wie Werken und Informatik e<strong>in</strong>heitliche<br />

Lehrpläne erarbeitet. Die Lehrplanentwicklungen<br />

be<strong>in</strong>halteten auch immer e<strong>in</strong>e fachliche und fachdidaktische<br />

Weiterentwicklung. Diese Neuerungen erforderten<br />

grosse Investitionen <strong>in</strong> <strong>die</strong> Weiterbildung der Lehrpersonen,<br />

<strong>die</strong> sich aber lohnten, denn nur so konnten <strong>die</strong> Neuerungen<br />

bei den Lehrpersonen nachhaltig e<strong>in</strong>geführt werden.<br />

Und nur so wurde gewährleistet, dass <strong>die</strong>se im<br />

Unterricht auch umgesetzt wurden. Der grosse Aufwand<br />

bei der E<strong>in</strong>führung der neuen Lehrpläne lohnte sich aber<br />

auch längerfristig, denn im Rahmen des Lehrplans 21<br />

wurden verschiedene <strong>die</strong>ser Neuentwicklungen übernommen<br />

und teilweise noch umfassender weitergeführt.<br />

c) Die neuen Wochenstundentafeln<br />

Organisatorisch verankert wurden <strong>die</strong> Fachentwicklungen<br />

der Lehrpläne <strong>in</strong> neuen Wochenstundentafeln. Dabei<br />

mussten weitere gesellschaftliche Entwicklungen berücksichtigt<br />

werden. Trotz entsprechenden politischen<br />

Forderungen waren <strong>die</strong> neuen Wochenstundentafeln von<br />

10


3. Die Entwicklungsschritte <strong>in</strong> den Jahren 1985–1995<br />

1985 für Mädchen und Knaben noch nicht gleich. Neu war<br />

zwar <strong>die</strong> Gesamtlektionenzahl gleich, doch <strong>die</strong> Inhalte e<strong>in</strong>zelner<br />

Fächer waren noch immer unterschiedlich. So besuchten<br />

unter anderem <strong>die</strong> Mädchen den Unterricht <strong>in</strong><br />

Handarbeit, <strong>die</strong> Knaben jenen im Werken. Diese Lösung<br />

befriedigte nicht: Der Slogan von gleichwertiger Bildung<br />

für Knaben und Mädchen überzeugte viele Eltern und<br />

Fachpersonen nicht. Sie forderten e<strong>in</strong>e gleiche Bildung<br />

für alle Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler.<br />

Deshalb wurden zu Beg<strong>in</strong>n der neunziger Jahre bereits<br />

wieder neue Wochenstundentafeln erarbeitet. Diese wurden<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er breiten Vernehmlassung sehr kontrovers<br />

diskutiert. Schliesslich konnte e<strong>in</strong>e zeitgemässe und von<br />

den Fächern her gute Lösung gefunden werden. <strong>Mit</strong> der<br />

WOST'95 wurde das Ziel der gleichen Bildung für Mädchen<br />

und Knaben an den Luzerner Volksschulen endlich<br />

erreicht. Sowohl <strong>die</strong> Lektionenzahl als auch das Bildungsangebot<br />

war für Mädchen und Knaben nun gleich. Und<br />

der Unterricht erfolgte grossmehrheitlich <strong>in</strong> koeduzierten<br />

Klassen und Halbklassen. Gleichzeitig wurde Französisch<br />

als erste Fremdsprache <strong>in</strong> der Primarschule e<strong>in</strong>geführt.<br />

Auch <strong>die</strong>se Neuerung erfolgte nach <strong>in</strong>tensiven<br />

und kontroversen Diskussionen <strong>in</strong> breiten Kreisen der<br />

Bevölkerung. Der <strong>in</strong>terkantonale Koord<strong>in</strong>ationsgedanke<br />

setzte sich aber auch <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Frage letztlich durch.<br />

d) Die pädagogisch-didaktischen Entwicklungen<br />

Der traditionelle Unterricht <strong>in</strong> Klassen und Halbklassen<br />

wurde zunehmend als <strong>in</strong>effizient beurteilt. Neue Formen<br />

wie Projektunterricht, Werkstattunterricht und Wochenplanunterricht<br />

stellten den Unterricht nach festem Stundenplan<br />

mehr und mehr <strong>in</strong> Frage. Drei wesentliche Vorhaben,<br />

welche bis heute den Unterricht prägen, <strong>in</strong>itiierten<br />

<strong>die</strong>sen Paradigmenwechsel auch an den Luzerner Volksschulen:<br />

11


3. Die Entwicklungsschritte <strong>in</strong> den Jahren 1985–1995<br />

Projekt Erweiterte Lernformen:<br />

– Am Projekt, das <strong>die</strong> Nordwestschweizerische Erziehungsdirektorenkonferenz<br />

(NWEDK) entwickelte, beteiligten<br />

sich auch verschiedene Luzerner Schulen.<br />

Die neuen Lehr- und Lernformen sollten <strong>die</strong> Selbstständigkeit<br />

und <strong>die</strong> Zusammenarbeit der Lernenden<br />

fördern und so <strong>die</strong> <strong>in</strong>dividuelle Förderung erleichtern.<br />

Das Projekt wurde an mehreren grossen <strong>in</strong>terkantonalen<br />

Tagungen lanciert, an welchen jeweils neue Impulse<br />

vermittelt wurden. Das Vorhaben vermittelte<br />

auch H<strong>in</strong>weise zu neuen <strong>in</strong>nerschulischen Organisationsformen,<br />

<strong>die</strong> e<strong>in</strong>e bessere Zusammenarbeit der<br />

Lehrpersonen erforderten. Die Ergebnisse <strong>die</strong>ses Pilotprojekts<br />

bee<strong>in</strong>flussten <strong>die</strong> spätere Schulentwicklung<br />

nachhaltig.<br />

Ganzheitlich Beurteilen und Fördern<br />

– Das Projekt «Ganzheitliche Schülerbeurteilung» g<strong>in</strong>g<br />

aus dem vom damaligen Primarlehrervere<strong>in</strong> des Kantons<br />

Luzern entwickelten Vorhaben «Schule ohne Noten»<br />

hervor. <strong>Mit</strong> <strong>die</strong>ser Initiative wurden Versuche e<strong>in</strong>er<br />

Leistungsbeurteilung ohne Noten angeregt. Nach<br />

umfangreichen Vorabklärungen wurde im Schuljahr<br />

1988/89 das Projekt «Ganzheitliche Schülerbeurteilung»<br />

gestartet. Nach e<strong>in</strong>em ersten Zwischenbericht<br />

wurde 1992 <strong>die</strong> Weiterführung und Ausweitung des<br />

Projekts beantragt. Beides wurde vom Erziehungsrat<br />

genehmigt. Gleichzeitig wurde <strong>die</strong> Bezeichnung <strong>in</strong><br />

«Ganzheitlich Beurteilen und Fördern» geändert.<br />

Nach jahrelangem erfolgreichem Beweis der Praxistauglichkeit<br />

wurde <strong>die</strong>se Beurteilungsform später für<br />

den ersten Zyklus flächendeckend e<strong>in</strong>geführt.<br />

Heilpädagogischer Zusatzunterricht<br />

– Die nach der Errichtung der Schweizerischen Invalidenversicherung<br />

<strong>in</strong> den sechziger Jahren geschaffenen<br />

Kle<strong>in</strong>kassen (früher Hilfsschule genannt) entsprachen<br />

zunehmend weniger den aktuellen pädagogischen<br />

Vorstellungen, denn <strong>die</strong> Schaffung homogener Lerngruppen<br />

liess sich kaum mehr umsetzen und rechtfertigen.<br />

Zudem konnten aufgrund des Rückgangs der<br />

Lernendenzahlen viele Schulen <strong>die</strong>se speziellen Klassen<br />

nicht mehr führen. Als Ersatz wurde der Heilpädagogische<br />

Zusatzunterricht (HZU) als neue Fördermassnahme<br />

geschaffen. Nach ersten Pilotprojekten<br />

breitete sich <strong>die</strong>se Unterstützungsform immer mehr<br />

aus. Später führten auch grössere Schulen aus pädagogischen<br />

Gründen <strong>die</strong>se neue Fördermassnahme<br />

e<strong>in</strong>. Gleichzeitig wurde <strong>die</strong>se auf <strong>die</strong> Förderung aller<br />

Lernenden ausgedehnt. Und heute gibt es <strong>in</strong> allen<br />

Regelklassen nur noch <strong>die</strong>se <strong>in</strong>tegrative Fördermassnahme.<br />

e) Das Übertrittsverfahren ’90<br />

Aufgrund verschiedener Probleme mit dem damaligen<br />

Übertrittsverfahren von der Primarschule <strong>in</strong> <strong>die</strong> Sekundarschule<br />

wurde Ende der achtziger Jahre im Rahmen<br />

e<strong>in</strong>er umfassenden Projektarbeit e<strong>in</strong> neues Übertrittsverfahren<br />

entwickelt. Dieses neue Verfahren schuf <strong>die</strong><br />

Übertrittsprüfung ab. Das neue, prüfungsfreie Übertrittsverfahren<br />

be<strong>in</strong>haltete e<strong>in</strong>e ganzheitliche Beurteilung und<br />

verschiedene Gespräche zwischen der Lehrperson, der<br />

oder dem Lernenden und den Erziehungsberechtigten.<br />

Das Verfahren stellte e<strong>in</strong>e wesentliche Neuerung dar und<br />

wurde bei den Schulen und Lehrpersonen sorgfältig e<strong>in</strong>geführt.<br />

Diese sorgfältige E<strong>in</strong>führung stellte den Schlüssel<br />

zur breiten Akzeptanz dar, so dass das Verfahren<br />

auch nach 30 Jahren noch weitgehend unverändert angewendet<br />

wird. Wie <strong>die</strong> mehrmals erfolgten Evaluationen<br />

zeigten, bewährt sich das Verfahren weiterh<strong>in</strong> sehr gut.<br />

f) Neue Strukturmodelle für <strong>die</strong> Sekundarschule<br />

Die Reform der Sekundarschule war seit <strong>Mit</strong>te der siebziger<br />

Jahre e<strong>in</strong> grosses Anliegen der Behörden. Zunächst<br />

standen bei den Reformbemühungen <strong>die</strong> Lehrpläne und<br />

<strong>die</strong> Wochenstundentafeln im Vordergrund. Zu Beg<strong>in</strong>n der<br />

neunziger Jahre rückten dann <strong>die</strong> Strukturen <strong>in</strong>s Zentrum<br />

der Überlegungen. Obwohl <strong>die</strong> Dreiteilung der Sekundarstufe<br />

I mit Realschule, Sekundarschule und Untergymnasium<br />

von zahlreichen Schulfachleuten nicht mehr<br />

12


3. Die Entwicklungsschritte <strong>in</strong> den Jahren 1985–1995<br />

als zeitgemäss empfunden wurde, konzentrierten sich <strong>die</strong><br />

Reformbemühungen nur auf <strong>die</strong> beiden Schultypen der<br />

Volksschule. Es wurden zwei neue Strukturmodelle<br />

ausgearbeitet und teilweise auch bereits erprobt: Im<br />

Kooperativen Modell wurden <strong>die</strong> beiden ursprünglichen<br />

Schultypen Realschule und Sekundarschule <strong>in</strong> den<br />

Stamm klassen beibehalten, doch wurden <strong>in</strong> den Fächern<br />

Deutsch, Französisch und Mathematik <strong>die</strong> Lernenden<br />

nach Leistungsstärke <strong>in</strong> verschiedenen Niveaugruppen<br />

unterrichtet und gefördert. Im Integrierten Modell wurde<br />

auf e<strong>in</strong>e Aufteilung der Lernenden <strong>in</strong> Sekundar- und Realschule<br />

verzichtet. Lediglich <strong>in</strong> den Fächern Deutsch,<br />

Französisch und Mathematik erfolgte wie beim kooperativen<br />

Modell e<strong>in</strong>e Aufteilung <strong>in</strong> Niveaugruppen gemäss den<br />

Leistungsstärken der Lernenden. E<strong>in</strong> Niveauwechsel war<br />

bei beiden Modellen semesterweise möglich, was <strong>die</strong> <strong>in</strong>dividuelle<br />

Förderung erleichterte und <strong>die</strong> Durchlässigkeit<br />

verbesserte.<br />

Die beiden neuen Sekundarschulmodelle wurden ab <strong>Mit</strong>te<br />

der neunziger Jahre <strong>in</strong> mehreren Geme<strong>in</strong>den erprobt.<br />

Das Kooperative Modell (KSS) wurde erstmals <strong>in</strong> der Sekundarschule<br />

Reiden e<strong>in</strong>geführt, das Integrierte Modell<br />

(ISS) <strong>in</strong> den kle<strong>in</strong>en Schulen Hergiswil, Flühli, Luthern<br />

und Marbach. Später beteiligten sich auch grössere Geme<strong>in</strong>den<br />

an der Erprobung des Integrierten Modells, das<br />

heute zahlenmässig am meisten geführt wird.<br />

g) Schulfreier Samstag und Blockzeiten<br />

Die gesellschaftlichen Entwicklungen führten zu e<strong>in</strong>er<br />

neuen Beziehung zwischen der Schule und den Eltern.<br />

Die Erziehungsberechtigten wurden stärker <strong>in</strong> den Schulalltag<br />

e<strong>in</strong>bezogen. So konnten sie bei Promotions- und<br />

Übertrittsentscheiden wesentlich mitwirken. Umgekehrt<br />

mussten sich <strong>die</strong> Schulen <strong>in</strong> ihrer Organisation auch den<br />

gewandelten Arbeits- und Familienformen anpassen. Erste<br />

Formen von Blockzeiten wurden e<strong>in</strong>geführt. Und im<br />

zweiten Anlauf wurde 1995 auch der schulfreie Samstag<br />

breit unterstützt, obwohl <strong>die</strong>ser noch wenige Jahre vorher<br />

auf starke Ablehnung stiess.<br />

Die Luzerner Volksschulen waren <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Zeit sehr gefordert<br />

und <strong>in</strong> Bewegung, doch <strong>die</strong> Veränderungen <strong>in</strong> der<br />

Gesellschaft und <strong>die</strong> Erkenntnisse der neuen erziehungswissenschaftlichen<br />

Forschung lösten weitere Entwicklungsschritte<br />

aus, <strong>die</strong>s zunächst vor allem im Bereich der<br />

Schulführung und Schulorganisation, wie <strong>die</strong> Ausführungen<br />

im nächsten Kapitel zeigen werden.<br />

13


Aus der Praxis<br />

Altersgemischtes Lernen<br />

«Wer altersgemischt lernt, blüht richtig auf»<br />

Jan<strong>in</strong>e Möll (32) aus Ebikon unterrichtet im Schulhaus Felsberg <strong>in</strong> Luzern e<strong>in</strong>e Primarklasse,<br />

<strong>die</strong> Fünft- und Sechstklässler vere<strong>in</strong>igt. Hier beschreibt sie <strong>die</strong> Vorteile, <strong>die</strong> das<br />

altersgemischte Lernen (AgL) aus ihrer Sicht hat – auch im H<strong>in</strong>blick auf den Übertritt<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> Sekundarschule.<br />

Jan<strong>in</strong>e Möll, das Schulhaus Felsberg setzt seit Jahren<br />

auf das altersgemischte Lernen (AgL). Wie kam es<br />

dazu?<br />

Auslöser war <strong>die</strong> Basisstufe, <strong>die</strong> wir im Schulhaus Unterlöchli<br />

vor rund zehn Jahren getestet haben. Die Erfahrungen<br />

waren derart positiv, dass wir <strong>die</strong> neue Form des<br />

Unterrichtens unbed<strong>in</strong>gt beibehalten wollten. Mehr noch:<br />

Wir entschlossen uns, das altersgemischte Lernen auch<br />

auf den restlichen Stufen der Primarschule e<strong>in</strong>zuführen.<br />

Konkret werden im Felsberg Dritt- und Viertklässler geme<strong>in</strong>sam<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Klasse unterrichtet, ebenso Fünft- und<br />

Sechstklässler.<br />

Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?<br />

E<strong>in</strong> grosses Plus gegenüber dem konventionellen System<br />

ist für mich, dass <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> den beiden Jahren, <strong>in</strong> denen<br />

sie bei mir s<strong>in</strong>d, verschiedene Rollen e<strong>in</strong>nehmen. Wir<br />

nennen sie Experten und Novizen. Die älteren K<strong>in</strong>der, also<br />

<strong>die</strong> Experten, übernehmen Verantwortung für <strong>die</strong> Novizen<br />

und können ihnen D<strong>in</strong>ge erklären. Das stärkt das<br />

Selbstbewusstse<strong>in</strong>, und viele K<strong>in</strong>der blühen <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser<br />

neuen Rolle richtiggehend auf. Klar, dass sich <strong>die</strong> Jünge-<br />

ren schon sehr darauf gefreut haben, nach den Sommerferien<br />

Gotti oder Götti e<strong>in</strong>es Fünftklässlers zu se<strong>in</strong>.<br />

Und wie f<strong>in</strong>den es <strong>die</strong> jüngeren K<strong>in</strong>der?<br />

Auch <strong>die</strong> Novizen geniessen es, dass sie mal was von e<strong>in</strong>em<br />

<strong>Mit</strong>schüler und nicht immer nur von der Lehrperson<br />

erklärt bekommen. Übrigens kann man <strong>die</strong> Rollen auch<br />

spontan tauschen. Zum Beispiel, <strong>in</strong>dem <strong>die</strong> Fünftklässler<br />

e<strong>in</strong> Thema erarbeiten, das sie nachher den Sechstklässlern<br />

erklären. Das macht sie jeweils «mega» stolz. Tatsache<br />

ist, dass <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der – unabhängig von der Altersstufe<br />

– jeden Tag gerne zur Schule kommen. Das zeigt<br />

mir, dass AgL für unsere Schule genau das Richtige ist.<br />

Leidet unter dem altersgemischten Lernen nicht <strong>die</strong><br />

Sachkompetenz?<br />

Ne<strong>in</strong>. Das wurde von verschiedenen wissenschaftlichen<br />

Stu<strong>die</strong>n widerlegt. Für mich ist klar: Ich unterrichte nicht<br />

zwei Klassen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er, sondern e<strong>in</strong>e Klasse mit unterschiedlichen<br />

Leistungsniveaus. Wenn wir <strong>in</strong> der Mathematik<br />

<strong>die</strong> Brüche behandeln, kann es se<strong>in</strong>, dass bereits<br />

e<strong>in</strong> Fünftklässler <strong>die</strong> am Ende der 6. Klasse geforderten<br />

Altersgemischt lernen<br />

Altersgemischtes Lernen (AgL) erfreut sich im Kanton<br />

Luzern steigender Beliebtheit. Seit der E<strong>in</strong>führung des<br />

2-jährigen K<strong>in</strong>dergartens gibt es ke<strong>in</strong>e Schule mehr<br />

ohne altersgemischte Klassen, da <strong>die</strong> K<strong>in</strong>dergärten<br />

nun grundsätzlich altersgemischt geführt werden.<br />

Zurzeit werden <strong>in</strong> rund 40 Geme<strong>in</strong>den des Kantons alle<br />

Primarklassen altersgemischt geführt. Dabei werden<br />

<strong>in</strong> der Regel jeweils zwei Jahrgangsstufen zusammen<br />

unterrichtet. Kle<strong>in</strong>ere Schulen führen aufgrund der ger<strong>in</strong>gen<br />

Schülerzahlen seit jeher altersgemischte Klassen.<br />

Weitere Schulen haben ihre Primarklassen pädagogisch<br />

begründet umgestellt. Die Lernenden e<strong>in</strong>er<br />

altersgemischten Klasse verfügen über e<strong>in</strong>e grosse<br />

Vielfalt an Kompetenzen, <strong>die</strong> für das geme<strong>in</strong>same Lernen<br />

genutzt werden können. Heterogenität wird als<br />

selbstverständlich wahrgenommen und kann besser<br />

bewältigt werden als <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Jahrgangsklasse, bei der<br />

von der Homogenität e<strong>in</strong>er Lerngruppe ausgegangen<br />

wird. Das Unterrichten <strong>in</strong> altersgemischten Klassen<br />

erfordert von den Lehrpersonen e<strong>in</strong>e bewusste Weiterentwicklung<br />

der Unterrichtsformen. Gezielte Weiterbildungen<br />

sowie der Austausch mit erfahrenen Kollegen<br />

stärken <strong>die</strong> Lehrpersonen bei der Umstellung auf<br />

AgL.<br />

14


Aus der Praxis<br />

Unterrichtet seit neun Jahren altersgemischt: Primarschullehrer<strong>in</strong> Jan<strong>in</strong>e Möll.<br />

Kompetenzen erreicht, weil Mathematik eben se<strong>in</strong>e Stärke<br />

ist. AgL ändert aber nichts an der Tatsache, dass jedes<br />

K<strong>in</strong>d am Ende der 6. Klasse klar def<strong>in</strong>ierte Kompetenzen<br />

erreichen muss.<br />

Wie bereiten Sie den Übertritt <strong>in</strong> <strong>die</strong> Sekundar- bzw.<br />

Kantonsschule vor?<br />

Wir haben <strong>in</strong> der 5. und <strong>in</strong> der 6. Klasse je e<strong>in</strong> Übertrittsgespräch,<br />

an dem das K<strong>in</strong>d wie auch <strong>die</strong> Erziehungsberechtigten<br />

dabei s<strong>in</strong>d. In der 5. Klasse geht es um e<strong>in</strong>e<br />

Standortbestimmung. In der 6. Klasse, etwa im Februar,<br />

wird dann konkret entschieden, wie es für das K<strong>in</strong>d im<br />

Sommer weitergeht. Alle Beteiligten können sagen, was<br />

sie sich vorstellen. In der Regel s<strong>in</strong>d wir uns e<strong>in</strong>ig.<br />

Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> Rolle der Noten beim Übertritt?<br />

Noten s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Momentaufnahme und würdigen <strong>die</strong> <strong>in</strong>dividuellen<br />

Fortschritte und das Engagement der K<strong>in</strong>der<br />

viel zu wenig. So kann es durchaus vorkommen, dass e<strong>in</strong><br />

K<strong>in</strong>d, das e<strong>in</strong>e stark steigende Lernkurve aufweist, am<br />

Ende der 6. Klasse <strong>die</strong>selbe Note hat wie e<strong>in</strong>es, das sich<br />

kaum weiterentwickelt hat. Und das f<strong>in</strong>de ich schade.<br />

15


SARA SCHUPPAN<br />

Sara Schuppan, was zeichnet <strong>die</strong><br />

Luzerner Volksschulen aus?<br />

Die Dienststelle Volksschulbildung<br />

fördert <strong>die</strong> Innovations fähigkeit der<br />

Luzerner Volksschulen – zum Beispiel<br />

mit den Anerkennungspreisen,<br />

<strong>die</strong> für besondere Projekte oder<br />

nachhaltig wirksame Unterrichtsentwicklung<br />

vergeben werden. So<br />

kann jede Schule ihr <strong>Profil</strong> stärken<br />

und gemäss ihren eigenen Bedürfnissen<br />

weiterent wickeln.<br />

Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> Schulentwicklung<br />

der letzten 40 Jahre?<br />

Der Anspruch an <strong>die</strong> Schulen hat<br />

sich stark verändert. In vielen Bereichen<br />

nimmt Luzern e<strong>in</strong>e Vorreiterrolle<br />

e<strong>in</strong> oder ist zum<strong>in</strong>dest sehr gut<br />

aufgestellt. Sei es <strong>in</strong> der Umsetzung<br />

des Lehrplans 21, der sprachlichen<br />

Frühförderung oder des altersgemischten<br />

Lernens.<br />

Was hat Sie am meisten gefreut?<br />

Wenn am Ende e<strong>in</strong>es Schuljahres<br />

auf tolle Projekte zurückgeblickt<br />

werden konnte, hat mich das immer<br />

sehr gefreut. Projekte, an denen<br />

engagierte Lehrpersonen mit der<br />

Unterstützung von Behörden und<br />

Eltern den Schulalltag bereicherten<br />

und den Schülern e<strong>in</strong> Funkeln <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />

Augen zauberten, schafften auch<br />

e<strong>in</strong>e positive Wahrnehmung der<br />

Schule bei der Bevölkerung.<br />

SARA SCHUPPAN<br />

Vorstandsmitglied Fördervere<strong>in</strong><br />

Luzerner Volksschulen<br />

Geme<strong>in</strong>derät<strong>in</strong>,<br />

Ressort Schule: 2008–2016<br />

Was hat Sie am meisten geärgert?<br />

Mich ärgert, dass viele Leute über<br />

Schule und Lehrerschaft schimpfen,<br />

ohne zu wissen, wie der Alltag <strong>in</strong><br />

den Schulen heute aussieht. Ausserdem<br />

darf <strong>in</strong> den Schulen nicht<br />

mehr so viel gespart werden. «Wer<br />

glaubt, Bildung sei teuer, weiss<br />

nicht, was Dummheit kostet»:<br />

Dieses Zitat trifft den Nagel auf den<br />

Kopf.<br />

Wo sehen Sie Handlungsbedarf für<br />

<strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>?<br />

Seit Jahren fehlen den Schulen<br />

Fachleute <strong>in</strong> der Logopä<strong>die</strong> und <strong>in</strong><br />

der Heilpädagogik. Ausgebildete<br />

IF-Lehrpersonen wandern <strong>in</strong> andere<br />

Kantone ab. Durch e<strong>in</strong>e Verbesserung<br />

der Arbeits- und Ausbildungsbed<strong>in</strong>gungen<br />

sollte es uns gel<strong>in</strong>gen,<br />

genügend Fachkräfte auszubilden<br />

und <strong>die</strong>se an unseren Schulen zu<br />

halten.<br />

Was halten Sie vom altersgemischten<br />

Lehren und Lernen?<br />

Sehr viel. In e<strong>in</strong>er altersgemischten<br />

Klasse wird man den Leistungsunterschieden<br />

zwischen den Lernenden<br />

besser gerecht. Zudem kennen<br />

sich <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der altersübergreifend.<br />

Das spürt man auf dem Pausenplatz<br />

und fördert den Zusammenhalt der<br />

ganzen Schule.<br />

Was ist <strong>die</strong> sozialraumorientierte<br />

Schule und wie beurteilen Sie<br />

deren Nutzen?<br />

Nebikon ist e<strong>in</strong>e der ersten Schulen<br />

mit <strong>die</strong>sem Label. Durch <strong>die</strong> Vernetzung<br />

der Schule mit den Bereichen<br />

Freizeit, Betreuung und Kultur haben<br />

wir e<strong>in</strong>en Gew<strong>in</strong>n für das ganze<br />

Dorf erzielt. Bildung ist e<strong>in</strong>e gesellschaftspolitische<br />

Aufgabe.<br />

16


PIUS EGLI<br />

Pius Egli, was zeichnet <strong>die</strong><br />

Luzerner Volksschulen aus?<br />

Engagierte Lehrpersonen, <strong>die</strong> ihren<br />

Beruf ernst nehmen und mit Überzeugung<br />

ausüben. Offenheit und<br />

Mut für Entwicklungen, <strong>die</strong> nicht<br />

von allen begrüsst wurden. E<strong>in</strong>e<br />

zeitgemässe Ausbildung der Lehrpersonen<br />

an der pädagogischen<br />

Hochschule Luzern.<br />

Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> Schulentwicklung<br />

der letzten 40 Jahre?<br />

Als ich 1976 als Lehrer <strong>in</strong> Altwis anf<strong>in</strong>g,<br />

hatten wir noch <strong>die</strong> gleichen<br />

Schulbücher wie <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er eigenen<br />

Primarschulzeit. Was dann aber <strong>die</strong><br />

Projekte SmP, SiD und SmZ auslösten,<br />

war e<strong>in</strong> echter Entwicklungsschub<br />

<strong>in</strong> jeder Beziehung. Auch<br />

wenn nicht jeder Schritt von Anfang<br />

an glückte. E<strong>in</strong>iges brauchte Zusatzschleifen,<br />

wie zum Beispiel der<br />

Lehrplan 21, e<strong>in</strong> grundsätzlich überkantonales<br />

Projekt, das aber oft<br />

durch den Föderalismus gebremst<br />

wurde.<br />

PIUS EGLI<br />

Geschäftsführer Luzerner<br />

Lehrer<strong>in</strong>nen- und Lehrerverband<br />

(LLV) 1988–2013<br />

Was hat Sie am meisten gefreut?<br />

Die Zusammenarbeit der verschiedenen<br />

Träger der Schulentwicklung,<br />

<strong>die</strong> sich im Lauf der Zeit sogar erweitert<br />

hat. So existierte bei SmP<br />

ke<strong>in</strong> Verband der Schulleitungen.<br />

Diese mussten erst ausgebildet und<br />

später organisiert werden. Es war<br />

wichtig und richtig, <strong>die</strong> verschiedenen<br />

Sichtweisen der Trägerorganisationen<br />

zusammenzuführen und<br />

Differenzen auszudiskutieren.<br />

Was hat Sie am meisten geärgert?<br />

Die immer wiederkehrenden Sparmassnahmen,<br />

welche <strong>die</strong> Schulentwicklung<br />

bremsten, teilweise sogar<br />

unterbanden. Die Verschlechterung<br />

der Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen für <strong>die</strong><br />

Lehrpersonen trug natürlich nicht<br />

zur Motivation für <strong>die</strong> Ausübung <strong>die</strong>ses<br />

wichtigen Berufs bei.<br />

Wo sehen Sie Handlungsbedarf für<br />

<strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>?<br />

Der Umgang mit der Heterogenität<br />

der Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler wird<br />

e<strong>in</strong>e grosse Herausforderung bleiben.<br />

Wichtig ist e<strong>in</strong>e gute Balance<br />

zwischen Entwicklung und Kont<strong>in</strong>uität.<br />

Die Belastung der Lehrpersonen<br />

darf nicht überstrapaziert werden.<br />

Die Corona-Pandemie hat gezeigt,<br />

dass <strong>die</strong> Digitalisierung <strong>in</strong> der Schule<br />

der <strong>Zukunft</strong> e<strong>in</strong>e noch grössere<br />

Rolle spielen wird. Permanente Ausund<br />

Weiterbildung werden dadurch<br />

immer wichtiger werden.<br />

Was halten Sie vom altersgemischten<br />

Lehren und Lernen?<br />

Altersgemischtes Lernen kann e<strong>in</strong>e<br />

Chance se<strong>in</strong>, wenn <strong>die</strong> Bed<strong>in</strong>gungen<br />

für e<strong>in</strong>e Umsetzung stimmen. Es<br />

braucht Ausbildung, Weiterbildung,<br />

passende Klassengrössen, Zeitgefässe,<br />

entsprechende Lehrmittel<br />

und Schulräume. Als Notlösung zur<br />

Erhaltung e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Schule ist<br />

altersgemischtes Lernen dagegen<br />

der falsche Weg.<br />

17


4. Das Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>»<br />

4. Das Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>»<br />

Der im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts zunehmend sich beschleunigende Wandel<br />

<strong>in</strong> allen Bereichen der Gesellschaft und <strong>die</strong> gleichzeitig stockende Entwicklung der<br />

Wirtschaft stellte Bundesstaat, Kantone und Geme<strong>in</strong>den vor neuartige Probleme. Die<br />

bisher erfolgreich angewandten Lösungswege, <strong>die</strong> oft dar<strong>in</strong> bestanden, Angebote zu<br />

erweitern oder Regelungen zu verfe<strong>in</strong>ern, waren nicht mehr f<strong>in</strong>anzierbar oder verloren<br />

an Wirkung. Neue Lösungsansätze wurden dr<strong>in</strong>glich. Das galt auch für <strong>die</strong> Volksschule.<br />

a) Ausgangslage<br />

Die e<strong>in</strong>leitend sehr kurz zusammengefasste gesellschaftliche<br />

Situation führte zur Idee und Gestaltung des <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />

Merkmalen bemerkenswerten Projekts «Schulen mit<br />

<strong>Profil</strong>». Im Folgenden werden bedeutsame Begleitumstände,<br />

<strong>die</strong> zum Anstoss des Projekts geführt oder den<br />

Projektprozess begleitet haben, kurz beleuchtet. Das Projekt<br />

und der Projektprozess werden dargestellt. Dabei<br />

wird <strong>in</strong> der Reihenfolge der Ereignisse mehr dem historischen<br />

Ablauf und weniger den theoretischen Zusammenhängen<br />

Gewicht zugemessen.<br />

Politisches Umfeld<br />

Die wirtschaftliche Entwicklung <strong>in</strong> den 1980er Jahren war<br />

<strong>in</strong> der Schweiz wie <strong>in</strong> vielen anderen Staaten verhalten,<br />

geriet teilweise <strong>in</strong>s Stocken und glitt Anfang der 90er Jahre<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> Immobilienkrise. Die öffentliche Hand kam <strong>in</strong>folge<br />

steigender Defizite f<strong>in</strong>anziell unter Druck. Die Geme<strong>in</strong>den<br />

im Kanton Luzern wurden gegenüber den vom Kanton<br />

verordneten und f<strong>in</strong>anziell zu tragenden Aufgaben zunehmend<br />

kritisch. Dies <strong>in</strong>sbesondere im Bereich der Volksschulbildung,<br />

deren Aufwand damals bis nahezu <strong>die</strong> Hälfte<br />

des Geme<strong>in</strong>debudgets betragen konnte. <strong>Mit</strong> der<br />

Begründung «Wer zahlt befiehlt», verlangten Geme<strong>in</strong>den<br />

weniger kantonale Vorgaben und mehr Entscheidungsspielraum.<br />

Die schwierige f<strong>in</strong>anzielle Situation gab sowohl<br />

dem Kanton als auch den Geme<strong>in</strong>den Anstoss zu<br />

grundsätzlichen Reformen. Die bisherigen Erfahrungen<br />

zeigten, dass <strong>die</strong> Aufgaben und Probleme nicht mehr mit<br />

Ausbau und Verbesserung des Bisherigen und mit dem<br />

Erlass zusätzlicher Regelungen gelöst werden konnten.<br />

Als mögliche Lösung zeichnete sich das <strong>in</strong> Wissenschaft<br />

und Politik seit wenigen Jahren diskutierte Konzept des<br />

New Public Management ab. Wesentliche Elemente des<br />

Konzepts s<strong>in</strong>d:<br />

– Zuteilung der normativ-strategischen Führungsaufgaben<br />

an <strong>die</strong> Parlamente oder politischen Gremien,<br />

Zuteilung der operativen Führungsaufgaben und<br />

Management-Verantwortung an <strong>die</strong> Verwaltung<br />

– Kundenorientierung im S<strong>in</strong>ne der Öffnung der Verwaltung<br />

gegenüber den Anliegen der Bürger<strong>in</strong>nen und<br />

Bürger, ohne von Rechtsvorschriften oder verb<strong>in</strong>dlichen<br />

Verfahren abzuweichen<br />

– Leistungs- und Wirkungsorientierung anstelle von<br />

Ressourcenorientierung. Die politische Führung setzt<br />

<strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie Leistungs- oder Wirkungsziele und legt<br />

erst <strong>in</strong> zweiter L<strong>in</strong>ie <strong>die</strong> <strong>Mit</strong>tel fest. (Führung durch<br />

Resultat- bzw. Zielsteuerung)<br />

– Qualitätsorientierung und Qualitätsentwicklung nicht<br />

nur bezüglich der Recht- und Ordnungsmässigkeit,<br />

sondern auch bezüglich der Leistungsprozesse und<br />

der berechtigten Erwartungen der Kunden<br />

– Dezentralisierung der Aufgaben-, Ressourcen- und<br />

Resultatverantwortung durch Schaffung von teilautonomen<br />

E<strong>in</strong>heiten<br />

– Förderndes Personalmanagement, Motivation durch<br />

Verantwortung; Anreizkultur; zielorientierte, kooperative<br />

Führung;<br />

– E<strong>in</strong>führung von modernen Steuerungs<strong>in</strong>strumenten<br />

wie Leistungsvere<strong>in</strong>barungen, Controll<strong>in</strong>g, Kosten-/<br />

Leistungsrechnungen zur Wirkungskontrolle.<br />

Dem Beispiel anderer Geme<strong>in</strong>wesen folgend, begannen<br />

Kanton und Geme<strong>in</strong>den Anwendungsmöglichkeiten <strong>die</strong>ses<br />

Konzepts auszuleuchten.<br />

Der Kanton startete 1994 mit dem Projekt Wirkungsorientierte<br />

Verwaltung (WOV). 1997 hat der damalig Geschäftsführer<br />

des Verbands der Luzerner Geme<strong>in</strong>den <strong>in</strong> der<br />

Schriftenreihe «Luzerner Beiträge zur Geme<strong>in</strong>deentwicklung<br />

und zum Geme<strong>in</strong>demanagement» e<strong>in</strong>e programmatische<br />

Schrift zum Thema Geme<strong>in</strong>demanagement veröffentlicht.<br />

Im Vorwort hält der Autor e<strong>in</strong>leitend fest:<br />

«Hauptzweck der vorliegenden Schrift ist es, Geme<strong>in</strong>demanagement<br />

und se<strong>in</strong>e Entwicklung zu thematisieren. Es<br />

geht dabei darum, Vorstellungen zu umreissen, wie<br />

Geme<strong>in</strong>den bei zunehmenden Aufgaben und Problemen<br />

politisch und verwaltungsmässig geführt werden sollen».<br />

E<strong>in</strong> frühes Zeichen für <strong>die</strong> Bereitschaft, tiefgreifende Neuerungen<br />

e<strong>in</strong>zuleiten, setzten der Kanton und <strong>die</strong> Stimm-<br />

18


4. Das Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>»<br />

bevölkerung mit der Abschaffung des nahezu 200 Jahre<br />

bestehenden Erziehungsrates. Gegen Ende der 80er Jahre<br />

wurde <strong>die</strong> Frage diskutiert, ob der Erziehungsrat weiterh<strong>in</strong><br />

notwendig sei. 1991 erklärte der damalige Grosse<br />

Rat e<strong>in</strong> entsprechendes Postulat für erheblich. 1995 erfolgte<br />

mit der Zustimmung des Stimmvolkes zur Revision<br />

der Staatsverfassung und des Organisationsgesetzes <strong>die</strong><br />

Abschaffung auf Ende der Amtsdauer im Jahre 1999.<br />

Staatstheoretische Überlegungen und Elemente des Konzepts<br />

der neuen Verwaltungsführung, z.B. <strong>die</strong> vom New<br />

Public Management geforderte deutliche Trennung zwischen<br />

Strategie und Operation, gaben Anlass, <strong>die</strong> bisherigen<br />

strategischen Aufgaben des Erziehungsrates dem<br />

Regierungsrat und <strong>die</strong> operativen dem Bildungs- und<br />

Kulturdepartement zu übertragen. Diese Neuordnung auf<br />

kantonaler Ebene wurde von verschiedenen Geme<strong>in</strong>den<br />

deutlich wahrgenommen, da auch auf kommunaler Ebene<br />

mit Geme<strong>in</strong>derat und Schulpflege zwei Exekutivorgane<br />

bestanden. Zum Teil <strong>in</strong>folge unklarer Kompetenzregelung,<br />

zum Teil aber auch aus mangelndem Willen zur Zusammenarbeit<br />

war das Verhältnis zwischen den beiden<br />

Behörden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Geme<strong>in</strong>den angespannt.<br />

Volksschule<br />

Die Volksschule im Kanton Luzern war seit alters her vergleichsweise<br />

zentral geregelt. Der Kanton machte pädagogische,<br />

organisatorische und personelle Vorgaben. Die<br />

Geme<strong>in</strong>den hatten <strong>die</strong>se zu vollziehen. Dem erwähnten<br />

gesellschaftlichen Wandel und den daraus erwachsenden<br />

Aufgaben wurde mit e<strong>in</strong>er Reihe e<strong>in</strong>zelner, oft vone<strong>in</strong>ander<br />

unabhängiger Reformprojekte Rechnung getragen.<br />

Der Öffentlichkeit fehlte deshalb <strong>die</strong> Übersicht und es<br />

wurde nicht selten von «Reformitis» gesprochen.<br />

Ab <strong>Mit</strong>te der 80er Jahre gelang es noch immer, bereits<br />

früher auf den Weg gebrachte Reformprojekte zu festigen<br />

und neue mit zufriedenstellendem Erfolg e<strong>in</strong>zuführen<br />

und umzusetzen. Neu und für alle Schulen verpflichtend<br />

waren das Fach Werken für Knaben <strong>in</strong> der<br />

Primarschule, das Übertrittsverfahren 90 und <strong>die</strong><br />

Wochenstundentafel 95, <strong>die</strong> für Knaben und Mädchen <strong>die</strong><br />

Gesellschaftlicher Wandel<br />

Der <strong>in</strong> der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts e<strong>in</strong>setzende<br />

und sich beschleunigende gesellschaftliche<br />

Wandel ist schon <strong>in</strong> sehr vielfältiger Weise beschrieben<br />

worden. Alle Lebensbereiche – Wirtschaft, Arbeit, Familie,<br />

Geme<strong>in</strong>wesen, Öffentlichkeit, Bildung, Politik, Kirche<br />

usw. – verändern sich laufend und immer schneller. Als<br />

e<strong>in</strong> den Wandel bestimmendes Element wird <strong>die</strong> Individualisierung<br />

der Gesellschaft herausgehoben. Dem E<strong>in</strong>zelnen<br />

eröffnet sie e<strong>in</strong>e wachsende Zahl an Möglichkeiten.<br />

Politik und Verwaltung h<strong>in</strong>gegen s<strong>in</strong>d immer mehr<br />

herausgefordert. Sie nehmen <strong>die</strong> Individualisierung wahr<br />

<strong>in</strong> der abnehmenden B<strong>in</strong>dungsfähigkeit von Institutionen<br />

wie z. B. der Familie und <strong>in</strong> Ansprüchen von immer mehr<br />

Gruppen mit eigenen Interessen. Bei den Geme<strong>in</strong>wesen,<br />

<strong>die</strong> sich um Berücksichtigung der Interessen und um Ausgleich<br />

bemühen müssen, wachsen <strong>die</strong> Aufgaben und <strong>in</strong><br />

der Folge <strong>die</strong> Verwaltung sowie <strong>die</strong> Kosten. Der Ausgleich<br />

der verschiedensten Interessen erfordert auch verstärkte<br />

Kommunikation und geeignete Formen des E<strong>in</strong>bezugs<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> Entscheidungsprozesse.<br />

19


4. Das Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>»<br />

gleiche Ausbildung brachte. Die Teilnahme am Projekt<br />

«Ganzheitlich Beurteilen und Fördern» sowie am Projekt<br />

«Erweiterte Lernformen» war den Schulen freigestellt.<br />

Immer deutlicher meldeten sich <strong>die</strong> Stimmen der Geme<strong>in</strong>den,<br />

<strong>die</strong> angesichts der wirtschaftlichen Situation unter<br />

Kostendruck standen. Die kantonalen Verantwortlichen<br />

für <strong>die</strong> Volksschule nahmen <strong>die</strong> Kritik an den kostentreibenden<br />

fe<strong>in</strong>maschigen Regelungen und den Wunsch auf<br />

<strong>Mit</strong>wirkung und mehr Entscheidungsspielraum auf. In der<br />

Folge wurden z.B. <strong>die</strong> umfangreichen kantonalen Vorgaben<br />

zur Organisation des Schuljahres um mehr als <strong>die</strong><br />

Hälfte reduziert und <strong>die</strong> jährliche Planung und Bewilligung<br />

der Lehrstellen wurde vere<strong>in</strong>facht. Vorschläge zur<br />

Revision der damals ebenfalls <strong>in</strong> der Kritik gestandenen<br />

Verordnung über <strong>die</strong> Schulung fremdsprachiger K<strong>in</strong>der<br />

wurden mit E<strong>in</strong>bezug e<strong>in</strong>es <strong>Mit</strong>glieds des Geme<strong>in</strong>deammänner-Verbandes<br />

erarbeitet. Neu an der revi<strong>die</strong>rten<br />

Verordnung war, dass sie den Geme<strong>in</strong>den mehr Entscheidungsspielraum<br />

zur bedarfsgerechten Förderung und<br />

Integration der K<strong>in</strong>der und Jugendlichen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund<br />

bot. Die «massgeschneiderte Lösung» wurde<br />

zum gängigen Begriff. Sie wurde <strong>in</strong>sbesondere gefordert,<br />

wenn <strong>in</strong>folge ungünstiger Anzahl Lernender <strong>die</strong> vom<br />

Kanton verordneten Schulungsangebote <strong>die</strong> üblichen<br />

Kosten sprengten. Die Bes<strong>in</strong>nung auf sie war auch Anlass<br />

zu den ersten Versuchen mit e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tegrierten Form der<br />

Sekundarschule <strong>in</strong> Randgebieten.<br />

Diese Lockerungen der zentralen Vorgaben ermöglichten<br />

s<strong>in</strong>nvolle Lösungen und verm<strong>in</strong>derten für den Moment<br />

den Druck auf <strong>die</strong> zentral geregelte Organisation. Sie<br />

waren aber gleichzeitig Zeichen dafür, dass <strong>die</strong> bisherige<br />

Form der zentralen Regelung nicht länger Bestand haben<br />

konnte. Immer mehr ausserordentliche oder besondere<br />

Bed<strong>in</strong>gungen verlangten nach eben «massgeschneiderten<br />

Lösungen». Die kantonalen Behörden und <strong>die</strong> kantonale<br />

Schulverwaltung nahmen zur Kenntnis, dass <strong>die</strong><br />

zentrale Organisation, <strong>die</strong> <strong>in</strong> den vorangegangenen drei<br />

Jahrzehnten <strong>die</strong> Volksschule wesentlich voranbrachte,<br />

an ihre Grenzen stiess. Gefordert war e<strong>in</strong>e neue Form zur<br />

Gewährleistung e<strong>in</strong>er qualitativ guten und chancengerechten<br />

Volksschulbildung <strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>den des ganzen<br />

Kantons.<br />

Der Schritt zur neuen Lösung<br />

Aus den Erfahrungen mit SIPRI, e<strong>in</strong>em Projekt der Pädagogischen<br />

Kommission der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren<br />

(EDK) hielt <strong>die</strong> Projektleitung <strong>in</strong> ihren<br />

1986 veröffentlichten zusammenfassenden Thesen unter<br />

anderem folgende grundlegende Erkenntnis fest:<br />

«Die Funktionsfähigkeit und Erneuerungskraft e<strong>in</strong>es kantonalen<br />

Schulwesens hängt entscheidend von der Funktionsfähigkeit<br />

und der Erneuerungskraft der e<strong>in</strong>zelnen<br />

Schule ab. Diese müssen ihre Aufgaben den besonderen<br />

lokalen Verhältnissen entsprechend <strong>in</strong>terpretieren können.<br />

Der Kanton setzt Rahmenbed<strong>in</strong>gungen und gewährt<br />

den e<strong>in</strong>zelnen Geme<strong>in</strong>den und Schulen viel Freiraum und<br />

Unterstützung zur Planung und Gestaltung der eigenen<br />

Arbeit.»<br />

In den folgenden Jahren wurde <strong>die</strong>se E<strong>in</strong>sicht von der<br />

Wissenschaft wiederholt bekräftigt und fand <strong>in</strong>ternational<br />

und <strong>in</strong> der Schweiz E<strong>in</strong>gang sowohl <strong>in</strong> <strong>die</strong> schulpolitische<br />

Diskussion als auch <strong>in</strong> <strong>die</strong> Praxis. Es wurde von autonomen<br />

oder teilautonomen Volksschulen gesprochen,<br />

e<strong>in</strong>e Formel, <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Möglichkeiten der Volksschule im<br />

Kanton Luzern nicht passte. E<strong>in</strong>e Schule, <strong>die</strong> aktiv, lernend<br />

und selbstverantwortlich ihren Auftrag abgestimmt<br />

auf <strong>die</strong> lokalen Verhältnisse und Bedürfnisse bestmöglich<br />

wahrnimmt, und dadurch e<strong>in</strong> eigenes <strong>Profil</strong> gew<strong>in</strong>nt, das<br />

allerd<strong>in</strong>gs war e<strong>in</strong>e verlockende Alternative zur zentral<br />

geführten Organisation.<br />

«Schule mit <strong>Profil</strong>», das war <strong>die</strong> Lösung und Losung.<br />

20


4. Das Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>»<br />

Die Planung des Vorghabens<br />

Eigene Erfahrungen <strong>in</strong> der Dienststelle Volksschulbildung,<br />

von verschiedensten Seiten vorgebrachte Kritik<br />

und wissenschaftliche Untersuchungen zeigten, dass<br />

sehr viele Reformprojekte, auch wenn sie das gesetzte<br />

Ziel erreichten, mit Mängeln behaftet waren. Folgende<br />

Schwächen wurden angeführt:<br />

– Die Reformprozesse dauerten zu lange.<br />

– Die Reformprozesse waren zu wenig flexibel, um sich<br />

wandelnden Bed<strong>in</strong>gungen anzupassen.<br />

– Die Reformprozesse waren <strong>in</strong>folge von Widerstand<br />

gegen Neuerungen <strong>in</strong>effizient. Der Aufwand wurde zu<br />

gross.<br />

– Die Erfolge waren nicht nachhaltig.<br />

Um <strong>die</strong>se Mängel zu vermeiden, musste das Projekt<br />

«Schule mit <strong>Profil</strong>» <strong>in</strong> neuer Form angelegt werden. Dazu<br />

konnte unter anderem auf das Konzept des e<strong>in</strong>gangs erwähnten<br />

New Public Managements zurückgegriffen werden.<br />

Dessen Empfehlungen zur Dezentralisierung, zu<br />

e<strong>in</strong>em Führungsverständnis, das Kooperation betont,<br />

zum Setzen auf Vertrauen aber auch zum E<strong>in</strong>holen von<br />

Verantwortung gaben e<strong>in</strong>e Richtung vor. In Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

mit den sich wandelnden Vorstellungen über das<br />

Projektmanagement befand sich auch <strong>die</strong> für Reformprojekte<br />

zuständige Stelle im damaligen Amt für Unterricht.<br />

Sie war auf dem Weg zur Schulentwicklung als Organisationsentwicklung.<br />

Sie <strong>in</strong>itiierte und begleitete <strong>die</strong><br />

schulischen Neuerungen unter <strong>die</strong>sen Vorzeichen. Schulentwicklung<br />

bedeutete ganz wesentlich Organisationsentwicklung<br />

und war ohne Zusammenarbeit mit den Betroffenen<br />

nicht erfolgversprechend.<br />

Wenn Schulen künftig selbstwirksam und eigenverantwortlich<br />

ihre Aufgaben erfüllen sollten, war zudem darauf<br />

zu achten, dass sie bereits im Projektprozess mit Vertrauensvorschuss<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong>se Rolle wachsen können.<br />

E<strong>in</strong>zelne Schulen waren mit Teamentwicklung und verb<strong>in</strong>dlicher<br />

Zusammenarbeit bereits auf dem Weg. Diese<br />

Vorarbeiten mussten anerkannt und unterstützt werden.<br />

Aus all <strong>die</strong>sen Informationen und Erfahrungen zog <strong>die</strong><br />

Projektleitung das Fazit, dass <strong>die</strong> Projektanlage an sich<br />

Vorbildcharakter für <strong>die</strong> zur Selbstentwicklung aufgeforderten<br />

Schulen haben müsse. Folgende Merkmale sollten<br />

deshalb <strong>die</strong> besondere Anlage des Projekts auszeichnen:<br />

– E<strong>in</strong>bezug und <strong>Mit</strong>beteiligung der betroffenen Gruppen<br />

zur Ermöglichung verb<strong>in</strong>dlicher Zusammenarbeit<br />

– Offene und stetige Kommunikation mit allen Beteiligten<br />

– Bereitschaft zur sachlich begründeten Anpassung der<br />

Zielsetzung und zur geme<strong>in</strong>samen Ausgestaltung der<br />

E<strong>in</strong>zelheiten<br />

– Vertrauensvorschuss an <strong>die</strong> Schulen h<strong>in</strong>sichtlich der<br />

Bereitschaft und Möglichkeit, als lernende E<strong>in</strong>heit den<br />

örtlichen Bedarf wahrzunehmen und darauf sachgerecht<br />

antworten zu können.<br />

Zusammenfassend gesagt, g<strong>in</strong>g es <strong>in</strong> der Hauptsache darum,<br />

<strong>die</strong> unmittelbar Betroffenen zu echten Beteiligten zu<br />

machen.<br />

21


4. Das Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>»<br />

wurde e<strong>in</strong>sichtig, dass <strong>die</strong> Arbeit der Lehrperson sich<br />

nicht nur auf den Unterricht <strong>in</strong> den Klassen beziehen<br />

konnte. Zur Lösung brachte <strong>die</strong> NW EDK e<strong>in</strong> Projekt mit<br />

dem Namen «Amtsauftrag und Arbeitszeit der Lehrpersonen»<br />

auf den Weg. Die Luzerner Bildungsdirektor<strong>in</strong><br />

nahm sich <strong>die</strong>sem Thema an. Es wurde aber nicht isoliert,<br />

sondern im Rahmen der Überlegungen zur Befähigung<br />

der Schulen zur Selbstentwicklung bearbeitet. Damit war<br />

es das erste der Themen von «Schulen mit <strong>Profil</strong>», das<br />

bereits 1992 anlässlich e<strong>in</strong>er Informationsveranstaltung<br />

vorgetragen und im damaligen <strong>Mit</strong>teilungsblatt des Bildungsdepartementes<br />

ausgeführt wurde. Es gab e<strong>in</strong>en<br />

wesentlichen Anstoss zum Projekt. Insbesondere bei den<br />

Lehrpersonen weckte das Thema Aufsehen und gab zu<br />

Befürchtungen Anlass.<br />

b) Projektphase I: 1995–2000 Entwickeln, erproben,<br />

gegenseitig abstimmen<br />

Erster Anstoss<br />

Insbesondere <strong>in</strong> den Kantonen der damaligen Nordwestschweizerischen<br />

Erziehungsdirektoren Konferenz (NW<br />

EDK) wurde anfangs der 90er Jahre <strong>die</strong> Bemessung der<br />

Arbeitszeit der Lehrpersonen nach der Anzahl wöchentlich<br />

zu haltenden Unterrichtslektionen <strong>in</strong> Frage gestellt.<br />

Angesichts der zunehmenden Aufgaben an den Schulen<br />

E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung der <strong>Mit</strong>träger<br />

Die unterschiedlichen Interessen und Bef<strong>in</strong>dlichkeiten der<br />

zur <strong>Mit</strong>wirkung e<strong>in</strong>geladenen Verbände kamen bereits <strong>in</strong><br />

der Reaktion auf <strong>die</strong> E<strong>in</strong>ladung zum Ausdruck. Führende<br />

<strong>Mit</strong>glieder der Verbandsspitze des Luzerner Lehrer<strong>in</strong>nenund<br />

Lehrerverbands (LLV) nahmen <strong>die</strong> E<strong>in</strong>ladung mit Interesse<br />

auf. Nach den bisher vorwiegend an Experten<br />

orientierten schulischen Neuerungen erkannten sie <strong>die</strong><br />

sich eröffnenden Chancen der <strong>Mit</strong>wirkung. Ihnen gegenüber<br />

standen aber auch kritische Basisvertreter<strong>in</strong>nen<br />

und –vertreter, <strong>die</strong> Bedenken äusserten, der Verband<br />

könnte vere<strong>in</strong>nahmt werden, und deshalb e<strong>in</strong>e Teilnahme<br />

ablehnten. Der wiederholte Austausch zwischen der Leitung<br />

der Volksschulbildung und der Verbandsspitze des<br />

LLV machte <strong>die</strong> Offenheit des Projekts glaubwürdig. <strong>Mit</strong><br />

der so gewonnenen Überzeugungskraft gelang es der<br />

Verbandspitze, nach längerem <strong>in</strong>tensivem Me<strong>in</strong>ungsbildungsprozess<br />

e<strong>in</strong>e Zusage des Verbands zu gew<strong>in</strong>nen.<br />

Beim Verband der Schulpfleger<strong>in</strong>nen und Schulpfleger<br />

Kanton Luzern (VSBL) sah <strong>die</strong> Situation anders aus. In<br />

der e<strong>in</strong>gangs beschriebenen wirtschaftlichen Lage sahen<br />

sich <strong>die</strong> Schulpflegen vielfach <strong>in</strong> der spannungsreichen<br />

Stellung zwischen den Ansprüchen des Kantons an <strong>die</strong><br />

Schulen und den f<strong>in</strong>anziellen E<strong>in</strong>schränkungen von Seiten<br />

des Geme<strong>in</strong>derats. Nach dem Vorbild der Geme<strong>in</strong>deammänner,<br />

<strong>die</strong> sich mit dem Geme<strong>in</strong>deammännerverband<br />

(GAV) auf kantonaler Ebene e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>flussreiche<br />

Plattform geschaffen hatte, hatten sich auch <strong>die</strong> Präsi<strong>die</strong>n<br />

der Schulpflegen zu e<strong>in</strong>em Verband zusammengeschlossen.<br />

Sie waren im Begriff, den Verband «Schulpflegepräsident<strong>in</strong>nen<br />

und -präsidenten Kanton Luzern» (VSPL)<br />

22


4. Das Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>»<br />

mit der E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es Sekretariats und der Organisation<br />

e<strong>in</strong>es breiten Weiterbildungsangebots auszubauen<br />

und zu professionalisieren. Die Beteiligung am Projekt<br />

«Schulen mit <strong>Profil</strong>» passte <strong>in</strong> <strong>die</strong> Zielsetzung, <strong>die</strong> Bedeutung<br />

des Verbands zu fördern. Die Teilnahme erforderte<br />

aber zusätzliche Ressourcen, <strong>in</strong>sbesondere den persönlichen<br />

E<strong>in</strong>satz des Verbandsvorstands.<br />

<strong>Mit</strong> den beiden Verbänden waren <strong>die</strong> Lehrpersonen als<br />

Arbeitnehmer und <strong>die</strong> Schulpflegen als Teil der Arbeitgeber<br />

für das <strong>Mit</strong>tragen des Projekts bereit. Im Verlaufe der<br />

Bekanntmachung des Projekts und dem Aufruf der Schulen<br />

zum Aufbruch gelang es schliesslich auch, e<strong>in</strong>e Vertretung<br />

des Geme<strong>in</strong>deammänner-Verbands für das Projekt<br />

zu gew<strong>in</strong>nen. Damit waren auch <strong>die</strong> Geme<strong>in</strong>deräte,<br />

namentlich der Teil der Arbeitgeber, <strong>die</strong> für <strong>die</strong> F<strong>in</strong>anzen<br />

zuständig waren, nicht als <strong>Mit</strong>träger des Projekts aber<br />

als <strong>Mit</strong>wirkende <strong>in</strong> <strong>die</strong> Projektleitung e<strong>in</strong>bezogen.<br />

Beschreibung der Zielrichtung des Projekts und<br />

Bekanntmachung<br />

In e<strong>in</strong>em ersten Schritt wurden <strong>die</strong> Vorstellungen der<br />

Träger über <strong>die</strong> Zielrichtung des Projekts «Schulen mit<br />

<strong>Profil</strong>» <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Dokument möglichst fassbar<br />

und verständlich beschrieben. Man wählte dabei fünf<br />

richtungsweisende Thesen. Diese wurden mit Erklärungen<br />

begründet und verdeutlicht. Beispiele aus der Praxis<br />

zeigten Ansätze zur Verwirklichung:<br />

These 1<br />

Schulorganisation und das Verhältnis Kanton – Geme<strong>in</strong>den<br />

Der Kanton gibt den Geme<strong>in</strong>den <strong>die</strong> Kompetenz, ihre<br />

Schule den lokalen Bedürfnissen entsprechend zu gestalten.<br />

Konkret gibt sich jede Schule ihr eigenes <strong>Profil</strong>. Um<br />

<strong>die</strong> Qualität zu sichern, legt der Kanton <strong>die</strong> Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

fest.<br />

These 2<br />

Teamarbeit und Schulklima<br />

Die Lehrpersonen e<strong>in</strong>es Schulhauses s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Team und<br />

erfüllen den Bildungsauftrag geme<strong>in</strong>sam. Die Eltern werden<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> Arbeit mite<strong>in</strong>bezogen, und <strong>die</strong> Behörden unterstützen<br />

sie. Indem <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Lehr- und Lerngeme<strong>in</strong>schaft<br />

alle ihren Teil der Verantwortung tragen, s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

entlastet.<br />

These 3<br />

Aufgaben der Lehrpersonen<br />

Der berufliche Auftrag der Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer wird<br />

neu umschrieben. Er trägt den anspruchsvollen und vielschichtigen<br />

Aufgaben Rechnung. Dazu gehören Unterricht<br />

und Erziehung, Teamarbeit, Aufgaben für <strong>die</strong> Schulgeme<strong>in</strong>schaft,<br />

Zusammenarbeit mit ausserschulischen<br />

Instanzen sowie Fortbildung.<br />

These 4<br />

Schulleitung<br />

E<strong>in</strong>e Schule, <strong>die</strong> <strong>Profil</strong> gew<strong>in</strong>nen will, braucht e<strong>in</strong>e kompetente<br />

Führung <strong>in</strong> betrieblicher und pädagogischer H<strong>in</strong>sicht.<br />

Die Schulleitung übernimmt e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelperson oder<br />

e<strong>in</strong> Team – Personen, <strong>die</strong> eigens dafür ausgebildet s<strong>in</strong>d.<br />

These 5<br />

Schulaufsicht<br />

Zur Qualitätssicherung der dezentral organisierten Schule<br />

gehören Instrumente der Evaluation und der Aufsicht:<br />

Das Schulhausteam beurteilt se<strong>in</strong>e Arbeit periodisch selber.<br />

Die kommunalen Schulbehörden und <strong>die</strong> kantonale<br />

Schulaufsicht prüfen <strong>die</strong> Durchführung <strong>die</strong>ser Evaluation<br />

und führen eigene Beurteilungen durch. Ihr Interesse gilt<br />

primär der Schule als Ganzes, nicht der e<strong>in</strong>zelnen Lehrperson.<br />

Diese Thesen machen deutlich, «Schulen mit <strong>Profil</strong>» zielte<br />

nicht nur auf <strong>die</strong> Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen,<br />

wie oft betont wurde. Es war auch gedacht<br />

als Projekt zum Aufbau und zur Weiterentwicklung der<br />

Schulkultur. Die e<strong>in</strong>zelne Schule wurde <strong>in</strong>s Zentrum gestellt.<br />

Als lernendes System mit eigenem Gestaltungsraum<br />

sollte sie von engmaschigen Vollzugsregelungen<br />

entlastet werden.<br />

Die <strong>in</strong> den Thesen zum Ausdruck gekommene Zielrichtung<br />

stimmte – teils zufällig – mit der damals sich verstärkenden<br />

Strömung <strong>in</strong> Wirtschaft und Gesellschaft<br />

übere<strong>in</strong>, <strong>in</strong> der Deregulierung, mehr Markt und mehr <strong>in</strong>dividuelle<br />

Freiheit sowie <strong>die</strong> Konzepte des New Public Management<br />

Beachtung fanden. 1994, im gleichen Jahr, <strong>in</strong><br />

dem <strong>die</strong> Kantonale Verwaltung auf <strong>die</strong>se Strömung mit<br />

dem Start des Projekts «Wirkungsorientierte Verwaltung»<br />

(WoV) antwortete, beschloss der Erziehungsrat<br />

das Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>» (SmP).<br />

23


4. Das Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>»<br />

Kommunikation und E<strong>in</strong>bezug<br />

Zur Bekanntmachung des Projekts beschritten <strong>die</strong> Träger<br />

ebenfalls ungewohnte Wege. Die fünf Thesen wurden <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em praktischen, immer greifbaren Referenzdokument<br />

festgehalten und 1995 jeder Lehrperson sowie den betroffenen<br />

Behörden und Verbänden zugeschickt. Als Leitbild<br />

der Luzerner Volksschulentwicklung war es be<strong>in</strong>ahe<br />

omnipräsent und wies allen Beteiligten <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zuschlagende<br />

Richtung.<br />

<strong>Mit</strong> e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>fachen, aber pfiffig und ansprechend gestalteten<br />

Wanderausstellung brachten <strong>in</strong>itiative Schulpflegen<br />

und Schulen «Schulen mit <strong>Profil</strong>» <strong>in</strong> über vierzig Geme<strong>in</strong>den<br />

an <strong>die</strong> breitere Öffentlichkeit, <strong>in</strong>sbesondere auch zur<br />

Information der Eltern.<br />

<strong>Mit</strong> ca. 80 Schulhausgesprächen im Zeitraum von 1996–98<br />

gelang es, das Thema bei den Lehrpersonen, den Schulpflegen<br />

und Geme<strong>in</strong>deräten nachhaltig e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen. Je<br />

e<strong>in</strong>e Vertretung der Projektträgerschaft, d.h. e<strong>in</strong>e Person<br />

des LLV, des VSPL und des ED (Erziehungsdepartement)<br />

stellten sich <strong>in</strong> drei bis vier Stunden dauernden Zusammenkünften<br />

der Diskussion und dem Austausch mit den<br />

örtlichen Lehrpersonen, Schulpflegen und Geme<strong>in</strong>deräten.<br />

Die Projektträger stellten das Projekt vor, klärten<br />

Fragen und nahmen Bedenken und Anregungen entgegen.<br />

Diese Gespräche kosteten <strong>die</strong> Projektträger ausserordentlichen<br />

E<strong>in</strong>satz und Zeitaufwand. Sie erwiesen sich<br />

aber für <strong>die</strong> Bereitschaft aller an der Schule Beteiligten,<br />

sich auf das Projekt e<strong>in</strong>zulassen, als äusserst wirksam.<br />

Für Geme<strong>in</strong>deräte, Schulpflegen und Schulleitungen boten<br />

<strong>die</strong> Projektträger immer wieder Tagungen an. Die E<strong>in</strong>geladenen<br />

erhielten hier Informationen aus erster Hand,<br />

konnten Anliegen e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen und mit den Projektträgern<br />

diskutieren. Neu <strong>in</strong>s Amt gewählte Schulpfleger<strong>in</strong>nen und<br />

Schulpfleger wurden jährlich <strong>in</strong> mehrteiligen Kursen mit<br />

der Thematik bekannt gemacht.<br />

Hilfreich für <strong>die</strong> konkrete Entwicklungsarbeit an den<br />

Schulen waren <strong>die</strong> acht Orientierungshilfen <strong>in</strong> Form von<br />

Broschüren sowie e<strong>in</strong>e Reihe von Umsetzungshilfen, <strong>die</strong><br />

bis 1999 erarbeitet und veröffentlicht wurden.<br />

Qualifikation für <strong>die</strong> Schulleitungsaufgabe<br />

Sich selbst entwickelnde Schulen benötigen e<strong>in</strong>e Schulleitung.<br />

Damals verfügten grössere Schulen über e<strong>in</strong><br />

Rektorat, geführt <strong>in</strong> der Regel von e<strong>in</strong>em Mann, dem Rektor.<br />

Dieser war hauptsächlich für <strong>die</strong> organisatorischen<br />

und adm<strong>in</strong>istrativen Aufgaben zuständig. An kle<strong>in</strong>eren<br />

Schulen übernahm e<strong>in</strong>e Lehrperson <strong>die</strong> oft wenig dankbare<br />

Aufgabe e<strong>in</strong>es Obmanns. Der Obmann hatte haupt-<br />

24


4. Das Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>»<br />

sächlich <strong>die</strong> Aufgabe, Informationen an <strong>die</strong> Lehrpersonen<br />

zu br<strong>in</strong>gen, <strong>die</strong> Vorgaben der Schulpflege zu vollziehen<br />

und Wünsche der Lehrpersonen an <strong>die</strong> Behörden weiterzuleiten.<br />

Die These 4 des Leitbilds machte deutlich, dass der Schulleitung<br />

e<strong>in</strong>e zentrale Funktion zukommt, <strong>die</strong> sie aber nur<br />

wahrnehmen kann, wenn sie über Kompetenzen <strong>in</strong> zweierlei<br />

H<strong>in</strong>sicht verfügt: fachliche Kompetenzen und Entscheidungskompetenzen<br />

im pädagogischen Bereich, <strong>in</strong><br />

der Gestaltung und Entwicklung der Schule, im personellen<br />

Bereich und im Bereich der adm<strong>in</strong>istrativen und betriebswirtschaftlichen<br />

Führung. Für <strong>die</strong> Projektträger<br />

war <strong>die</strong> Schulleitung das wichtigste und grundlegendste<br />

Element zur Verwirklichung von «Schulen mit <strong>Profil</strong>». <strong>Mit</strong><br />

der ersten Orientierungshilfe vom September 1995 wurde<br />

deshalb e<strong>in</strong> Leitbild für <strong>die</strong> Schulleitung sowie <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

dazu e<strong>in</strong> entsprechendes Angebot zur Aus- und<br />

Weiterbildung geschaffen. Ebenfalls wichtig war <strong>die</strong> parallel<br />

dazu erschienene Anleitung zur Teamarbeit und<br />

Teamentwicklung mit der Möglichkeit, private Beratung<br />

oder entsprechende Angebote der Lehrerweiterbildung<br />

abzuholen und dazu f<strong>in</strong>anzielle Beiträge zu erhalten.<br />

In der Zeit von Oktober 1996 bis <strong>Mit</strong>te Juni 1999 wurde<br />

e<strong>in</strong>e ganze Reihe von weiteren Orientierungshilfen ausgearbeitet.<br />

Sie wurden jeweils von e<strong>in</strong>er eigens dafür zusammengestellten<br />

Arbeitsgruppe verfasst. Dabei wurde<br />

darauf geachtet, dass <strong>die</strong> von der Thematik betroffenen<br />

Interessengruppen <strong>in</strong> der Arbeitsgruppe vertreten waren<br />

und das Zahlenverhältnis von Frauen und Männern möglichst<br />

ausgeglichen war. Weiter wurden Vertretungen von<br />

betroffenen Organisationen (z. B. Schule & Elternhaus)<br />

e<strong>in</strong>bezogen. Im Verlaufe der drei Jahre s<strong>in</strong>d nachfolgend<br />

zum Dokument «Schulleitung» sieben weitere Orientierungshilfen<br />

erschienen:<br />

– Schulleitbild an der Volksschule (Orientierungshilfe<br />

Nr. 2, Oktober 1996)<br />

– Sicherung und Weiterentwicklung der Schulqualität.<br />

E<strong>in</strong> neues Aufsichtsmodell (Orientierungshilfe Nr. 3,<br />

Januar 1997)<br />

– Teamarbeit (Orientierungshilfe Nr. 4, Mai 1997)<br />

– Elternmitwirkung an der Volksschule (Orientierungshilfe<br />

Nr. 5, Januar 1998)<br />

– Beurteilung der Lehrperson. E<strong>in</strong> Modellvorschlag<br />

(Orientierungshilfe Nr. 6, Mai 1998)<br />

– Organisation und Stellung der Schul<strong>die</strong>nste (Orientierungshilfe<br />

Nr. 7, Oktober 1998)<br />

– Schulpflege. Stellung und Aufgaben (Orientierungshilfe<br />

Nr. 8, Juni 1999)<br />

Diese Dokumente wurden von den Schulen je nach e<strong>in</strong>geschlagenem<br />

Weg und aktuellem Stand <strong>in</strong> der Schulentwicklung<br />

zur Kenntnis genommen oder zurückgestellt. In<br />

vielen Schulen lösten sie Planungsschritte aus oder wurden<br />

bei zeitlicher Passung unmittelbar <strong>in</strong> <strong>die</strong> Entwicklungsarbeit<br />

e<strong>in</strong>bezogen. So wurden an vielen Schulen <strong>in</strong><br />

der ersten Phase Schulleitbilder entwickelt, und gleichzeitig<br />

wurde Teamarbeit erprobt.<br />

Die Orientierungshilfe Nr. 3 betraf <strong>in</strong>sbesondere <strong>die</strong> bisherige<br />

kantonale Schulaufsicht. Schulleitung und Lehrpersonen<br />

machte sie aufmerksam auf <strong>die</strong> Selbstevaluation<br />

der Schule, e<strong>in</strong> neues und anforderungsreiches<br />

Element.<br />

Besondere Aufmerksamkeit bei den Lehrpersonen fand<br />

selbstverständlich <strong>die</strong> Orientierungshilfe zur Beurteilung<br />

der Lehrperson.<br />

Weniger für <strong>die</strong> Schule als für <strong>die</strong> Schulpflege bedeutsam<br />

war das Dokument «Schulpflege. Stellung und Aufgaben»,<br />

das im Juni 1999 erschien, nachdem der Grosse Rat<br />

am 22. März 1999 das Gesetz über <strong>die</strong> Volksschulbildung<br />

beschlossen hatte. Es ist Ausdruck der damaligen Vorstellungen<br />

über <strong>die</strong> Stärkung der Schulpflege im System<br />

von Behörden und Schule. Der Verband der Schulpfleger<strong>in</strong>nen<br />

und -pfleger setzte sich mit aller Kraft für <strong>die</strong><br />

Volksschule e<strong>in</strong> und suchte nach Möglichkeiten, das Ansehen<br />

der Schulpflegen und ihren E<strong>in</strong>fluss zu steigern.<br />

Um <strong>die</strong> fachliche Kompetenz der Schulpflegen zu verbessern<br />

schuf er e<strong>in</strong> breites Kursangebot und zuhanden der<br />

Parteien entwarf er e<strong>in</strong> Anforderungsprofil zur Förderung<br />

und Ernennung von Kandidat<strong>in</strong>nen und Kandidaten<br />

für <strong>die</strong> Schulpflege. Der Verband setzte sich deshalb auch<br />

für <strong>die</strong> Beibehaltung des Behördenstatus der Schulpflege<br />

e<strong>in</strong>. <strong>Mit</strong> dem neuen Volksschulbildungsgesetz und dem<br />

25


4. Das Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>»<br />

Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>» kam mit der Schulleitung e<strong>in</strong><br />

neuer Akteur <strong>in</strong>s System. Die Schulpflege rückte etwas<br />

von der Schule ab und hatte <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie <strong>die</strong> Schulleitung<br />

zu führen und strategische Aufgaben zu erfüllen.<br />

Es glich nahezu e<strong>in</strong>er Sisyphusarbeit, den nachrückenden<br />

Schulpflegen immer wieder verständlich zu machen,<br />

dass sie nicht für <strong>die</strong> Wahrnehmung der Eltern<strong>in</strong>teressen,<br />

sondern für <strong>die</strong> strategische Führung der ganzen Schule<br />

zuständig s<strong>in</strong>d. Die Evaluation des Projekts deckte denn<br />

auch <strong>die</strong>sen Schwachpunkt auf.<br />

c) Projektphase II: 2000–2005 Standort bestimmen,<br />

Umsetzung unterstützen<br />

Am 12. September 1999 hat das Stimmvolk das Gesetz<br />

über <strong>die</strong> Volksschulbildung deutlich angenommen. Der<br />

Regierungsrat setzte es auf den 1. Januar 2000 <strong>in</strong> Kraft.<br />

Damit begann nach der freiwilligen Teilnahme am Projekt<br />

«Schulen mit <strong>Profil</strong>» <strong>die</strong> verb<strong>in</strong>dliche Umsetzung der<br />

rechtlichen Vorgaben. Die im Verlaufe der Projektphase I<br />

konkretisierten Ziele und e<strong>in</strong>geleiteten Entwicklungen<br />

standen mit den Bestimmungen des Gesetzes weitestgehend<br />

<strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang. Das war der Gew<strong>in</strong>n aus der zeitlich parallel<br />

laufenden Arbeit an der Totalrevision des Volksschulbildungsgesetzes<br />

und am Projekt «Schulen mit<br />

<strong>Profil</strong>». Die beiden Projekte konnten über <strong>in</strong>formell geführte<br />

fachliche Diskussionen und Erfahrungsaustausch<br />

aufe<strong>in</strong>ander abgestimmt werden. Die Schulen konnten <strong>die</strong><br />

begonnenen Entwicklungsprozesse nahtlos fortsetzen.<br />

Die bisherige Projektorganisation von «Schulen mit <strong>Profil</strong>»<br />

wurde nun leicht angepasst. Die Konzeptarbeit, <strong>die</strong><br />

befristet e<strong>in</strong>gesetzte Arbeitsgruppen leisteten, trat <strong>in</strong> den<br />

H<strong>in</strong>tergrund. Für <strong>die</strong> Unterstützung der Schulen sorgten<br />

<strong>in</strong> der verb<strong>in</strong>dlichen Umsetzungsphase des Projekts<br />

ständig bestehende Begleitgruppen. Diese wurden für<br />

folgende Themen e<strong>in</strong>gesetzt:<br />

– Netzwerk «Schulen mit <strong>Profil</strong>» (1998–2003)<br />

– Kaderbildung (1998–2005)<br />

– Projektevaluation (1999–2004)<br />

– Personalförderung und -beurteilung (2000–2005)<br />

– Interne Evaluation (2002–2005).<br />

Kommunikation<br />

Im Übergang von der freiwilligen Teilnahme am Projekt<br />

zur rechtlich verb<strong>in</strong>dlichen Umsetzungsphase galt es,<br />

alle an der Schule beteiligten mit dem neuen Gesetz bekannt<br />

zu machen. In e<strong>in</strong>er Reihe von Informationsveranstaltungen<br />

wurden <strong>die</strong> Neuerungen den Geme<strong>in</strong>deräten,<br />

Schulpflegen, Schul<strong>in</strong>spektor<strong>in</strong>nen und Schul<strong>in</strong>spek toren,<br />

Schulleitungen und Lehrpersonen vorgestellt. Neben<br />

dem Gesetz g<strong>in</strong>g es auch um wichtige Punkte des Verordnungsrechts.<br />

Im <strong>Mit</strong>telpunkt aber stand <strong>die</strong> zentrale Neuerung:<br />

§ 33 Schule als pädagogische Organisation<br />

1<br />

e<strong>in</strong>e Schule als pädagogische Organisation ist e<strong>in</strong>e geleitete,<br />

pädagogische und betriebliche Handlungse<strong>in</strong>heit,<br />

<strong>die</strong> im Wesentlichen <strong>die</strong> Schulleitung, <strong>die</strong> Lehrpersonen,<br />

<strong>die</strong> Lernenden und das Betriebspersonal umfasst.<br />

2<br />

Sie wird aus e<strong>in</strong>em oder mehreren Schulhäusern e<strong>in</strong>es<br />

Schulkreises unter E<strong>in</strong>bezug der K<strong>in</strong>dergärten gebildet.<br />

3<br />

Sie gibt sich e<strong>in</strong> Leitbild und nimmt <strong>die</strong> Aufgaben nach<br />

Massgabe <strong>die</strong>ses Gesetzes war.<br />

Die <strong>in</strong>folge der wirtschaftlich schwierigen Situation zurückhaltende<br />

Entwicklung im Besoldungsbereich sowie<br />

der Reformdruck erzeugten bei vielen Lehrpersonen das<br />

Gefühl, von Politik und Öffentlichkeit zu wenig Wertschätzung<br />

zu erfahren, und führte zu Unmut und Klagen. Der<br />

Regierungsrat gab deshalb den Auftrag, <strong>die</strong> gesellschaftliche<br />

Bedeutung der Volksschule, der Lehrpersonen oder<br />

des Lehrberufs – heute würde man von der Systemrelevanz<br />

sprechen – <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung zu rufen und den Berufsstand<br />

aufzuwerten. Parallel zum Projekt «Schulen mit<br />

<strong>Profil</strong>», aber <strong>in</strong> enger <strong>in</strong>haltlicher und personeller Verb<strong>in</strong>dung,<br />

begann e<strong>in</strong> Projektausschuss «Kampagne für<br />

Schulen und Lehrpersonen» e<strong>in</strong>e für <strong>die</strong> Schule beispiellose<br />

Werbestrategie zu entwerfen. In Arbeitsgruppen<br />

wurde e<strong>in</strong>e Reihe von Werbeaktionen ausgedacht und<br />

vorbereitet:<br />

– Startveranstaltung vom 20. April 2002 (2001–2002)<br />

– Öffentlichkeitsarbeit für Schulen (2002–2003)<br />

– Inseratenkampagne (2002–2003)<br />

– Anerkennungspreise (2002–2005)<br />

– Tag der aufgeschlossenen Volksschulen (2002–2005).<br />

26


4. Das Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>»<br />

Unterstützung<br />

In der ersten Projektphase hatten <strong>die</strong> Schulen nach eigenem<br />

Bedürfnis aus den Schulentwicklungsthemen von<br />

«Schulen mit <strong>Profil</strong>» ausgewählt. Nun g<strong>in</strong>g es darum, <strong>die</strong><br />

begonnene Entwicklung so weiterzuführen, dass bis Ende<br />

2005 <strong>die</strong> neuen rechtlichen Regelungen umgesetzt waren.<br />

Zur Unterstützung standen neben den themenvertrauten<br />

Fachpersonen <strong>in</strong> der Dienststelle Volksschulbildung zwei<br />

eigens dafür bestimmte <strong>Mit</strong>arbeitende der Schulentwicklung<br />

zur Verfügung. Viele Schulen wünschten vorerst<br />

fachliche Hilfe bei der Standortbestimmung ihrer Schule.<br />

Anschliessend ersuchten sie um Beratung bezüglich der<br />

e<strong>in</strong>zuleitenden nächsten Schritte. Dabei erwiesen sich <strong>die</strong><br />

nun an den Schulen tätigen Schulleitungen als unverzichtbare<br />

Akteure. Sie sorgten dafür, dass <strong>die</strong> mit dem<br />

Bildungsgesetz verpflichtend gewordenen Entwicklungsschritte<br />

zeitgerecht e<strong>in</strong>geleitet wurden. Themen, <strong>die</strong> noch<br />

viel Entwicklungsaufwand erzeugten, waren:<br />

– Personalförderung und –beurteilung<br />

– Interne Evaluation<br />

– Leistungsauftrag<br />

Zur <strong>in</strong>ternen Evaluation und zum Leistungsauftrag wurde<br />

im Auftrag des Projektausschusses von Arbeitsgruppen<br />

noch je e<strong>in</strong>e Orientierungshilfe geschaffen.<br />

Die <strong>Mit</strong>glieder der Arbeitsgruppe Leistungsauftrag führten<br />

je zwei Personen jeder Schulpflege <strong>in</strong> <strong>die</strong> Thematik<br />

e<strong>in</strong> und leiteten sie bei der Erarbeitung des Leistungsauftrags<br />

für ihre Schule an. Die E<strong>in</strong>führungskurse umfassten<br />

zwei Halbtage. Viele Schulpflegen wurden ergänzend am<br />

Ort ihrer Schule unterstützt. Während mehreren Jahren<br />

wurden ordentliche Tagungen und eigens dafür vorbereitete<br />

Veranstaltungen dazu benutzt, um das Thema aufzufrischen<br />

und <strong>in</strong>sbesondere auch <strong>die</strong> Geme<strong>in</strong>deräte damit<br />

vertraut zu machen.<br />

d) Projektorganisation<br />

Die Projektorganisation umfasste operativ lediglich zwei<br />

Ebenen. Der Projektausschuss bildete das beständige<br />

Element, zeitlich befristete Projektteams oder Arbeitsgruppen<br />

waren nach Bedarf e<strong>in</strong>setzbare, dem Projektausschuss<br />

untergeordnete Elemente. Im Projektausschuss<br />

waren <strong>die</strong> Träger BKD, LLV, und VSPL sowie der<br />

VSL LU (ab 2001) und anfänglich kurz der GAV, im Anschluss<br />

daran der VLG vertreten. Insgesamt umfasste er<br />

10 bis 12 <strong>Mit</strong>glieder und wurde von Dr. Charles V<strong>in</strong>cent,<br />

Vorsteher der Dienststelle Volksschulbildung, geleitet.<br />

Der Projektausschuss traf sich m<strong>in</strong>destens viermal jährlich.<br />

Alle wesentlichen Entscheide, Schwierigkeiten und<br />

Probleme wurden im Projektausschuss besprochen und<br />

es wurden geme<strong>in</strong>sam getragene Lösungen gesucht.<br />

Projektteams und Arbeitsgruppen wurden vom Projektausschuss<br />

zur Erarbeitung von Orientierungs- oder Umsetzungshilfen<br />

oder zur Bearbeitung anderer operativer<br />

Probleme e<strong>in</strong>gesetzt. Arbeitsgruppenmitglieder waren<br />

Sachverständige und Personen, <strong>die</strong> von dem zu bearbeitenden<br />

Thema betroffen waren. In der Regel nahm auch<br />

m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> <strong>Mit</strong>glied des Projektausschusses E<strong>in</strong>sitz.<br />

Die Projektteams und Arbeitsgruppen berichteten im<br />

Projektausschuss über den Stand ihrer Arbeit und stellten<br />

zu gegebener Zeit ihre Produkte vor. In der Projektphase<br />

II unterstützten ständige Begleitgruppen <strong>Mit</strong>arbeitende,<br />

<strong>die</strong> laufend für besondere Dienstleistungen sorgen<br />

mussten. Solche Dienstleistungen waren z. B. <strong>die</strong> Kaderbildung<br />

oder Netzwerkbetreuung. Die Aufsicht über das<br />

Projekt führte bis 1999 der Erziehungsrat. Der Leiter des<br />

Projektausschusses berichtete ihm periodisch.<br />

e) Ergebnisse<br />

<strong>Mit</strong> der Evaluation des Projekts war der Forschungsbereich<br />

Schulqualität und Schulentwicklung (FS&S) der<br />

Universität Zürich beauftragt. Die Evaluation orientierte<br />

sich an den fünf Thesen des Projekts und fasste <strong>die</strong>se mit<br />

überprüfbaren Indikatoren. Der Evaluationsbericht ist <strong>in</strong><br />

der Folge nach <strong>die</strong>sen fünf Thesen gegliedert. Zusammengefasst<br />

kann Folgendes herausgelesen werden:<br />

These 1 Schulorganisation und das Verhältnis Kanton –<br />

Geme<strong>in</strong>den<br />

Zielerreichung<br />

Das Ziel, den Geme<strong>in</strong>den und Schulen mehr Entscheidungsspielraum<br />

zu geben, wurde erreicht. E<strong>in</strong>e Kompetenzdelegation<br />

vom Kanton an <strong>die</strong> Geme<strong>in</strong>den war erfolgt.<br />

Die Entscheidungskompetenzen der örtlichen Behörden<br />

und der Schulleitung waren grösser geworden. Die Schulen<br />

hatten e<strong>in</strong> Schulleitbild erarbeitet und verfügten zum<strong>in</strong>dest<br />

auf formaler Ebene über e<strong>in</strong> eigenes <strong>Profil</strong>. Sie<br />

hatten dazu den vom Kanton gegebenen Entscheidungsspielraum<br />

zur Berücksichtigung der örtlichen Bedürfnisse<br />

genutzt.<br />

27


4. Das Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>»<br />

These 2 Teamarbeit und Schulklima<br />

Zielerreichung<br />

Die Zusammenarbeit und das Handeln im Team waren<br />

neben der E<strong>in</strong>zelarbeit zu e<strong>in</strong>er üblichen Form der Erfüllung<br />

der Berufsaufgaben geworden. Viele Schulen verfügten<br />

zur Wahrnehmung verschiedener Aufgaben, <strong>die</strong><br />

<strong>die</strong> ganze Schule betreffen, über kooperierende Teams.<br />

Auf das Schulklima, das schon zu Projektbeg<strong>in</strong>n als gut<br />

e<strong>in</strong>geschätzt wurde, hatte das Projekt ke<strong>in</strong>en feststellbaren<br />

E<strong>in</strong>fluss. Der E<strong>in</strong>bezug der Eltern erfuhr nicht <strong>die</strong> angestrebte<br />

Erweiterung, sondern blieb <strong>in</strong> vielen Schulen<br />

weiterh<strong>in</strong> zwischen Lehrperson und Eltern auf Klassenebene<br />

(Elternabend und Elterngespräch) beschränkt.<br />

Ob <strong>die</strong> kooperierende Teamarbeit den Lehrpersonen <strong>die</strong><br />

erwartete Entlastung br<strong>in</strong>gt, konnte <strong>in</strong> der Evaluation<br />

nicht eruiert werden. Nach Auffassung vieler Lehrpersonen<br />

standen der Entlastung durch Kooperation und<br />

geme<strong>in</strong>sames Tragen der Verantwortung <strong>die</strong> zeitliche Belastung<br />

durch Sitzungen und zusätzliche Aufgaben<br />

gegenüber.<br />

These 3 Aufgaben der Lehrperson<br />

Zielerreichung<br />

Die Lehrpersonen haben <strong>die</strong> Änderungen ihres beruflichen<br />

Auftrags nachvollzogen. Es ist zur Selbstverständlichkeit<br />

geworden, dass neben dem Arbeitsfeld Klasse,<br />

28


4. Das Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>»<br />

das zeitlich den grössten Teil e<strong>in</strong>nimmt, auch <strong>die</strong> Arbeitsfelder<br />

Lernende, Schule und Lehrende wichtige Berufsaufgaben<br />

enthalten. E<strong>in</strong> sehr erfreuliches Zeichen dafür<br />

war der festgestellte grosse Zuwachs bei den Aufgaben<br />

für <strong>die</strong> Schulgeme<strong>in</strong>schaft, <strong>die</strong> Lehrpersonen <strong>in</strong> Teamarbeit<br />

leisten.<br />

E<strong>in</strong> erheblicher Teil der Lehrpersonen klagte aber über<br />

s<strong>in</strong>kende Wertschätzung ihres Berufs von Seiten Politik<br />

und Gesellschaft. Zudem wünschten <strong>die</strong> Lehrpersonen<br />

mehr Zeit für ihr «Kerngeschäft», den Unterricht.<br />

In e<strong>in</strong>er «Schule mit <strong>Profil</strong>» müssen deutlich mehr Aufgaben<br />

wahrgenommen werden als <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er verwalteten<br />

Schule. Dies führt zweifellos zu e<strong>in</strong>er höheren Belastung<br />

der e<strong>in</strong>zelnen Lehrpersonen. Je nach zu erfüllender Aufgabe<br />

und zu tragender Verantwortung stellte sich <strong>die</strong><br />

Frage nach differenzierten Entlastungsmöglichkeiten.<br />

These 4 Schulleitung<br />

Zielerreichung<br />

In <strong>die</strong>sem Entwicklungsbereich war <strong>die</strong> erzielte Veränderung<br />

am deutlichsten sichtbar. Die örtlichen Schulpflegen<br />

setzten sich dafür e<strong>in</strong>, dass an ihrer Schule e<strong>in</strong>e Leitungsstruktur<br />

e<strong>in</strong>gerichtet und e<strong>in</strong>e Schulleitung angestellt<br />

wurde. Die betriebliche Führung wurde stark verbessert<br />

und professionalisiert. Auch bei der pädagogischen Führung<br />

waren deutliche Fortschritte festgestellt worden.<br />

Dank Planung und E<strong>in</strong>satz der Schulleitungen s<strong>in</strong>d an<br />

ihren Schulen bedeutende Umsetzungsschritte zur Schule<br />

mit <strong>Profil</strong> erfolgt. Als treibende Kraft haben <strong>die</strong> Schulleitungen<br />

wesentlich zur Umsetzung des Projekts beigetragen.<br />

An e<strong>in</strong>er Schule ist <strong>die</strong> Offenheit und Bereitschaft für<br />

Schulentwicklung entscheidend. Im Verlaufe des Projekts<br />

wurde <strong>die</strong> Ausprägung der beiden Merkmale bei den<br />

Schulleitungen grösser, bei den Lehrpersonen aber<br />

ger<strong>in</strong>ger. Um <strong>die</strong> Selbsterneuerungskraft der Schulen<br />

beizubehalten, stellte sich <strong>die</strong> Frage, wie <strong>die</strong>ser Trend gestoppt<br />

werden könnte.<br />

These 5 Schulaufsicht<br />

Zielerreichung<br />

Elemente zur Evaluation der Schulqualität wie Hospitationen<br />

und <strong>Mit</strong>arbeitergespräche wurden an den Schulen<br />

gepflegt und von den Lehrpersonen mitgetragen. An vielen<br />

Schulen waren auch Qualitätsprozesse festgelegt. Die<br />

kantonale Schulaufsicht war strukturell gemäss dem<br />

Gesetz ausgestaltet.<br />

Nicht <strong>in</strong> <strong>die</strong> neue Form gefunden hatte sich <strong>die</strong> Schulpflege.<br />

Die Abstimmung der Aufgaben zwischen Geme<strong>in</strong>derat,<br />

Schulpflege und Schulleitung war zum Teil noch<br />

ungenügend erfolgt.<br />

Schon aus den damaligen Evaluationsergebnissen durfte<br />

geschlossen werden, dass sowohl mit der Gestaltung des<br />

Projektprozesses als auch mit dem Projekt selbst e<strong>in</strong><br />

grosser Teil der Ziele erreicht wurde. Das Projekt war e<strong>in</strong><br />

grosser Erfolg. Selbstverständlich gab es auch Ziele, <strong>die</strong><br />

ungenügend erfüllt wurden, oder Entwicklungsprozesse,<br />

<strong>die</strong> nicht <strong>in</strong> <strong>die</strong> angestrebte Richtung liefen. Hier setzte oft<br />

noch Korrekturarbeit an.<br />

Die Gestaltung des Projektprozesses hatte sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>facheren<br />

und schwierigeren Situationen bewährt und fand<br />

<strong>in</strong> der Evaluation dermassen Zustimmung, dass man sich<br />

entschloss, auch das folgende Projekt wieder <strong>in</strong> ähnlicher<br />

Form auszugestalten und zu führen.<br />

Je später man e<strong>in</strong>e Rückschau hält, umso deutlicher wird,<br />

dass das Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>» e<strong>in</strong>en Modernisierungsschub<br />

auslöste, der se<strong>in</strong>esgleichen sucht.<br />

29


Aus der Praxis<br />

Integrative Förderung<br />

«Ke<strong>in</strong>e Strafe, sondern e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit»<br />

K<strong>in</strong>der mit Schwierigkeiten zu unterstützen und damit e<strong>in</strong>en Beitrag zu ihrem Lernerfolg<br />

zu leisten, ist für Barbara Engel (53) e<strong>in</strong>e Herzensangelegenheit. Nachfolgend<br />

e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> <strong>die</strong> Integrative Förderung made <strong>in</strong> Meggen.<br />

Barbara Engel, wie wird <strong>in</strong> Meggen <strong>die</strong> Integrative<br />

Förderung umgesetzt?<br />

Die Integrative Förderung wie auch <strong>die</strong> Integrative Sonderschulung<br />

werden von schulischen Heilpädagogen<br />

wahrgenommen. Ich b<strong>in</strong> für alle 6. Klassen zuständig und<br />

betreue zusätzlich e<strong>in</strong> IS-K<strong>in</strong>d. Insgesamt b<strong>in</strong> ich also <strong>in</strong><br />

fünf Klassen unterwegs. Ich stehe zur Verfügung, wo gerade<br />

Unterstützung benötigt wird. Das erfordert e<strong>in</strong>e<br />

enge Absprache <strong>in</strong>nerhalb des ganzen Unterrichtsteams.<br />

Ich treffe mich regelmässig mit den Klassenlehrpersonen,<br />

um zu besprechen, welche Form des Teamteach<strong>in</strong>gs<br />

für <strong>die</strong> nächste Lektion geeignet ist.<br />

Wie können Sie <strong>die</strong> Lehrpersonen konkret<br />

unterstützen?<br />

Oft b<strong>in</strong> ich <strong>in</strong> der ganzen Klasse, um <strong>die</strong> Lehrperson bei<br />

auftauchenden Schwierigkeiten zu entlasten. Es kann<br />

auch se<strong>in</strong>, dass ich gleich den ganzen Unterricht übernehme<br />

und damit der Lehrperson <strong>die</strong> Möglichkeit gebe,<br />

sich mal <strong>in</strong> <strong>die</strong> Beobachterrolle zu versetzen. Manchmal<br />

nehme ich kle<strong>in</strong>e Gruppen oder e<strong>in</strong>zelne K<strong>in</strong>der raus und<br />

versuche mit ihnen Defizite aufzuarbeiten. Immer wieder<br />

gibt es auch K<strong>in</strong>der mit <strong>in</strong>dividuellen Lernzielen. In <strong>die</strong>sem<br />

Fall stelle ich zusätzliches Material zusammen, damit<br />

das K<strong>in</strong>d das vere<strong>in</strong>barte Lernziel erreichen kann.<br />

Und das möglichst selbständig.<br />

Die Integrative Förderung kümmert sich aber nicht nur<br />

um leistungsschwächere K<strong>in</strong>der, oder?<br />

Das ist richtig. Alle K<strong>in</strong>der haben Anspruch auf Integrative<br />

Förderung. Also kümmere ich mich auch um <strong>die</strong> leistungsstarken.<br />

Aktuell kommen zwölf Sechstklässler<br />

jeweils am Donnerstagmorgen für e<strong>in</strong>e Stunde zu mir <strong>in</strong><br />

den Forscherclub, um an e<strong>in</strong>em selbstgewählten Projekt<br />

zu arbeiten. Wenn sie dann im Klassenverband mal unterfordert<br />

s<strong>in</strong>d, haben sie <strong>die</strong> Möglichkeit, an <strong>die</strong>sem Projekt<br />

weiterzuarbeiten. Neben dem Forscherclub gibt es<br />

auch noch den Matheclub.<br />

Integrative Förderung ist etabliert<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler br<strong>in</strong>gen unterschiedliche Voraussetzungen<br />

mit und prägen mit ihren <strong>in</strong>dividuellen<br />

Stärken und Schwächen den Schulalltag. Die Integrative<br />

Förderung (IF) unterstützt <strong>die</strong> Lehrpersonen im Umgang<br />

mit <strong>die</strong>ser Heterogenität. Klassen-, Fach- und IF-Lehrpersonen<br />

verantworten und entwickeln den Unterricht<br />

geme<strong>in</strong>sam. Dabei s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Planung und Gestaltung im<br />

Unterrichtsteam e<strong>in</strong> zentrales Element, damit <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der<br />

und Jugendlichen – schulisch schwächere wie auch leistungsstarke<br />

– <strong>in</strong> ihrer Entwicklung bestmöglich unterstützt<br />

werden. Im Schuljahr 2018/19 wurden IF und IS<br />

(Integrative Sonderschulung) breit evaluiert und für gut<br />

befunden. Sie s<strong>in</strong>d aus dem «normalen» Schulalltag im<br />

Kanton Luzern nicht mehr wegzudenken. Das erforderliche<br />

Zusammenarbeiten f<strong>in</strong>det an den Schulen <strong>in</strong>stitutionalisiert<br />

statt. Die Evaluation von IF und IS zeigte aber<br />

auch Optimierungspotenzial auf: Neben Anpassungen bei<br />

e<strong>in</strong>em bedarfsgerechten und flexibleren E<strong>in</strong>satz der Ressourcen<br />

gilt es <strong>in</strong>sbesondere, <strong>die</strong> Schulen im Umgang mit<br />

Verhaltensauffälligkeiten zu unterstützen. Unter <strong>die</strong>sem<br />

Aspekt schaffte <strong>die</strong> Dienststelle Volksschulbildung (DVS)<br />

– <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule<br />

Luzern – für <strong>die</strong> Schulen e<strong>in</strong> spezifisches Weiterbildungsangebot<br />

mit e<strong>in</strong>er längerfristigen Prozessbegleitung.<br />

30


Aus der Praxis<br />

Barbara Engel ist für <strong>die</strong> Integrative Förderung bei den Megger Sechstklässlern zuständig. (Bild apimedia)<br />

Die Sechstklässler stehen kurz vor dem Übertritt <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />

Sekundarschule. Ist <strong>die</strong> Integrative Förderung hier<br />

anders als auf e<strong>in</strong>er tieferen Stufe?<br />

Das Ziel ist grundsätzlich das gleiche: Die K<strong>in</strong>der sollen<br />

dem Unterricht folgen können und sich im Schulalltag<br />

wohl fühlen. Speziell ist <strong>in</strong> der 6. Klasse jedoch, dass wir<br />

<strong>die</strong> K<strong>in</strong>der am Ende des ersten Semesters <strong>in</strong> drei Sekniveaus<br />

e<strong>in</strong>teilen müssen. E<strong>in</strong>e eher unangenehme Aufgabe,<br />

denn eigentlich widerspricht es unserem modernen<br />

Schulverständnis, wenn wir alle K<strong>in</strong>der gleich beurteilen<br />

und bewerten müssen. Doch <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Moment kommen<br />

wir nicht um e<strong>in</strong>e Selektion herum. Deshalb herrscht<br />

schon e<strong>in</strong> gewisser Leistungsdruck.<br />

Welches s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> schönsten Momente <strong>in</strong> Ihrem Alltag?<br />

Wenn ich sehe, dass ich e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d durch me<strong>in</strong>e Unterstützung<br />

zu e<strong>in</strong>em Erfolgserlebnis verhelfen konnte.<br />

Besonders wertvoll s<strong>in</strong>d für mich auch <strong>die</strong> persönlichen<br />

Beziehungen, <strong>die</strong> sich mit der Zeit entwickeln. Wenn mich<br />

e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der schulfreien Zeit auf der Strasse oder im<br />

Laden freundlich grüsst, freut mich das riesig.<br />

Denken Sie, dass <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der gerne mit Ihnen arbeiten?<br />

Ja, davon b<strong>in</strong> ich überzeugt. Da sie seit ihrem Schule<strong>in</strong>tritt<br />

<strong>in</strong>tegrativ gefördert werden, ist es für sie auch nichts<br />

Aussergewöhnliches, mit mir alle<strong>in</strong> zu arbeiten. Wir leben<br />

<strong>in</strong> Meggen e<strong>in</strong>e Kultur, <strong>in</strong> der IF ke<strong>in</strong>e Strafe, sondern e<strong>in</strong>e<br />

Selbstverständlichkeit ist.<br />

31


HILDEGARD LANZ<br />

Hildegard Lanz, was zeichnet <strong>die</strong><br />

Luzerner Volksschulen aus?<br />

Die Volksschulen des Kantons<br />

Luzern s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>novative und gut geführte<br />

pädagogische Schule<strong>in</strong>heiten,<br />

wo alle Beteiligten – das heisst<br />

K<strong>in</strong>der, Lehrpersonen, Schulleitungen,<br />

Eltern und Staat – ihren Teil<br />

der Verantwortung übernehmen.<br />

Wie beurteilen Sie den Strukturwechsel<br />

zu den geleiteten Schulen?<br />

Professionell geleitete Schulen<br />

br<strong>in</strong>gen viele Vorteile mit sich und<br />

stützen unser gesamtes Bildungssystem.<br />

Hier hat der Kanton Luzern<br />

auch für andere Kantone grosse<br />

Entwicklungsarbeit geleistet. Die<br />

F<strong>in</strong>anzkompetenzen zwischen<br />

Geme<strong>in</strong>derat, Schule und Bildungskommissionen<br />

s<strong>in</strong>d stets im Fokus<br />

zu behalten.<br />

Was halten Sie von der Heilpädagogischen<br />

Förderung und von<br />

den Schul<strong>die</strong>nsten?<br />

Heute werden <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der mit<br />

Schwächen bereits im Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>dalter<br />

erfasst und gezielt gefördert.<br />

Diese gut ausgebauten Angebote<br />

ermöglichen <strong>die</strong> Schulung der<br />

K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> ihrer näheren Umgebung,<br />

was im Vergleich zu früher e<strong>in</strong><br />

klarer Fortschritt ist. Auch führt<br />

e<strong>in</strong>e frühe Erfassung und Förderung<br />

zu e<strong>in</strong>er besseren Integration der<br />

HILDEGARD LANZ<br />

Schulpflegepräsident<strong>in</strong> Willisau<br />

1993–2008<br />

Vorstandsmitglied Fördervere<strong>in</strong><br />

Luzerner Volksschulen<br />

fremdsprachigen K<strong>in</strong>der. Das erfordert<br />

aber auch entsprechend ausgebildetes<br />

Personal. Ebenso<br />

braucht es mehr Stu<strong>die</strong>nplätze für<br />

Logopä<strong>die</strong> an der Uni Luzern.<br />

Braucht es <strong>die</strong> <strong>in</strong>tegrative<br />

Förderung <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Form?<br />

Ja unbed<strong>in</strong>gt, aber nicht um jeden<br />

Preis. Es s<strong>in</strong>d stets <strong>die</strong> Interessen<br />

aller Beteiligten zu berücksichtigen,<br />

also des e<strong>in</strong>zelnen K<strong>in</strong>des wie der<br />

ganzen Klasse.<br />

Was hat Sie <strong>in</strong> Ihrer Funktion am<br />

meisten bee<strong>in</strong>druckt?<br />

Die Entwicklung e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des vom<br />

Schule<strong>in</strong>tritt bis zum -austritt zu<br />

beobachten. Ausserdem möchte ich<br />

<strong>die</strong> gute Zusammenarbeit mit allen<br />

Projektbeteiligten erwähnen. Ich<br />

selber habe viel über Bildung<br />

gelernt und b<strong>in</strong> dabei persönlich<br />

etwas geduldiger geworden.<br />

Was hat Sie am meisten geärgert?<br />

Nichts. Jede Entwicklung br<strong>in</strong>gt<br />

Momente des Überdenkens, des<br />

Korrigierens und eventuell auch<br />

e<strong>in</strong>er Neuausrichtung.<br />

Wo sehen Sie Handlungsbedarf für<br />

<strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>?<br />

Im Umgang mite<strong>in</strong>ander und mit<br />

unseren natürlichen Ressourcen –<br />

Luft, Wasser, Boden, Wald, Tiere.<br />

Ausserdem befürworte ich e<strong>in</strong>e<br />

stärkere Durchlässigkeit <strong>in</strong>nerhalb<br />

der verschiedenen Schulstufen.<br />

Sehr wichtig ist vor allem e<strong>in</strong>e gute<br />

digitale Ausrüstung und Vernetzung<br />

der Schulen untere<strong>in</strong>ander sowie<br />

<strong>die</strong> entsprechende Aus- und Weiterbildung<br />

der Lehrpersonen, Therapeut<strong>in</strong>nen<br />

und des gesamten<br />

Personals.<br />

32


HANS-RUDOLF SCHÄRER<br />

Hans-Rudolf Schärer, was zeichnet<br />

<strong>die</strong> Luzerner Volksschulen aus?<br />

Dass <strong>die</strong> Bildungspraxis und <strong>die</strong><br />

Bildungsverwaltung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sehr<br />

guten Austausch mite<strong>in</strong>ander stehen.<br />

Es ist wie das Verhältnis von<br />

Raster und Ranke bei e<strong>in</strong>er Kletterpflanze:<br />

Die DVS macht Vorgaben<br />

für <strong>die</strong> Entwicklung der Schulen und<br />

hält Unterstützungsangebote bereit.<br />

Doch es s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Schulen,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> Kraft für <strong>die</strong> Entwicklung<br />

entfalten, und <strong>in</strong>nerhalb des DVS-<br />

Rasters ihre Entwicklungsrichtung<br />

selber bestimmen.<br />

Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> Schulentwicklung<br />

der letzten 40 Jahre?<br />

Statt «Ich und me<strong>in</strong>e Klasse» heisst<br />

es neu «Wir und unsere Schule».<br />

Diese Entwicklung wurde <strong>in</strong> Luzern<br />

früher gefördert als anderswo – so<br />

mit der Etablierung von Schulleitungen,<br />

mit der Ermutigung zur Ausbildung<br />

von <strong>in</strong>dividuellen Schulprofilen,<br />

mit e<strong>in</strong>em ausgewogenen<br />

Evaluationsprozedere sowie mit<br />

Förderpreisen für besonders <strong>in</strong>novative<br />

Schulentwicklungsprojekte.<br />

PROF. DR.<br />

HANS-RUDOLF SCHÄRER<br />

Rektor PH Luzern 2003–2020<br />

Was hat Sie am meisten gefreut?<br />

Geradezu revolutionär war <strong>die</strong> geme<strong>in</strong>same<br />

Trägerschaft von DVS,<br />

Lehrerverband, Schulleiterverband<br />

und den lokalen Schulbehörden für<br />

das Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>».<br />

Sie machte Betroffene zu Beteiligten.<br />

Ausserdem freut mich <strong>die</strong><br />

kräftige Unterstützung, <strong>die</strong> <strong>die</strong> PH<br />

Luzern seit ihrer Gründung durch<br />

<strong>die</strong> DVS und <strong>die</strong> Verbände erfahren<br />

durfte. Rund e<strong>in</strong> Viertel der Ausbildung<br />

an der PH Luzern erfolgt als<br />

Praxisausbildung direkt vor Ort.<br />

Welchen Beitrag hat denn <strong>die</strong> PH<br />

zur Entwicklung der Luzerner<br />

Volksschulen geleistet?<br />

Die grosse Nachfrage nach der Ausbildung<br />

an der PH Luzern hat dazu<br />

geführt, dass der Kanton Luzern<br />

noch immer über genügend Lehrpersonen<br />

verfügt.<br />

Wo sehen Sie noch Entwicklungspotenzial?<br />

Da halte ich es mit dem rumänischen<br />

Philosophen Emil Cioran: Um<br />

den Entwicklungsstand e<strong>in</strong>er Gesellschaft<br />

zu erkennen, muss man<br />

danach fragen, wie sie <strong>die</strong> Lehrer<strong>in</strong>nen<br />

und Lehrer behandelt. Da gibt<br />

es noch Luft nach oben.<br />

Wo sehen Sie Handlungsbedarf bei<br />

der Schule von morgen?<br />

Bei der Sensibilisierung der<br />

Lernenden für <strong>die</strong> Anliegen der<br />

Nachhal tigkeit, bei der möglichst<br />

weitgehenden Gewährleistung der<br />

Chancen gerechtigkeit und im H<strong>in</strong>blick<br />

auf den digitalen Wandel <strong>in</strong><br />

Schule und Gesellschaft. Überall<br />

muss der Grundsatz lauten: Erziehung<br />

zur Mündigkeit.<br />

Was halten Sie von der<br />

Inte grativen Förderung?<br />

Sie ist der separativen Förderung<br />

vorzuziehen, weil sie <strong>die</strong> Persönlichkeitsentwicklung<br />

aller Beteiligten<br />

besser fördert. Allerd<strong>in</strong>gs darf<br />

daraus ke<strong>in</strong> Dogma gemacht werden.<br />

In welcher Form und <strong>in</strong> welchem<br />

Ausmass <strong>in</strong>tegrative Förderung<br />

angezeigt ist, ist idealerweise im<br />

E<strong>in</strong>zelfall zu prüfen.<br />

33


5. Das Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>»<br />

5. Das Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>»<br />

Die erfolgreiche Realisierung des Projekts «Schulen mit <strong>Profil</strong>» führte frühzeitig zur<br />

Überzeugung, dass auch nächste Schulentwicklungsvorhaben wiederum <strong>in</strong> geme<strong>in</strong>samer<br />

Trägerschaft und Verantwortung vorbereitet und umgesetzt werden sollten. Die<br />

weiterh<strong>in</strong> rasche gesellschaftliche Entwicklung zeigte <strong>die</strong> Notwendigkeit der Weiterführung<br />

der schulischen Entwicklungsvorhaben klar auf.<br />

a) Schulentwicklungsarbeiten auf schweizerischer<br />

Ebene<br />

Traditionsgemäss waren <strong>die</strong> Volksschulen wesentlich <strong>in</strong><br />

kantonaler Zuständigkeit. Verschiedene Zusammenarbeiten<br />

auf schweizerischer und regionaler Ebene gab es<br />

zwar bereits seit dem Schulkonkordat von 1970, doch waren<br />

<strong>die</strong>se eher locker. In der Zeit um <strong>die</strong> Jahrhundertwende<br />

hat sich aber <strong>die</strong> Erkenntnis durchgesetzt, dass e<strong>in</strong>e<br />

vermehrte Koord<strong>in</strong>ation der unterschiedlichen Schulsysteme<br />

und e<strong>in</strong>e verstärkte Zusammenarbeit bei den Schulentwicklungsarbeiten<br />

notwendig und s<strong>in</strong>nvoll s<strong>in</strong>d. Damit<br />

sollte der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Familien<br />

heute viel mobiler s<strong>in</strong>d als früher und Kantonsgrenzen<br />

ke<strong>in</strong> H<strong>in</strong>dernis für <strong>die</strong> schulische Entwicklung<br />

der K<strong>in</strong>der und Jugendlichen mehr se<strong>in</strong> sollten. Zudem<br />

sollten durch <strong>die</strong> geme<strong>in</strong>same Erarbeitung von wichtigen<br />

Grundlagen wie Lehrplänen und Lehrmitteln auch Kosten<br />

gespart und <strong>die</strong> Qualität verbessert werden. Verankert<br />

wurden <strong>die</strong>se Überlegungen <strong>in</strong> der Bundesverfassung,<br />

welche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er vom Schweizer Volk am 21. Mai 2006 mit<br />

überaus grosser Mehrheit beschlossenen Ergänzung <strong>die</strong><br />

Kantone zu verstärkter Koord<strong>in</strong>ation der Schulsysteme<br />

und zur Kooperation verpflichtete. Das Bemühen von vermehrter<br />

und <strong>in</strong>tensiver Zusammenarbeit zeigte sich <strong>in</strong> verschiedenen<br />

geme<strong>in</strong>samen Vorhaben und Vere<strong>in</strong>barungen:<br />

– In der <strong>in</strong>terkantonalen Vere<strong>in</strong>barung über <strong>die</strong> Harmonisierung<br />

der obligatorischen Schule (HarmoS-<br />

Konkordat) der Schweizerischen Erziehungsdirektorenkonferenz<br />

wurden <strong>die</strong> zentralen strukturellen und<br />

<strong>in</strong>haltlichen Eckwerte für <strong>die</strong> Volksschule def<strong>in</strong>iert.<br />

Obwohl das Luzerner Stimmvolk den Beitritt zu <strong>die</strong>sem<br />

Konkordat abgelehnt hat, mussten verschiedene<br />

Vorgaben langfristig doch übernommen werden, da<br />

e<strong>in</strong> Alle<strong>in</strong>gang Probleme verursacht hätte.<br />

– In der <strong>in</strong>terkantonalen Vere<strong>in</strong>barung über <strong>die</strong> Zusammenarbeit<br />

im Bereich der Sonderpädagogik (Sonderpädagogik-Konkordat)<br />

der Schweizerischen Erziehungsdirektorenkonferenz<br />

s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> wichtigsten<br />

Leistungen <strong>in</strong> der Sonderschulung def<strong>in</strong>iert worden.<br />

Das Konkordat koord<strong>in</strong>iert <strong>die</strong> Angebote und Vorgehensweisen<br />

im sonderpädagogischen Bereich <strong>in</strong> der<br />

Nachfolge zur Invalidenversicherung, welche im<br />

Schulbereich ke<strong>in</strong>e Vorgaben mehr macht. Der Kanton<br />

Luzern ist <strong>die</strong>sem Konkordat 2009 beigetreten.<br />

– <strong>Mit</strong> dem «Lehrplan 21» wollten <strong>die</strong> Deutschschweizer<br />

Kantone für alle deutsch- und mehrsprachigen Kantone<br />

e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen Lehrplan für <strong>die</strong> Volksschule<br />

erarbeiten und e<strong>in</strong>führen. Dieser Lehrplan sollte <strong>die</strong><br />

zahlreichen kantonalen und regionalen Lehrpläne ab<br />

2015 ablösen. Er stellt auch <strong>die</strong> Basis für <strong>die</strong> koord<strong>in</strong>ierte<br />

Entwicklung und Produktion von Lehrmitteln<br />

und Leistungsmessungen dar.<br />

Natürlich behalten <strong>die</strong> Kantone ihre Zuständigkeit über<br />

<strong>die</strong> Volksschulen, doch gibt es heute und <strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong> vermehrt<br />

<strong>die</strong> erwähnten <strong>in</strong>terkantonalen Vorgaben und Unterstützungsmittel<br />

bei der Ausgestaltung der Volksschule<br />

zu beachten.<br />

b) Herausforderungen auf kantonaler Ebene<br />

Auf <strong>die</strong> gesellschaftlichen Veränderungen wurde bereits<br />

h<strong>in</strong>gewiesen. Der starke Wandel der Arbeitswelt hat natürlich<br />

grosse Auswirkungen auf <strong>die</strong> Ziele und Inhalte der<br />

Volksschule. Die Veränderung der Lebensformen wirkt<br />

sich auf <strong>die</strong> Angebote und Organisation der Volksschule<br />

aus, denn <strong>die</strong> Familien erwarten von der Schule zunehmend<br />

auch <strong>die</strong> Betreuung ihrer K<strong>in</strong>der ausserhalb des<br />

Unterrichts. Daneben s<strong>in</strong>d vor allem zwei Herausforderungen<br />

zu erwähnen, welche <strong>die</strong> Volksschule bereits<br />

stark verändert haben und auch <strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong> grosse Anpassungen<br />

verlangen werden:<br />

– Die Heterogenität der Lernenden nahm weiter zu. Die<br />

Heterogenität bezog sich nicht nur auf <strong>die</strong> fremdsprachigen<br />

Lernenden, sondern zunehmend auch auf <strong>die</strong><br />

K<strong>in</strong>der mit Schweizer Herkunft, welche aufgrund der<br />

sehr unterschiedlichen familiären Sozialisationen<br />

ganz verschieden den K<strong>in</strong>dergarten bzw. <strong>die</strong> Schulzeit<br />

beg<strong>in</strong>nen und auch ganz unterschiedlich unterstützt<br />

und gefördert werden. Die Tatsache der Hetero-<br />

34


5. Das Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>»<br />

genität verlangt nach angepassten Unterrichtsformen,<br />

welche viel stärker <strong>in</strong>dividuell ausgerichtet s<strong>in</strong>d als<br />

noch vor wenigen Jahren.<br />

– Die demographische Entwicklung führte zu sehr unterschiedlichen<br />

Schülerzahlen <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Geme<strong>in</strong>den<br />

bzw. Schulen. Während der Rückgang der<br />

Schülerzahlen <strong>in</strong> den Jahren 1995–2005 über den<br />

ganzen Kanton h<strong>in</strong>weg gut 20 Prozent betrug, variierten<br />

<strong>die</strong> Werte von Geme<strong>in</strong>de zu Geme<strong>in</strong>de sehr stark.<br />

So verzeichneten gewisse Geme<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>en Geburtenrückgang<br />

von über 60 Prozent, während andere im<br />

gleichen Zeitraum e<strong>in</strong>e Zunahme von 20 Prozent auswiesen.<br />

Damit <strong>die</strong> Schulen auch <strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>den auf<br />

der Landschaft weitergeführt werden konnten, waren<br />

neue Schulmodelle notwendig.<br />

Die Antwort auf <strong>die</strong>se Herausforderungen gab das<br />

Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>», welches <strong>die</strong> Schulentwicklung<br />

im Kanton Luzern von 2005–2020 geleitet hat.<br />

Das Vorhaben «Schule <strong>in</strong> Diskussion»<br />

Zur Vorbereitung e<strong>in</strong>es neuen langfristig angelegten<br />

Schulentwicklungsprojekts starteten <strong>die</strong> Partner der Luzerner<br />

Volksschulen 2001 geme<strong>in</strong>sam das Vorhaben<br />

«Schule <strong>in</strong> Diskussion». Während e<strong>in</strong>es Jahres konnten<br />

alle Interessierten über <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong> der Luzerner Volksschulen<br />

diskutieren. Zum Teil wurden auch spezielle Ver-<br />

35


5. Das Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>»<br />

anstaltungen organisiert. So wurden acht kantonale<br />

Schüler<strong>in</strong>nen- und Schülerkonferenzen durchgeführt.<br />

Dabei trafen sich gut 800 Lernende aus allen Schulhäusern<br />

und diskutierten Themen und Ziele für e<strong>in</strong>e zukünftige<br />

Volksschule. Die Lernenden der Sekundarstufe II h<strong>in</strong>gegen<br />

wurden mit e<strong>in</strong>em Fragebogen befragt. Über 4000<br />

Antworten g<strong>in</strong>gen von <strong>die</strong>sen Lernenden e<strong>in</strong>. Und<br />

schliesslich konnten alle Behörden, Schulteams und auch<br />

<strong>die</strong> Eltern ihre Rückmeldungen schriftlich oder an e<strong>in</strong>er<br />

der zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen geben. Insgesamt<br />

g<strong>in</strong>gen so über 400 Stellungnahmen zur zukünftigen<br />

Ausgestaltung der Luzerner Volksschule e<strong>in</strong>. Folgende<br />

Feststellungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>die</strong> Ausgestaltung des Projekts<br />

«Schulen mit <strong>Zukunft</strong>» e<strong>in</strong>geflossen:<br />

– Die Notwendigkeit e<strong>in</strong>er Weiterentwicklung der Luzerner<br />

Volksschule wird klar bejaht.<br />

– Es wird e<strong>in</strong>e Klärung der Aufgaben der Volksschule<br />

und der Erziehungsberechtigten gefordert.<br />

– Die Bildung <strong>in</strong> der Schulsprache Deutsch und <strong>in</strong><br />

Mathematik soll verstärkt gefördert werden.<br />

– Es soll e<strong>in</strong>e ausgewogene Bildung <strong>in</strong> den drei Lernbereichen<br />

Sprachen, Mathematik/Naturwissenschaften<br />

sowie Gestaltung und Bewegung vermittelt<br />

werden.<br />

– In den Lehrplänen s<strong>in</strong>d vermehrt Schwerpunkte zu<br />

setzen.<br />

– E<strong>in</strong> Sprachenkonzept soll erarbeitet und umgesetzt<br />

werden.<br />

– Das selbst gesteuerte Lernen ist verstärkt zu fördern.<br />

– Die ganzheitlichen Beurteilungsformen, ab der dritten<br />

Primarklasse mit Noten ergänzt, s<strong>in</strong>d allgeme<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zuführen.<br />

– Die Zielerreichung ist mit Leistungsmessungen zu<br />

überprüfen. Die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für <strong>die</strong> Schulen<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> mehreren Bereichen zu verbessern (zum Beispiel<br />

zusätzliche <strong>Mit</strong>tel für Schulen mit schwierigem<br />

Umfeld).<br />

– Die Schulstrukturen sollen an veränderte Situationen<br />

angepasst werden (zum Beispiel Erprobung der Basisstufe).<br />

(vgl. Planungsbericht des Regierungsrates<br />

an den Grossen Rat vom 30. April 2004)<br />

Der Planungsbericht über <strong>die</strong> Schulentwicklung nach<br />

2005 als politische Grundlage<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf <strong>die</strong> bildungspolitische Diskussion und Absicherung<br />

der zukünftigen Schulentwicklung unterbreitete<br />

der Regierungsrat am 30. April 2004 dem Grossen Rat<br />

e<strong>in</strong>en Planungsbericht. Dieser stellte neben den Herausforderungen<br />

und Voraussetzungen <strong>die</strong> Entwicklungsschwerpunkte<br />

<strong>in</strong> zwei Phasen dar. In e<strong>in</strong>er ersten fünfjährigen<br />

Phase sollten folgende Themen bearbeitet<br />

werden:<br />

– Elementare Bildung: Aktualisierung der Ziele und Inhalte<br />

– Beurteilung und Förderung der Lernenden<br />

– E<strong>in</strong>führung von Tagesstrukturen<br />

– Erprobung der Schulsozialarbeit<br />

– Erprobung der Basisstufe als neue Schule<strong>in</strong>gangsstufe.<br />

In e<strong>in</strong>er weiteren Fünfjahresphase ab 2011 sollten folgende<br />

Arbeiten im Zentrum stehen:<br />

– Elementare Bildung: Erarbeitung neuer Lehrpläne mit<br />

Kernzielen<br />

– E<strong>in</strong>führung von Leistungsmessungen<br />

– Tagesstrukturen: Allgeme<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung von Betreuungsangeboten<br />

– Allgeme<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung der Schulsozialarbeit<br />

– Allgeme<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung der Basisstufe<br />

Die Aussagen im Planungsbericht wurden im damaligen<br />

Grossen Rat <strong>in</strong>tensiv und teilweise auch kontrovers diskutiert.<br />

Die Kenntnisnahme der Entwicklungsziele durch<br />

den Grossen Rat stellte <strong>die</strong> Grundlage für <strong>die</strong> weitere Vorbereitung<br />

des neuen Schulentwicklungsvorhabens dar.<br />

36


5. Das Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>»<br />

c) Die fünf Entwicklungsziele<br />

Gestützt auf <strong>die</strong> erwähnten Vorarbeiten haben <strong>die</strong> fünf<br />

Träger des Projekts «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>» folgende fünf<br />

Entwicklungsziele formuliert:<br />

– Ziel 1: Kernkompetenzen und M<strong>in</strong>deststandards beschreiben<br />

– Ziel 2: Schulstrukturen im S<strong>in</strong>ne von längerfristigen<br />

Zyklen schaffen<br />

– Ziel 3: Den Umgang mit Heterogenität im Unterricht<br />

fördern<br />

– Ziel 4: Schulische Unterstützungsangebote überprüfen<br />

und ergänzen<br />

– Ziel 5: Familienergänzende Betreuungsangebote schulnah<br />

bereitstellen.<br />

F4_196x280mm 17.10.2005 15:05 Uhr Seite 1<br />

Die Entwicklungsziele wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Broschüre dargestellt<br />

und alle Interessierten e<strong>in</strong>geladen, bei der Ausgestaltung<br />

und Umsetzung mitzuwirken. Im Rahmen der<br />

Projektarbeiten wurden <strong>die</strong>se Entwicklungsziele genauer<br />

beschrieben und mit folgenden Massnahmen konkretisiert<br />

und umgesetzt:<br />

– Ziel 1: Def<strong>in</strong>ition der «elementaren Bildung», Straffung<br />

der Ziele und Inhalte der heutigen Fachlehrpläne<br />

– Ziel 2: Erprobung der Basisstufe <strong>in</strong> Pilotklassen, Förderung<br />

der <strong>in</strong>tegrativen Förderung, Def<strong>in</strong>ition e<strong>in</strong>es<br />

Volksschulabschlusses<br />

– Ziel 3: Lehren und Lernen: Unterstützung der Schulen<br />

bei der Unterrichtsentwicklung<br />

– Ziel 4: Ergänzung der Schulsozialarbeit, Klärung der<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für <strong>die</strong> <strong>in</strong>tegrative Schulung von<br />

beh<strong>in</strong>derten K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen (Umsetzung<br />

des Schweizerischen Beh<strong>in</strong>dertengleichstellungsgesetzes)<br />

– Ziel 5: Schaffung e<strong>in</strong>er gesetzlichen Grundlage für<br />

F4_196x280mm<br />

schulische<br />

17.10.2005 15:05<br />

Betreuungsangebote.<br />

Uhr Seite 2<br />

Vom Schulsack zum Rucksack.<br />

Von Altersklassen zu Leistungsstufen.<br />

Entwicklungsziel 1: Die Volksschule def<strong>in</strong>iert M<strong>in</strong>deststandards<br />

und Kernkompetenzen als Lernziele.<br />

Es s<strong>in</strong>d Kernkompetenzen wie übergreifendes Erkennen, vernetztes Denken, mündiges Handeln.<br />

Die Standards gelten im fachlichen, personalen, sozialen und methodischen Bereich.<br />

Entwicklungsziel 2: Die Volksschule schafft Schulstrukturen<br />

mit länger dauernden Lernzyklen.<br />

Auf e<strong>in</strong>e vierjährige Basisstufe folgen <strong>die</strong> Primarstufe und <strong>die</strong> <strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong> weniger stark<br />

gegliederte Sekundarstufe I.<br />

Weil das Leben immer wieder andere Fragen stellt.<br />

Weil das Leben immer wieder andere Fragen stellt.<br />

E<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Initiative der folgenden Verbände und Institutionen:<br />

E<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Initiative der folgenden Verbände und Institutionen:<br />

37


5. Das Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>»<br />

F4_196x280mm 17.10.2005 15:05 Uhr Seite 3<br />

F4_196x280mm 17.10.2005 15:05 Uhr Seite 4<br />

Von der Gleichheit zur Vielfalt.<br />

Vom Nachsitzen zum Zusammensitzen.<br />

Entwicklungsziel 3: Die Volksschule fördert den Umgang mit<br />

Heterogenität durch geeignete Unterrichtsformen.<br />

Jedem den eigenen Rhythmus, jeder das persönliche Tempo. Lehren und Lernen <strong>in</strong> der Volksschule<br />

fördert <strong>in</strong>dividuell und macht Leistungen von Klassen und Schulen dennoch vergleichbar.<br />

Entwicklungsziel 4: Die Volksschule überprüft und ergänzt<br />

<strong>die</strong> schulischen Unterstützungsangebote.<br />

Fördern heisst <strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong> vermehrt <strong>in</strong>tegrieren statt ausgrenzen. Ergänzt wird <strong>die</strong> <strong>in</strong>tegrative<br />

Förderung durch schulnahe Unterstützungsangebote und Angebote im Bereich Sonderklassen.<br />

Weil das Leben immer wieder andere Fragen stellt.<br />

Weil das Leben immer wieder andere Fragen stellt.<br />

E<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Initiative der folgenden Verbände und Institutionen:<br />

E<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Initiative der folgenden Verbände und Institutionen:<br />

Im Zentrum der Ziele stand der Unterricht, damit <strong>in</strong> den<br />

zunehmend heterogenen Klassen alle Lernenden optimal<br />

gefördert werden können. So sollten neue Unterrichtskonzepte<br />

erprobt und etabliert werden. Damit <strong>die</strong>s gel<strong>in</strong>gen<br />

konnte, mussten aber auch <strong>die</strong> Schulstrukturen<br />

angepasst und <strong>die</strong> <strong>in</strong>ner- und ausserschulischen Unterstützungsangebote<br />

überprüft und ergänzt werden.<br />

d) Die Organisation des Projekts<br />

Am 31. Oktober 2005 unterzeichneten <strong>die</strong> fünf Partner der<br />

Luzerner Schulentwicklung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em feierlichen Akt <strong>die</strong><br />

Projektvere<strong>in</strong>barung. Dar<strong>in</strong> wurden <strong>die</strong> Grundsätze für<br />

<strong>die</strong> Projektarbeiten festgeschrieben. Die Projektorganisation<br />

wurde bewusst schlank gehalten, denn alle Projektpartner<br />

sollten als Projektträger ihren Beitrag leisten. Es<br />

wurde e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>samer Projektausschuss e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

Dieser setzte sich zu Beg<strong>in</strong>n wie folgt zusammen:<br />

– Joe Bucheli, Leiter Abteilung Unterricht, AVS<br />

– Pius Egli, Geschäftsleiter LLV, Luzern<br />

– Otti Gürber, Präsident LLV, Rothenburg<br />

– Peter Imgrüth, Projektleiter (mit beratender Stimme)<br />

– Jacquel<strong>in</strong>e Kopp, Schulverwalter<strong>in</strong>, Vorstand VLG/<br />

Leiter<strong>in</strong> Bereich 4, Meggen<br />

– Hildegard Lanz, Vizepräsident<strong>in</strong> VSPL, Willisau<br />

– Donald Locher, Vorstand VSPL, Luzern<br />

– Beat Müller, Geme<strong>in</strong>deammann/Schulverwalter, VLG,<br />

Rothenburg<br />

– Nik Rikl<strong>in</strong>, Präsident VSL LU, Malters<br />

– Rolf von Rohr, Vizepräsident VSL LU, Littau<br />

– Charles V<strong>in</strong>cent, Vorsteher Gruppe Unterricht, BKD<br />

(Leitung)<br />

38


5. Das Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>»<br />

F4_196x280mm 17.10.2005 15:05 Uhr Seite 5<br />

Für <strong>die</strong> Vorbereitung und Steuerung der e<strong>in</strong>zelnen Teilprojekte<br />

setzte der Projektausschuss verschiedene Projektgruppen<br />

e<strong>in</strong>. Diese werden bei den e<strong>in</strong>zelnen Teilprojekten<br />

vorgestellt. Von grosser Bedeutung für <strong>die</strong><br />

Bekanntmachung der Projektziele waren <strong>die</strong> Schulgespräche.<br />

In den Jahren 2006 bis 2008 gab es gegen 100<br />

solcher Gespräche <strong>in</strong> ganz unterschiedlichen Formen<br />

und Sett<strong>in</strong>gs. Die eigentlichen Projektarbeiten wurden <strong>in</strong><br />

der Regel von der Abteilung Schulentwicklung der Dienststelle<br />

Volksschulbildung geleistet. Der aktuelle Projektausschuss<br />

bei Projektabschluss setzte sich wie folgt zusammen:<br />

– He<strong>in</strong>z Bäbler, Schule und Elternhaus, Luzern<br />

– Beatrice Barnikol, VBLU, Honau<br />

– Katr<strong>in</strong> Birchler, stv. Leiter<strong>in</strong> Dienststelle Volksschulbildung<br />

– Claudia Bossert-Brunner, VBLU, Sursee<br />

– Ursi Burkart, VLG, Adligenswil<br />

– Pirm<strong>in</strong> Hodel, Präsident VSL LU, Willisau<br />

– Alex Messerli, Präsident LLV, Luzern<br />

– Mikkel Rasmussen, VSL LU, Triengen<br />

– Patrick Schmidt, Bereichsleiter Schulentwicklung<br />

Dienst stelle Volksschulbildung (mit beratender Stimme)<br />

– Désirée Varrone-Bucher, VLG, Eich<br />

– Charles V<strong>in</strong>cent, Leiter Dienststelle Volksschulbildung<br />

(Leitung)<br />

e) Die wichtigsten Teilprojekte<br />

Teilprojekt «Elementare Bildung»<br />

Zahlreiche Wünsche und Forderungen, <strong>die</strong> <strong>in</strong> «Schule <strong>in</strong><br />

Diskussion» e<strong>in</strong>gebracht wurden, bezogen sich auf <strong>die</strong><br />

Lern<strong>in</strong>halte. Das Bedürfnis nach Klärung grundlegender<br />

Bildungs<strong>in</strong>halte und der Wunsch nach Konzentration auf<br />

weniger, aber verb<strong>in</strong>dlichere Lernziele kamen dar<strong>in</strong> zum<br />

Ausdruck. Die kurz davor e<strong>in</strong>geführten Wochenstundentafeln,<br />

<strong>die</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Fächern e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere Zahl an<br />

Lektionen pro Woche enthielten als vorher, lösten e<strong>in</strong>en<br />

Teil <strong>die</strong>ser Wünsche aus. Der Projektausschuss erachtete<br />

<strong>die</strong>se Anliegen für dr<strong>in</strong>glich und setzte deshalb unverzüglich<br />

e<strong>in</strong>e Projektgruppe «Elementare Bildung» mit folgenden<br />

Aufträgen e<strong>in</strong>:<br />

Vom Familientisch zum <strong>Mit</strong>tagstisch.<br />

Entwicklungsziel 5: Die Träger der Volksschule stellen<br />

familienergänzende Betreuungsangebote bereit.<br />

Das können Horte, <strong>Mit</strong>tagstische, Aufgabenhilfen und Tagesschulen se<strong>in</strong>. Diese ergänzen und<br />

entlasten sowohl <strong>die</strong> Familie als auch <strong>die</strong> Schule.<br />

E<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Initiative der folgenden Verbände und Institutionen:<br />

Weil das Leben immer wieder andere Fragen stellt.<br />

– Erarbeiten e<strong>in</strong>es Grundlagentextes zum Thema<br />

«Elementare Bildung»<br />

– Erstellen e<strong>in</strong>es Vorgehenskonzepts zur Überprüfung<br />

und Straffung der Ziele und Inhalte der Fachlehrpläne<br />

mit E<strong>in</strong>bezug der bereits laufenden Arbeiten <strong>in</strong> der Bildungsregion<br />

Zentralschweiz<br />

– Begleiten der Überprüfungsarbeiten<br />

– Vorbereiten e<strong>in</strong>es Konzepts zur E<strong>in</strong>führung der Lehrplananpassungen<br />

<strong>in</strong> der Volksschule und zur Information<br />

der abnehmenden Schulen.<br />

39


5. Das Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>»<br />

Die Projektgruppe war wie folgt zusammengesetzt:<br />

– Ruedi Püntener, AVS (Leitung)<br />

– He<strong>in</strong>z Bäbler, Vere<strong>in</strong>igung Schule und Elternhaus<br />

– Otti Gürber, LLV<br />

– Peter Imgrüth, AVS<br />

– Andres Mosimann, VSL LU, abgelöst durch Sandra<br />

Lütolf, VSL LU<br />

– Monika Pfister, VSPL, abgelöst durch Erika Breitschmid,<br />

VSPL, abgelöst durch Marianne Schärli, VSPL<br />

– Simone Schubiger, AVS (Sachbearbeitung)<br />

In e<strong>in</strong>em ersten Schritt stellte <strong>die</strong> Projektgruppe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Grundlagentext Überlegungen zu den wachsenden und<br />

sich wandelnden Anforderungen an <strong>die</strong> Lernenden und<br />

zur Bestimmung und Beschreibung e<strong>in</strong>er elementaren<br />

Bildung an. Im Zentrum des Konzepts waren Überlegungen<br />

zur Handlungskompetenz. Der Text erschien 2006 als<br />

Broschüre mit dem Titel: «Elementare Bildung. Elementar<br />

fürs Leben – Impulse zur Diskussion». Ziel war, <strong>in</strong> der<br />

Trägerschaft des Projekts «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>» und <strong>in</strong><br />

den Schulen <strong>die</strong> Diskussion zum Thema anzuregen und<br />

für <strong>die</strong> weiteren Arbeiten fruchtbar zu machen.<br />

Ebenfalls bereits im Frühl<strong>in</strong>g 2006 wurden <strong>die</strong> Schulen<br />

mit den Lehrplananpassungen be<strong>die</strong>nt. E<strong>in</strong>en Teil davon<br />

hatte <strong>die</strong> Leitung der Projektgruppe <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />

mit der Bildungsplanung Zentralschweiz erarbeitet. E<strong>in</strong>en<br />

anderen Teil, nämlich <strong>die</strong> Lehrpläne für <strong>die</strong> Fächer<br />

Deutsch, Mathematik und Schreiben hat sie mit den kantonalen<br />

Fachberater<strong>in</strong>nen und Fachberatern überprüft<br />

und angepasst. Diese Lehrpläne wurden von den anderen<br />

Kantonen der Zentralschweiz nicht bearbeitet. Nachdem<br />

der Regierungsrat <strong>die</strong> Anpassungen genehmigt hatte,<br />

lag den Lehrpersonen frühzeitig für <strong>die</strong> Planung des<br />

Schuljahres 2006/07 e<strong>in</strong> übersichtliches und anwendungsfreundliches<br />

Dokument vor, das <strong>die</strong> bisherigen<br />

Fachlehrpläne auf <strong>die</strong> geltenden Wochenstundentafeln<br />

abstimmte. E<strong>in</strong>e gestraffte Auswahl an Grobzielen, versehen<br />

mit erhöhter Verb<strong>in</strong>dlichkeit, gab den Lehrpersonen<br />

<strong>in</strong> allen Fachlehrplänen grössere Sicherheit und Orientierung.<br />

Im Fach Schrift bestand neu <strong>die</strong> Möglichkeit,<br />

<strong>die</strong> Basisschrift e<strong>in</strong>zuführen.<br />

2009 nahm <strong>die</strong> Projektgruppe das Thema elementare Bildung<br />

wieder auf und veröffentlichte <strong>die</strong> Umsetzungshilfe<br />

«Überfachliche Kompetenzen». Dar<strong>in</strong> wird das <strong>in</strong> der<br />

Broschüre «Elementare Bildung» beschriebene Konzept<br />

der Handlungskompetenz konkretisiert. Für <strong>die</strong> Umsetzung<br />

e<strong>in</strong>es Unterrichts, der <strong>die</strong> Lernenden auch <strong>in</strong> überfachlichen<br />

Kompetenzen fördert, wurden Ziele und im<br />

Handeln beobachtbare Kriterien aufgelistet. Die Dokumentation<br />

nahm e<strong>in</strong>ige Neuerungen des Lehrplans 21<br />

vorweg und eröffnete als Umsetzungshilfe den Lehrpersonen<br />

e<strong>in</strong>en ersten Zugang zur kompetenzorientierten<br />

Ausrichtung des neuen sprachregionalen Lehrplans.<br />

Teilprojekt «Basisstufe»<br />

Die Basisstufe ist e<strong>in</strong> Angebot der Schule<strong>in</strong>gangsstufe zur<br />

frühen und <strong>in</strong>dividuellen Förderung. Das Förderprogramm<br />

entspricht e<strong>in</strong>em zwei Jahre dauernden K<strong>in</strong>dergarten<br />

und der 1. und 2. Primarklasse. In der Regel dauert<br />

der Besuch vier Jahre. Das K<strong>in</strong>d kann aber je nach<br />

<strong>in</strong>dividueller Entwicklung <strong>die</strong> Basisstufe <strong>in</strong> drei bis fünf<br />

Jahren durchlaufen. Die K<strong>in</strong>der werden nicht Jahrgangsklassen<br />

zugeordnet, sondern <strong>in</strong> altersgemischten Gruppen<br />

unterrichtet.<br />

Die Idee der Basisstufe wurde 1997 von e<strong>in</strong>er Stu<strong>die</strong>ngruppe<br />

der EDK im Expertenbericht «Bildung und Erziehung<br />

der vier- bis achtjährigen K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> der Schweiz»<br />

vorgestellt. Gestützt auf <strong>die</strong>sen Bericht hat <strong>die</strong> EDK im<br />

Jahr 2000 Empfehlungen zum Thema veröffentlicht und<br />

40


5. Das Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>»<br />

<strong>die</strong> Kantone aufgefordert, <strong>die</strong> Basisstufe zu erproben. Im<br />

Mai 2002 entschied sich <strong>die</strong> EDK-Ost, e<strong>in</strong> regionales Entwicklungsprojekt<br />

«Erziehung und Bildung <strong>in</strong> K<strong>in</strong>dergarten<br />

und Unterstufe» durchzuführen. Das Projekt gab den<br />

Kantonen <strong>die</strong> Möglichkeit, trotz unterschiedlicher Modelle<br />

(Grundstufe und Basisstufe), ihre Versuche zu koord<strong>in</strong>ieren.<br />

Zudem waren auch Kantone aus anderen EDK-<br />

Regionen zur Teilnahme e<strong>in</strong>geladen. Im Schuljahr 2004/05<br />

wurde der Schulversuch gestartet. Der Kanton Luzern<br />

beteiligte sich ab dem Schuljahr 2005/06 am Projekt. Unter<br />

Führung des Amts für Volksschulbildung begannen<br />

neun Luzerner Geme<strong>in</strong>den mit dem Aufbau von zunächst<br />

elf Basisstufenklassen. Das Projekt der EDK-Ost bot e<strong>in</strong>e<br />

wissenschaftlich gestützte Leitung und Evaluation sowie<br />

Möglichkeiten zur Weiterbildung, Information und zum<br />

Erfahrungsaustausch zwischen den kantonalen Projektverantwortlichen.<br />

Die Planung und Durchführung des<br />

Schulversuchs war Sache jedes e<strong>in</strong>zelnen Kantons. Im<br />

Kanton Luzern wurden dazu e<strong>in</strong> Projektleiter und e<strong>in</strong>e<br />

Begleitgruppe e<strong>in</strong>gesetzt:<br />

– Pius Theiler, AVS (Leitung)<br />

– Erika Breitschmid, Schulpflegepräsident<strong>in</strong>, Meggen,<br />

VSPL<br />

– Birgit Höntsch, Schulleiter<strong>in</strong>, Geuensee, VSL LU<br />

– Fredy Muff, Lehrer, Sursee, LLV<br />

– Gaby Schmidli-Morger, Beauftragte K<strong>in</strong>dergarten, AVS<br />

– Ruth Zemp-Twerenbold, Abteilungsleiter<strong>in</strong> K<strong>in</strong>dergarten/Unterstufe<br />

PHZ (bis 1.04.2007)<br />

– Kathr<strong>in</strong> Krammer, Abteilungsleiter<strong>in</strong> K<strong>in</strong>dergarten/<br />

Unterstufe, PHZ (ab 1.04.2007)<br />

Für den Versuch im Kanton Luzern galten unter anderem<br />

folgende Rahmenbed<strong>in</strong>gungen:<br />

– Es werden grundsätzlich alle K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> <strong>die</strong> Basisstufe<br />

aufgenommen. Für K<strong>in</strong>der mit besonderem Förderbedarf<br />

werden zusätzliche Ressourcen zugeteilt.<br />

– Das K<strong>in</strong>d tritt <strong>in</strong> der Regel im Alter zwischen 4 ¼ und<br />

4 ½ Jahren <strong>in</strong> <strong>die</strong> Basisstufe e<strong>in</strong>.<br />

– Der E<strong>in</strong>tritt ist halbjährlich möglich.<br />

– Die wöchentliche Unterrichtszeit für K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> den<br />

ersten zwei Jahren beträgt 20 Lektionen, verteilt auf<br />

fünf Halbtage, und 24 Lektionen für <strong>die</strong> älteren K<strong>in</strong>der,<br />

verteilt auf sieben Halbtage.<br />

– E<strong>in</strong>e Basisstufenklasse umfasst 18 bis 24 K<strong>in</strong>der.<br />

– Für <strong>die</strong> Führung der Basisstufenklasse steht e<strong>in</strong> Pensum<br />

von 150 Prozent zur Verfügung. Etwa <strong>die</strong> Hälfte<br />

der Lektionen wird im Teamteach<strong>in</strong>g erteilt.<br />

– Basisstufenklassen benötigen e<strong>in</strong>en grossen Hauptraum<br />

und e<strong>in</strong>en Gruppenraum.<br />

Schon bald zeigte sich, dass das Projekt sehr gut <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />

bereits erfolgte und weiter laufende Entwicklung der<br />

Volksschule im Kanton Luzern e<strong>in</strong>gepasst war. Während<br />

Die Aufgabe der Projektleitung war folgende:<br />

– Erarbeiten der Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

– Feststellen des Weiterbildungsbedarfs und Bereitstellen<br />

der Weiterbildungsangebote<br />

– Begleiten der am Versuch beteiligten Lehrpersonen<br />

und Schulleitungen<br />

– Zusammenarbeiten mit der Pädagogischen Hochschule<br />

– Pflegen des Kontakts zur Leitung des Projekts der<br />

EDK-Ost und Teilnahme an den <strong>in</strong>terkantonalen Veranstaltungen<br />

zur Weiterbildung, Koord<strong>in</strong>ation und<br />

zum Erfahrungsaustausch<br />

Die Begleitgruppe hatte <strong>die</strong> Projektleitung <strong>in</strong> ihren Aufgaben<br />

zu unterstützten.<br />

41


5. Das Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>»<br />

der Umsetzung des neuen Gesetzes über <strong>die</strong> Volksschulbildung<br />

hatten sich viele Lehrpersonen mit der früheren<br />

E<strong>in</strong>schulung, dem zwei Jahre umfassenden K<strong>in</strong>dergarten<br />

und den Blockzeiten vertraut gemacht. Stärkeres Rhythmisieren<br />

des Unterrichts, altersgemischtes Lehren und<br />

Lernen sowie der Umgang mit Heterogenität wurden gelernt<br />

und waren nun auch für <strong>die</strong> Basisstufe wichtige Fertigkeiten.<br />

Das Teilprojekt «Basisstufe» stand auch <strong>in</strong> enger<br />

Verb<strong>in</strong>dung zum Teilprojekt «Lehren und Lernen»,<br />

das mit Umsetzungshilfen – vorwiegend <strong>in</strong> elektronischer<br />

Form – und Weiterbildungsangeboten <strong>die</strong> erwähnten<br />

Themen vertiefte.<br />

Das Projekt der EDK-Ost wurde von der Pädagogischen<br />

Hochschule des Kantons St. Gallen formativ und vom Institut<br />

für Bildungsevaluation der Universität Zürich summativ<br />

evaluiert. Es zeigte sich, dass<br />

– Entscheide über den E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> <strong>die</strong> Basisstufe und<br />

über den Wechsel an <strong>die</strong> folgende Klasse der Primarschule<br />

von den Beteiligten e<strong>in</strong>facher getroffen werden<br />

als im bisherigen System,<br />

– <strong>die</strong> Integration von K<strong>in</strong>dern mit besonderem Unterstützungsbedarf<br />

geleistet wird,<br />

– lern-, alters- und leistungsheterogenes Unterrichten<br />

gel<strong>in</strong>gt,<br />

– didaktische Elemente von K<strong>in</strong>dergarten und Unterstufe<br />

zur Förderung der K<strong>in</strong>der vorteilhaft zusammengeführt<br />

werden,<br />

– das Teamteach<strong>in</strong>g von den Lehrpersonen sehr geschätzt<br />

wird,<br />

– e<strong>in</strong> fliessender Übergang <strong>in</strong> <strong>die</strong> Primarschule ohne<br />

Bruch der Schullaufbahn ermöglicht wird.<br />

Da im Verlaufe des Projekts weitere Luzerner Basisstufenklassen<br />

dazu kamen, führte <strong>die</strong> Pädagogische Hochschule<br />

des Kantons St. Gallen im Sommer 2009 e<strong>in</strong>e weitere<br />

Erhebung der formativen Evaluation durch, damit auf<br />

Wunsch des Kantons Luzern auch <strong>die</strong>se Klassen <strong>in</strong> der<br />

Evaluation erfasst wurden. Zusätzlich zu den oben aufgeführten<br />

Ergebnissen wurde im Evaluationsbericht für<br />

<strong>die</strong> Luzerner Basisstufen Folgendes festgehalten:<br />

– 67 Prozent der Eltern schätzen das Modell der Basisstufe<br />

im Vergleich zum herkömmlichen Modell als das<br />

bessere e<strong>in</strong>.<br />

– 80 Prozent der Schulleitungen möchten <strong>die</strong> Basisstufe<br />

auf jeden Fall behalten.<br />

– Die Luzerner Lehrpersonen äussern häufiger als jene<br />

<strong>in</strong> anderen Kantonen, dass Rahmenbed<strong>in</strong>gungen wie<br />

Klassengrösse, Unterstützung durch schulische Heilpädagogik,<br />

Pensengrösse und Besoldung verbessert<br />

werden müssten.<br />

Auch <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Evaluationsbericht wird festgestellt, dass<br />

das Teilprojekt «Basisstufe» gut <strong>in</strong> <strong>die</strong> Entwicklung der<br />

ganzen Luzerner Volksschule e<strong>in</strong>gebettet ist. Das Gewicht,<br />

das der Integration zugemessen wird, <strong>die</strong> pädagogisch<br />

begründete Führung von altersgemischten Klassen<br />

und <strong>die</strong> Zusammenarbeit <strong>in</strong> Schulen mit mehreren Basisstufenklassen<br />

wurden als Belege für <strong>die</strong>se E<strong>in</strong>schätzung<br />

angeführt.<br />

Zum halbjährlich möglichen E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> <strong>die</strong> Basisstufe,<br />

e<strong>in</strong>er Spezialität des Luzerner Teilprojekts, wurde bemerkt:<br />

– Zwei Drittel der K<strong>in</strong>der, <strong>die</strong> im Februar e<strong>in</strong>treten, haben<br />

den E<strong>in</strong>tritt vorverschoben.<br />

– Eltern und Lehrpersonen beurteilen den E<strong>in</strong>tritt im<br />

Februar positiv.<br />

Alle drei Berichte kamen zusammenfassend zum Schluss,<br />

dass mit den Schulversuchen <strong>die</strong> gesetzten Ziele erreicht<br />

wurden.<br />

<strong>Mit</strong> der Änderung des Gesetzes über <strong>die</strong> Volksschulbildung<br />

vom 24. Januar 2011, <strong>in</strong> Kraft seit dem 1. August<br />

2012, können der zweijährige K<strong>in</strong>dergarten und <strong>die</strong> ersten<br />

zwei Jahre der Primarschule auch als vierjährige Basisstufe<br />

geführt werden. Die Entscheidung über <strong>die</strong> Form<br />

der Schule<strong>in</strong>gangsstufe liegt nun abschliessend bei den<br />

kommunalen Schulbehörden.<br />

In den vergangenen Jahren hat sich <strong>die</strong> Basisstufe erfolgreich<br />

<strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>den etabliert, so dass heute knapp<br />

100 Basisstufenklassen geführt werden. Die Lehrpersonenbildung<br />

und <strong>die</strong> Anstellungsbed<strong>in</strong>gungen im Kanton<br />

Luzern wurden entsprechend angepasst.<br />

42


5. Das Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>»<br />

Teilprojekt «Schul- und familienergänzende<br />

Tagesstrukturen»<br />

Die Familienformen haben sich <strong>in</strong> den letzten Jahrzehnten<br />

deutlich gewandelt. E<strong>in</strong>elternfamilien s<strong>in</strong>d häufig geworden<br />

und <strong>in</strong> Familien mit e<strong>in</strong>em Elternpaar gehen meistens<br />

beide, zum<strong>in</strong>dest teilzeitlich, e<strong>in</strong>er Erwerbstätigkeit<br />

nach. <strong>Mit</strong> <strong>die</strong>sem Wandel hat sich <strong>die</strong> Betreuung der K<strong>in</strong>der<br />

<strong>in</strong> der Familie erheblich verr<strong>in</strong>gert und der Bedarf an<br />

familienergänzenden Tagesstrukturen ist stark gewachsen.<br />

Da <strong>die</strong> Schule schon immer neben der Vermittlung<br />

von Wissen und Qualifikationen auch vielfältige Bildungsund<br />

Erziehungsaufgaben erfüllt hat, war sie gefordert,<br />

e<strong>in</strong>en Beitrag zu leisten. Die Trägerschaft von «Schulen<br />

mit <strong>Zukunft</strong>» hat deshalb <strong>die</strong> Bereitstellung von schulund<br />

familienergänzenden Tagesstrukturen <strong>in</strong> <strong>die</strong> Zielsetzung<br />

aufgenommen. Für <strong>die</strong> Vorbereitung wurde folgende<br />

Projektgruppe e<strong>in</strong>gesetzt:<br />

– Charles V<strong>in</strong>cent, Leiter Dienststelle Volksschulbildung<br />

(Leitung)<br />

– He<strong>in</strong>z Bäbler, Vere<strong>in</strong>igung Schule und Elternhaus,<br />

Luzern<br />

– Birgit Delitte-Höntsch, Schulleiter<strong>in</strong>, Geuensee, VSL<br />

LU<br />

– Pius Egli, Geschäftsführer LLV, Luzern<br />

– Josy Jurt, Beauftragte Primarschule, AVS<br />

– Helene Meyer-Jenni, Geme<strong>in</strong>depräsident<strong>in</strong>, Kriens,<br />

VLG<br />

– Roland Neyerl<strong>in</strong>, Schulpflegepräsident, Luzern, VSPL<br />

– He<strong>in</strong>z Spichtig, Stelle für Familienfragen, Kantonales<br />

Sozialamt (mit beratender Stimme)<br />

– Bernadette Waltenspühl, Geschäftsführer<strong>in</strong> Frauenzentrale<br />

(mit beratender Stimme)<br />

In e<strong>in</strong>er ersten Phase wurden <strong>die</strong> genauere Zielsetzung<br />

und <strong>die</strong> möglichen Formen des Angebots erarbeitet. Wissenschaftliche<br />

Befunde zeigten, dass der Schulerfolg <strong>in</strong>sbesondere<br />

auch von der Qualität der K<strong>in</strong>derbetreuung<br />

abhängt. Die zu schaffenden Angebote sollten deshalb<br />

Betreuung mit pädagogischer Förderung verknüpfen und<br />

möglichst nahe bei der Schule angesiedelt se<strong>in</strong>.<br />

Folgende Betreuungselemente wurden als notwendig erachtet:<br />

– Element I: Ankunft am Morgen (ab 07:00 Uhr)<br />

– Element II: a) <strong>Mit</strong>tagsverpflegung, b) Ruhezeit/Bewegungszeit<br />

– Element III: Hausaufgaben und Lernbegleitung (für<br />

K<strong>in</strong>der ohne Nachmittagsunterricht ab ca. 13:30–15:15<br />

Uhr)<br />

– Element IV: Zvieri, Hausaufgaben Lernbegleitung,<br />

Kurse<br />

43


5. Das Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>»<br />

In der Folge wurden vier mögliche Modelle entwickelt,<br />

aus denen <strong>die</strong> Geme<strong>in</strong>den das den örtlichen Verhältnissen<br />

entsprechende auswählen können:<br />

– Schule und Betreuung: Es werden je nach Bedarf nur<br />

e<strong>in</strong>zelne Betreuungselemente <strong>in</strong> der Schule durchgeführt.<br />

– Tagesschule additive Form: Es werden alle Betreuungselemente<br />

<strong>in</strong> der Schule durchgeführt.<br />

– Tagesschule <strong>in</strong>tegrierte Form: Es werden alle Betreuungselemente<br />

<strong>in</strong> der Schule durchgeführt. Die Lernenden<br />

werden <strong>in</strong> eigens geführten Klassen unterrichtet.<br />

– Tagesfamilie: Die Betreuung wird <strong>in</strong>dividuell dem e<strong>in</strong>zelnen<br />

K<strong>in</strong>d und den Eltern angepasst.<br />

In e<strong>in</strong>igen Geme<strong>in</strong>den wurden Betreuungselemente bereits<br />

vor <strong>die</strong>sen Projektarbeiten angeboten. Nach Bekanntmachung<br />

des Teilprojekts und der Veröffentlichung<br />

erster Umsetzungshilfen begannen e<strong>in</strong>zelne Geme<strong>in</strong>den<br />

rasch mit dem Ausbau <strong>die</strong>ser Elemente. Der Durchbruch<br />

gelang mit der Revision des Volksschulbildungsgesetzes<br />

im Jahr 2008. <strong>Mit</strong> der Verankerung im Gesetz waren alle<br />

Geme<strong>in</strong>den bzw. Schulen verpflichtet, bis zum Schuljahr<br />

2012/13 <strong>die</strong> vier Elemente der Tagesstrukturen umzusetzen.<br />

Die Schulleitungen und Schulpflegen wurden mit<br />

ausführlichen Umsetzungshilfen und Informationen an<br />

den regelmässig stattf<strong>in</strong>denden Tagungen unterstützt.<br />

2009 wurde <strong>die</strong> umfassende Orientierungs- und Umsetzungshilfe<br />

bereits <strong>in</strong> zweiter, erneuerter Fassung abgegeben.<br />

Die Leitungsverantwortlichen der Tagesstrukturen<br />

bildeten allmählich e<strong>in</strong>e wachsende und für <strong>die</strong> Weiterentwicklung<br />

wichtige Gruppe. Die DVS begann, für sie<br />

jährlich stattf<strong>in</strong>dende Tagungen durchzuführen.<br />

Teilprojekt «Lehren und Lernen»<br />

Für <strong>die</strong> Trägerschaft von «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>» stellte<br />

<strong>die</strong> Weiterentwicklung des Unterrichts <strong>die</strong> Grundlage zur<br />

Umsetzung der fünf Entwicklungsziele dar. Sie beauftragte<br />

mit dem Teilprojekt «Lehren und Lernen» e<strong>in</strong>e Projektgruppe<br />

mit der Planung und Begleitung <strong>die</strong>ser Entwicklung.<br />

Der Projektgruppe gehörten an:<br />

– Peter Imgrüth, AVS (Leitung)<br />

– Erika Breitschmid, Schulpflegepräsident<strong>in</strong>, Meggen,<br />

VSPL<br />

– Martha Müller, Lehrer<strong>in</strong>, Luzern, LLV<br />

– Rolf von Rohr, Schulleiter, Littau, VSL LU<br />

– Marianne Schärli, Schulpflegepräsident<strong>in</strong>, Reiden, VSPL<br />

Das Teilprojekt g<strong>in</strong>g davon aus, dass bleibende Fortschritte<br />

nur erreicht werden können, wenn <strong>die</strong> Unterrichtsentwicklung<br />

systematisch und teamorientiert erfolgt<br />

und <strong>die</strong> ganze Schule umfasst. Es richtete sich<br />

deshalb mit folgenden Angeboten an <strong>die</strong> ganze Schule:<br />

44


5. Das Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>»<br />

– Unterstützung der Schulleitungen bei der «pädagogischen<br />

Führung»<br />

– Beratung und Begleitung von Schulleitungen und<br />

Steuergruppen bei der Weiterentwicklung der Unterrichtsqualität<br />

– Bereitstellung von Weiterbildungsmodulen für Schulteams<br />

zur Unterrichtsentwicklung<br />

– Vernetzung der Schulen zum Austausch von Erfahrungen,<br />

Konzepten und weiteren Produkten zur Unterrichtsentwicklung.<br />

In der Anfangsphase konnten <strong>die</strong> Schulleitungen oder<br />

Steuergruppen, <strong>die</strong> e<strong>in</strong> Projekt zur Unterrichtsentwicklung<br />

durchführen wollten, e<strong>in</strong>e professionelle Schulberatung<br />

anfordern. Diese unterstützte <strong>die</strong> Schule bei der Planung<br />

und achtete darauf, dass Projektziele, Umsetzung<br />

und Evaluation den Möglichkeiten der Schule entsprachen<br />

und für <strong>die</strong> Weiterentwicklung bedeutsam waren.<br />

Für <strong>die</strong> eigentliche Projektarbeit stellte <strong>die</strong> Projektleitung<br />

<strong>in</strong> Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule<br />

Weiterbildungsmodule bereit. Um <strong>die</strong> Unterrichtsentwicklung<br />

für alle Entwicklungsziele von «Schulen mit<br />

<strong>Zukunft</strong>» möglichst fruchtbar zu machen, standen u.a.<br />

folgende Themen zur Auswahl:<br />

– Methodenvielfalt<br />

– Individuelles Fördern und Beurteilen<br />

– Arbeiten im Teamteach<strong>in</strong>g<br />

– lernförderndes Klima<br />

– altersgemischtes Lernen<br />

Die Beratungs- und <strong>die</strong> Weiterbildungsangebote wurden<br />

<strong>in</strong> der Anfangsphase sehr breit genutzt. Später gaben den<br />

Schulen <strong>die</strong> anderen Teilprojekte Takt und Inhalt der Unterrichtsentwicklung<br />

vor. Das Teilprojekt leistete ab 2015<br />

begehrte Prozessbegleitung, <strong>die</strong> von den Schulen <strong>in</strong>sbesondere<br />

als Vorbereitung zur E<strong>in</strong>führung des Lehrplans<br />

21 benutzt wurde. Das Teilprojekt «Lehren und Lernen»<br />

erbrachte somit wichtige Dienstleistungen für <strong>die</strong> anderen<br />

Teilprojekte.<br />

Teilprojekt «Lehrplan 21»<br />

Die E<strong>in</strong>führung des Lehrplans 21 bildete den letzten grossen<br />

Schwerpunkt von «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>». Die DVS<br />

setzte für <strong>die</strong>ses Teilprojekt auf e<strong>in</strong>e besondere Projektorganisation.<br />

E<strong>in</strong>e Projektgruppe, bestehend aus <strong>Mit</strong>arbeitenden<br />

der DVS, plante und leitete <strong>die</strong> E<strong>in</strong>führung des<br />

Projekts. Zur Erarbeitung der Grundlagen wurden folgende<br />

Arbeitsgruppen, gemischt aus der Trägerschaft<br />

von «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>» und Expert<strong>in</strong>nen und Experten,<br />

e<strong>in</strong>gesetzt:<br />

– Arbeitsgruppe Wochenstundentafeln<br />

– Arbeitsgruppe Lehrmittel<br />

– Arbeitsgruppe Beurteilung und Förderung der Lernenden<br />

– Arbeitsgruppe Übertrittsverfahren<br />

– Arbeitsgruppe Kurse und Veranstaltungen.<br />

45


5. Das Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>»<br />

Luzerner Fassung des Lehrplans<br />

Im Jahre 2010 genehmigte <strong>die</strong> Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz<br />

(D-EDK) <strong>die</strong> rechtlichen und<br />

organisatorischen Grundlagen für das Projekt «Lehrplan 21».<br />

Nachdem <strong>die</strong> erste Version des Lehrplans vorlag, gab <strong>die</strong><br />

D-EDK <strong>die</strong>se <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e breite Vernehmlassung. Gestützt auf<br />

<strong>die</strong> Ergebnisse wurde <strong>die</strong> erste Fassung überarbeitet und<br />

2013 erneut zur Stellungnahme <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Konsultation gegeben.<br />

Um <strong>die</strong> Me<strong>in</strong>ungsbildung breit abzustützen, führte<br />

das Bildungs- und Kulturdepartement des Kantons<br />

Luzern e<strong>in</strong>e kantons<strong>in</strong>terne Vernehmlassung durch. Es<br />

lud <strong>die</strong> Parteien, <strong>die</strong> kantonalen Stellen, <strong>die</strong> Personal- und<br />

Wirtschaftsverbände, <strong>die</strong> Träger von «Schulen mit<br />

<strong>Zukunft</strong>» sowie alle Geme<strong>in</strong>den und Schulpflegen zur<br />

Stellungnahme e<strong>in</strong>. Es g<strong>in</strong>gen über 180 Stellungnahmen<br />

e<strong>in</strong>, wovon <strong>die</strong> allermeisten den Lehrplanentwurf unterstützten.<br />

Die D-EDK erteilte den Auftrag, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er dritten<br />

Fassung <strong>die</strong> Ergebnisse der Konsultation zu verarbeiten.<br />

Die dritte Fassung wurde am 31. Oktober 2014 von der<br />

D-EDK genehmigt.<br />

In <strong>die</strong> Begleitung des Lehrplanprojekts waren <strong>die</strong> Kantone<br />

auf verschiedenen Ebenen e<strong>in</strong>bezogen. Der Verantwortliche<br />

für den Bereich Lehrpläne und Lehrmittel <strong>in</strong><br />

der DVS nahm <strong>die</strong> Begleitung auf der operativen Ebene<br />

wahr und stellte <strong>die</strong> Verb<strong>in</strong>dung zum Teilprojekt «Lehrplan<br />

21» von «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>» sicher. Da der Lehrplan<br />

21 der D-EDK das <strong>in</strong> den Luzerner Volksschulen mit<br />

Erfolg e<strong>in</strong>geführte Unterrichtsfach «Projektarbeit» nicht<br />

enthielt, sorgte <strong>die</strong> DVS dafür, dass <strong>die</strong> Pädagogische<br />

Hochschule Luzern zeitgerecht e<strong>in</strong>en Teillehrplan schuf,<br />

der sich <strong>in</strong>haltlich und formal eng an <strong>die</strong> übrigen Fachlehrpläne<br />

anlehnte. Im Übrigen wurde auch darauf geachtet,<br />

dass <strong>in</strong> der Luzerner Fassung des Lehrplans 21<br />

kle<strong>in</strong>ere Anpassungen an Luzerner Be son der heiten gemacht<br />

werden konnten. Diese Anpassungen waren aber<br />

sehr kle<strong>in</strong>, denn <strong>die</strong> Luzerner Behörden wollten den Lehrplan<br />

21 möglichst unverändert umsetzen.<br />

46


5. Das Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>»<br />

Wochenstundentafeln<br />

Die D-EDK stellte zum Lehrplan 21 Modell-Wochenstundentafeln<br />

bereit. Da Lehrplan und Wochenstundentafel,<br />

also Lernziele und Lernzeit, vone<strong>in</strong>ander abhängen,<br />

strebte man auch <strong>in</strong> Luzern an, den Vorschlag der D-EDK<br />

möglichst ohne grosse Veränderungen umzusetzen. Zwei<br />

e<strong>in</strong>schneidende politische Rahmenbed<strong>in</strong>gungen mussten<br />

aber streng beachtet werden: Die Wochenstundentafeln<br />

durfte ke<strong>in</strong>e Mehrkosten auslösen und <strong>die</strong> Lernenden<br />

durften zeitlich nicht überbelastet werden. Die Lösung<br />

des Problems verlangte folgende Anpassungen gegenüber<br />

den bisherigen Stundentafeln:<br />

Für den 1. und 2. Zyklus wurde <strong>die</strong> Zahl der Lektionen pro<br />

Woche um <strong>in</strong>sgesamt vier Lektionen erhöht. F<strong>in</strong>anziell<br />

ausgeglichen wurde <strong>die</strong>se Erhöhung mit der Verm<strong>in</strong>derung<br />

der Lektionen für Unterricht <strong>in</strong> Gruppen oder Teamteach<strong>in</strong>g<br />

sowie mit der Reduktion von Lektionen im Zyklus<br />

3, <strong>in</strong>sbesondere im Wahlpflichtangebot. Im 1. und 2.<br />

Zyklus wurden auch Lektionen zulasten des Fachs Textiles<br />

und Technisches Gestalten umverteilt. Der Lösungsvorschlag<br />

wurde zusammen mit der zweiten Fassung des<br />

Lehrplans <strong>in</strong> <strong>die</strong> oben erwähnte Vernehmlassung gegeben<br />

und erfuhr dort ebenfalls mehrheitlich Zustimmung.<br />

Lehrmittel<br />

Damit zur E<strong>in</strong>führung des Lehrplans 21 kompetenzorientierte<br />

Lehrmittel bereitstanden, machte e<strong>in</strong>e Arbeitsgruppe<br />

im Jahre 2014 e<strong>in</strong>e Bestandesaufnahme und nahm<br />

nach Gesprächen mit den Verlagen e<strong>in</strong>e Grobbeurteilung<br />

vor. Für jedes Fach wurde der Anpassungsbedarf der entsprechenden<br />

Lehrmittel abgeschätzt. In e<strong>in</strong>em zweiten<br />

Schritt erstellte <strong>die</strong> Gruppe e<strong>in</strong>e Mehrjahresplanung zur<br />

Bereitstellung der Lehrmittel.<br />

Beurteilung und Förderung<br />

<strong>Mit</strong> dem kompetenzorientierten Lehrplan und dem kompetenzorientierten<br />

Unterricht stellte sich auch <strong>die</strong> Frage<br />

nach e<strong>in</strong>er kompetenzorientierten Beurteilung. E<strong>in</strong>sichtig<br />

war, dass e<strong>in</strong>e Gewichtsverschiebung des Unterrichts h<strong>in</strong><br />

zum Aufbau von Kompetenzen auch e<strong>in</strong>e Beurteilung und<br />

Förderung verlangt, <strong>die</strong> <strong>die</strong>ser Gewichtung Rechnung<br />

trägt. E<strong>in</strong>e Arbeitsgruppe setzte sich mit der Kompetenzorientierung<br />

im Lehrplan ause<strong>in</strong>ander und hielt jene Elemente<br />

fest, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e Anpassung der geltenden Beurteilung<br />

und Förderung nahe legten. Der Auftrag der Arbeitsgruppe<br />

lautete allerd<strong>in</strong>gs dah<strong>in</strong>gehend, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Anpassung des<br />

bisherigen Konzepts nur jene Änderungen aufzunehmen,<br />

<strong>die</strong> notwendig waren. In e<strong>in</strong>em umfassenden Bericht zeigte<br />

<strong>die</strong> Arbeitsgruppe auf, dass <strong>die</strong> Beurteilung und Förderung<br />

zw<strong>in</strong>gend auf <strong>die</strong> Kompetenzstufen Bezug nehmen<br />

muss. Sie machte aber auch deutlich, dass <strong>die</strong> direkte<br />

Verb<strong>in</strong>dung von Kompetenzstufen mit Noten – z.B. Erfüllung<br />

des Grundanspruchs entspricht Note 4 – nicht s<strong>in</strong>nvoll<br />

ist. Damit enttäuschte sie vielgehegte Erwartungen,<br />

mit der Kompetenzorientierung könnten <strong>die</strong> Beurteilung<br />

und Förderung technisch gelöst werden. Immerh<strong>in</strong><br />

schlug <strong>die</strong> Arbeitsgruppe den E<strong>in</strong>satz von Beurteilungs<strong>in</strong>strumenten<br />

vor, <strong>die</strong> elektronisch geführt und verwaltet<br />

werden konnten. In den Beurteilungs- und Zeugnisdokumenten<br />

mussten <strong>die</strong> Begriffe an <strong>die</strong> Kompetenzorientierung<br />

angepasst werden.<br />

Der Lehrplan enthält für jeden Zyklus pro Kompetenz nur<br />

e<strong>in</strong>en Grundanspruch. Den Lernenden wird zudem ausdrücklich<br />

zugestanden, den Kompetenzaufbau <strong>in</strong> unterschiedlicher<br />

Zeit zu durchlaufen. Um für <strong>die</strong> Beurteilung<br />

mehr zeitliche Flexibilität zu schaffen, schlug <strong>die</strong> Arbeitsgruppe<br />

vor, anstelle von Semesterzeugnissen nur noch<br />

Jahreszeugnisse auszustellen. Für <strong>die</strong>sen Vorschlag war<br />

aber <strong>die</strong> Zeit trotz der Förderung des altersgemischten<br />

Lernens durch das Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>» noch<br />

nicht reif. In e<strong>in</strong>er späteren Überprüfung der Zeugnisse<br />

soll <strong>die</strong>ser Vorschlag wieder diskutiert werden.<br />

Übertrittsverfahren<br />

Parallel zur Arbeitsgruppe «Beurteilen und Fördern»<br />

prüfte e<strong>in</strong>e andere Arbeitsgruppe den Lehrplan 21 auf<br />

notwendige Anpassungen des Übertrittsverfahrens von<br />

der 6. Klasse <strong>in</strong> <strong>die</strong> Sekundarschule oder Kantonsschule.<br />

Sie stellte <strong>die</strong> für notwendig erachteten Anpassungen<br />

ebenfalls <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bericht dar. Sie g<strong>in</strong>g dabei auf den<br />

Übertritt <strong>in</strong> das Langzeitgymnasium, <strong>in</strong> <strong>die</strong> getrennte, <strong>die</strong><br />

kooperative und <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>in</strong>tegrierte Sekundarschule im E<strong>in</strong>zelnen<br />

e<strong>in</strong> und hielt zu regelnde Unterschiede fest.<br />

In der Folge wurden sowohl <strong>die</strong> vorgeschlagenen Änderungen<br />

zur Beurteilung und Förderung der Lernenden<br />

als auch jene zum Übertrittsverfahren dem Projektausschuss<br />

«Schulen mit <strong>Zukunft</strong>» vorgestellt. Die DVS bereitete<br />

<strong>die</strong> Überarbeitung der rechtlichen Bestimmungen<br />

vor, so dass <strong>die</strong> Verordnung über <strong>die</strong> Beurteilung der Lernenden<br />

und jene über <strong>die</strong> Übertrittsverfahren vom Regierungsrat<br />

zeitgerecht vor der E<strong>in</strong>führung des Lehrplans<br />

21 beschlossen wurden.<br />

47


5. Das Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>»<br />

Kurse und Veranstaltungen<br />

Für <strong>die</strong> E<strong>in</strong>führung des Lehrplans 21 leiteten <strong>die</strong> Verantwortlichen<br />

des Teilprojekts e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive Informationsund<br />

Weiterbildungsoffensive e<strong>in</strong>.<br />

2015 wurde <strong>in</strong> über 20 halbtägigen E<strong>in</strong>führungsveranstaltungen<br />

allen Schulleitungen und Lehrpersonen <strong>die</strong> elektronische<br />

Form des neuen Lehrplans vorgestellt. Das<br />

umfangreiche Dokument wurde anschliessend <strong>in</strong> ansprechender<br />

Papierform abgegeben. Zur Vertiefung der<br />

E<strong>in</strong>führungsveranstaltungen folgten drei Halbtage umfassende<br />

Grundkurse zum kompetenzorientierten Unterricht.<br />

Alle Lehrpersonen mussten <strong>die</strong>se Weiterbildung im<br />

Verlaufe der E<strong>in</strong>führungsphase besuchen.<br />

Zur Erteilung des Unterrichts «Me<strong>die</strong>n und Informatik»<br />

war für Lehrpersonen des 2. Zyklus je nach vorhandenen<br />

Anwendungskompetenzen der Besuch von Weiterbildung<br />

im Umfang von 6 bis 10 Halbtagen obligatorisch, für Lehrpersonen<br />

des 3. Zyklus im Umfang von vier Halbtagen.<br />

Für <strong>die</strong> Erteilung von Unterricht <strong>in</strong> Fächern mit neuen<br />

Fachverb<strong>in</strong>dungen wie «Räume, Zeiten, Gesellschaften»,<br />

«Ethik, Religionen, Geme<strong>in</strong>schaft» oder «Wirtschaft, Arbeit,<br />

Haushalt» wurden für Fachlehrpersonen obligatorisch<br />

zu besuchende Weiterbildungsangebote durchgeführt.<br />

Die Schulen waren aufgefordert, <strong>die</strong> Aktivitäten im<br />

Rahmen der schulhaus<strong>in</strong>ternen Weiterbildung reflexiv zu<br />

vertiefen, so dass der E<strong>in</strong>führungsstart <strong>in</strong>sgesamt gut<br />

gelang.<br />

f) Die Ergebnisse<br />

Entwicklungsziel 1: Kernkompetenzen und M<strong>in</strong>deststandards<br />

beschreiben.<br />

Bereits sieben Monate nach der Unterzeichnung der Projektvere<strong>in</strong>barung<br />

zu «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>» lag das gewünschte<br />

Dokument zur Straffung der bestehenden<br />

Lehrpläne vor. Es wurde von den Lehrpersonen geschätzt<br />

und ermöglichte ab Schuljahr 2006/07 bis zur E<strong>in</strong>führung<br />

des Lehrplans 21 im Sommer 2017, den Unterricht auf <strong>die</strong><br />

wichtigsten Ziele und Inhalte zu konzentrieren. <strong>Mit</strong> vergleichsweise<br />

wenig Aufwand konnte didaktisch e<strong>in</strong>e Verbesserung<br />

und bei den Lehrpersonen mehr Zufriedenheit<br />

bewirkt werden.<br />

Der Lehrplan 21 zeigt <strong>die</strong> im Verlaufe der Schullaufbahn<br />

zu erwerbenden fachlichen Kompetenzen sowie <strong>die</strong> personalen,<br />

sozialen und methodischen Kompetenzen auf.<br />

Die Fachkompetenzen untergliedert er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en <strong>die</strong> Lernentwicklung<br />

leitenden Stufenaufbau. <strong>Mit</strong> dem Grundanspruch<br />

bezeichnet er jene Kompetenzstufe, <strong>die</strong> von möglichst<br />

allen Lernenden erreicht werden soll. Der Lehrplan<br />

21 entspricht damit dem gesetzten Entwicklungsziel. Die<br />

Kompetenzorientierung zw<strong>in</strong>gt im Unterricht verstärkt<br />

zum didaktisch Wesentlichen.<br />

Entwicklungsziel 2: Schulstrukturen im S<strong>in</strong>ne von längeren<br />

Zyklen schaffen.<br />

Der Lehrplan 21 gliedert <strong>die</strong> Volksschule <strong>in</strong> drei Zyklen.<br />

Er folgt damit der Idee, <strong>die</strong> Schullaufbahn offener zu<br />

strukturieren, um dem <strong>in</strong>dividuellen Lern- und Entwicklungstempo<br />

der Lernenden besser Rechnung tragen zu<br />

können. Zu <strong>die</strong>ser offeneren zeitlichen Strukturierung<br />

des Kompetenzerwerbs legt <strong>die</strong> Basisstufe <strong>die</strong> passende<br />

schulische Organisationsstruktur. Auch der Zweijahresk<strong>in</strong>dergarten,<br />

dessen vollständige Umsetzung vorwiegend<br />

aus politischen Gründen etwas spät erfolgte, kommt<br />

dem Ziel nach längeren Zyklen entgegen. In der Primarschule<br />

hat das altersgemischte Lernen Fuss gefasst.<br />

Auch <strong>in</strong> der Sekundarschule, welche nun <strong>in</strong> den meisten<br />

Schulen im kooperativen oder <strong>in</strong>tegrierten Modell geführt<br />

wird, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>dividuellere Unterrichtsformen nun<br />

48


5. Das Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>»<br />

e<strong>in</strong>facher umsetzbar. Der nun erreichte Entwicklungsstand<br />

bei den Schulstrukturen ermöglicht es den Schulen,<br />

<strong>die</strong> am Ort geeignetste Form zu wählen und e<strong>in</strong> eigenes<br />

<strong>Profil</strong> zu entwickeln. Das ist erfreulich, erfordert aber<br />

von den Schulleitungen viel Fachkompetenz und fordert<br />

ihnen viel Verantwortung ab. Es ist unerlässlich, dass <strong>die</strong><br />

kantonale Schulevaluation <strong>die</strong>se Schulprofile immer wieder<br />

e<strong>in</strong>gehend auf ihre Qualität h<strong>in</strong> prüft.<br />

Entwicklungsziel 3: Den Umgang mit Heterogenität im<br />

Unterricht fördern.<br />

Im Verlaufe des Projekts «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>» haben<br />

sich <strong>die</strong> Schulen <strong>in</strong> Teams mit der zunehmenden Vielfalt<br />

der Lernenden ause<strong>in</strong>andergesetzt, geme<strong>in</strong>sam den Unterricht<br />

weiterentwickelt und mit gezielter Weiterbildung<br />

ihr Repertoire an differenzierenden Unterrichtsformen<br />

erweitert. Insgesamt beteiligten sich über 150 Schulen an<br />

<strong>die</strong>ser wichtigen Schulentwicklung. Die enorm breite Teilnahme<br />

von Lehrpersonen aus allen Schulen am «Netzwerk<br />

Luzerner Schulen» ist e<strong>in</strong> Zeichen dafür, dass <strong>die</strong><br />

Bereitschaft zum Sichern und Weiterentwickeln des erreichten<br />

Standes weiterh<strong>in</strong> gegeben ist.<br />

Entwicklungsziel 4: Schulische Unterstützungsangebote<br />

überprüfen und ergänzen.<br />

Die Integrative Förderung bestand bereits vor Projektbeg<strong>in</strong>n<br />

<strong>in</strong> zahlreichen Schulen. Für <strong>die</strong> Vorbereitung der flächendeckenden<br />

E<strong>in</strong>führung wurden verschiedene Unterstützungsmassnahmen<br />

umgesetzt: So wurde für <strong>die</strong><br />

Integrative Förderung eigens e<strong>in</strong>e dafür qualifizierende<br />

Ausbildung geschaffen. Die Lehrperson für Integrative<br />

Förderung leistet <strong>die</strong> unmittelbarste pädagogische Unterstützung<br />

der Lehrperson. Im Klassenzimmer e<strong>in</strong>gesetzt<br />

werden auch Klassenassistenzen mit vorwiegend<br />

Betreuungsfunktion. <strong>Mit</strong> der <strong>in</strong>tegrativen Sonderschulung<br />

kam sonderpädagogische Unterstützung <strong>in</strong> angemessenem<br />

Umfang dazu. Die Schulsozialarbeit berät<br />

Lehrpersonen, begleitet e<strong>in</strong>zelne Lernende und leistet<br />

Beiträge zur Stützung der ganzen Schule. <strong>Mit</strong> <strong>die</strong>sen Angeboten<br />

kann auf <strong>die</strong> sich im Unterricht stellenden Anforderungen<br />

angemessen reagiert werden. Die Klassenlehrpersonen<br />

erfahren im Unterricht Entlastung, s<strong>in</strong>d<br />

aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Beziehungsnetz e<strong>in</strong>gebunden, das Teamarbeit<br />

erforderlich macht.<br />

Die <strong>in</strong> den letzten Jahren aufgebaute und im Gesetz verankerte<br />

vorschulische Sprachförderung ist letztlich e<strong>in</strong><br />

weiteres wirksames Element, um den Umgang mit<br />

Hetero genität <strong>in</strong> der Schule zu erleichtern. Und nicht zuletzt<br />

zeigt das Projekt «Sozialraumorientierte Schule»<br />

e<strong>in</strong>en sehr wirksamen und zukunftsorientierten Ansatz<br />

zur Unterstützung der schulischen Arbeit auf.<br />

Entwicklungsziel 5: Schul- und familienergänzende<br />

Betreuungsangebote schulnah bereitstellen.<br />

Die bis 2005 punktuell vorhandenen Betreuungsangebote<br />

für K<strong>in</strong>der im Vorschulalter oder für Schulk<strong>in</strong>der erfuhren<br />

mit der verpflichtenden E<strong>in</strong>führung der schul- und<br />

familienergänzenden Tagesstrukturen <strong>in</strong> zweifacher H<strong>in</strong>sicht<br />

e<strong>in</strong>e Ergänzung. Das Angebot wurde soweit ausgebaut,<br />

dass der bestehende und weiterwachsende Bedarf<br />

an Betreuungsleistung gedeckt werden kann. Die Betreuung<br />

wurde mit schulischer Förderung verbunden und<br />

erfolgt nun <strong>in</strong> der Regel schulnah. Umfang und Qualität<br />

der Angebote weisen aber noch grosse Unterschiede auf<br />

und müssen gesteigert und weiterentwickelt werden.<br />

Trotzdem leisten <strong>die</strong> bestehenden Angebote bereits jetzt<br />

e<strong>in</strong>en wichtigen Beitrag zur Erziehung und Bildung der<br />

K<strong>in</strong>der, entlasten <strong>die</strong> Eltern und <strong>die</strong>nen Schule und Gesellschaft.<br />

In verschiedenen Evaluationen wurde <strong>die</strong> Zielerreichung<br />

mehrmals überprüft. Diese Evaluationen zeichneten <strong>in</strong>sgesamt<br />

e<strong>in</strong> positives Bild, obwohl natürlich noch verschiedene<br />

Verbesserungen aufgezeigt wurden. Zusammenfassend<br />

darf deshalb begründet festgestellt werden,<br />

dass «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>» das im Namen enthaltene<br />

Versprechen e<strong>in</strong>gelöst hat. <strong>Mit</strong> der erfolgreichen Umsetzung<br />

der fünf Entwicklungsziele haben sich <strong>die</strong> Luzerner<br />

Volksschulen im Entwicklungsprozess bewährt und gezeigt,<br />

dass sie den aktuellen Problemen gewachsen s<strong>in</strong>d.<br />

Auf dem erreichten Entwicklungsstand können sie mit<br />

Selbstvertrauen und Offenheit den Herausforderungen<br />

der <strong>Zukunft</strong> entgegenblicken und <strong>die</strong>se aktiv aus e<strong>in</strong>er<br />

Position der Stärke heraus angehen.<br />

49


Aus der Praxis<br />

Basisstufe<br />

«Vorbild zu se<strong>in</strong>, macht <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der stolz»<br />

Die Basisstufe begleitet K<strong>in</strong>der vom K<strong>in</strong>dergartenalter bis zum Übertritt <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />

3. Primarklasse. Das gefällt nicht nur den K<strong>in</strong>dern, sondern auch den Lehrpersonen.<br />

E<strong>in</strong>e davon ist Judith Albisser (37). Seit acht Jahren unterrichtet sie an der<br />

Basisstufe <strong>in</strong> Römerswil.<br />

Judith Albisser, was macht für Sie das System der<br />

Basisstufe aus?<br />

Dass K<strong>in</strong>der zwischen 4 und 8 Jahren mite<strong>in</strong>ander lernen<br />

und vone<strong>in</strong>ander profitieren dürfen. Die älteren können<br />

Verantwortung für <strong>die</strong> jüngeren übernehmen. Es macht<br />

sie stolz, wenn sie Vorbild se<strong>in</strong> dürfen, und es stärkt ihr<br />

Selbstbewusstse<strong>in</strong>. Ausserdem festigt es ihr Wissen zusätzlich,<br />

wenn sie das Gelernte den anderen K<strong>in</strong>dern weitergeben.<br />

Und mit der Zeit wachsen <strong>die</strong> jüngeren K<strong>in</strong>der<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong>se Rolle h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> und lernen, Verantwortung zu übernehmen.<br />

Wo sehen Sie weitere Vorzüge der Basisstufe?<br />

E<strong>in</strong>e Besonderheit der Basisstufe ist sicher der fliessende<br />

Wechsel vom spielerischen zum systematischen Lernen.<br />

Als ich noch K<strong>in</strong>dergartenlehrperson war, habe ich <strong>die</strong><br />

K<strong>in</strong>der nach zwei Jahren e<strong>in</strong>fach weitergegeben, unabhängig<br />

von ihrem Entwicklungsstand. Und der Moment<br />

der E<strong>in</strong>schulung passte nicht immer. Me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung<br />

nach muss sich das System dem K<strong>in</strong>d anpassen, nicht<br />

umgekehrt. <strong>Mit</strong> der Basisstufe ist das nun der Fall. E<strong>in</strong><br />

weiteres grosses Plus ist, dass wir <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der – gemäss<br />

ihren Interessen und ihrem Lerntempo – <strong>in</strong>dividuell begleiten<br />

können. Das heisst: Sie müssen nicht alle zur gleichen<br />

Zeit <strong>die</strong> gleichen Aufgaben im gleichen Tempo lösen.<br />

Sie können ihren Spieltrieb voll ausleben. Und wenn sie<br />

langsam Interesse am Schulstoff entwickeln, kann ich ihnen<br />

Material, Räumlichkeiten und Unterstützung zur Verfügung<br />

stellen.<br />

Und wenn <strong>die</strong>ses Interesse gar nie kommt?<br />

In me<strong>in</strong>en acht Jahren Basisstufe habe ich noch ke<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d<br />

kennengelernt, das nicht lesen, schreiben und rechnen<br />

lernen wollte. Sie wollen auch können, was <strong>die</strong> älteren<br />

K<strong>in</strong>der können. Kommt h<strong>in</strong>zu, dass bei allen K<strong>in</strong>dern<br />

früher oder später e<strong>in</strong>e gewisse Sättigung des Spielens<br />

e<strong>in</strong>tritt.<br />

Wie kommen Sie mit dem Teamteach<strong>in</strong>g zurecht?<br />

In me<strong>in</strong>er Klasse werde ich von zwei anderen Lehrpersonen<br />

unterstützt. Da ist es wichtig, dass man <strong>die</strong> gleiche<br />

Idee vom Lernen und <strong>die</strong> gleiche Begeisterung für das<br />

System Basisstufe hat. Zudem muss man sich auf der<br />

menschlichen Ebene gut verstehen, verbr<strong>in</strong>gt man doch<br />

Schule<strong>in</strong>tritt über <strong>die</strong> Basisstufe<br />

Was im Jahr 2004 <strong>in</strong> verschiedenen Kantonen mit e<strong>in</strong>em<br />

Schulversuch begonnen hatte, hat sich im Kanton<br />

Luzern mittlerweile etabliert: das Schule<strong>in</strong>gangsmodell<br />

«Basisstufe». Die Basisstufe fasst den K<strong>in</strong>dergarten<br />

und <strong>die</strong> ersten zwei Jahre der Primarschule zusammen<br />

und dauert für <strong>die</strong> Lernenden <strong>in</strong> der Regel<br />

drei bis vier Jahre. Pädagogische Kont<strong>in</strong>uität, fliessende<br />

Übergänge zwischen Lernen im Spiel und aufgabenorientiertem<br />

Lernen, altersgemischter und <strong>in</strong>dividualisierter<br />

Unterricht: Das s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>ige der Vorteile,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong>se flexible Schule<strong>in</strong>gangsstufe bieten kann. Im<br />

Schuljahr 2020/21 werden <strong>in</strong> 18 Geme<strong>in</strong>den des Kantons<br />

Luzern an allen Schulen und <strong>in</strong> 14 Geme<strong>in</strong>den <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>zelnen Schulhäusern Basisstufen geführt. Es kommen<br />

immer wieder neue Schulen dazu. Gründe für <strong>die</strong><br />

Umstellung s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>erseits pädagogische Überlegungen.<br />

So eröffnete Meggen nach den Sommerferien als<br />

Weiterentwicklung des Naturk<strong>in</strong>dergartens e<strong>in</strong>e Naturbasisstufe<br />

mit zwei Klassen. Andererseits können aber<br />

auch rückläufige Zahlen der Lernenden für den Wechsel<br />

zur Basisstufe ausschlaggebend se<strong>in</strong>. Das ist <strong>in</strong><br />

Alberswil, Fischbach und Ohmstal der Fall gewesen.<br />

50


Aus der Praxis<br />

<strong>Mit</strong> Herzblut dabei: Basisstufenlehrer<strong>in</strong> Judith Albisser aus Römerswil.<br />

viel geme<strong>in</strong>same Zeit im Unterricht. Das ist bei uns absolut<br />

der Fall. Überhaupt haben wir <strong>in</strong> Römerswil e<strong>in</strong> tolles<br />

Lehrerteam mit e<strong>in</strong>em hervorragenden Zusammenhalt.<br />

Das trägt mit dazu bei, dass ich jeden Morgen gerne zur<br />

Arbeit gehe.<br />

Wie erleben Sie den Austausch mit den Eltern?<br />

Für sie ist es nicht immer e<strong>in</strong>fach nachzuvollziehen, wo<br />

ihr K<strong>in</strong>d genau steht. Das kann zu e<strong>in</strong>er Verunsicherung<br />

führen. Ich stelle auch fest, dass e<strong>in</strong>ige Erziehungsberechtigte<br />

falsche Vorstellungen zum Basisstufenunterricht<br />

haben. Sie denken, dass es laut und chaotisch zuund<br />

hergeht. Um Vertrauen zu schaffen, lege ich Wert auf<br />

e<strong>in</strong>en engen Kontakt mit den Eltern. Deshalb s<strong>in</strong>d auch<br />

am 17. jedes Monats unsere Türen geöffnet. Viele Eltern<br />

staunen dann jeweils nicht schlecht.<br />

Worüber?<br />

Da unsere K<strong>in</strong>der mitbestimmen können, woran sie gerade<br />

arbeiten, herrscht e<strong>in</strong>e hohe Lernmotivation. Es wird<br />

sehr ruhig gearbeitet, <strong>die</strong> Zeit wird effizient genützt. Zu<br />

<strong>die</strong>sem Zweck haben wir «stille» Zonen e<strong>in</strong>gerichtet, wo<br />

ateliermässig gearbeitet werden kann.<br />

51


ANTON SCHWINGRUBER<br />

Anton Schw<strong>in</strong>gruber, was zeichnet<br />

<strong>die</strong> Luzerner Volksschulen aus?<br />

Dass sie e<strong>in</strong>e «echte» Volksschule<br />

ist. In der Primarschule treffen sich<br />

K<strong>in</strong>der aus allen Schichten. Sie<br />

lernen mite<strong>in</strong>ander umzugehen, e<strong>in</strong>ander<br />

zu akzeptieren. Unsere<br />

Volksschule ist so gut, dass nur<br />

1,6 Prozent aller Schüler<strong>in</strong>nen und<br />

Schüler im Kanton Luzern privat<br />

unterrichtet werden. Die übergrosse<br />

Mehrheit der Eltern geht mit Recht<br />

davon aus, dass unsere Volksschulen<br />

ihre K<strong>in</strong>der gut aufs Leben bzw.<br />

auf <strong>die</strong> folgenden Schulstufen – sei<br />

es Beruf oder Gymi – vorbereiten.<br />

Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> Schulentwicklung<br />

der letzten 40 Jahre?<br />

Nirgends trifft <strong>die</strong> Redewendung<br />

«Stillstand gleich Rückschritt»<br />

besser zu als beim Bildungswesen.<br />

Wenn Schulbildung auf das Leben<br />

vorbereiten soll, muss sie eben mit<br />

<strong>die</strong>sem Leben Schritt halten. Deshalb<br />

lagen <strong>die</strong> grossen Projekte<br />

«Schulen mit <strong>Profil</strong>» und «Schulen<br />

mit <strong>Zukunft</strong>» richtig. Sie waren<br />

ambitiös und herausfordernd, aber<br />

schlussendlich zielführend.<br />

DR. ANTON SCHWINGRUBER<br />

Regierungsrat Kanton Luzern<br />

1995–2011<br />

(Volkswirtschaftsdirektor, später<br />

Bildungs- und Kulturdirektor)<br />

Was hat Sie daran am meisten<br />

gefreut?<br />

Es war e<strong>in</strong>e grosse Freude, wie sich<br />

alle fünf Projektträger für <strong>die</strong><br />

Schule mit <strong>Zukunft</strong> engagierten.<br />

Ohne Lehrerschaft, Schulbehörden,<br />

Geme<strong>in</strong>den und Verbände wären <strong>die</strong><br />

Ziele <strong>die</strong>ses Projekts nicht<br />

gelungen.<br />

Was hat Sie am meisten geärgert?<br />

Die Ablehnung des Beitritts zum<br />

Konkordat über <strong>die</strong> Schulharmonisierung<br />

hat mich natürlich geärgert.<br />

Alle schreien nach Harmonisierung,<br />

aber wehe, wenn man dann wirklich<br />

harmonisiert. Halb so schlimm: Faktisch<br />

leben wir <strong>die</strong> Harmonisierung<br />

trotzdem.<br />

Wo sehen Sie Handlungsbedarf für<br />

<strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>?<br />

Wenn <strong>die</strong> Schule auch <strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong><br />

nicht nur <strong>die</strong> Vermittlung von Wissen<br />

anstrebt, sondern auch <strong>die</strong><br />

schöpferischen Kräfte der jungen<br />

Menschen wecken und ihr Verantwortungsbewusstse<strong>in</strong><br />

schärfen will,<br />

muss sie sich dauernd den neuen<br />

Herausforderungen stellen, <strong>in</strong>sbesondere<br />

der Individualisierung und<br />

Digitalisierung.<br />

Was halten Sie vom Schule<strong>in</strong>gangsmodell<br />

Basisstufe?<br />

Sehr viel. Der Jahrgang alle<strong>in</strong> sagt<br />

fast überhaupt nichts aus über<br />

<strong>in</strong>tellektuelle, soziale oder <strong>in</strong>dividuelle<br />

Fähigkeiten e<strong>in</strong>es jungen<br />

Menschen. Die Basisstufe wäre<br />

schon zu me<strong>in</strong>er Zeit e<strong>in</strong>e Wohltat<br />

für viele me<strong>in</strong>er <strong>Mit</strong>schüler<br />

gewesen.<br />

52


KATHRIN KRAMMER<br />

Kathr<strong>in</strong> Krammer, was zeichnet <strong>die</strong><br />

Luzerner Volksschulen aus?<br />

Sie zeichnen sich durch e<strong>in</strong>e hohe<br />

Qualität und engagierte Lehrpersonen<br />

aus, <strong>die</strong> sich gerne weiterbilden.<br />

E<strong>in</strong>erseits haben <strong>die</strong> Schulen<br />

klare Vorgaben von der DVS,<br />

andererseits haben sie <strong>die</strong> Möglichkeit,<br />

<strong>in</strong>dividuelle Schwerpunkte zu<br />

setzen. <strong>Mit</strong> Unterstützung und Anreizen<br />

werden <strong>die</strong> Schulen dazu<br />

ermuntert, e<strong>in</strong>e eigenständige Entwicklung<br />

zu vollziehen.<br />

Was hat Sie bei <strong>die</strong>ser Entwicklung<br />

am meisten gefreut?<br />

Gefreut hat mich, dass der Kanton<br />

Luzern trotz verlorener HarmoS-<br />

Abstimmung <strong>die</strong> Basisstufe beibehalten<br />

hat. Zudem freut mich sehr,<br />

dass aus der guten Zusammenarbeit<br />

von DVS und PH wichtige Impulse<br />

für <strong>die</strong> Schulen resultierten,<br />

wie zum Beispiel <strong>die</strong> E<strong>in</strong>führung der<br />

Basisschrift.<br />

Was hat Sie am meisten geärgert?<br />

Geärgert nichts. Gewünscht hätte<br />

ich mir, dass das Projekt «Ganzheitliches<br />

Beurteilen und Fördern» weitergeführt<br />

worden wäre, dass <strong>die</strong><br />

Lohnfrage von K<strong>in</strong>dergartenlehrpersonen<br />

früher angegangen worden<br />

wäre und dass musische Fächer <strong>in</strong><br />

der neuen Wochenstundentafel e<strong>in</strong>e<br />

höhere Gewichtung erfahren hätten.<br />

PROF. DR. KATHRIN KRAMMER<br />

Rektor<strong>in</strong> PH Luzern<br />

Wo sehen Sie Handlungsbedarf für<br />

<strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>?<br />

In Bezug auf <strong>die</strong> Berücksichtigung<br />

der Diversität der Lernenden und <strong>in</strong><br />

Bezug auf den digitalen Wandel. Wir<br />

s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs gefordert, das Lernen<br />

mit digitalen Me<strong>die</strong>n so zu gestalten,<br />

dass es auf <strong>die</strong> Tiefenstruktur<br />

des Lernens abzielt. Zudem werden<br />

Schulen <strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong> das Thema<br />

Nachhaltigkeit noch stärker berücksichtigen.<br />

Was halten Sie vom Schule<strong>in</strong>gangsmodell<br />

der Basisstufe?<br />

Die Basisstufe ist ideal, um K<strong>in</strong>der<br />

gemäss ihrem <strong>in</strong>dividuellen Entwicklungstempo<br />

<strong>in</strong> das schulische<br />

Lernen e<strong>in</strong>zuführen und damit e<strong>in</strong>e<br />

gute Basis für <strong>die</strong> weitere Schullaufbahn<br />

zu legen. Man kann aber guten<br />

Unterricht <strong>in</strong> verschiedenen Strukturmodellen<br />

realisieren, wenn man<br />

<strong>die</strong>s kompetent und mit Freude<br />

macht.<br />

Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> Bedeutung<br />

der Lehrpersonen bei der Umsetzung<br />

der durch den L21 e<strong>in</strong>geführten<br />

neuen Anforderungen an <strong>die</strong><br />

Lernenden?<br />

Die Lehrperson bleibt zentral für <strong>die</strong><br />

Gestaltung des Unterrichts und <strong>die</strong><br />

Förderung der Lernenden, auch mit<br />

dem Lehrplan 21. Sie unterstützt<br />

den Aufbau der fachlichen und<br />

überfachlichen Kompetenzen und<br />

beurteilt deren Erreichung. Voraussetzung<br />

für erfolgreichen Kompetenzaufbau<br />

ist nach wie vor <strong>die</strong> vertrauensvolle<br />

Beziehung zwischen<br />

Lernenden und Lehrperson.<br />

53


6. Der Ausblick: «Schulen für alle»<br />

6. Der Ausblick: «Schulen für alle»<br />

Die positiven Erfahrungen mit dem Projekt «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>» und <strong>die</strong> Überzeugung,<br />

dass sich <strong>die</strong> Luzerner Volksschulen auch <strong>in</strong> den nächsten Jahren weiterentwickeln<br />

müssen, veranlassten <strong>die</strong> Leitung der Dienststelle Volksschulbildung, <strong>die</strong> Planung der<br />

künftigen Schulentwicklung wieder geme<strong>in</strong>sam mit den Projektpartnern anzugehen.<br />

Bereits 2018 wurde e<strong>in</strong>e Spurgruppe e<strong>in</strong>gesetzt und beauftragt, e<strong>in</strong> neues Schulentwicklungsvorhaben<br />

vorzubereiten. Diese Spurgruppe analysierte zunächst <strong>die</strong> zu<br />

erwartenden gesellschaftlichen Entwicklungen und deren Auswirkungen auf <strong>die</strong><br />

Volksschulen.<br />

a) Herausforderungen an <strong>die</strong> zukünftige Schule<br />

Folgende Herausforderungen wurden für <strong>die</strong> zukünftige<br />

Volksschule als relevant e<strong>in</strong>gestuft:<br />

Arbeitswelt und Technologien<br />

Die Arbeitswelt wird durch <strong>die</strong> Digitalisierung und Globalisierung<br />

beschleunigt, komplexer und erfordert hohe<br />

Flexibilität. Bestehende Berufe verschw<strong>in</strong>den und neue<br />

entstehen. Lebenslanges Lernen und Anpassungsleistungen<br />

werden noch zentraler als sie heute schon s<strong>in</strong>d. In<br />

qualifizierten Berufen wird e<strong>in</strong> Fachkräftemangel herrschen,<br />

<strong>in</strong> Bereichen mit hoher Automatisierung wächst<br />

<strong>die</strong> Arbeitslosigkeit. Diese Zweiteilung des Arbeitsmarktes<br />

führt vermutlich zu grösser werdenden sozialen Unterschieden<br />

und stellt für den gesellschaftlichen Zusammenhalt<br />

e<strong>in</strong> Risiko dar. Flexible Arbeitsmodelle, häufig<br />

ohne Festanstellungen, werden <strong>die</strong> Regel se<strong>in</strong>. Arbeitszeit<br />

und Freizeit mischen und verwischen sich. E<strong>in</strong>e bewusste<br />

Gestaltung der Freizeit als Ausgleich zur Arbeit und zum<br />

Erhalt der Gesundheit wird noch zentraler. Durch e<strong>in</strong>e<br />

noch weiter verstärkte Förderung der überfachlichen<br />

Kompetenzen gemäss Lehrplan sowie dem gezielten Umgang<br />

mit neuen Technologien kann <strong>die</strong> Schule wesentlich<br />

dazu beitragen, dass Lernende e<strong>in</strong> Selbstwertgefühl entwickeln.<br />

Dieses hilft ihnen, sich kritisch und kreativ mit<br />

unterschiedlichen Wertvorstellungen, dynamischen Entwicklungen<br />

sowie Widersprüchen ause<strong>in</strong>anderzusetzen<br />

und mit Unsicherheiten und stetigen Veränderungen erfolgreich<br />

umzugehen.<br />

54


6. Der Ausblick: «Schulen für alle»<br />

Lebens- und Familienformen<br />

Die Formen des Zusammenlebens <strong>in</strong> unserer Gesellschaft<br />

ändern sich weiter. Die traditionelle Familie wird<br />

ergänzt durch e<strong>in</strong>e Vielzahl gelebter alternativer Lebensmodelle<br />

mit neuen Rollen. Die Familienstrukturen werden<br />

offener, so dass e<strong>in</strong>e grosse Zahl der K<strong>in</strong>der nicht mit<br />

ihren beiden Elternteilen zusammenleben wird. Die Präsenz<br />

digitaler Me<strong>die</strong>n <strong>in</strong> der Phase des Aufwachsens der<br />

K<strong>in</strong>der nimmt weiter zu. Internetnutzung, Computerspiele<br />

und soziale Me<strong>die</strong>n werden den Alltag der K<strong>in</strong>der massgeblich<br />

prägen. Die Zunahme psychischer Erkrankungen<br />

und armutsbetroffener Menschen sowie der Anstieg von<br />

Eltern mit ke<strong>in</strong>en oder überhöhten Erwartungen an ihre<br />

K<strong>in</strong>der führen zu ungünstigen Voraussetzungen für den<br />

Schule<strong>in</strong>tritt und den Schulerfolg. Der Bedarf an vielfältigen<br />

und flexiblen K<strong>in</strong>derbetreuungsangeboten nimmt<br />

weiter zu. Dies erfordert e<strong>in</strong>e optimale Zusammenarbeit<br />

zwischen Schule, Betreuungsangeboten und Erziehungsberechtigten.<br />

Individuum und Geme<strong>in</strong>schaft<br />

Die Individualisierung nimmt weiter zu. Wertevielfalt und<br />

Pluralismus ermöglichen es, sich an persönlichen Werten<br />

und Vorstellungen zu orientieren. Normgebende Institutionen<br />

wie Politik, Kirche und Schule verlieren weiter an<br />

Autorität, E<strong>in</strong>flussnahme und damit an B<strong>in</strong>dungskraft für<br />

den gesellschaftlichen Zusammenhalt. E<strong>in</strong>zelpersonenhaushalte,<br />

der Trend, <strong>die</strong> eigenen Interessen <strong>in</strong> den Vordergrund<br />

zu stellen, und e<strong>in</strong>e Entsolidarisierung der Gesellschaft<br />

s<strong>in</strong>d mögliche Begleitrisiken. Dem Geme<strong>in</strong>wesen<br />

und vor allem der Schule kommt <strong>die</strong> Rolle zu, wieder vermehrt<br />

das geme<strong>in</strong>schaftliche Leben und <strong>die</strong> gegenseitige<br />

Unterstützung zu fördern.<br />

Demografie und Migration<br />

Die Bevölkerung wächst weltweit und auch <strong>in</strong> der Schweiz<br />

weiter. Die Zahl der Lernenden steigt und es müssen zusätzliche<br />

Infrastrukturen für Schul- und Freizeitaktivitäten<br />

geschaffen werden. Die Zuwanderung von hochqualifizierten<br />

Personen aufgrund der Nachfrage auf dem<br />

Arbeitsmarkt und <strong>die</strong> Zuwanderung aus politischwirtschaftlich<br />

bed<strong>in</strong>gten Gründen wachsen weiter. Die<br />

Lebenserwartung steigt und damit auch der Bedarf an<br />

Infrastrukturen, Räumen und Ressourcen, welche gleichzeitig<br />

knapper werden. E<strong>in</strong> grosser Teil der K<strong>in</strong>der wächst<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Familie auf, <strong>in</strong> der m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Elternteil<br />

Migrationsh<strong>in</strong>tergrund hat. K<strong>in</strong>der aus bildungsfernen<br />

55


6. Der Ausblick: «Schulen für alle»<br />

und sozial schwachen Schichten und K<strong>in</strong>der aus bildungsnahen<br />

und sozial starken Schichten br<strong>in</strong>gen unterschiedliche<br />

Erfolgschancen <strong>in</strong> <strong>die</strong> Schule mit. Die Schule muss<br />

mit den grossen Unterschieden bezüglich kultureller<br />

Prägung, Herkunft, sozialem Status, Bildungsansprüchen<br />

und der Chancengerechtigkeit e<strong>in</strong>en positiven Umgang<br />

f<strong>in</strong>den.<br />

Ökologie und Nachhaltigkeit<br />

Gesellschaft und Wirtschaft werden mit ökologischen Herausforderungen<br />

wie Klimawandel und Verlust natürlicher<br />

Ressourcen auf lokaler, nationaler und weltweiter<br />

Ebene noch verstärkter konfrontiert se<strong>in</strong>. Die Schule<br />

muss systematisch auf verschiedenen Ebenen e<strong>in</strong>en Beitrag<br />

für e<strong>in</strong> ökologisches Bewusstse<strong>in</strong> und e<strong>in</strong>en nachhaltigen<br />

Umgang mit den vorhandenen Ressourcen leisten.<br />

<strong>Mit</strong> der Bildung für Nachhaltige Entwicklung befähigt<br />

<strong>die</strong> Schule Lernende und Lehrende, <strong>Mit</strong>verantwortung zu<br />

erkennen sowie sich aktiv und selbstbestimmt im gesellschaftlichen<br />

Aushandlungs- und Gestaltungsprozess an<br />

zukunftsgerichteten Entscheidungen zu beteiligen.<br />

b) Auswirkungen auf <strong>die</strong> Luzerner Volksschulen<br />

Für <strong>die</strong> Luzerner Volksschulen ergeben sich aufgrund<br />

<strong>die</strong>ser festgestellten Herausforderungen folgende Grundsätze<br />

für <strong>die</strong> Weiterentwicklung:<br />

– Die Volksschule muss <strong>die</strong> Inhalte bzw. <strong>die</strong> zu erreichenden<br />

Kompetenzen der Lernenden immer wieder<br />

überprüfen und bei Bedarf aktualisieren, denn sie<br />

muss auf e<strong>in</strong>e <strong>Zukunft</strong> vorbereiten, <strong>die</strong> noch nicht <strong>in</strong><br />

allen Teilen bekannt ist. Deshalb ist es notwendig, vor<br />

allem allgeme<strong>in</strong>gültige Kompetenzen zu vermitteln.<br />

– Die Volksschule muss ihre Strukturen vermehrt der<br />

Heterogenität der Lernenden anpassen. Dies bedeutet,<br />

dass altersgemischte Klassen und Lernformen<br />

noch stärker betont werden müssen.<br />

– Die Volksschule muss <strong>die</strong> Lernprozesse noch stärker<br />

auf den Lernenden ausrichten bzw. <strong>die</strong> Lernprozesse<br />

<strong>in</strong>s Zentrum des Unterrichts stellen. Dabei spielen bei<br />

der Individualisierung natürlich <strong>die</strong> digitalen <strong>Mit</strong>tel<br />

e<strong>in</strong>e besondere Rolle. Gleichzeitig muss <strong>die</strong> Schule <strong>die</strong><br />

geme<strong>in</strong>schaftsbildende Funktion verstärkt wahrnehmen<br />

und <strong>die</strong> dafür nötigen Lern- und Erfahrungsräume<br />

schaffen.<br />

56


6. Der Ausblick: «Schulen für alle»<br />

– Die Volksschule muss <strong>die</strong> Rolle der Lehrpersonen und<br />

deren E<strong>in</strong>satz überprüfen und auf <strong>die</strong> neue Ausrichtung<br />

der Lernprozesse ausrichten. Lehrpersonen s<strong>in</strong>d<br />

nicht mehr <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie Wissensvermittler. Sie müssen<br />

aber mehr wissen, damit sie <strong>die</strong> notwendige Ordnungsleistung<br />

der Schule verstärkt wahrnehmen<br />

können.<br />

– Die Volksschule soll sich im S<strong>in</strong>ne der Sozialraumorientierung<br />

verstärkt mit anderen Partnern vernetzen<br />

und auch Leistungen für andere Partner erbr<strong>in</strong>gen.<br />

Diese vermehrte Orientierung im Sozialraum schliesst<br />

auch <strong>die</strong> Weiterentwicklung der Tagestrukturen mit<br />

e<strong>in</strong>.<br />

c) Die neuen Entwicklungsziele<br />

Gestützt auf <strong>die</strong> dargestellten Herausforderungen und<br />

<strong>die</strong> erwähnten Grundsätze s<strong>in</strong>d als vorläufiges Fazit folgende<br />

fünf Entwicklungsziele def<strong>in</strong>iert worden:<br />

– Fachliche Kompetenzen aktualisieren und überfachliche<br />

Kompetenzen stärken<br />

– Flexible Bildungsstrukturen fördern<br />

– Lernen als persönliche Bildungsprozesse gestalten<br />

– Rolle der Lehrpersonen weiterentwickeln<br />

– Schule im Sozialraum entwickeln<br />

Diese fünf Entwicklungsziele sollen <strong>in</strong> den nächsten Monaten<br />

konkretisiert und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em politischen Prozess so<br />

diskutiert werden, dass anschliessend konkrete Entwicklungsvorhaben<br />

festgelegt werden können. Damit werden<br />

für <strong>die</strong> Luzerner Volksschulen <strong>in</strong>novative und zukunftsfähige<br />

Entwicklungsschritte gesetzt, welche sowohl den<br />

Anforderungen der Lernenden als auch jenen der Gesellschaft<br />

gerecht werden.<br />

57


Aus der Praxis<br />

Tagesstrukturen<br />

Wenn K<strong>in</strong>der plötzlich Randensalat essen<br />

Die Volksschulen im Kanton Luzern s<strong>in</strong>d verpflichtet, bedarfsgerechte Tagesstrukturen<br />

anzubieten. Das tun sie <strong>in</strong>zwischen recht professionell, wie e<strong>in</strong> Besuch am <strong>Mit</strong>tagstisch<br />

<strong>in</strong> Hochdorf zeigt. Wir haben Köch<strong>in</strong> Barbara Lanni über <strong>die</strong> Schulter geschaut.<br />

Seit 16 Jahren leitet Barbara Lanni den Hochdorfer<br />

<strong>Mit</strong>tagstisch im Schulhaus Avanti. <strong>Mit</strong> unverm<strong>in</strong>derter Begeisterung,<br />

wie im Gespräch unschwer zu erkennen ist.<br />

Entwickelt haben sich dagegen <strong>die</strong> Besucherzahlen.<br />

Kamen am Anfang noch ganz wenige K<strong>in</strong>der, s<strong>in</strong>d es heute<br />

m<strong>in</strong>destens 40 pro Tag. «An Spitzentagen haben wir bis<br />

zu 70 K<strong>in</strong>der», schwärmt <strong>die</strong> gelernte Servicefachfrau<br />

und Hotelfachassistent<strong>in</strong> mit Wirtediplom. <strong>Mit</strong>tlerweile ist<br />

es 11.45 Uhr. Die Lernenden tröpfeln here<strong>in</strong>, zuerst <strong>die</strong><br />

älteren, dann <strong>die</strong> kle<strong>in</strong>sten. Auffällig: Alle begrüssen Barbara<br />

Lanni und ihr Team per Handschlag, be<strong>die</strong>nen sich<br />

am Salatbuffet und setzen sich artig an ihren Platz. Dies<br />

obwohl Salat bei vielen eher zum Pflichtprogramm gehört.<br />

Das hat se<strong>in</strong>en Grund. «Ich möchte, dass sie aus<br />

unserem Angebot von über 20 Salatsorten m<strong>in</strong>destens<br />

drei auswählen», erklärt Barbara Lanni. «Dadurch<br />

merken sie, dass gewisse D<strong>in</strong>ge, <strong>die</strong> sie für ungeniessbar<br />

hielten, eigentlich ganz gut schmecken.» Der Randensalat<br />

zum Beispiel. Oder <strong>die</strong> Gemüsesuppe.<br />

Ausgewogener Menüplan<br />

Der Hauptgang wird den K<strong>in</strong>dern dann gleich am Tisch<br />

serviert. G<strong>in</strong>ge es nach ihnen, gäbe es immer Pommes,<br />

Lasagne oder Spaghetti. Sehr beliebt seien auch Riz Casimir<br />

oder Poulet an Senfrahmsauce. E<strong>in</strong>mal pro Woche<br />

kocht Barbara Lanni e<strong>in</strong> Vegimenü, zum Beispiel Älplermagronen<br />

oder Rösti mit Spiegelei, und m<strong>in</strong>destens jede<br />

zweite Woche gibts Fisch. Darob rümpfen zwar e<strong>in</strong>ige <strong>die</strong><br />

Nase, doch dank dem reichhaltigen Salatbuffet kommen<br />

letztlich alle auf ihre Kosten. Was Barbara Lanni <strong>in</strong>des für<br />

immer aus dem Menüplan verbannte, waren mit Käse<br />

überbackene Sch<strong>in</strong>ken-Lauch-Rölleli mit Spätzli. Das<br />

kam nicht an. «Der <strong>Mit</strong>tagstisch ist zwar ke<strong>in</strong> Wunschkonzert»,<br />

sagt Lanni, «doch es macht wenig S<strong>in</strong>n, aufwändige<br />

Menüs zu kreieren, von denen am Ende doch <strong>die</strong><br />

Hälfte liegen bleibt». Zumal es eh schon diverse Auflagen<br />

zu berücksichtigen gilt. Zum Beispiel, dass Moslems ke<strong>in</strong><br />

Schwe<strong>in</strong>efleisch essen. Oder dass <strong>die</strong> Mahlzeiten e<strong>in</strong>es<br />

jungen Diabetes-Patienten genau abgemessen werden<br />

müssen. «Um den Blutzuckerspiegel im Griff zu behalten,<br />

muss selbst der Apfel zum Dessert genau portioniert und<br />

mit den anderen Speisen koord<strong>in</strong>iert werden», so Lanni.<br />

Beliebte Tagesstrukturen<br />

Schul- und familienergänzende Tagesstrukturen gehören<br />

seit dem Schuljahr 2012/13 zum obligatorischen Angebot<br />

der Luzerner Volksschulen. Dadurch haben Eltern<br />

<strong>die</strong> Möglichkeit, ihre schulpflichtigen K<strong>in</strong>der gegen e<strong>in</strong>en<br />

f<strong>in</strong>anziellen Beitrag am Morgen vor dem Unterricht,<br />

über den <strong>Mit</strong>tag am <strong>Mit</strong>tagstisch, den ganzen<br />

Nachmittag oder erst nach dem Unterricht betreuen<br />

zu lassen, wobei <strong>die</strong> Hausaufgabenbegleitung <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />

Nachmittagselemente <strong>in</strong>tegriert ist. 94 Prozent der<br />

Nutzenden s<strong>in</strong>d im Schuljahr 2019/20 K<strong>in</strong>dergartenund<br />

Primarschüler, 6 Prozent Sekundarschüler. Grössere<br />

Schulen bieten <strong>die</strong> Tagesstrukturen schulnahe<br />

als «additive Tagesschule» an. Beim Modell «Schule<br />

und Betreuung» werden nicht alle Elemente von der<br />

Schule selber durchgeführt. «Integrierte Tagesschulen»,<br />

<strong>die</strong> von ganzen Klassen durchgehend <strong>die</strong> ganze<br />

Woche besucht werden, gibt es im Kanton Luzern<br />

nicht. Es gibt auch K<strong>in</strong>der, <strong>die</strong> <strong>in</strong> sogenannten Tagesfamilien<br />

betreut werden. Die Anzahl der <strong>in</strong> solchen<br />

Tagesstrukturen betreuten K<strong>in</strong>der ist <strong>in</strong> den letzten<br />

Jahren stets gestiegen. Die Angebote s<strong>in</strong>d sehr beliebt<br />

und e<strong>in</strong> ausgewiesenes Bedürfnis von Eltern und<br />

K<strong>in</strong>dern, aber auch von Seiten der Wirtschaft.<br />

58


Aus der Praxis<br />

Barbara Lanni leitet seit 16 Jahren den <strong>Mit</strong>tagstisch im Schulhaus Avanti <strong>in</strong> Hochdorf.<br />

Klare Tischregeln<br />

Inzwischen haben <strong>die</strong> meisten K<strong>in</strong>der ausgegessen.<br />

Dennoch bleiben sie sitzen und unterhalten sich <strong>in</strong> gemässigtem<br />

Ton mit ihren Nachbarn. «Sie dürfen um<br />

12.15 Uhr aufstehen und erfahren dann von der Tagesschulleiter<strong>in</strong>,<br />

wie es weitergeht», erklärt Barbara Lanni<br />

<strong>die</strong> Regeln. Bevor <strong>die</strong> gesättigten K<strong>in</strong>der nach draussen,<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> Turnhalle oder <strong>in</strong> den Ruhebereich verschw<strong>in</strong>den,<br />

schneiden e<strong>in</strong> paar Freiwillige Früchte. Quasi als Dessert.<br />

Für jedes Früchteschneiden gibts e<strong>in</strong> Strichli, und bei fünf<br />

Strichli lockt e<strong>in</strong>e Süssigkeit. Ke<strong>in</strong>e Frage: Die K<strong>in</strong>der<br />

kommen gerne zum <strong>Mit</strong>tagstisch. Und sie mögen das<br />

Essen, wie viele Eltern und auch <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der selber bestätigen:<br />

«Du hast fe<strong>in</strong> gekocht.» Solche Worte erfüllen <strong>die</strong><br />

Köch<strong>in</strong> mit Freude und e<strong>in</strong> bisschen Stolz.<br />

59


CLAUDIA SENN-MARTY<br />

Claudia Senn-Marty, was zeichnet<br />

<strong>die</strong> Luzerner Volksschulen aus?<br />

Sie verfolgen umsichtige Bildungsziele,<br />

s<strong>in</strong>d durchdacht gegliedert<br />

und gut organisiert. Das bewährt<br />

sich ebenso wie <strong>die</strong> Zusammenarbeit<br />

und Aufgabenteilung zwischen<br />

Kanton und Geme<strong>in</strong>den. Die Schulentwicklung<br />

wird gesteuert und<br />

erfolgt partizipativ.<br />

Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> Schulentwicklung<br />

der letzten 40 Jahre?<br />

Sie ist bee<strong>in</strong>druckend. Wichtige<br />

pädagogische und organisatorische<br />

Neuerungen wie der Lehrplan 21<br />

oder das Schaffen neuer Schulstrukturen<br />

und Betreuungsangebote<br />

s<strong>in</strong>d bereits umgesetzt. Die<br />

Implementierungen dauern weiter<br />

an und erfordern e<strong>in</strong>e stetige Weiterentwicklung.<br />

Was hat Sie am meisten gefreut?<br />

Die verschiedenen Bildungspartner<br />

aus den verschiedenen Ebenen des<br />

Schulbereichs haben geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong><br />

konstruktiver Zusammenarbeit <strong>die</strong><br />

Schulentwicklungsprojekte realisiert<br />

und sich für e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames<br />

Ziel e<strong>in</strong>gesetzt: e<strong>in</strong>e zukunftsfähige,<br />

wirksame Volksschule.<br />

CLAUDIA SENN-MARTY<br />

Präsident<strong>in</strong> Verband Bildungskommissionen<br />

Kanton Luzern VBLU<br />

Was hat Sie am meisten gestört?<br />

Die Schule hat sich zu e<strong>in</strong>em höchst<br />

komplexen Unternehmen entwickelt.<br />

Die strategische Führung e<strong>in</strong>er solchen<br />

Unternehmung ver<strong>die</strong>nt e<strong>in</strong>e<br />

Behörde, <strong>die</strong> sich ausschliesslich<br />

mit den sehr spezifischen Belangen<br />

beschäftigt und so <strong>die</strong> Schulleitung<br />

optimal ergänzt und unterstützt.<br />

Anstatt <strong>die</strong> Möglichkeit e<strong>in</strong>er Degra<strong>die</strong>rung<br />

zu e<strong>in</strong>er beratenden Kommission<br />

zu schaffen, hätten wir den<br />

Kompetenzaufbau im Rahmen e<strong>in</strong>er<br />

systematischen Behördenausbildung<br />

begrüsst.<br />

Wo sehen Sie Handlungsbedarf für<br />

<strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>?<br />

Das oberste Ziel der Volksschule ist<br />

es, unsere K<strong>in</strong>der erfolgreich auf<br />

das Leben vorzubereiten. Die Welt,<br />

<strong>in</strong> der wir leben, verändert sich laufend<br />

und teils rasant. Die Schul- und<br />

Unterrichtsentwicklung sollen<br />

<strong>die</strong>sen Veränderungen weiterh<strong>in</strong><br />

Rechnung tragen. Zudem sollen <strong>die</strong><br />

Neuerungen aus der letzten Schulentwicklungsphase<br />

gefestigt und<br />

stetig optimiert werden.<br />

Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> Bedeutung<br />

der Tagesstrukturen <strong>in</strong> der Schule<br />

von heute?<br />

Die Familienstrukturen haben sich<br />

<strong>in</strong> der Vergangenheit stark verändert.<br />

Die Eltern vieler schulpflichtiger<br />

K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d beide erwerbstätig. Die<br />

schul- und familienergänzenden<br />

Tagesstrukturen leisten e<strong>in</strong>en unerlässlichen<br />

Beitrag zur Vere<strong>in</strong>barkeit<br />

von Familie und Beruf. Nun gilt es,<br />

deren Bestand und Qualität zu<br />

sichern und weiterzuentwickeln.<br />

60


JOSEF WIDMER<br />

Josef Widmer, was zeichnet <strong>die</strong><br />

Luzerner Volksschulen aus?<br />

Es ist spürbar, dass der Kanton<br />

Luzern als e<strong>in</strong>er der ersten Kantone<br />

auf geleitete Schulen gesetzt und<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong>sbezügliche Weiterentwicklung<br />

der Volksschulen gefördert<br />

hat. Die Governance der Luzerner<br />

Volksschulen erachte ich deshalb<br />

heute als solider und reifer als <strong>in</strong><br />

anderen Kantonen.<br />

Was gefällt Ihnen an der heutigen<br />

Schule am meisten?<br />

Die Flexibilität, der Pragmatismus,<br />

<strong>die</strong> Leidenschaft und der Ideenreichtum<br />

vieler Lehrpersonen an<br />

der Front, <strong>die</strong> sich enorm für IHRE<br />

Schule und IHRE K<strong>in</strong>der engagieren.<br />

Während des Corona-Lockdowns<br />

war <strong>die</strong>s besonders e<strong>in</strong>drücklich<br />

spürbar.<br />

Was stört Sie am meisten?<br />

Es stört mich, wenn es Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schüler gibt, <strong>die</strong> auch nach<br />

neun Schuljahren noch immer nicht<br />

genügend gut lesen und schreiben<br />

können. Diese jungen Leute haben<br />

schlechte <strong>Zukunft</strong>sperspektiven.<br />

Deshalb muss <strong>die</strong> Volksschule alles<br />

daransetzen, dass <strong>die</strong>s nicht<br />

passiert.<br />

JOSEF WIDMER<br />

Stv. Direktor Staatssekretariat für<br />

Bildung, Forschung und Innovation<br />

SBFI<br />

Leiter Dienststelle Berufs- und<br />

Weiterbildung Kanton Luzern<br />

1999–2012<br />

Wo sehen Sie Handlungsbedarf für<br />

<strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>?<br />

Die Volksschule muss sich immer<br />

wieder den neuen Anforderungen <strong>in</strong><br />

Wirtschaft und Gesellschaft anpassen.<br />

E<strong>in</strong>e besondere Herausforderung<br />

sehe ich <strong>in</strong> der zunehmenden<br />

Heterogenität der K<strong>in</strong>der und der<br />

entsprechenden Leistungsniveaus.<br />

Die Volksschule muss e<strong>in</strong>e hohe Integrationswirkung<br />

entfalten. Gleichzeitig<br />

muss sie aber achtgeben,<br />

dass bezüglich Leistungsansprüchen<br />

ke<strong>in</strong>e Nivellierung nach unten<br />

erfolgt. Die Qualität der öffentlichen<br />

Schule muss hoch bleiben.<br />

Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> Bedeutung<br />

von Tagesstrukturen <strong>in</strong> der Schule<br />

von heute?<br />

Als ausserordentlich hoch. Natürlich<br />

gibt es graduelle Unterschiede zwischen<br />

städtischen und ländlichen<br />

Gebieten. Aber <strong>in</strong>sgesamt ist der<br />

Trend e<strong>in</strong>deutig: Der Bedarf nach<br />

guten Tagesstrukturen wird weiter<br />

zunehmen.<br />

Welchen Stellenwert hat heute <strong>die</strong><br />

Volksschule im Schweizer Bildungswesen?<br />

Die Volksschule hat e<strong>in</strong>en sehr<br />

hohen Stellenwert <strong>in</strong> unserem Bildungswesen<br />

und unserer Gesellschaft.<br />

Natürlich hat <strong>die</strong> Schweiz im<br />

<strong>in</strong>ternationalen Vergleich e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zigartige<br />

Berufsbildung und absolute<br />

TOP-Hochschulen. Aber das<br />

Fundament ist und bleibt <strong>die</strong> Volksschule.<br />

Hier werden <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der sozialisiert,<br />

hier treffen sie unabhängig<br />

von ihrer Herkunft und ihren<br />

familiären Voraussetzungen zusammen.<br />

Und hier werden sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

persönlich äusserst prägenden Zeit<br />

auf das Leben vorbereitet.<br />

61


7. Die Entwicklung <strong>in</strong> der Sonderschulung: Annäherung an <strong>die</strong> Regelschulen<br />

7. Die Entwicklung <strong>in</strong> der Sonderschulung:<br />

Annäherung an <strong>die</strong> Regelschulen<br />

Die Sonderschulung entwickelte sich lange Zeit parallel zur Regelschule, ohne<br />

grosse Zusammenarbeitsformen. In den letzten zwei Jahrzehnten änderte sich <strong>die</strong>s<br />

wesentlich. Heute bestehen vielfältige Formen der Zusammenarbeit.<br />

a) Die Invalidenversicherung fördert <strong>die</strong> Sonderschulung<br />

Die Errichtung der Schweizerischen Invalidenversicherung<br />

(IV) 1960 löste auch <strong>in</strong> der Sonderschulung e<strong>in</strong>e<br />

grosse Entwicklung aus. Es entstanden e<strong>in</strong>erseits zahlreiche<br />

neue Schulen – auch im Kanton Luzern. Andererseits<br />

wurden <strong>in</strong> den folgenden Jahren auch für <strong>die</strong> Lernenden<br />

der Regelschulen neue Angebote im Rahmen der<br />

F<strong>in</strong>anzierung durch <strong>die</strong> IV geschaffen.<br />

So wurden unter anderem <strong>die</strong> Heilpädagogischen Schulen<br />

Luzern, Emmen und Sursee <strong>in</strong> den sechziger Jahren<br />

des letzten Jahrhunderts eröffnet. Auch <strong>die</strong> Stiftung Rodtegg<br />

für Lernende mit e<strong>in</strong>er Körperbeh<strong>in</strong>derung entstand<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Zeit. Zudem wurden bestehende Institutionen<br />

wie <strong>die</strong> beiden kantonalen heilpädagogischen Zentren<br />

Hohenra<strong>in</strong> und Schüpfheim neu gebaut bzw. im grossen<br />

Rahmen ausgebaut. Für <strong>die</strong> Lernenden der Regelschulen<br />

wurden <strong>die</strong> Therapieangebote für Logopä<strong>die</strong>, Legasthenie<br />

und Psychomotorik neu geschaffen und kantonal flächendeckend<br />

ausgebaut. Diese Beispiele zeigen <strong>die</strong> Bedeutung<br />

der Invalidenversicherung für den Ausbau und <strong>die</strong> Ausgestaltung<br />

des sonderpädagogischen Angebots. Die Unterstützung<br />

durch <strong>die</strong> IV führte aber auch dazu, dass <strong>die</strong><br />

Sonderschulung nur sehr lose mit den übrigen Schulangeboten<br />

verbunden war, denn <strong>die</strong> IV regelte <strong>die</strong> Organisation<br />

und F<strong>in</strong>anzierung <strong>die</strong>ser Angebote recht umfassend.<br />

Das führte dazu, dass <strong>die</strong> kantonalen Regelungen bezüglich<br />

Sonderschulung nur sehr knapp gehalten waren. Die<br />

Schulentwicklung nach <strong>Mit</strong>te der neunziger Jahre des<br />

letzten Jahrhunderts veränderte <strong>die</strong>se Situation aber relativ<br />

schnell und grundsätzlich.<br />

b) Die Sonderschulung im neuen Gesetz über <strong>die</strong><br />

Volksschulbildung<br />

Im neuen Gesetz über <strong>die</strong> Volksschulbildung 2000 wurde<br />

<strong>die</strong> Sonderschulung als Teil der Volksschule geregelt. Die<br />

Sonderschulung erhielt ihren Platz als ordentliches Angebot<br />

der Volksschulbildung. Ihre Entwicklung wurde<br />

nun klar im Rahmen der Volksschulbildung gesehen, obwohl<br />

natürlich immer noch <strong>die</strong> Invalidenversicherung<br />

e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle spielte, <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> den F<strong>in</strong>anzierungsfragen.<br />

Die neue gesetzliche Regelung führte ab dem Jahr 2000<br />

zu e<strong>in</strong>em vermehrten E<strong>in</strong>bezug der Sonderschulung <strong>in</strong><br />

<strong>die</strong> Organisation der Bildungsverwaltung. Der kantonale<br />

Sonderschulverantwortliche war nun Teil der Abteilung<br />

Schulbetrieb des Amts für Volksschulbildung und <strong>die</strong><br />

Schulleitungen der Sonderschulen wurden regelmässig<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> Konferenzen und Besprechungen auf Kantonsebene<br />

e<strong>in</strong>bezogen. Inhaltlich zeigte sich <strong>die</strong> Annäherung <strong>in</strong><br />

der Zustimmung zu ersten <strong>in</strong>tegrativen Sonderschulmassnahmen.<br />

Der Kanton Luzern leistete <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Punkt<br />

Pionierarbeit. So wurden zunächst K<strong>in</strong>der mit e<strong>in</strong>er geistigen<br />

Beh<strong>in</strong>derung, später auch solche mit e<strong>in</strong>er Verhaltensbeh<strong>in</strong>derung<br />

<strong>in</strong> Regelklassen unterrichtet. Fachpersonen<br />

der Sonderschulen förderten <strong>die</strong>se vor Ort und<br />

unterstützten auch <strong>die</strong> Lehrpersonen und Schulleitungen.<br />

Zunächst musste für jedes Integrationsprojekt e<strong>in</strong>e<br />

Bewilligung der Invalidenversicherung e<strong>in</strong>geholt werden,<br />

später konnte das Amt für Volksschulbildung <strong>die</strong>se selber<br />

bewilligen. Auf jeden Fall waren <strong>die</strong>se ersten Integrationsprojekte<br />

sehr wichtig, denn damit konnten wichtige<br />

Erfahrungen gesammelt werden, welche nach dem Rückzug<br />

der Invalidenversicherung aus der Sonderschulung<br />

rasch e<strong>in</strong>e zahlenmässige Ausweitung ermöglichten.<br />

c) Überführung der Sonderschulung <strong>in</strong> <strong>die</strong> kantonale<br />

Verantwortung<br />

Im Rahmen der Neugestaltung des F<strong>in</strong>anzausgleichs und<br />

der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA)<br />

wurde <strong>in</strong> der Bundesverfassung folgender Artikel aufgenommen:<br />

«Die Kantone sorgen für e<strong>in</strong>e ausreichende<br />

Sonderschulung aller beh<strong>in</strong>derten K<strong>in</strong>der und Jugendlichen<br />

bis längstens zum vollendeten 20. Lebensjahr» (Artikel<br />

62, Absatz 3 der Bundesverfassung). Diese neue Verfassungsbestimmung<br />

wurde <strong>in</strong> der Volksabstimmung am<br />

62


7. Die Entwicklung <strong>in</strong> der Sonderschulung: Annäherung an <strong>die</strong> Regelschulen<br />

28. November 2004 deutlich angenommen. Sie stellte<br />

e<strong>in</strong>en eigentlichen Paradigmenwechsel dar, denn nun<br />

konnten <strong>die</strong> Kantone <strong>die</strong> Ausgestaltung und Weiterentwicklung<br />

der Sonderschulen weitgehend selbst bestimmen.<br />

Dieser Schritt wurde von vielen Fachpersonen sehr<br />

begrüsst, doch hatten nicht wenige auch Bedenken, ob<br />

alle Kantone <strong>die</strong>ser Aufgabe auch <strong>in</strong> vergleichbarem<br />

Rahmen nachkommen würden. Um <strong>die</strong>sen Bedenken<br />

Rechnung zu tragen, e<strong>in</strong>igten sich <strong>die</strong> Kantone auf geme<strong>in</strong>same<br />

Grundsätze und Standards im Bereich der<br />

Sonderschulung. Unter Führung der Schweizerischen Erziehungsdirektorenkonferenz<br />

erarbeiteten sie 2007 <strong>die</strong><br />

<strong>in</strong>terkantonale Vere<strong>in</strong>barung über <strong>die</strong> Zusammenarbeit<br />

im Bereich der Sonderpädagogik (Sonderpädagogik-Konkordat).<br />

Der Kanton Luzern trat <strong>die</strong>sem Konkordat als<br />

zweiter Kanton bereits 2009 bei. In der Vere<strong>in</strong>barung<br />

wurde unter anderem festgelegt, dass <strong>in</strong>tegrative Lösungen<br />

separierenden vorzuziehen s<strong>in</strong>d. Ebenso wurde das<br />

Grundangebot festgelegt, welches <strong>die</strong> Kantone zu erbr<strong>in</strong>gen<br />

haben.<br />

In den Jahren 2004–2007 wurden kantonal umfassende<br />

Umsetzungsarbeiten geleistet. Aufgrund der bereits klaren<br />

gesetzlichen Regelung der Sonderschulung konzentrierten<br />

sich <strong>die</strong> Umsetzungsregelungen allerd<strong>in</strong>gs auf <strong>die</strong><br />

f<strong>in</strong>anziellen Aspekte. So wurde im Gegensatz zur Regelschulung<br />

<strong>die</strong> hälftige F<strong>in</strong>anzierung der Sonderschulung<br />

zwischen dem Kanton und den Geme<strong>in</strong>den festgelegt.<br />

Der Geme<strong>in</strong>deanteil wiederum wurde zur Hälfte über e<strong>in</strong>en<br />

Pool f<strong>in</strong>anziert, <strong>in</strong> den alle Geme<strong>in</strong>den gemäss ihrer<br />

E<strong>in</strong>wohnerzahl e<strong>in</strong>en festen Beitrag zu leisten hatten. Die<br />

andere Hälfte – also e<strong>in</strong> Viertel der Kosten – musste als<br />

Pauschale pro K<strong>in</strong>d bzw. Jugendlicher bezahlt werden.<br />

Diese Lösung stellte e<strong>in</strong>e Solidaritätsregelung dar, denn<br />

sonst wären kle<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>den durch e<strong>in</strong>zelne Lernende<br />

<strong>in</strong> der Sonderschulung übermässig belastet worden. Die<br />

neue kantonale Zuständigkeit erforderte auch <strong>in</strong>haltliche<br />

Entwicklungsarbeiten. So wurde e<strong>in</strong> erstes kantonales<br />

Konzept über <strong>die</strong> Sonderschulung erarbeitet. Dar<strong>in</strong> wurde<br />

ausdrücklich <strong>die</strong> <strong>in</strong>tegrative Sonderschulung erwähnt<br />

und dafür entsprechende Eckwerte def<strong>in</strong>iert. Auch e<strong>in</strong><br />

63


7. Die Entwicklung <strong>in</strong> der Sonderschulung: Annäherung an <strong>die</strong> Regelschulen<br />

neues Abklärungs- und Zuweisungsverfahren wurde<br />

festgelegt, welches vorsah, dass e<strong>in</strong>e Sonderschulung <strong>in</strong><br />

jedem Fall von der Dienststelle Volksschulbildung verfügt<br />

werden muss. Im kantonalen Sonderschulkonzept<br />

wurde auch <strong>die</strong> separative Sonderschulung geregelt. Neu<br />

erstellte das Bildungs- und Kulturdepartement für <strong>die</strong><br />

Sonderschulen Leistungsaufträge und Leistungsvere<strong>in</strong>barungen,<br />

<strong>in</strong> welchen <strong>die</strong> zu erbr<strong>in</strong>genden Leistungen<br />

def<strong>in</strong>iert und <strong>die</strong> Anzahl Plätze und <strong>die</strong> Tarife festgelegt s<strong>in</strong>d.<br />

In der Folge stieg <strong>die</strong> Anzahl der <strong>in</strong>tegrativ geschulten<br />

Lernenden mit Sonderschulbedarf rasch an. Vom Schuljahr<br />

2007/08 bis zum Schuljahr 2010/11 ergab sich bereits<br />

mehr als e<strong>in</strong>e Verdoppelung, nämlich von 79 auf 184.<br />

Vorerst nahm aber auch <strong>die</strong> Zahl der Lernenden <strong>in</strong> separativen<br />

Sonderschulen noch leicht zu, doch änderte sich<br />

<strong>die</strong>s <strong>in</strong> den folgenden Schuljahren. Die Zunahme der <strong>in</strong>tegrativ<br />

geschulten Lernenden mit Sonderschulbedarf<br />

führte natürlich auch zu e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>haltlichen Annäherung<br />

von Regelschule und Sonderschule, denn beide Bereiche<br />

mussten sich nun mite<strong>in</strong>ander befassen. <strong>Mit</strong> entsprechenden<br />

Regelungen und Unterstützungsangeboten<br />

wurden <strong>die</strong>se «Annährungsschritte» kantonal begleitet<br />

und gefördert, zum Beispiel durch geme<strong>in</strong>same Konferenzen.<br />

Auf jeden Fall konnte bereits 2009 festgestellt<br />

werden, dass der Übergang von der Zuständigkeit der Invalidenversicherung<br />

zu den Kantonen im Kanton Luzern<br />

ohne nennenswerte Probleme gestaltet werden konnte<br />

und positive Entwicklungen ermöglichte.<br />

d) Die Konsoli<strong>die</strong>rung und stetige Weiterentwicklung<br />

ab 2011<br />

Die kantonale Zuständigkeit für <strong>die</strong> Sonderschulung löste<br />

<strong>in</strong> vielen Kantonen e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive Entwicklung aus. Diese<br />

Feststellung trifft auch auf den Kanton Luzern zu. So<br />

wurden sowohl <strong>die</strong> Strukturen als auch <strong>die</strong> Angebote regelmässig<br />

überprüft und wenn nötig angepasst. In e<strong>in</strong>em<br />

ersten Schritt wurden <strong>die</strong> vier heilpädagogischen Früherziehungs<strong>die</strong>nste<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Trägerschaft zusammengefasst,<br />

zunächst noch unter privater Trägerschaft. In e<strong>in</strong>em<br />

zweiten Schritt erfolgte auf Wunsch der privaten<br />

Trägerschaft <strong>die</strong> E<strong>in</strong>gliederung als eigenständige Abteilung<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> Dienststelle Volksschulbildung (1. Januar<br />

2013). Bei den kommunal geführten vier heilpädagogischen<br />

Schulen erfolgte e<strong>in</strong>e ähnliche Entwicklung. Auf<br />

Wunsch der vier Trägergeme<strong>in</strong>den wurden <strong>die</strong>se vier<br />

Schulen <strong>in</strong> <strong>die</strong> kantonale Trägerschaft überführt. Dieser<br />

Schritt erforderte e<strong>in</strong>e Teilrevision des Gesetzes über <strong>die</strong><br />

Volksschulbildung. Im Rahmen <strong>die</strong>ser Teilrevision wurde<br />

gleichzeitig auch <strong>die</strong> F<strong>in</strong>anzierung der Sonderschulung<br />

vere<strong>in</strong>facht: Die Geme<strong>in</strong>den zahlten neu ihren hälftigen<br />

Anteil mit e<strong>in</strong>er Pauschale pro E<strong>in</strong>wohner. Der Beitrag pro<br />

K<strong>in</strong>d fiel damit weg.<br />

Im <strong>in</strong>haltlichen Bereich erfolgte e<strong>in</strong>e Überprüfung und<br />

Anpassung des kantonalen Konzepts für <strong>die</strong> Sonderschulung.<br />

Im Konzept 2012 wurde <strong>in</strong> Analogie zum Sonderpädagogik-Konkordat<br />

festgeschrieben, dass <strong>die</strong> <strong>in</strong>tegrative<br />

Sonderschulung den separativen Schulformen vorzuziehen<br />

ist. Die notwendigen Regelungen zur <strong>in</strong>tegrativen<br />

Sonderschulung wurden <strong>in</strong> den «IS-Regelungen und Rahmenbed<strong>in</strong>gungen»<br />

festgehalten. Als weitere Neuerung<br />

wurde auch der kantonale Fach<strong>die</strong>nst für Sonderschulabklärungen<br />

im Konzept festgeschrieben. Diese zentrale<br />

Abklärungsstelle wurde als Bereich der Dienststelle<br />

Volksschulbildung mit dem Ziel geschaffen, für <strong>die</strong> Lernenden<br />

mit e<strong>in</strong>er Körper-, S<strong>in</strong>nes-, Sprachbeh<strong>in</strong>derung,<br />

sowie Verhaltensbeh<strong>in</strong>derung mit Indikation private Regelschule<br />

e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches Abklärungsverfahren sowie<br />

e<strong>in</strong>e hohe Vergleichbarkeit der Beurteilungen zu gewährleisten.<br />

<strong>Mit</strong> <strong>die</strong>sen Vere<strong>in</strong>fachungen und Anpassungen waren<br />

zeitgemässe Grundlagen für <strong>die</strong> Ausgestaltung und Weiterentwicklung<br />

der Sonderschulung im Kanton Luzern<br />

geschaffen. Die erwähnten rechtlichen und <strong>in</strong>stitutionellen<br />

Anpassungen ermöglichten <strong>die</strong> verstärkte Beachtung<br />

des Grundsatzes «Integration vor Separation», der auch<br />

bei der Förderung <strong>in</strong> den Regelschulen umgesetzt wurde,<br />

so dass <strong>die</strong> verschiedenen Kle<strong>in</strong>klassen vollständig durch<br />

<strong>die</strong> <strong>in</strong>tegrative Förderung und <strong>die</strong> <strong>in</strong>tegrative Sonderschulung<br />

abgelöst wurden.<br />

e) Die aktuellen Entwicklungen<br />

KITAplus<br />

2012 startete der Heilpädagogische Früherziehungs<strong>die</strong>nst<br />

geme<strong>in</strong>sam mit verschiedenen Partnern das Pilotprojekt<br />

KITAplus <strong>in</strong> der Stadt Luzern. KITAplus ermöglicht<br />

e<strong>in</strong>e Betreuung und Förderung von Vorschulk<strong>in</strong>dern<br />

mit Beh<strong>in</strong>derungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er normalen K<strong>in</strong>dertagesstätte<br />

(Kita) zusammen mit nicht beh<strong>in</strong>derten K<strong>in</strong>dern. Dabei<br />

werden K<strong>in</strong>der, Eltern und Kitas von speziell geschulten<br />

Heilpädagogischen Früherzieher<strong>in</strong>nen begleitet. Inzwischen<br />

wurde das Programm auf den ganzen Kanton<br />

Luzern ausgeweitet. 2019 wurden im Rahmen von KITAplus<br />

64


7. Die Entwicklung <strong>in</strong> der Sonderschulung: Annäherung an <strong>die</strong> Regelschulen<br />

bereits rund 25 K<strong>in</strong>der an durchschnittlich 2.2 Tagen pro<br />

Woche betreut. Im gleichen Jahr wurden auch politische<br />

Schritte e<strong>in</strong>geleitet zur Schaffung e<strong>in</strong>er gesetzlich geregelten<br />

F<strong>in</strong>anzierung des Angebots.<br />

Schulung von Lernenden mit Hörbeh<strong>in</strong>derung<br />

In <strong>die</strong> gleiche Zeit fällt auch e<strong>in</strong>e wichtige Entwicklung im<br />

Bereich der Schulung von Lernenden mit e<strong>in</strong>er Hörbeh<strong>in</strong>derung.<br />

Dank der Entwicklung der Mediz<strong>in</strong> und Mediz<strong>in</strong>altechnik<br />

konnten immer mehr Lernende mit Hörbeh<strong>in</strong>derung<br />

mit entsprechender audiopädagogischer Begleitung<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> Regelschule <strong>in</strong>tegriert werden. Die Anzahl der Lernenden,<br />

welche auf e<strong>in</strong>e spezialisierte Sonderschule für<br />

Hörbeh<strong>in</strong>derung angewiesen waren, hatte so stark abgenommen,<br />

dass der Regierungsrat Anfang 2013 entschied,<br />

<strong>die</strong> Abteilung für Hörbeh<strong>in</strong>derung am Heilpädagogischen<br />

Zentrum <strong>in</strong> Hohenra<strong>in</strong> zu schliessen. Im Sommer 2016<br />

verliessen <strong>die</strong> letzten Lernenden mit Hörbeh<strong>in</strong>derung <strong>die</strong><br />

Sonderschule <strong>in</strong> Hohenra<strong>in</strong>. Damit endete <strong>die</strong> 1847<br />

begonnene Geschichte der Hörbeh<strong>in</strong>dertenbildung <strong>in</strong><br />

Hohenra<strong>in</strong>. Seither werden <strong>die</strong> knapp zehn Lernenden mit<br />

separativem Sonderschulbedarf <strong>in</strong> ausser kantonalen<br />

Institutionen geschult. Die <strong>in</strong>tegrativ geschulten Lernenden<br />

werden weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Regelschule durch den<br />

Audiopädagogischen Dienst beh<strong>in</strong>derungsspezifisch begleitet<br />

und gefördert.<br />

Vom HFD zur FFS<br />

Der 2013 kantonalisierte Heilpädagogische Früherziehungs<strong>die</strong>nst<br />

(HFD) wurde e<strong>in</strong> paar Jahre später <strong>in</strong> <strong>die</strong> neu<br />

geschaffene Fachstelle für Früherziehung und S<strong>in</strong>nesbeh<strong>in</strong>derungen<br />

(FFS) <strong>in</strong>tegriert und mit weiteren, ambulant<br />

unterstützenden Diensten ergänzt. Als erstes kam der<br />

Audiopädagogische Dienst (APD) h<strong>in</strong>zu. Durch <strong>die</strong> Schliessung<br />

der Abteilung für Hörbeh<strong>in</strong>derung <strong>in</strong> Hohenra<strong>in</strong> hatte<br />

der APD se<strong>in</strong>e fachliche Heimat am Heilpädagogischen<br />

Zentrum <strong>in</strong> Hohenra<strong>in</strong> verloren. Es lag darum nahe,<br />

<strong>die</strong>sen Dienst an e<strong>in</strong>en zentralen Standort <strong>in</strong> der Stadt<br />

Luzern zu verlegen und der Fachstelle für Früherziehung<br />

und S<strong>in</strong>nesbeh<strong>in</strong>derungen anzugliedern. Die Angebote<br />

des APD für K<strong>in</strong>der und Jugendliche mit Hörbeh<strong>in</strong>derung<br />

blieben <strong>in</strong> der bisherigen Form erhalten: Früherziehung,<br />

Beratung und Unterstützung sowie <strong>in</strong>tegrative Sonderschulung<br />

<strong>in</strong> der Regelschule, zudem Beratung und Unterstützung<br />

von Jugendlichen <strong>in</strong> Ausbildung im Auftrag der<br />

Invalidenversicherung.<br />

65


7. Die Entwicklung <strong>in</strong> der Sonderschulung: Annäherung an <strong>die</strong> Regelschulen<br />

2017 wurde der Visiopädagogische Dienst (VPD) des Kantons<br />

Luzern mit dem Auftrag geschaffen, <strong>die</strong> ambulante<br />

fachliche Begleitung und Betreuung der K<strong>in</strong>der und<br />

Jugendlichen mit Sehbeh<strong>in</strong>derung im Kanton Luzern<br />

sicherzustellen. Diese Leistungen hatte bisher das Heilpädagogische<br />

Schul- und Beratungszentrum Sonnenberg<br />

<strong>in</strong> Baar erbracht. Durch den neuen kantonalen Dienst<br />

konnten <strong>die</strong> Leistungen günstiger und <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

mit dem Kantonalen Sonderschulkonzept angeboten<br />

werden.<br />

Aufgrund der Zunahme von K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen<br />

mit der Diagnose Autismus-Spektrum-Störung wurde es<br />

nötig, e<strong>in</strong> entsprechendes Unterstützungsangebot zu<br />

schaffen. Die Erfahrung zeigte, dass viele Lernende mit<br />

<strong>die</strong>ser Diagnose <strong>in</strong> der Regelschule geschult werden können,<br />

sofern <strong>die</strong> <strong>in</strong>volvierten Lehrpersonen über spezifisches<br />

Wissen zu Autismus verfügen und das Lernumfeld<br />

entsprechend gestalten können. So wurde 2018 der Fach<strong>die</strong>nst<br />

Autismus (FDA) geschaffen mit dem Auftrag, sowohl<br />

niederschwellige Beratung und Unterstützung wie<br />

auch <strong>die</strong> fachliche Begleitung im Rahmen der <strong>in</strong>tegrativen<br />

Sonderschulung anzubieten.<br />

E<strong>in</strong> Jahr später kam schliesslich der Fach<strong>die</strong>nst Integrative<br />

Sonderschulung (FDI) für den Bereich geistige Beh<strong>in</strong>derung<br />

zur FFS. Dieser Dienst entstand vor folgendem<br />

H<strong>in</strong>tergrund: Die <strong>in</strong>tegrative Sonderschulung von Lernenden<br />

mit geistiger Beh<strong>in</strong>derung wurde <strong>in</strong> ihren Anfängen<br />

ausschliesslich von Fachpersonen der Heilpädagogischen<br />

Zentren und Schulen durchgeführt. Damit war der<br />

beh<strong>in</strong>derungsspezifische Wissenstransfer gesichert. Da<br />

jedoch seit 2019 <strong>die</strong> schulischen Heilpädagog<strong>in</strong>nen durch<br />

<strong>die</strong> Regelschule angestellt wurden, war der Zugang zum<br />

fachlichen Knowhow im Bereich geistige Beh<strong>in</strong>derung<br />

66


7. Die Entwicklung <strong>in</strong> der Sonderschulung: Annäherung an <strong>die</strong> Regelschulen<br />

nicht mehr angemessen gewährleistet. Zur Sicherung der<br />

Qualität wurde daher der FDI geschaffen. Er begleitet und<br />

unterstützt <strong>die</strong> teilweise nicht spezifisch ausgebildeten<br />

IS-Lehrpersonen und Schulleitungen der Regelschulen <strong>in</strong><br />

fachlichen und beh<strong>in</strong>derungsspezifischen Fragen.<br />

Damit wurde der FFS zu e<strong>in</strong>er vielgestaltigen Abteilung<br />

der DVS, welche ambulante Leistungen der Beratung und<br />

Unterstützung <strong>in</strong> verschiedenen Beh<strong>in</strong>derungsbereichen<br />

anbietet und damit das Primat der Integration massgeblich<br />

unterstützt.<br />

Die Entwicklung zu vermehrter Integration wirkte sich<br />

auch auf <strong>die</strong> Sonderschulen aus. In <strong>die</strong>sen werden heute<br />

vorwiegend Lernende geschult, für welche e<strong>in</strong>e Integration<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> Regelschule aufgrund von schweren oder komplexen<br />

Beh<strong>in</strong>derungen oder zusätzlichen psychosozialen<br />

Bee<strong>in</strong>trächtigungen nicht zielführend ist. Dies stellt neue<br />

Herausforderungen an <strong>die</strong> Sonderschulen.<br />

Im Grundsatz hatte sich <strong>die</strong> Konzeption der Sonderschulung<br />

im Kanton Luzern bewährt. Aus <strong>die</strong>sem Grund erfuhr<br />

das Sonderschulkonzept 2020 ke<strong>in</strong>e wesentlichen<br />

Änderungen, sondern berücksichtigte aktuelle fachliche<br />

und gesellschaftliche Entwicklungen sowie <strong>die</strong> Erfahrungen<br />

<strong>in</strong> der Umsetzung, unter anderem <strong>die</strong> Ergebnisse der<br />

Evaluation IF/IS (<strong>in</strong>tegrative Förderung und <strong>in</strong>tegrative<br />

Sonderschulung) von 2019. Angepasst wurden <strong>die</strong> Begriffe<br />

für <strong>die</strong> Beh<strong>in</strong>derungsbereiche, welche nicht mehr zeitgemäss<br />

waren. Ebenso wurde <strong>die</strong> Bedarfsplanung an der<br />

veränderten Situation ausgerichtet. In der Umsetzung<br />

des Konzepts von 2012 lag der Schwerpunkt auf der<br />

strukturellen Entwicklung, d.h. der Schaffung und Ausdifferenzierung<br />

der Angebote. Die Umsetzung des Konzepts<br />

von 2020 legt den Fokus auf <strong>die</strong> qualitative Entwicklung<br />

der <strong>in</strong>tegrativen und separativen Sonderschulung.<br />

Kantonales Sonderschulkonzept 2020<br />

In der Umsetzung des kantonalen Sonderschulkonzepts<br />

von 2012 standen <strong>die</strong> Entwicklung, das Wachstum und <strong>die</strong><br />

Etablierung der <strong>in</strong>tegrativen Sonderschulung im Zentrum.<br />

Die Ausrichtung «Integration vor Separation» wurde<br />

schrittweise und <strong>in</strong> s<strong>in</strong>nvollem Rahmen realisiert. Wurden<br />

im Schuljahr 2008/09 erst 10 Prozent aller Lernenden<br />

mit Sonderschulbedarf <strong>in</strong>tegrativ geschult, s<strong>in</strong>d es<br />

im Schuljahr 2020/21 bereits über 43 Prozent.<br />

Die Sonderschulquote (Anzahl Lernende mit Sonderschulbedarf<br />

im Verhältnis zur Gesamtzahl der Lernenden<br />

<strong>in</strong> der Volksschule) stabilisierte sich seit 2014 auf ca.<br />

3.3 Prozent, wobei es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Bereichen zu Verschiebungen<br />

kam. So nahm im Bereich Verhaltensbeh<strong>in</strong>derung<br />

<strong>die</strong> Anzahl der Lernenden mit Sonderschulbedarf leicht,<br />

aber kont<strong>in</strong>uierlich zu, während <strong>die</strong> Lernendenzahlen im<br />

Bereich geistige Beh<strong>in</strong>derung abnahmen.<br />

67


8. Die Entwicklung der Musikschulen<br />

8. Die Entwicklung der Musikschulen:<br />

Vom Freizeit- zum Bildungsangebot<br />

Bis vor wenigen Jahren waren <strong>die</strong> Musikschulen e<strong>in</strong> Freizeitangebot ohne grossen<br />

Bezug zur Volksschulbildung. Dies hat sich nun grundlegend geändert. Es bestehen<br />

vielfältige Beziehungen und <strong>die</strong> gesetzlichen Regelungen s<strong>in</strong>d weitgehend identisch.<br />

a) Ausserschulischer Musikunterricht:<br />

E<strong>in</strong>e neue Epoche<br />

Der ausserschulische Musikunterricht reicht wie <strong>die</strong><br />

Volksschule mit verschiedenen Wurzeln tief <strong>in</strong> <strong>die</strong> Vergangenheit<br />

zurück. Man denke zum Beispiel an <strong>die</strong> von<br />

der Kirche gepflegte geistliche Musik und an <strong>die</strong> meist<br />

privat getragene Weitervermittlung der Volksmusik.<br />

Eigenständige, kommunal getragene Musikschulen s<strong>in</strong>d<br />

e<strong>in</strong>e Errungenschaft des 20. Jahrhunderts. Zwar legte<br />

der Grosse Stadtrat von Luzern bereits 1861 den Grundste<strong>in</strong><br />

für e<strong>in</strong>e Musikschule, <strong>in</strong>dem er <strong>die</strong> Stelle für e<strong>in</strong>en<br />

städtischen Musiklehrer und Musikdirektor schaffte. In<br />

den Geme<strong>in</strong>den bemühten sich aber noch lange <strong>in</strong>sbesondere<br />

<strong>die</strong> Musikvere<strong>in</strong>e darum, mit Kursen ihren Nachwuchs<br />

zu fördern. In den 1960er und <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> den<br />

1970er Jahren wurde nicht nur <strong>die</strong> Volksschulbildung,<br />

sondern auch <strong>die</strong> musikalische Bildung von e<strong>in</strong>em Schub<br />

erfasst. Es fand <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Zeit e<strong>in</strong> eigentlicher musikpädagogischer<br />

Aufbruch statt. Viele Geme<strong>in</strong>den des Kantons<br />

begannen, e<strong>in</strong>e eigene Musikschule zu führen.<br />

b) Erste kantonale Unterstützung<br />

Angestossen durch e<strong>in</strong>e von Brigitte Mürner e<strong>in</strong>gereichte<br />

Motion, <strong>die</strong> der Grosse Rat am 5. April 1977 für erheblich<br />

erklärt hatte, fanden <strong>die</strong> Musikschulen erstmals 1985 E<strong>in</strong>gang<br />

<strong>in</strong>s Erziehungsgesetz. Unter dem Titel «Musikerziehung»<br />

verpflichtete das Gesetz den Kanton zur Erfüllung<br />

folgender Aufgaben:<br />

– In Zusammenarbeit mit den Geme<strong>in</strong>den <strong>die</strong> Musikerziehung<br />

zu fördern;<br />

– den Musikunterricht an den Schulen und an den kommunalen<br />

Jugendmusikschulen zu koord<strong>in</strong>ieren;<br />

– Beiträge an <strong>die</strong> Musikschulen der Geme<strong>in</strong>den und an<br />

<strong>die</strong> Ausbildungsstäten für Musiklehrpersonen zu leisten;<br />

– <strong>die</strong> Fortbildung der Musiklehrer zu fördern.<br />

Damit war e<strong>in</strong>e tragfähige Grundlage geschaffen, welche<br />

<strong>die</strong> Entwicklung der kommunalen Musikschulen erheblich<br />

begünstigte.<br />

Gestützt auf <strong>die</strong>se Grundalge erliess der Regierungsrat<br />

am 17. Dezember des gleichen Jahres e<strong>in</strong>e Verordnung.<br />

Sie ermächtigte den Erziehungsrat, Richtl<strong>in</strong>ien für <strong>die</strong><br />

Musikschulen der Geme<strong>in</strong>den zu erlassen, machte den<br />

Musiklehrpersonen <strong>die</strong> kantonale Lehrer<strong>in</strong>nen- und Lehrerweiterbildung<br />

zugänglich und übertrug dem Kanton<br />

<strong>die</strong> Führung e<strong>in</strong>es didaktischen Zentrums Musik.<br />

Der Erziehungsrat setzte e<strong>in</strong>e Fachkommission e<strong>in</strong> und<br />

versah sie mit dem Auftrag, den Betrieb und <strong>die</strong> Weiterentwicklung<br />

der Musikschulen zu koord<strong>in</strong>ieren, aufkommende<br />

Fragen zu bearbeiten und <strong>die</strong> Musikschulen zu<br />

beraten.<br />

Die vom Erziehungsrat erlassenen Richtl<strong>in</strong>ien für <strong>die</strong><br />

Musikschulen wurden im Verlauf der Zeit immer wieder<br />

der Entwicklung angepasst. Sie enthielten Vorgaben zu<br />

den erforderlichen Qualifikationen der Musikschulleitungen<br />

und der Musikschullehrpersonen, zur Organisation<br />

der Schulen, zu den Unterrichtsangeboten und den von<br />

den Eltern dafür zu entrichtenden Beiträgen sowie zu den<br />

Anstellungsbed<strong>in</strong>gungen der Lehrpersonen.<br />

Nach e<strong>in</strong>igen Jahren wurde als Ergänzung zur Kommission<br />

für Musikerziehung im Amt für Volksschulbildung e<strong>in</strong> Teilpensum<br />

von 25 Prozent für <strong>die</strong> Bearbeitung der Fragen<br />

der Musikschulen und der Schulmusik e<strong>in</strong>gerichtet.<br />

Dieses noch eher bescheidene Engagement des Kantons<br />

förderte und sicherte den Auf- und Ausbau der Musikschulen<br />

wesentlich. <strong>Mit</strong> der Verordnung konnte e<strong>in</strong>e erste<br />

Koord<strong>in</strong>ation zwischen dem Musikunterricht <strong>in</strong> den Volksschulen<br />

und dem Unterricht <strong>in</strong> den Musikschulen sowie<br />

e<strong>in</strong>e generelle Verbesserung des Musikunterrichts erreicht<br />

werden. Weitere Geme<strong>in</strong>den entschieden sich, e<strong>in</strong>e<br />

Musikschule zu führen. Bis <strong>Mit</strong>te der 90er Jahre wuchs<br />

<strong>die</strong> Zahl auf 68 an. Damit alle K<strong>in</strong>der und Jugendlichen im<br />

Kanton Zugang zum musikalischen Bildungsangebot hatten,<br />

ermöglichten <strong>die</strong> Geme<strong>in</strong>den ohne eigene Musikschule<br />

den Besuch des Angebots <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er anderen Geme<strong>in</strong>de.<br />

<strong>Mit</strong> der Zunahme der Zahl der Musikschulen und der<br />

wachsenden Zahl an Musikschüler<strong>in</strong>nen und Musikschülern<br />

stieg auch <strong>die</strong> Zahl der qualifizierten und hauptberuf-<br />

68


8. Die Entwicklung der Musikschulen<br />

lich tätigen Musikschullehrpersonen. Diese waren <strong>in</strong> der<br />

Regel an mehreren Musikschulen teilzeitlich zu unterschiedlichen<br />

personal- und besoldungsrechtlichen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

angestellt. E<strong>in</strong>e Situation, <strong>die</strong> auf <strong>die</strong> Dauer nicht<br />

befriedigen konnte.<br />

c) Zwei Schritte vor, e<strong>in</strong>er zurück<br />

1991 begannen <strong>die</strong> Arbeiten zur Totalrevision des Erziehungsgesetzes.<br />

Von Seiten der Musikschulen und der<br />

Musikschullehrpersonen g<strong>in</strong>gen Forderungen e<strong>in</strong> nach<br />

verb<strong>in</strong>dlicherer kantonaler Regelung des Musikschulbereichs.<br />

Die Stellung und Aufgaben der Musikschulen wurden<br />

<strong>in</strong> der Arbeitsgruppe, <strong>die</strong> den Entwurf des neuen<br />

Volksschulbildungsgesetzes vorbereitete, e<strong>in</strong>gehend diskutiert.<br />

Der Entwurf zur Vernehmlassung enthielt <strong>die</strong> Musikschulen<br />

als ergänzendes Angebot zu den Volksschulen.<br />

Das hätte e<strong>in</strong>e Verbesserung der Stellung der<br />

Musikschulen, aber ke<strong>in</strong>e Gleichstellung mit der obligatorischen<br />

Volksschule bedeutet.<br />

Die auf <strong>die</strong> Vernehmlassung e<strong>in</strong>gegangenen Stellungnahmen<br />

verlangten aber mehrheitlich <strong>die</strong> Gleichstellung mit<br />

der Volksschule. Der Regierungsrat nahm <strong>die</strong>se Forderung<br />

auf und legte dem Grossen Rat e<strong>in</strong>en Gesetzesentwurf<br />

vor, der <strong>die</strong> Musikschulen als Teil des Volksschulangebotes<br />

regelte.<br />

Die vorberatende Kommission des Grossen Rates lehnte<br />

<strong>die</strong>se Gleichstellung ab und entschied sich, <strong>die</strong> Musikschulen<br />

als Zusatzangebot zu den Volksschulen festzulegen.<br />

Damit gerieten <strong>die</strong> Musikschulen kantonal wieder<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e schwächere Stellung als <strong>die</strong> Volksschulen. Trotzdem<br />

war aber vorgesehen, dass der Kanton e<strong>in</strong>e koord<strong>in</strong>ierende<br />

Funktion wahrnehmen und Beiträge nach Zahl<br />

der Lernenden ausrichten konnte, wenn <strong>die</strong> Musikschulen<br />

kantonal vorgegebene Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>halten. Der Grosse<br />

Rat folgte dem Vorschlag der Kommission und hiess<br />

das Gesetz über <strong>die</strong> Volksschulbildung am 22. März 1999<br />

gut. Daraufh<strong>in</strong> ergriff e<strong>in</strong> Komitee das Referendum. Bekämpft<br />

wurden <strong>die</strong> im Gesetz enthaltene neue Form der<br />

F<strong>in</strong>anzierung der Volksschulen mit Beiträgen nach Zahl<br />

der Lernenden und <strong>die</strong> aus Sicht des Komitees ungenügende<br />

Verankerung der Musikschulen. Zum zweiten<br />

Punkt bemängelte das Komitee:<br />

– Die kommunalen Musikschulen s<strong>in</strong>d im vorliegenden<br />

Gesetz nicht Teil der Volksschule. Damit ist <strong>die</strong> ganzheitliche<br />

Bildung gefährdet.<br />

– Die Musikschullehrpersonen haben weiterh<strong>in</strong> unterschiedliche<br />

Anstellungsbed<strong>in</strong>gungen.<br />

– Der Kanton entzieht sich der f<strong>in</strong>anziellen Verantwortung<br />

für <strong>die</strong> Musikschulbildung.<br />

Trotz grossen Anstrengungen des Referendumskomitees<br />

stimmten <strong>die</strong> Luzerner Stimmberechtigten dem vom<br />

Grossen Rat erlassenen Gesetz über <strong>die</strong> Volksschulbildung<br />

mit 56 Prozent zu. Die Musikschulen waren damit<br />

als Zusatzangebot zu den Volksschulen im Gesetz verankert.<br />

Das Gesetz trat am 1. Januar 2000 <strong>in</strong> Kraft.<br />

d) Sicherung des Erreichten<br />

Am 4. Dezember 2001 erliess der Regierungsrat <strong>die</strong> im<br />

Gesetz über <strong>die</strong> Volksschulbildung geforderte Verordnung<br />

über <strong>die</strong> Zusatzangebote zur Volksschule. Die<br />

Verordnung zielte auf e<strong>in</strong>e von Kanton und Geme<strong>in</strong>den<br />

partnerschaftlich geführte Qualitätsentwicklung der Musikschulen.<br />

E<strong>in</strong>e zu gleichen Teilen aus Kanton und Geme<strong>in</strong>den<br />

zusammengesetzte und von e<strong>in</strong>em Geme<strong>in</strong>devertreter<br />

geleitete Kommission erarbeitete Empfehlungen<br />

für <strong>die</strong> Musikschulen der Geme<strong>in</strong>den und Bed<strong>in</strong>gungen<br />

zur Anerkennung von Musikschulen durch den Kanton.<br />

Die Bed<strong>in</strong>gungen bezogen sich <strong>in</strong>sbesondere auf qualitätsfördernde<br />

und –sichernde Elemente, <strong>die</strong> von den<br />

Musikschulen e<strong>in</strong>geführt und gepflegt werden mussten.<br />

Musikschulen, welche <strong>die</strong> Erfüllung <strong>die</strong>ser Bed<strong>in</strong>gungen<br />

belegen konnten, wurden vom Kanton anerkannt und hat-<br />

69


8. Die Entwicklung der Musikschulen<br />

ten ab dem Jahr 2000 Anrecht auf Kantonsbeiträge von<br />

höchstens 250 Franken pro Lernende oder Lernender an<br />

<strong>die</strong> jährlichen Betriebskosten. Für das Jahr 2004 richtete<br />

der Kanton rund 3,25 Millionen Franken aus. Das entsprach<br />

ungefähr 5 Prozent des Gesamtaufwands für <strong>die</strong><br />

Musikschulen. E<strong>in</strong>e im Teilpensum angestellte Fachperson<br />

im Amt für Volkschulbildung bearbeitete weiterh<strong>in</strong><br />

Fragen aus dem Musikschulbereich, prüfte <strong>die</strong> Musikschulen<br />

auf <strong>die</strong> E<strong>in</strong>haltung der Bed<strong>in</strong>gungen, gab Anregungen<br />

zur Weiterentwicklung und führte das Sekretariat<br />

der Musikschulkommission. Der Kanton erteilte der Hochschule<br />

Musik e<strong>in</strong>en Leistungsauftrag zur Führung von<br />

Weiterbildungsangeboten für <strong>die</strong> Musikschullehrpersonen<br />

sowie zur Führung des Didaktischen Zentrums und<br />

leistete weiterh<strong>in</strong> <strong>die</strong> entsprechenden Beiträge.<br />

e) Überraschender Rückschlag<br />

Zur Verbesserung der schwierigen Lage der Staatsf<strong>in</strong>anzen<br />

beschloss <strong>die</strong> Regierung, mit dem Sparpaket 2005<br />

jährlich 90 Millionen Franken zu sparen. Da <strong>die</strong> Beiträge<br />

für <strong>die</strong> Musikschulen nicht gesetzlich gebundene Ausgaben<br />

waren, fielen sie den Sparmassnahmen zum Opfer. In<br />

der Folge wurden bereits für das Jahr 2005 ke<strong>in</strong>e Beiträge<br />

mehr ausgerichtet. In logischer Folge und im E<strong>in</strong>verständnis<br />

mit dem Verband Luzerner Geme<strong>in</strong>den (VLG)<br />

zog sich der Kanton aus der Koord<strong>in</strong>ation, Weiterentwicklung<br />

und Qualitätssicherung der kommunalen Musikschulen<br />

zurück. Die kantonale Musikschulkommission<br />

wurde aufgelöst und <strong>die</strong> Stelle des kantonalen Beauftragten<br />

für Musikschulfragen g<strong>in</strong>g verloren. Die vom Amt für<br />

Volksschulbildung bei den Musikschulen e<strong>in</strong>geleiteten<br />

Anerkennungsverfahren wurden abgebrochen.<br />

Dieser vollständige Rückzug des Kantons aus dem kommunalen<br />

Musikschulwesen hatte spür- und sichtbare Folgen:<br />

Die Geme<strong>in</strong>de- und <strong>die</strong> Elternbeiträge wurden erhöht,<br />

<strong>die</strong> Angebote der Musikschulen wurden gestrafft,<br />

<strong>die</strong> Dauer der Lektionen gekürzt, vermehrt wurde Unterricht<br />

<strong>in</strong> Gruppen erteilt, Besoldungen wurden reduziert<br />

und Personal abgebaut.<br />

70


8. Die Entwicklung der Musikschulen<br />

Auf den Hilferuf der Musikschulen setzte der Verband der<br />

Luzerner Geme<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>e Arbeitsgruppe e<strong>in</strong>, <strong>die</strong> Empfehlungen<br />

ausarbeitete, um <strong>die</strong> erreichte Koord<strong>in</strong>ation zwischen<br />

den Musikschulen zu erhalten und e<strong>in</strong>e vergleichbare<br />

Qualität zu sichern. Am 18. September 2006 wurden<br />

<strong>die</strong> Empfehlungen vom VLG gutgeheissen und den Geme<strong>in</strong>den<br />

zur Verfügung gestellt.<br />

f) Vorwärts zum Durchbruch<br />

Auf den Rückzug des Kantons aus der Unterstützung der<br />

kommunalen Musikschulen und der Förderung ihrer Weiterentwicklung<br />

reagierte der Verband der Musikschulen<br />

(VML) unverzüglich mit der Initiative «Musik <strong>in</strong>s Volksschulbildungsgesetz».<br />

Bereits am 17. September 2005<br />

begann e<strong>in</strong> breit abgestütztes Komitee mit der Unterschriftensammlung.<br />

Nach äusserst erfolgreicher Sammelaktion<br />

reichte das Komitee am 10. März 2006 <strong>die</strong> Initiative<br />

mit 15‘685 gültigen Unterschriften e<strong>in</strong>. Kaum e<strong>in</strong><br />

Jahr später, am 27. Februar 2006, empfahl der Regierungsrat<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Botschaft an den Grossen Rat, <strong>die</strong><br />

Initiative abzulehnen.<br />

Angesichts der breiten Abstützung der Initiative <strong>in</strong> der<br />

Bevölkerung wies der Grosse Rat den Antrag an <strong>die</strong> Regierung<br />

zurück und erteilte ihr den Auftrag, e<strong>in</strong>en Gegenvorschlag<br />

auszuarbeiten. Dieser sollte e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches, kostengünstiges<br />

und wirksames Qualitätssteuerungssystem<br />

sowie <strong>die</strong> Regelung der Anstellungsbed<strong>in</strong>gungen und des<br />

beruflichen Auftrags der Musikschullehrpersonen enthalten.<br />

Bereits elf Monate später, am 27. Mai 2008, legte der Regierungsrat<br />

den Gegenvorschlag vor, der <strong>die</strong> folgenden<br />

wesentlichen Regelungen enthielt:<br />

– Die Geme<strong>in</strong>den bieten den Lernenden während der<br />

obligatorischen Schulzeit Zugang zu e<strong>in</strong>er Musikschule.<br />

– Der Kanton leistet jenen Musikschulen, welche <strong>die</strong><br />

kantonalen Qualitätsvorgaben e<strong>in</strong>halten, pro Belegung<br />

e<strong>in</strong>es Unterrichtsangebots e<strong>in</strong>en Beitrag an <strong>die</strong><br />

Betriebskosten.<br />

– Die Lehrpersonen an den Musikschulen verfügen <strong>in</strong><br />

der Regel über e<strong>in</strong>e fachgemässe Ausbildung.<br />

Der Grosse Rat stimmte <strong>die</strong>sem Gegenvorschlag mit<br />

grosser Mehrheit zu. Die Führung von Musikschulen war<br />

mit <strong>die</strong>ser Regelung e<strong>in</strong>e obligatorische Geme<strong>in</strong>deaufgabe.<br />

Gemäss F<strong>in</strong>anzreform 08 waren obligatorische Geme<strong>in</strong>deaufgaben<br />

alle<strong>in</strong> von den Geme<strong>in</strong>den zu f<strong>in</strong>anzieren. Im<br />

vorliegenden Fall aber war der Grosse Rat bereit, von<br />

<strong>die</strong>ser Bestimmung abzuweichen.<br />

Da mit dem Gegenvorschlag e<strong>in</strong> wesentlicher Teil der gestellten<br />

Forderungen erfüllt wurde, zog das Komitee <strong>die</strong><br />

Initiative zurück.<br />

Die Verordnung über <strong>die</strong> Musikschulen vom 27. April 2010<br />

führte <strong>die</strong> gesetzlichen Bestimmungen genauer aus und<br />

trat auf das Schuljahr 2010/2011 <strong>in</strong> Kraft: Jede Geme<strong>in</strong>de<br />

mit kommunaler Musikschule musste für <strong>die</strong> Belange der<br />

Musikschule e<strong>in</strong> Gremium bezeichnen, e<strong>in</strong>e Verordnung<br />

oder Reglement erlassen und e<strong>in</strong>en Leistungsauftrag erteilen.<br />

Zudem mussten <strong>die</strong> kommunalen Musikschulen<br />

von e<strong>in</strong>er Leitung geführt werden, über e<strong>in</strong> Leitbild verfügen,<br />

Musiklehrpersonen mit fachgemässer Ausbildung<br />

beschäftigen und sie bezüglich der Entlohnung nach den<br />

kantonalen Vorgaben der Besoldungsordnung für <strong>die</strong><br />

Lehrpersonen e<strong>in</strong>reihen.<br />

Musikschulen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Bed<strong>in</strong>gungen erfüllten und e<strong>in</strong>e<br />

s<strong>in</strong>nvolle Grösse aufwiesen, hatten Anrecht auf Anerkennung<br />

durch <strong>die</strong> Dienststelle Volksschulbildung und auf<br />

<strong>die</strong> kantonalen Beiträge. Diese waren <strong>in</strong> der Verordnung<br />

auf durchschnittlich 350 Franken pro Lernenden oder<br />

Lernende und Schuljahr festgesetzt.<br />

Die Geme<strong>in</strong>den und Musikschulen waren aufgefordert,<br />

<strong>die</strong>se Vorgaben bis 2014 umzusetzen. Es begann e<strong>in</strong> tiefgreifender<br />

Entwicklungsprozess, durch den <strong>die</strong> Qualitätsunterschiede<br />

zwischen den Musikschulen ganz deutlich<br />

verr<strong>in</strong>gert werden konnten.<br />

Gesteuert wurde der Entwicklungsprozess von der<br />

Dienststelle Volksschulbildung. Im Teilpensum übernahm<br />

e<strong>in</strong>e Fachperson erneut <strong>die</strong> Bearbeitung des kommunalen<br />

Musikschulwesens. <strong>Mit</strong> E<strong>in</strong>bezug der kantonalen Musikschulkommission<br />

legte sie <strong>die</strong> Qualitätsvorgaben fest<br />

und stellte <strong>die</strong> Unterstützungsmittel bereit.<br />

E<strong>in</strong>e für <strong>die</strong> Qualitätsentwicklung besonders wichtige Aufgabe<br />

war <strong>die</strong> E<strong>in</strong>ordnung der Ausbildungsabschlüsse der<br />

Musikschullehrpersonen h<strong>in</strong>sichtlich der geforderten<br />

fachgemässen Ausbildung. E<strong>in</strong>e kaum vorstellbare Vielfalt<br />

an <strong>in</strong>- und ausländischen, privaten, halbprivaten und<br />

staatlichen Ausbildungsgängen, Zertifikaten und Diplomen<br />

mussten auf ihren fachlichen Wert abgeklärt und<br />

e<strong>in</strong>geschätzt werden. Dazu war e<strong>in</strong> zeitraubender Austausch<br />

mit Ausbildungsstätten, Musikschulverantwortlichen<br />

<strong>in</strong> anderen Kantonen und der Musikhochschule<br />

notwendig. <strong>Mit</strong> Musiklehrpersonen mit unvollständiger<br />

Ausbildung wurden <strong>in</strong>dividuelle Nachqualifikationen vere<strong>in</strong>bart,<br />

<strong>die</strong> sie im Rahmen der Weiterbildung durchlaufen<br />

konnten. Diese Arbeit verlangte nicht nur Fachkompetenz<br />

sondern auch e<strong>in</strong>iges F<strong>in</strong>gerspitzengefühl, betraf sie<br />

71


8. Die Entwicklung der Musikschulen<br />

doch bei e<strong>in</strong>zelnen Musikschullehrpersonen das berufliche<br />

Selbstverständnis oder warf gar existenzielle Fragen<br />

auf. Letztlich wurde aber e<strong>in</strong> Ziel erreicht, das von den<br />

Musikschullehrpersonen schon lange gewünscht worden<br />

war: <strong>die</strong> e<strong>in</strong>heitliche Besoldungse<strong>in</strong>reihung nach kantonaler<br />

Besoldungsverordnung für <strong>die</strong> Lehrpersonen.<br />

Die Bestimmung, dass Musikschulen e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle Grösse<br />

erreichen müssen, führte zu e<strong>in</strong>er wesentlichen Veränderung<br />

der Musikschullandschaft. Die Dienststelle<br />

Volksschulbildung legte auf Vorschlag der kantonalen<br />

Musikschulkommission <strong>die</strong> m<strong>in</strong>imale Grösse auf 200<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler bzw. 200 Fachbelegungen fest.<br />

In der Folge schlossen sich mehrere kle<strong>in</strong>e Musikschulen<br />

zusammen. Die Zahl der Musikschulen verr<strong>in</strong>gerte sich<br />

auf 40. Trotz den Zusammenschlüssen wird aber der Unterricht<br />

weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> allen Geme<strong>in</strong>den durchgeführt. Der<br />

Vorteil der grösseren Musikschulen liegt auf der Hand.<br />

Sie stellen e<strong>in</strong> grösseres Angebot zur Verfügung, ermöglichen<br />

den Musikschullehrpersonen grössere Unterrichtspensen<br />

an e<strong>in</strong>er Schule und gew<strong>in</strong>nen durch e<strong>in</strong>e ausgebildete<br />

Schulleitung mehr an Professionalität.<br />

g) Breite Verankerung hält<br />

Im Aufgaben- und F<strong>in</strong>anzplan 2016–2019 des Kantons<br />

zeichnete sich e<strong>in</strong> Fehlbetrag von mehr als 500 Millionen<br />

Franken ab. Um <strong>die</strong> Neuverschuldung zu verh<strong>in</strong>dern, beschlossen<br />

Kantonsrat und Regierung am 12. Dezember<br />

2016 e<strong>in</strong> Konsoli<strong>die</strong>rungsprogramm 2017 (KP17). Es umfasste<br />

neben Zusatze<strong>in</strong>nahmen e<strong>in</strong>e Vielzahl von Sparmassnahmen.<br />

E<strong>in</strong>e davon betraf <strong>die</strong> kommunalen Musikschulen.<br />

Der Kantonsbeitrag sollte halbiert werden.<br />

Dagegen ergriff <strong>die</strong> Luzerner Allianz für Lebensqualität<br />

das Referendum. Am 15. Februar 2017 reichte das Komitee<br />

«Gegen <strong>die</strong> Halbierung der Kantonsbeiträge an <strong>die</strong><br />

kommunalen Musikschulen» 22‘537 beglaubigte Unterschriften<br />

e<strong>in</strong>. Dieses Ergebnis bedeutete kantonaler Rekord.<br />

In der Volksabstimmung vom 21. Mai 2017 fiel <strong>die</strong> Sparmassnahme<br />

mit e<strong>in</strong>em Ne<strong>in</strong>-Stimmenanteil von 67,7 Prozent<br />

durch.<br />

h) Noch e<strong>in</strong> grosser Schritt vorwärts: Angleichung an<br />

<strong>die</strong> Volksschule erreicht<br />

2014 erhielt der Regierungsrat mit e<strong>in</strong>er Motion den Auftrag,<br />

e<strong>in</strong>e Aufgaben- und F<strong>in</strong>anzreform e<strong>in</strong>zuleiten. Nach<br />

sehr umfangreichen Abklärungen und Verzögerungen<br />

wegen verschiedenen Sparpaketen legte der Regierungsrat<br />

dem Kantonsrat im Oktober 2018 <strong>die</strong> Botschaft zur<br />

Aufgaben- und F<strong>in</strong>anzreform 18 (AFR 18) vor. <strong>Mit</strong> <strong>die</strong>ser<br />

grossen Reform wurden <strong>die</strong> Aufgaben von Kanton und<br />

Geme<strong>in</strong>den und deren F<strong>in</strong>anzierung neu geregelt. Im Umfang<br />

von 200 Millionen Franken wurden Aufgaben zwischen<br />

dem Kanton und den Geme<strong>in</strong>den umverteilt. Die f<strong>in</strong>anziell<br />

gewichtigste Änderung war, dass Kanton und<br />

Geme<strong>in</strong>den <strong>die</strong> Kosten für <strong>die</strong> Volksschulen je zur Hälfte<br />

tragen sollten. Bis anh<strong>in</strong> beteiligte sich der Kanton nur zu<br />

72


8. Die Entwicklung der Musikschulen<br />

25 Prozent. Neu zu den Volksschulkosten wurden auch<br />

<strong>die</strong> Kosten für <strong>die</strong> Musikschulen e<strong>in</strong>gerechnet, <strong>die</strong>s e<strong>in</strong>e<br />

Neuerung, wie sie offenbar nur im Rahmen e<strong>in</strong>er grossen<br />

F<strong>in</strong>anzreform möglich war.<br />

Nach <strong>in</strong>tensiven Beratungen hiess der Kantonsrat am<br />

8. Februar 2019 mit 66 zu 43 Stimmen das Reformwerk<br />

gut. In der Volksabstimmung vom 19. Mai 2019 wurde das<br />

Gesetz über <strong>die</strong> Aufgaben- und F<strong>in</strong>anzreform 18 (AFR18)<br />

angenommen. 56,91 Prozent der Luzerner Stimmberechtigten<br />

sagten ja dazu.<br />

<strong>Mit</strong> <strong>die</strong>ser Reform s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> kantonalen Regelungen für <strong>die</strong><br />

Musikschulen jenen für <strong>die</strong> Volksschule seit dem 1. Januar<br />

2020 weitestgehend angeglichen. Der Kanton entrichtet<br />

den Musikschulen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Qualitätsvorgaben e<strong>in</strong>halten,<br />

Beiträge. Diese decken, nach Abzug der Elternbeiträge,<br />

50 Prozent der gesamten im Kanton entstehenden<br />

Betriebskosten für <strong>die</strong> Musikschulen. Aktuell werden<br />

1075 Franken pro Lernender oder Lernende und Schuljahr<br />

für e<strong>in</strong>e Lektion von 40 M<strong>in</strong>uten ausgerichtet. Zudem<br />

haben <strong>die</strong> kommunalen Musikschulen auch den Instrumentalunterricht<br />

für <strong>die</strong> kantonalen Gymnasien und Fachmittelschulen<br />

übernommen.<br />

Neu für <strong>die</strong> Musikschullehrpersonen gilt auch das<br />

kantonale Personalgesetz wie für <strong>die</strong> Lehrpersonen der<br />

Volksschule. E<strong>in</strong>e weitere Errungenschaft, welche <strong>die</strong><br />

Anstellungssituation der Musikschullehrpersonen erheblich<br />

verbessert.<br />

In den vergangenen vierzig Jahren haben sich <strong>die</strong> kommunalen<br />

Musikschulen somit von lokal ausgerichteten<br />

Organisationen zu Bildungsstätten mit geme<strong>in</strong>samer Zielsetzung<br />

und vergleichbarer Qualität entwickelt, welche<br />

e<strong>in</strong>en festen Bestandteil des kantonalen Bildungswesens<br />

darstellen.<br />

73


Aus der Praxis<br />

Integrative Sonderschulung<br />

«Wir bereiten sie auf e<strong>in</strong> selbstbestimmtes Leben vor»<br />

Integrieren statt separieren. Das Modell, das <strong>die</strong> Luzerner Volksschulen vor e<strong>in</strong>igen<br />

Jahren e<strong>in</strong>geführt haben, hat sich <strong>in</strong>zwischen bewährt und ist für Lehrpersonen wie<br />

auch Lernende – ob beh<strong>in</strong>dert oder nicht – e<strong>in</strong>e Bereicherung.<br />

K<strong>in</strong>der mit besonderen Bedürfnissen, zum Beispiel solche<br />

mit e<strong>in</strong>er leichten geistigen Beh<strong>in</strong>derung, sollen <strong>die</strong><br />

Möglichkeit haben, <strong>in</strong> ihrem Quartier und mit den «Gspänli»<br />

aus der Nachbarschaft zur Schule zu gehen. So lautet <strong>die</strong><br />

Absicht der Integrativen Sonderschulung (IS), <strong>die</strong> auch im<br />

Kanton Luzern vor e<strong>in</strong>igen Jahren e<strong>in</strong>geführt wurde.<br />

Ganz nach dem Motto: Integrieren statt separieren. Dass<br />

das neue System anfänglich Skepsis auslöste, kann<br />

Noëlle Bieri, <strong>die</strong> seit sieben Jahren als IS-Lehrer<strong>in</strong> <strong>in</strong> der<br />

Stadt Luzern tätig ist, durchaus verstehen. «Die Lehrpersonen<br />

hatten Bedenken, dem beh<strong>in</strong>derten K<strong>in</strong>d gerecht<br />

zu werden, und viele Eltern befürchteten, dass ihr nichtbeh<strong>in</strong>dertes<br />

K<strong>in</strong>d nicht genügend gefördert wird», sagt<br />

<strong>die</strong> schulische Heilpädagog<strong>in</strong>. Dank viel Überzeugungsarbeit<br />

sei es aber gelungen, den Lehrpersonen den Nutzen<br />

der Integrativen Sonderschulung aufzuzeigen. Wichtig<br />

ist bei IS auch, dass <strong>die</strong> Lehrpersonen gleich e<strong>in</strong> gutes<br />

Vertrauensverhältnis zum K<strong>in</strong>d aufbauen und e<strong>in</strong>e enge<br />

Zusammenarbeit mit den Eltern pflegen. Das sei zwar mit<br />

e<strong>in</strong>em gewissen Aufwand verbunden, zahle sich aber<br />

schnell aus.<br />

Handlungsorientierter Unterricht<br />

Wie funktioniert das <strong>in</strong>tegrative Modell denn im Detail?<br />

«Wichtig ist, dass man mit dem beh<strong>in</strong>derten K<strong>in</strong>d nicht<br />

separat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ecke oder draussen im Gang arbeitet»,<br />

sagt Noëlle Bieri. Das hätte nicht viel mit Integration zu<br />

tun. «Das K<strong>in</strong>d soll am gleichen Gegenstand arbeiten können<br />

wie <strong>die</strong> anderen K<strong>in</strong>der.» E<strong>in</strong> Beispiel: Die Klasse<br />

rechnet mit Geld, löst dazu komplexe mathematische Aufgaben.<br />

Parallel versucht <strong>die</strong> IS-Lehrperson, mit dem beh<strong>in</strong>derten<br />

K<strong>in</strong>d den Wert der e<strong>in</strong>zelnen Geldnoten zu erarbeiten<br />

und beim E<strong>in</strong>kaufen im Lebensmittelgeschäft<br />

den Praxisbezug herzustellen. Bieri: «Unser grosses Ziel<br />

ist es, <strong>die</strong>se K<strong>in</strong>der auf e<strong>in</strong> autonomes, selbstbestimmtes<br />

Leben vorzubereiten. Deshalb brauchen sie unbed<strong>in</strong>gt<br />

Die Angebote der Sonderschulung<br />

Sonderschulmassnahmen richten sich an K<strong>in</strong>der und<br />

Jugendliche, <strong>die</strong> aufgrund e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung mit den<br />

<strong>Mit</strong>teln der Regelschule nicht angemessen gefördert<br />

werden können. Im Kanton Luzern gibt es zwei Formen<br />

der Sonderschulung: <strong>in</strong>tegrativ und separativ. In<br />

der <strong>in</strong>tegrativen Sonderschulung besucht das K<strong>in</strong>d <strong>die</strong><br />

Regelschule an se<strong>in</strong>em Wohnort und wirt dort durch<br />

zusätzliche Massnahmen unterstützt. Die separative<br />

Sonderschulung f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er beh<strong>in</strong>derungsspezifischen<br />

Institution statt. Die Integration wird der Separation<br />

vorgezogen, sofern <strong>die</strong>s zum Wohle des K<strong>in</strong>des<br />

ist. Die <strong>in</strong>tegrative Sonderschulung (IS) ist zu unterscheiden<br />

von den Förderangeboten (IF), <strong>die</strong> zum<br />

Grundangebot der Regelschule gehören und allen K<strong>in</strong>dern<br />

e<strong>in</strong>er Klasse zur Verfügung stehen.<br />

Wird e<strong>in</strong> Sonderschulbedarf vermutet, ist e<strong>in</strong>e Abklärung<br />

bei der zuständigen Abklärungsstelle nötig<br />

(Schulpsychologischer Dienst oder Fach<strong>die</strong>nst für<br />

Sonderschulabklärungen). Empfiehlt <strong>die</strong> abklärende<br />

Stelle e<strong>in</strong>e Sonderschulmassnahme, stellt <strong>die</strong> zuständige<br />

Schulleitung geme<strong>in</strong>sam mit den Eltern e<strong>in</strong>en<br />

Sonderschulantrag an <strong>die</strong> Dienststelle Volksschulbildung<br />

(DVS). Die DVS prüft den Antrag, entscheidet<br />

über den Bedarf und legt <strong>die</strong> Massnahmen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen<br />

Verfügung fest.<br />

Im Kanton Luzern haben 3,3 Prozent aller Lernenden<br />

der Volksschule e<strong>in</strong>e Sonderschulmassnahme. 43 Prozent<br />

davon werden <strong>in</strong>tegrativ <strong>in</strong> der Regelschule gefördert,<br />

57 Prozent <strong>in</strong> Sonderschulen.<br />

74


Aus der Praxis<br />

Noëlle Bieri redet mit ihren K<strong>in</strong>dern offen über Menschen mit Bee<strong>in</strong>trächtigung.<br />

e<strong>in</strong>en handlungsorientierten Unterricht.» Stark profitieren<br />

<strong>in</strong>tegrierte Sonderschüler/<strong>in</strong>nen übrigens auch,<br />

wenn sie <strong>die</strong> anderen K<strong>in</strong>der bei der Arbeit beobachten<br />

und nachahmen können. Das führe erwiesenermassen zu<br />

e<strong>in</strong>em sehr guten Lerneffekt.<br />

Alle K<strong>in</strong>der profitieren<br />

Auf dem Papier ist Noëlle Bieri «nur» für das IS-K<strong>in</strong>d zuständig.<br />

De facto fliessen aber ihre Ressourcen als ausgebildete<br />

schulische Heilpädagog<strong>in</strong> <strong>in</strong>s gesamte Unterrichtsteam<br />

e<strong>in</strong>. Dadurch profitieren auch <strong>die</strong> anderen<br />

K<strong>in</strong>der von ihrer Anwesenheit. Dass <strong>die</strong>se allgeme<strong>in</strong> von<br />

der Heterogenität <strong>in</strong> der Klasse e<strong>in</strong>en Nutzen ziehen,<br />

steht für Noëlle Bieri sowieso ausser Frage. «Dank der<br />

<strong>in</strong>tegrativen Sonderschulung erfahren <strong>die</strong> anderen K<strong>in</strong>der,<br />

dass nicht alle Menschen gleich s<strong>in</strong>d und dass wir<br />

alle unsere Stärken und Schwächen haben. Dadurch erweitern<br />

sie ihre Sozialkompetenzen und bekommen e<strong>in</strong>en<br />

besseren Zugang zu Menschen mit e<strong>in</strong>er Bee<strong>in</strong>trächtigung.»<br />

Im Unterricht werde übrigens ke<strong>in</strong> Tabu daraus<br />

gemacht, man rede offen darüber. <strong>Mit</strong> Freude stellt Noëlle<br />

Bieri auch fest, dass fast alle K<strong>in</strong>der der Integration offen<br />

gegenüberstehen und <strong>in</strong> den entsprechenden Klassen jeweils<br />

e<strong>in</strong>e gute Stimmung herrscht. Überhaupt seien <strong>die</strong><br />

meisten Ängste mittlerweile aus dem Weg geräumt. «Wir<br />

konnten aufzeigen, dass <strong>die</strong> Integrative Sonderschulung<br />

für alle Beteiligten mehr Gew<strong>in</strong>n denn Verlust ist.»<br />

75


BRIGITTE MÜRNER<br />

Brigitte Mürner, was zeichnet <strong>die</strong><br />

Luzerner Volksschulen aus?<br />

Die Luzerner Volksschulen stehen<br />

im schweizerischen Vergleich sehr<br />

gut da. Die Fachleute aus andern<br />

Kantonen haben sich immer wieder<br />

an unserer fortschrittlichen Schulentwicklung<br />

orientiert. Der langjährige<br />

DVS-Vorsteher Charles V<strong>in</strong>cent<br />

war <strong>in</strong> der Konferenz der schweizerischen<br />

Volksschul-Zuständigen<br />

e<strong>in</strong>e prägende Persönlichkeit mit<br />

hoher pädagogischer Kompetenz.<br />

Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> Schulentwicklung<br />

der letzten 40 Jahre?<br />

Sie musste auf noch nie dagewesene<br />

Veränderungen <strong>in</strong> der Gesellschaft<br />

und <strong>in</strong> den Bildungsprämissen<br />

reagieren. Stichworte s<strong>in</strong>d <strong>die</strong><br />

Liberalisierung im gesellschaftlichen<br />

Bereich, <strong>die</strong> Marg<strong>in</strong>alisierung<br />

des kirchlichen E<strong>in</strong>flusses, <strong>die</strong> Digitalisierung,<br />

<strong>die</strong> Globalisierung, <strong>die</strong><br />

Zunahme der E<strong>in</strong>wanderung, der<br />

Multikulturalismus. Nach me<strong>in</strong>er<br />

Ansicht haben <strong>die</strong> Zuständigen <strong>in</strong><br />

unserem Kanton <strong>die</strong>se grossen Herausforderungen<br />

sehr gut gemeiste rt.<br />

Die Volksschüler erleben e<strong>in</strong>e Schule,<br />

<strong>die</strong> ihnen den Start <strong>in</strong>s Berufs- und<br />

Erwachsenenleben begünstigt.<br />

BRIGITTE MÜRNER<br />

Regierungsrät<strong>in</strong> Kanton Luzern<br />

Erziehungs- und Kulturdirektor<strong>in</strong><br />

Kanton Luzern 1987–1999<br />

Hat Sie auch etwas geärgert <strong>in</strong><br />

<strong>die</strong>sen 40 Jahren?<br />

Ja. Die Tatsache, dass heute nicht<br />

nur <strong>die</strong> Volksschulabgänger, sonder n<br />

auch <strong>die</strong> Absolventen von höheren<br />

Schulen <strong>die</strong> deutsche Sprache nicht<br />

mehr beherrschen und dass damit<br />

e<strong>in</strong> wesentliches Kulturgut verkümmert.<br />

Wo sehen Sie Handlungsbedarf für<br />

<strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>?<br />

Beim Deutschunterricht und dem<br />

korrekten Sprachgebrauch <strong>in</strong> den<br />

andern Fächern. Orthografie und<br />

Grammatik, aber auch das Lesen<br />

und Bearbeiten guter Literatur<br />

sollten wieder e<strong>in</strong>en höheren<br />

Stellenwert erhalten.<br />

Was halten Sie von der <strong>in</strong>tegrativen<br />

Sonderschulung?<br />

Die E<strong>in</strong>führung der <strong>in</strong>tegrativen<br />

Sonderschulung, <strong>die</strong> ich an vorderster<br />

Front begleitet habe, war e<strong>in</strong><br />

mutiges und gut geme<strong>in</strong>tes, aber<br />

auch e<strong>in</strong> gefährliches Unterfangen.<br />

Gefährlich <strong>in</strong> Bezug auf <strong>die</strong> <strong>in</strong>dividuelle<br />

Förderung sowohl der begabten<br />

als auch der leistungsschwächeren<br />

Schüler. Intellektuell schwächere<br />

Menschen erfahren nach der Schulzeit<br />

tr otz der vorherigen schulischen<br />

Integration Formen der Ausgrenzung<br />

und müssen dann lernen,<br />

damit umzugehen.<br />

Was halten Sie von der Entwicklung<br />

der Musikschulen?<br />

Als ehemalige leidenschaftliche<br />

Kämpfer<strong>in</strong> für <strong>die</strong> Besserstellung<br />

der Musikschulen freute mich<br />

natü rlich das Ja der Bevölkerung<br />

zur neuen AFR18-Gesetzgebung, <strong>die</strong><br />

neu 50 Prozent Kantonsbeiträge an<br />

<strong>die</strong> Kosten der kommunalen<br />

Musikschulen (<strong>in</strong>kl. Besoldung der<br />

Musiklehrperson) vorsieht.<br />

76


PIRMIN HODEL<br />

Pirm<strong>in</strong> Hodel, wie beurteilen Sie<br />

<strong>die</strong> Schulentwicklung der letzten<br />

40 Jahre?<br />

Die Errungenschaften s<strong>in</strong>d bee<strong>in</strong>druckend<br />

und ernteten schweizweit<br />

Anerkennung. Insgesamt ist der Unterricht<br />

an den Luzerner Volksschulen<br />

– parallel zu den neuen Lebenswelten<br />

– deutlich komplexer und<br />

differenzierter geworden. Das ermöglicht<br />

den Schüler<strong>in</strong>nen und<br />

Schülern, ihr persönliches Potenzial<br />

im Laufe ihrer Schullaufbahn besser<br />

auszuschöpfen.<br />

Was hat Sie am meisten gefreut?<br />

<strong>Mit</strong> der Zauberformel «Planen, durchführen,<br />

auswerten, verbessern»<br />

haben wir es geschafft, <strong>die</strong> Qualität<br />

der Luzerner Volksschule stetig zu<br />

verbessern. Nun gilt es, fokussiert<br />

weiterzumachen und <strong>die</strong> richtigen<br />

Schlüsse aus den gemachten Erfahrungen<br />

zu ziehen. Sicher braucht es<br />

weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e gesteuerte Diskussion<br />

über <strong>die</strong> Weiterentwicklung der<br />

Luzerner Volksschule. Dabei sollen<br />

<strong>die</strong> unterschiedlichen Perspektiven<br />

aller beteiligten Partnerorganisationen<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> Debatte mite<strong>in</strong>fliessen.<br />

PIRMIN HODEL<br />

Präsident Verband Schulleiter<strong>in</strong>nen<br />

und Schulleiter Kanton Luzern<br />

(VSL LU)<br />

Rektor Schulen Willisau<br />

Was hat Sie am meisten geärgert?<br />

Bei grossen Projekten liegt es <strong>in</strong> der<br />

Natur der Sache, dass nicht alles<br />

planmässig verläuft. Fehler s<strong>in</strong>d<br />

aber halb so schlimm, wenn man<br />

daraus lernt.<br />

Wo sehen Sie Handlungsbedarf für<br />

<strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>?<br />

Ich vergleiche es mit e<strong>in</strong>em Bild.<br />

Für <strong>die</strong> künftige Ausgestaltung der<br />

Volksschule soll der Kanton den<br />

Rahmen und das Sujet vorgeben,<br />

während <strong>die</strong> Schulen vor Ort bei der<br />

Farbwahl lokale Akzente setzen<br />

dürfen. Ausserdem muss es uns<br />

weiterh<strong>in</strong> gel<strong>in</strong>gen, starke Persönlichkeiten<br />

für den Lehrberuf zu gew<strong>in</strong>nen.<br />

<strong>Mit</strong> ihnen steht und fällt <strong>die</strong><br />

Qualität des Unterrichts und der<br />

Lernerfolg.<br />

Was halten Sie von der<br />

Entwicklung der Sonderschulung<br />

im Kanton Luzern?<br />

Glücklicherweise besteht heute e<strong>in</strong><br />

gutes Zusammenspiel zwischen den<br />

Regelschulen und den Sonderschulen<br />

des Kantons Luzern. E<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d, das<br />

aufgrund von E<strong>in</strong>schränkungen <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Sonderschule startet, hat Aussicht,<br />

den zweiten Teil der Volksschul<br />

zeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Regelklasse zu<br />

absolvieren. Umgekehrt startet e<strong>in</strong><br />

anderes K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Regelschule<br />

und im Verlaufe der Zeit zeigt sich,<br />

dass den Bedürfnissen des K<strong>in</strong>des<br />

besser entsprochen wird, wenn es<br />

permanent <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>gruppen von 6–8<br />

Lernenden unterrichtet wird. Als<br />

<strong>Mit</strong>telweg wurde <strong>die</strong> <strong>in</strong>tegrative<br />

Sonderschulung <strong>in</strong>stalliert, also <strong>die</strong><br />

E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung von Lernenden mit<br />

besonderen Bedürfnissen <strong>in</strong> der<br />

Regelklasse.<br />

77


9. Vom Inspektorat zum umfassenden Qualitätsmanagement<br />

9. Vom Inspektorat zum umfassenden Qualitätsmanagement<br />

Die Steuerung und Überwachung der Schulen und der Schul- und Unterrichtsqualität<br />

ist heute ganzheitlich organisiert: Alle an der Schule beteiligten Personen und Führungsstellen<br />

leisten e<strong>in</strong>en Beitrag dazu. Das ist e<strong>in</strong>e sehr grosse Veränderung gegenüber<br />

der Zeit vor dem Inkrafttreten des aktuellen Volkschulbildungsgesetzes.<br />

a) Das Schul<strong>in</strong>spektorat als kantonale Steuerung<br />

Bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes über <strong>die</strong> Volksschulbildung<br />

am 1. Januar 2000 wurden <strong>die</strong> öffentlichen<br />

und privaten Volksschulen von den beiden kantonalen<br />

Schul<strong>in</strong>spektoraten beaufsichtigt. Für <strong>die</strong> Kle<strong>in</strong>klassen,<br />

<strong>die</strong> Sonderschulklassen und <strong>die</strong> Werkschulen, <strong>die</strong> Logopä<strong>die</strong><br />

sowie <strong>die</strong> Psychomotorik war das kantonale Sonderschul<strong>in</strong>spektorat<br />

zuständig, für <strong>die</strong> K<strong>in</strong>dergärten das<br />

kantonale K<strong>in</strong>dergarten<strong>in</strong>spektorat. Zudem kam auf kantonaler<br />

Ebene für <strong>die</strong> Aufsicht des Handarbeitsunterrichts,<br />

des Hauswirtschaftsunterrichts und des Turnunterrichts<br />

je e<strong>in</strong> kantonales Fach<strong>in</strong>spektorat h<strong>in</strong>zu. Alle<br />

Kantons- und Fach<strong>in</strong>spektorate stellten hauptamtliche<br />

Tätigkeiten dar. Zu ihren Aufgaben gehörten unter anderem<br />

<strong>die</strong> Beaufsichtigung der zugeteilten Schulen oder<br />

Fachbereiche durch Schulbesuche, <strong>die</strong> Beratung der örtlichen<br />

Behörden <strong>in</strong> allen Fragen des Volksschulwesens<br />

oder <strong>die</strong> Weiterentwicklung im Bildungswesen. Das Erziehungsdepartement<br />

setzte e<strong>in</strong>e Geschäftsleitung des<br />

Schul<strong>in</strong>spektorats e<strong>in</strong>, dessen Leitungsperson unter anderem<br />

<strong>die</strong> Arbeiten der kantonalen Inspektorate koord<strong>in</strong>ierte<br />

und das Schul<strong>in</strong>spektorat gegenüber der Erziehungsdirektion<br />

und dem Erziehungsrat vertrat.<br />

Für <strong>die</strong> unmittelbare Aufsicht des Unterrichts <strong>in</strong> den Bezirken<br />

und Geme<strong>in</strong>den waren nebenamtliche Bezirks<strong>in</strong>spektorate<br />

im E<strong>in</strong>satz. Bezirks<strong>in</strong>spektor<strong>in</strong>nen und -<strong>in</strong>spektoren<br />

waren selbst tätige Lehrpersonen. Sie wurden<br />

durch den Erziehungsrat auf Antrag des kantonalen<br />

Schul<strong>in</strong>spektorats für vier Jahre als Bezirks<strong>in</strong>spektor<strong>in</strong><br />

oder Bezirks<strong>in</strong>spektor gewählt. Ihre Hauptaufgabe bestand<br />

<strong>in</strong> der Beaufsichtigung der ihnen zugeteilten Lehrpersonen<br />

und Schulpflegen und im Vollzug rechtlicher<br />

Grundlagen und Weisungen der kantonalen Schul<strong>in</strong>spektorate.<br />

Sie hatten jährlich ihre zugeteilten Lehrpersonen<br />

zu besuchen, konkret ihren Unterricht zu beurteilen, sie<br />

zu unterstützen, zu beraten und bei Bedarf Mängel mit<br />

der Schulpflege und der Schulleitung zu besprechen. Von<br />

kantonaler Seite konnte e<strong>in</strong>e Lehrperson somit von e<strong>in</strong>em<br />

Bezirks<strong>in</strong>spektor Turnen im Fach Turnen und gleichzeitig<br />

von der zuständigen Bezirks<strong>in</strong>spektor<strong>in</strong> K<strong>in</strong>dergarten im<br />

restlichen Unterricht beaufsichtigt werden. Innerhalb der<br />

Hierarchie hatten <strong>die</strong> Bezirks<strong>in</strong>spektor<strong>in</strong>nen und -<strong>in</strong>spektoren<br />

dem zuständigen kantonalen Schul<strong>in</strong>spektorat<br />

jährlich Bericht zu erstatten und an angeordneten Konferenzen<br />

teilzunehmen. An sogenannten Bezirkskonferenzen<br />

mussten sie mit den Lehrpersonen E<strong>in</strong>drücke und<br />

Probleme <strong>in</strong> ihrem Inspektoratskreis besprechen.<br />

b) Die Geme<strong>in</strong>den übernehmen Verantwortung für <strong>die</strong><br />

Qualität ihrer Schule<br />

Im Rahmen des Projekts «Schulen mit <strong>Profil</strong>» wurde zwischen<br />

1995 und 2005 <strong>die</strong> Volksschule als Verbundaufgabe<br />

zwischen Kanton und Geme<strong>in</strong>den geregelt, wobei dem<br />

Kanton <strong>die</strong> Gesamtverantwortung zukam. Der Kanton<br />

legt nun <strong>die</strong> Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für <strong>die</strong> Volksschule<br />

fest, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Schulen organisieren sich selbst. Die<br />

unmittelbare Aufsicht über <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelne Schule wurde der<br />

Schulpflege übertragen, welche der operativ verantwortlichen<br />

Schulleitung vorsteht. <strong>Mit</strong> <strong>die</strong>ser Dezentralisierung<br />

im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Aufgabendelegation an lokale Akteure auf<br />

e<strong>in</strong>er tieferen Systemebene war <strong>die</strong> Schulpflege nicht<br />

mehr nur Vollzugsbehörde, sondern erhielt nun erweiterten<br />

Entscheidungsspielraum und <strong>die</strong> Kompetenz <strong>in</strong> der<br />

Festlegung und der Ausgestaltung des lokalen Schulangebots<br />

und der Organisation des Schulbetriebs nach den<br />

Bedürfnissen und Möglichkeiten vor Ort. Die F<strong>in</strong>anzkompetenz<br />

verblieb beim Geme<strong>in</strong>derat. Innerhalb des Qualitätsmanagements<br />

oblag der Schulpflege <strong>die</strong> Beaufsichtigung<br />

der Schule als Ganzes. Die Beurteilung der<br />

Lehrpersonen und <strong>die</strong> Durchführung <strong>in</strong>terner Evaluationen<br />

wurden mit dem Volksschulbildungsgesetz der operativ<br />

tätigen Schulleitung übertragen. Für weitere<br />

Elemente e<strong>in</strong>es Qualitätsmanagements, beispielsweise<br />

Feedbacks unter Lehrpersonen, wurden vonseiten des<br />

Kantons Grundlagendokumente zur Verfügung gestellt.<br />

78


9. Vom Inspektorat zum umfassenden Qualitätsmanagement<br />

c) Teilautonome Schulen benötigen neue<br />

Steuerungsformen<br />

Die neue Teilautonomie der Schulen erforderte und ermöglichte<br />

auf kantonaler Ebene angepasste Aufsichtsund<br />

Steuerungsformen. Im neuen Volksschulbildungsgesetz<br />

wurden das Inspektoratssystem abgeschafft und<br />

<strong>die</strong>se Aufgaben an verschiedene Akteure delegiert. Da<br />

gleichzeitig der Erziehungsrat als Sonderbehörde für <strong>die</strong><br />

Bildung abgeschafft wurde, g<strong>in</strong>gen <strong>die</strong> Oberaufsicht über<br />

<strong>die</strong> Volksschule und <strong>die</strong> Sicherung und Entwicklung der<br />

Schulqualität auf den Regierungsrat respektive das zuständige<br />

Departement über. Der Bildungsbereich wurde<br />

somit auf kantonaler Ebene den anderen Aufgabenbereichen<br />

angeglichen, womit <strong>die</strong> Steuerung des Volksschulwesens<br />

<strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong> kantonal vere<strong>in</strong>facht wurde.<br />

Innerhalb des Departements wurde das Amt für Volksschulbildung<br />

gestärkt, welchem unter anderem <strong>die</strong> Überwachung<br />

der E<strong>in</strong>haltung kantonaler Vorgaben zukam.<br />

Bezüglich Vorgaben wurde beabsichtigt, e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong>en<br />

Rahmen zur Qualitätssicherung vorzugeben, <strong>in</strong> dem sich<br />

<strong>die</strong> Schulen autonom bewegen konnten und andererseits<br />

<strong>in</strong> schulbetrieblicher H<strong>in</strong>sicht nur noch e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>destmass<br />

an Vorschriften zu erlassen. Die Aufsichtstätigkeit wurde<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> damalige Abteilung Bildungscontroll<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>gebaut,<br />

e<strong>in</strong>e Abteilung, <strong>die</strong> hauptsächlich Steuerungswissen<br />

durch statistische Datenerhebungen und <strong>die</strong> Begleitung<br />

von Systemevaluationen generierte. Die Aufsichtstätigkeit<br />

wurde damit zu e<strong>in</strong>er Kontrolltätigkeit, <strong>die</strong> sich auf<br />

Aufsichtsgespräche zu den jährlich festgelegten Aufsichtsthemen<br />

beschränkte. Weiter wurden neben dem<br />

Amt für Volksschulbildung <strong>die</strong> Fachstelle für Schulberatung<br />

und jene für Lehrer<strong>in</strong>nen- und Lehrerweiterbildung,<br />

sowie <strong>die</strong> Fachstelle für Schulevaluation geschaffen.<br />

Letztere hatte <strong>die</strong> Aufgabe, <strong>die</strong> Qualität der e<strong>in</strong>zelnen<br />

Schulen als Ganzes zu beurteilen und Verbesserungsmassnahmen<br />

aufzuzeigen.<br />

Für <strong>die</strong> Überprüfung kantonaler Vorgaben und <strong>die</strong> Beurteilung<br />

der Schule waren ab 1999 also zwei separate, hierarchisch<br />

gleichgestellte kantonale Stellen zuständig. Der<br />

Fokus richtete sich nun auf kantonaler Ebene vermehrt<br />

auf <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelne Schule und weniger auf <strong>die</strong> Lehrperson<br />

und ihre Unterrichtstätigkeit. <strong>Mit</strong> der Fachstelle für Schulevaluation<br />

wurde e<strong>in</strong> Qualitätselement implementiert,<br />

das zentral gesteuert wurde, aber an den e<strong>in</strong>zelnen Schulen<br />

agierte und e<strong>in</strong>e professionelle Aussensicht bot. Ihre<br />

Tätigkeit nützte e<strong>in</strong>erseits den e<strong>in</strong>zelnen Schulen, <strong>in</strong>dem<br />

sie mit dem Evaluationsbericht Steuerungswissen und<br />

Grundlagen für <strong>die</strong> Rechenschaftslegung und Weiterentwicklung<br />

erhielten, andererseits <strong>die</strong>nten periodische Berichterstattungen<br />

zuhanden des Bildungsdepartements<br />

auf kantonaler Ebene als Steuerungswissen über <strong>die</strong><br />

Qualität an den Volksschulen.<br />

Indem Aufgaben und Verantwortlichkeiten bei e<strong>in</strong>zelnen<br />

Personen entflechtet und neu <strong>in</strong>stitutionalisiert wurden,<br />

konnten auf kantonaler Ebene klarere Strukturen geschaffen<br />

werden. So wurde auch der Grundste<strong>in</strong> gelegt,<br />

dass sich aus der umfassenden Aufgabenstellung der Inspektor<strong>in</strong>nen<br />

und Inspektoren professionelle Fachbereiche<br />

bilden konnten.<br />

Die Fachstelle für Schulevaluation führte von 2002 bis<br />

2005 im Rahmen e<strong>in</strong>er Pilotphase 50 externe Evaluationen<br />

durch. Auf deren Basis entwickelte sie e<strong>in</strong> Standardverfahren.<br />

Die Betriebsphase der Fachstelle für Schulevaluation<br />

ab 2005 erforderte jedoch vorgängig <strong>die</strong><br />

Klärung der Frage: «Was ist gute Schulqualität?». Hierfür<br />

wurde durch <strong>die</strong> Fachstelle erstmals e<strong>in</strong> sogenannter<br />

«Orientierungsrahmen Schulqualität» erarbeitet, welcher<br />

auf verschiedenen Evaluationsansätzen basierte<br />

und e<strong>in</strong>e Def<strong>in</strong>ition von guter Qualität enthielt. Er basierte<br />

auf dem Ordnungspr<strong>in</strong>zip von Input-, Prozess- und Outputqualität<br />

sowie e<strong>in</strong>em ganzheitlichen Qualitätsmanagement<br />

und enthielt zu verschiedenen Themen ausformulierte<br />

Qualitätsansprüche. <strong>Mit</strong> dem Orientierungsrahmen<br />

Schulqualität wurde für sämtliche kantonalen und kommunalen<br />

Stellen, <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Qualität an Schulen verantwortlich<br />

waren, e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Handlungsrichtung gegeben.<br />

d) E<strong>in</strong> umfassendes Qualitätsmanagement wird<br />

gebildet<br />

Interne und externe Evaluationen wurden <strong>in</strong> der angepassten<br />

Verordnung zum Volksschulbildungsgesetz 2005<br />

neudef<strong>in</strong>iert und <strong>die</strong> Verantwortung dafür festgelegt. So<br />

erhielt <strong>die</strong> Schulleitung <strong>die</strong> Verantwortung, <strong>die</strong> <strong>in</strong>ternen<br />

Evaluationen <strong>in</strong> <strong>die</strong> von der Schulpflege zu genehmigende<br />

Mehrjahresplanung aufzunehmen. Ausserdem wurde alle<br />

vier Jahre für jede Schule <strong>die</strong> Durchführung e<strong>in</strong>er externen<br />

Evaluation durch <strong>die</strong> Fachstelle für Schulevaluation<br />

vorgesehen. Der Evaluationsbericht wurde zuhanden der<br />

Schulleitung und der Schulpflege sowie dem damaligen<br />

79


9. Vom Inspektorat zum umfassenden Qualitätsmanagement<br />

Amt für Volksschulbildung zugestellt. Letzteres musste<br />

durch <strong>die</strong> Abteilung Bildungscontroll<strong>in</strong>g den aus der Evaluation<br />

abgeleiteten Massnahmenplan genehmigen. Der<br />

Prozess war damit abgeschlossen, der Output lag <strong>in</strong><br />

Form des Evaluationsberichts vor.<br />

Im teilrevi<strong>die</strong>rten Volksschulbildungsgesetz 2008 wurde<br />

nicht nur das Amt für Volksschulbildung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Dienststelle<br />

umgewandelt, sondern auch <strong>die</strong> Fachstelle für<br />

Schulevaluation <strong>in</strong> <strong>die</strong> Dienstelle <strong>in</strong>tegriert und als Abteilung<br />

geführt, <strong>die</strong> für <strong>die</strong> externe Evaluation der Schulen<br />

und <strong>die</strong> Evaluation des gesamten Volksschulsystems verantwortlich<br />

war. Weiter g<strong>in</strong>g aus der Abteilung Bildungscontroll<strong>in</strong>g<br />

neu <strong>die</strong> Abteilung Schulaufsicht hervor, welche<br />

primär <strong>die</strong> E<strong>in</strong>haltung der kantonalen Vorgaben zu<br />

überwachen und <strong>die</strong> konkretisierten Ziele und Massnahmen<br />

aus der externen Evaluation zu genehmigen und<br />

nach Abschluss der Umsetzung <strong>die</strong> Zielerreichung zu<br />

überprüfen hatte. Die restlichen Aufgaben des Bildungscontroll<strong>in</strong>gs<br />

wurden nun durch <strong>die</strong> Stelle für Bildungsplanung<br />

bearbeitet. Beide Abteilungen – Schulevaluation<br />

und Schulaufsicht – stellten <strong>in</strong>nerhalb der Dienstelle e<strong>in</strong><br />

systematisches, schulnahes Controll<strong>in</strong>gsystem sicher,<br />

das geme<strong>in</strong>sam dafür sorgte, dass an den Schulen im<br />

Kanton Luzern e<strong>in</strong>e vergleichbar gute Schulqualität und<br />

e<strong>in</strong> vergleichbar gutes Schulangebot besteht. <strong>Mit</strong> System-<br />

und Projektevaluationen wurden zusätzlich Neuerungen<br />

und kantonale Projekte überprüft.<br />

3 DER QUALITÄTSKREISLAUF<br />

Kont<strong>in</strong>uierliches Qualitätshandeln<br />

2009 gab <strong>die</strong> Dienststelle Volksschulbildung e<strong>in</strong>en leicht<br />

überarbeiteten Orientierungsrahmen heraus. Diesem lag<br />

erstmals der <strong>in</strong> verschiedenen Qualitätssystemen bekannte<br />

Qualitätskreislauf zugrunde, der von nun an als<br />

zentrales Handlungspr<strong>in</strong>zip im Qualitätsmanagement gilt.<br />

Die vier Phasen des Qualitätskreislaufs (Planen, Umsetzen,<br />

Überprüfen und Verbessern) sorgen dafür, dass e<strong>in</strong>e<br />

gute Schul- und Unterrichtsqualität durch systematisches<br />

und kont<strong>in</strong>uierliches Handeln gefördert wird – und<br />

das sowohl von allen lokalen als auch von den kantonalen<br />

Akteuren.<br />

e) Stärkung <strong>in</strong>terner Instrumente<br />

2009 wurde den Schulen mehr Verantwortung im Qualitätsmanagement<br />

übertragen. Die <strong>in</strong>terne Evaluation wurde<br />

durch weitere Elemente des Qualitätsmanagements<br />

explizit <strong>in</strong> der Verordnung zum Volksschulbildungsgesetz<br />

ergänzt. So hatte jede Schule <strong>in</strong> ihrem Qualitätskonzept<br />

<strong>die</strong> Elemente Qualitätsgruppen, Selbstbeurteilung, Beurteilungs-<br />

und Fördergespräche, <strong>in</strong>terne Evaluation und<br />

Weiterbildung vorzusehen. Trotz <strong>die</strong>ser Delegation von<br />

Verantwortung behielt sich der Gesetzgeber <strong>die</strong> Möglichkeit<br />

offen, von kantonaler Seite E<strong>in</strong>fluss nehmen zu können,<br />

<strong>in</strong>dem er der Dienststelle Volksschulbilduwng vorbehielt,<br />

für e<strong>in</strong>zelne Elemente des Qualitätsmanagements M<strong>in</strong>deststandards<br />

festlegen zu können. Ab 2013 wurden <strong>die</strong><br />

Schulen verpflichtet, e<strong>in</strong>e Kurzform des Evaluationsberichts<br />

zu veröffentlichen und somit gegenüber der<br />

Im Zentrum des Qualitätsmanagements steht der Qualitätskreislauf. Die Schule stellt sich bei ihren Tätigkeiten<br />

immer wieder <strong>die</strong> Frage, welche Ziele sie erreichen will und welche Instrumente und Methoden<br />

sich dafür am besten eignen. Sie überprüft ihr Handeln systematisch und leitet daraus konsequent <strong>die</strong><br />

notwendigen Schritte ab. Erst durch das vollständige Durchlaufen des Qualitätskreislaufes wird e<strong>in</strong>e systematische<br />

Weiterentwicklung der Schul- und Unterrichtsqualität möglich.<br />

Wo stehen wir? Was wollen wir erreichen?<br />

Planen<br />

Welche Konsequenzen ziehen wir<br />

aus den Ergebnissen?<br />

Verbessern<br />

U msetzen<br />

Wie setzen wir <strong>die</strong> Massnahmen um?<br />

S<strong>in</strong>d wir auf dem richtigen Weg?<br />

Überprüfen<br />

Haben wir <strong>die</strong> Ziele erreicht?<br />

Der Qualitätskreislauf bildet <strong>die</strong> Grundlage für e<strong>in</strong>e laufende und systematische Weiterentwicklung aller<br />

Aktivitäten. Im Detail lassen sich im Qualitätskreislauf 80 vier Phasen beschreiben, <strong>die</strong> idealtypisch sowohl<br />

von der Schule als Institution, von Teams als auch von e<strong>in</strong>zelnen Lehrpersonen durchlaufen werden.<br />

5<br />

sschulen


9. Vom Inspektorat zum umfassenden Qualitätsmanagement<br />

<strong>Mit</strong> dem 2015 teilrevi<strong>die</strong>rten Volksschulbildungsgesetz<br />

wurde auch <strong>die</strong> lokale Aufsicht verändert. So konnten ab<br />

2016 <strong>die</strong> Schulpflegen durch beratende Bildungskommissionen<br />

ersetzt werden. Dadurch wurde <strong>die</strong> Verantwortung<br />

für <strong>die</strong> Qualität <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>den, <strong>die</strong> das Modell der beratenden<br />

Bildungskommission wählten, vollständig dem<br />

Geme<strong>in</strong>derat und der Schulleitung übertragen.<br />

Qualitätsmanagement<br />

der Volksschulen<br />

f) Politische Überprüfung des Qualitätssystems<br />

<strong>Mit</strong> e<strong>in</strong>er Motion wurde 2018 im Kantonsrat <strong>die</strong> Überprüfung<br />

der externen Schulevaluation verlangt. Es wurde<br />

deshalb e<strong>in</strong> Wirkungsbericht erstellt, welcher der externen<br />

Evaluation und dem ganzen Qualitätssystem der<br />

Luzerner Volksschulen sehr gute Noten erteilte. <strong>Mit</strong> der<br />

Kenntnisnahme <strong>die</strong>ses Wirkungsberichts Ende Oktober<br />

2020 bestätigte der Kantonsrat <strong>die</strong> Bedeutung <strong>die</strong>ses<br />

ganzheitlichen Qualitätsmanagements mit den verschiedenen<br />

kantonalen und kommunalen Akteuren. Damit<br />

wurde auch <strong>die</strong> Forderung nach Abschaffung der externen<br />

Schulevaluation def<strong>in</strong>itiv abgewiesen.<br />

Q_Management.<strong>in</strong>dd 1 09.02.15 11:25<br />

Öffentlichkeit Rechenschaft abzulegen. Ab 2019 wurden<br />

<strong>die</strong> Elemente des schul<strong>in</strong>ternen Qualitätsmanagements<br />

durch Leistungsmessungen wie Stellwerktests erweitert.<br />

Insgesamt wurden von 2009 bis 2020 schul<strong>in</strong>terne Elemente<br />

des Qualitätsmanagements gestärkt, <strong>in</strong>dem <strong>die</strong><br />

Schulen je nach Bedarf Unterstützung durch <strong>die</strong> Dienststelle<br />

Volksschulbildung beanspruchen konnten. Die externen<br />

Schulevaluationen wurden, auch bed<strong>in</strong>gt durch<br />

Sparmassnahmen, reduziert. Ihr Evaluationsturnus wurde<br />

von vier auf fünf Jahre ausgeweitet, 2019 sogar auf<br />

sechs Jahre. Weiter wurde 2017 im Rahmen e<strong>in</strong>er Straffung<br />

der Organisationsbereiche <strong>die</strong> Abteilung Schulevaluation<br />

als Bereich <strong>in</strong> <strong>die</strong> Abteilung Schulunterstützung<br />

<strong>in</strong>tegriert.<br />

81


Aus der Praxis<br />

Sekundarschulmodelle<br />

«Wir haben den <strong>in</strong>dustriellen 45-M<strong>in</strong>uten-Takt aufgehoben»<br />

Lucia Held (40) aus Luzern ist Sekundarschul-Lehrer<strong>in</strong> und pädagogische Leiter<strong>in</strong><br />

des <strong>in</strong>tegrierten Sekundarschulmodells (ISS) <strong>in</strong> Eschenbach. Hier schildert sie <strong>die</strong><br />

besondere Ausprägung <strong>die</strong>ses Modells an ihrer Schule.<br />

Lucia Held, <strong>in</strong> Eschenbach werden <strong>die</strong> Oberstufenschüler<br />

im <strong>in</strong>tegrierten Sekundarschulmodell, kurz<br />

ISS, unterrichtet – und zwar <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er schweizweit<br />

e<strong>in</strong>zigartigen Ausprägung. Können Sie das erläutern?<br />

Anfang Jahr teilen wir unsere Siebtklässler <strong>in</strong> zwei Lerngruppen<br />

à rund 40 Personen e<strong>in</strong>. Diese bilden dann e<strong>in</strong>e<br />

Art «Schule <strong>in</strong> der Schule». Das heisst: Sie bleiben drei<br />

Jahre lang zusammen und werden von zwei bis drei Klassenlehrpersonen<br />

geme<strong>in</strong>sam unterrichtet. Wichtiger<br />

noch: Wir versuchen, unsere Schule <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Biotop des<br />

nachhaltigen Lernens mit Lebensweltbezug zu verwandeln.<br />

Wie wirkt sich das auf den Unterricht aus?<br />

Unser Modell basiert auf vier Grundpfeilern. Herzstück<br />

ist das sogenannte «Projekt», das auf Lernen <strong>in</strong> Zusammenhängen<br />

und an gesellschaftlich relevanten Problemstellungen<br />

basiert. In fächerübergreifenden Projekten<br />

sollen <strong>die</strong> Jugendlichen im eigenen Tempo und kooperativ<br />

lernen können.<br />

E<strong>in</strong> Beispiel?<br />

Kürzlich beschäftigten wir uns mit dem Thema Wasser.<br />

Dabei schrieben <strong>die</strong> Jugendlichen Interviews mit e<strong>in</strong>em<br />

Taucher oder Fischer, verfassten e<strong>in</strong>e Erörterung zum<br />

Thema «Wasser – Bedrohung oder Lebenselixier?»,<br />

zeichneten Bilder zu Redewendungen. E<strong>in</strong> Jugendlicher<br />

schrieb sogar e<strong>in</strong>en eigenen «Wassersong», e<strong>in</strong> anderer<br />

baute e<strong>in</strong> Wasserrad oder berechnete den eigenen Wasserverbrauch.<br />

Den Höhepunkt unseres Projekts bildete<br />

der geme<strong>in</strong>same Veloausflug an den Baldeggersee, an<br />

dem wir Wasserstandsmessungen vornahmen und E<strong>in</strong>blick<br />

<strong>in</strong>s Rettungsschwimmen und <strong>die</strong> wichtigsten Wiederbelebungsmassnahmen<br />

erhielten.<br />

Welches s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> anderen Grundpfeiler des<br />

Eschenbacher Modells?<br />

«Input», der herkömmliche Fachunterricht, und «EVA»,<br />

das eigenverantwortliche Arbeiten, laufen parallel <strong>in</strong>nerhalb<br />

der Lerngruppe. Das kann so aussehen, dass e<strong>in</strong>e<br />

Klassenlehrperson <strong>die</strong> Hälfte der Lerngruppe <strong>in</strong> Mathe-<br />

Sekundarschule: Drei Modelle<br />

Früher galt im Kanton Luzern auf der Oberstufe <strong>die</strong><br />

E<strong>in</strong>teilung <strong>in</strong> Sekundar-, Real- und Werkschule. Vor<br />

20 Jahren wurde <strong>die</strong>se Stufe neu gestaltet und fortan<br />

im getrennten, kooperativen oder <strong>in</strong>tegrierten Modell<br />

geführt. Im getrennten Modell werden <strong>die</strong> Klassen <strong>in</strong><br />

separaten Leistungsniveaus A, B und C geführt. Lernende<br />

im kooperativen Modell werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Klasse<br />

mit grundlegenden oder erweiterten Anforderungen<br />

e<strong>in</strong>geteilt und nur <strong>in</strong> den Fächern Deutsch, Englisch,<br />

Französisch und Mathematik <strong>in</strong> Niveaugruppen unterrichtet.<br />

Im <strong>in</strong>tegrierten Modell h<strong>in</strong>gegen werden <strong>die</strong><br />

Lernenden nur für <strong>die</strong> erwähnten vier Fächer <strong>in</strong> Niveaugruppen<br />

unterrichtet, ansonsten s<strong>in</strong>d alle Lernenden –<br />

wie <strong>in</strong> der Primarschule – geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Klasse.<br />

Bei der Wahl des Modells durch <strong>die</strong> Geme<strong>in</strong>de spielen<br />

sowohl strukturelle als auch pädagogische Überlegungen<br />

e<strong>in</strong>e Rolle. Wählten im Jahr 2005 noch fast <strong>die</strong><br />

Hälfte aller Geme<strong>in</strong>den im Kanton Luzern das getrennte<br />

Modell, so kommt <strong>die</strong>ses heute nur noch ganz selten<br />

vor. Es zeigt sich e<strong>in</strong>e klare Tendenz <strong>in</strong> Richtung des<br />

kooperativen und <strong>in</strong>tegrierten Modells, weshalb im<br />

Rahmen der laufenden Teilrevision des Gesetzes über<br />

<strong>die</strong> Volksschulbildung vorgeschlagen wird, das getrennte<br />

Modell zu streichen.<br />

82


Aus der Praxis<br />

Dank Lucia Held werden <strong>die</strong> Sekundarschüler <strong>in</strong> Eschenbach auf e<strong>in</strong>e ganz besondere Art unterrichtet.<br />

matik unterrichtet, während <strong>die</strong> andere Hälfte bei der anderen<br />

Klassenlehrperson im Lernstudio e<strong>in</strong>en anderen<br />

Lern<strong>in</strong>halt selbständig erarbeitet. Im vierten Pfeiler<br />

«Kurs» werden <strong>die</strong> Jugendlichen während e<strong>in</strong>er Doppellektion<br />

von Fachlehrpersonen <strong>in</strong> den Fächern Musik,<br />

Technisches und Textiles Gestalten, Wirtschaft, Arbeit<br />

und Haushalt zu spezifischen Themen unterrichtet.<br />

Warum gefällt Ihnen <strong>die</strong>se Form des Unterrichtens<br />

so sehr?<br />

Mir imponiert, wie unsere Jugendlichen oft freiwillig zusätzliche<br />

Zeit <strong>in</strong> der Schule verbr<strong>in</strong>gen, um Arbeiten zu<br />

erledigen und geme<strong>in</strong>sam zu lernen. Oder dass sie über<br />

lange Zeit sehr konzentriert und ohne diszipl<strong>in</strong>arische<br />

Massnahmen an e<strong>in</strong>em Thema arbeiten. Bereichernd ist<br />

auch <strong>die</strong> Tatsache, dass ich e<strong>in</strong>en Grossteil der Unterrichtszeit<br />

mit me<strong>in</strong>er Tandemlehrperson bestreite. Nicht<br />

zuletzt empf<strong>in</strong>de ich <strong>die</strong> erhöhte Beziehungspflege zu<br />

unseren Jugendlichen als grossen Vorteil für unsere tägliche<br />

pädagogische Arbeit.<br />

Die Pausenglocke haben Sie auch nicht mehr <strong>in</strong><br />

Eschenbach. Warum?<br />

E<strong>in</strong> Lernender ist im Mathe-Bauste<strong>in</strong> etwas schneller,<br />

braucht dafür im Deutsch länger. Es müssen nicht alle<br />

das Gleiche machen und zur gleichen Zeit fertig se<strong>in</strong>. Wir<br />

haben den <strong>in</strong>dustriellen 45-M<strong>in</strong>uten-Takt aufgehoben.<br />

83


URS W. STUDER<br />

Urs W. Studer, wie beurteilen Sie<br />

<strong>die</strong> Schulentwicklung im Kanton<br />

Luzern <strong>in</strong> den letzten vier Jahrzehnten?<br />

Die Schule ist Spiegelbild der Gesellschaft.<br />

Deshalb ist es richtig und<br />

wichtig, dass sich das «System<br />

Schule» an <strong>die</strong> gesellschaftlichen<br />

Entwicklungen anpasst. Das haben<br />

<strong>die</strong> Luzerner Volksschulen getan.<br />

Insbesondere war es e<strong>in</strong> weiser Entscheid,<br />

<strong>in</strong> den Schulen Schulleitungen<br />

e<strong>in</strong>zusetzen und ihnen <strong>die</strong> direkte<br />

Führungsverantwortung zu<br />

übertragen. In der Zusammenarbeit<br />

der Behörden mit den Schulleitungen<br />

konnte <strong>die</strong> Schulentwicklung<br />

gezielter vorangetrieben werden.<br />

Was halten Sie von den grossen<br />

Schulprojekten wie «Schulen mit<br />

<strong>Profil</strong>» oder «Schulen mit<br />

<strong>Zukunft</strong>»?<br />

Sie hatten Signalwirkung für <strong>die</strong><br />

ganze Schweiz. <strong>Mit</strong> <strong>die</strong>sen Projekten<br />

gab <strong>die</strong> Dienststelle Volksschulbildung<br />

den Luzerner Volksschulen<br />

e<strong>in</strong>en Rahmen, der Orientierung<br />

URS W. STUDER<br />

Stadtpräsident Stadt Luzern<br />

1996–2012<br />

Vorstandsmitglied Fördervere<strong>in</strong><br />

Luzerner Volksschulen<br />

bedeutete und zugleich genügend<br />

Handlungsspielraum offenliess.<br />

Dem DVS-Leiter Charles V<strong>in</strong>cent gebührt<br />

hierfür e<strong>in</strong> grosses Kompliment.<br />

Er hat nicht nur wichtige Impulse<br />

gesetzt, sondern sie mit<br />

klaren Programmen und Unterstützungsmassnahmen<br />

unermüdlich<br />

und konsequent <strong>in</strong> den Schulen verankert.<br />

Gibt es etwas, das Sie an der<br />

heutigen Schule ärgert?<br />

Die nach wie vor bestehende Kompete<br />

nz der kommunal zustän digen<br />

Schulbehörden, dem e<strong>in</strong>zelnen K<strong>in</strong>d<br />

vier sogenannte «Joker-Halbtage»<br />

zu erteilen, und zwar ohne dass e<strong>in</strong><br />

Dispensationsgrund angegeben<br />

werden muss.<br />

Was halten Sie von der Neue<strong>in</strong>teilung<br />

der Sekundarschultypen?<br />

Dass der Kanton das getrennte<br />

Sekundarschulmodell streichen will,<br />

f<strong>in</strong>de ich zeitgemäss und richtig. Im<br />

Alter der Pubertät bef<strong>in</strong>den sich <strong>die</strong><br />

Jugendlichen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Such- und<br />

F<strong>in</strong>dungsprozess und ich begrüsse<br />

es, dass nicht bereits im Alter von<br />

12 Jahren Entscheide für e<strong>in</strong>e künftige<br />

Berufswahl vorgenommen<br />

werden.<br />

Wo sehen Sie Handlungsbedarf für<br />

<strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>?<br />

Die Heterogenität der Gesellschaft<br />

wird weiter zunehmen, <strong>die</strong> Integration<br />

aller bleibt e<strong>in</strong>e zentrale Aufgabe<br />

der Volksschule. In der K<strong>in</strong>dheit<br />

ist e<strong>in</strong> gutes Fundament zu legen –<br />

nicht nur für <strong>die</strong> persönliche Leistungsbereitschaft<br />

und Leistungsfähigkeit<br />

e<strong>in</strong>es jeden, sondern auch<br />

für dessen soziales Verhalten. Der<br />

soziale Zusammenhalt wird entscheidend<br />

se<strong>in</strong> für <strong>die</strong> Art und Weise,<br />

wie künftige Generationen Krisen<br />

bewältigen und Entwicklungen vorantreiben<br />

können. Dafür müssen<br />

auch <strong>die</strong> f<strong>in</strong>anziellen <strong>Mit</strong>tel gesprochen<br />

werden.<br />

84


RENÉ STEINER<br />

René Ste<strong>in</strong>er, was zeichnet <strong>die</strong><br />

Luzerner Volksschulen aus?<br />

Seit Jahrzehnten gel<strong>in</strong>gt es immer<br />

wieder, dass alle relevanten Stakeholder<br />

sich auf geme<strong>in</strong>same, langfristige<br />

Ziele verpflichten und <strong>die</strong>se<br />

mit viel Herzblut angehen. Dies<br />

schafft für alle Beteiligten Orientierung<br />

und Verlässlichkeit. Und davon<br />

profitieren K<strong>in</strong>der und Jugendliche.<br />

Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> Schulentwicklung<br />

der letzten 40 Jah re?<br />

Obwohl es im deutschsprachigen<br />

Raum nur wenige Erfahrungswerte<br />

gab, hat <strong>die</strong> DVS <strong>die</strong> Luzerner Volksschulen<br />

auf ihrem anspruchsvollen<br />

Weg, «gute Schulen» zu werden, ruhig<br />

und kompetent unterstützt. Dies<br />

hat dazu geführt, dass sehr viele<br />

Kantone ihre Entwicklungsprozesse<br />

auf «unsere» abgestützt haben.<br />

Was hat Sie am meisten gefreut?<br />

Der grosse Rückhalt unserer Volksschule<br />

<strong>in</strong> Gesellschaft, Politik und<br />

Wirtschaft. Und dass sich so viele<br />

Personen für e<strong>in</strong>e zukunftsfähige<br />

Schule e<strong>in</strong>setzen.<br />

RENÉ STEINER<br />

Leiter HSS Unternehmensberatung,<br />

Sursee<br />

Vorstandsmitglied Fördervere<strong>in</strong><br />

Luzerner Volksschulen<br />

Wo sehen Sie Handlungsbedarf für<br />

<strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>?<br />

Der kompetenzorientierte Unterricht<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em digitalisierten Umfeld<br />

fordert alle Beteiligten. Unsere K<strong>in</strong>der<br />

und Jugendlichen müssen über<br />

noch mehr Kompetenzen verfügen<br />

als wir Erwachsene, damit sie nach<br />

der Schule ihr Leben bewältigen<br />

und gestalten können. Auch wir<br />

selber müssen uns mit den neuen<br />

Kompetenzanforderungen ause<strong>in</strong>andersetzen,<br />

damit wir weiter unsere<br />

K<strong>in</strong>der und Jugendlichen unterstützen<br />

und coachen können. Das<br />

erfordert persönliches Engagement,<br />

Ressourcen und der Glaube an <strong>die</strong><br />

<strong>Zukunft</strong>, trotz oder gerade wegen<br />

Corona.<br />

Was halten Sie von der Neue<strong>in</strong>teilung<br />

der Sekundarschultypen?<br />

Die geplante Reduktion der Strukturmodelle<br />

von drei auf zwei –<br />

kooperatives und <strong>in</strong>tegriertes Modell –<br />

ist s<strong>in</strong>nvoll. Integrierende und<br />

<strong>in</strong>dividualisierte Schul- und Unterrichtsmodelle<br />

werden <strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong><br />

noch wichtiger. Das getrennte Modell<br />

dürfte <strong>in</strong>kompatibel se<strong>in</strong> mit<br />

den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen<br />

Veränderungen.<br />

Wie erfolgt das Qualitätsmanagement<br />

an den Luzerner<br />

Volksschulen?<br />

Die <strong>in</strong>ternen und externen Schulevaluationen<br />

s<strong>in</strong>d seit bald 20 Jahren<br />

<strong>in</strong>stitutionalisierte Prozesse an den<br />

Luzerner Volksschulen. Sie stellen<br />

e<strong>in</strong>e laufende Reflexion des anspruchsvollen<br />

Zusammenwirkens<br />

von Lehren und Lernen sicher.<br />

Wichtig ist auch, dass <strong>die</strong> DVS nicht<br />

nur <strong>die</strong> Schulen <strong>in</strong> <strong>die</strong> Pflicht nimmt,<br />

sondern auch sich selber – mit e<strong>in</strong>em<br />

umfassenden Qualitätsmanagement<br />

– der kont<strong>in</strong>uierlichen Verbesserung<br />

verpflichtet.<br />

85


10. Vom Erziehungsgesetz zu den Bildungsgesetzen<br />

10. Vom Erziehungsgesetz zu den Bildungsgesetzen<br />

«Es br<strong>in</strong>gt <strong>die</strong> Zeit e<strong>in</strong> anderes Gesetz». Diesen Satz legt Friedrich Schiller Melchthal<br />

im Drama «Wilhelm Tell» <strong>in</strong> den Mund. Er gilt natürlich heute noch, denn Gesetze<br />

müssen stets an <strong>die</strong> gesellschaftlichen Veränderungen angepasst werden. In den<br />

letzten Jahrzehnten war <strong>die</strong>s auch ganz stark im Bereich der Volksschulbildung der<br />

Fall. Die Schule und <strong>die</strong> Gesellschaft von heute s<strong>in</strong>d nicht mehr <strong>die</strong>selben wie noch vor<br />

Jahrzehnten. Deshalb waren <strong>in</strong> der Schulgesetzgebung regelmässig Anpassungen<br />

nötig. Um welche Änderungen es sich dabei im Wesentlichen handelt, wird nachfolgend<br />

aufgezeigt.<br />

a) Die Vorgeschichte<br />

Vor rund 200 Jahren wurde der Ruf nach e<strong>in</strong>er umfassenden<br />

Gesetzgebung im Erziehungswesen laut. Damals und<br />

auch viele Jahre später stand <strong>die</strong> Erziehung im Vordergrund.<br />

Der Begriff Erziehung wurde im Gesetz erst um<br />

<strong>die</strong> letzte Jahrtausendwende durch Bildung ersetzt. 1830<br />

verabschiedete der Grosse Rat <strong>die</strong>ses erste umfassende<br />

Erziehungsgesetz, das sogenannte Gesetz über das Erziehungs-<br />

und Schulwesen. Dar<strong>in</strong> waren erstmals alle<br />

Bildungse<strong>in</strong>richtungen des Kantons Luzern aufgeführt.<br />

Die früheren Gesetze hatten nur Teilbereiche abgedeckt.<br />

Seither wurde das Erziehungsgesetz immer wieder den<br />

aktuellen Gegebenheiten angepasst. Es war e<strong>in</strong>mal fortschrittlich,<br />

erfuhr aber im Rahmen des Kulturkampfs des<br />

19. Jahrhunderts wieder Rückschritte. Wir setzen hier<br />

den Schwerpunkt auf <strong>die</strong> vor der letzten Jahrtausendwende<br />

erfolgte Totalrevision des Erziehungsgesetzes.<br />

Zur Sprache kommen zudem Gesetzesrevisionen bis heute.<br />

b) Totalrevision 1999: Das Erziehungsgesetz von 1953<br />

braucht e<strong>in</strong>e neue Struktur<br />

Fast 45 Jahre war das Erziehungsgesetz vom 28. Oktober<br />

1953 <strong>in</strong> Kraft. Es umfasste noch alle Stufen vom K<strong>in</strong>dergarten<br />

bis Hochschule und wurde bei Bedarf wiederholt<br />

den gesellschaftlichen und bildungspolitischen Entwicklungen<br />

angepasst. Durch <strong>die</strong> zahlreichen mehr oder weniger<br />

tiefgreifenden Teilrevisionen war es unübersichtlich<br />

geworden. Bereits 1981 überwies der Grosse Rat (heute<br />

Kantonsrat) <strong>die</strong> Motion Hermann Suter, deren Zielsetzung<br />

<strong>die</strong> Totalrevision des Erziehungsgesetzes war. Bis es soweit<br />

war, sollten aber noch fast zwanzig Jahre vergehen.<br />

Die Motion Suter verlangte e<strong>in</strong> im Aufbau klares und<br />

übersichtliches Gesetz. Der Regierungsrat beantragte<br />

dem Grossen Rat, <strong>die</strong> Motion erheblich zu erklären. Die<br />

Totalrevision des Erziehungsgesetzes sollte aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />

grösseren Zusammenhang gestellt und dem damaligen<br />

Gesetzgebungssystem angepasst werden. Das neue Gesetz<br />

sollte nur noch bildungs- und erziehungsrechtliche<br />

Aspekte regeln. Personalrechtlich relevante Bereiche<br />

sollten <strong>in</strong>s Personalgesetz verschoben und Aspekte, welche<br />

das kommunale Recht thematisierten, im Geme<strong>in</strong>degesetz<br />

ihren Platz f<strong>in</strong>den. Der Grosse Rat stand h<strong>in</strong>ter<br />

<strong>die</strong>ser Gesetzgebungsstrategie des Regierungsrats.<br />

Dieser setzte zu Beg<strong>in</strong>n der 1990er-Jahre e<strong>in</strong>e breit<br />

abgestützte Projektorganisation e<strong>in</strong>. <strong>Mit</strong>glieder waren<br />

<strong>Mit</strong>arbeitende des kantonalen Erziehungs- und Kulturdepartements,<br />

Vertretungen von Geme<strong>in</strong>den und Bildungs<br />

e<strong>in</strong>richtungen. Als Projektleiter amtete der damalige<br />

Departementssekretär-Stellvertreter Beat Müller. Der<br />

Steuergruppe gehörten an: Hans Ambühl, Departementssekretär,<br />

Beat Müller als Projektleiter, Beat Bucher, persönlicher<br />

<strong>Mit</strong>arbeiter der Erziehungs- und Kulturdirektor<strong>in</strong><br />

Brigitte Mürner, Ottilie Mattmann-Arnold, Vorsteher<strong>in</strong><br />

Rechtsabteilung, Charles V<strong>in</strong>cent, Vorsteher Gruppe Unterricht,<br />

und He<strong>in</strong>z Bachmann, Leiter Rechtsabteilung<br />

Justizdepartement.<br />

H<strong>in</strong>sichtlich der Gesetzgebungsstrategie diskutierte <strong>die</strong><br />

Projektorganisation <strong>die</strong> folgenden Varianten.<br />

Variante 1:<br />

Umfassendes Bildungsgesetz, welches sämtliche Bildungsstufen<br />

erfasst, analog dem bisherigen Konzept des<br />

Erziehungsgesetzes.<br />

Variante 2:<br />

E<strong>in</strong> Rahmengesetz sowie e<strong>in</strong>zelne Spezialgesetze, welche<br />

<strong>die</strong> besonderen öffentlich-rechtlichen Bildungse<strong>in</strong>richtungen<br />

regeln sollten. Im Rahmengesetz sollten jene Aspekte<br />

geregelt werden, <strong>die</strong> alle Bildungse<strong>in</strong>richtungen<br />

betreffen, etwa Aspekte der Organisation und des Zwecks.<br />

Die Teilbereiche K<strong>in</strong>dergarten und Volksschule − der K<strong>in</strong>dergarten<br />

war damals noch nicht obligatorisch −, Kantonsschulen,<br />

Lehrer<strong>in</strong>nen- und Lehrerbildung, Berufsbildung,<br />

Tertiäre Bildung, Erwachsenenbildung, Turnen und<br />

Sport, Stipen<strong>die</strong>n, Denkmalschutz, Kulturförderung und<br />

86


10. Vom Erziehungsgesetz zu den Bildungsgesetzen<br />

evtl. <strong>die</strong> Schul<strong>die</strong>nste sollten <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Spezialgesetzen<br />

geregelt werden.<br />

Variante 3:<br />

Verzicht auf e<strong>in</strong> Rahmengesetz. Die e<strong>in</strong>zelnen Bildungse<strong>in</strong>richtungen<br />

werden separat <strong>in</strong> eigenen Bereichsgesetzen<br />

geregelt. Jedes Bereichsgesetz ist <strong>in</strong> sich geschlossen.<br />

Auf andere Bereichsgesetze wird nicht verwiesen.<br />

Das Erziehungsgesetz wird <strong>in</strong> Bereichsgesetze<br />

aufgeteilt<br />

Die Wahl fiel schliesslich auf <strong>die</strong> dritte Variante. Sie hatte<br />

den Vorteil, dass sich e<strong>in</strong> Erlass auf e<strong>in</strong> bestimmtes, klar<br />

umrissenes Gebiet beschränkte. Zudem konnten <strong>die</strong> Bereichsgesetze<br />

etappenweise erlassen und spätere Teilrevisionen<br />

e<strong>in</strong>facher realisiert werden, denn jedes Bereichsgesetz<br />

sollte von den anderen unabhängig se<strong>in</strong>.<br />

Andererseits bestand <strong>die</strong> Gefahr, dass <strong>die</strong> E<strong>in</strong>heitlichkeit<br />

und <strong>die</strong> geme<strong>in</strong>same Zielsetzung zu kurz kamen und <strong>die</strong><br />

Regelungsdichte auf Gesetzesstufe zu gross wurde. Diese<br />

Gefahr wurde ausgeräumt, <strong>in</strong>dem verwandte Bildungse<strong>in</strong>richtungen<br />

zusammengefasst wurden, e<strong>in</strong>e<br />

saubere Aufgabenteilung zwischen Kanton und Geme<strong>in</strong>den,<br />

e<strong>in</strong>e klare Kompetenzordnung und ke<strong>in</strong>e Querverweise<br />

auf andere Bereichsgesetze verankert wurden. Die<br />

vorgesehenen sechs Bereichsgesetze sollten folgende<br />

Bildungsbereiche fassen: Volksschulbildung, Gymnasialbildung,<br />

Lehrer<strong>in</strong>nen- und Lehrerbildung, Berufs- und Erwachsenenbildung,<br />

universitäre Hochschulbildung, Fachhochschulbildung.<br />

Die Bereichsgesetze sollten zudem<br />

e<strong>in</strong>heitlich gegliedert werden <strong>in</strong>:<br />

1. Bildungsziele<br />

2. Gliederung des Bildungsbereichs<br />

3. Rechte und Pflichten der Lernenden (<strong>in</strong>kl. Rechte der<br />

Erziehungsberechtigten)<br />

4. Rechte und Pflichten der Lehrenden (spezifisch nicht<br />

personalrechtlich)<br />

5. Rechte und Pflichten der Leitenden<br />

6. Rechte und Pflichten der Aufsichtsorgane<br />

7. Rechte und Pflichten der privaten Anbieter<br />

8. Organisation/Schulbetrieb<br />

9. Infrastrukturen<br />

10. F<strong>in</strong>anzen<br />

11. Rechtsmittel<br />

12. Übergangsrecht<br />

13. Schlussbestimmungen<br />

Erstmals <strong>in</strong> der Luzerner Gesetzgebung sollte e<strong>in</strong>e grafische<br />

Darstellung <strong>die</strong> Übersicht über <strong>die</strong> Gliederung der<br />

Bildungsbereiche vere<strong>in</strong>fachen.<br />

Noch während der Revisionsarbeiten stimmte im H<strong>in</strong>blick<br />

auf <strong>die</strong> def<strong>in</strong>itive Ausgestaltung der Behördenstruktur im<br />

Bildungsbereich das Luzerner Volk am 25. Juni 1994 mit<br />

grosser Mehrheit der Abschaffung des Erziehungsrates<br />

zu. Dies wurde durch e<strong>in</strong>e Änderung der Kantonsverfassung<br />

auf den 1. Juli 1999 umgesetzt. Der Erziehungsrat<br />

war bis zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt Entscheids- und Wahlorgan<br />

im Erziehungs- und Bildungswesen. Dessen Abschaffung<br />

bedeutete, dass auch <strong>die</strong> gesamte Behördenstruktur angepasst<br />

werden musste.<br />

Das gesamte Erziehungs- und Bildungswesen erfuhr <strong>in</strong><br />

den 1990er-Jahren grössere Reformen. Im Volksschulbereich<br />

wurde im langjährigen Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>»<br />

<strong>die</strong> Organisationsstruktur der Schulen weiterentwickelt<br />

(vgl. Kapitel 4). <strong>Mit</strong> der Gymnasialreform wurde u.a. das<br />

Kurzzeitgymnasium e<strong>in</strong>geführt und mit der Lehrer<strong>in</strong>nenund<br />

Lehrerbildungsreform <strong>die</strong> Schaffung der Pädagogischen<br />

Hochschule vorbereitet. Weitere Projekte waren<br />

<strong>die</strong> Schaffung der Fachhochschule Zentralschweiz und<br />

<strong>die</strong> Reform des Staatsbeitragswesens. Diese Reformen<br />

mussten <strong>in</strong> <strong>die</strong> Gesetzgebung e<strong>in</strong>bezogen werden.<br />

Von Ende Oktober 1995 bis Ende April 1996 führte der Regierungsrat<br />

bei den politischen Parteien, den Behörden,<br />

bei Verbänden und Organisationen sowie bei den Schulen<br />

e<strong>in</strong>e Vernehmlassung zu den Gesetzesentwürfen durch.<br />

Insgesamt g<strong>in</strong>gen 350 Stellungnahmen e<strong>in</strong>. Die Rückmeldungen<br />

zur neuen Strukturierung waren positiv. Grossmehrheitlich<br />

gut beurteilt wurden auch <strong>die</strong> sprachliche<br />

Ausgestaltung, <strong>die</strong> Lesbarkeit, <strong>die</strong> sprachliche Gleichbehandlung<br />

der Geschlechter und <strong>die</strong> grafische Darstellung.<br />

Weniger gut kamen <strong>die</strong> neuen Begriffe wie Lernende,<br />

Lehrende, <strong>Mit</strong>wirkungsrechte an. Ebenso wurde befürchtet,<br />

dass wegen der Verschlankung der Bereichsgesetze<br />

viele Details auf Verordnungsstufe geregelt werden müssen.<br />

Diese Befürchtung war jedoch unbegründet, da <strong>die</strong><br />

Verordnungen bereits bestanden und nur angepasst werden<br />

mussten. Zum Teil konnten sie sogar zusammengefasst<br />

werden.<br />

Kontrovers aufgenommen wurden vor allem <strong>die</strong> Aufgabenteilung<br />

zwischen Kanton und Geme<strong>in</strong>den, <strong>die</strong> Stellung<br />

87


10. Vom Erziehungsgesetz zu den Bildungsgesetzen<br />

des Untergymnasiums, das K<strong>in</strong>dergartenobligatorium<br />

und <strong>die</strong> Stellung der Musikschule im Verhältnis zur Volksschule.<br />

c) Das neue Gesetz über <strong>die</strong> Volksschulbildung wird als<br />

erstes Bereichsgesetz verabschiedet<br />

Am 21. November 1997 war es soweit: Der Regierungsrat<br />

legte dem Grossen Rat e<strong>in</strong> total revi<strong>die</strong>rtes Erziehungsgesetz<br />

vor, und zwar vorerst das Gesetz über <strong>die</strong> Volksschulbildung,<br />

das Gesetz über <strong>die</strong> Gymnasialbildung und<br />

das Gesetz über <strong>die</strong> Berufs- und Erwachsenenbildung.<br />

Die anderen Bereichsgesetze waren noch nicht bereit.<br />

Am 22. März 1999 hiess der Grosse Rat das Gesetz über<br />

<strong>die</strong> Volksschulbildung mit 111 gegen 36 Stimmen gut.<br />

Gegen <strong>die</strong>sen Beschluss wurde das Referendum ergriffen.<br />

In der Volksabstimmung vom 12. September 1999<br />

wurde das Gesetz aber deutlich angenommen. Folgende<br />

Neuerungen traten deshalb am 1. Januar 2000 <strong>in</strong> Kraft:<br />

Die Staatsbeiträge (Kantonsbeiträge) wurden nun nicht<br />

mehr nach der Anzahl der Abteilungen (Klassen) bemessen,<br />

sondern nach der Anzahl der Lernenden (so genannte<br />

Pro-Kopf-Beiträge). Der bis anh<strong>in</strong> freiwillige K<strong>in</strong>dergartenbesuch<br />

wurde obligatorisch. Damit übernahm der<br />

Kanton Luzern e<strong>in</strong>e Vorreiterrolle <strong>in</strong> der Schweiz. Die<br />

Volksschulen erhielten zudem mehr Entscheidungsspielraum<br />

und Kompetenzen <strong>in</strong> der Ausgestaltung des Schulangebots<br />

und der Organisation des Schulbetriebs. Die<br />

Schulen hatten bis am 1. August 2005 Zeit, <strong>die</strong> Neuerungen<br />

umzusetzen. Im gleichen Jahr wurde das Projekt<br />

«Schulen mit <strong>Profil</strong>» abgeschlossen und anschliessend<br />

von e<strong>in</strong>em Forschungsteam der Pädagogischen Hochschule<br />

Zentralschweiz, Hochschule Zug wissenschaftlich<br />

evaluiert (vgl. Kap. 4). Was <strong>die</strong> Sprachregelung betrifft, so<br />

haben sich Begriffe wie «Lernende» und «<strong>Mit</strong>wirkungsrechte»<br />

heute längst im Sprachgebrauch durchgesetzt.<br />

Aus den «Lehrenden» wurden h<strong>in</strong>gegen Lehrpersonen.<br />

<strong>Mit</strong> dem E<strong>in</strong>bezug der Musikschulen <strong>in</strong> <strong>die</strong> Volksschule<br />

war der Grosse Rat nicht e<strong>in</strong>verstanden. Es sollte noch<br />

e<strong>in</strong>ige Jahre dauern, bis <strong>die</strong> Musikschulen E<strong>in</strong>zug <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />

Volksschulbildung hielten. Sie wurden weiterh<strong>in</strong> auf Geme<strong>in</strong>deebene<br />

geregelt. Über <strong>die</strong> Geschichte der Musikschulen<br />

wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em eigenen Kapitel berichtet (vgl. Kap. 8).<br />

An jeder Schule wurden e<strong>in</strong>e Schulleitung e<strong>in</strong>gesetzt und<br />

<strong>die</strong> Aufgaben der Schulpflege (heute Bildungskommission)<br />

entsprechend angepasst. Dazu mussten <strong>die</strong> Schulen<br />

Führungs<strong>in</strong>strumente wie e<strong>in</strong> Leitbild, e<strong>in</strong> Schulprogramm,<br />

e<strong>in</strong>en Leistungsauftrag und e<strong>in</strong> schul<strong>in</strong>ternes<br />

Qualitätsmanagement erarbeiten. Die Bezirks<strong>in</strong>spektorate<br />

wurden abgeschafft. Ihre Rolle übernahm <strong>die</strong> Schulpflege.<br />

Die Schulen wurden vom damaligen Amt für<br />

Volksschulbildung bei der Realisierung der Neuerungen<br />

unterstützt.<br />

Auf kantonaler Ebene wurden <strong>die</strong> Inspektorate abgeschafft<br />

und durch <strong>die</strong> Fachstelle für Schulevaluation ersetzt.<br />

Für <strong>die</strong> Unterstützung der Schulen wurde <strong>die</strong> Fachstelle<br />

für Schulberatung errichtet, welche verschiedene<br />

Angebote, <strong>die</strong> vorher durch andere Trägerschaften geführt<br />

worden waren, zusammenfasste und unter e<strong>in</strong>em<br />

Dach vere<strong>in</strong>igte.<br />

<strong>Mit</strong> dem neuen Volksschulbildungsgesetz war e<strong>in</strong> weiterer<br />

Meilenste<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Gesetzgebung im Erziehungs- und<br />

Bildungswesen erreicht. Die weiteren geplanten Bereichsgesetze<br />

wurden <strong>in</strong> den folgenden Jahren verabschiedet.<br />

d) Teilrevision 2008<br />

In den Jahren nach 2000 wurde <strong>die</strong> Sekundarschule <strong>in</strong><br />

vier Niveaus A, B, C und D aufgeteilt, <strong>die</strong> Sonderschulung<br />

wurde vollständig <strong>in</strong> <strong>die</strong> Verantwortung der Kantone gegeben<br />

und verschiedene gesellschaftliche Veränderungen<br />

verlangten nach schul- und familienergänzenden<br />

Angeboten. Deshalb war 2008 e<strong>in</strong>e grössere Teilrevision<br />

des Volksschulbildungsgesetzes notwendig.<br />

Neue Familienstrukturen verlangen schul- und<br />

familienergänzende Tagesstrukturen<br />

Im Zentrum der Teilrevision standen <strong>die</strong> schul- und familienergänzenden<br />

Tagesstrukturen. Die Familienstrukturen<br />

hatten sich grundlegend verändert. Immer mehr K<strong>in</strong>der<br />

wuchsen nur mit e<strong>in</strong>em Elternteil auf. Zudem g<strong>in</strong>gen<br />

<strong>in</strong> den meisten Familien mit schulpflichtigen K<strong>in</strong>dern beide<br />

Elternteile e<strong>in</strong>er Erwerbstätigkeit nach. Der Anteil erwerbstätiger<br />

Frauen mit K<strong>in</strong>dern unter 14 Jahren war<br />

bereits auf 70 Prozent gestiegen. Der Anteil der Männer,<br />

welche <strong>in</strong> der Familie <strong>die</strong> K<strong>in</strong>derbetreuung übernahmen,<br />

war jedoch immer noch ger<strong>in</strong>g. Aus <strong>die</strong>sen Gründen und<br />

auch aus Sicht der Volkswirtschaft wurden schul- und<br />

88


10. Vom Erziehungsgesetz zu den Bildungsgesetzen<br />

familienergänzende Betreuungsangebote zunehmend<br />

notwendig. Deshalb wurde <strong>in</strong> der Vernehmlassung vorgeschlagen,<br />

dass <strong>die</strong> Geme<strong>in</strong>den bedarfsgerechte «schulergänzende<br />

Betreuungsangebote» e<strong>in</strong>richten müssen.<br />

Diese konnten je nach Bedarf mit den bestehenden Unterrichtselementen<br />

komb<strong>in</strong>iert werden. Es wurden drei Modelle<br />

vorgeschlagen:<br />

– Schule und Betreuung: Vormittags- und Nachmittagsunterricht<br />

sowie Unterstützung bei den Hausaufgaben<br />

übernehmen <strong>die</strong> Lehrpersonen. Die weitergehende<br />

Betreuung übernehmen Sozialpädagog<strong>in</strong>nen oder<br />

-pädagogen oder andere Betreuungspersonen. Die<br />

Betreuung ausserhalb des Unterrichts kann auch<br />

ausserhalb des Schulhauses stattf<strong>in</strong>den. Die K<strong>in</strong>der<br />

besuchen <strong>die</strong> Angebote an e<strong>in</strong>zelnen Tagen oder <strong>die</strong><br />

ganze Woche.<br />

– Tagesschule additive Form: Wie oben. Alle Elemente<br />

werden jedoch <strong>in</strong> der Schule durchgeführt. Dieses<br />

Modell gewährleistet e<strong>in</strong>e engere Verb<strong>in</strong>dung zwischen<br />

Unterricht und Betreuung und der Bildungsanteil<br />

ist etwas höher.<br />

– Integrierte Tagesschule: Wie oben, ausser dass <strong>die</strong><br />

Lehrpersonen den ganzen Tag anwesend s<strong>in</strong>d und <strong>die</strong><br />

gesamte Betreuung übernehmen. Die K<strong>in</strong>der besuchen<br />

das ganze Angebot während der ganzen Woche<br />

und dem ganzen Schuljahr.<br />

Die E<strong>in</strong>führung von bedarfsgerechten Angeboten wurde<br />

<strong>in</strong> der breiten Vernehmlassung von den Geme<strong>in</strong>den, den<br />

Schulpflegen, den schulnahen Verbänden und Vere<strong>in</strong>en<br />

sowie den politischen Parteien grossmehrheitlich begrüsst.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs sollten <strong>die</strong> Angebote nicht wie vorgeschlagen<br />

«schulergänzende Betreuungsangebote» heissen,<br />

da <strong>die</strong>s suggeriere, es handle sich dabei <strong>in</strong> erster<br />

L<strong>in</strong>ie um e<strong>in</strong> <strong>die</strong> Schule ergänzendes Angebot. Deshalb<br />

wurden <strong>die</strong> Angebote <strong>in</strong> schul- und familienergänzende<br />

Tagesstrukturen umbenannt.<br />

Die Gesetzesänderung trat am 1. Januar 2009 <strong>in</strong> Kraft.<br />

Die Geme<strong>in</strong>den hatten vier Jahre Zeit, e<strong>in</strong> bedarfsgerechtes<br />

Angebot e<strong>in</strong>zurichten. Sie konnten <strong>die</strong>ses auch geme<strong>in</strong>sam<br />

mit anderen Geme<strong>in</strong>den planen. Der Kanton<br />

richtet e<strong>in</strong>en Pro-Kopf-Beitrag aus, wenn <strong>die</strong> Angebote<br />

<strong>die</strong> vorgegebenen Qualitätskriterien erfüllen. Die Eltern<br />

müssen je nach f<strong>in</strong>anziellen Möglichkeiten e<strong>in</strong>en Beitrag<br />

an <strong>die</strong> Kosten für <strong>die</strong> Betreuung ausserhalb des Unterrichts<br />

leisten. Inzwischen haben sich <strong>die</strong> bedarfsgerechten<br />

schul- und familienergänzenden Tagesstrukturen <strong>in</strong><br />

den Geme<strong>in</strong>den etabliert. Sie werden bei Schulhausneubauten<br />

und -erweiterungen <strong>in</strong> <strong>die</strong> Planung e<strong>in</strong>bezogen.<br />

Jede Geme<strong>in</strong>de hat e<strong>in</strong> pädagogisches Konzept erarbeitet,<br />

das <strong>die</strong> Ziele, <strong>die</strong> sozialpädagogischen Grundsätze<br />

und <strong>die</strong> Massnahmen zur Qualitätssicherung und -entwicklung<br />

beschreibt. Damit ist <strong>die</strong> Bedeutung der Schule<br />

als Sozialisations- und Integrations<strong>in</strong>stanz noch stärker<br />

gewachsen.<br />

e) Teilrevision 2011<br />

Die K<strong>in</strong>der können freiwillig zwei Jahre den<br />

K<strong>in</strong>dergarten besuchen<br />

2011 stand unter anderem <strong>die</strong> Schule<strong>in</strong>gangsstufe zur<br />

Diskussion. Am 24. Januar 2011 stimmte der Kantonsrat<br />

e<strong>in</strong>er Teilrevision des Gesetzes zu. Die Geme<strong>in</strong>den mussten<br />

neu den zweijährigen K<strong>in</strong>dergarten anbieten. Für <strong>die</strong><br />

K<strong>in</strong>der sollte das zweite Jahr jedoch freiwillig se<strong>in</strong>. In<br />

mehreren Geme<strong>in</strong>den bestand <strong>die</strong>ses Angebot bereits<br />

und wurde rege genutzt. Stichtag für den E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> den<br />

zweijährigen K<strong>in</strong>dergarten war der 1. November. K<strong>in</strong>der,<br />

<strong>die</strong> am 1. November 4-jährig wurden, konnten im August<br />

des gleichen Jahres <strong>in</strong> das erste K<strong>in</strong>dergartenjahr e<strong>in</strong>treten.<br />

Sie waren somit m<strong>in</strong>destens 3 ¾ Jahre alt. Dieser<br />

Stichtag wurde fünf Jahre später aufgrund der Motion<br />

Jakob Lütolf um drei Monate verschoben, sodass <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der<br />

heute beim E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> das 1. K<strong>in</strong>dergartenjahr m<strong>in</strong>destens<br />

4 Jahre alt s<strong>in</strong>d. Zudem wurde im Gesetz verankert,<br />

dass der zweijährige K<strong>in</strong>dergarten und <strong>die</strong> ersten zwei<br />

Jahre der Primarschule auch als Basisstufe geführt werden<br />

können. Die Basisstufe war <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em mehrjährigen<br />

Pilotprojekt erprobt worden und hatte sich bewährt, wie<br />

<strong>die</strong> Ergebnisse der Evaluation gezeigt hatten. Entgegen<br />

der Regelung <strong>in</strong> anderen Kantonen sollte der Besuch des<br />

89


10. Vom Erziehungsgesetz zu den Bildungsgesetzen<br />

zweiten K<strong>in</strong>dergartenjahres für <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der freiwillig bleiben,<br />

da der zweijährige K<strong>in</strong>dergarten im Kanton Luzern<br />

bei der Volksabstimmung über den Beitritt zum HarmoS-<br />

Konkordat (<strong>in</strong>terkantonale Vere<strong>in</strong>barung über <strong>die</strong> Harmonisierung<br />

der obligatorischen Schule) e<strong>in</strong>er der Hauptgründe<br />

für <strong>die</strong> Ablehnung gewesen war.<br />

Die Struktur der Sekundarschule soll übersichtlicher<br />

werden<br />

In der gleichen Teilrevision wurde für <strong>die</strong> Struktur der Sekundarschule<br />

<strong>die</strong> Reduktion der drei Modelle auf zwei<br />

vorgeschlagen. Künftig sollte auf das getrennte Modell<br />

(mit drei leistungsdifferenzierten Klassen A, B und C) verzichtet<br />

und nur noch im kooperativen (mit zwei leistungsdifferenzierten<br />

Klassen A/B und C) und im <strong>in</strong>tegrativen<br />

Modell (mit nicht leistungsdifferenzierten Klassen) unterrichtet<br />

werden. Dies sollte e<strong>in</strong>e Optimierung bei der Klassenbildung<br />

br<strong>in</strong>gen. Zudem hatten <strong>in</strong>ternationale Stu<strong>die</strong>n<br />

gezeigt, dass nicht leistungsdifferenzierte Klassen aus<br />

pädagogischen Gründen s<strong>in</strong>nvoller s<strong>in</strong>d. In der Praxis<br />

hatte sich gezeigt, dass <strong>die</strong> Sekundarschulen <strong>in</strong>zwischen<br />

e<strong>in</strong>e Vielfalt von Varianten der drei vom Gesetz vorgegebenen<br />

Modelle entwickelt hatten. Im Kantonsrat wurde<br />

daher bei der Behandlung des vorgängigen Planungsberichts<br />

über <strong>die</strong> Ausgestaltung der Sekundarstufe I noch<br />

e<strong>in</strong> viertes altersgemischtes Modell diskutiert, welches<br />

<strong>die</strong> bereits bestehenden Modellvarianten zusammenfassen<br />

sollte. Aus den genannten Gründen wurde <strong>in</strong> der Gesetzesrevision<br />

trotzdem <strong>die</strong> Reduktion auf zwei Modelle<br />

(kooperatives und <strong>in</strong>tegriertes) vorgeschlagen. Der Kantonsrat<br />

lehnte <strong>in</strong> der Beratung <strong>die</strong> Reduktion auf zwei Modelle<br />

ab, beauftragte den Regierungsrat jedoch gleichzeitig,<br />

dafür zu sorgen, dass <strong>die</strong> Modellvielfalt <strong>in</strong>nerhalb der<br />

vorgegebenen drei Modelle reduziert wird. Damit sollten<br />

<strong>die</strong> Übersicht und <strong>die</strong> Lesbarkeit der Zeugnisse für <strong>die</strong><br />

Abnehmerschulen und für <strong>die</strong> Lehrbetriebe e<strong>in</strong>facher<br />

werden. Die Reduktion auf zwei Modelle wird nun <strong>in</strong> der<br />

laufenden Gesetzesrevision wieder vorgeschlagen, da<br />

zurzeit nur noch 4 Sekundarschulen das getrennte Modell<br />

führen. 2010 war <strong>die</strong>ses Modell mit 23 Sekundarschulen<br />

noch am stärksten vertreten.<br />

Die Eltern müssen ihre Pflichten wahrnehmen<br />

E<strong>in</strong> weiterer Revisionspunkt war <strong>die</strong> <strong>Mit</strong>wirkungspflicht<br />

der Eltern. Im Gesetz ist seither <strong>die</strong> Erziehungsverantwortung<br />

der Erziehungsberechtigten stärker verankert.<br />

Die Erziehungsberechtigten müssen dafür sorgen, dass<br />

ihr K<strong>in</strong>d unter geeigneten Bed<strong>in</strong>gungen lernen kann und<br />

ausgeruht den Unterricht besucht. Schulleitung und<br />

Lehrpersonen können <strong>die</strong> Erziehungsberechtigten zur<br />

Teilnahme an wichtigen Informationsveranstaltungen und<br />

Gesprächen verpflichten. Kommen <strong>die</strong> Erziehungsberechtigten<br />

ihren Pflichten nicht genügend nach, kann <strong>die</strong><br />

Bildungskommission Elternbildungskurse oder e<strong>in</strong>e Erziehungsberatung<br />

anordnen oder e<strong>in</strong>e Ordnungsbusse<br />

aussprechen.<br />

Die heilpädagogischen Tagesschulen werden kantonal<br />

und <strong>die</strong> F<strong>in</strong>anzierung der Volksschulen wird angepasst<br />

Die bisher <strong>in</strong> kommunaler Trägerschaft stehenden vier<br />

heilpädagogischen Tagesschulen Luzern, Emmen, Sursee<br />

und Willisau wurden <strong>in</strong> <strong>die</strong> kantonale Trägerschaft übergeführt.<br />

Der Kantonsanteil an <strong>die</strong> Betriebskosten der<br />

Volksschule wurde aufgrund e<strong>in</strong>er Motion von 22,5 auf<br />

25 Prozent erhöht. Bei der Sonderschulung wurde der<br />

F<strong>in</strong>anzierungsmodus des Geme<strong>in</strong>deanteils vere<strong>in</strong>facht.<br />

Kanton und Geme<strong>in</strong>den f<strong>in</strong>anzieren zwar <strong>die</strong> Sonderschulung<br />

wie bis anh<strong>in</strong> je zur Hälfte. Neu werden seither aber<br />

alle Geme<strong>in</strong>debeiträge an <strong>die</strong> Sonderschulung über e<strong>in</strong>en<br />

Beitrag pro E<strong>in</strong>wohner bzw. E<strong>in</strong>wohner<strong>in</strong> geleistet.<br />

f) Teilrevision 2016<br />

Die Schulleitung erhält mehr Kompetenzen<br />

E<strong>in</strong>er der Hauptpunkte <strong>in</strong> der Gesetzesrevision 2016 war<br />

<strong>die</strong> Anpassung der Führungsstruktur. Nachdem <strong>die</strong><br />

Schulleitungen sich erfolgreich etabliert hatten, wurden<br />

<strong>die</strong> Aufgaben zwischen Geme<strong>in</strong>derat, Schulpflege und<br />

Schulleitung optimiert. Die Schulpflege wurde zur Bildungskommission.<br />

Die Geme<strong>in</strong>den können nun <strong>in</strong> ihrer<br />

Geme<strong>in</strong>deordnung festlegen, ob <strong>die</strong>se e<strong>in</strong>e beratende<br />

oder entscheidende Funktion e<strong>in</strong>nimmt. Der Schulleitung<br />

wurde <strong>die</strong> alle<strong>in</strong>ige Zuständigkeit für alle personalrechtlichen<br />

Fragen von der Anstellung bis zur Entlassung von<br />

Lehrpersonen übertragen.<br />

90


10. Vom Erziehungsgesetz zu den Bildungsgesetzen<br />

Die sprachliche Frühförderung soll mehr Gewicht<br />

erhalten<br />

Neben der Verschiebung des E<strong>in</strong>trittsalters <strong>in</strong> den K<strong>in</strong>dergarten<br />

um drei Monate war auch <strong>die</strong> sprachliche<br />

Frühförderung <strong>in</strong> der Teilrevision 2016 Thema. K<strong>in</strong>der, <strong>die</strong><br />

nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügten,<br />

sollten verpflichtet werden können, e<strong>in</strong> Jahr vor dem E<strong>in</strong>tritt<br />

<strong>in</strong> den K<strong>in</strong>dergarten e<strong>in</strong> Angebot zur sprachlichen<br />

Frühförderung zu besuchen. Die Geme<strong>in</strong>den sollten entsprechende<br />

Angebote e<strong>in</strong>richten. Dieser Vorschlag wurde<br />

jedoch vom Kantonsrat abgelehnt bzw. nur als freiwilliges<br />

Angebot <strong>in</strong>s Gesetz aufgenommen.<br />

Zahlreiche Geme<strong>in</strong>den richteten <strong>in</strong> der Folge zum Teil<br />

freiwillige Angebote <strong>in</strong> K<strong>in</strong>dertagesstätten und Spielgruppen<br />

e<strong>in</strong> und führten freiwillig Sprachstandserhebungen<br />

durch, <strong>die</strong> vom Kanton mitf<strong>in</strong>anziert wurden. In der<br />

laufenden Gesetzesrevision wird <strong>die</strong> Forderung nach der<br />

frühen Förderung wiederaufgenommen, da sich <strong>die</strong>se bewährt<br />

hat und <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der gut auf den Schule<strong>in</strong>tritt vorbereitet.<br />

Zudem wurde <strong>die</strong> Verankerung der Schulsozialarbeit im<br />

Gesetz vorgeschlagen. Diese lehnte der Kantonsrat jedoch<br />

<strong>in</strong> der Gesetzesberatung ab. Er verlangte sogar,<br />

dass <strong>die</strong> Geme<strong>in</strong>den <strong>die</strong> Schulsozialarbeit sowohl an der<br />

Sekundarschule wie an der Primarschule freiwillig e<strong>in</strong>richten<br />

können. Dies bedeutete e<strong>in</strong>e Lockerung der bisherigen<br />

Bestimmung, denn <strong>die</strong> Sekundarschulen mussten<br />

<strong>die</strong> Schulsozialarbeit bisher bereits anbieten. Auch<br />

<strong>die</strong>ses Anliegen wird <strong>in</strong> der Vorbereitung auf <strong>die</strong> nächste<br />

Teilrevision wieder aufgenommen, da <strong>in</strong>zwischen fast alle<br />

Geme<strong>in</strong>den <strong>die</strong> Schulsozialarbeit auch an der Primarschule<br />

e<strong>in</strong>geführt haben.<br />

g) Aufgaben- und F<strong>in</strong>anzreform’18<br />

Kanton und Geme<strong>in</strong>den teilen sich <strong>die</strong> Kosten der<br />

Volksschulen zur Hälfte<br />

Im Rahmen der breit angelegten Aufgaben- und F<strong>in</strong>anzreform<br />

18 (AFR18) wurde <strong>die</strong> seit mehreren Jahren von<br />

den Geme<strong>in</strong>den geforderte Erhöhung des Kantonsbeitrags<br />

an <strong>die</strong> Betriebskosten der Volksschule auf den<br />

1. Januar 2020 von 25 auf 50 Prozent umgesetzt. Dieser<br />

Kostenteiler war auch der Grund dafür gewesen, weshalb<br />

<strong>die</strong> Geme<strong>in</strong>den <strong>die</strong> Gesetzesrevision 2017 <strong>in</strong> der Vernehmlassung<br />

abgelehnt hatten. Diese hatte e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fachere Berechnung<br />

der Betriebskosten für <strong>die</strong> Kantonsbeiträge<br />

vorgeschlagen. Die Geme<strong>in</strong>den wollten nur unter der Bed<strong>in</strong>gung,<br />

dass <strong>die</strong> Kosten der Volksschule hälftig aufgeteilt<br />

werden, darauf e<strong>in</strong>gehen. Ebenso wurden im Rahmen<br />

der AFR18 <strong>die</strong> Musikschulen gestärkt, <strong>in</strong>dem sie<br />

seither ebenfalls Kantonsbeiträge von 50 Prozent der Betriebskosten<br />

erhalten, wenn sie <strong>die</strong> Qualitätsvorgaben<br />

des Kantons e<strong>in</strong>halten. Die Musiklehrpersonen wurden<br />

auf das Schuljahr 2020/2021 dem kantonalen Personalgesetz<br />

unterstellt. Dieser Schritt wird <strong>in</strong> den Ausführungen<br />

zum Personalgesetz noch näher erläutert.<br />

h) Teilrevision 2022<br />

Bisherige Anliegen werden wieder aufgenommen<br />

Die bereits mehrfach angesprochene nächste Teilrevision<br />

des Volksschulbildungsgesetzes ist zur Zeit der Abfassung<br />

des vorliegenden Textes <strong>in</strong> der Vorberatung beim<br />

Kantonssrat. In der Hauptsache werden folgende drei<br />

Hauptanliegen vorgeschlagen: e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fachere Berechnung<br />

der Kantonsbeiträge an <strong>die</strong> Geme<strong>in</strong>den und <strong>die</strong> Reduktion<br />

der Strukturmodelle der Sekundarschule auf das<br />

kooperative und das <strong>in</strong>tegrierte Modell. Damit werden<br />

zwei Anliegen aufgenommen, <strong>die</strong> bereits früher vorgelegt<br />

worden waren. Die Ausgangslage ist jedoch wie bereits<br />

erwähnt e<strong>in</strong>e andere. Der Kostenteiler beträgt wie von<br />

den Geme<strong>in</strong>den gefordert <strong>in</strong>zwischen 50:50. Das getrennte<br />

Sekundarschulmodell wird nur noch <strong>in</strong> 4 von <strong>in</strong>sgesamt<br />

45 Sekundarschulstandorten geführt. E<strong>in</strong> weiteres<br />

Hauptanliegen der Gesetzesrevision ist <strong>die</strong> heilpädagogische<br />

Förderung von K<strong>in</strong>dern im Vorschulalter mit e<strong>in</strong>er<br />

Beh<strong>in</strong>derung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dertagesstätte (KITAplus). <strong>Mit</strong><br />

der Verankerung im Gesetz soll für <strong>die</strong>ses Angebot <strong>die</strong><br />

Kostentragung im Rahmen der Sonderschulung geregelt<br />

werden. Bis auf <strong>die</strong> neue Berechnung der Kantonsbeiträge<br />

wurden <strong>die</strong> Gesetzesanpassungen <strong>in</strong> der Vernehmlassung<br />

grossmehrheitlich befürwortet. Den Systemwechsel<br />

bei der Berechnung der Kantonsbeiträge fanden der<br />

Verband Luzerner Geme<strong>in</strong>den und <strong>die</strong> Mehrheit der Geme<strong>in</strong>den<br />

noch zu früh. Zudem wollen sie <strong>in</strong> <strong>die</strong> neue Berechnung<br />

e<strong>in</strong>bezogen werden. Diesem Wunsch wird<br />

nachgekommen und <strong>die</strong> Inkraftsetzung des Systemwechsels<br />

um zwei Jahre verschoben. Somit kann mit e<strong>in</strong>er<br />

positiven Beratung im Kantonsrat gerechnet werden.<br />

91


11. Vom Beamtengesetz zum Personalgesetz<br />

11. Vom Beamtengesetz zum Personalgesetz<br />

Gesellschaftliche und schul<strong>in</strong>terne Veränderungen führten im Verlauf der Jahre zu<br />

wesentlichen Anpassungen bei der Anstellung der Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer. Bis <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />

zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts war es beispielsweise Frauen «verboten», nach<br />

der Heirat weiterh<strong>in</strong> zu unterrichten. Ohne <strong>die</strong> Frauen könnte der Unterricht an der<br />

Volksschule heute aber längst nicht mehr aufrechterhalten werden. Zudem ist der<br />

Beruf der Volksschullehrer<strong>in</strong>nen und -lehrer vielfältiger und anspruchsvoller geworden.<br />

Diese und weitere Entwicklungen spiegeln sich auch <strong>in</strong> der Gesetzgebung wider.<br />

a) Vorgeschichte<br />

Vor rund 50 Jahren war der Lehrerberuf noch e<strong>in</strong>deutig<br />

<strong>in</strong> Männerhand. Frauen unterrichteten vor allem im K<strong>in</strong>dergarten<br />

und nur vere<strong>in</strong>zelt <strong>in</strong> der Primar- und Sekundarschule.<br />

In den 1980er- und 1990er-Jahren kehrten jedoch<br />

auch verheiratete Frauen vermehrt mit Teilpensen<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> Schule zurück, da es schwierig war, alle offenen<br />

Stellen zu besetzen. Anfangs 1990 bot der Kanton erstmals<br />

Wiedere<strong>in</strong>stiegskurse an und berücksichtigte bei<br />

der Lohne<strong>in</strong>stufung erstmals <strong>die</strong> Erziehungsjahre der<br />

K<strong>in</strong>der der Wiedere<strong>in</strong>steiger<strong>in</strong>nen. Damit waren erste<br />

Schritte zur Gleichberechtigung von Mann und Frau getan.<br />

Auch künftige gesellschaftliche Entwicklungen werden<br />

sich auf <strong>die</strong> Rolle der Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer und ihr<br />

Arbeitsverhältnis auswirken. Dies wird unter anderem<br />

auch Gegenstand im Folgeprojekt zu «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>»<br />

se<strong>in</strong> (vgl. Kap. 6). Im Folgenden wollen wir jedoch<br />

Rückschau halten, wie sich das Personal- und das Besoldungsrecht<br />

sowie der Berufsauftrag der Lehrer<strong>in</strong>nen<br />

und Lehrer <strong>in</strong> den letzten rund 30 Jahren verändert hat.<br />

b) Personalrecht<br />

Totalrevision 1988<br />

Das Personalrecht der Lehrpersonen ist im<br />

Erziehungsgesetz geregelt<br />

Bis 1988 hatte der Kanton Luzern e<strong>in</strong> Beamtengesetz aus<br />

dem Jahr 1948. <strong>Mit</strong> der Totalrevision 1988 erhielt <strong>die</strong>ses<br />

den etwas moderneren Namen Personalgesetz. Es gab<br />

zwar weiterh<strong>in</strong> Beamte, d.h. <strong>Mit</strong>arbeiter<strong>in</strong>nen und <strong>Mit</strong>arbeiter,<br />

<strong>die</strong> auf e<strong>in</strong>e Amtsdauer von vier Jahren gewählt<br />

waren. <strong>Mit</strong> 60 Prozent war aber bereits <strong>die</strong> Mehrheit der<br />

<strong>Mit</strong>arbeiter<strong>in</strong>nen und <strong>Mit</strong>arbeiter nicht mehr auf e<strong>in</strong>e<br />

Amtsdauer gewählt, sondern unbefristet angestellt. Ihre<br />

personalrechtlichen Belange sollten ebenfalls im Gesetz<br />

abgebildet werden. Zudem sollten <strong>die</strong> Leistungsförde-<br />

rung sowie <strong>die</strong> Gleichstellung von Mann und Frau berücksichtigt<br />

werden. <strong>Mit</strong> der Leistungsförderung war auch <strong>die</strong><br />

E<strong>in</strong>führung der <strong>Mit</strong>arbeitendenbeurteilung verbunden.<br />

Die Wohnsitzpflicht wurde gelockert bzw. für <strong>die</strong> meisten<br />

Funktionen abgeschafft. Ebenso wurde der Weg für e<strong>in</strong>e<br />

flexible Arbeitszeitgestaltung bereitet.<br />

Das Personalrecht der Lehrpersonen blieb weiterh<strong>in</strong> im<br />

Erziehungsgesetz geregelt. In der Botschaft des neuen<br />

Personalgesetzes stand damals noch ausdrücklich, dass<br />

es fast undenkbar sei, das Personalrecht der Lehrpersonen<br />

im Personalgesetz aufzunehmen, da für <strong>die</strong> Lehrpersonen<br />

zahlreiche Besonderheiten geregelt werden müssten.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs wurden bereits damals Absichten<br />

geäussert, das Personalrecht der Lehrpersonen im Rahmen<br />

der Totalrevision des Erziehungsgesetzes demjenigen<br />

der Verwaltungsangestellten anzupassen. Bei personalrechtlichen<br />

Belangen, <strong>die</strong> im Erziehungsgesetz nicht<br />

geregelt waren, wurde ohneh<strong>in</strong> das Beamtengesetz beigezogen<br />

oder es wurde im Erziehungsgesetz direkt auf<br />

das Beamten- bzw. später auf das Personalgesetz verwiesen.<br />

Totalrevision 2003<br />

Das Personalgesetz gilt nun auch für <strong>die</strong> Lehrpersonen<br />

Als das erste neue Bereichsgesetz des Erziehungsgesetzes,<br />

das Gesetz über <strong>die</strong> Volksschulbildung, am 1. Januar 2000<br />

<strong>in</strong> Kraft trat, waren <strong>die</strong> personalrechtlichen Belange der<br />

Lehrpersonen also immer noch im alten, <strong>in</strong>zwischen<br />

schmal gewordenen Erziehungsgesetz vom 28. Oktober<br />

1953 geregelt. Bereits im Rahmen der Totalrevision des<br />

Erziehungsgesetzes hatten <strong>die</strong> Projektverantwortlichen<br />

vorgeschlagen, das Personalrecht der Lehrpersonen im<br />

Personalgesetz zu regeln, obwohl <strong>die</strong>s wenige Jahre vorher<br />

noch als unmöglich gegolten hatte. Der Vorschlag<br />

wurde <strong>in</strong> der Vernehmlassung zur neuen Bildungsgesetz-<br />

92


11. Vom Beamtengesetz zum Personalgesetz<br />

gebung 1996 grossmehrheitlich gutgeheissen. Zudem<br />

hatte das Volk im Juni 1997 e<strong>in</strong>er Verfassungsänderung<br />

zugestimmt, <strong>die</strong> das Amtsdauerpr<strong>in</strong>zip für <strong>Mit</strong>arbeiter<strong>in</strong>nen<br />

und <strong>Mit</strong>arbeiter im öffentlichen Dienst aufhob. Damit<br />

war der entscheidende Schritt für e<strong>in</strong>e weitere Totalrevision<br />

des Personalgesetzes e<strong>in</strong>geleitet und <strong>die</strong> Vorarbeiten<br />

konnten aufgenommen werden.<br />

Die e<strong>in</strong>st für unmöglich gehaltene Lösung, das Personalrecht<br />

der Lehrpersonen und der Verwaltungsangestellten<br />

im öffentlichen Dienst im gleichen Gesetz zu regeln,<br />

gelang tatsächlich. Am 19. September 2000 legte der Regierungsrat<br />

dem Grossen Rat <strong>die</strong> Botschaft zur Totalrevision<br />

des Personalgesetzes vor. Dieser verabschiedete<br />

das revi<strong>die</strong>rte Gesetz knapp e<strong>in</strong> Jahr später am 26. Juni<br />

2001. Es trat für <strong>die</strong> Verwaltungsangestellten am 1. Januar<br />

2003 und für <strong>die</strong> Lehrpersonen und Fachpersonen der<br />

schulischen Dienste auf Beg<strong>in</strong>n des Schuljahres<br />

2003/2004 <strong>in</strong> Kraft. Die hier aufgeführten Jahreszahlen<br />

lassen erahnen, wie lange e<strong>in</strong> Gesetzgebungsprozess<br />

dauert, <strong>in</strong>sbesondere wenn es sich um e<strong>in</strong>e Totalrevision<br />

handelt. Vom Sammeln der notwendigen Änderungen,<br />

der Vorarbeiten, der anschliessenden Vorbereitungsarbeiten<br />

<strong>in</strong> den verschiedenen Projektgremien bis zum Gesetzesentwurf,<br />

zum Vernehmlassungsverfahren, dessen<br />

Auswertung, allfälligen Anpassungen der Gesetzesvorlage<br />

und schliesslich der Behandlung im Grossen Rat<br />

(heute Kantonsrat) waren <strong>in</strong> der vorliegenden Gesetzesrevision<br />

wohl rund zehn Jahre vergangen. Nicht erwähnt<br />

ist dabei der wiederholte E<strong>in</strong>bezug der Gremien <strong>in</strong>nerhalb<br />

der Verwaltung und des Regierungsrats. Die wesentlichen<br />

Änderungen des neuen Personalgesetzes von 2003<br />

s<strong>in</strong>d im folgenden Abschnitt aufgeführt.<br />

93


11. Vom Beamtengesetz zum Personalgesetz<br />

Der Beamtenstatus wird abgeschafft<br />

Das neue Personalgesetz regelte nun <strong>die</strong> personalrechtlichen<br />

Belange der Verwaltungsangestellten sowie der<br />

Lehrpersonen und der Fachpersonen der schulischen<br />

Dienste (im Folgenden unter Lehrpersonen zusammengefasst).<br />

Trotzdem war es schlanker geworden, da im Gesetz<br />

nur noch <strong>die</strong> rechtlichen Grundlagen der Anstellungsfragen<br />

geregelt wurden. Die ausführlicheren<br />

Bestimmungen und <strong>die</strong> Sonderbestimmungen für <strong>die</strong><br />

Lehrpersonen sollte der Regierungsrat <strong>in</strong> der Personalverordnung<br />

regeln. Die Wahl auf Amtsdauer, der sogenannte<br />

Beamtenstatus, wurde abgeschafft bzw. wurde<br />

nur noch für e<strong>in</strong>ige wenige <strong>Mit</strong>arbeiter<strong>in</strong>nen und <strong>Mit</strong>arbeiter,<br />

<strong>die</strong> vom Volk oder vom Parlament gewählt werden,<br />

vorgesehen. Für <strong>die</strong> Verwaltungsanstellten im öffentlichen<br />

Dienst und für <strong>die</strong> Lehrpersonen galt nun grundsätzlich<br />

das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis (heute<br />

Arbeitsverhältnis). Dieses konnte für maximal drei Jahre<br />

befristet oder unbefristet und gegenseitig kündbar se<strong>in</strong>.<br />

Lehrpersonen, <strong>die</strong> auf <strong>die</strong> vierjährige Amtsdauer gewählt<br />

waren, wurden <strong>in</strong> der Regel im unbefristeten Dienstverhältnis<br />

angestellt. Dieses ist beidseitig mit e<strong>in</strong>er Kündigungsfrist<br />

von vier Monaten auf Ende des Semesters<br />

kündbar. Lehrpersonen, <strong>die</strong> mit e<strong>in</strong>em Lehrauftrag angestellt<br />

waren und seit drei Jahren an der gleichen Stelle<br />

unterrichteten, wurden <strong>in</strong> der Regel ebenfalls im unbefristeten<br />

Dienstverhältnis angestellt. Neue Lehrpersonen<br />

wurden oft im befristeten Dienstverhältnis angestellt. Wie<br />

im Staatswesen üblich, wird <strong>die</strong> Anstellung aber weiterh<strong>in</strong><br />

durch Wahl begründet. Sie muss jedoch nicht mehr<br />

alle vier Jahre erneuert werden, wie <strong>die</strong>s noch im Beamtenverhältnis<br />

der Fall war.<br />

Wo nötig, wurden für <strong>die</strong> Lehrpersonen aufgrund der Besonderheiten<br />

im Schulbetrieb Ergänzungen im Personalgesetz<br />

vorgenommen. Die personalrechtlichen Bestimmungen<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er für beide Gruppen geltenden<br />

Personalverordnung zusammengefasst. Die Besonderheiten<br />

der Lehrpersonen regelte der Regierungsrat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

eigenen Abschnitt.<br />

Da <strong>die</strong> Revision des Personalgesetzes für <strong>die</strong> Lehrpersonen<br />

weit grössere Veränderungen brachte als für das<br />

Verwaltungspersonal, <strong>in</strong>formierte <strong>die</strong> Dienststelle Volksschulbildung<br />

<strong>die</strong> Schulen mit Umsetzungshilfen über das<br />

neue Personalrecht. Das Personalgesetz wurde seither<br />

immer wieder an <strong>die</strong> neuen Gegebenheiten angepasst.<br />

c) Das Besoldungsrecht<br />

Neues Besoldungsrecht 1999<br />

Das Besoldungsrecht der Lehrpersonen wurde 1999 umfassend<br />

revi<strong>die</strong>rt und bereits so gut wie möglich an dasjenige<br />

des Staatspersonals angepasst worden. So wurden<br />

beispielsweise Funktionsgruppen, Klassen und Richtpositionen<br />

geschaffen. Ebenso wurde der Besoldungsanstieg<br />

<strong>in</strong>nerhalb der e<strong>in</strong>zelnen Klassen mit 36 Stufen def<strong>in</strong>iert,<br />

und es wurde das Instrument der Bewährungsklasse für<br />

neu e<strong>in</strong>steigende Lehrpersonen e<strong>in</strong>geführt. Die wichtigsten<br />

Abweichungen vom Besoldungssystem für das Staatspersonal<br />

betrafen <strong>die</strong> Anzahl der Lohnklassen, <strong>die</strong> Differenz<br />

zwischen dem M<strong>in</strong>imum und dem Maximum <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Lohnklasse, <strong>die</strong> Beibehaltung des automatischen Stufenanstiegs<br />

sowie <strong>die</strong> fehlenden Leistungsklassen.<br />

Besoldungsrevision 2006<br />

Das Lehrpersonal erhält e<strong>in</strong> neues Besoldungsrecht<br />

Die Besoldungsrevision für das Staatspersonal lief parallel<br />

zur Totalrevision des Personalgesetzes und trat ebenfalls<br />

2003 <strong>in</strong> Kraft. Die Projektarbeiten für <strong>die</strong> Besoldungsrevision<br />

für das Lehrpersonal starteten h<strong>in</strong>gegen<br />

erst im Herbst 2002 und dauerten bis 2005. Dabei wurde<br />

<strong>die</strong> Besoldungse<strong>in</strong>reihung auf allen Stufen von K<strong>in</strong>dergarten<br />

bis Universität überprüft und e<strong>in</strong>e breit angelegte<br />

Arbeitsplatzbewertung vorgenommen. Der Regierungsrat<br />

setzte dafür e<strong>in</strong>e Projektorganisation e<strong>in</strong>, <strong>in</strong> der <strong>die</strong><br />

verschiedenen Stufen vertreten waren. <strong>Mit</strong> der Projektleitung<br />

wurde Edi Zimmermann betraut, Leiter Personaladm<strong>in</strong>istration,<br />

Amt für Volkschulbildung.<br />

Die <strong>in</strong>zwischen neu gestalteten und verlängerten Ausbildungswege<br />

für verschiedene Lehrpersonen, <strong>die</strong> Weiterentwicklung<br />

und Professionalisierung der Schulleitungsfunktionen<br />

auf der Volksschulstufe und Lohnvergleiche<br />

unter den Kantonen sowie das neue Besoldungssystem<br />

für das Staatspersonal waren Anlass, das Besoldungssystem<br />

für <strong>die</strong> Lehrpersonen aus dem Jahr 1999 bereits<br />

nach wenigen Jahren zu überprüfen. Für <strong>die</strong> Projektarbeiten<br />

wurde <strong>die</strong> gleiche auf Besoldungssysteme im öffentlichen<br />

Dienst spezialisierte Firma GFO, Zürich, wie bei<br />

der Besoldungsrevision des Staatspersonals beigezogen.<br />

Dabei wurden wesentliche Elemente des Besoldungssystems<br />

für das Staatspersonal übernommen und gleichzeitig<br />

<strong>die</strong> Eigenheiten des Lehrberufs beibehalten. So wurde<br />

beispielsweise auf e<strong>in</strong> lohnwirksames Qualifikationssys-<br />

94


11. Vom Beamtengesetz zum Personalgesetz<br />

tem verzichtet, da <strong>die</strong> Beurteilung der Lehrpersonen<br />

noch zu wenig erprobt war. Die Frage der lohnwirksamen<br />

Beurteilung sollte jedoch im Rahmen e<strong>in</strong>es Projekts<br />

nochmals speziell geprüft werden.<br />

Das neue Besoldungssystem enthielt weiterh<strong>in</strong> <strong>die</strong> Leistungskomponenten<br />

der Gew<strong>in</strong>nungs- und Erhaltungszulagen<br />

und <strong>die</strong> Möglichkeit des Lohnstillstandes. Für <strong>die</strong><br />

Übernahme besonderer Arbeiten im Dienste der ganzen<br />

Schule waren Entlastungen oder Entschädigungen aus<br />

dem Schulpool möglich. Die Lohnklassen wurden im Gegensatz<br />

zum Staatspersonal weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> Lohnstufen e<strong>in</strong>geteilt.<br />

Die Unterscheidung von Bewährungs- und Zielklasse<br />

wurde aufgehoben. Die Bewährungsklasse für<br />

E<strong>in</strong>steiger<strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>steiger fiel damit weg. Jede Funktion<br />

wurde e<strong>in</strong>er bestimmten Lohnklasse zugeordnet. Der<br />

Regierungsrat beschliesst jährlich über e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e<br />

Anpassung der Löhne auf den 1. Januar. Damals wurde<br />

noch mit e<strong>in</strong>em jährlichen Stufenanstieg gerechnet. Der<br />

Regierungsrat konnte aber, wenn es <strong>die</strong> f<strong>in</strong>anzielle Lage<br />

des Kantons erforderte, auf e<strong>in</strong>en Stufenanstieg verzichten.<br />

Dieser fiel später wegen Sparmassnahmen mehrfach<br />

aus bzw. konnte nur <strong>in</strong> Teilbereichen vorgenommen werden.<br />

Deshalb wurden später auch für Lehrpersonen<br />

Lohnbänder e<strong>in</strong>gerichtet, damit der Stufenanstieg nicht<br />

ausgesetzt werden musste und auch für <strong>die</strong> Lehrpersonen<br />

kle<strong>in</strong>ere Lohnanstiege möglich wurden.<br />

Die Klassenlehrpersonen erhalten e<strong>in</strong>e<br />

Entlastungslektion<br />

E<strong>in</strong>e weitere Errungenschaft des neuen Besoldungsrechts<br />

war <strong>die</strong> Entlastung der Klassenlehrpersonen. Die<br />

Arbeitsplatzbewertung hatte gezeigt, dass Klassenlehrpersonen<br />

mehr zusätzliche Arbeiten für <strong>die</strong> Klasse<br />

übernehmen müssen als Fachlehrpersonen. Sie erhielten<br />

daher e<strong>in</strong>e Lektion Entlastung von der Unterrichtsverpflichtung.<br />

Das neue Besoldungsrecht trat auf Beg<strong>in</strong>n des<br />

Schuljahres 2006 <strong>in</strong> Kraft.<br />

Sechs Jahre später erhielten <strong>die</strong> Klassenlehrpersonen an<br />

der Volksschule e<strong>in</strong>e zweite Entlastungslektion. Dies geschah<br />

im Rahmen e<strong>in</strong>es Projekts zur Verbesserung der<br />

Attraktivität des Lehrberufs an den Volksschulen. Als<br />

weitere Massnahmen aus <strong>die</strong>sem Projekt «Arbeitsplatz<br />

Schule» wurde ebenfalls 2012 <strong>die</strong> E<strong>in</strong>reihung der Lehrpersonen<br />

um e<strong>in</strong>e Lohnklasse erhöht erhöht (vgl. Kap. 12).<br />

Besoldungsrevision 2016<br />

K<strong>in</strong>dergarten- und Primarlehrpersonen erhalten gleich<br />

viel Lohn<br />

2015 wurde unter der Projektleitung von Charles V<strong>in</strong>cent,<br />

Leiter der Dienststelle Volksschulbildung, e<strong>in</strong>e weitere<br />

Arbeitsplatzbewertung vorgenommen. Ausgenommen<br />

waren <strong>die</strong> Fachpersonen der schulischen Dienste, da ihre<br />

Besoldungse<strong>in</strong>reihung bereits 2012 überprüft und teilweise<br />

angepasst worden war. Ebenfalls <strong>in</strong> <strong>die</strong> Projektleitung<br />

e<strong>in</strong>bezogen war wieder <strong>die</strong> Firma GFO, Zürich. E<strong>in</strong>e<br />

wesentliche Anpassung <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Besoldungsrevision war<br />

<strong>die</strong> gleiche E<strong>in</strong>reihung für K<strong>in</strong>dergartenlehrpersonen und<br />

Primarlehrpersonen. Aufgrund der Arbeitsplatzbewertung<br />

hätten beide Funktionen sogar e<strong>in</strong>e Lohnklasse höher<br />

e<strong>in</strong>gereiht werden sollen, <strong>die</strong>s musste aber <strong>in</strong>folge<br />

der Sparmassnahmen immer wieder zurückgestellt werden<br />

und wird nun auf das Schuljahr 2021/22 nachgeholt.<br />

Weitere Korrekturen bei der Besoldungse<strong>in</strong>reihung<br />

95


11. Vom Beamtengesetz zum Personalgesetz<br />

wurden im Bereich der Sonderpädagogik vorgenommen,<br />

da <strong>die</strong>se Lehrpersonen auf dem Arbeitsmarkt sehr gesucht<br />

s<strong>in</strong>d und ihre Ausbildung verlängert wurde.<br />

d) Von der Unterrichtsverpflichtung mit Lektionen zum<br />

umfassenden Berufsauftrag<br />

Im Rahmen des Projekts «Schulen mit <strong>Profil</strong>» (vgl. Kap. 4)<br />

wurde <strong>die</strong> zukünftige Ausgestaltung der Aufgaben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

«neuen» als pädagogisch-organisatorischen E<strong>in</strong>heit<br />

geführten Schule <strong>in</strong>tensiv besprochen. Klar war allen<br />

Partnern, dass der Auftrag der Lehrpersonen wesentlich<br />

mehr umfasste als den Unterricht. In These 3 des Projekts<br />

wurde <strong>die</strong>s auch so festgehalten. In der Folge wurde<br />

im Rahmen der Projektarbeiten e<strong>in</strong>e Beschreibung des<br />

Berufsauftrags (zunächst Amtsauftrag genannt) vorgenommen.<br />

Dieser umfasste vier Aufgabenbereiche:<br />

Arbeitsfeld Klasse ca. 82,5 % (1567 Stunden)<br />

Arbeitsfeld Lernende ca. 5,0 % (95 Stunden)<br />

Arbeitsfeld Schule ca. 7,5 % (143 Stunden)<br />

Arbeitsfeld Lehrperson ca. 5,0 % (95 Stunden)<br />

Berufsauftrag<br />

für Lehrpersonen<br />

Die Arbeitszeit der Lehrpersonen wurde erstmals klar<br />

def<strong>in</strong>iert. Ausgehend von der gesetzlichen Vorgabe der<br />

gleichen jährlichen Arbeitszeit wie beim Verwaltungspersonal<br />

wurde e<strong>in</strong> Arbeitszeitmodell beschrieben:<br />

Arbeitszeit und Arbeitsfelder<br />

96


11. Vom Beamtengesetz zum Personalgesetz<br />

Effektive jährliche Arbeitszeit für Lehrpersonen<br />

38,5 Schulwochen à 45,9 Std.<br />

(exkl. 0,75 Wochen <strong>in</strong> <strong>die</strong> Schulzeit<br />

fallende Feiertage) für Arbeiten, <strong>die</strong><br />

während den 38,5 Schulwochen zu<br />

erledigen s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong>sbesondere<br />

Unterricht, Beratung und Begleitung<br />

der Lernenden sowie andere an <strong>die</strong><br />

Schulzeit gebundene Aufgaben<br />

4 Wochen à 42 Stunden <strong>in</strong> den<br />

Schulferien<br />

für <strong>die</strong> übrigen im Berufsauftrag<br />

enthaltenen Arbeiten, <strong>die</strong> nicht<br />

während der Schulzeit erledigt<br />

werden müssen, <strong>in</strong>sbesondere<br />

langfristige Unterrichtsplanung,<br />

Teile der Weiterbildung, der<br />

Gestaltung und Entwicklung der<br />

Schule usw.<br />

1732 Std.<br />

168 Std.<br />

3,5 Wochen Kompensation der <strong>in</strong> der<br />

Schulzeit geleisteten Mehrstunden<br />

(37,75 Schulwochen à 3,9 Mehrstunden<br />

= 147 Std.)<br />

2 Wochen <strong>in</strong> <strong>die</strong> schulfreie Zeit<br />

fallende Feiertage<br />

4 Wochen effektive Ferien<br />

52 Wochen 1900 Std.<br />

In den folgenden Jahren wurde <strong>die</strong>ses Modell immer<br />

wieder überprüft und leicht angepasst. So wurden <strong>die</strong><br />

Prozentanteile der e<strong>in</strong>zelnen Aufgabenbereiche der Aufgabenentwicklung<br />

angepasst. Sie s<strong>in</strong>d heute aufgeteilt <strong>in</strong>:<br />

Im Grundsatz entspricht <strong>die</strong> aktuelle Arbeitszeit der Lehrpersonen<br />

derjenigen des Staatspersonals mit 42-Stundenwoche.<br />

Diese wird zeitlich natürlich anders erbracht<br />

als beim Verwaltungspersonal. Die Ausweitung des Berufsauftrags<br />

hat sicher e<strong>in</strong>e Klärung der Aufgaben und<br />

der Arbeitszeit der Lehrpersonen gebracht. Das Modell<br />

erlaubt auch e<strong>in</strong>e regelmässige Überprüfung und Anpassung,<br />

wenn <strong>die</strong> Rahmenbed<strong>in</strong>gungen sich wesentlich verändern.<br />

Arbeitsfeld Unterricht ca. 87,5 % (1650 Stunden)<br />

Arbeitsfeld Lernende ca. 5,0 % (94,5 Stunden)<br />

Arbeitsfeld Schule ca. 5,0 % (94,5 Stunden)<br />

Arbeitsfeld Lehrperson ca. 2,5 % (47 Stunden)<br />

97


Aus der Praxis<br />

Schul<strong>die</strong>nste<br />

Hilfestellung für e<strong>in</strong>e unbeschwerte Schullaufbahn<br />

Auffälligkeiten <strong>in</strong> der Entwicklung s<strong>in</strong>d bei K<strong>in</strong>dern nichts Aussergewöhnliches.<br />

Dennoch sollte man <strong>die</strong>sen möglichst früh begegnen. Diese Aufgabe übernehmen im<br />

Kanton Luzern vier Schul<strong>die</strong>nste.<br />

Jedes K<strong>in</strong>d hat se<strong>in</strong>e Stärken und Schwächen, <strong>die</strong> <strong>in</strong> der<br />

Schule nicht immer gleich gut zum Tragen kommen. Weichen<br />

<strong>die</strong> Erwartungen zwischen K<strong>in</strong>dern, Eltern und<br />

Lehrpersonen zunehmend vone<strong>in</strong>ander ab, stehen im<br />

Kanton Luzern vier Schul<strong>die</strong>nste zur Vermittlung und<br />

Unterstützung zur Verfügung.<br />

Die vier Schul<strong>die</strong>nste haben vor allem e<strong>in</strong> Ziel: Die Individualität<br />

zu stärken. Bett<strong>in</strong>a von Holzen: «Wir nehmen <strong>die</strong><br />

K<strong>in</strong>der so, wie sie s<strong>in</strong>d, und versuchen gezielt Impulse zu<br />

setzen, um sie auf <strong>die</strong> kommenden Aufgaben vorzubereiten,<br />

<strong>in</strong> der Schule, im Berufsleben wie auch im persönlichen<br />

Umfeld.» Bevor es allerd<strong>in</strong>gs zu e<strong>in</strong>er Therapie<br />

kommt, f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Abklärung statt. Die Anmeldung zu<br />

<strong>die</strong>ser Abklärung erfolgt meist über <strong>die</strong> Eltern oder <strong>die</strong><br />

Lehrpersonen. Um den Förderbedarf und Leidensdruck<br />

zu klären, f<strong>in</strong>den neben verschiedenen Testverfahren<br />

auch umfassende Gespräche mit allen Beteiligten statt.<br />

Von Holzen: «Dabei versuchen wir zu erkennen, ob das<br />

K<strong>in</strong>d <strong>die</strong> anstehenden Entwicklungsschritte selbständig<br />

bewältigen kann oder Unterstützung benötigt. So können<br />

Fachpersonen gegebenenfalls Therapiemassnahmen,<br />

Umfeldberatungen oder Lernzielanpassungen empfehlen.»<br />

E<strong>in</strong>e zentrale Aufgabe der Schul<strong>die</strong>nstmitarbeitenden besteht<br />

dar<strong>in</strong>, <strong>die</strong> Eltern und Lehrpersonen auf <strong>die</strong> Individualität<br />

der K<strong>in</strong>der h<strong>in</strong>zuweisen. Um dem K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e gel<strong>in</strong>gende<br />

schulische Laufbahn zu ermöglichen, müssen<br />

<strong>in</strong>dividuelle Förderung der K<strong>in</strong>der und <strong>in</strong>dividuelle Zugänge<br />

der Lehrpersonen <strong>in</strong>e<strong>in</strong>andergreifen. Bett<strong>in</strong>a von<br />

Holzen: «Meistens sehen <strong>die</strong> Eltern <strong>die</strong> Notwendigkeit e<strong>in</strong>er<br />

Therapie e<strong>in</strong>, sodass man schnell e<strong>in</strong>e gezielte Förderung<br />

<strong>in</strong> Angriff nehmen kann.» Und was denken <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der<br />

über <strong>die</strong> Therapie? Zu Beg<strong>in</strong>n könne e<strong>in</strong>e Unsicherheit<br />

vorhanden se<strong>in</strong>, weiss von Holzen aus Erfahrung. «Doch<br />

unsere Fachleute schaffen e<strong>in</strong>e wertschätzende Atmosphäre,<br />

<strong>in</strong> der sich <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> der Regel wohl fühlen<br />

und darum gerne wiederkommen.»<br />

Die Schul<strong>die</strong>nste als wichtige Unterstützung<br />

Die Luzerner Volksschulen verfügen über vier spezielle<br />

Unterstützungsangebote, welche <strong>die</strong> Förderung der<br />

Lernenden <strong>in</strong> besonderen Situationen unterstützen.<br />

Drei <strong>die</strong>ser vier Schul<strong>die</strong>nste s<strong>in</strong>d regional organisiert,<br />

nämlich der Schulpsychologische Dienst, der Logopädische<br />

Dienst und <strong>die</strong> Psychomotorischen Therapiestellen.<br />

Die Schulsozialarbeit h<strong>in</strong>gegen ist schulnah<br />

organisiert und <strong>in</strong> der Regel den Schulleitungen direkt<br />

zugeteilt.<br />

Die Pensen der Schul<strong>die</strong>nste s<strong>in</strong>d kantonal vorgegeben.<br />

So gibt es für 750 Lernende des K<strong>in</strong>dergartens<br />

und der Primarschule e<strong>in</strong> Vollpensum bei der Logopä<strong>die</strong>.<br />

1500 Lernende des K<strong>in</strong>dergartens und der<br />

Primarschule ergeben e<strong>in</strong> Vollpensum bei den<br />

Psychomotorischen Therapiestellen. Beim Schulpsychologischen<br />

Dienst ergeben 1600 Lernende aller<br />

Stufen e<strong>in</strong> Vollpensum, während dem bei der Schulsozialarbeit<br />

auf 750 Lernende aller Stufen e<strong>in</strong> Vollpensum<br />

e<strong>in</strong>gesetzt werden muss.<br />

Der Schulpsychologische Dienst, der Logopädische<br />

Dienst und <strong>die</strong> Psychomotorik-Therapiestellen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

13 regionalen und geleiteten Schul<strong>die</strong>nsten organisiert.<br />

Diese Organisation, <strong>die</strong> mit dem Gesetz über <strong>die</strong><br />

Volksschulbildung e<strong>in</strong>geführt wurde, erleichtert <strong>die</strong><br />

Zusammenarbeit und <strong>die</strong> geme<strong>in</strong>same Weiterentwicklung.<br />

Sie gewährleistet auch das enge Zusammenwirken<br />

bei der Begleitung e<strong>in</strong>zelner K<strong>in</strong>der und Jugendlichen.<br />

98


Aus der Praxis<br />

Bett<strong>in</strong>a von Holzen ist Bereichsleiter<strong>in</strong> Schul<strong>die</strong>nste bei der Dienststelle Volksschulbildung.<br />

Der Logopädische Dienst<br />

E<strong>in</strong>er <strong>die</strong>ser Schul<strong>die</strong>nste ist der Logopädische Dienst. Er<br />

befasst sich mit K<strong>in</strong>dern, <strong>die</strong> <strong>in</strong> ihrer Sprachentwicklung<br />

wie etwa bei Sprachverständnis, Wortschatzaufbau oder<br />

Lautbildung h<strong>in</strong>terherh<strong>in</strong>ken, <strong>die</strong> grammatischen Strukturen<br />

nicht erkennen oder stottern. Daneben behandeln<br />

<strong>die</strong> Logopäd<strong>in</strong>nen und Logopäden auch e<strong>in</strong>e aus e<strong>in</strong>er<br />

Sprachentwicklungsstörung resultierende Lese-Rechtschreibstörung.<br />

Die Psychomotorische Therapiestelle<br />

E<strong>in</strong> weiteres Angebot ist <strong>die</strong> Psychomotorik-Therapiestelle.<br />

«Sie kümmert sich um K<strong>in</strong>der, <strong>die</strong> <strong>in</strong> ihrem Bewegungs-<br />

oder Sozialverhalten, ihrer psychischen Stabilität<br />

oder emotionalen Entwicklung auffallen», erklärt Bett<strong>in</strong>a<br />

von Holzen, Bereichsleiter<strong>in</strong> Schul<strong>die</strong>nste bei der Dienststelle<br />

Volksschulbildung. Nur selten liege <strong>die</strong> Schwierigkeit<br />

auf re<strong>in</strong> motorischer Ebene: «Die K<strong>in</strong>der haben Mühe,<br />

auf e<strong>in</strong> Klettergerüst zu steigen, Bälle abzufangen oder<br />

beim Schreiben <strong>die</strong> L<strong>in</strong>ie zu treffen», so von Holzen weiter.<br />

Daraus erwachsen häufig psycho-soziale Reaktionen,<br />

<strong>die</strong> sich <strong>in</strong> Unlust und Rückzug ausdrücken.<br />

Der Schulpsychologische Dienst<br />

Der Schulpsychologische Dienst berät Eltern, Lehrpersonen<br />

und K<strong>in</strong>der bei schulischen, erzieherischen und<br />

psychischen Problemen. Schulische Probleme können<br />

mit e<strong>in</strong>em grossen Leidensdruck verbunden se<strong>in</strong>. Die<br />

Schulpsycholog<strong>in</strong> macht e<strong>in</strong>e Diagnose und dann e<strong>in</strong> Auswertungsgespräch<br />

mit den Eltern.<br />

Die Schulsozialarbeit<br />

Der vierte und letzte Schul<strong>die</strong>nst ist <strong>die</strong> Schulsozialarbeit,<br />

kurz SSA. Nutzer <strong>die</strong>ses Angebots s<strong>in</strong>d Lernende der Primar-<br />

und Sekundarstufe sowie Eltern. «Meist wird um<br />

alltägliche D<strong>in</strong>ge gestritten, ab und zu geht es um Mobb<strong>in</strong>g<br />

oder Gewalt», sagt Bett<strong>in</strong>a von Holzen. Und nicht<br />

selten führe der Leistungsdruck oder <strong>die</strong> Vernachlässigung<br />

durch <strong>die</strong> Eltern dazu, dass Jugendliche den Schulsozialarbeiter<br />

aufsuchen. Die SSA wird im Gegensatz zu<br />

den regional organisierten Schul<strong>die</strong>nsten direkt <strong>in</strong> allen<br />

Geme<strong>in</strong>den angeboten und f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> den lokalen Schulhäusern<br />

statt. «Es handelt sich um e<strong>in</strong> freiwilliges, niederschwelliges<br />

und leicht zugängliches Angebot, das von<br />

den K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen jederzeit aus eigenem Antrieb<br />

besucht werden kann», erkärt von Holzen. Hauptaufgabe<br />

der SSA sei es, das persönliche, schulische und<br />

soziale Wohlbef<strong>in</strong>den der Jugendlichen zu verbessern<br />

und gleichzeitig <strong>die</strong> Lehrpersonen <strong>in</strong> ihrer Arbeit zu unterstützen.<br />

99


HANS AMBÜHL<br />

Hans Ambühl, was zeichnet <strong>die</strong><br />

Luzerner Volksschulen aus?<br />

Die Abschlussquote der Sekundarstufe<br />

II beträgt im Kanton Luzern<br />

95 Prozent und wird schweizweit<br />

nur noch von wenigen kle<strong>in</strong>en Kantonen<br />

überboten. Nimmt man <strong>die</strong>sen<br />

heute wichtigsten Indikator im<br />

Bildungssystem zum Massstab,<br />

dann steht <strong>die</strong> Leistungsfähigkeit<br />

der obligatorischen Schule im Kanton<br />

Luzern ausser Frage. Drei Merkmale<br />

zeichnen <strong>die</strong> Luzerner Volksschule<br />

über<strong>die</strong>s besonders aus: <strong>die</strong><br />

gesellschaftliche Integrationskraft,<br />

<strong>die</strong> pädagogisch-didaktische Inno vationsfähigkeit<br />

und <strong>die</strong> soziale<br />

Vernetzung.<br />

Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> Schulentwicklung<br />

der letzten 40 Jahre?<br />

Sie weist e<strong>in</strong>e überzeugende Logik<br />

auf: vom schulorganisatorischen<br />

Verständnis der e<strong>in</strong>zelnen Schule<br />

als pädagogischer E<strong>in</strong>heit und ihrer<br />

entsprechenden Stärkung vor Ort<br />

über <strong>die</strong> Aktualisierung der Ziele<br />

und Inhalte elementarer Bildung bis<br />

zur bewussten Vernetzung der<br />

Schulen <strong>in</strong> ihren sozialen Räumen.<br />

HANS AMBÜHL<br />

Generalsekretär Schweizerische<br />

Konferenz der kantonalen<br />

Erziehungsdirektoren (EDK)<br />

2000–2017<br />

Departementssekretär<br />

Erziehungs- und Kulturdepartement<br />

Kanton Luzern 1988–1999<br />

Was hat Sie an <strong>die</strong>ser Entwicklung<br />

am meisten gefreut?<br />

Dass <strong>die</strong> Dauer und <strong>die</strong> Ziele der<br />

Luzerner Volksschule im S<strong>in</strong>ne der<br />

Bildungsverfassung von 2006 heute<br />

der <strong>in</strong>terkantonalen Harmonisierung<br />

auf gesamtschweizerischer<br />

und sprachregionaler Ebene <strong>in</strong> allen<br />

wesentlichen Aspekten entsprechen.<br />

Dies obwohl – und das ärgert<br />

mich – der Beitritt des Kantons<br />

Luzern zum Harmos-Konkordat im<br />

Jahre 2008 aufgrund e<strong>in</strong>er lügenhaften<br />

Gegenkampagne leider an<br />

der Urne gescheitert ist.<br />

Wo sehen Sie Handlungsbedarf für<br />

<strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>?<br />

Die Veränderung des Lernens durch<br />

<strong>die</strong> Digitalisierung, <strong>in</strong>sbesondere <strong>die</strong><br />

dadurch zunehmende Bedeutung<br />

des <strong>in</strong>formellen Lernens und <strong>die</strong><br />

sich daraus ergebende Akzentuierung<br />

von Fragen der Bildungsgerechtigkeit<br />

werden auch <strong>die</strong> Luzener<br />

Volksschule <strong>in</strong> den nächsten Jahren<br />

stark herausfordern.<br />

Was halten Sie von der Bedeutung<br />

der Schul<strong>die</strong>nste, <strong>in</strong>sbesondere der<br />

Schulsozialarbeit?<br />

Schulsozialarbeit und darüber h<strong>in</strong>aus<br />

e<strong>in</strong>e konsequente Vernetzung der<br />

Schulen mit ihrem gesellschaftlichen<br />

Umfeld und mit den sie unterstützenden<br />

ausserschulischen Kräften<br />

bleiben ganz klar e<strong>in</strong> wichtiger<br />

Erfolgsfaktor für <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>.<br />

Wie beurteilen Sie das Luzerner<br />

Volksschulbildungsgesetz im<br />

nationalen Vergleich?<br />

Das Luzerner Volksschulbildungsgesetz<br />

ist für mich e<strong>in</strong>es der aktuellsten<br />

und «träfsten» der Schweiz.<br />

100


URSI BURKHART<br />

Ursi Burkart, was zeichnet <strong>die</strong><br />

Luzerner Volksschulen aus?<br />

Die Luzerner Volksschulen haben<br />

sich stetig weiterentwickelt. Dank<br />

der E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung verschiedenster<br />

Anspruchsgruppen <strong>in</strong> den diversen<br />

Schulentwicklungsprojekten konnten<br />

Vorschläge und Lösungen geme<strong>in</strong>sam<br />

getragen werden. Im Vergleich<br />

zu den Nachbarskantonen ist<br />

Luzern deshalb modern und zeitgemäss<br />

unterwegs.<br />

Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> Schulentwicklung<br />

der letzten 40 Jahre?<br />

Sehr gut. Die Luzerner Schulentwicklung<br />

zeichnet sich dadurch aus,<br />

dass sie versucht, konkurrenzfähige<br />

und massgeschneiderte Angebote<br />

zu schaffen. Die Ziele wurden erreicht,<br />

auch wenn sie bisweilen von der<br />

technologischen und gesellschaftlichen<br />

Entwicklung überholt wurden.<br />

Der Lehrplan 21 mit dem Schwerpunkt<br />

der überfachlichen Kompetenzen<br />

ist schon fast Courant normal,<br />

somit auch <strong>die</strong> drei Zyklen.<br />

Tagesstrukturen, <strong>in</strong>tegrative Förderung<br />

und Schulsozialarbeit s<strong>in</strong>d <strong>die</strong><br />

Antwort auf e<strong>in</strong>e immer heterogener<br />

werdende Gesellschaft.<br />

URSI BURKART<br />

Vorstand Verband Luzerner<br />

Geme<strong>in</strong>den (VLG)<br />

Präsident<strong>in</strong> Bereich «Bildung und<br />

Kultur» im VLG<br />

Was hat Sie am meisten gefreut?<br />

Die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung verschiedenster Anspruchsgruppen<br />

im H<strong>in</strong>blick auf <strong>die</strong><br />

Ausarbeitung von Lösungen, <strong>die</strong> geme<strong>in</strong>sam<br />

getragen werden können.<br />

Die «DVS-Ohren» waren stets offen.<br />

Die Erkenntnis ist <strong>in</strong> den letzten<br />

Jahren gewachsen, dass Innovationen<br />

und Veränderungen ke<strong>in</strong> Muss<br />

s<strong>in</strong>d, sondern e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit.<br />

Wo sehen Sie Handlungsbedarf für<br />

<strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>?<br />

Die Schule muss sich weiter entwicke<br />

ln. Trends s<strong>in</strong>d frühzeitig aufzugreifen,<br />

damit tatsächlich e<strong>in</strong><br />

Mehrwert entsteht. Die Lernenden<br />

müssen befähigt werden, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

digitalen Welt selbstgesteuert zu<br />

lernen.<br />

Was halten Sie von der Aufgabenteilung<br />

Kanton-Geme<strong>in</strong>den-Schulen<br />

<strong>in</strong> den Luzerner Volksschulen?<br />

Die Bildung ist e<strong>in</strong>e Verbundaufgabe<br />

von Kanton und Geme<strong>in</strong>den. Dementsprechend<br />

muss <strong>die</strong> Schule partnerschaftlich<br />

weiterentwickelt, getragen<br />

und f<strong>in</strong>anziert werden. Es<br />

muss e<strong>in</strong>e Balance vorhanden se<strong>in</strong><br />

zwischen dem pädagogisch Notwendigen<br />

und dem f<strong>in</strong>anziell Machbaren.<br />

Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> Bedeutung<br />

der Schul<strong>die</strong>nste <strong>in</strong> den Luzerner<br />

Volksschulen, <strong>in</strong>sbesondere der<br />

Schulsozialarbeit?<br />

Die Schul<strong>die</strong>nste haben an Bedeutung<br />

gewonnen <strong>in</strong> den letzten Jahren.<br />

Insbesondere <strong>die</strong> Schulsozialarbeit.<br />

Sie entlastet <strong>die</strong> Lehrpersonen und<br />

nimmt Aufgaben wahr, <strong>die</strong> nicht zu<br />

den Kernkompetenzen e<strong>in</strong>er Lehrperson<br />

gehören. Die Schulsozialarbeit<br />

ist aus unserer Volksschule<br />

nicht mehr wegzudenken.<br />

101


12. Die Verbesserung der Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

12. Die Verbesserung der Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

Die verschiedenen Entwicklungsvorhaben veränderten <strong>die</strong> Arbeit der Lehrpersonen<br />

stark. Obwohl natürlich der Unterricht weiterh<strong>in</strong> im Zentrum stand, kamen wichtige<br />

Aufgaben h<strong>in</strong>zu. Um <strong>die</strong>sen Veränderungen Rechnung zu tragen, wurden im Rahmen<br />

von zwei grossen Projekten <strong>die</strong> Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen überprüft und verbessert.<br />

a) Ausgangslage<br />

Wie <strong>in</strong> den vorgenannten Kapiteln deutlich gezeigt wurde,<br />

haben sich <strong>in</strong> den letzten Jahrzehnten <strong>die</strong> Aufgaben der<br />

Schulen wesentlich verändert. Diese Veränderungen hatten<br />

auch Auswirkungen auf den Lehrberuf. So s<strong>in</strong>d <strong>die</strong><br />

Anforderungen an <strong>die</strong> Lehrpersonen sicher vielfältiger<br />

geworden, und zwar <strong>in</strong> mehrfacher H<strong>in</strong>sicht:<br />

– Die Zusammensetzung der Klassen ist heterogener<br />

geworden, was Vor- und Nachteile be<strong>in</strong>haltet. Dies hat<br />

unter anderem dazu geführt, dass neben dem Bil-<br />

dungsauftrag zunehmend auch Erziehungs- und Sozialisierungsaufgaben<br />

<strong>die</strong> Lehrpersonen fordern.<br />

– Die Erwartungen der Eltern an <strong>die</strong> Schulen s<strong>in</strong>d unterschiedlicher<br />

geworden, da <strong>die</strong> Unterschiede zwischen<br />

den Familien grösser geworden s<strong>in</strong>d.<br />

– Die fachlichen und fachdidaktischen Anforderungen<br />

s<strong>in</strong>d grösser geworden, da e<strong>in</strong>erseits neue Fächer<br />

und Inhalte e<strong>in</strong>geführt wurden und andererseits<br />

höhere Anforderungen an e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle Förderung<br />

der Lernenden gestellt werden.<br />

– Die Erwartung an e<strong>in</strong>en kohärenten Lernweg <strong>in</strong>nerhalb<br />

e<strong>in</strong>er Schule stellt berechtigterweise e<strong>in</strong>e deutliche<br />

Forderung dar, was zu mehr geme<strong>in</strong>samen Absprachen<br />

und vermehrter Zusammenarbeit geführt<br />

hat.<br />

– Die <strong>in</strong>tegrative Förderung (fast) aller Lernenden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Klasse bed<strong>in</strong>gt zusätzliche Fachpersonen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Klasse, was zu neuen Formen der geme<strong>in</strong>samen Klassenführung<br />

geführt hat.<br />

– Und nicht zuletzt tragen Lehrpersonen nicht nur für<br />

ihre Klasse, sondern auch für e<strong>in</strong> ganzes Schulhaus<br />

Verantwortung.<br />

Diese Entwicklungen haben <strong>die</strong> Arbeitssituation der Lehrpersonen<br />

verändert, obwohl natürlich als Kernauftrag<br />

immer noch <strong>die</strong> Organisation und Durchführung des Unterrichts<br />

besteht. Verschiedene Entlastungen wurden<br />

deshalb parallel zu <strong>die</strong>sen Entwicklungen geprüft und<br />

weitgehend auch umgesetzt. Zwei grössere Projekte s<strong>in</strong>d<br />

zu <strong>die</strong>sem Zwecke realisiert worden:<br />

102


12. Die Anpassung der Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

b) Das Projekt «Renaissance des Lehrberufs»<br />

Aufgrund e<strong>in</strong>es politischen Vorstosses im Grossen Rat im<br />

Jahr 2000 prüfte e<strong>in</strong>e breit abgestützte Projektgruppe<br />

verschiedene Massnahmen zur Entlastung der Lehrpersonen.<br />

Diese Projektgruppe erstellte zunächst e<strong>in</strong>e<br />

umfassende Analyse zum Lern- und Arbeitsort Schule.<br />

Dabei konnte festgestellt werden, dass neben Belastungsfaktoren<br />

auch entlastende Entwicklungen erkennbar<br />

waren: z.B <strong>die</strong> kle<strong>in</strong>eren Kassengrössen, <strong>die</strong> zunehmende<br />

Qualität der Lehrmittel, <strong>die</strong> zunehmende ge genseitige<br />

Unterstützung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Schulteam. Die Projektgruppe<br />

gewichtete aber <strong>die</strong> Belastungsfaktoren als grösser, da<br />

<strong>die</strong>se oft dauerhafter und unberechenbarer wirkten.<br />

Ebenso stellte <strong>die</strong> Projektgruppe auch übere<strong>in</strong>stimmend<br />

fest, dass <strong>die</strong> weitere gesellschaftliche Entwicklung auch<br />

e<strong>in</strong>e weitere Entwicklung der Schulen notwendig machte.<br />

Deshalb wurden neben verschiedenen Entlastungs- und<br />

Unterstützungsmassnahmen auch e<strong>in</strong>e bessere Verankerung<br />

von Schule und Lehrpersonen <strong>in</strong> der Gesellschaft<br />

als notwendig erachtet. Insgesamt schlug <strong>die</strong> Projektgruppe<br />

folgende zehn Massnahmen vor:<br />

– Neuer Berufsauftrag<br />

– Stärkung der Funktion der Klassenlehrperson: Zeitgefäss<br />

für alle Klassenlehrpersonen<br />

– Ausweitung des Schulpools<br />

– E<strong>in</strong>führung der Schulsozialarbeit<br />

– Weiterentwicklung des Personalmanagements an den<br />

Schulen<br />

– Ergänzung der Angebote der Schulberatung<br />

– Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit<br />

– Durchführung e<strong>in</strong>er Kampagne für Schule und Lehrpersonen<br />

(vgl. Kap.13)<br />

– Weiterentwicklung der Ausbildung der Lehrpersonen<br />

(<strong>in</strong>nerhalb der neuen pädagogischen Hochschule)<br />

– Überprüfung des Besoldungsrechts für Lehrpersonen.<br />

Diese Massnahmen wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Planungsbericht<br />

des Regierungsrats an den Grossen Rat 2004 dargestellt.<br />

In den folgenden Jahren konnten <strong>die</strong> meisten Massnahmen<br />

teilweise oder vollständig realisiert werden, denn<br />

auch <strong>die</strong> politischen Verantwortlichen erachteten trotz<br />

wesentlicher Kosten <strong>die</strong> Umsetzung als notwendig und<br />

wichtig. Die Massnahmen führten sicher auch dazu, dass<br />

<strong>die</strong> Luzerner Volksschulen als attraktiver Arbeitsplatz erhalten<br />

blieben und <strong>die</strong> Lehrpersonen <strong>die</strong> damaligen und<br />

103


12. Die Anpassung der Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

zentral beschlossen und umgesetzt werden konnten.<br />

Folgende 16 Massnahmen wurden dabei vorgeschlagen:<br />

Massnahmen im Ausbildungsbereich<br />

– Modularisierung der Ausbildung für IF-Lehrpersonen<br />

verstärken<br />

– Ausbildungsgang für Lehrpersonen der Sekundarschule<br />

erweitern<br />

– Ausbildungen für Quere<strong>in</strong>steiger<strong>in</strong>nen und Quere<strong>in</strong>steiger<br />

an der PH Luzern schaffen<br />

zukünftigen Anforderungen weiterh<strong>in</strong> gut bewältigen<br />

konnten. Trotz <strong>die</strong>ser erfreulichen Feststellung wurde<br />

wenige Jahre später <strong>die</strong> Arbeitssituation erneut umfassend<br />

überprüft,, da <strong>die</strong> schulischen Entwicklungen zu<br />

e<strong>in</strong>er weiteren Erhöhung der Anforderungen an <strong>die</strong> Lehrpersonen<br />

und Schulleitungen führten.<br />

c) Das Projekt «Arbeitsplatz Schule»<br />

Aufgrund zahlreicher Veränderungen <strong>in</strong> der Schule und<br />

im Unterricht im Rahmen des Projekts «Schulen mit<br />

<strong>Zukunft</strong>» setzten <strong>die</strong> Projektträger im Herbst 2010 e<strong>in</strong>e<br />

Projektorganisation mit dem Auftrag e<strong>in</strong>, Fragen zur Entwicklung<br />

des Arbeitsplatzes Schule zu bearbeiten. Neben<br />

e<strong>in</strong>er umfassenden Bestandesaufnahme sollte auch e<strong>in</strong>e<br />

Beurteilung der aktuellen und zukünftigen Entwicklung<br />

vorgenommen werden. Zudem sollten mögliche Massnahmen<br />

auf ihre Nachhaltigkeit und Wirksamkeit geprüft<br />

und beurteilt werden. Die Projektgruppe erstellte e<strong>in</strong>e<br />

umfassende Auslegeordnung <strong>in</strong> folgenden sechs Handlungsfeldern:<br />

Massnahmen im Anstellungsbereich<br />

– Unterrichtsverpflichtung für Klassenlehrpersonen reduzieren<br />

– Besoldungen anpassen<br />

– Schulpool für besondere Aufgaben erhöhen<br />

– Schul<strong>in</strong>terne Personalarbeit verstärken<br />

Massnahmen im organisatorischen Bereich<br />

– Unterstützung für schwierige Klassen e<strong>in</strong>setzen<br />

(SOS-Massnahmen)<br />

– Schulsozialarbeit im K<strong>in</strong>dergarten und <strong>in</strong> der Primarschule<br />

e<strong>in</strong>führen<br />

– Berufsauftrag und Arbeitszeitregelung überarbeiten<br />

und verb<strong>in</strong>dlich regeln<br />

– Unterrichtsteams für <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Klassen e<strong>in</strong>setzen<br />

– Arbeitsplätze für Lehrpersonen im Schulhaus e<strong>in</strong>richten<br />

– Umfassende Schuladm<strong>in</strong>istrationssoftware und Datenverwaltung<br />

e<strong>in</strong>führen<br />

– kantonale Steuerung<br />

– Ausbildung<br />

– Anstellung<br />

– Organisatorische Aspekte<br />

– Schulführung<br />

– Rolle der Lehrpersonen<br />

Gestützt auf <strong>die</strong> umfassende Darstellung der Handlungsfelder<br />

wurden verschiedene Massnahmen zur Weiterverfolgung<br />

bzw. Beschlussfassung durch den Regierungsrat<br />

vorgeschlagen. Diese Massnahmen konzentrierten sich<br />

auf <strong>die</strong> Handlungsfelder 2–5, weil <strong>die</strong>se für alle Schulen<br />

104


12. Die Anpassung der Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

Massnahmen im Schulführungsbereich<br />

– Schulleitungszeitgefäss erhöhen<br />

– Schulleitung stärken und Schulsekretariate e<strong>in</strong>führen<br />

und ausbauen<br />

– Betriebliche Gesundheitsförderung <strong>in</strong> der Schule<br />

fördern.<br />

Neben <strong>die</strong>sen 16 zur Weiterbearbeitung vorgeschlagenen<br />

Massnahmen wurden weitere Massnahmen <strong>in</strong> den anderen<br />

Handlungsfeldern geprüft. Da <strong>die</strong>se nur bed<strong>in</strong>gt mit<br />

dem Arbeitsplatz Schule <strong>in</strong> Beziehung standen, wurden<br />

<strong>die</strong>se nicht weiter konkretisiert, bzw. anderen Stellen zur<br />

Bearbeitung zugewiesen. E<strong>in</strong>ige der oben aufgeführten<br />

Vorschläge wurden sehr rasch umgesetzt, andere Umsetzungen<br />

mussten nicht zuletzt aus f<strong>in</strong>anziellen Gründen<br />

auf mehrere Jahre aufgeteilt werden. Von den Schulleitungen<br />

und Lehrpersonen als besonders hilfreich<br />

empfunden wurden jene Vorschläge, <strong>die</strong> entweder rasch<br />

umgesetzt werden konnten oder e<strong>in</strong>e nachhaltige Entlastung<br />

brachten. Darunter fielen vor allem folgende vier<br />

Punkte:<br />

– Unterstützung für schwierige Klassen e<strong>in</strong>setzen<br />

(SOS-Massnahmen)<br />

– Schulsozialarbeit im K<strong>in</strong>dergarten und <strong>in</strong> der Primarschule<br />

e<strong>in</strong>führen<br />

– Schulpool für besondere Aufgaben erhöhen<br />

– Unterrichtsverpflichtung für Klassenlehrpersonen reduzieren.<br />

Die Umsetzung der vorgeschlagenen Massnahmen erforderte<br />

beträchtliche f<strong>in</strong>anzielle <strong>Mit</strong>tel. Insgesamt wurden<br />

18 Millionen Franken dafür vorgesehen. Deshalb konnten<br />

<strong>die</strong>se nur schrittweise realisiert werden. Immerh<strong>in</strong> konnte<br />

<strong>die</strong> Reduktion der Unterrichtsverpflichtung für Klassen-<br />

lehrpersonen um e<strong>in</strong>e zweite Lektion bis zum Schuljahr<br />

2015/16 vollständig realisiert werden. Auch <strong>die</strong> Schulsozialarbeit<br />

wurde <strong>in</strong> den meisten Schulen e<strong>in</strong>geführt, auch<br />

wenn <strong>die</strong> gesetzliche Verpflichtung vorerst noch nicht<br />

vorgenommen wurde. Der Schulpool für besondere Aufgaben<br />

h<strong>in</strong>gegen wurde zunächst nur zur Hälfte erhöht.<br />

Die def<strong>in</strong>itive Erhöhung auf <strong>die</strong> beantragte Formel «e<strong>in</strong>e<br />

Lektion pro Klasse» wurde nun auf den 1. Januar 2022<br />

beschlossen.<br />

Insgesamt darf festgestellt werden, dass <strong>die</strong> dargestellten<br />

Vorhaben wesentlich zur Verbesserung des Arbeitsplatzes<br />

Schule im Kanton Luzern beigetragen haben.<br />

Deshalb bieten <strong>die</strong> Luzerner Volksschulen auch aktuell<br />

und <strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong> attraktive Arbeitsplätze, was <strong>die</strong> Rekrutierung<br />

von Lehrpersonen sicher erleichtert.<br />

105


13. Die Kampagne für Schule und Lehrpersonen<br />

13. Die Kampagne für Schule und Lehrpersonen<br />

Die Wahrnehmung der Volksschule <strong>in</strong> der Öffentlichkeit veränderte sich <strong>in</strong> der Vergangenheit<br />

stark. Deshalb starteten <strong>die</strong> Träger von «Schulen mit <strong>Profil</strong>» e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same<br />

Kampagne für Schule und Lehrpersonen. Die Partner von «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>»<br />

setzten <strong>die</strong>se fort und führten verschiedene Aktivitäten zur Imagestärkung von Schule<br />

und Lehrpersonen durch.<br />

Inserate_s/w_NEU 15.4.2002 8:55 Uhr Seite 3<br />

«Noch immer liefert <strong>die</strong> Wirklichkeit jene Rechenbeispiele,<br />

<strong>die</strong> bei den Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern<br />

besonders beliebt s<strong>in</strong>d.»<br />

Der Bezug zur Praxis ist immer noch <strong>die</strong> beste Lernmotivation.<br />

Diese Praxis aber ändert. Und mit ihr muss sich der Schulunterricht<br />

entwickeln. Diese Beweglichkeit können Volksschulen des<br />

Kantons Luzern <strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong> beweisen. Schulen mit <strong>Profil</strong><br />

heisst das Projekt, das Raum für neue Schulbeispiele schafft. Und<br />

Verantwortung entsprechend def<strong>in</strong>iert.<br />

Mehr Infos: www.schulenmitprofil.ch<br />

Marianne Zaugg, Geme<strong>in</strong>derät<strong>in</strong>/Schulverwalter<strong>in</strong>, Ettiswil<br />

Weil wir für das Leben lernen, das e<strong>in</strong> anderes geworden ist.<br />

a) Ziele der Kampagne: E<strong>in</strong>e Doppelstrategie<br />

Das Projekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>» brachte für <strong>die</strong> Schulen<br />

tiefgreifende Veränderungen mit sich. Das E<strong>in</strong>richten von<br />

Schulleitungen veränderte sie zu teilautonomen, lernenden<br />

Organisationen: Die Zusammenarbeit <strong>in</strong> den Schulen<br />

wurde <strong>in</strong>tensiviert, es wurden Qualitäts-Gruppen e<strong>in</strong>gerichtet,<br />

<strong>in</strong>terne Evaluationen durchgeführt und <strong>die</strong> Elternund<br />

Schülerpartizipation gestärkt. Durch <strong>die</strong>se Anpassungen<br />

stiegen <strong>die</strong> Anforderungen für alle Beteiligten.<br />

Gleichzeitig sank jedoch das Prestige des Lehrerberufs <strong>in</strong><br />

der Öffentlichkeit. Der ebenfalls herrschende Lehrermangel<br />

wurde zum<strong>in</strong>dest teilweise auf <strong>die</strong>ses gesunkene Ansehen<br />

zurückgeführt. Diesem Umstand wollte man entgegenwirken<br />

und hat deshalb als Teil des Projekts «Schulen<br />

mit <strong>Profil</strong>» 2001 <strong>die</strong> Kampagne für Schule und Lehrpersonen<br />

lanciert.<br />

<strong>Mit</strong> der Imagekampagne wollten <strong>die</strong> Träger von «Schulen<br />

mit <strong>Profil</strong>» e<strong>in</strong>erseits externe Zielgruppen wie <strong>die</strong> Luzerner<br />

Bevölkerung, Eltern, Behörden und <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n ansprechen,<br />

und andererseits sollten auch <strong>in</strong>terne Zielgruppen<br />

wie <strong>die</strong> Schulen mit ihren Schulleitungen, Lehrpersonen,<br />

Lernenden sowie <strong>die</strong> Schulbehörden und Verbände selbst<br />

erreicht werden.<br />

Durch e<strong>in</strong>e regelmässige Öffentlichkeitsarbeit sollte <strong>die</strong><br />

Bevölkerung E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> <strong>die</strong> aktuellen Leistungen der<br />

Volksschule und der Aufgaben der Lehrpersonen erhalten.<br />

<strong>Mit</strong> der Vermittlung e<strong>in</strong>es zeitgemässen Bildes der<br />

Volksschule sollte auf <strong>die</strong> besonderen Herausforderungen<br />

h<strong>in</strong>gewiesen und <strong>die</strong> grossen Leistungen von Schulen<br />

und Lehrpersonen gewürdigt werden. Die vielfältigen<br />

Aufgaben der Schule und <strong>die</strong> neuen Anforderungen sollten<br />

sichtbar gemacht werden und so Vorurteile gegenüber<br />

dem Lehrberuf abgebaut werden. Durch e<strong>in</strong>e gezielte<br />

Informationskampagne sollte <strong>die</strong> Öffentlichkeit für <strong>die</strong><br />

Anliegen der Schule sensibilisiert werden und auf <strong>die</strong><br />

Wichtigkeit e<strong>in</strong>er breiten Unterstützung und guter Rahmenbed<strong>in</strong>gungen,<br />

<strong>in</strong>sbesondere der Ressourcen h<strong>in</strong>gewiesen<br />

werden.<br />

Die an der Schule Beteiligten sollten sich der Aufgabenvielfalt<br />

der Schule <strong>in</strong> der Gesellschaft bewusst werden.<br />

Die Würdigung der grossen erbrachten Leistungen sollte<br />

sie mit Stolz erfüllen. Die Identifikation mit ihrem Beruf<br />

sollte zu e<strong>in</strong>em selbstbewussten Auftreten gegen aussen<br />

und schlussendlich zu e<strong>in</strong>em positiven öffentlichen Image<br />

von Schule und Lehrpersonen führen.<br />

b) Aktivitäten<br />

Für <strong>die</strong> Wirkung der Kampagne war es wichtig, dass <strong>die</strong><br />

Kampagne breit abgestützt war. So wurde eng mit der<br />

Trägerschaft von «Schulen mit <strong>Profil</strong>» und ab 2005 mit<br />

106


13. Die Kampagne für Schule und Lehrpersonen<br />

der Trägerschaft von «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>» zusammengearbeitet<br />

und verschiedene Aktivitäten zur Imagestärkung<br />

von Schulen und Lehrpersonen durchgeführt.<br />

Auftakt der Imagekampage mit dem ManiFest<br />

<strong>Mit</strong> dem ManiFest <strong>in</strong> der Festhalle Sempach wurde am<br />

20. April 2002 <strong>die</strong> Kampagne für Schule und Lehrpersonen<br />

festlich lanciert. E<strong>in</strong>geladen waren alle an der Volksschule<br />

Beteiligten, wobei über 1200 Personen <strong>die</strong>se E<strong>in</strong>ladung<br />

annahmen und <strong>in</strong> den Genuss e<strong>in</strong>es vielfältigen<br />

Tagesprogramms kamen.<br />

Geboten wurden verschiedene Darbietungen unter anderem<br />

Kurzreferate und e<strong>in</strong>e Multi-Media-Schau sowie e<strong>in</strong>e<br />

Podiumsdiskussion unter der Leitung von Kurt Aeschbacher<br />

mit prom<strong>in</strong>enten Gästen aus dem Luzerner Bildungswesen<br />

zum Thema «Schule der <strong>Zukunft</strong>». Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

sorgten e<strong>in</strong>e Blues-Band, der Lehrer<strong>in</strong>nen- und Lehrerchor<br />

sowie verschiedene Artist<strong>in</strong>nen und Artisten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

eigens dafür errichteten Zirkuszelt für Unterhaltung.<br />

Während des gesamten Tages stand den Besucher<strong>in</strong>nen<br />

und Besucher e<strong>in</strong> grosszügiges Verpflegungsangebot zur<br />

Verfügung, und sie hatten <strong>die</strong> Gelegenheit, verschiedene<br />

Infostände von Verbänden und kommerziellen Anbietern<br />

zu besuchen. Die gute Stimmung und <strong>die</strong> vielen positiven<br />

Rückmeldungen machten deutlich, dass es für alle Beteiligten<br />

e<strong>in</strong> unvergessliches Erlebnis war.<br />

Anerkennungspreise für <strong>in</strong>novative Schulen<br />

Nach der Startveranstaltung <strong>in</strong> Sempach wurden weitere<br />

Massnahmen zur Bekanntmachung der aktuellen Leistungen<br />

der Luzerner Volksschulen vorbereitet. Um auf<br />

besonders orig<strong>in</strong>elle Ideen und fortschrittliche Projekte<br />

von Schulen aufmerksam zu machen, wurden ab 2003<br />

Anerkennungspreise für <strong>in</strong>novative Schulen verliehen. Im<br />

Zwei-Jahres-Rhythmus wurden seither neun Mal besondere<br />

Leistungen von Schulen und Lehrpersonen feierlich<br />

gewürdigt und ausgezeichnet.<br />

Am 21. März 2003 wurden zum ersten Mal <strong>die</strong>se Anerkennungspreise<br />

für Schulen und Lehrpersonen vergeben.<br />

Die Verantwortlichen wurden von der hohen Zahl e<strong>in</strong>gegangener<br />

Projekte völlig überrascht: Über hundert Schulen<br />

haben ihre Projekte <strong>in</strong> den Kategorien «Besondere<br />

Leistungen <strong>in</strong> Bereich Schulentwicklung» oder «Besondere<br />

Leistungen im Bereich Unterricht» e<strong>in</strong>gereicht. E<strong>in</strong>e<br />

breit zusammengesetzte Jury hat <strong>die</strong> E<strong>in</strong>gaben gesichtet<br />

und beurteilt. In <strong>die</strong>ser Jury haben sowohl <strong>die</strong> Partnerbände<br />

von «Schulen mit <strong>Profil</strong>» als auch externe Personen<br />

wie Vertreter/<strong>in</strong>nen von Wirtschaft, Kultur und Politik<br />

sowie aus e<strong>in</strong>er ausserkantonalen Bildungsdirektion<br />

und auch zwei bis drei Lernende mitgearbeitet. Sechs<br />

Schulen konnten an e<strong>in</strong>er feierlichen Preisverleihung im<br />

Hotel Schweizerhof ihre Preise entgegennehmen. Neben<br />

e<strong>in</strong>er grosszügigen Gew<strong>in</strong>nsumme erhielten alle Preis-<br />

107


13. Die Kampagne für Schule und Lehrpersonen<br />

träger e<strong>in</strong>e Skulptur des Künstlers Thomas Birve. Ganz<br />

im S<strong>in</strong>ne des Netzwerkgedankens und «Tu Gutes und<br />

sprich darüber» wurden <strong>die</strong> sechs ausgezeichneten Projekte<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er umfassenden Dokumentation dargestellt. Ab<br />

2006 erschien neben der Doku mentation e<strong>in</strong>e Tabloidzeitung,<br />

welche <strong>in</strong> alle Haus halte im Kanton Luzern verteilt<br />

wurde. In der Tabloidzeitung werden seither jeweils <strong>die</strong><br />

Gew<strong>in</strong>nerschulen vorgestellt und Beiträge zu aktuellen<br />

Volksschulthemen veröffentlicht. Im Laufe der Jahre<br />

wurden <strong>die</strong> Kategorien jeweils zeitgemäss an aktuelle<br />

Schulentwicklungsthemen angepasst und es kam der<br />

Spezialpreis des Fördervere<strong>in</strong>s Luzerner Volksschulen<br />

dazu. <strong>Mit</strong> den Anerkennungspreisen wird das grosse Engagement<br />

von Schulleitungen, Lehrpersonen und auch<br />

Lernenden gewürdigt.<br />

Tag der aufgeschlossenen Volksschulen<br />

Alternierend mit der Verleihung von Anerkennungspreisen<br />

fand seit 2003 mit dem Tag der aufgeschlossenen<br />

Volksschulen e<strong>in</strong> kantonaler Tag der offenen Tür statt. Die<br />

Besucher<strong>in</strong>nen und Besucher erhielten an <strong>die</strong>sem Tag jeweils<br />

e<strong>in</strong>en umfassenden E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> den Schulalltag und<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> vielfältigen Aufgaben der Schulen und Lehrpersonen.<br />

Die Dienststelle Volksschulbildung unterstützte <strong>die</strong><br />

Schulen mit PR- Vorlagen (E<strong>in</strong>ladung an <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n,<br />

Elternbrief, usw.) und Werbematerialien (Servietten, Ballone,<br />

Plakate, usw.). Die Veranstaltungen der Schulen<br />

wurden vorgängig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Tabloid-Zeitung publiziert, welche<br />

an alle Haushaltungen im Kanton Luzern verteilt wurde.<br />

Am 20. November 2003 fand <strong>die</strong> erste Durchführung<br />

statt. Fast alle Schulen haben sich an der Aktion beteiligt<br />

und ihre Türen geöffnet. Der Tag der aufgeschlossenen<br />

Volksschulen wurde fortan alle zwei Jahre durchgeführt,<br />

bis zum heutigen Zeitpunkt <strong>in</strong>sgesamt neun Mal. Die<br />

Schulen nutzten den Tag jeweils, um den normalen Schulalltag<br />

aufzuzeigen, oder sie boten e<strong>in</strong> spezielles Programm<br />

an. So wurden an <strong>die</strong>sem Tag Schul- und Schülerprojekte<br />

präsentiert, Musik- und Theatervorführungen<br />

gezeigt oder es fand gar e<strong>in</strong>e Abendschule statt. Die <strong>Mit</strong>glieder<br />

der Geschäftsleitung der Dienststelle Volksschul-<br />

108


13. Die Kampagne für Schule und Lehrpersonen<br />

Weil wir für das Leben<br />

lernen, das e<strong>in</strong> anderes<br />

geworden ist.<br />

Kanton Luzern<br />

Aufgeschlossene<br />

Volksschulen.<br />

Aufgeschlossen s<strong>in</strong>d unsere Volksschulen schon lange.<br />

November 2003<br />

aufgeschlossenen<br />

Tag der Volksschulen<br />

Am 20. November 2003<br />

schliessen wir sie nun auch<br />

für Sie auf.<br />

Und das wird auch <strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong> so bleiben. Alle zwei Jahre<br />

wieder. Immer am dritten Donnerstag im November.<br />

Kommen Sie wieder e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> <strong>die</strong> Schule. Wir freuen uns<br />

auf Ihren Besuch.<br />

Am 18. Dezember 2002 <strong>in</strong> W<strong>in</strong>terthur.<br />

bildung und Vertreter<strong>in</strong>nen und Vertreter der Partnerverbände<br />

von «Schulen mit <strong>Profil</strong>» resp. «Schulen mit<br />

<strong>Zukunft</strong>» besuchten an <strong>die</strong>sem Tag jeweils selbst diverse<br />

Schulen. Der Anlass wurde ebenfalls genutzt, um <strong>in</strong>teressierte<br />

Kantonsrät<strong>in</strong>nen und Kantonsräte nach e<strong>in</strong>em Unterrichtsbesuch<br />

über aktuelle Themen aus dem Volksschulbereich<br />

zu <strong>in</strong>formieren.<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

PR-Leitfaden für Schulen<br />

Im Rahmen der Imagekampagne wurde für <strong>die</strong> Schulen<br />

e<strong>in</strong> Leitfaden Öffentlichkeitsarbeit produziert, welcher<br />

erstmals am Tag der Volksschulen 2003 zum E<strong>in</strong>satz<br />

kam. Thematisiert wurden dar<strong>in</strong> <strong>die</strong> externe Kommunikation<br />

der Schule, <strong>die</strong> Zusammenarbeit mit und das Verhalten<br />

gegenüber den Me<strong>die</strong>n, Verfassen von Me<strong>die</strong>nmitteilungen,<br />

Abhalten von Pressekonferenzen, usw. Den<br />

Schulen standen ausserdem Kursangebote für professionelle<br />

Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung.<br />

109


13. Die Kampagne für Schule und Lehrpersonen<br />

Artikelserie<br />

<strong>Mit</strong> Artikeln <strong>in</strong> den Luzerner Regionalzeitungen wurde regelmässig<br />

über <strong>die</strong> aktuellen Leistungen der Luzerner<br />

Volksschulen <strong>in</strong>formiert.<br />

Plakate- und Inseratekampagne<br />

Im Rahmen der Kampagne für Schulen und Lehrpersonen<br />

wurden mehrere Plakate- und Inseratekampagnen<br />

durchgeführt. In der ersten Serie (2002) kamen <strong>die</strong> Betroffenen<br />

der Volksschulen selbst, also Lernende, Eltern,<br />

Lehrpersonen, Schulleitungen und Behörden zu Wort<br />

und machten Aussagen zur aktuellen Volksschulbildung.<br />

Später erschienen Testimonials von bekannten Luzerner<br />

Sportler<strong>in</strong>nen wie Kar<strong>in</strong> Thürig und Edith Hunkeler. Sie<br />

erklärten, was ihnen <strong>die</strong> Schule für ihre Karriere mitgegeben<br />

hat. Auf den darauffolgenden beiden Plakatserien<br />

wurden <strong>die</strong> Ziele des Schulentwicklungsprojekts «Schulen<br />

mit <strong>Zukunft</strong>» dargestellt. Die Inserate- und Plakatserie<br />

erschien jeweils <strong>in</strong> diversen Formaten. So waren sie <strong>in</strong><br />

den öffentlichen L<strong>in</strong>ienbussen zu sehen, <strong>in</strong> Zeitungen abgedruckt<br />

und auch als Grossformate aufgehängt.<br />

Inserate_s/w_NEU 15.4.2002 8:56 Uhr Seite 5<br />

«Wenn Heimatkunde vor der Haustür beg<strong>in</strong>nen soll,<br />

dann heisst das <strong>in</strong> unserem Fall im nahen Shopp<strong>in</strong>g-<br />

Center.»<br />

«Konsum und Markt» kann e<strong>in</strong>es der themenübergreifenden<br />

Fächer heissen, das K<strong>in</strong>der auf <strong>die</strong> Macht der Marken und <strong>die</strong><br />

Strategien der Werbung vorbereitet. E<strong>in</strong> Fach, das <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

Geme<strong>in</strong>deschulen <strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong> unterrichten können. Schulen<br />

mit <strong>Profil</strong> heisst das Projekt, das <strong>die</strong>se <strong>in</strong>tegrale Sicht auf<br />

Themenkomplexe fördert. Und Verantwortung entsprechend neu<br />

verteilt.<br />

Donald Locher, Vater und Schulpflegepräsident Stadt Luzern<br />

Mehr Infos: www.schulenmitprofil.ch<br />

Weil wir für das Leben lernen, das e<strong>in</strong> anderes geworden ist.<br />

Inserate_s/w_NEU 15.4.2002 8:55 Uhr Seite 1<br />

Inserate_s/w_NEU 15.4.2002 8:55 Uhr Seite 4<br />

Inserate_s/w_NEU 15.4.2002 8:55 Uhr Seite 2<br />

«Wir haben <strong>in</strong> der Klasse abgestimmt und entschieden,<br />

dass der nächste Harry Potter e<strong>in</strong>e Sally Potter se<strong>in</strong> soll.»<br />

Léonie Müller, Primarlehrer<strong>in</strong>, Kriens<br />

«K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> Sörenberg haben e<strong>in</strong>en anderen Bezug zu<br />

e<strong>in</strong>er Kuh als K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> Luzern. Daraus muss <strong>die</strong><br />

Schule Potenzial schöpfen für spannenden Unterricht.»<br />

Bruno Stalder, Grossrat und Geme<strong>in</strong>deammann, Schüpfheim<br />

«Das Wichtigste, was <strong>die</strong> Volksschulen vermitteln können,<br />

lässt sich nicht mit Noten bewerten: e<strong>in</strong>e Kultur<br />

des Zusammenlebens, der Toleranz, des Respekts.»<br />

Rolf von Rohr, Schulleiter, Littau<br />

Autonomie im Denken setzt auch e<strong>in</strong>e gewisse Autonomie <strong>in</strong> den wortungen neu festlegt, damit Gleichberechtigung bei allen<br />

Schulstrukturen voraus. Diese Autonomie haben <strong>die</strong> Volksschulen Unterschieden Schule machen kann.<br />

des Kantons Luzern <strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong> noch vermehrt. Schulen mit<br />

<strong>Profil</strong> heisst das Projekt, das Rollen, Aufgaben und Verant-<br />

Mehr Infos: www.schulenmitprofil.ch<br />

Die Pflege regionaler Eigenheiten und Stärken gehört auch <strong>in</strong> <strong>die</strong> flexiblen Umgang mit Lernstoffen fördert und verankert. Und <strong>die</strong><br />

Schule. Damit muss der Unterricht umgehen können, getragen Verantwortung neu verteilt.<br />

von den Lehrenden und Behörden, von den Erziehenden und der<br />

Politik. Schulen mit <strong>Profil</strong> heisst das Projekt, das <strong>die</strong>sen Mehr Infos: www.schulenmitprofil.ch<br />

Ereignisse werfen Schatten auch auf <strong>die</strong> Schule. Und <strong>die</strong> muss <strong>Profil</strong> heisst das Projekt, das den Volksschulen <strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>den<br />

und den dafür Zuständigen neue Spielräume verschafft. Und<br />

darauf reagieren können. Je nach Aktualität, Altersstufe, Betroffenheit,<br />

Umfeld. Diese Freiheit haben <strong>die</strong> Volksschulen des neue Verantwortung überträgt.<br />

Kantons Luzern <strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong> noch vermehrt. Schulen mit Mehr Infos: www.schulenmitprofil.ch<br />

Weil wir für das Leben lernen, das e<strong>in</strong> anderes geworden ist.<br />

Weil wir für das Leben lernen, das e<strong>in</strong> anderes geworden ist.<br />

Weil wir für das Leben lernen, das e<strong>in</strong> anderes geworden ist.<br />

110


13. Die Kampagne für Schule und Lehrpersonen<br />

Zentralschweizer Bildungsmesse<br />

Insgesamt dreimal (2003, 2005, 2007) waren <strong>die</strong> Luzerner<br />

Volksschulen im Rahmen der Imagekampagne für Schule<br />

und Lehrpersonen an der Zentralschweizer Bildungsmesse<br />

Zebi vertreten. Lehrpersonen, Eltern und weitere<br />

Interessierte konnten sich über aktuelle Vorhaben wie<br />

beispielsweise <strong>die</strong> Weiterentwicklung der Sekundarstufe I,<br />

Projektarbeiten, Zeugnisse, Stellwerk, Lehreroffice,<br />

HarmoS oder den Berufswahlfahrplan <strong>in</strong>formieren und<br />

mehr über das Engagement der Volksschule im Bereich<br />

Berufsf<strong>in</strong>dung erfahren. Für <strong>die</strong> Lehrpersonen wurde eigens<br />

e<strong>in</strong> «Teachers Corner» e<strong>in</strong>gerichtet.<br />

111


13. Die Kampagne für Schule und Lehrpersonen<br />

c) Übersicht über <strong>die</strong> Aktivitäten<br />

Schuljahr 2001/02<br />

Schuljahr 2002/03<br />

Schuljahr 2003/04<br />

Schuljahr 2004/05<br />

Schuljahr 2005/06<br />

Schuljahr 2006/07<br />

Schuljahr 2007/08<br />

Schuljahr 2008/09<br />

Schuljahr 2009/10<br />

Schuljahr 2010/11<br />

Schuljahr 2011/12<br />

Schuljahr 2012/13<br />

Schuljahr 2013/14<br />

Schuljahr 2014/15<br />

– Auftaktveranstaltung (ManiFest)<br />

– Öffentlichkeitarbeit: Erarbeitung e<strong>in</strong>es Leitfadens<br />

– Plakate- und Inseratekampagne<br />

– 1. Verleihung von Anerkennungspreisen<br />

– Öffentlichkeitarbeit: Kurse für Schulleitungen<br />

– Plakate- und Inseratekampagne<br />

– 1. Tag der aufgeschlossenen Volksschulen im Kanton Luzern<br />

– Zentralschweizer Bildungsmesse Zebi: Auftritt der Volksschulen<br />

– Plakate- und Inseratekampagne<br />

– 2. Verleihung von Anerkennungspreisen<br />

– Abschlussfeier von «Schulen mit <strong>Profil</strong>», Verteilung von Kraftpaketen an alle Lehrpersonen<br />

im Kanton Luzern<br />

– Me<strong>die</strong>nbeilage<br />

– 2. Tag der aufgeschlossenen Volksschulen im Kanton Luzern<br />

– Zentralschweizer Bildungsmesse Zebi: Auftritt der Volksschulen<br />

– 3. Verleihung von Anerkennungspreisen<br />

– 3. Tag der aufgeschlossenen Volksschulen im Kanton Luzern<br />

– Zentralschweizer Bildungsmesse Zebi: Auftritt der Volksschulen<br />

– 4. Verleihung von Anerkennungspreisen<br />

– 4. Tag der aufgeschlossenen Volksschulen im Kanton Luzern<br />

– 5. Verleihung von Anerkennungspreisen<br />

– 5. Tag der aufgeschlossenen Volksschulen im Kanton Luzern<br />

– 6. Verleihung von Anerkennungspreisen<br />

– 6. Tag der aufgeschlossenen Volksschulen im Kanton Luzern<br />

– 7. Verleihung von Anerkennungspreisen<br />

112


13. Die Kampagne für Schule und Lehrpersonen<br />

Schuljahr 2015/16<br />

Schuljahr 2016/17<br />

Schuljahr 2017/18<br />

Schuljahr 2018/19<br />

Schuljahr 2019/20<br />

Schuljahr 2020/21<br />

– 7. Tag der aufgeschlossenen Volksschulen im Kanton Luzern<br />

– 8. Verleihung von Anerkennungspreisenneue Plakateserie<br />

– 8. Tag der (aufgeschlossenen) Volksschulen im Kanton Luzern mit Informationsveranstaltungen<br />

für Kantonsrät<strong>in</strong>nen und Kantonsräten zu aktuellen Themen aus dem<br />

Volksschulbereich<br />

– 9. Verleihung von Anerkennungspreisen<br />

– Absage 9. Tag der Volksschulen aufgrund der Corona-Pandemie<br />

– Absage Abschlussfeier «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>» aufgrund der Corona-Pandemie<br />

– ke<strong>in</strong>e Aktivitäten aufgrund der Corona-Pandemie<br />

d) Fortsetzung geplant<br />

Nach Abschluss des Projekts «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>» soll<br />

<strong>die</strong> Kampagne für Schule und Lehrpersonen weitergeführt<br />

werden. Die zukünftige Ausgestaltung wird im Projektausschuss<br />

des neuen Projekts «Schulen für alle»<br />

durch <strong>die</strong> Projektträger geme<strong>in</strong>sam festgelegt (vgl. Kap. 6).<br />

113


Aus der Praxis<br />

Me<strong>die</strong>n und Informatik<br />

«K<strong>in</strong>der auf <strong>die</strong> digitale Welt vorbereiten»<br />

K<strong>in</strong>der sollen möglichst früh auf <strong>die</strong> digitale Welt vorbereitet werden. Deshalb schuf<br />

<strong>die</strong> Volksschule den Themenbereich «Me<strong>die</strong>n und Informatik». Wie ist er heute <strong>in</strong> den<br />

Unterricht <strong>in</strong>tegriert? Und welchen Effekt hatte Corona auf <strong>die</strong> Digitalisierung an den<br />

Luzerner Schulen?<br />

T<strong>in</strong>a Ammer, vor zwei Jahren wurde <strong>in</strong> der Sekundarschule<br />

das Fach «Me<strong>die</strong>n und Informatik» e<strong>in</strong>geführt,<br />

<strong>in</strong> der Primarschule ist es <strong>in</strong> mehrere Fächer <strong>in</strong>te griert.<br />

Wie s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> ersten Erfahrungen?<br />

Ich stelle fest, dass <strong>die</strong> Schulen sehr motiviert s<strong>in</strong>d, sich<br />

mit der Digitalisierung ause<strong>in</strong>anderzusetzen. Und sie s<strong>in</strong>d<br />

auch daran <strong>in</strong>teressiert, <strong>die</strong> Digitalisierung didaktisch und<br />

methodisch s<strong>in</strong>nvoll umzusetzen. In <strong>die</strong>sem S<strong>in</strong>ne wurde<br />

<strong>die</strong> neue Thematik sehr wohlwollend und mit Neugier aufgenommen.<br />

Den Lehrpersonen ist bewusst, dass es bei<br />

«Me<strong>die</strong>n und Informatik» nicht darum geht, <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der vor<br />

dem Bildschirm zu beschäftigen, <strong>in</strong>dem man sie onl<strong>in</strong>e<br />

Aufgaben lösen lässt. Ziel ist es, <strong>die</strong> Lernenden dazu zu<br />

br<strong>in</strong>gen, sich aktiv mit den neuen Me<strong>die</strong>n ause<strong>in</strong>anderzusetzen.<br />

Hier s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Schulen auf e<strong>in</strong>em guten Weg.<br />

Man hört oft, dass <strong>die</strong> Schulschliessungen <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem<br />

Frühl<strong>in</strong>g und der damit verbundene Fernunterricht <strong>die</strong><br />

digitale Kompetenz der Lehrpersonen massiv<br />

gesteigert haben. Können Sie das bestätigen?<br />

Das ist zweifellos der Fall. Heute wissen <strong>die</strong> meisten<br />

Lehrpersonen, wie man Dokumente zur Verfügung stellt<br />

und e<strong>in</strong>e gute Struktur aufbaut. Und sie kennen <strong>die</strong> grundsätzlichen<br />

Funktionen, <strong>die</strong> Office 365 bietet. Den Fernunterricht<br />

im Frühjahr haben viele Lehrpersonen mittels<br />

Videokonferenz durchgeführt. Der nächste Schritt ist<br />

noch <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem pädagogisch s<strong>in</strong>nvollen<br />

E<strong>in</strong>satz. Da besteht noch e<strong>in</strong> gewisser Handlungsbedarf.<br />

Wie werden <strong>die</strong> Lehrpersonen zusätzlich fit gemacht<br />

für <strong>die</strong> neue Form des Unterrichtens?<br />

<strong>Mit</strong> entsprechenden Weiterbildungen. Viele Lehrpersonen<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit aufgewachsen, <strong>in</strong> der der Computer<br />

e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle spielte. Wir stellten auch fest,<br />

dass <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em anderen Fach das Knowhow der Lehrpersonen<br />

so weit ause<strong>in</strong>ander geht wie bei «Me<strong>die</strong>n und<br />

Informatik». Deswegen mussten im H<strong>in</strong>blick auf <strong>die</strong> E<strong>in</strong>führung<br />

des Lehrplans 21 alle Lehrpersonen der 3. bis<br />

9. Klasse, <strong>die</strong> e<strong>in</strong> Pensum von m<strong>in</strong>destens 40 Prozent haben,<br />

e<strong>in</strong>en Intensivkurs besuchen. Diese Phase ist nun<br />

abgeschlossen. Heute stehen für <strong>die</strong> Schulen resp. Lehrpersonen<br />

Kurse zu Office 365 oder «Lernen mit digitalen<br />

Me<strong>die</strong>n» zur Verfügung.<br />

Und was haben <strong>die</strong> K<strong>in</strong>der während der Pandemie<br />

dazugelernt?<br />

Auch bei ihnen s<strong>in</strong>d Fortschritte unverkennbar. Es liegt<br />

aber <strong>in</strong> der Natur der Sache, dass jene K<strong>in</strong>der und Jugendlichen,<br />

<strong>die</strong> zu Hause bereits über e<strong>in</strong>e gute Ausstattung<br />

verfügen, mehr profitiert haben als andere. Dank<br />

der 1:1-Ausstattung ab der 3. Klasse können wir <strong>die</strong>ser<br />

Neues Fach, neue Lehrmittel<br />

Gemäss dem neuen Lehrplan 21 wird «Me<strong>die</strong>n und Informatik»<br />

<strong>in</strong> der 1. und 2. Sek mit je e<strong>in</strong>er Wochenlektion<br />

geführt. Bisher waren me<strong>die</strong>nbildnerische Themen<br />

<strong>in</strong> der Lebenskunde und <strong>in</strong> Deutsch <strong>in</strong>tegriert und<br />

Informatik konnte als Wahlfach belegt werden. Anders<br />

läuft <strong>die</strong> Umsetzung <strong>in</strong> der Primarschule: «Me<strong>die</strong>n und<br />

Informatik» ist von der 3. bis zur 6. Klasse Teil des<br />

Stundenplans. Nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em separaten Fach, sondern<br />

<strong>in</strong> diverse Fächer <strong>in</strong>tegriert. Um dem Streben nach e<strong>in</strong>em<br />

digitaleren Unterricht gerecht zu werden, hat <strong>die</strong><br />

Dienststelle Volksschulbildung auch neue digitale<br />

Lehrmittel geschaffen, so zum Beispiel entdecke.lu.ch,<br />

m<strong>in</strong>t- erleben.lu.ch oder musik-erleben.lu.ch. Weitere<br />

Plattformen s<strong>in</strong>d geplant.<br />

114


Aus der Praxis<br />

T<strong>in</strong>a Ammer ist Beauftragte Me<strong>die</strong>n und Informatik bei der Dienststelle Volksschulbildung.<br />

Ungleichheit nun im Präsenzunterricht entgegenwirken<br />

und letztlich e<strong>in</strong>e bessere Chancengleichheit gewährleisten.<br />

Inwiefern hat sich Corona sonst noch ausgewirkt?<br />

Corona hat den Menschen vor Augen geführt, welche<br />

zentrale Rolle <strong>die</strong> Schule im sozialen Bereich e<strong>in</strong>nimmt.<br />

Der persönliche Austausch beispielsweise, der für <strong>die</strong><br />

persönliche Entwicklung von K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen<br />

enorm wichtig ist, kommt im Fernunterricht mit Sicherheit<br />

zu kurz.<br />

Wird <strong>in</strong> der Volksschule dere<strong>in</strong>st nur noch digital<br />

gearbeitet?<br />

Ne<strong>in</strong>. Digitale und analoge Inhalte sollen weiterh<strong>in</strong> Hand<br />

<strong>in</strong> Hand gehen. Das gilt auch für den Bereich «Me<strong>die</strong>n und<br />

Informatik». So befasst sich das neue Fach weiterh<strong>in</strong><br />

auch mit den traditionellen Me<strong>die</strong>n wie Bücher, Zeitschriften<br />

oder Hörspiele. Die K<strong>in</strong>der und Jugendlichen sollen<br />

angehalten werden, regelmässig zu lesen und verschiedene<br />

Zeitungen mite<strong>in</strong>ander zu vergleichen. E<strong>in</strong> attraktives<br />

Angebot, von dem Schulklassen auch <strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong> Gebrauch<br />

machen können, ist das Produzieren e<strong>in</strong>er eigenen<br />

Zeitung. Also recherchieren, Artikel schreiben, layouten.<br />

115


PIA MURER<br />

Pia Murer, was zeichnet <strong>die</strong><br />

Luzerner Volksschulen aus?<br />

Die Luzerner Volksschulen s<strong>in</strong>d seit<br />

Jahren «Geleitete Schulen». Die damit<br />

verbundene Teilautonomie gibt<br />

ihnen den nötigen Handlungsspielraum,<br />

um selbstverantwortet Schulund<br />

Unterrichtsentwicklung umzusetzen.<br />

Das Ergebnis s<strong>in</strong>d vielfältige<br />

und <strong>in</strong>novative Schulen, <strong>die</strong> sich<br />

an den lokalen Bedürfnissen<br />

orientieren.<br />

Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> Schulentwicklung<br />

der letzten Jahrzehnte?<br />

Die Volksschule des Kantons Luzern<br />

ist e<strong>in</strong>e der <strong>in</strong>novativsten <strong>in</strong> der<br />

Schweiz. Die Umsetzung der Ziele<br />

von SmZ mittels schul<strong>in</strong>terner Weiterbildung<br />

hat <strong>die</strong> Zusammenarbeit<br />

<strong>in</strong> den Teams gestärkt. Die Lehrpersonen<br />

konnten vone<strong>in</strong>ander, mite<strong>in</strong>ander<br />

und füre<strong>in</strong>ander lernen,<br />

was <strong>die</strong> Bereitschaft und Offenheit<br />

für Schul- und Unterrichtsvorhaben<br />

begünstigt hat. Das erklärt auch,<br />

weshalb der Kanton Luzern auch<br />

bei der E<strong>in</strong>führung des Lehrplans 21<br />

Pionier war.<br />

PIA MURER<br />

Präsident<strong>in</strong> Fördervere<strong>in</strong> Luzerner<br />

Volksschulen<br />

Was freut Sie am meisten an <strong>die</strong>ser<br />

Entwicklung?<br />

Dass D<strong>in</strong>ge wie Schulsozialarbeit,<br />

Betreuungsangebote und Elternmitwirkung<br />

heute e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

Was ärgert Sie am meisten?<br />

Die Anforderungen an <strong>die</strong> Lehrpersonen<br />

haben <strong>in</strong> den vergangenen<br />

15 Jahren weiter zugenommen.<br />

Dies sollte von der Gesellschaft und<br />

der Politik stärker honoriert werden.<br />

Auch <strong>die</strong> Löhne sollten <strong>die</strong>sem<br />

Umstand Rechnung tragen. So wird<br />

der Lehrer-Beruf auch für Männer<br />

wieder attraktiver.<br />

Wo sehen Sie Handlungsbedarf für<br />

<strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>?<br />

Schulentwicklung ist immer im<br />

Fluss. Die Luzerner Schulen arbeiten<br />

zukunftsorientiert. Die Zusammenarbeit<br />

und <strong>die</strong> Vernetzung mit den<br />

schulischen Unterstützungsangeboten<br />

und ausserschulischen Playern<br />

ist e<strong>in</strong>e wichtige Basis, um den erhöhten<br />

Ansprüchen der Schulen gerecht<br />

zu werden. Die frühe Sprachförderung<br />

muss verstärkt werden,<br />

damit auch K<strong>in</strong>der mit sprachlichen<br />

Defiziten oder aus e<strong>in</strong>em bildungsfernen<br />

Umfeld erfolgreich <strong>in</strong> unser<br />

Bildungssystem <strong>in</strong>tegriert werden<br />

können.<br />

Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> Bedeutung<br />

des neuen Fachs Me<strong>die</strong>n und<br />

Informatik <strong>in</strong> der Sekundarschule?<br />

Die digitale Bildung soll K<strong>in</strong>der und<br />

Jugendliche befähigen, sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

digitalisierten Welt souverän zu bewegen,<br />

um im Erwachsenenleben<br />

als mündige Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger<br />

Entscheidungen treffen zu können.<br />

Es gibt heute kaum mehr e<strong>in</strong>en<br />

Beruf, bei dem man nicht <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er<br />

Form mit digitalen Me<strong>die</strong>n <strong>in</strong><br />

Berührung kommt.<br />

116


JÜRG STADELMANN<br />

Jürg Stadelmann, was zeichnet <strong>die</strong><br />

Luzerner Volksschulen aus?<br />

Sie schaffen es, unseren K<strong>in</strong>dern <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er anspruchsvollen Welt Orientierung<br />

zu geben und ihnen zu vielen<br />

Kompetenzen zu verhelfen, <strong>die</strong><br />

es für e<strong>in</strong> erfolgreiches Leben<br />

braucht.<br />

Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> Schulentwicklung<br />

der letzten 40 Jahre?<br />

Vor genau 40 Jahren habe ich selber<br />

das Lehrersem<strong>in</strong>ar abgeschlossen.<br />

Damals war <strong>die</strong> Schulwelt noch so<br />

übersichtlich, dass wir mit e<strong>in</strong>er<br />

fünfjährigen Ausbildung auf Sekundarstufe<br />

II e<strong>in</strong>igermassen «ready to<br />

go» waren. Heute ist <strong>die</strong> Welt anspruchsvoller<br />

– und <strong>die</strong> Schule ist<br />

absolut <strong>in</strong> der Lage, damit fertig zu<br />

werden. Dass Lehrpersonen <strong>in</strong>zwischen<br />

<strong>in</strong> Hochschulen aus- und<br />

weitergebildet werden, ist e<strong>in</strong> Ausdruck<br />

davon.<br />

Was hat Sie am meisten gefreut?<br />

Vieles. Die Vernetzung und <strong>die</strong><br />

Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen<br />

Ausbildungswegen<br />

haben zugenommen. Auch <strong>die</strong> <strong>in</strong>dividuellen<br />

Unterstützungsangebote<br />

s<strong>in</strong>d heute vielfältiger. Damit trägt<br />

DR. JÜRG STADELMANN<br />

Leiter Personal Luzerner<br />

Kantonalbank AG<br />

<strong>die</strong> Schule der unterschiedlichen<br />

Entwicklung von K<strong>in</strong>dern erfolgreich<br />

Rechnung. Die Schule erbr<strong>in</strong>gt<br />

e<strong>in</strong>e enorme Integrationsleistung.<br />

Die Schweiz ist e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>wanderungsland<br />

und <strong>die</strong> Schule der zentrale Ort<br />

der Integration. Was <strong>die</strong> Lehrpersonen<br />

hier leisten, ver<strong>die</strong>nt höchste<br />

Anerkennung.<br />

Wo sehen Sie Handlungsbedarf für<br />

<strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>?<br />

Die erforderlichen Lern<strong>in</strong>halte und<br />

-methoden werden sich verändern.<br />

Deshalb wird <strong>die</strong> Fähigkeit immer<br />

wichtiger, sich mit Neuem ause<strong>in</strong>anderzusetzen<br />

und Gewohntes aktiv<br />

zu verlernen. Ich glaube auch, dass<br />

<strong>die</strong> Förderung von besonders leistungsfähigen<br />

K<strong>in</strong>dern weiter ausgebaut<br />

werden sollte.<br />

F<strong>in</strong>den Sie, dass <strong>die</strong> Luzerner<br />

Volksschulen mit den Entwicklungen<br />

der Digitalisierung mitgehen?<br />

Ja, das tun sie ganz offensichtlich,<br />

wie der Fernunterricht während des<br />

coronabed<strong>in</strong>gten Lockdown bewiesen<br />

hat. Unabhängig von Corona ist<br />

<strong>die</strong> Digitalisierung das Handlungsfeld,<br />

<strong>in</strong> dem sich Lehrende und<br />

Lernende auf e<strong>in</strong>e neue Art begegnen<br />

und austauschen.<br />

Was halten Sie davon, dass<br />

Luzerner Schulen für ihre Leistungen<br />

ausgezeichnet werden?<br />

Es gibt bekanntlich das Label<br />

«Schulen mit besonderem <strong>Profil</strong>»<br />

und selber durfte ich e<strong>in</strong> paar Mal <strong>in</strong><br />

der Jury des Anerkennungspreises<br />

der Volksschulen mitarbeiten.<br />

Schön, wenn e<strong>in</strong>e Schule für e<strong>in</strong>e<br />

ausserordentliche Leistung prämiert<br />

wird. Noch schöner, wenn andere<br />

Schulen aus den Projekten Ideen<br />

gew<strong>in</strong>nen und damit ihr eigenes<br />

Angebot weiterentwickeln.<br />

117


14. Die vielfältigen Unterstützungsangebote<br />

14. Die vielfältigen Unterstützungsangebote<br />

Neben den ordentlichen Unterstützungsangeboten für Lehrpersonen und <strong>die</strong> Schulteams<br />

im Rahmen der Dienstleistungen der Dienststelle Volksschulbildung und der<br />

Pädagogischen Hochschule Luzern wurden für e<strong>in</strong>zelne Themen spannende Angebote<br />

geschaffen, <strong>die</strong> von den Lehrpersonen und Schulteams rege genutzt werden.<br />

a) Die ordentlichen Unterstützungsangebote<br />

Die Dienststelle Volksschulbildung stellt den Schulen<br />

zahlreiche Unterstützungsangebote zur Verfügung. So<br />

erbr<strong>in</strong>gt <strong>die</strong> Abteilung Schulunterstützung bestimmte Angebote<br />

selbst: Dazu gehören <strong>die</strong> Schulberatung und <strong>die</strong><br />

Schulentwicklung. Aber auch <strong>die</strong> anderen Abteilungen<br />

der Dienststelle bieten zahlreiche Unterstützungsangebote<br />

an. Speziell zu erwähnen ist der Rechts<strong>die</strong>nst,<br />

welcher vor allem von den Schulleitungen und Schulbehörden<br />

rege beansprucht wird.<br />

Bei persönlichen, psychologischen, päda gogischen<br />

und systemischen Frage stellungen f<strong>in</strong>den Sie Unterstützung<br />

bei der Schulberatung der DVS. Die<br />

Berater/-<strong>in</strong>nen unterstehen der Schweigepflicht.<br />

Lehrpersonen und<br />

<strong>Mit</strong>arbeitende der<br />

Schulischen Dienste, der<br />

Tagesstrukturen und des<br />

Heilpädagogischen<br />

Früherziehungs<strong>die</strong>nstes<br />

Schulleiter/-<strong>in</strong>nen<br />

Lehrpersonen mit<br />

Leitungsfunktion<br />

Teams<br />

Schulberatung<br />

Angebot<br />

• psychologische und pädagogische<br />

Beratung<br />

• Beratung im Auftrag von Vorgesetzten<br />

• Case Management bei längerer Krankheit<br />

• geleitete themenfokussierte<br />

Gesprächsgruppen<br />

• Führungscoach<strong>in</strong>g<br />

• Unterstützung bei Notfällen<br />

• SCHILW/Workshop<br />

• Case Management<br />

• geleitete Intervisionsgruppen<br />

• Führungscoach<strong>in</strong>g<br />

• psychologische und pädagogische<br />

Supervision<br />

Neben den eigenen Unterstützungsangeboten erbr<strong>in</strong>gt<br />

<strong>die</strong> Pädagogische Hochschule Luzern im Auftrag der<br />

Dienststelle Volksschulbildung verschiedene Dienstleistungen:<br />

– Pädagogisches Me<strong>die</strong>nzentrum<br />

– Zentrum für Theater und Schule<br />

– Zentrum für Me<strong>die</strong>nbildung und Informatik<br />

– Unterstützung <strong>in</strong> fachlichen und fachdidaktischen<br />

Fragen<br />

Die Angebote werden regelmässig überprüft und bei Bedarf<br />

an <strong>die</strong> aktuellen Bedürfnisse der Schulen angepasst.<br />

So ist gewährleistet, dass <strong>die</strong> Schulen immer zeitgemässe<br />

Unterstützung beanspruchen können.<br />

Information und Anmeldung<br />

Dienststelle Volksschulbildung<br />

Abteilung Schulberatung<br />

Kellerstrasse 10<br />

6002 Luzern<br />

T 041 228 55 50<br />

schulberatung.dvs@lu.ch<br />

www.volksschulbildung.lu.ch/r/schulberatung<br />

900981<br />

Schulberatung Plakat2014.<strong>in</strong>dd 1 12.11.14 14:29<br />

118


14. Die vielfältigen Unterstützungsangebote<br />

b) rund um fit: Gesundheitsförderung für Klassen<br />

Im Rahmen des kantonalen Aktionsprogrammes «Gesundes<br />

Körpergewicht» und e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> <strong>die</strong> Aktivitäten der<br />

Gesundheitsförderung Schweiz lancierte <strong>die</strong> Dienststelle<br />

Volksschulbildung 2007 das Projekt rundum fit, und zwar<br />

zunächst für Klassen des K<strong>in</strong>dergartens und der Primarschule.<br />

Zwei Jahre später wurde das Projekt auf <strong>die</strong><br />

Sekundarschule ausgeweitet. Das Projekt umfasste verb<strong>in</strong>dliche<br />

und freiwillige Bauste<strong>in</strong>e:<br />

– E<strong>in</strong>führungskurs für Lehrpersonen zu den Themen<br />

Bewegung und Ernährung<br />

– Tasche mit Bewegungsmaterial<br />

– Spieltonne mit Bewegungsmaterial<br />

– Informationsschriften für Behörden und Eltern<br />

– Referate für Erziehungsberechtigte<br />

– Bewegungse<strong>in</strong>heiten mit prom<strong>in</strong>entem Sportler oder<br />

prom<strong>in</strong>enter Sportler<strong>in</strong><br />

– Gestaltung von bewegungsfreundlichen Pausenplätzen<br />

– Unterrichtsangebote für ganze Klassen und Schulen.<br />

Das Vorhaben wurde regelmässig der Öffentlichkeit <strong>in</strong><br />

den Geme<strong>in</strong>den und <strong>in</strong> den Me<strong>die</strong>n vorgestellt. Lanciert<br />

wurde das Projekt mit e<strong>in</strong>er Me<strong>die</strong>nkonferenz am 30. August<br />

2007, <strong>in</strong> der auf <strong>die</strong> Ziele und Angebote h<strong>in</strong>gewiesen<br />

wurde. In den folgenden zwölf Jahren nahmen über 100<br />

Schulen am Projekt teil, zuerst waren es vor allem Primarschulen,<br />

<strong>in</strong> der zweiten Projekthälfte auch über <strong>die</strong><br />

Hälfte der Sekundarschulen. Zudem wurden an zahlreichen<br />

Elternabenden auch viele Erziehungsberechtigte für<br />

<strong>die</strong> Thematik sensibilisiert. Im Rahmen der kantonalen<br />

und schweizerischen Aktivitäten erfolgten auch regelmässige<br />

Evaluationen, welche den Erfolg der Angebote<br />

bestätigten. So reduzierte sich <strong>die</strong> Zahl der K<strong>in</strong>der mit<br />

Übergewicht leicht bzw. nahm bei den Jugendlichen nicht<br />

weiter zu. Viele der Aktivitäten wurden <strong>in</strong> der Schule nun<br />

fest <strong>in</strong> <strong>die</strong> Schuljahresplanung e<strong>in</strong>gebaut. Nach zwölf<br />

Jahren wurde das Projekt mit e<strong>in</strong>er Abschlussveranstaltung<br />

am 11. Juni 2019 im aktiven Projektschulhaus Emmen-Dorf<br />

abgeschlossen. Beim neuen Projekt ist nun <strong>die</strong><br />

psychische Gesundheit im Zentrum der Aktivitäten.<br />

c) Betriebliche Gesundheitsförderung<br />

Schulleitungen, Lehr- und Fachpersonen schätzen ihre<br />

berufliche Belastung unterschiedlich e<strong>in</strong>. Schweizerische<br />

Stu<strong>die</strong>n und auch <strong>die</strong> externe Evaluation stellen seit mehreren<br />

Jahren tendenziell e<strong>in</strong>e Zunahme fest. Die Dienststelle<br />

Volksschulbildung hat deswegen von 2012–2016<br />

<strong>in</strong>teressierte Schulen mit dem Projekt «geme<strong>in</strong>sam fit<br />

und stark» unterstützt und stellt seit dem Schuljahr<br />

2020/2021 e<strong>in</strong>e Palette spezifischer Angebote zur Verfügung.<br />

119


14. Die vielfältigen Unterstützungsangebote<br />

«geme<strong>in</strong>sam fit und stark»<br />

Von 2012–2016 haben 27 Schulen mit mehr als 850 Lehrpersonen<br />

am Projekt «geme<strong>in</strong>sam fit und stark» teilgenommen.<br />

<strong>Mit</strong> dem Projekt wurden folgende Ziele angestrebt:<br />

– Reduktion der Belastungen und Förderung der Ressourcen<br />

– Optimierung der Zusammenarbeit an der Schule<br />

– Förderung der Kompetenzen bezüglich Stressmanagement.<br />

Jede Schule arbeitete während drei Jahren <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

Projektmodule durch: Führungscoach<strong>in</strong>gs für <strong>die</strong> Schulleitenden;<br />

schul<strong>in</strong>terne Weiterbildung zu Kooperation und<br />

Teamsupervisionen, Input zu Erholungspausen im Schulalltag<br />

und Kurse zum <strong>in</strong>dividuellen Stressabbau. Den<br />

Schulen wurde e<strong>in</strong> frei verfügbarer Betrag für Referate,<br />

Material im Zusammenhang mit der Thematik oder e<strong>in</strong>en<br />

teamfördernden Anlass zur Verfügung gestellt.<br />

Zusammenarbeit – Ressourcenorientiert geme<strong>in</strong>sam<br />

e<strong>in</strong>e Aufgabe lösen<br />

Das Projekt wurde von Prof. Andreas Krause, FHNW mit<br />

folgenden Ergebnissen evaluiert:<br />

– 95 % der Schulleitenden gaben an, <strong>die</strong> Zusammenarbeit<br />

an den Schulen habe sich verbessert.<br />

– 84 % der Lehrpersonen werteten <strong>die</strong> Zusammenarbeit<br />

als entlastend.<br />

– Für 100 % der Schulleitenden und für 78 % der Lehrpersonen<br />

hatte sich <strong>die</strong> Teilnahme am Projekt gelohnt.<br />

120


14. Die vielfältigen Unterstützungsangebote<br />

Ab Schuljahr 2020/2021 werden folgende elf<br />

spezifische Angebote für unterschiedliche Zielgruppen<br />

zur Verfügung gestellt:<br />

– <strong>Mit</strong> dem Projekt «Schule handelt – Stressprävention<br />

am Arbeitsort» wird <strong>die</strong> Gesundheit von Lehrpersonen,<br />

Schulleitungen und weiteren <strong>Mit</strong>arbeitenden an<br />

den Schulen gestärkt. Das Projekt ist auf <strong>die</strong> Dauer<br />

von m<strong>in</strong>destens zwei Jahren angelegt und be<strong>in</strong>haltet<br />

e<strong>in</strong>e datengestützte Standortbestimmung, <strong>die</strong> Ableitung<br />

von Zielen sowie <strong>die</strong> Entwicklung und Umsetzung<br />

von Massnahmen. Die Schulen werden durch<br />

e<strong>in</strong>e von Gesundheitsförderung Schweiz akkreditierte<br />

Fachperson der DVS begleitet und erhalten auf Antrag<br />

e<strong>in</strong>en Förderbeitrag von Fr. 2 500.00 bis 3 000.00 für<br />

<strong>die</strong> Umsetzung von Massnahmen.<br />

– Schulleitungen steht e<strong>in</strong> auf Gesundheit fokussiertes<br />

Instrument für <strong>die</strong> begleitete Analyse und Weiterentwicklung<br />

des Qualitätsbereiches «Führung und Management»<br />

zur Verfügung.<br />

– Schulleitungen reflektieren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Führungscoach<strong>in</strong>g<br />

ihr Führungsverhalten. Sie beleuchten ihre<br />

Handlungsmuster und erweitern ihre Führungskompetenzen<br />

im H<strong>in</strong>blick auf <strong>die</strong> eigene Gesundheit und<br />

<strong>die</strong> des schulischen Personals.<br />

– In der Supervisionsgruppe «Gesunde Führung» setzen<br />

sich Schulleitungen mit der «salutogenen Führung»,<br />

dem eigene Gesundheitsverhalten, dem «Haus<br />

der Arbeitsfähigkeit» und dem Modell «beruflicher<br />

Gratifikationskrisen» ause<strong>in</strong>ander.<br />

– Interessierte Schulen können zu Themen wie Resilienz,<br />

Stressmanagement, Achtsamkeit, Mikropausen,<br />

Erholung massgeschneidert auf ihre Bedürfnisse<br />

schul<strong>in</strong>terne Weiterbildung (SCHILW) bei der Schulberatung<br />

anfordern.<br />

– Für Teams werden spezielle Startcoach<strong>in</strong>gs angeboten.<br />

<strong>Mit</strong> Unterstützung e<strong>in</strong>er Beratungsperson werden<br />

<strong>in</strong> drei Sitzungen Erwartungen, pädagogische<br />

Werte, Umgang mit Unterschieden und Arbeitsorganisation<br />

diskutiert und Vere<strong>in</strong>barungen getroffen.<br />

– Interessierte Schulen oder Teams können sich professionell<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> Praxis der «Kollegialen Beratung» e<strong>in</strong>führen<br />

lassen. Damit tragen sie dazu bei, dass Herausforderungen<br />

als geme<strong>in</strong>same Aufgabe verstanden<br />

und Lösungen mite<strong>in</strong>ander gesucht werden, was für<br />

<strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Lehrpersonen entlastend wirkt.<br />

– <strong>Mit</strong> dem Holkurs «Geme<strong>in</strong>sam stark im Alltag mit verhaltensauffälligen<br />

K<strong>in</strong>dern» werden Schulen oder<br />

Teams dar<strong>in</strong> gestärkt, neue Handlungsrepertoires zu<br />

entwickeln und damit mehr Sicherheit zu gew<strong>in</strong>nen.<br />

– Für e<strong>in</strong>zelne Lehrpersonen steht neu «Coach<strong>in</strong>gPlus-<br />

Burnoutprävention» zur Verfügung. Das Beratungsformat<br />

verb<strong>in</strong>det Coach<strong>in</strong>g und Weiterbildung und <strong>die</strong><br />

gezielte Arbeit an den persönlichen Themen.<br />

– In der kursorischen Supervision «Gesundbleiben im<br />

Schulalltag» werden Selbstwirksamkeitserleben, E<strong>in</strong>stellungen,<br />

Selbstmanagement, Lebensstil und Bewältigungsstrategien<br />

thematisiert mit dem Ziel, <strong>die</strong><br />

eigenen Ressourcen zu stärken.<br />

– Der Kurs «Neugierig. Fit und gelassen <strong>in</strong> <strong>die</strong> letzte Berufsphase»<br />

richtet sich an Lehrpersonen ab 55 Jahren.<br />

In der Supervisionsgruppe stehen Interesse an<br />

Neuem, Engagement, Lebendigkeit, Motivation und<br />

Umgang mit der eigenen Energie im Zentrum.<br />

121


14. Die vielfältigen Unterstützungsangebote<br />

d) MINT unterwegs<br />

<strong>Mit</strong> dem Lehrplan 21 wurde auch e<strong>in</strong>e Stärkung des Themenbereichs<br />

MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft<br />

und Technik) angestrebt. Damit <strong>die</strong>se Zielsetzung<br />

noch besser erreicht werden konnte, lancierte <strong>die</strong><br />

Dienststelle Volksschulbildung auf Beg<strong>in</strong>n des Schuljahres<br />

2016/17 das Vorhaben «MINT unterwegs». Im Rahmen<br />

e<strong>in</strong>er Projektwoche sollen K<strong>in</strong>der der dritten bis<br />

sechsten Primarklasse selber «Naturwissenschaft betreiben»,<br />

<strong>in</strong>dem sie beobachten, Fragen stellen und Phänomene<br />

selber erforschen können. Die Konzentration des<br />

Angebots auf <strong>die</strong> dritten bis sechsten Primarklassen sollte<br />

ermöglichen, dass <strong>die</strong> Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler frühzeitig<br />

an <strong>die</strong> Thematik herangeführt werden können und<br />

so das Interesse für den Themenbereich MINT frühzeitig<br />

geweckt wird.<br />

Im Zentrum des Angebots steht das MINT-Zelt, das je<br />

nach Grösse der Schule e<strong>in</strong>e oder zwei Wochen gebucht<br />

werden kann. Das MINT-Zelt wird <strong>in</strong> der Nähe der Schule<br />

aufgebaut und kann <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Zeit von den Klassen gemäss<br />

speziellem Programm genutzt werden. Das MINT-<br />

Zelt be<strong>in</strong>haltet folgende Angebote:<br />

11 Exponate zum Experimentieren<br />

6 thematische Boxen für den E<strong>in</strong>satz im Unterricht der<br />

Klassen<br />

Referate mit Fachpersonen zu MINT-Themen.<br />

Das MINT-Zelt wird während der Projektwoche durch<br />

e<strong>in</strong>e Fachperson und e<strong>in</strong>en Zivil<strong>die</strong>nstleistenden betreut.<br />

Das Angebot ist für <strong>die</strong> Schule kostenlos. Zusätzlich gibt<br />

es auch Unterrichtse<strong>in</strong>heiten zur Thematik auf der Plattform<br />

m<strong>in</strong>terleben.lu.ch. Die Projektwochen werden von<br />

den Schulen <strong>in</strong>tensiv genutzt. Auch im fünften und sechsten<br />

Projektjahr s<strong>in</strong>d alle Wochen belegt und <strong>die</strong> Reaktionen<br />

der Schulen durchwegs sehr positiv.<br />

122


14. Die vielfältigen Unterstützungsangebote<br />

e) Digitale Unterrichtse<strong>in</strong>heiten<br />

Am Anfang der Entwicklung <strong>die</strong>ses Angebots stand <strong>die</strong><br />

Fragestellung, wie der Kanton Luzern <strong>in</strong> der Primarschule<br />

thematisiert werden könnte, denn auch im Lehrplan 21,<br />

s<strong>in</strong>d zahlreiche Themen enthalten, welche den eigenen<br />

Kanton betreffen. Dabei sollten verschiedene Themenbereiche<br />

wie Geschichte, Geografie, Natur und Gesellschaft<br />

besprochen werden. Früher waren <strong>die</strong>se Themen im Heimatkundeordner<br />

zusammengefasst. E<strong>in</strong>e Wiederauflage<br />

<strong>die</strong>ses Ordners wurde ausgeschlossen. Aber es sollten<br />

neue Unterlagen <strong>in</strong> aktueller Form den Lehrpersonen zur<br />

Verfügung gestellt werden. <strong>Mit</strong> den neuen digitalen<br />

Me<strong>die</strong>n sollten folgende Ziele erreicht werden:<br />

– Die Materialien unterstützen <strong>die</strong> Lehrpersonen der<br />

dritten bis sechsten Klassen der Primarschule bei der<br />

Planung, Durchführung und Nachbearbeitung des<br />

Unterrichts über den Kanton Luzern.<br />

– Die Materialien s<strong>in</strong>d vielseitig e<strong>in</strong>setzbar und können<br />

von den Lehrpersonen bei Bedarf selbst ausgestaltet<br />

und ergänzt werden.<br />

– Die Materialien <strong>die</strong>nen als Grundlage für e<strong>in</strong>e Informationsschrift,<br />

<strong>die</strong> sich für <strong>die</strong> Abgabe an Lehrpersonen<br />

und <strong>in</strong>teressierte Erwachsene eignet.<br />

123


14. Die vielfältigen Unterstützungsangebote<br />

Diese Ziele wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Schritt mit konkreten<br />

Inhalten beschrieben. Dann wurden Fragestellungen def<strong>in</strong>iert,<br />

welche <strong>in</strong> Unterrichtse<strong>in</strong>heiten dargestellt werden<br />

konnten. Die Erarbeitung <strong>die</strong>ser Unterrichtse<strong>in</strong>heiten erfolgte<br />

<strong>in</strong> enger Zusammenarbeit mit der Pädagogischen<br />

Hochschule Luzern. Alle Unterrichtse<strong>in</strong>heiten wurden<br />

nur noch digital veröffentlicht, und zwar auf der Plattform<br />

entdecke.lu.ch. In der Zwischenzeit stehen bereits<br />

zwanzig Unterrichtse<strong>in</strong>heiten zur Verfügung, e<strong>in</strong>zelne<br />

auch für <strong>die</strong> Sekundarschule.<br />

Aufgrund des Erfolgs <strong>die</strong>ser Plattform wurden <strong>in</strong> den<br />

letzten zwei Jahren drei weitere entwickelt und den Lehrpersonen<br />

zur Verfügung gestellt.<br />

m<strong>in</strong>t-erleben.lu.ch<br />

musik-erleben.lu.ch<br />

leben-verstehen.lu.ch<br />

Die digitale Form der Publikation ermöglicht es, <strong>die</strong> E<strong>in</strong>heiten<br />

rasch zu ergänzen oder im Bedarfsfall auch zu<br />

korrigieren.<br />

f) Label für Schulen mit besonderem <strong>Profil</strong><br />

Viele Schulen bearbeiten e<strong>in</strong> Schwerpunktthema über<br />

längere Zeit im Rahmen ihrer Schulentwicklungsplanung.<br />

Häufig bildet sich daraus e<strong>in</strong> eigentliches Schulprofil. Um<br />

<strong>die</strong>se Entwicklung zu fördern, hat <strong>die</strong> Dienststelle Volksschulbildung<br />

zu Beg<strong>in</strong>n des Schuljahres 2018/19 das Label-Programm<br />

für Schulen mit besonderem <strong>Profil</strong> lanciert.<br />

Das Programm soll weitere Schulen ermuntern,<br />

sich länger mit e<strong>in</strong>er Thematik zu befassen. Damit soll<br />

auch <strong>die</strong> Identität e<strong>in</strong>er Schule gestärkt und <strong>die</strong> Aussenwirkung<br />

verbessert werden. Das Label ist e<strong>in</strong>e Auszeichnung,<br />

welche <strong>die</strong>se Entwicklungen bestätigt. Die Schulen,<br />

welche sich <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Programm engagieren wollen, erhalten<br />

von der Dienststelle Volksschulbildung vielfältige<br />

Unterstützung:<br />

– Prozessbegleitung<br />

– Fachliche Unterstützung im gewählten Bereich<br />

– F<strong>in</strong>anzielle Unterstützung für <strong>die</strong> Durchführung von<br />

Projekten.<br />

124


14. Die vielfältigen Unterstützungsangebote<br />

Aktuell stehen folgende Themenbereiche für <strong>die</strong> Beteiligung<br />

im Programm zur Verfügung:<br />

– Elternbildung-Elternmitwirkung<br />

– Innovative Lernformen <strong>in</strong> der Sekundarschule<br />

– Kultur<br />

– Partizipation der Lernenden<br />

– Sozialraumorientierung<br />

– Sport<br />

– Umweltbildung<br />

Bereits zweimal konnten je sieben Schulen mit dem Label<br />

ausgezeichnet werden. Weitere Schulen bef<strong>in</strong>den sich im<br />

Förderprogramm und bereiten sich auf das Label vor.<br />

g) Entwicklung e<strong>in</strong>er Schuladm<strong>in</strong>istrationslösung<br />

Bereits 2011 starteten <strong>die</strong> Vorarbeiten für <strong>die</strong> Entwicklung<br />

e<strong>in</strong>er Schuladm<strong>in</strong>istrationssoftware für alle Luzerner<br />

Volksschulen. Zunächst wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em umfangreichen<br />

Prozess <strong>die</strong> Anforderungen def<strong>in</strong>iert. Anschliessend<br />

erfolgte e<strong>in</strong>e breite Ausschreibung, <strong>die</strong> von der Firma<br />

BaseNet, Sursee, gewonnen wurde. Der Regierungsrat<br />

erteilte 2014 den entsprechenden Zuschlag. Im Rahmen<br />

e<strong>in</strong>er Botschaft an den Kantonsrat wurde <strong>die</strong> Verpflichtung<br />

zur Übernahme der Lösung im Gesetz über <strong>die</strong><br />

Volksschulbildung 2016 verankert. Nach mehreren Verzögerungen<br />

konnten dann im Sommer 2018 <strong>die</strong> Verträge<br />

zwischen der Dienststelle Volksschulbildung und der Firma<br />

BaseNet unterzeichnet werden. Diese Unterzeichnung<br />

stellte auch den offiziellen Start des Projekts dar.<br />

Im Frühjahr 2019 konnten <strong>die</strong> ersten sechs Pilotschulen<br />

mit der Erprobung der ersten Module beg<strong>in</strong>nen. Weitere<br />

Module für <strong>die</strong> Tagesstrukturen und <strong>die</strong> Musikschulen<br />

wurden <strong>in</strong> der Folge def<strong>in</strong>iert und entwickelt. Sie können<br />

ab dem Frühjahr 2021 e<strong>in</strong>gesetzt werden. Im Frühjahr<br />

2020 erfolgte <strong>die</strong> E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> weiteren Schulen gemäss<br />

Rollout-Planung. Nach e<strong>in</strong>em Coronabed<strong>in</strong>gten Unterbruch<br />

wurde der Rollout im Herbst 2020 wieder aufgenommen.<br />

Geplant ist nun, <strong>die</strong> Regelschulen bis zum<br />

Frühsommer 2022 mit allen Modulen zu be<strong>die</strong>nen, anschliessend<br />

folgen dann noch <strong>die</strong> kantonalen Sonderschulen,<br />

so dass das Projekt im Sommer 2023 abgeschlossen<br />

werden kann. Dann steht den Schulen e<strong>in</strong>e<br />

zeitgemässe und ausbaufähige Software für <strong>die</strong> Schuladm<strong>in</strong>istration<br />

zur Verfügung.<br />

125


15. Von der Volksschulabteilung zur Dienststelle Volksschulbildung<br />

15. Von der Volksschulabteilung<br />

zur Dienststelle Volksschulbildung<br />

Die Entwicklung der Aufgaben auf kantonaler Ebene führte mehrmals zu Anpassungen<br />

bei der Organisation der kantonalen Stellen. Die heutige Dienststelle Volksschulbildung<br />

entstand im Rahmen mehrerer Aufgaben- und Organisationsentwicklungsprojekten.<br />

a) Die Ausgangslage<br />

Bis <strong>Mit</strong>te der achziger Jahre des letzten Jahrhunderts<br />

war <strong>die</strong> Volksschulabteilung e<strong>in</strong> Bereich des Departementssekretariats.<br />

Die Abteilung bearbeitete <strong>die</strong> adm<strong>in</strong>istrativen<br />

Aufgaben auf kantonaler Ebene, während <strong>die</strong><br />

kantonalen Schul<strong>in</strong>spektorate <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie <strong>die</strong> <strong>in</strong>haltlichen<br />

Fragen bearbeiteten. Die Personaladm<strong>in</strong>istration<br />

der Volksschullehrpersonen war e<strong>in</strong>e wichtige Aufgabe<br />

der Volksschulabteilung. Diese be<strong>in</strong>haltete unter anderem<br />

<strong>die</strong> Ausfertigung der Wahlurkunden und <strong>die</strong> Zuteilung<br />

von Stellvertretungen an <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Schulen. <strong>Mit</strong><br />

der Übernahme der Verantwortung für <strong>die</strong> verschiedenen<br />

Schulentwicklungsvorhaben vermischten sich <strong>die</strong><br />

Grenzen zwischen der Volksschulabteilung und den<br />

Schul<strong>in</strong>spektoren zunehmend, so dass immer mehr auch<br />

<strong>die</strong> <strong>in</strong>haltlichen Aufgaben der Volksschule von der Volksschulabteilung<br />

übernommen wurden. Dies be<strong>in</strong>haltete<br />

zum Beispiel <strong>die</strong> Betreuung der Lehrplanfragen, <strong>die</strong> <strong>Mit</strong>te<br />

der achtziger Jahre zu e<strong>in</strong>em wichtigen Thema wurden.<br />

So erforderten <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Zeit zum Beispiel <strong>die</strong> Vorverlegung<br />

des Französischunterrichts <strong>in</strong> <strong>die</strong> Primarschule<br />

oder <strong>die</strong> E<strong>in</strong>führung des Informatikunterrichts <strong>in</strong> der dritten<br />

Sekundarschulklasse grosse personelle Ressourcen.<br />

Und <strong>die</strong> eigentlichen Schulentwicklungsaufgaben wurden<br />

zu <strong>die</strong>ser Zeit erst lanciert. Da <strong>die</strong> damalige Struktur mit<br />

den sehr vielen direktunterstellten Leitungspersonen<br />

sowohl auf Departementsebene als auch auf Volksschulebene<br />

nicht mehr zeitgemäss war, erfolgte e<strong>in</strong>e umfassende<br />

Re organisation der Aufbauorganisation des Er ziehungsdepartements.<br />

b) Von der Volksschulabteilung zur Gruppe Unterricht<br />

<strong>Mit</strong> der Reorganisation ’89 wurden im damaligen Erziehungsdepartement<br />

neue Strukturen geschaffen. Zwischen<br />

den zahlreichen Abteilungen und Dienststellen<br />

wurde e<strong>in</strong>e zusätzliche Führungsebene e<strong>in</strong>gerichtet: <strong>die</strong><br />

Gruppen. Die fünf Gruppen führten je e<strong>in</strong>e Anzahl Abteilungen<br />

und/oder Dienststellen. Zur Gruppe Unterricht gehörten<br />

<strong>die</strong> Volksschulen und <strong>die</strong> Kantonsschulen, <strong>in</strong>sgesamt<br />

14 Abteilungen und Dienststellen. Diese Neuorganisation<br />

führte auf Departementsleitungsebene zu e<strong>in</strong>er markanten<br />

Reduktion der Direktunterstellungen. Auf Gruppenebene<br />

erfolgte e<strong>in</strong> ähnlicher Schritt: In der Bildungsverwaltung<br />

wurden mehrere Abteilungen errichtet, so dass<br />

<strong>die</strong> Zahl der Direktunterstellungen auch hier deutlich reduziert<br />

werden konnte. So wurden für <strong>die</strong> beiden Bildungsbereiche<br />

Volksschulen und Gymnasien eigene Abteilungen<br />

errichtet. Dazu kamen noch zwei weitere<br />

stufenübergreifende Abteilungen, nämlich <strong>die</strong> Schulentwicklung<br />

und <strong>die</strong> Personaladm<strong>in</strong>istration. Die Leitungen<br />

der Abteilungen und <strong>die</strong> Dienststellenleitungen trafen<br />

sich regelmässig zu Konferenzen, so dass e<strong>in</strong> Austausch<br />

über <strong>die</strong> wichtigsten Entwicklungsthemen gewährleistet<br />

war. Schwerpunkte der geme<strong>in</strong>samen Arbeit waren e<strong>in</strong>erseits<br />

<strong>die</strong> Entwicklung der Lehrpläne und andererseits <strong>die</strong><br />

Erarbeitung der neuen Gesetze für <strong>die</strong> beiden Schulstufen.<br />

<strong>Mit</strong> der Lancierung des damals <strong>in</strong> vielen Punkten<br />

Neuland darstellenden Schulentwicklungsvorhabens<br />

«Schulen mit <strong>Profil</strong>» wurde der Umfang der Gruppe Unterricht<br />

zu breit, da <strong>die</strong> Gymnasien von <strong>die</strong>sem Vorhaben<br />

nur <strong>in</strong>direkt betroffen waren, andererseits aber mit der<br />

Umsetzung der neuen schweizerischen Maturitätsregelungen<br />

stark gefordert wurden. Aus <strong>die</strong>sem Grunde erfolgte<br />

1995 e<strong>in</strong>e weitere Reorganisation, welche <strong>die</strong> Bearbeitung<br />

der damaligen Hauptaufgaben optimieren<br />

sollte.<br />

c) Von der Gruppe Unterricht zur Gruppe Volksschulen<br />

mit dem neuen Amt für Volksschulbildung<br />

In der Organisation mit den Gruppen waren <strong>die</strong> zentralen<br />

Verwaltungsabteilungen noch e<strong>in</strong> Bestandteil des Departementssekretariats.<br />

Diese Regelung erschwerte aber <strong>in</strong><br />

mehrfacher H<strong>in</strong>sicht vor allem bei den grossen Aufgabenbereichen<br />

Volkschulbildung und Berufsbildung <strong>die</strong> Wahrnehmung<br />

der Führungsaufgaben. Deshalb wurde auf Beg<strong>in</strong>n<br />

des Schuljahres 1995/96 für <strong>die</strong> Bearbeitung der<br />

operativen Aufgaben im Volksschulbereich e<strong>in</strong>e eigene<br />

Dienststelle geschaffen. Das Amt für Volksschulbildung<br />

126


15. Von der Volksschulabteilung zur Dienststelle Volksschulbildung<br />

Organigramm 1990<br />

war <strong>in</strong> der departementalen Führungsstruktur Teil der<br />

Gruppe Volksschulbildung, welche alle Dienststellen im<br />

Volkschulbereich umfasste, während <strong>die</strong> Kantonsschulen<br />

neu e<strong>in</strong>e eigene Gruppe bildeten. Die Gruppe Volksschulbildung<br />

wurde wie das Amt für Volksschulbildung von der<br />

gleichen Person geführt, was <strong>die</strong> Wege deutlich verkürzte<br />

und <strong>die</strong> Bearbeitung grösserer Fragen sehr vere<strong>in</strong>fachte.<br />

Im Zentrum der Arbeiten stand auf Ebene der<br />

Gruppe Volksschulen <strong>die</strong> Erarbeitung und Umsetzung<br />

des neuen Gesetzes über <strong>die</strong> Volksschulbildung und das<br />

Schulentwicklungsprojekt «Schulen mit <strong>Profil</strong>». Im neu<br />

geschaffenen Amt für Volksschulbildung (bis Ende 1999<br />

noch Amt für Unterricht) standen <strong>die</strong> Schulverwaltungsaufgaben<br />

zunächst im Vordergrund. Recht rasch wurde<br />

aber e<strong>in</strong> Arbeitsschwerpunkt auf <strong>die</strong> Qualitätssicherung<br />

und -entwicklung gelegt. So wurden entsprechende Instrumente<br />

dafür erarbeitet und e<strong>in</strong>e Zertifizierung nach ISO<br />

vorgenommen. Aufgrund der Gründung der Pädagogischen<br />

Hochschule Luzern wurde 2002 <strong>die</strong> Aufgabenteilung<br />

zwischen dem Amt für Volksschulbildung und der<br />

PH Luzern <strong>in</strong>tensiv überprüft. Als Folge <strong>die</strong>ser Überprüfung<br />

wurden auf den 1. Januar 2003 wesentliche Aufgaben<br />

der kantonalen Dienststelle <strong>in</strong> <strong>die</strong> Pädagogische Hochschule<br />

Luzern verschoben. Es betraf <strong>die</strong>s zum Beispiel<br />

alle Fachberatungen, aber auch <strong>die</strong> Weiterbildung der<br />

Lehrpersonen. Das Amt für Volksschulbildung schloss<br />

zur Führung und F<strong>in</strong>anzierung <strong>die</strong>ser Leistungsbereiche<br />

mit der PH Luzern Leistungsvere<strong>in</strong>barungen ab, welche<br />

regelmässig überprüft werden.<br />

127


15. Von der Volksschulabteilung zur Dienststelle Volksschulbildung<br />

Qualitätssicherung und -entwicklung<br />

Die Geschäftsleitung des neu geschaffenen Amtes für<br />

Volksschulbildung hat sich <strong>die</strong> E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>ternen<br />

Qualitätsmanagementsystems im S<strong>in</strong>ne von<br />

Total Quality Management (TQM) zum Ziel gesetzt. Es<br />

wurden verschiedene Qualitäts<strong>in</strong>strumente wie e<strong>in</strong><br />

Führungscockpit und e<strong>in</strong> Managementhandbuch erarbeitet.<br />

Zudem wurden <strong>die</strong> verschiedenen Arbeitsabläufe<br />

durch <strong>die</strong> Geschäftsleitung und Abteilungen<br />

als Prozesse gezeichnet, mit den nötigen Hilfsdokumenten<br />

versehen und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Prozesslandkarte dargestellt.<br />

Nach e<strong>in</strong>em ersten <strong>in</strong>ternen Audit 2005 hat<br />

sich das Amt für Volksschulbildung 2006 erstmals<br />

nach ISO 9001.2000 zertifizieren lassen. Schon damals<br />

mit dem Fernziel, nach e<strong>in</strong>igen Jahren auf EFQM<br />

umzustellen, unterzog sich das AVS (ab 2008 Dienststelle<br />

Volksschulbildung) bis 2012 regelmässig den<br />

vorgeschriebenen Aufrechterhaltungsaudits, liess<br />

sich 2009 rezertifizieren und führte jedes Jahr e<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternes<br />

Audit durch.<br />

d) Die Vere<strong>in</strong>fachung der Strukturen 2008:<br />

Die Dienststelle Volksschulbildung<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>fachung und Vere<strong>in</strong>heitlichung<br />

der Führungsstrukturen auf kantonaler Ebene und zur<br />

Realisierung von Sparmöglichkeiten wurde auf Ebene der<br />

Gesamtverwaltung <strong>die</strong> Reform 06 gestartet. Für das neu<br />

Bildungs- und Kulturdepartement genannte Departement<br />

führte <strong>die</strong>s zum Wegfall der Gruppenstruktur. Die vier<br />

Gruppen wurden <strong>in</strong> vier Dienststellen umgewandelt, welche<br />

<strong>die</strong> bisher unterstellten Dienststellen neu als Abteilungen<br />

umfassten. Diese neue Organisationsform führte<br />

im Volksschulbereich zur Schaffung der Dienststelle<br />

Volksschulbildung. Diese umfasste neben den bestehenden<br />

Abteilungen der Bildungsverwaltung auch <strong>die</strong> beiden<br />

Heilpädagogischen Zentren Hohenra<strong>in</strong> und Schüpfheim.<br />

Im Rahmen der erwähnten Reform 06 musste <strong>die</strong> Dienststelle<br />

Volksschulbildung aber auch e<strong>in</strong>e wichtige Aufgabe<br />

abgeben: Im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Optimierung der Aufgabenbearbeitung<br />

wurde <strong>die</strong> Personaladm<strong>in</strong>istration der Lehrpersonen<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> Dienststelle Personal <strong>in</strong>tegriert. Nach 2008<br />

kamen im Rahmen der Kantonalisierung verschiedener<br />

128


15. Von der Volksschulabteilung zur Dienststelle Volksschulbildung<br />

Angebote im Bereich der Sonderpädagogik folgende Schulen<br />

dazu:<br />

– 2011: Heilpädagogische Schulen Luzern, Emmen, Sursee<br />

und Willisau<br />

– 2013: Heilpädagogische Früherziehungs<strong>die</strong>nste<br />

– 2016: Schulangebote Asyl<br />

Bei der geme<strong>in</strong>samen Arbeit im Rahmen der Geschäftsleitungskonferenzen<br />

wurde weiter auf <strong>die</strong> Qualitätssicherung<br />

und -entwicklung e<strong>in</strong> grosses Augenmerk gelegt.<br />

Dabei erfolgte nun der Schritt von ISO zu EFQM.<br />

Bei den Bildungsverwaltungsabteilungen gab es <strong>in</strong> den<br />

folgenden Jahren ebenfalls grössere Veränderungen: So<br />

wurde aufgrund der zunehmenden Aufgaben im Bereich<br />

der Sonderpädagogik 2011 <strong>die</strong> Abteilung Schulbetrieb<br />

aufgeteilt <strong>in</strong> Schulbetrieb I (Regelschulen) und Schulbetrieb<br />

II (Sonderpädagogik). Und 2017 wurden aufgrund<br />

e<strong>in</strong>es kantonalen Sparprogramms <strong>die</strong> drei Abteilungen,<br />

Schulberatung, Schulentwicklung und Schulevaluation<br />

zur Abteilung Schulunterstützung zusammengelegt.<br />

129


15. Von der Volksschulabteilung zur Dienststelle Volksschulbildung<br />

Dienststelle Volksschulbildung DVS<br />

Leitung Dr. Charles V<strong>in</strong>cent<br />

Die Dienststelle Volksschulbildung<br />

• unterstützt <strong>die</strong> Schulen und fördert ihre Entwicklung,<br />

• sie evaluiert <strong>die</strong> Schulen,<br />

• sie überprüft <strong>die</strong> E<strong>in</strong>haltung der kantonalen Vorgaben,<br />

• sie berät Lehrpersonen, Schulleitungen und Teams,<br />

• sie führt zwei heilpädagogische Zentren (HPZ) und<br />

drei heilpädagogische Schulen (HPS)<br />

• sie ist zuständig für <strong>die</strong> heilpädagogische Früherziehung und <strong>die</strong><br />

Beratung von K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen mit e<strong>in</strong>er Hör- oder Sehbeh<strong>in</strong>derung<br />

bzw. mit Autismus<br />

• sie führt Asylschulen und regionale Aufnahmeklassen<br />

Mehr dazu: www.volksschulbildung.lu.ch<br />

Zentrale Dienste<br />

Leitung Katr<strong>in</strong> Birchler<br />

Zuständigkeit<br />

Stabsaufgaben <strong>in</strong>nerhalb der<br />

Dienststelle, Rechtsfragen,<br />

Kommunikation, Kantonsbeiträge,<br />

Bildungsstatistik, Bildungsplanung,<br />

Qualitätsmanagement Volksschulen,<br />

Personalfragen der Volksschullehrpersonen<br />

Abteilung<br />

Schulbetrieb I<br />

Leitung<br />

Christian Wyss<br />

Abteilung<br />

Schulbetrieb II<br />

Leitung<br />

Daniela Dittli<br />

Abteilung<br />

Schulunterstützung<br />

Leitung<br />

Barbara Zumste<strong>in</strong><br />

Abteilung<br />

Schulaufsicht<br />

Leitung<br />

Richard Kreienbühl<br />

Zuständigkeit<br />

pädagogische, schulorganisatorische<br />

und didaktische<br />

Fragen der Regelklassen<br />

Zuständigkeit<br />

pädagogische, schulorganisatorische<br />

und didaktische<br />

Fragen der Sonderschulung<br />

Zuständigkeit<br />

Beratung von Lehrpersonen,<br />

Schulleitungen und Teams<br />

übergreifende Schulentwicklungsvorhaben,<br />

Durchführung<br />

externer Schulevaluationen<br />

Zuständigkeit<br />

Überwachung der E<strong>in</strong>haltung<br />

der kantonalen Vorgaben<br />

(<strong>in</strong>kl. Privatschulen)<br />

HPZ Hohenra<strong>in</strong><br />

Rektor<strong>in</strong><br />

Pia Vogler<br />

HPZ Schüpfheim<br />

Rektor<br />

Raimund Erni<br />

HPS Luzern<br />

Rektor<strong>in</strong><br />

Evelyn Hermann<br />

HPS Sursee<br />

Rektor<br />

René Carl<strong>in</strong><br />

HPS Willisau<br />

Rektor<strong>in</strong><br />

Ruth Duss<br />

Fachstelle für Früherziehung<br />

und S<strong>in</strong>nesbeh<strong>in</strong>derungen<br />

Leitung<br />

Bel<strong>in</strong>da Pürro<br />

Schulangebote<br />

Asyl<br />

Leitung<br />

Brigitt Stadelmann<br />

Zuständigkeit<br />

K<strong>in</strong>der und Jugendliche mit<br />

geistiger Beh<strong>in</strong>derung<br />

sowie Sprachbeh<strong>in</strong>derung<br />

Zuständigkeit<br />

K<strong>in</strong>der und Jugendliche mit<br />

geistiger Beh<strong>in</strong>derung,<br />

Ateliers für junge<br />

Erwachsene<br />

Zuständigkeit<br />

K<strong>in</strong>der und Jugendliche<br />

mit geistiger<br />

Beh<strong>in</strong>derung<br />

Zuständigkeit<br />

K<strong>in</strong>der und Jugendliche<br />

mit geistiger<br />

Beh<strong>in</strong>derung<br />

Zuständigkeit<br />

K<strong>in</strong>der und Jugendliche<br />

mit geistiger<br />

Beh<strong>in</strong>derung<br />

Zuständigkeit<br />

K<strong>in</strong>der von 0-5 bzw.<br />

K<strong>in</strong>der und Jugendliche<br />

mit e<strong>in</strong>er Hör- oder<br />

Sehbeh<strong>in</strong>derung oder<br />

mit Autismus<br />

Zuständigkeit<br />

K<strong>in</strong>der und Jugendliche<br />

von Asylsuchenden und<br />

Flüchtl<strong>in</strong>gen<br />

2016-1379_98372 August 2020<br />

Organigramm 2020<br />

E<strong>in</strong>ige Zahlen zur Dienststelle Volksschulbildung (2021)<br />

Stellen<br />

– DVS Services (Bildungsverwaltungsabteilungen): 54 Vollzeitstellen<br />

– HPZ Hohenra<strong>in</strong>: 148 Vollzeitstellen<br />

– HPZ Schüpfheim: 145 Vollzeitstellen<br />

– Heilpädagogische Tagesschulen 90 Vollzeitstellen<br />

– Fachstelle für Früherziehung und S<strong>in</strong>nesbeh<strong>in</strong>derungen 53 Vollzeitstellen<br />

– Schulangebote Asyl 14 Vollzeitstellen<br />

Anzahl Personen: ca. 900<br />

Budget:<br />

– Aufwand CHF 327,5 Mio.<br />

– Ertrag CHF 95 Mio.<br />

– Globalbudget CHF 422,5 Mio.<br />

130


15. Von der Volksschulabteilung zur Dienststelle Volksschulbildung<br />

Von ISO zu EFQM<br />

ISO gilt als <strong>in</strong>ternational anerkanntes Qualitätssicherungssystem<br />

basierend auf standardisierten M<strong>in</strong>destanforderungen.<br />

<strong>Mit</strong> der ISO-Zertifizierung hat <strong>die</strong> Dienststelle<br />

Volksschulbildung <strong>die</strong> Erreichung <strong>die</strong>ser<br />

Qualitäts standards aufgezeigt und mit den Aufrechterhaltungsaudits<br />

und der Rezertifizierung daran festgehalten.<br />

Aufgrund verschiedener <strong>in</strong>terner Veränderungen<br />

(neue Abteilungen, personelle Wechsel) hat <strong>die</strong><br />

Geschäftsleitung beschlossen, auf Basis <strong>die</strong>ses erreichten<br />

hohen Standards e<strong>in</strong>en Weiterentwicklungsprozess<br />

zu <strong>in</strong>itiieren und deshalb im Bereich Qualitätsmanagement<br />

mit dem Ziel e<strong>in</strong>es TQM (Total Quality<br />

Management) von ISO zu EFQM zu wechseln. Bei EFQM<br />

stehen, anders als bei ISO, weniger <strong>die</strong> Prozesse im<br />

Zentrum, sondern viel mehr <strong>die</strong> erreichten Ergebnisse.<br />

<strong>Mit</strong> dem Ziel, sich ständig zu verbessern und weiterzuentwickeln,<br />

ist bei EFQM auch <strong>die</strong> Bewertung gegen<br />

oben offen. EFQM wurde ab 2008 an verschiedenen<br />

Workshops <strong>in</strong> der Dienststelle Volksschulbildung e<strong>in</strong>geführt<br />

und vorerst mit e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>ternen Assessment<br />

eigene Stärken und Verbesserungspotential identifiziert.<br />

2012 wurde nochmals e<strong>in</strong>e ISO-Zertifizierung nun<br />

aber <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit e<strong>in</strong>em externen Assessment<br />

nach EFQM durchgeführt, wobei <strong>die</strong> DVS Services <strong>die</strong><br />

Auszeichnung Recognised for Excellence 3 star erreichte.<br />

Nach <strong>die</strong>sem Kombi-Assessment fiel <strong>die</strong> Entscheidung<br />

vollständig auf EFQM umzusteigen und zukünftig<br />

auf e<strong>in</strong>e ISO-Zertifizierung zu verzichten. Bei<br />

e<strong>in</strong>em weiteren externen Assessment 2016 konnte sich<br />

<strong>die</strong> DVS nochmals steigern und <strong>die</strong> Auszeichnung<br />

Recognised for Excellence 4 star entgegennehmen. Ab<br />

2015 machten sich auch <strong>die</strong> Schulabteilungen der DVS<br />

(Heilpädagogische Institutionen, Fachstelle für Früherziehung<br />

und S<strong>in</strong>nesbeh<strong>in</strong>derungen und Schulangebote<br />

Asyl) auf den Weg zur Excellence und führten EFQM <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em mehrjährigen Projekt e<strong>in</strong>.<br />

2019 wurde erstmals e<strong>in</strong> externes Assessment nach<br />

EFQM <strong>in</strong> der gesamten DVS mit rund 800 <strong>Mit</strong>arbeitenden<br />

an mehr als 10 Standorten durchgeführt. Die Auszeichnung<br />

Recognised for Excellence 4 star verdeutlichte<br />

<strong>die</strong> hohen Qualitätsstandards und <strong>die</strong> hohe<br />

Arbeitsqualität <strong>in</strong> der DVS und dass der kont<strong>in</strong>uierliche<br />

Verbesserungsprozess <strong>die</strong>nststellenweit gelebt wird.<br />

131


16. H<strong>in</strong>weise auf Publikationen<br />

16. H<strong>in</strong>weise auf Publikationen<br />

Allgeme<strong>in</strong>es<br />

– Pfenniger Paul, Zweihundert Jahre Luzerner Volksschule 1798-1998. Begleitheft zur Sonderausstellung<br />

«Von der Schiefertafel zum Computer. 200 Jahre Schule für das Volk» im Historischen Museum Luzern<br />

(27. Mai bis 8. November 1998), Grafisches Unternehmen Willisauer Bote, Willisau, 1998.<br />

– Häfliger Alois, Der Luzerner Erziehungsrat 1798-1999. E<strong>in</strong>e schulhistorische Skizze, Bildungsdepartement des<br />

Kantons Luzern, 2002.<br />

– Fischer Raffael, Schule und Bildung. Der lange Weg zum Bildungszentrum, <strong>in</strong>: Der Kanton Luzern im<br />

20. Jahrhundert, Auftraggeber: Regierungsrat des Kantons Luzern, Red.: Hürlimann Katja, Zürich, Chronos, 2013,<br />

Bd. 1 S. 245-284.<br />

– Appius Stephanie, Nägeli Amanda, Schulreformen im Mehrebenensystem. E<strong>in</strong>e mehrdimensionale Analyse von<br />

Bildungspolitik, Spr<strong>in</strong>ger VS, Wiesbaden, 2017, Bd. 35.<br />

zum Kapitel 4<br />

– Bucher Beat, Imgrüth Peter, «Schulen mit <strong>Profil</strong>». Lesebuch, Lehrmittelverlag des Kantons Luzern, 2005.<br />

– Büeler Xaver, Buholzer Alois, Roos Markus (Hrsg.), «Schulen mit <strong>Profil</strong>». Forschungsergebnisse. Brennpunkte.<br />

<strong>Zukunft</strong>sperspektiven, Stu<strong>die</strong>nverlag, Innsbruck, 2005.<br />

– Senn Paul, Geme<strong>in</strong>demanagement. Ganzheitlich <strong>in</strong>tegrierter Ansatz unter Berücksichtigung der New Public<br />

Management (NPM) Philosophie, Luzerner Beiträge zur Geme<strong>in</strong>de Entwicklung und zum Geme<strong>in</strong>de Management.<br />

Verlag IBR HWV Luzern 1997, Bd.4.<br />

zum Kapitel 5<br />

– «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>». Die 5 Entwicklungsziele der Volksschule, Dienststelle Volksschulbildung des Kantons<br />

Luzern, 2006, https://volksschulbildung.lu.ch/-/media/Volksschulbildung/Dokumente/entwicklung/schulen_mit_<br />

zukunft /5_ziele_nachdruck.pdf?la=de-CH (abgerufen am 16. November 2020).<br />

– «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>». Elementare Bildung, elementar fürs Leben. Impulse zur Diskussion, Dienststelle Volksschulbildung<br />

des Kantons Luzern, 2006.<br />

– «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>». Schul- und familienergänzende Betreuung. Orientierungs- und Umsetzungshilfe, Dienststelle<br />

Volksschulbildung des Kantons Luzern, 2. revi<strong>die</strong>rte Fassung 2009, https://volksschulbildung.lu.ch/-/media/<br />

Volksschulbildung/Dokumente/unterricht_organisation/planen_organisieren/tagestrukturen/broschuere_fam_<br />

erg_tagesstrukturen.pdf?la=de-CH (abgerufen am 16. November 2020).<br />

– «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>». Überfachliche Kompetenzen. Umsetzungshilfe, Dienststelle Volksschulbildung des Kantons<br />

Luzern, 2009, https://volksschulbildung.lu.ch/-/media/Volksschulbildung/Dokumente/entwicklung/schulen_mit_<br />

zukunft/downloadueberfkomp.pdf?la=de-CH (abgerufen am 16. November 2020).<br />

– «Schulen mit <strong>Zukunft</strong>». Dem Lernen Raum geben. Lern- und Lebensraum bauen. Pädagogische Planungshilfe.<br />

Dienststelle Volksschulbildung des Kantons Luzern, 2013.<br />

132


16. H<strong>in</strong>weise auf Publikationen<br />

zum Kapitel 7<br />

– Interkantonale Vere<strong>in</strong>barung über <strong>die</strong> Zusammenarbeit im Bereich der Sonderpädagogik. Kommentar zu den<br />

e<strong>in</strong>zelnen Bestimmungen vom 25. Oktober 2007, Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren<br />

(EDK), https://edudoc.educa.ch/static/web/arbeiten/sonderpaed/kommentar_d.pdf (abgerufen am 16. November 2020).<br />

– Kantonales Konzept für <strong>die</strong> Sonderschulung 2012, Dienststelle Volksschulbildung des Kantons Luzern,<br />

7. September 2012, https://volksschulbildung.lu.ch/-/media/Volksschulbildung/Dokumente/unterricht_<br />

organisation/sonderschulung/rahmen_umsetzung/kt_konzept_sonderschlung.pdf?la=de-CH (abgerufen am<br />

16. November 2020).<br />

– Kantonales Konzept für <strong>die</strong> Sonderschulung 2020, Dienststelle Volksschulbildung des Kantons Luzern, 30. Juni<br />

2020, https://volksschulbildung.lu.ch/-/media/Volksschulbildung/Dokumente/unterricht_organisation/<br />

sonderschulung/rahmen_umsetzung/kt_konzept_sonderschlung_2020.pdf?la=de-CH (abgerufen am<br />

16. November 2020).<br />

zum Kapitel 8<br />

– Botschaft des Regierungsrates an den Grossen Rat (B 110) über <strong>die</strong> Änderung des Erziehungsgesetzes, Luzern,<br />

23. August 1982.<br />

zum Kapitel 9<br />

– Qualitätsmanagement der Volksschulen, Dienststelle Volksschulbildung des Kantons Luzern, 2015 (<strong>in</strong>kl. Vorgängerversionen),<br />

https://volksschulbildung.lu.ch/-/media/Volksschulbildung/Dokumente/unterricht_organisation/<br />

qualitaetsmanagement/qualitaetsmanagement_vs.pdf?la=de-CH (abgerufen am 16. November 2020).<br />

– Orientierungsrahmen Schulqualität, Dienststelle Volksschulbildung des Kantons Luzern, 2015 (<strong>in</strong>kl. Vorgängerversionen),<br />

https://volksschulbildung.lu.ch/-/media/Volksschulbildung/Dokumente/unterricht_organisation/<br />

qualitaetsmanagement/orientierungsrahmen_schulqualitaet.pdf?la=de-CH (abgerufen am 16. November 2020).<br />

– 8 plus 2 Merkmale von kompetenzorientiertem Unterricht. Qualitätskriterien, Dienststelle Volksschulbildung des<br />

Kantons Luzern, 2020 https://volksschulbildung.lu.ch/-/media/Volksschulbildung/Dokumente/unterricht_<br />

organisation/qualitaetsmanagement/qm_qualikriterien_kompetenzorient_unterricht.pdf?la=de-CH (abgerufen am<br />

16. November 2020).<br />

– «Schulen mit <strong>Profil</strong>». Schulpflege. Stellung und Aufgaben, Orientierungshilfe Nr. 8, Erziehungs- und Kulturdepartement<br />

des Kantons Luzern, 1999.<br />

– «Schulen mit <strong>Profil</strong>». Interne Evaluation an der Volksschule, Orientierungshilfe Nr. 10. Umsetzungshilfe, Bildungsplanung<br />

Zentralschweiz, 2003.<br />

133


16. H<strong>in</strong>weise auf Publikationen<br />

zum Kapitel 10<br />

– Botschaft des Regierungsrates an den Grossen Rat (B 105) zum Entwurf e<strong>in</strong>er Totalrevision des Erziehungsgesetzes,<br />

Luzern, 21. November 1997.<br />

– Botschaft des Regierungsrates an den Kantonsrat (B 45) zum Entwurf e<strong>in</strong>er Änderung des Gesetzes über <strong>die</strong><br />

Volksschulbildung, Luzern, 25. Januar 2008, https://www.lu.ch/downloads/lu/kr/botschaften/2007-2011/b_045.pdf<br />

(abgerufen am 16. November 2020).<br />

– Botschaft des Regierungsrates an den Kantonsrat (B 164) zum Entwurf e<strong>in</strong>er Änderung des Gesetzes über <strong>die</strong><br />

Volksschulbildung, Luzern, 18. Juni 2010, https://www.lu.ch/downloads/lu/kr/botschaften/2007-2011/b_164.pdf<br />

(abgerufen am 16. November 2020).<br />

– Botschaft des Regierungsrates an den Kantonsrat (B 17) zum Entwurf e<strong>in</strong>er Änderung des Gesetzes über <strong>die</strong><br />

Volksschulbildung, Luzern, 13. Oktober 2015, https://www.lu.ch/downloads/lu/kr/botschaften/2015-2019/b_017.pdf<br />

(abgerufen am 16. November 2020).<br />

– Botschaft des Regierungsrates an den Kantonsrat (B 145) Aufgaben und F<strong>in</strong>anzreform 18, Entwurf Mantelerlass<br />

AFR18, Luzern, 16. Oktober 2018, https://www.lu.ch/-/klu/ris/cdws/document?fileid=b2cd13453eea445ea-<br />

0f50a0c56739718 (abgerufen am 16. November 2020).<br />

– Vernehmlassungsbotschaft Neuberechnung der Kantonsbeiträge und Weiterentwicklungen im Volksschulbereich,<br />

Erläuterungen zum Vernehmlassungsentwurf, Luzern, 16. Juni 2020.<br />

zum Kapitel 11<br />

– Botschaft des Regierungsrates an den Grossen Rat (B 72) zum Entwurf e<strong>in</strong>es neuen Gesetzes über das öffentlichrechtliche<br />

Dienstverhältnis (Personalgesetz), Luzern, 19. September 2000, https://www.lu.ch/downloads/lu/kr/<br />

botschaften/1999-2003/pdf/botschaften/b_072.pdf (abgerufen am 16. November 2020).<br />

– Botschaft des Regierungsrates an den Grossen Rat (B 74) zum Entwurf e<strong>in</strong>er Besoldungsordnung für <strong>die</strong> Lehrpersonen<br />

und <strong>die</strong> Fachpersonen der schulischen Dienste, Luzern, 23. November 2004, https://www.lu.ch/downloads/<br />

lu/kr/botschaften/2003-2007/pdf_2003/botschaften_2003/b_074.pdf (abgerufen am 16. November 2020).<br />

– Interkantonale Vere<strong>in</strong>barung über <strong>die</strong> Harmonisierung der obligatorischen Schule (HarmoS-Konkordat) Bericht zur<br />

Vernehmlassung (16. Februar 2006 bis 30. November 2006), Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren<br />

(EDK), Bern, 2006.<br />

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