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Nr. 78 - Frühling 2021

Hauts-de-France: musikalische Waldbäder Loire-Tal: im Reich der Blumenkönigin Burgund: ein essbarer Wald Nouvelle-Aquitaine: der Nabel der Welt Provence: die 27100 Jahre alte Hand eines Künstlers Alexandre Dumas: Wie der Vater, der Sohn Chantals Rezept: Crème catalane Produkt: Le parapluie de Cherbourg

Hauts-de-France: musikalische Waldbäder
Loire-Tal: im Reich der Blumenkönigin
Burgund: ein essbarer Wald
Nouvelle-Aquitaine: der Nabel der Welt
Provence: die 27100 Jahre alte Hand eines Künstlers
Alexandre Dumas: Wie der Vater, der Sohn
Chantals Rezept: Crème catalane
Produkt: Le parapluie de Cherbourg

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DAS UNABHÄNGIGE FRANKREICH-MAGAZIN <strong>Nr</strong>. <strong>78</strong> · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong><br />

HAUTS-DE-FRANCE · LOIRE-TAL · BURGUND · NOUVELLE-AQUITAINE · PROVENCE<br />

Hauts-de-France<br />

Musikalische Waldbäder und ein Einhorn<br />

Loire-Tal<br />

Im Reich der Blumenkönigin<br />

Nouvelle-Aquitaine<br />

Der Nabel der Welt<br />

Provence<br />

Die 27100 Jahre alte<br />

Hand eines Künstlers<br />

Burgund<br />

Ein essbarer Wald<br />

Wirtschaft Wenn Deutschland Frankreich erobert<br />

Rezept Crème catalane<br />

Produkt Le parapluie de Cherbourg<br />

www.frankreicherleben.de<br />

Deutschland 5,90 €<br />

Österreich 6,50 €<br />

Schweiz 10,90 CHF<br />

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EDITORIAL<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber Leser,<br />

seit ungefähr einem Jahr unterliegt<br />

unser Alltagsleben vielen Zwängen,<br />

ist eingeschränkt, unruhig und<br />

manchmal leider auch einsam. Da<br />

ist es umso erfreulicher, dass wir uns auf diesem Weg<br />

regelmäßig begegnen! Ob Leser oder Redakteure, alle,<br />

die dieses Magazin in Händen halten, verbindet die<br />

gemeinsame Lust, ja das Bedürfnis, sobald wie<br />

möglich wieder ungehindert durch Frankreich<br />

zu reisen, durch das Land, das wir lieben.<br />

Frankreich fehlt uns und zweifellos fehlen<br />

wir Frankreich ebenfalls. Trotz aller Wirren<br />

ist Frankreich mehr denn je ein lebendiges<br />

Land, voller Optimismus und Ideen,<br />

ein Land, das uns wie eh und je<br />

erstaunt und begeistert. Genau aus<br />

diesem Grund wollen wir in dieser<br />

<strong>Frühling</strong>sausgabe den Schwerpunkt<br />

auf die natürliche und großzügige<br />

Seite von Frankreich legen, auf<br />

überraschende Initiativen, auf<br />

Menschen, die das Leben<br />

manchmal von der leichten<br />

Seite nehmen, manchmal<br />

auch ein wenig verrückt, vor allem<br />

aber zuversichtlich sind.<br />

Trotz der derzeitig gedrückten Stimmung<br />

und vieler Hürden haben wir uns auch in<br />

den vergangenen Monaten aufgemacht, um<br />

Franzosen voller Optimismus zu treffen.<br />

Menschen, die eine Passion und den Kopf<br />

voller Ideen und Projekte haben, die<br />

mehr denn je an die Zukunft<br />

glauben.<br />

Wie<br />

immer laden<br />

wir Sie ein<br />

auf eine Reise<br />

durch ein positives<br />

und kreatives Frankreich,<br />

das, so hoffen wir zumindest,<br />

guttut: in die Region Hauts-de-France, wo<br />

Wald und Musik uns bei einem « etwas anderen »<br />

Festival neue Kraft schöpfen lassen; in das Pays de la<br />

Loire, wo uns die unzähligen Farben und der dezente<br />

Duft von Millionen von Rosen zur Ruhe kommen lassen;<br />

in das poetische Dorf Pougne-Hérisson in der Region<br />

Nouvelle-Aquitaine, das sich selbst als « Nabel der<br />

Welt » bezeichnet und wo wir uns wieder auf unsere<br />

kindliche Seele besinnen; nach Burgund, wo ein<br />

junger Naturbegeisterter vor einigen Jahren das<br />

vielversprechende Konzept eines Waldgartens<br />

in die Praxis umgesetzt hat und uns damit<br />

nachdenklich stimmt; und schließlich in<br />

den Süden Frankreichs, in die bekannten<br />

Calanques zwischen Cassis und Marseille,<br />

wo in einer fantastischen Höhle<br />

eine der unglaublichsten historischen<br />

Entdeckungen der letzten Jahre gemacht<br />

wurde, die nun in ein kulturelles<br />

und touristisches Projekt umgesetzt wird …<br />

Mehr denn je werden Sie beim Lesen dieser<br />

Ausgabe feststellen, wie reizvoll Frankreich<br />

ist und wie viel Zuversicht in den Franzosen<br />

steckt. Dennoch wollen wir nicht<br />

blauäugig sein und dürfen trotz aller Träume<br />

nicht die Augen vor der Realität verschließen.<br />

Sie werden erfahren, dass wieder einmal ein<br />

Comic auf ein reales gesellschaftliches Problem<br />

aufmerksam macht. Auch das ist Frankreich.<br />

Viel Spaß beim Lesen, und bleiben Sie gesund!<br />

Titelbild: Als wir für die Ausgabe 75 von Frankreich erleben die Reportage<br />

über das Weingut, Kunst- und Architekturzentrum Château La<br />

Coste, bei Aix-en-Provence (Bouches-du-Rhône), realisierten,<br />

stach uns dieser Weg ins Auge. Er ist Teil des Werkes Wild Time<br />

Flowers von Tatsuo Miyajima. Für die vorliegende Ausgabe, die<br />

aufmunternd, positiv und hoffnungsvoll sein soll, erschien uns<br />

dieses Foto für die Titelseite besonders gut geeignet.<br />

Jean-Charles Albert<br />

Chefredakteur<br />

jc.albert@frankreicherleben.de<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 3


INHALT<br />

Grotte<br />

Cosquer · 68<br />

Compiègne · 24<br />

Alexandre<br />

Dumas · 84<br />

Diconne · 56<br />

Pougne-Hérrisson · 46<br />

Rezept · 92<br />

Doué-en-Anjou · 36<br />

Comic · <strong>78</strong>


Rennes<br />

Nantes<br />

Bordeaux<br />

Lille<br />

Rouen 24 · Compiègne<br />

PARIS<br />

Straßburg<br />

<strong>78</strong> · Bure<br />

Tours<br />

36 · Doué-en-Anjou<br />

46 · Pougne-Hérisson<br />

Dijon<br />

56 · Diconne<br />

Lyon<br />

Montpellier<br />

Toulouse<br />

Marseille<br />

68 · Grotte Cosquer<br />

Frankreich heute<br />

66 Wirtschaft<br />

Discounter: Wenn Deutschland Frankreich erobert<br />

Zwei Drittel der Franzosen kaufen ihre Lebensmittel in Super- oder<br />

Verbrauchermärkten. Diese Konsumtempel entstanden in Frankreich<br />

in den 60er-Jahren nach amerikanischem Vorbild; inzwischen<br />

werden dort Jahr für Jahr rund 110 Milliarden Euro umgesetzt. Auf<br />

dem lukrativen Markt breiten sich immer mehr ausländische Handelsketten<br />

aus, allen voran die deutschen Discounter Aldi und Lidl.<br />

68 Kulturerbe<br />

Grotte Cosquer – Unglaubliche Höhlenmalereien<br />

in den Calanques von Marseille<br />

In den Calanques zwischen Marseille und Cassis wurden in einer<br />

Höhle unter Wasser prähistorische Höhlenmalereien entdeckt.<br />

Ihr Entdecker, Henri Cosquer, musste zunächst zwar allerlei Spott<br />

ertragen, doch inzwischen ist die Authentizität des Fundes bestätigt.<br />

Da Experten aufgrund der Klimaerwärmung früher oder später mit<br />

einer Überschwemmung dieses wertvollen Schatzes rechnen, wird<br />

in Marseille – nach dem Vorbild von Lascaux 2 und Chauvet 2 – eine<br />

exakte Nachbildung erstellt, die ab 2022 besichtigt werden kann.<br />

Art de vivre<br />

Unterwegs in Frankreich<br />

24 Compiègne<br />

Musikalische Waldbäder und ein Einhorn<br />

Seit fast 30 Jahren treffen sich Liebhaber klassischer und<br />

zeitgenössischer Musik jeden Sommer in der Nähe von<br />

Compiègne (Oise), um etwas nicht Alltägliches zu erleben.<br />

Konzerte mitten im Wald, « Musikspaziergänge » und sogar<br />

« musikalische Waldbäder » bieten dem Publikum Eindrücke<br />

der besonderen Art und sind eine Einladung zum Auftanken.<br />

36 Doué-en-Anjou<br />

Im Reich der Blumenkönigin<br />

Das Dorf Doué-en-Anjou zwischen Saumur und Angers besitzt<br />

ein erstaunliches Labyrinth mit Stollen und Höhlen, die wir<br />

Ihnen 2018 bereits vorstellten. Heute laden wir Sie noch<br />

einmal ein, mit uns das Dorf zu besuchen, da es – obwohl<br />

das relativ unbekannt ist – die französische Hauptstadt<br />

der « Königin des Gartens » ist: die Hauptstadt der Rose.<br />

46 Pougne-Hérisson<br />

Der Nabel der Welt<br />

Pougne-Hérisson ist ein einzigartiges französisches<br />

Dorf, ein humorvoll selbst ernannter « Nabel der Welt »,<br />

ein Ort mit Lebenskünstlern, die gerne träumen und<br />

manchmal auch ein bisschen verrückt sind. Fast alles in<br />

diesem Ort ist unerwartet und unkonventionell, mysteriös<br />

und voller Poesie. Fröhlichkeit und Lachen sind hier an<br />

der Tagesordnung, man lässt seiner Vorstellungskraft<br />

freien Lauf – das gilt auch für kleine und große Besucher.<br />

Pougne-Hérisson ist also ein Ort, der enorm guttut!<br />

56 Diconne<br />

Ein « essbarer » Wald<br />

2010 beschloss der gelernte Krankenpfleger Fabrice Desjours<br />

zwischen Chalon-sur-Saône und Lons-le-Saunier,<br />

ein Konzept zu testen, das ihn bei Reisen in tropische<br />

Länder fasziniert hatte: Er legte einen « Waldgarten » an.<br />

Elf Jahre später ist dieser Wald üppig gewachsen und<br />

enthält mehr als tausend Arten essbarer Pflanzen.<br />

<strong>78</strong> Der Comic, ein eigenständiges Medium in<br />

Frankreich (4):<br />

Cent mille ans: Bure ou le scandale<br />

enfoui des déchets nucléaires<br />

Wie bereits der Comic über den Skandal der Grünalgen in der<br />

Bretagne (siehe Frankreich erleben <strong>Nr</strong>. 72) basiert auch dieser Comic<br />

auf belegten Tatsachen. Er fordert zum Nachdenken über eines der<br />

größten Industrieprojekte Europas auf: ein riesiges Endlager mit 265<br />

Kilometer langen unterirdischen Stollen, in denen radioaktive Abfälle<br />

des Hexagons für die nächsten 100 000 Jahre gelagert werden sollen.<br />

84 Ungewöhnliche Geschichten aus Frankreich<br />

Alexandre Dumas: Wie der Vater, so der Sohn<br />

Alexandre Dumas (1802-1870) ist einer der meistgelesenen<br />

französischen Schriftsteller, sein Roman Die drei Musketiere<br />

wurde in unzählige Sprachen übersetzt und machte den Namen<br />

des Autors auf der ganzen Welt bekannt. Weniger bekannt<br />

ist dagegen, dass der talentierte Autor einen Sohn hatte, der<br />

ebenfalls Alexandre Dumas hieß. Die Geschichte einer ungewöhnlichen<br />

Vater-Sohn-Beziehung mit vielen Verwicklungen …<br />

92 Chantals Rezept<br />

Crème catalane<br />

94 Produkt<br />

Parapluie de Cherbourg<br />

Im Gegensatz zu den meisten « legendären » Produkten, die wir in dieser<br />

Rubrik bereits vorgestellt haben, ist der Parapluie de Cherbourg<br />

aufgrund seines Preises nicht in allen französischen Haushalten präsent.<br />

Dennoch hat er zweifellos einen Platz im Herzen der Franzosen.<br />

3 Editorial<br />

6 On en parle<br />

12 On lit<br />

14 On lit en France<br />

18 On regarde<br />

20 On surfe<br />

22 On écoute<br />

87 Leserbriefe<br />

88 Nach bestellungen<br />

96 Guéwen a testé<br />

98 Impressum<br />

98 Vorschau<br />

Frankreich erleben im Internet:<br />

www.frankreicherleben.de


ON EN PARLE<br />

ERÖFFNUNG<br />

Hôtel de la Marine für die Öffentlichkeit zugänglich<br />

Das Hôtel de la Marine ist eines der schönsten Gebäude von<br />

Paris. Es beherbergte zunächst die ehemalige Garde-meuble<br />

de la Couronne, die Vorgängerin des französischen Mobilier<br />

National (eine öffentliche Einrichtung, deren Aufgabe es ist,<br />

Einrichtungsgegenstände aus königlichen Gemächern und<br />

offiziellen Palästen zu restaurieren und aufzubewahren),<br />

später dann das Marineministerium. Das Gebäude ist<br />

zugleich Zeitzeuge der Wandlung Frankreichs vom Königtum<br />

bis in unsere Zeit. Nach dem Auszug des Marineministeriums<br />

und langen Renovierungsarbeiten, wird es im Frühjahr <strong>2021</strong><br />

wieder für die Öffentlichkeit zugänglich sein, das genaue<br />

Eröffnungsdatum ist jedoch von der Entwicklung der<br />

Coronapandemie abhängig. Neben der Möglichkeit, dieses<br />

symbolträchtige Monument der französischen Geschichte<br />

am Place de la Concorde zukünftig besichtigen zu können,<br />

sollen Geschäfte, Buchhandlungen, ein Restaurant, ein Café<br />

und verschiedene Dienstleister den Ort so bald wie möglich<br />

wieder mit Leben erfüllen.<br />

UMWELT<br />

In Paris werden Mikrowälder gepflanzt<br />

Im Kampf gegen die Klimaerwärmung hat die französische Hauptstadt<br />

beschlossen, bis 2026 im öffentlichen Raum mehr als 170 000 Bäume<br />

zu pflanzen. Dieses Projekt greift ein von der japanischen Botanikerin<br />

Akira Miyawaki entwickeltes Vorgehen auf, bei dem kleine urbane<br />

Flächen dicht bepflanzt werden, um dadurch Oasen der Biodiversität<br />

zu schaffen. Wissenschaftlern zufolge führt diese Pflanztechnik<br />

gegenüber einer klassischen Bepflanzung, bei der die Pflanzen weiter<br />

auseinanderstehen, zu einer bis zu 100-mal höheren Biodiversität.<br />

Dabei sollte man jeweils drei bis vier Exemplare pro Quadratmeter<br />

pflanzen und Arten wählen, die in der jeweiligen Region heimisch<br />

sind. Innerhalb von nur drei Jahren entsteht auf diese Weise<br />

ein mehrere Meter hoher « autonomer Wald », der eine kühle<br />

Insel in der Stadt darstellt. In Paris scheint dies in der Tat zu<br />

funktionieren: 2018 wurde eine erste Parzelle mit einer Fläche<br />

von 400 m² in der Nähe der Porte de Montreuil, an der Pariser<br />

Ringautobahn, bepflanzt, und der Wald ist bereits gewachsen.<br />

6 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


TOUR DE FRANCE<br />

Strecke der Tour <strong>2021</strong> vorgestellt<br />

BRETAGNE<br />

Tour Start<br />

Landernau<br />

Brest<br />

Samstag, 26. Juni<br />

Lorient<br />

Perros-Guirec<br />

Mûr-de<br />

Bretagne<br />

Montag,<br />

28. Juni<br />

Sonntag, 27. Juni<br />

Pontivy<br />

Fougères<br />

Dienstag,<br />

29. Juni<br />

Redon<br />

Changé<br />

Mittwoch, 30. Juni<br />

Laval<br />

Espace Mayenne<br />

Tours<br />

Chatou<br />

Vierzon<br />

Sonntag, 18. Juli<br />

PARIS<br />

Champs-Élysées<br />

Freitag,<br />

2. Juli<br />

Donnerstag,<br />

1. Juli<br />

Châteauroux<br />

Le Creusot<br />

Libourne<br />

Samstag,<br />

17. Juli<br />

Saint-Émilion<br />

Valence<br />

Oyonnax<br />

Samstag, 3. Juli<br />

Le Grand-Bornand<br />

Albertville<br />

Dienstag,<br />

6. Juli<br />

Cluses<br />

Sonntag, 4. Juli<br />

Tignes<br />

Ruhetag<br />

Montag, 5. Juli<br />

Freitag,<br />

16. Juli<br />

Saint-Paul-Trois-Châteaux<br />

Donnerstag, 8. Juli<br />

Malaucéne<br />

Mourenx<br />

Donnerstag, 15. Juli<br />

Pau<br />

Luz Ardiden<br />

Saint-Lary-Soulan<br />

Col du Portet<br />

Mittwoch,<br />

14. Juli<br />

Andorre-La-Vieille<br />

Muret<br />

Saint-Gaudens<br />

Sonntag, 11. Juli<br />

Dienstag, 13. Juli<br />

Carcassonne<br />

Quillan<br />

Samstag, 10. Juli<br />

Pas De La Case<br />

Ruhetag<br />

Montag, 12. Juli<br />

Freitag,<br />

9. Juli<br />

Céret<br />

Nîmes<br />

Sorgues<br />

Mittwoch, 7. Juli<br />

Beim Gedanken an dieses beliebte<br />

sportliche Großereignis kommt Freude auf:<br />

Die 108. Ausgabe der Tour de France wird<br />

voraussichtlich am 26. Juni <strong>2021</strong> in Brest starten<br />

und am 18. Juli <strong>2021</strong> auf den Champs-Élysées<br />

enden. In diesem Jahr wartet eine Strecke<br />

von insgesamt 3383 km auf die Radfahrer.<br />

Geplant sind sechs Bergetappen – davon drei<br />

Bergankünfte –, sechs hügelige Etappen, acht<br />

Flachetappen, zwei Einzelzeitfahren und zwei<br />

Ruhetage. Die Tour <strong>2021</strong> durchfährt neun<br />

Regionen und 31 Departements, wobei 10<br />

Gemeinden zum ersten Mal Etappenorte bei<br />

der Tour de France sind: Landerneau (Finistère),<br />

Pontivy (Morbihan), Changé (Mayenne), Vierzon<br />

(Cher), Sorgues (Vaucluse), Malaucène (Vaucluse),<br />

Quillan (Aude), Céret (Pyrénées-Orientales), Pas<br />

de la Case (Andorra) und Chatou (Yvelines).<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 7


ON EN PARLE<br />

AQUARIUM<br />

Das ehemalige Aquarium von<br />

Canet-en-Roussillon heißt nun Oniria<br />

KULTURERBE<br />

Archäologische Funde in Ajaccio<br />

In der südkorsischen Stadt Ajaccio förderten Ausgrabungen zwischen<br />

dem Cours Napoléon und dem Viertel Saint-Jean vor rund 10 Jahren ein<br />

großes, einwandfrei erhaltenes Taufbecken zutage. Es stammt aus der<br />

sogenannten « frühchristlichen » Zeit (Ende 2. bis Anfang 4. Jahrhundert).<br />

Um dieses Taufbecken zu schützen, es aber dennoch ins rechte Licht<br />

zu setzen und für das Publikum zugänglich zu machen, wurden nun<br />

Arbeiten für den Bau eines Antiquariums – nach dem Vorbild dessen in<br />

Sevilla – begonnen. Der archäologische Fund soll durch eine Überdachung<br />

abgeschirmt werden, die aus dem Gestein des Mont Gozzi realisiert wird,<br />

einem Berg in der Nähe von Ajaccio. Diese « mineralische Note » wird den<br />

Eindruck erwecken, dass die Überdachung direkt aus dem Boden über<br />

dem Taufbecken entnommen wurde und auf diese Weise die antiken<br />

Überreste besser in Szene setzen. Eine gewölbte Glashülle schützt die<br />

archäologische Stätte, die dadurch sowohl tagsüber als auch nachts von<br />

allen Seiten gut betrachtet werden kann. Die Arbeiten sollen im Frühjahr<br />

2022 beendet sein.<br />

In Canet-en-Roussillon (Pyrénées-Orientales)<br />

fand ein großer und besonderer Umzug statt:<br />

Zwei Wochen lang arbeiteten städtische<br />

Mitarbeiter und speziell für diese Aufgabe<br />

beauftragte Spezialisten unermüdlich, um mehr<br />

als 1000 Individuen (350 Spezies) umzuziehen. Es<br />

war ein bewegendes und historisches Ereignis,<br />

das durch den geplanten Abriss des ehemaligen<br />

Aquariums aus dem Jahr 1983 notwendig<br />

geworden war. Dieses befand sich in einer in<br />

den Sechzigerjahren errichteten Fischfabrik. Das<br />

neue, innovative Aquarium der Stadt trägt den<br />

Namen « Oniria » und ist sowohl aufgrund seiner<br />

Größe als auch seiner Konzeption faszinierend.<br />

Wir werden anlässlich der Einweihung in den<br />

kommenden Monaten noch näher darauf<br />

eingehen. Tropische Fische, Mittelmeerfische,<br />

Korallen und Wirbellose haben mittlerweile alle<br />

Platz in ihrem neuen Zuhause gefunden. Der<br />

Bestand wird demnächst noch erweitert und soll<br />

am Ende rund 3500 Individuen aus 660 Spezies<br />

präsentieren!<br />

Informationen: www.oniria.fr<br />

GRENZEN<br />

Kampf auf dem Eis zwischen Frankreich und Italien<br />

Diese Angelegenheit ist zwar nicht sehr bekannt, sie entbehrt jedoch nicht einer gewissen Originalität: Seit mehr<br />

als 150 Jahren streiten sich Franzosen und Italiener darüber, wo die französisch-italienische Grenze auf dem<br />

« Dach Europas », also auf dem Mont Blanc, genau verläuft. Nun haben neue Entwicklungen die Spannungen noch<br />

verstärkt: Im Oktober 2020 erließ der Präfekt des Departements Haute-Savoie eine Verordnung, durch die auf dem<br />

Mont Blanc eine 32 km 2 große Schutzzone definiert wurde. Das Problem: Diese Zone betrifft drei umstrittene<br />

Gebiete – den Mont Blanc selbst, den Dôme du Goûter und den Glacier du Géant – die Italien als zum<br />

eigenen Staatsgebiet zugehörig betrachtet. Die italienischen Abgeordneten reagierten auch sofort,<br />

der Vorgang befindet sich nun auf den höchsten Verwaltungsebenen beider Länder.<br />

Die Zukunft wird zeigen, ob sich am Ende die Regierungschefs noch selbst um die<br />

Regelung dieser Angelegenheit kümmern müssen. Wir bleiben auf jeden Fall am<br />

Ball und halten Sie auf dem Laufenden.<br />

8 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


LANDSCHAFT<br />

Le Nôtres Allée royale zum Schloss Versailles wird auferstehen<br />

Der Begründer der Gärten von Versailles, André le Nôtre<br />

(1613-1700), hatte 1680 eine Hauptachse konzipiert, von<br />

der aus man einen grandiosen Blick auf das Schloss von<br />

Versailles hatte. Diese Allée royale war zuzeiten Ludwigs<br />

XIV. (1643-1715) 97 m breit, 5 km lang und mit einer<br />

doppelten Reihe Ulmen bepflanzt. Seit 2008 wurden große<br />

Grundstücksflächen zurückgekauft und umfangreiche<br />

Arbeiten und Pflanzungen vorgenommen, um diese<br />

Allee wiederauferstehen zu lassen. Sie soll zu einem Ort<br />

für Spaziergänger und Radfahrer werden und bis zu den<br />

Olympischen Sommerspielen 2024 in Paris fertiggestellt sein.<br />

ENERGIE<br />

RENOVIERUNG<br />

Centre Pompidou in Paris schließt für drei Jahre<br />

Das 1977 eröffnete Centre Pompidou<br />

gehört zwar zu den wichtigsten<br />

Museen für zeitgenössische<br />

Kunst, ist jedoch inzwischen in<br />

die Jahre gekommen. Bereits seit<br />

Jahren hat sich die Renovierung<br />

als unvermeidlich abgezeichnet,<br />

da Stahlträger rosten und eine<br />

vollständige Asbestsanierung des<br />

Gebäudes durchgeführt werden<br />

muss. Ende Januar entschied nun<br />

die französische Kulturministerin,<br />

Roselyne Bachelot, dass das Museum<br />

aus diesem Grund von Ende 2023 bis<br />

Anfang 2027 seine Türen schließen<br />

wird.<br />

Ein neuer Windpark vor der Küste<br />

der Normandie<br />

Der französische Staat hat den Bau des 8.<br />

Offshore-Windparks vor der Küste des Cotentin<br />

angekündigt. Die Zone, in der der Windpark<br />

gebaut werden soll, befindet sich mehr als 32 km<br />

von der Küste entfernt. Gebiete in<br />

französischen Hoheitsgewässern waren<br />

zuvor ausgeschlossen worden. Im<br />

betroffenen Gebiet findet laut<br />

Regierung nur eine geringe<br />

Fischereitätigkeit statt, und die<br />

Probleme für die Artenvielfalt<br />

sind überschaubar. Die Energie,<br />

die der Park produzieren wird,<br />

soll ausreichen, um 800 000<br />

Haushalte zu versorgen.<br />

Der Baubeginn ist für 2022<br />

vorgesehen.<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 9


ON EN PARLE<br />

KULTURERBE<br />

WIEDERERÖFFNUNG<br />

Museon Arlaten: nicht nur<br />

eine Wiedereröffnung, sondern<br />

eine Renaissance!<br />

1899 kreierte der provenzalische Dichter Frédéric<br />

Mistral (1830-1914) in Arles (Bouches-du-Rhône)<br />

das Museon Arlaten (wie das Musée arlésien<br />

auf provenzalisch bezeichnet wird). Es besitzt<br />

eine der bedeutendsten Sammlungen, die dem<br />

provenzalischen Leben gewidmet sind, und ist<br />

ein regelrechtes « Gedächtnis der Provence »,<br />

das sich sowohl mit der lokalen Lebensart und<br />

den Bräuchen als auch mit Arbeit und Kleidung<br />

in dieser Region beschäftigt. Das Museum ist in einem wunder schönen<br />

Stadt palais aus dem 16. Jahrhundert untergebracht, das wiederum auf<br />

den Überresten eines römischen Forums aus dem 1. Jahrhundert n. Chr.<br />

errichtet wurde. Vor 11 Jahren wurde es für kolossale Umbauarbeiten<br />

geschlossen. Vollständig renoviert und modernisiert wird es in Kürze seine<br />

Türen wieder öffnen, sobald die derzeitige Situation es erlaubt.<br />

Informationen: www.museonarlaten.fr<br />

Der Vulkan « Montagne<br />

Pelée » bald Teil des<br />

UNESCO-Weltkulturerbes?<br />

Schon vor langer Zeit unternahmen<br />

die Collectivité Territoriale Martinique<br />

und der Naturpark Martinique die<br />

notwendigen Formalitäten für die<br />

Aufnahme der Volcans et Forêts de la<br />

Montagne Pelée et des Pitons du nord<br />

de la Martinique als Weltkulturerbe<br />

der UNESCO. Die Anstrengungen<br />

sollen nun demnächst belohnt<br />

werden. Die Wälder dieses einmaligen<br />

Naturerbes erstrecken sich vom<br />

Meeresspiegel bis in eine Höhe von<br />

1400 Metern und gelten heute als<br />

einer der weltweiten Hotspots der<br />

Biodiversität; der Vulkan Pelée besitzt<br />

eine endemische Fauna und Flora von<br />

großer Bedeutung.<br />

TRANSPORTE<br />

Von Bordeaux nach Orly mit TGV … und Taxi!<br />

Im Kampf gegen die Klimaerwärmung sollen in Frankreich<br />

Inlandsflüge eingeschränkt werden, sofern das Ziel<br />

alternativ mit dem Zug in weniger als 2,5 Stunden erreicht<br />

werden kann. Im Juni 2020 kündigte Air France daher<br />

die Einstellung der Flugverbindung zwischen Bordeaux-<br />

Mérignac und Paris-Orly an, die bislang pro Jahr von<br />

rund 560 000 Passagieren genutzt wurde. Die Verbindung<br />

zwischen Bordeaux und Paris-Charles-de-Gaulle wurde<br />

dagegen aufrechterhalten, da für diese Strecke keine<br />

Zugverbindung in der vorgegebenen Zeit existiert. Für<br />

Passagiere, die ab Bordeaux nach Orly flogen, um dort<br />

einen Anschlussflug von Air France zu nehmen (zum<br />

Beispiel in die Überseedepartements) ergaben sich<br />

dadurch jedoch Probleme. Um hier Abhilfe zu schaffen,<br />

ging Air France eine nicht ganz alltägliche Partnerschaft mit<br />

der SNCF ein: Pro Tag gibt es nun fünf Züge vom Bahnhof<br />

Bordeaux Saint-Jean zum Bahnhof Massy TGV (5.59 Uhr, 8.04<br />

Uhr, 8.59 Uhr, 12.59 Uhr und 15.59 Uhr) sowie vier Züge in die<br />

Gegenrichtung (9.14 Uhr, 17.13 Uhr, 19.14 Uhr und 20.56 Uhr).<br />

Vom Bahnhof Massy TGV werden die Reisenden mit einem<br />

Taxi zum Flughafen Orly gebracht, wo sie dann ihr Gepäck<br />

einchecken. Die Fahrt von Massy bis Orly dauert (unter<br />

normalen Bedingungen) rund dreißig Minuten. Allerdings<br />

kommt es auf dieser Strecke oft zu Staus. Air France<br />

versichert daher, dass die Passagiere im Fall einer Verspätung<br />

kostenlos auf einen anderen Flug gebucht werden.<br />

Ganz aktuell: Kurz vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe<br />

hat Air France angekündigt, dass die Antillen (Pointe-à-Pitre<br />

auf Guadeloupe sowie Fort-de-France auf Martinique),<br />

Französisch-Guyana (Cayenne) und La Réunion (Saint-Denis)<br />

künftig nicht nur von Paris-Orly aus angeflogen werden,<br />

sondern dass es zusätzliche Verbindungen ab Paris-Charles<br />

de Gaulle geben wird. Insofern müssen Fluggäste aus<br />

Bordeaux nicht zwangsläufig nach Orly fahren.<br />

10 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


COMIC<br />

VERWALTUNG<br />

Die Elsässer haben<br />

eine « neue Region »<br />

2015 ging das Elsass in der neu<br />

geschaffenen Region Grand Est auf,<br />

was bei vielen Bewohnern großen<br />

Unmut hervorrief. Zum 1. Januar <strong>2021</strong> wurde<br />

nun mit der Zusammenlegung der beiden<br />

Departements Haut-Rhin und Bas-Rhin die<br />

Europäische Gebietskörperschaft Elsass neu<br />

geschaffen. Die beiden Departements existieren<br />

weiterhin als staatliche Verwaltungseinheiten,<br />

die neue Gebietskörperschaft ist auch keine<br />

neue französische Region. Sie hat jedoch<br />

erweiterte Kompetenzen (vor allem in Bezug auf<br />

die Zweisprachigkeit, die grenzüberschreitende<br />

Kooperation, Straßen und Tourismus) und trägt<br />

zum Identitätserhalt der « Widerständler » gegen<br />

die Region Grand Est bei.<br />

Asterix kehrt <strong>2021</strong> zurück!<br />

Eine gute Nachricht, über die sich kleine und<br />

große Asterix-Fans freuen werden: Der berühmte<br />

gallische Held aus einem der meistgelesenen<br />

Comics weltweit, der ursprünglich von René<br />

Goscinny und Albert Uderzo erdacht wurde,<br />

kehrt in diesem Jahr mit neuen Abenteuern<br />

zurück. Jean-Yves Ferri (Text) und Didier Conrad<br />

(Zeichnungen) waren anscheinend während<br />

der Ausgangsbeschränkungen kreativ! Die<br />

Vorbereitungen für dieses<br />

39. Album laufen, die<br />

weltweite Erscheinung<br />

ist für den 21. Oktober<br />

<strong>2021</strong> vorgesehen.<br />

Schnappschüsse –<br />

Thema französisches<br />

Chanson<br />

++ Erstmals fand ein<br />

Meinungsforschungsinstitut<br />

heraus, welches<br />

die 1000 beliebtesten<br />

französischsprachigen<br />

Chansons (aus den<br />

Jahren 1900 bis 2017)<br />

der Franzosen sind.<br />

Die Befragten – ein<br />

für die Bevölkerung<br />

repräsentatives Panel mit<br />

1000 Franzosen – konnten<br />

ihre Lieblingshits aus 3000<br />

Chansons auswählen.<br />

Die ersten fünf Plätze<br />

belegten zur allgemeinen<br />

Überraschung folgende<br />

Chansons: Ne me quitte<br />

pas (Jacques Brel), J’ai demandé à la lune (Indochine), Les<br />

lacs du Connemara (Michel Sardou), L’aigle noir (Barbara),<br />

Mistral Gagnant (Renaud). Neugierige erhalten viele weitere<br />

Informationen über die Rangliste und zur Geschichte<br />

der Chansons inklusive zahlreicher Anekdoten in einem<br />

Werk, das anlässlich dieser Umfrage veröffentlicht wurde<br />

(Thomas Pawlowski, Les 1000 chansons préférées des<br />

Français, Éditions Glénat, 372 Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-2344043516).<br />

++ Ein paar interessante statistische Daten wollen<br />

wir Ihnen in diesem Zusammenhang jedoch nicht<br />

vorenthalten. Von den 1000 Chansons<br />

werden 60 % von Frauen interpretiert und 40 % von<br />

Männern;<br />

werden 87, 8 % von Franzosen interpretiert, 4,7 % von<br />

Künstlern aus Quebec, 4,5 % von Belgiern, 2,1 % von<br />

« anderen » und 0,9 % von Monegassen;<br />

wurden 22,94 % in den 1980er-Jahren produziert, 17,81 %<br />

in den Neunzigern, 11,<strong>78</strong> % in den 2000er-Jahren und<br />

5,53 % zwischen 2010 und 2017;<br />

wurde Jean-Jacques Goldman unter den männlichen<br />

Künstlern mit 27 Titeln am häufigsten genannt, gefolgt<br />

von Johnny Hallyday (23 Titel) und Serge Gainsbourg (20<br />

Titel);<br />

wurden Mylène Farmer und France Gall unter den<br />

weiblichen Künstlern mit jeweils 17 Titeln am häufigsten<br />

genannt, gefolgt von Céline Dion (15 Titel).<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 11


ON LIT<br />

KRIMINALROMAN<br />

Die Toten vom Gare d’Austerlitz<br />

Chris Lloyd, Originaltitel: The unwanted dead, übersetzt<br />

von Andreas Heckmann, Suhrkamp, 472 Seiten, ISBN<br />

9<strong>78</strong>-3518471364. Erscheint am 13. April <strong>2021</strong>.<br />

AUTOBIOGRAFIE<br />

Mein Lachen und Weinen, wahre<br />

Geschichten aus meiner Kindheit<br />

Maryse Condé, Originaltitel: Le cœur à rire et à pleurer, übersetzt von<br />

Ingeborg Schmutte, Litradukt, 149 Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-3940435354.<br />

Maryse Condé, eine der wichtigsten französischsprachigen<br />

Autorinnen, wurde am 11. Februar 1937 in Pointe-à-Pitre<br />

auf Guadeloupe geboren. Sie lebte in Afrika, unter anderem<br />

in Mali, wo sie zu ihrem Bestseller Segu angeregt wurde.<br />

Anschließend promovierte sie an der Sorbonne und lehrte<br />

an der Columbia University in New York. 1993 wurde sie als<br />

erste Frau mit dem Puterbaugh-Preis ausgezeichnet, der<br />

in den Vereinigten Staaten an Schriftsteller französischer<br />

Sprache verliehen wird. 2018, in dem Jahr, in dem der<br />

reguläre Nobelpreis für Literatur nicht vergeben wurde,<br />

erhielt sie für ihr Gesamtwerk den alternativen Nobelpreis.<br />

Seit einigen Jahren lebt Maryse Condé im südfranzösischen<br />

Dorf Gordes. Nach der Geschichte ihrer Großmutter (Victoire)<br />

erscheinen nun auch die Kindheitserinnerungen von Maryse<br />

Condé auf Deutsch. Dieses Buch ist vermutlich eines der<br />

ergreifendsten und präzisesten Zeugnisse über das Leben<br />

in Guadeloupe in den 1950er-Jahren, die bisher geschrieben<br />

wurden. Es erzählt die Geschichte von Maryse, der jüngsten<br />

von zehn Geschwistern, die Mühe hat, ihren Platz in dieser<br />

großen Familie zu behaupten. Im Laufe der Jahre findet<br />

das junge Mädchen seine eigene Identität, auch wenn dies<br />

oftmals mit Kampf verbunden ist. Früh schon spürt Maryse<br />

das Bedürfnis zu schreiben, ihre Gedanken und Träume<br />

zu Papier zu bringen. Während ihrer jungen Jahre muss<br />

sie diesen Wunsch jedoch unterdrücken. Heute ist sie eine<br />

der besten Schriftstellerinnen für frankofone Literatur aus<br />

Guadeloupe.<br />

Freitag, 14. Juni 1940: An dem Tag, als die<br />

Nazis in Paris einmarschieren, werden am Gare<br />

d’Austerlitz vier Polen ermordet aufgefunden, ein<br />

weiterer begeht kurz darauf Selbstmord. Gegen<br />

alle Widerstände beginnt Inspecteur Éduard<br />

Giral zu recherchieren. Sehr bald mischen sich<br />

Wehrmacht, Gestapo und Geheime Feldpolizei in<br />

seine Ermittlungen ein, während im Hintergrund<br />

der geheimnisvolle und skrupellose Major<br />

Hochstetter von der Abwehr die Strippen zieht und<br />

sich mal als Gegenspieler, mal als Verbündeter<br />

gibt. Als unvermittelt Girals verlorener Sohn<br />

Jean-Luc auftaucht, der seinen Vater für einen<br />

Opportunisten und Feigling hält, muss der Ermittler<br />

multidimensionales Überlebensschach spielen, mal<br />

mit der einen, mal mit der anderen der beteiligten<br />

Gruppen (schein)paktieren, um seinen Sohn<br />

irgendwie aus der Schusslinie zu nehmen und um<br />

letztendlich seinen Job als Polizist zu machen<br />

und die Morde aufzuklären … Ein fesselnder<br />

Krimi, der durch zahlreiche Wendungen echte<br />

Spannung aufbaut. Darüber hinaus bietet er einen<br />

historisch gut belegten Blick auf das besetzte Paris.<br />

Interessant!<br />

12 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


ROMANBIOGRAFIE<br />

Madame Curie und die Kraft zu träumen<br />

Susanna Leonard, Ullstein, 400 Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-3548063867.<br />

Paris, 1891. Schon als Kind träumt Marie davon, eines Tages der Enge ihrer von Russland<br />

besetzten polnischen Heimat zu entfliehen. 20 Jahre später erfüllt sich dieser Traum: Marie darf<br />

an der Sorbonne studieren. Dafür musste sie hart kämpfen, denn eine Frau ist in der Welt der<br />

Wissenschaft nicht gern gesehen. Doch Marie weiß, was sie will. Trotz aller Anfeindungen stürzt<br />

sie sich in die Forschung – und ins Leben. Als sie dem charmanten Physiker Pierre Curie begegnet,<br />

ist ihr Glück perfekt. Pierre wird ihre große Liebe, eine Liebe, die ihresgleichen sucht. Mit Pierre<br />

erzielt sie bahnbrechende Erfolge. Doch der Preis dafür ist hoch, und Marie ahnt nicht, welche<br />

tragischen Schicksalsschläge das Leben noch für sie bereithält … Die Autorin, Susanna Leonard,<br />

wuchs in Karlsruhe und in Paris auf. Ihre Bewunderung für mutige Frauen und ihre Liebe zu Paris<br />

brachten sie auf die Idee, einen Roman über eine der bekanntesten Persönlichkeiten, die in Paris<br />

gewirkt haben, zu schreiben: Marie Curie. Mit der Veröffentlichung dieses Buches geht für die Autorin ein<br />

Herzenswunsch in Erfüllung.<br />

ROMAN<br />

Ich, Antoine<br />

Julie Estève, Originaltitel: Simple, übersetzt von Christian<br />

Kolb, Dtv, 224 Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-3423282710.<br />

Dieser Roman ist die Geschichte eines Ravi de la crèche, wie man<br />

in der Provence sagt, beziehungsweise eines Baoul auf Korsisch,<br />

denn auf dieser Insel spielt der Roman. Anders gesagt handelt es<br />

sich um einen « einfachen » Menschen – simple, wie der Titel der<br />

französischen Ausgabe –, grausamere Menschen würden vielleicht<br />

auch « Idiot » sagen. Normalerweise beachtet man so jemanden gar<br />

nicht. Es ist ein Antiheld par excellence. Die Autorin, Julie Estève,<br />

stellt jedoch gerade eine solche Person in den Mittelpunkt ihres<br />

wunderschönen und äußerst menschlichen zweiten Romans. Sie<br />

beginnt damit, dass sie demjenigen, den alle nur Baoul nennen,<br />

einen Namen gibt: Antoine. Und Antoine erlebt ein Drama: Er wird<br />

im Dorf zu Unrecht des Mordes an einem jungen Mädchen namens<br />

Florence beschuldigt. Es ist naheliegend, dass ihn das zutiefst<br />

erschüttert. Der Mann beginnt nun, ein seltsames Verhalten an den<br />

Tag zu legen: Er spricht mit Bäumen und<br />

sogar mit seinem Stuhl, den er immer<br />

mit sich trägt. Das reicht, damit die<br />

meisten Dorfbewohner ihn endgültig<br />

für verrückt halten. Doch Julie Estève<br />

zeigt uns gekonnt, dass diejenigen,<br />

die Antoine wirklich beobachten,<br />

einen zutiefst anziehenden Menschen<br />

entdecken, der das Opfer vieler<br />

Grausamkeiten ist. Ein erschütternder<br />

und gleichzeitig hoffnungsvoller<br />

Roman, der noch dazu eine<br />

humorvolle Seite hat. Sehr schönes<br />

Lesevergnügen!<br />

ROMAN - PRIX GONCOURT 2018<br />

Wie später<br />

ihre Kinder<br />

Nicolas Mathieu, Originaltitel:<br />

Leurs enfants après eux,<br />

übersetzt von Lena Müller<br />

und André Hansen, Piper<br />

Verlag, 448 Seiten, ISBN<br />

9<strong>78</strong>-3492315753. Erscheint<br />

am 6. April <strong>2021</strong>.<br />

August 1992. Ein Ort<br />

im Osten Frankreichs.<br />

Stillgelegte Industrie.<br />

Ein See, ein heißer Nachmittag. Anthony ist<br />

vierzehn Jahre alt. Gemeinsam mit seinem<br />

Cousin beschließt er aus Langeweile, ein Kanu<br />

zu stehlen, um zu einem geheimen Badestrand<br />

zu fahren. Es ist der Beginn der ersten Liebe und<br />

eines schicksalhaften Sommers – das Drama des<br />

Lebens nimmt seinen Lauf. Diesen Roman, der<br />

2018 in Frankreich erschien, stellten wir Ihnen in<br />

Frankreich erleben <strong>Nr</strong>. 69 vor. Er hat die Franzosen<br />

vor allem deshalb geprägt, weil er von einem oft<br />

unbekannten Frankreich erzählt. Von Menschen,<br />

die keine Helden sind, die ein scheinbar<br />

banales Leben führen, das dennoch seine<br />

außergewöhnliche Seite hat. Nicolas Mathieu<br />

deckt diese Seite auf, und dabei gelingt ihm genau<br />

das, was große Schriftsteller auszeichnet: die<br />

Leser ansprechen, sie berühren, ihnen das Gefühl<br />

vermitteln, dass sie gerade ihre eigene Geschichte<br />

lesen. Ein überaus verdienter Prix Goncourt!<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 13


ON LIT EN FRANCE<br />

Unsere Auswahl an Büchern, über die man<br />

zurzeit in Frankreich spricht<br />

ROMAN<br />

ROMAN<br />

La maison de Bretagne<br />

Marie Sizun, arléa, 264 Seiten,<br />

ISBN 9<strong>78</strong>-2363082428<br />

Marie Sizun ist eine Autorin, die wir in<br />

der Redaktion besonders schätzen und<br />

deren Neuerscheinungen wir daher<br />

genau verfolgen. Sie ist Dozentin für<br />

Literaturwissenschaft und unterrichtete<br />

sowohl in Frankreich als auch in<br />

Deutschland, wo sie 17 Jahre lebte. Seit ihrer Rückkehr ins Hexagon<br />

widmet sie sich dem Schreiben. Durch ihren Lebensweg kennt sie<br />

die engen und komplementären Verbindungen zwischen Deutschen<br />

und Franzosen sehr gut. Heute lebt Marie Sizun in Paris und in der<br />

Bretagne. Für diese Region hegt sie eine regelrechte Leidenschaft.<br />

Beachten Sie auch das Pseudonym, das die Schriftstellerin gewählt<br />

hat: Erinnert Sie der Name « Sizun » nicht an eine berühmte bretonische<br />

Landspitze, an den westlichsten Zipfel der Landschaft Cornouaille?<br />

Sicherlich beruht die Namenswahl nicht auf einem Zufall … In ihrem<br />

13. Buch greift Marie Sizun mit dem ihr eigenen Feingefühl eines ihrer<br />

Lieblingsthemen auf: Familiengeschichten. Sie erzählt von der Pariserin<br />

Claire, die entschlossen ist, das Haus im Finistère zu verkaufen, in dem<br />

sie als Kind mit der Familie die Ferien verbrachte. Vor Ort entdeckt<br />

sie jedoch, dass es nicht nur darum geht, ein Haus zu verkaufen,<br />

sondern sich auch von vielen Erinnerungen zu verabschieden. Und<br />

schließlich verläuft nichts wie vorgesehen. Als ob dieses Haus in<br />

der Bretagne, in dem Moment, in dem Claire es verkaufen will, in<br />

ihrem Herzen und in ihrer Seele etwas Besonderes zum Schwingen<br />

brächte … Ist das aber so erstaunlich? Man kann nicht regelmäßig<br />

die Bretagne besuchen, ohne dass diese Spuren hinterlassen würde.<br />

Eines ist sicher: Wenn man dieses Buch aus der Hand legt, ist man<br />

berührt und hat plötzlich ein unbändiges Verlangen nach dieser<br />

Region und ihrer wilden Küste. Ein sehr schönes Lesevergnügen, das<br />

dem Leser angenehme Eindrücke beschert, die in der derzeitigen<br />

Situation mit all ihren Einschränkungen im Hinblick auf das Reisen<br />

umso willkommener sind!<br />

La vengeance m’appartient<br />

Marie Ndiaye, Gallimard, 235 Seiten,<br />

ISBN 9<strong>78</strong>-2072841941<br />

Auch Marie Ndiaye kennt Deutschland gut,<br />

da sie viele Jahre in Berlin lebte, bevor sie<br />

vor nicht allzu langer Zeit nach Frankreich<br />

zurückkehrte und sich im Bordelais<br />

niederließ. Seit mehr als 35 Jahren schreibt<br />

sie Bücher, die oft von verstörenden<br />

Familienangelegenheiten handeln und<br />

regelmäßig in der Welt der französischen<br />

Literatur für Schlagzeilen sorgen. 2009 erhielt<br />

sie für Trois femmes puissantes den Prix<br />

Goncourt. Das Buch erschien in Deutschland<br />

mit dem Titel Drei starke Frauen. Auch in ihrem<br />

zwölften Roman erzählt uns Marie Ndiaye<br />

eine Familiengeschichte. Eine Anwältin in den<br />

Vierzigern, die seit kurzer Zeit in Bordeaux<br />

lebt, erhält Besuch von einem Mann. Es ist ein<br />

Schock für sie. Warum? Wer ist dieser Mann?<br />

Was ist zwischen den beiden vorgefallen? Der<br />

Roman ist wie ein aufregendes, verstörendes<br />

Rätsel, das – wie immer bei Marie Ndiaye<br />

– wichtige Themen<br />

aufgreift, die unsere<br />

Gesellschaft aktuell<br />

bewegen. Es geht um<br />

Gewalt gegenüber<br />

Kindern, Frauen und<br />

Minderheiten. Ein<br />

hochaktuelles Buch,<br />

das Dämonen des<br />

heutigen Frankreichs<br />

beschreibt.<br />

14 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


ERZÄHLUNG/ERMITTLUNG<br />

Chaudun, La montagne blessée<br />

Luc Bronner, Seuil, 174 Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-<strong>2021</strong>439540<br />

Es passiert nicht alle Tage, dass der ehemalige Redaktionsleiter<br />

einer der renommiertesten französischen Tageszeitungen<br />

(Le Monde) und zugleich ein unermüdlicher Wanderer, der<br />

seit seiner Kindheit mit vielen Alpinwanderwegen vertraut<br />

ist, zur Feder greift, um uns eine Geschichte zu erzählen.<br />

Diese Geschichte trägt sich in der Gegend um Gap zu, in der<br />

Region also, in der er aufwuchs. Das Buch ist eine Mischung aus<br />

Erzählung und mehrjährigen journalistischen Ermittlungen, die<br />

Luc Bronner führte, um endlich die seltsame Geschichte des<br />

heute verschwundenen Dorfes Chaudun in den Hautes-Alpes zu<br />

verstehen. Es ist wohl einzigartig, dass Menschen ihr Dorf an den<br />

Staat verkaufen. Und doch war das 1895 der Fall als die Bewohner<br />

von Chaudun – Bäuerinnen und Bauern, die zu zahlreich geworden<br />

waren, um von den Ressourcen der Berge leben zu können – der<br />

Misere entfliehen wollten, um sich an einem anderen Ort ein<br />

besseres Leben aufzubauen … nämlich in Amerika. Das war<br />

das Ende des Dorfes, von dem heute nur noch ein paar Ruinen<br />

inmitten einer geschützten Naturlandschaft existieren. Das<br />

Buch vermittelt uns Kenntnisse über die<br />

Lebensbedingungen in den Bergen, über<br />

das schwierige Zusammenleben von<br />

Mensch und Natur und letztendlich über<br />

einen ökologischen Ansatz, den wir alle<br />

haben sollten. « Chaudun erzählt von<br />

unserer Vergangenheit und wahrscheinlich<br />

von unserer Zukunft », folgert der Autor.<br />

Beim Lesen des Buches kommt man um<br />

die Feststellung nicht umhin, dass das<br />

wohl so ist.<br />

ROMANBIOGRAFIE<br />

Crénom, Baudelaire!<br />

Jean Teulé, Mialet Barrault, 432<br />

Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-2080208842<br />

Von Jean Teulé haben wir in dieser Rubrik bereits<br />

einige Werke vorgestellt. Er ist einer der erfolgreichsten<br />

französischen Autoren unserer Zeit. Seine Spezialität<br />

sind Biografien, die ungewöhnlich und respektlos sind,<br />

beispielsweise diejenigen von großen französischen<br />

Dichtern wie Rimbaud und Verlaine, denen er seine<br />

eigene Sensibilität einhaucht. Damit unterzieht er<br />

diese Persönlichkeiten, von denen das kollektive<br />

Gedächtnis eine bestimmte Vorstellung hat, einer ganz<br />

schönen Verjüngungskur. Nun hat Jean Teulé sich<br />

Charles Baudelaire vorgenommen. Wie immer ist das<br />

Porträt sehr gut belegt und explosiv: Man entdeckt<br />

einen « verabscheuungswürdigen » Baudelaire, der<br />

« nichts respektiert, keinerlei Verpflichtung erträgt,<br />

wem gegenüber auch immer, der über allen, die ihm<br />

zu nahekamen, die größten Unsinnigkeiten ergoss.<br />

Bis auf die Knochen zugedröhnt, ein halluzinierender<br />

Dandy … ». Aber auch jemand, wie Teulé mit tiefem<br />

Respekt gegenüber dem Dichter hervorhebt, dessen<br />

Werke « das Schicksal der französischen Poesie<br />

veränderten ». Hätte sich Baudelaire in diesem Porträt<br />

wiedererkannt? Das kann niemand sagen. Und genau<br />

darum geht es in diesem Werk.<br />

ATLAS<br />

Atlas historique de la France<br />

Christian Grataloup, Éditions Les Arènes, 322 Seiten, ISBN 979-1037502612<br />

Christian Grataloup, der sich selbst mit Fug und Recht als « der<br />

Geograf mit den umfassendsten Geschichtskenntnissen »<br />

bezeichnet und im Übrigen vor einigen Jahren im selben Verlag<br />

bereits den in Frankreich sehr beachteten Atlas historique<br />

mondial veröffentlichte, präsentiert in diesem « Atlas der<br />

französischen Geschichte » 375 ausgesprochen klare und<br />

lehrreiche Karten. Es ist eine Freude, ihn immer wieder durchzublättern und dabei neugierig<br />

ausgefallene Karten zu entdecken, wie die von der « anziehenden Vergangenheit » (auf der<br />

die meistbesuchten historischen Stätten des Landes verzeichnet sind), die des « Landes der<br />

Schriftsteller und Maler » oder auch die von « Paris, Theater der Revolution (1792-1795) », die<br />

die wichtigsten politischen Orte dieser Zeit in der Hauptstadt zeigt. Lehrreich!<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 15


ON LIT EN FRANCE<br />

AUTOBIOGRAFISCHE ERZÄHLUNG<br />

Par la force des arbres<br />

Edouard Cortès, Équateurs, 174 Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-2849908051<br />

Bevor Edouard Cortès, ein Mann in den Vierzigern, dieses Buch<br />

veröffentlichte, war er Schafzüchter und Schäfer. Einer dieser<br />

leidenschaftlichen Schäfer, die die Natur, ihre Tiere und ihren Beruf<br />

von ganzem Herzen lieben. Ein Schäfer, der trotz sieben Jahre<br />

langer verbissener Arbeit am Ende mit einem Berg von Schulden,<br />

administrativem Papierkram und einer kranken Herde dastand. Dieser<br />

Schicksalsschlag, sein zerschundener Rücken und die Gedanken, die<br />

in seinem Kopf um nichts anderes mehr kreisten, führten dazu, dass er<br />

eines Tages alles hinschmiss. Anstatt jedoch in Depressionen zu verfallen,<br />

setzte Edouard Cortès ein erstaunliches Vorhaben um: Er zog sich in eine Hütte zurück, die er für diesen<br />

Zweck mit eigenen Händen in einer Höhe von sechs Metern inmitten der Äste einer altehrwürdigen Eiche<br />

im Périgord baute. Es war seine Art, sein Leben und unsere maßlose Zeit aus einer anderen Perspektive zu<br />

betrachten. Drei Monate verbrachte der dort alleine, weit weg von allem. Drei Monate, in denen er dieses<br />

unglaublich bereichernde Zeugnis voller Weisheit schrieb. Inmitten dieser Eiche, die man beim Lesen<br />

genauso lieben lernt wie der Autor, unternimmt er im Grunde eine « statische Reise » in die Welt der Natur<br />

und des Waldes. « Ich habe die weisen Worte der Bäume und Blätter gekostet. Ich habe hemmungslos an<br />

den Quellen der Schönheit und des kleinen Waldes getrunken. Ich habe einen Teil des Baumes erhalten.<br />

Kann ich deswegen heute keinen Baum mehr berühren, ohne das Universum zu spüren? », fragte sich der<br />

Autor, als er vom Baum wieder herabstieg. Was uns betrifft, so träumen bestimmt viele davon, eine solche<br />

Erfahrung zu machen!<br />

ZEUGNIS<br />

La familia grande<br />

Camille Kouchner, Seuil, 207 Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-<strong>2021</strong>472660<br />

Dank der Literatur macht die französische Gesellschaft manchmal große<br />

Fortschritte. Das haben uns bereits so berühmte Autoren wie Émile Zola und<br />

Victor Hugo gezeigt, um nur zwei Beispiele von vielen zu nennen. Auch dieses Werk<br />

zeigt, was ein Buch in Frankreich auslösen kann: Camille Kouchner, die Tochter<br />

des ehemaligen Ministers Bernard Kouchner, erzählt darin die Geschichte einer<br />

großen Familie, die Geschichte ihrer eigenen Familie. Darin geht es um das düstere<br />

Geheimnis sexuellen Missbrauchs an ihrem Bruder, als dieser noch ein Kind war,<br />

begangen durch ihren Stiefvater – ehemals Europaabgeordneter und eine bekannte<br />

Persönlichkeit. Es geht also um Inzest. Um die Zerstörung von Existenzen. Aber nicht<br />

nur. Es ist auch ein Aufschrei darüber, dass eine ganze Reihe von Persönlichkeiten<br />

aus Politik, Recht und Kultur mehr als 30 Jahre lang geschwiegen haben, obwohl<br />

sie von dieser schrecklichen Geschichte wussten. Das Erscheinen des Buches führte<br />

im Hexagon bereits zu zahlreichen Debatten über das Thema. Vor allem aber hat es Hunderten<br />

von Inzestopfern Mut gemacht, über ihr Schicksal zu sprechen. Der französische Premierminister<br />

kündigte sogar eine Gesetzesreform an, die es ermöglichen soll, den Bedürfnissen dieser Opfer<br />

besser Rechnung zu tragen. Ein Buch also, das vielen eine Hilfe ist und eine wichtige Rolle in der<br />

Gesellschaft spielt.<br />

16 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


ROMAN – PRIX GONCOURT 2020<br />

L’anomalie<br />

Hervé le Tellier, Gallimard, 332<br />

Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-2072895098<br />

Der renommierteste unter den<br />

französischen Literaturpreisen,<br />

der Prix Goncourt, hat dem zuletzt<br />

ausgezeichneten Autor, Hervé<br />

le Tellier, unbestritten zu einem echten Erfolg verholfen. Bei<br />

Drucklegung dieses Magazins waren in Frankreich bereits mehr<br />

als 800 000 Exemplare von L’anomalie verkauft und die Rechte für<br />

das Buch sowie für die audiovisuelle Vermarktung in nahezu 30<br />

Länder vergeben. So etwas hat es in diesem Ausmaß in so kurzer<br />

Zeit selten gegeben. Doch der Roman ist wirklich angenehm zu<br />

lesen, er entspricht dem Geist unserer Zeit, er ist eine Mischung aus<br />

Krimi, Spionageroman, Liebesgeschichte und Science-Fiction. Der<br />

Autor selbst präsentiert ihn so: « Ich habe gesellschaftspolitische<br />

Betrachtungen mit einer technischen Idee verknüpft und das<br />

Ganze in einen Roman eingebunden, in dem Personen mit ihrem<br />

Double konfrontiert werden. » Mehr können wir jedoch nicht<br />

verraten, ohne die virtuose Spannung zu zerstören. Nur noch so<br />

viel: Es geht um die « Anomalie » eines Flugplans, denn dasselbe<br />

Flugzeug der Air France landet zwei Mal mit denselben Menschen<br />

an Bord … im Abstand von drei Monaten …<br />

ROMAN<br />

Serge<br />

Yasmina Reza, Flammarion, 234<br />

Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-2080235930<br />

Die Roman- und Bühnenautorin Yasmina<br />

Reza ist auf der ganzen Welt dafür bekannt,<br />

dass sie eine präzise und sehr bissige Art<br />

zu schreiben besitzt und es auf seltene<br />

Weise versteht, Humor und Tragik zu<br />

verbinden. Auch der neue Roman stellt in<br />

dieser Beziehung keine Ausnahme dar. Die<br />

Schriftstellerin erzählt darin eine bittere<br />

und gleichzeitig lustige Komödie über<br />

die Streitigkeiten von drei Geschwistern,<br />

die bereits in die Jahre gekommen sind<br />

und sich anlässlich<br />

des Todes ihrer<br />

Mutter treffen.<br />

Mal berührend,<br />

mal tragisch, oft<br />

einfach lustig, mit<br />

beeindruckenden<br />

Dialogen: Legt man<br />

das Buch aus der<br />

Hand, hat man den<br />

Eindruck, eine Zeit<br />

mit dieser verflixten<br />

Familie verbracht zu<br />

haben …<br />

Französisch lernen am Puls der Zeit<br />

| Photo : Getty Images<br />

Aktuell in der Revue de la Presse:<br />

Match PSG – Basaksehir: la goutte<br />

tikel<br />

d’eau qui fait déborder le footAr<br />

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Février <strong>2021</strong><br />

Novembre 2020<br />

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B1–C2<br />

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ACTUALITÉ<br />

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• Brexit : il vous faudra<br />

• Nouvelle-Calédonie :<br />

un visa<br />

• Nouvelle-Calédonie<br />

pour travailler<br />

courte victoire du non à :<br />

à Londres<br />

l’indépendance<br />

courte victoire du non à<br />

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l’indépendance<br />

3<br />

3<br />

Page 3<br />

ÉCONOMIE<br />

ENVIRONNEMENT<br />

ENVIRONNEMENT<br />

• Réussite sociale : des ados<br />

• Protection des oiseaux : en<br />

pris au<br />

• Protection<br />

piège d’une<br />

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| Photo : Getty Images<br />

| Photo : Getty Images<br />

| Photo : Getty Images<br />

Artikel aus führenden französischsprachigen Zeitungen und unserer Redaktion<br />

Artikel aus führenden französischsprachigen Zeitungen und unserer Redaktion<br />

aus führenden französischsprachigen Zeitungen und unserer Redaktion<br />

S p r ac h t r a i n i n g • L a n d e s k u n d e • Vo k a b e l h i l f e n • Ü b u n g s material<br />

S p r ac h t r a i n i n g • L a n d e s k u n d e • Vo k a b e l h i l f e n • Ü b u n g s material<br />

S p r ac h t r a i n i n g • L a n d e s k u n d e • Vo k a b e l h i l f e n • Ü b u n g s material<br />

VACCIN ANTI-COVID<br />

Les cirques itinérants<br />

La Citroën Ami est<br />

La Citroën Ami est<br />

• N o 2 | 6 8 º A n n é e •<br />

• N o 1 1 | 6 7 º A n n é e •<br />

• N o 1 1 | 6 7 º A n n é e •<br />

Claude Brasseur nous<br />

Juliette Gréco, icône de<br />

Juliette Gréco, icône de<br />

sont-ils condamnés? En France, a quittés le 22 décembre dernier,<br />

la une présentation mini-urbaine d’animaux électrique sauvages à deux à 84 la ans. chanson Acteur française, populaire, nous a quittés<br />

sera places. une progressivement mini-urbaine Pratique et moderne, interdite électrique elle à deux peut il a à toujours 93 la ans. chanson Muse privilégié française, de la les rive histoires nous gauche, a quittés elle<br />

sous être places. les conduite chapiteaux. Pratique sans permis et moderne, et se loue elle peut à d’hommes, fut, à 93 dans ans. de le flics Paris Muse et d’après-guerre, de de la voyous. rive gauche, la elle<br />

moins être de conduite 20 € par sans mois. permis et se loue à reine fut, de dans Saint-Germain-des-Prés.<br />

le Paris d’après-guerre, la<br />

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par mois.<br />

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en page 10<br />

Lire l’article en page 5<br />

Lire l’article en pages 10 et 11<br />

Lire l’article en page 5<br />

Lire l’article en pages 10 et 11<br />

Entre riches et pauvres,<br />

la fracture vaccinale<br />

seuls près de 1,5 million de cas déclarés<br />

les thèmes : le Kenya, les la plus Birmanie, importants le<br />

Nigeria, d’un les écrivain le thèmes Pakistan les capital et plus l’Ukraine ». importants Michel »,<br />

ajoutait Houellebecq d’un l’Alliance. écrivain assure capital que ». ce Michel sera<br />

4 le Lorsque Houellebecq dernier « l’épidémie Interventions assure de que » Covid-19<br />

ne le promets dernier a pris pas « l’ampleur Interventions absolument d’une » : de « Je<br />

: ce « Je sera<br />

pandémie, cesser ne promets de à penser, la fin pas de mais absolument l’hiver au moins dernier,<br />

de les cesser bonnes de de penser, communiquer paroles mais étaient au mes moins<br />

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pu-<br />

| Photo : Getty Images<br />

| Photo : Getty Images<br />

| Photo : Getty Images


ON REGARDE<br />

Seien wir ehrlich: Vielen<br />

von uns fehlt das Kino,<br />

viele von uns träumen<br />

davon, sich dort wieder einmal<br />

ganz ungezwungen und<br />

spontan einen Film anzusehen.<br />

Damit stehen wir nicht<br />

alleine da … Durch wiederkehrende<br />

Ausgangsbeschränkungen<br />

und sonstige Einschränkungen<br />

herrscht bei<br />

den Terminen für die Starts<br />

neuer Filme jedoch eine permanente<br />

Unsicherheit. Uns ist<br />

aufgefallen, dass einige Medien<br />

in der letzten Zeit daher<br />

überhaupt keine Informationen<br />

mehr über anstehende<br />

Filmstarts kommunizieren.<br />

Wir sind aber davon überzeugt,<br />

dass es wichtig ist, Ihnen<br />

nach wie vor Filme zu<br />

empfehlen, die in Frankreich<br />

bereits angelaufen sind und<br />

die wir für gut befinden.<br />

Selbst auf die Gefahr hin, dass<br />

die vorgesehenen Termine<br />

verschoben werden. Produzenten,<br />

Verleiher und Kinobetreiber<br />

erstellen weiterhin<br />

couragiert ihre Programme.<br />

Also sollten wir uns mit ihrer<br />

Arbeit mehr denn je solidarisch<br />

zeigen und die Lust auf<br />

das von uns allen so geliebte<br />

Kinoerlebnis wachhalten. Daher<br />

teilen wir mit Ihnen nach<br />

wie vor unsere Coups de cœur<br />

der Filme, die eine Beziehung<br />

zu Frankreich haben und in<br />

den kommenden Monaten –<br />

also « demnächst » in<br />

Deutsch land anlaufen werden.<br />

So bald wie möglich, wie wir<br />

alle hoffen!<br />

Und sollte sich die Wiedereröffnung<br />

der Kinos<br />

noch etwas hinziehen,<br />

hier noch zwei aktuelle<br />

DVD-Neuerscheinungen.<br />

Beide Filme haben wir Ihnen<br />

bereits anlässlich ihres Filmstarts<br />

in Deutschland vorgestellt.<br />

KOMÖDIE<br />

Eine Komödie, die guttut!<br />

Ein blasierter und in seiner Arbeit eher<br />

skrupelloser Arzt (Michel Blanc) sieht<br />

sich an einem Weihnachtsabend in Paris<br />

gezwungen, mit einem jungen, fröhlichen<br />

und pfiffigen Essensboten (Hakim Jemili)<br />

zusammenzuarbeiten. Die Kombination<br />

scheint unmöglich, funktioniert aber<br />

am Ende und führt zu Situationen, die<br />

zwar zugegebenermaßen manchmal<br />

vorhersehbar, aber lustig sind. Ein<br />

kurzweiliger und wohltuender Film. Und<br />

ganz sicher ein Balsam in den derzeitigen<br />

schwierigen Zeiten!<br />

Ein Doktor auf Bestellung • Frankreich<br />

2019, 89 min • Originaltitel: Docteur? •<br />

Ein Film von Tristan Séguéla, mit Michel<br />

Blanc, Hakim Jemili, Solène Rigot, Franck<br />

Gastambide u. a. • Demnächst im Kino.<br />

TRAGIKOMÖDIE<br />

Die Handlung dieses<br />

amerikanischen Films,<br />

der teilweise in Frankreich<br />

spielt, wirft einen oft erstaunlichen Blick auf<br />

die Grenzen der Freundschaft. Selbst wenn<br />

man kein Radfahrer ist, bleibt einem die Szene<br />

des Aufstiegs auf den Col de Vence (Alpes-<br />

Maritimes) zweifellos im Gedächtnis. Der Film<br />

wurde bei den Filmfestspielen 2019 in Cannes<br />

in der Selektion Un Certain Regard mit einem<br />

Coup de cœur ausgezeichnet und erhielt im<br />

selben Jahr den Jurypreis beim Festival des<br />

amerikanischen Films in Deauville.<br />

The Climb • USA 2019, 97 min • Originaltitel: The<br />

Climb • Ein Film von und mit Michael Angelo<br />

Covino, mit Kyle Marvin, Gayle Rankin, Talia<br />

Balsam u. a. • Vorgestellt in Frankreich erleben <strong>Nr</strong>.<br />

76 anlässlich des Filmstarts in Deutschland.<br />

DRAMA/ROMANZE<br />

Jugendliebe<br />

Als Suzanne Lindon damit begann,<br />

das Drehbuch für ihren ersten Film<br />

zu schreiben – der sich als überaus<br />

erfolgreich herausstellte –, war sie<br />

erst 15 Jahre alt, ein Jahr jünger als<br />

ihre Heldin. « Ich habe die Geschichte<br />

geschrieben, die ich gerne selbst erlebt<br />

hätte. Und da ich mich unter Menschen<br />

meines Alters nicht sehr wohlfühlte,<br />

mich mit ihnen langweilte, hätte ich<br />

gerne eine Beziehung zu einem älteren<br />

Mann gehabt», erzählt die Tochter der<br />

französischen Schauspieler Vincent<br />

Lindon und Sandrine Kiberlain. Ein<br />

sehr persönlicher und dennoch<br />

allgemeingültiger Film darüber, wie eine<br />

Jugendliche die Liebe entdeckt, und<br />

über die Fragen und die Verwirrung,<br />

die daraus entstehen.<br />

Schönes Kinoerlebnis!<br />

<strong>Frühling</strong> in Paris • Frankreich<br />

2019, 74 min • Originaltitel:<br />

Seize printemps • Ein Film von<br />

und mit Suzanne Lindon, mit<br />

Arnaud Valois, Florence Viala<br />

u. a. • Demnächst im Kino.<br />

DRAMA<br />

Ein Film über die (oft) komplexen<br />

familiären Beziehungen<br />

der Franzosen, mit zwei<br />

der größten französischen<br />

Kinoschauspielerinnen,<br />

Catherine Deneuve und Juliette<br />

Binoche, gedreht von einem der<br />

bedeutendsten japanischen<br />

Regisseure, Hirokazu Kore-eda, der<br />

2018 in Cannes mit der Goldenen<br />

Palme ausgezeichnet worden war.<br />

Erstaunlich und bemerkenswert!<br />

La Vérité - Leben und lügen lassen •<br />

Frankreich 2019, 107 min<br />

• Originaltitel: La vérité<br />

• Ein Film von Hirokazu<br />

Kore-eda, mit Catherine<br />

Deneuve, Juliette Binoche,<br />

Ethan Hawke, u. a. •<br />

Vorgestellt in Frankreich<br />

erleben <strong>Nr</strong>. 74 anlässlich des<br />

Filmstarts in Deutschland.<br />

18 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


DOKUMENTATION<br />

Claude Sautet –<br />

Regisseur der<br />

Zwischentöne<br />

Claude Sautet war einer der bedeutendsten Regisseure<br />

Frankreichs. In seinen poetisch-melancholischen,<br />

komischen und dramatischen Gesellschaftsfilmen gelang<br />

es ihm, den französischen Zeitgeist der 1970er und 80er<br />

Jahre einzufangen. Seine Filme « Die Dinge des Lebens »,<br />

« César und Rosalie », « Vincent, François, Paul und die<br />

anderen », « Nelly & Monsieur Arnaud » gelten in Frankreich<br />

als Teil der kollektiven Erinnerung. Die Dokumentation<br />

enthüllt bislang unbekannte Facetten des zeitlebens<br />

diskreten und zurückhaltenden Filmemachers und<br />

kombiniert Archivmaterial mit bisher unveröffentlichten<br />

Aufnahmen.<br />

Dokumentation von Amine Mestari, Frankreich 2020, 52 Min.<br />

Donnerstag, 4. März, um 0.20 Uhr, online in der ARTE-<br />

Mediathek vom 24. Februar bis zum 2. Mai<br />

SPIELFILM<br />

Frantz<br />

Am Grab ihres vor einem Jahr im Ersten Weltkrieg<br />

gefallenen Verlobten Frantz trifft Anna auf den<br />

Franzosen Adrien, der dort Blumen niederlegt. Zwischen<br />

der trauernden jungen Frau und diesem Freund<br />

des Toten aus Studienzeiten in Paris entsteht eine<br />

emotionale Bindung, die in der Stadt für Aufsehen sorgt.<br />

Denn Adrien ist im Quedlinburg des Jahres 1919 kein<br />

gern gesehener Gast; die « Erbfeindschaft » zwischen<br />

Deutschen und Franzosen hat zu große Lücken in die<br />

Familien vor Ort gerissen. Eine vielschichtige Geschichte<br />

über Schuld, Trauer und Vergebung - und der Hoffnung<br />

auf Frieden.<br />

Spielfilm von François Ozon,<br />

mit Paula Beer, Pierre Niney,<br />

Ernst Stötzner, u. a., Frankreich<br />

2016, 100 Min. Mittwoch, 10.<br />

März <strong>2021</strong>, um 20.15 Uhr<br />

Das komplette tägliche ARTE TV-Programm finden Sie im ARTE Magazin.<br />

Jeden Monat neu am Kiosk oder im Abonnement. Jetzt bestellen unter: www.arte-magazin.de.<br />

Weitere Informationen und Angebote von ARTE : www.arte.tv<br />

FERNSEHFILM<br />

Marie Curie<br />

Marie Curie: Sie ist die erste Frau, die im Jahr 1903 gemeinsam<br />

mit ihrem Mann und Forschungspartner für die Entdeckung des<br />

radioaktiven Elementes Radium ausgezeichnet wird. Nach dem<br />

tragischen Unfalltod ihres Mannes Pierre Curie (Charles Berling)<br />

1906, bleibt die alleinerziehende Mutter Marie Curie (Karolina<br />

Gruszka) mit einem gebrochenen Herzen zurück und muss sich als<br />

Physikerin ihren Platz in der von Männern dominierten Forschung<br />

erkämpfen. In Gedanken an ihren Mann betreibt Curie die Radium-<br />

Forschung als Heilmittel zur Krebstherapie weiter und übernimmt<br />

unter kritischen Blicken schließlich als erste Frau an der Pariser<br />

Sorbonne den Lehrstuhl ihres Mannes für allgemeine Physik. Kurz<br />

vor der Zuerkennung ihres zweiten Nobelpreises für Chemie 1911<br />

gerät ihre Affäre mit ihrem verheirateten Kollegen Paul Langevin<br />

(Arieh Worthalter) durch den Journalisten Gustave Téry (Samuel<br />

Finzi) an die Öffentlichkeit. Trotz ihres Ruhms entsteht ein Skandal<br />

um die Wissenschaftlerin zwischen Errungenschaften in der<br />

Forschung und privaten Sehnsüchten.<br />

Fernsehfilm von Marie Noëlle, mit Karolina Gruszka,<br />

Charles Berling, Samuel Finzi, Arie Worthalter, u.<br />

a., Polen, Deutschland, Frankreich, 2016, 92 Min.<br />

Freitag, 26. März, um 20.15 Uhr, online in der<br />

ARTE-Mediathek vom 26. März bis zum 2. April<br />

DOKUMENTATION<br />

Magische Gärten:<br />

Jardin du<br />

Luxembourg<br />

Mitten in Paris liegt hinter imposanten<br />

Eisengittern der Luxemburg-Garten. Die fast<br />

vierhundert Jahre alte, europaweit berühmte<br />

Anlage wurde in der Renaissance vom<br />

französischen Gartenarchitekten Jacques<br />

Boyceau für die Königin Maria von Medici<br />

angelegt. Als einer von wenigen Gärten der<br />

französischen Hauptstadt ist der Luxemburg-<br />

Garten noch heute mit seinem Palastgebäude<br />

verbunden, dem Palais du Luxembourg.<br />

Während der Französischen Revolution diente<br />

das Palais zunächst als Gefängnis und dann als<br />

Sitz des Senats, der Garten fiel in den Besitz des<br />

Staates.<br />

Dokumentation von Leila Mehr, Frankreich 2018,<br />

28 Min. Frankreich, 2020, 54 Min. Donnerstag,<br />

1. April, um 17.25 Uhr, anschließend für drei<br />

Monate in der ARTE-Mediathek verfügbar<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 19


ON SURFE<br />

NATUR<br />

Wo stehen die schönsten Bäume Frankreichs?<br />

Wenn auch Sie, so wie wir, nach der Lektüre einiger Artikel in dieser Ausgabe<br />

ganz plötzlich das Bedürfnis haben, die schönsten Bäume Frankreichs zu<br />

entdecken, dann ist diese Website wie für Sie gemacht! Sie wurde von der<br />

Vereinigung A.R.B.R.E.S (Arbres Remarquables: Bilan, Recherche, Études et<br />

Sauvegarde) realisiert und kartografiert seit 2000 Bäume, die das Label Arbre<br />

Remarquable de France tragen. Diese Auszeichnung beschränkt sich nicht<br />

darauf, den außergewöhnlichen Charakter eines Baumes anzuerkennen.<br />

Gemeinden, Gebietskörperschaften, öffentliche Einrichtungen und Privatpersonen, die einen solchen,<br />

als Naturerbe eingestuften Baum besitzen, können eine Partnerschaftsvereinbarung mit der Vereinigung<br />

abschließen, die Unterhalt, Schutz und Aufwertung des entsprechenden Arbre Remarquable regelt. Darüber<br />

hinaus wird vor Ort ein Schild angebracht, das den Baum präsentiert. Auf der Website der Vereinigung kann<br />

man die derart hervorgehobenen Bäume auf einer Frankreichkarte lokalisieren, die regelmäßig aktualisiert<br />

wird. Darüber hinaus ist eine Suche nach Schlüsselbegriffen, zum Beispiel nach der Baumart, möglich.<br />

www.arbres.org/carte-de-france-interactive.htm<br />

HOTELS<br />

ENTDECKUNGEN<br />

Der Atlas des Régions Naturelles entwickelt sich weiter<br />

Der Atlas des Régions Naturelles ist ein unglaublich ambitioniertes und<br />

unabhängiges Projekt, am Schnittpunkt von Geschichte, Geografie,<br />

Forschung, Kunst und auch einer gewissen Form von Poesie. Vor einiger<br />

Zeit haben wir in dieser Rubrik bereits über die Entstehung des Projektes<br />

berichtet, das sich inzwischen stark weiterentwickelt hat. Bei der letzten<br />

Zählung am 5. November 2020 enthielt der online zugängliche Atlas mehr<br />

als 12 000 Fotografien, die seit 2017 aufgenommen wurden und zurzeit<br />

im Wesentlichen den Norden Frankreichs abdecken. Laut Nelly Monnier<br />

und Eric Tabuchi, den Gründern des Vorhabens, das einen langen Atem<br />

erfordert, soll es dazu beitragen, « das französische Staatsgebiet in all<br />

seinen Nuancen zu erfassen und zu präsentieren ». Dafür haben sie sich ein<br />

fotografisches Konzept ausgedacht, das – in gewisser Weise wie bei einer<br />

mündlichen Überlieferung – « die Konturen einer Geografie mit bewusst<br />

ungewissen Grenzen [zeichnet], wobei diese Ungenauigkeit die Autorität<br />

konventioneller Karten mildert ». Auf der Website erhält man eine nicht<br />

alltägliche Kartografie von Frankreich und hat gleichzeitig die Möglichkeit,<br />

nach bestimmten Kriterien zu suchen und diese sogar zu kombinieren<br />

(Jahr, Landschaft, Epoche, Jahreszeit …). Auf diese Weise entdeckt man<br />

unterschiedlichste Fotos von Häusern, Bauernhöfen, Hangars, Fabriken,<br />

Wohnblocks, Geschäften, Kirchen, Denkmälern, Werbeschildern u. v. m.<br />

Man realisiert dabei, dass<br />

diese Fotos ein erstaunlich<br />

abwechslungsreiches Bild der<br />

französischen Landschaften<br />

zeichnen, das man mit Freude<br />

selbst sucht und zusammenstellt.<br />

Spannend!<br />

www.archive-arn.fr<br />

Eine Nacht in<br />

einem Luxuszimmer<br />

für<br />

89 Euro<br />

In dieser für die<br />

Hotelbranche<br />

sehr schwierigen<br />

Zeit verdienen<br />

es Initiativen wie As a Guest, dass man über<br />

sie spricht. Bei diesem französischen Konzept<br />

bieten 120 unabhängigen Hotels im ganzen<br />

Hexagon luxuriöse Zimmer und exklusive<br />

Dienstleistungen zum Einheitspreis von 89 € an<br />

und lasten damit freie Zimmerkontingente aus.<br />

Durch die Idee der dynamischen Entwickler<br />

dieses Angebots, Tatiana, Jesson und Damien,<br />

sollen Reisende Lust auf den Aufenthalt<br />

in hochwertigen, unabhängigen Hotels<br />

bekommen, in denen individueller Empfang,<br />

Begegnung und Authentizität im Mittelpunkt<br />

stehen. Gleichzeitig ist As a Guest aber auch ein<br />

verantwortliches und solidarisches Projekt, bei<br />

dem ein Teil der Einnahmen an gemeinnützige<br />

Institutionen (für Ausbildung, kulturelles<br />

Schaffen, Umwelt) überwiesen wird. Hoffen<br />

wir, dass dies dazu beiträgt, dass unabhängige<br />

Hotels ihr Geschäft wieder ankurbeln können,<br />

sobald es die Situation ermöglicht.<br />

www.asaguest.com<br />

20 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Filme, Serien, Kultur, Kulturerbe …<br />

Auf TV5MONDEplus sind französischsprachige Programme<br />

Überall verfügbar. Die ganze Zeit. Kostenlos.<br />

Bulle<br />

Unité 9<br />

Le bon plaisir<br />

Dans la ville blanche<br />

Thalassa<br />

Photos : Thalassa © France 3/Thalassa - Bulle © RTS - Le bon plaisir © MK2<br />

- Dans la ville blanche © RTS - Unité 9 © Société Radio-Canada<br />

Das Gleichgewicht von<br />

Familie Aubert gerät aus<br />

dem Gleichgewicht, als<br />

Alice erfährt, dass sie<br />

Leukämie hat. Ein Schock,<br />

der die Blase, in der sich<br />

jedes einzelne Familienmitglied<br />

verkrochen hat,<br />

aufbrechen lässt und die<br />

Vergangenheit ans Licht<br />

bringt…<br />

Regie: Anne Deluz<br />

(Schweiz, 2020) ·<br />

Darsteller: Élodie<br />

Bordas, Nicolas Bridet,<br />

Claudia Cardinale,<br />

Antoine Basler, Suzanne<br />

Clément, Axel Rouèche<br />

Alltag im Frauengefängnis.<br />

Die Serie verfolgt den Gefängnisalltag<br />

einer kleinen<br />

Gruppe Frauen, die im<br />

gleichen Block sitzen.<br />

Regie: Jean-Philippe<br />

Duval, Louis Bolduc ·<br />

Darsteller: Guylaine<br />

Tremblay, Catherine<br />

Proulx-Lemay, Ève Landry<br />

Claire wird die Handtasche<br />

gestohlen. Diese<br />

enthält aber einen Brief,<br />

der zehn Jahre vorher vom<br />

derzeitigen Präsidenten<br />

der Republik geschrieben<br />

wurde. Damals hatte er<br />

von seiner schwangeren<br />

Geliebten eine Abtreibung<br />

verlangt. Claire alarmiert<br />

sofort das Präsidialamt.<br />

Der Staatsapparat setzt<br />

sich in Bewegung.<br />

Regie: Francis Girod<br />

(Frankreich, 1983) ·<br />

Darsteller: Jean-Louis<br />

Trintignant, Catherine<br />

Deneuve · Preise und<br />

Festivals: Nominierungen<br />

für den<br />

Filmpreis César 1985<br />

Während eines Zwischenstopps<br />

in Lissabon verlässt<br />

Paul seinen Posten. Der<br />

Schweizer Seemann liebt<br />

diese Stadt. Er schlendert<br />

mit seiner Super-8-Kamera<br />

durch die Straßen und<br />

schickt seiner Frau Elisa<br />

Videobotschaften. Während<br />

seiner Wanderschaft<br />

lernt er Rosa kennen, eine<br />

Kellnerin in einer Bar …<br />

Regie: Alain Tanner<br />

(Schweiz, 1983) ·<br />

Darsteller: Bruno<br />

Ganz, Teresa Madruga,<br />

Julia Vonderlin · Auszeichnungen:<br />

Bester<br />

französischsprachiger<br />

Film (César 1974), Nominierung<br />

(Berlinale 1983)<br />

tv5mondeplus.com<br />

Begegnungen mit<br />

Frauen und Männern,<br />

die sich bemühen, ihre<br />

Verbindung zum Meer<br />

aufrechtzuerhalten.<br />

Fischer, Austernzüchter,<br />

Wissenschaftler, Unternehmer…<br />

Sie zeigen uns die<br />

verschiedenen Facetten<br />

der französischen Küsten.


ON ÉCOUTE<br />

CHANSON<br />

Jane Birkin und Etienne Daho: Oh! Pardon tu dormais …<br />

Jane Birkin und Serge Gainsbourg (1928-1991) waren in den 70er-Jahren in Frankreich<br />

ein Symbol für Freiheit und Leichtigkeit. Fast 30 Jahre nach dem Tod ihres Ex-Mannes<br />

tritt die französischste aller englischen Sängerinnen nun wieder ins Rampenlicht.<br />

Sie tut dies auf unerwartete Weise, weit entfernt vom lockeren Image, das ihr seit<br />

jeher anhaftet. Komponiert und arrangiert wurde dieses Album von Étienne Daho,<br />

einem großen französischen Sänger unserer Zeit. Er kennt Jane Birkin gut und es ist<br />

ihm offensichtlich gelungen, sie dazu zu bewegen, ihrem tiefsten Inneren Ausdruck<br />

zu verleihen. Das Ergebnis ist großartig! Man entdeckt eine selbstsichere Jane Birkin, deren Stimme<br />

sich nicht mehr hinter den Instrumenten versteckt, sondern ihre ganze Persönlichkeit verkörpert. Eine<br />

wunderschöne Renaissance!<br />

CHANSON - HIP-HOP<br />

Gaël Faye:<br />

Lundi Méchant<br />

Dieses Album, das vor den<br />

Ausgangsbeschränkungen im<br />

Frühjahr 2020 aufgenommen<br />

wurde, ist eine großartige<br />

Möglichkeit, den derzeitigen trüben Zeiten zu entfliehen.<br />

Hört man Balladen wie Kerozen, Respire oder Histoire<br />

d‘amour zu, fühlt man sich sofort von diesem poetischen<br />

und gleichzeitig realistischen Universum angezogen.<br />

Gaël Faye blieb nach seinem international erfolgreichen<br />

Debütroman Petit Pays (Kleines Land, Piper Verlag, 2016)<br />

mit dieser CD seiner Liebe zu Musik und Worten treu.<br />

Besondere Beachtung verdient der wunderschöne und<br />

sehr gefühlvolle Titel Seuls et vaincus, der aus der Feder<br />

der ehemaligen französischen Justizministerin Christiane<br />

Taubira stammt und den Gaël Faye im Duo mit der<br />

Franko-Kanadierin Mélissa Laveaux interpretiert.<br />

JAZZ<br />

Sylvain Daniel: Pauca meæ<br />

Es war ein gewagtes Unterfangen, eines der schönsten und<br />

tragischsten Gedichte des Poeten Victor Hugo (1802-1885)<br />

musikalisch umzusetzen: Pauca meæ, Buch IV der 1856<br />

veröffentlichten Gedichtsammlung Les Contemplations.<br />

Diese Gedichte widmete Hugo seiner Tochter Leopoldine,<br />

die in der Seine bei Villequier (Seine-Maritime) ertrunken<br />

war. Doch das Wagnis ist gelungen! Die Stimme und die<br />

präzise und schlichte Vortragsweise von Olivier Augrond<br />

harmonieren ausgesprochen gut mit den sanften Klängen<br />

des Bassisten Sylvain Daniel und denen der anderen Musiker<br />

dieser außergewöhnlichen<br />

CD. Sie ist nicht nur eine<br />

Hommage an den Poeten,<br />

sondern auch an die<br />

Worte, an die Musik, an<br />

die Romantik und – weit<br />

darüber hinaus – an das<br />

Leben! Große Kunst!<br />

CHANSON - RAP<br />

Eddy de Pretto: Bateaux-Mouches (Single)<br />

Eddy de Pretto gehört mit seinen 27 Jahren bereits zu den Großen des aktuellen<br />

französischen Chansons. Mit seinem ersten, 2018 erschienenen Album Cure,<br />

das sich zwischen Hip-Hop und anspruchsvollem Chanson bewegt, trat er ins<br />

Rampenlicht der internationalen Musikszene. Seine Fans entdeckten den mutigen<br />

Werdegang eines überaus sensiblen Musikers, der aus einem Pariser Vorort stammt,<br />

wo man ihn « The Kid von Créteil » nennt. Diese Single ist im Januar erschienen und lässt die drei Jahre Revue<br />

passieren, in denen Eddy de Pretto in Paris auf den Bateaux-Mouches auf der Seine vor Touristen sang, um seinen<br />

Lebensunterhalt zu finanzieren. Dort lernte er nicht nur, mit seinem Publikum zu interagieren, sondern von dort<br />

erhielt er auch die ersten Eindrücke von Paris, bevor er sich aufmachte, diese Stadt zu erobern. Mit einer Mischung<br />

aus urbaner Poesie in einer jungen, modernen Sprache, Soul und aktuellen Klängen prägt sich Bateaux-Mouches<br />

unweigerlich ein. Die Single kündigt gleichzeitig ein neues Album an, das im Frühjahr <strong>2021</strong> erscheint und mit dem<br />

der Sänger, der innerhalb kürzester Zeit ein breites Publikum eroberte, seine Fans zweifellos erneut überzeugen wird.<br />

22 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


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UNTERWEGS IN FRANKREICH Hauts-de-France / Oise<br />

24 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Seit fast 30 Jahren treffen sich Liebhaber klassischer und<br />

zeitgenössischer Musik, Musiker, Sänger oder auch ganz<br />

einfach Neugierige, jeden Sommer in der Nähe des<br />

Schlosses von Compiègne (Oise), um etwas nicht<br />

Alltägliches zu erleben. Konzerte mitten im Wald,<br />

« Musikspaziergänge » und sogar « musikalische<br />

Waldbäder » bieten dem Publikum Erlebnisse<br />

der besonderen Art, sind eine Einladung zum<br />

Auftanken. Nahezu jeder verlässt den Ort<br />

zu seiner eigenen Freude mit frischer<br />

Kraft und in gewisser Weise besänftigt.<br />

Gerade in diesem Jahr erhalten<br />

diese Aktivitäten daher eine<br />

besondere Bedeutung.<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 25


UNTERWEGS IN FRANKREICH Hauts-de-France / Oise<br />

Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich Folgendes<br />

vor: Sie befinden sich irgendwo in einem<br />

majestätischen Wald im Departement Oise, vor Ihnen<br />

der virtuose französische Cellist Christian-Pierre La<br />

Marca, ein international anerkannter Musiker, der normalerweise<br />

in den herausragendsten Konzertsälen der Welt<br />

auftritt. Nun aber sitzt er am Fuße einer Eiche und<br />

beginnt, eine Suite von Bach zu spielen. Einfach so, inmitten<br />

der Natur, ohne sonstiges Beiwerk. Außer Ihnen gehören<br />

noch einige andere zu den wenigen Auserwählten –<br />

insgesamt etwa zwanzig –, die an einem solchen Bain de<br />

forêt musical, einem « musikalischen Waldbad » teilnehmen,<br />

das im Rahmen des Festival des Forêts stattfindet.<br />

Dieses bemerkenswerte Festival gibt es seit 1992. Seit<br />

fast 30 Jahren also zieht es internationale Musiker von<br />

Rang und Namen an, die an 15 großartigen und meist<br />

ungewöhnlichen Orten in der Umgebung des Schlosses<br />

von Compiègne und in zwei benachbarten Wäldern ihre<br />

Kunst zum Besten geben. Es bietet diesen Musikern die<br />

Gelegenheit, außerhalb der üblichen Konzertsäle in der<br />

freien Natur, inmitten von Bäumen, zu spielen. An einem<br />

Ort, an dem im Übrigen bereits Franz I. (1494-1547), der<br />

französische König und Symbol der Renaissance – eine<br />

Zeit, in der Kunst und Literaturwissenschaft florierten<br />

–, ganz besonders gerne spazieren ging und neue Kraft<br />

schöpfte.<br />

Die Organisatoren dieses in seiner Art einzigartigen<br />

und innovativen Festivals wollten von Beginn an Verbindungen<br />

zwischen Natur und Musik schaffen, sowohl die<br />

Musiker als auch das Publikum in die Natur eintauchen<br />

lassen. Seit dem letzten Jahr können die Besucher neben<br />

den Konzerten bei sogenannten Bains de forêts musicaux –<br />

inspiriert vom japanischen shinrin yoku (Waldbad) – noch<br />

ganz andere sensorische Erfahrungen machen. Ein solches<br />

« musikalisches Waldbad » zu nehmen, bedeutet in der Praxis,<br />

in Begleitung eines « Mentors » und eines oder mehrerer<br />

Musiker einen dreistündigen Spaziergang durch den Wald<br />

zu machen. Die Künstler bieten unterwegs regelmäßig ihre<br />

Kunst dar, manchmal lassen sie sich dafür am Fuße eines<br />

Baumes nieder, manchmal spielen sie im Gehen.<br />

Die « musikalischen Waldbäder » ergänzen die bereits<br />

zur Tradition gewordenen Marches avant-concert, die<br />

« Spaziergänge vor dem Konzert ». Besitzt man ein Ticket<br />

für das Konzert des entsprechenden Festivaltages, kann<br />

man entweder einem Themenparcours (Geschichte, Natur,<br />

Botanik, Gesang …) in Begleitung eines Experten folgen<br />

oder sogar eine richtige kleine Wanderung im Wald (ca.<br />

26 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


12 Kilometer) unternehmen. Das macht mit Sicherheit<br />

Appetit auf Musik und weckt die Lust auf das in der Folge<br />

stattfindende Konzert. Die Konzerte wiederum finden an<br />

verschiedenen Orten statt: im Wald, in einem der umliegenden<br />

Dörfer oder in einem Stadtviertel von Compiègne.<br />

Seit Beginn der Coronavirus-Pandemie konnte das<br />

Festival des Forêts aus seiner Besonderheit sogar ein Mittel<br />

zum Überleben, wenn nicht sogar zur Weiterentwicklung<br />

machen. Während viele Konzerte, die « im klassischen<br />

Rahmen » in Räumen stattfinden, abgesagt werden<br />

mussten, beschloss man in Compiègne, den Schwerpunkt<br />

auf die Bains de forêts musicaux zu legen. Aufgrund der<br />

Tatsache, dass diese Veranstaltungen unter freiem Himmel,<br />

in kleinen Gruppen (maximal 20 Personen) und<br />

unter Einhaltung der notwendigen Hygienevorschriften<br />

stattfinden, konnten sie weiterhin durchgeführt werden.<br />

Die Bains de forêts musicaux werden auch in diesem Jahr<br />

außerhalb der eigentlichen Festivalzeit – vom 19. Juni bis<br />

15. Juli <strong>2021</strong> – angeboten und ziehen immer mehr Musikfreunde<br />

und Naturliebhaber an.<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 27


UNTERWEGS IN FRANKREICH Hauts-de-France / Oise<br />

Eine weitere Besonderheit: Zu diesem Festival<br />

kommt man mit der ganzen Familie, mit Freunden,<br />

man veranstaltet gemeinsam ein Picknick, man lässt<br />

sich unter einem Baum oder auf einer Lichtung nieder,<br />

um zusammen ein Glas zu trinken, und ist weit weg<br />

vom zeremoniellen Gehabe eines klassischen Konzertes.<br />

Die Zeichen stehen auf Geselligkeit und Auftanken.<br />

Vor allem der letzte Punkt erhält in diesem Jahr eine<br />

besondere Bedeutung. Niemand muss es aussprechen,<br />

alle fühlen es in ihrem tiefsten Inneren: Hier kann man<br />

durchatmen, hier fühlt man sich wohl, egal, ob mit<br />

dem Rücken an einen Baum gelehnt, auf einem kleinen<br />

Klappstuhl oder ausgestreckt auf einer Decke am<br />

Boden. Hier findet man ein wenig von der Freiheit und<br />

inneren Ruhe wieder, die allen so schmerzlich fehlt. Ob<br />

Musiker, Zuhörer oder Organisatoren, alle sind zweifellos<br />

glücklich, hier im Wald ein gemeinsames musikalisches<br />

Erlebnis zu haben …<br />

Interview:<br />

Bruno Ory–Lavollée,<br />

Gründer und Präsident des Festival des Forêts<br />

Bruno Ory-Lavollée, wie ist die Idee für das Festival des<br />

Forêts, das eine enge Verbindung zwischen Musik und Natur<br />

herstellt, eigentlich entstanden?<br />

Die ersten Gedanken über dieses Festival machten<br />

wir uns in den 1980er-Jahren. Damals waren die Zeiten<br />

noch ganz anders als heute: Man hatte hohe Budgets<br />

zur Verfügung, um Festivals zu kreieren, überall entstanden<br />

neue. Ich erinnere mich, dass es in Frankreich<br />

bereits rund 500 Festivals pro Jahr gab, in Deutschland<br />

war es im Übrigen ähnlich. Insofern erschien es uns<br />

nicht sinnvoll, « einfach nur » ein weiteres Festival nach<br />

dem Vorbild vieler anderer zu entwickeln. Wir wollten<br />

uns abheben, etwas Neues kreieren. Als wir darüber<br />

nachdachten, erschienen uns plötzlich das Schloss und<br />

der Wald von Compiègne, in dieser wunderschönen,<br />

geschützten Gegend, in dieser kleinen Ecke der Region<br />

Hauts-de-France, ein interessanter und vielversprechender<br />

Ansatz zu sein. Compiègne liegt am Wald, so wie<br />

andere Städte am Meer liegen. Der Wald ist omnipräsent,<br />

man durchquert ihn, wenn man von einem Dorf<br />

ins nächste fährt. Uns wurde bewusst, in welchem Maße<br />

hier alles eins mit der Natur ist. Das Thema drängte sich<br />

also auf. Es war ein idealer Ort, um Musik und Natur zu<br />

verbinden. Obwohl die Beziehung zwischen Natur und<br />

Musik – zwischen Natur und Kunst im weitesten Sinne<br />

– bereits sehr lange existiert und einen echten Sinn beinhaltet,<br />

hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch kein Festival<br />

sie aufgegriffen.<br />

28 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 29


UNTERWEGS IN FRANKREICH Hauts-de-France / Oise<br />

Wie hat man damals auf diesen Gedanken reagiert?<br />

Das Projekt stieß schnell auf reges Interesse. Zugegebenermaßen<br />

auch auf Skepsis, wie das bei neuen Ansätzen<br />

oft der Fall ist. Zumal unser innovativer Gedanke<br />

noch viel weiter ging. Da wir uns von anderen abheben<br />

und von der Gegend inspirieren lassen wollten, war es<br />

uns beispielsweise wichtig, auch bei der Art des Konzertes<br />

neue Wege zu gehen. Also haben wir uns von allem<br />

Bestehenden gelöst und den Begriff des « Konzertspaziergangs<br />

» durch den Wald kreiert. Der Ansatz, dass der<br />

Zuhörer nicht wie gewohnt vor einem Orchester sitzt,<br />

sondern plötzlich aufgefordert wird, sich zu erheben,<br />

um mit Musikern durch den Wald zu spazieren, die mal<br />

hier, mal da spielen, war absolut neu. Es war eine echte<br />

Revolution! Gleichzeitig erschien es uns wesentlich, uns<br />

dadurch zu unterscheiden, dass wir der zeitgenössischen<br />

Musik innerhalb des Festivals einen hohen Stellenwert<br />

einräumten. Diese Art der Musik stand damals nur sehr<br />

selten im Mittelpunkt. Fast niemand wagte es, sie in ein<br />

Programm aufzunehmen. Die meisten Festivals boten<br />

ausschließlich eine « klassische », sehr traditionelle Vision<br />

der Musik. Eine Musik, die zwar wunderschön ist, die<br />

aber aus einer vergangenen Epoche stammt, von ihrer Zeit<br />

völlig abgekoppelt ist. Das wollten wir ebenfalls ändern.<br />

Und das rief natürlich Reaktionen hervor. Doch letzten<br />

Endes schlugen diese schnell in Enthusiasmus um.<br />

Kam der Gedanke, die Musik aus dem Konzertsaal zu holen,<br />

sofort an?<br />

Ja, das ging schnell. Zumal wir aus einem Konzert<br />

einen geselligen und vergnüglichen Moment machten.<br />

Es ging nicht darum, eine ernste Atmosphäre zu schaffen,<br />

durch die sich manche Festivals für klassische Musik<br />

auszeichnen. Hier sind weder Krawatte noch Abendkleid<br />

angesagt. Man kleidet sich bequem, damit man sich<br />

wohlfühlt. Natürlich sind Kinder ebenfalls willkommen.<br />

Wenn diese das Konzert nicht anhören möchten, können<br />

sie an einem Beschäftigungsprogramm teilnehmen. Das<br />

Zauberwort lautet wirklich Geselligkeit. Ich habe im Übrigen<br />

immer Wert darauf gelegt, dass es nach der Hälfte<br />

des Konzertes eine Pause gibt, um bei dieser Gelegenheit<br />

zusammen etwas zu trinken, Bekanntschaften zu schließen,<br />

sich auszutauschen. Das ist ein gutes Mittel, um daran<br />

zu erinnern – sofern dies überhaupt notwendig ist –,<br />

dass Musik und Kunst ein Teil des Lebens sind.<br />

Geselligkeit ist ein Begriff, den man im Norden gut kennt …<br />

Genau! Meiner Meinung nach ist dies unbestritten<br />

einer der Schlüssel, warum das Festival so erfolgreich ist.<br />

Bekanntlich befinden wir uns hier in der Region Hautsde-France,<br />

also bei den Ch‘tis, die man 2008 durch den<br />

Film von Dany Boon Bienvenue chez les Ch’tis (Willkommen<br />

bei den Sch’tis) kennenlernte. Diese Geselligkeit ist keine<br />

30 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Österreich 6,50 €<br />

Schweiz 10,90 CHF<br />

Freiheit<br />

beginnt<br />

beim<br />

Lesen<br />

Seit der Gründung des Festivals sind in dessen Rahmen mehr als 300 Künstler – darunter<br />

der Cellist Christian-Pierre La Marca (siehe vorhergehende Seite) – aufgetreten<br />

und haben Werke von mehr als 80 Komponisten gespielt. Alle stellen fest, dass die<br />

Zuhörer durch das Eintauchen in die Natur und die Führungen durch den Wald der<br />

Musik eine ganz andere sensorische Aufnahmebereitschaft entgegenbringen.<br />

Legende, sie existiert wirklich. Und die Tatsache, dass das Festival von einem<br />

örtlichen Verein mit ehrenamtlichen Helfern – zu denen ich selbst auch gehöre<br />

– auf die Beine gestellt wird, macht einen Teil des Erfolgs aus. Für uns dürfen<br />

sich Kultur und künstlerisches Schaffen nicht ausschließlich in Institutionen<br />

abspielen. Sie können auch direkt von der Gesellschaft initiiert, vom Publikum<br />

selbst getragen werden. Bei diesem Festival ist genau das der Fall, es wird von<br />

Menschen wie Sie und ich organisiert. Zu den ehrenamtlichen Helfern, die das<br />

Festival alljährlich organisieren, gehören zum Beispiel eine Backwarenverkäuferin,<br />

ein Buchhalter, ein Rentner und auch ein Richter am Rechnungshof, wie<br />

ich einer bin. Zweifellos ist gerade das ein Merkmal, das uns von vielen anderen<br />

Veranstaltungen dieser Art abhebt und unsere Stärke ausmacht.<br />

Provence<br />

DAS UNABHÄNGIGE FRANKREICH-MAGAZIN <strong>Nr</strong>. <strong>78</strong> · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong><br />

Hauts-de-France<br />

Die 27 100 Jahre alte<br />

Hand eines Künstlers<br />

Burgund<br />

Ein essbarer Wald<br />

HAUTS-DE-FRANCE · LOIRETAL · BURGUND · NOUVELLE-AQUITAINE · PROVENCE<br />

Wirtschaft Wenn Deutschland Frankreich erobert<br />

Rezept Crème catalane<br />

Produkt Le parapluie de Cherbourg<br />

Musikalische Waldbäder und ein Einhorn<br />

Loiretal<br />

Im Reich der Blumenkönigin<br />

Nouvelle-Aquitaine<br />

Der Nabel der Welt<br />

Deutschland 5,90 €<br />

Inwiefern kann man bei einem Besuch des Festival des Forêts neue Energie tanken?<br />

Zunächst glaube ich, dass Musik heute mehr denn je eine wichtige Rolle in<br />

unserer Gesellschaft spielt. Gerade die derzeitige Pandemie macht uns einmal<br />

mehr bewusst, dass Musik guttut, dass sie beruhigt. Vielleicht haben wir sie<br />

ein bisschen vernachlässigt. Als ob wir uns im Laufe der Jahrhunderte an sie<br />

gewöhnt hätten, ohne sie weiter zu beachten. Allerdings äußerten sich bereits<br />

in der Antike Autoren über ihren Stellenwert; das ging so weit, dass diese uns<br />

vor ihr warnten: Platon schrieb zum Beispiel in La République, dass « schlechte<br />

Musik die Pfeiler der Stadt ins Wanken bringen kann ». Zieht man daraus den<br />

gegenteiligen Schluss, so heißt das, dass Musik wichtig für unsere Gesellschaft<br />

ist und ihr einen Nutzen bieten kann.<br />

Warum verstärkt die Natur Ihrer Meinung nach die wohltuende Wirkung der Musik?<br />

Ich persönlich spüre jedes Mal sofort, wenn ich einen Wald betrete, dass die<br />

Natur mir eine Last abnimmt. Sie beruhigt mich, macht mich gelassener. Es ist<br />

wie eine Symphonie der Gefühle, die von allen möglichen Dingen beeinflusst<br />

werden: den Jahreszeiten, dem Himmel, der Form eines Baumes, dem Geräusch<br />

der Blätter im Wind, dem Gesang eines Vogels. Meine Sinne sind permanent<br />

aufnahmebereit. Genauso wie beim Musikhören. Und durch das Festival hat<br />

sich herausgestellt, dass Musikhören in der Natur eine sehr intensive Erfahrung<br />

ist. Als ob die wohltuende Wirkung der Stimmen und Instrumente durch die<br />

Natur noch verstärkt würde. Man kann das im Grunde nur schwer erklären.<br />

Vielleicht, weil es eine sehr persönliche Reaktion ist, die sich besser erleben als<br />

erklären lässt. Auf jeden Fall bestätigen uns dies alle Konzertbesucher.<br />

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Liebe Leserinnen und Leser,<br />

in der derzeitigen Situation tun<br />

Aktivitäten wie Lesen und eventuell<br />

sogar die Vorbereitung des nächsten<br />

Frankreichurlaubs mehr denn je gut.<br />

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UNTERWEGS IN FRANKREICH Hauts-de-France / Oise<br />

Dieses Foto zeigt das ungewöhnliche Umfeld sowie die ungezwungene und dennoch aufmerksame Stimmung<br />

während eines Konzertes von Christian-Pierre La Marca beim Festival des Forêts 2020.<br />

Eine der Erklärungen ist, dass die Sinne in der Natur angeblich<br />

empfangsbereiter seien …<br />

Das glaube ich in der Tat. Vielleicht weil wir alle<br />

unbewusst die jahrhundertealte Erfahrung vom Leben<br />

in der Natur in uns haben. Man vergisst oft, dass unsere<br />

Vorfahren in den Wäldern lebten und jagten, um sich zu<br />

ernähren. Der Wald war ein fester Bestandteil ihres Alltags.<br />

Es ist heute eine feststehende Tatsache, dass unser<br />

Hörsinn bei einem Konzert mitten im Wald besonders geschärft<br />

ist. Als ob unsere Sinne durch einen uralten Reflex<br />

plötzlich auf der Lauer lägen, um Gefahren zu erkennen<br />

oder eine mögliche Beute zu erspähen … Es ist eine außergewöhnliche<br />

Erfahrung, die vermutlich die meisten<br />

Festivalbesucher machen. Mehr noch: Man könnte davon<br />

ausgehen, dass die Akustik mitten im Wald schlechter<br />

als in einem speziell ausgestatteten Konzertsaal ist. Doch<br />

auch in diesem Punkt sind sich die Besucher einig: Bei<br />

einem Konzert hier im Wald vernimmt man die Töne und<br />

Nuancen mit einer unendlichen Sensibilität und Präzision.<br />

Oft mischen sich natürlich « störende Elemente » darunter,<br />

die aber willkommen sind: der Gesang eines Vogels, der<br />

der Musik zu antworten scheint, das Geräusch eines vorbeihuschenden<br />

Hasen oder sogar eines Rehs, ein leichter<br />

Hauch zwischen zwei Noten, ausgelöst vom Flügelschlag<br />

eines Vogels. Sie können sich sicher vorstellen, dass dies in<br />

den meisten Fällen magische Momente sind …<br />

Apropos, wie reagieren die Zuhörer und Musiker darauf?<br />

Die Reaktion der Zuhörer lässt sich am besten mit<br />

dem Bild eines Einhorns verdeutlichen, das bei mir zu<br />

Hause hängt. Ich bekam es von einem Besucher, der eines<br />

der Konzerte im Wald anhörte, zusammen mit folgendem<br />

Kommentar: « Während des Konzerts erschien<br />

mir ein sehr aufmerksames Einhorn. Danke für diesen<br />

magischen Moment. » Ich glaube, das fasst das Spektrum<br />

der Eindrücke, die das Festival hervorrufen kann, gut<br />

zusammen. Für diese Person war es ein Einhorn! Und vor<br />

allem war es ein « magischer Moment ». Was die Musiker<br />

angeht, so kamen diese zu Beginn nur zögerlich. Es ist<br />

nicht einfach, mit der Natur konfrontiert zu sein. Die<br />

Akustik, das Echo der Instrumente und Stimmen sind<br />

für sie heikel, der Unterschied zur Akustik in einem herkömmlichen<br />

Konzertsaal ist riesig. Und doch haben sie<br />

schnell Gefallen daran gefunden. Sie sagen, es sei einerseits<br />

eine Herausforderung, andererseits aber auch eine<br />

große Motivation für sie gewesen und habe ihnen ein<br />

unvergleichliches Vergnügen bereitet. Es sei eine Freude,<br />

ein seltenes Erlebnis mit dem Publikum zu teilen, in einer<br />

Art von Gleichklang unter dem schützenden Dach<br />

von Bäumen zu sein. Besondere Momente, die man nicht<br />

vergisst.<br />

Bruno Ory-Lavollée, vielen Dank für das Gespräch.<br />

32 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Ant<br />

Calais Dunkerque<br />

Gent<br />

nnion<br />

E50<br />

Saint-Brieuc<br />

N164<br />

D768<br />

Lorient<br />

Vannes<br />

ron<br />

Boulogne<br />

Reiseinfos & Lesetipps für Ausflüge in die Umgebung<br />

Compiègne …<br />

… Berlin 985 km … Hamburg 799 km<br />

… Köln 414 km … Frankfurt 517 km<br />

… München 753 km … Wien 1174 km<br />

… Zürich 588 km … Lille 149 km<br />

… Paris 76 km … Beauvais 60 km<br />

Caen Konzerte: A13/E46Der Preis beträgt maximal<br />

Reims<br />

Saint-Lô<br />

29. Festival des Forêts<br />

32 €, variiert aber je nach Konzert,<br />

A13/E5<br />

A16<br />

(19. Juni bis 15. Juli <strong>2021</strong>,<br />

Kategorie und ggf. einer Ermäßigung;<br />

Evreux<br />

A4/E50<br />

Thema « Auf dem Wasser A84/E401 zu singen ») Kinder unter 12 Jahren haben freien<br />

6, rue de la procession<br />

Eintritt. Mit einem « Festivalpass »<br />

Châlons-en-<br />

PARIS<br />

Champagne<br />

60200 Dinard Compiègne Saint-Malo<br />

Avranches<br />

für 180 A28/E402 € hat man Zugang zu allen 20<br />

Versailles<br />

Telefon: +33 (0)3 44 40 28 99<br />

Konzerten des Festivals. Dreux<br />

Öffnungszeiten N176/E401des Mont-Saint-Michel<br />

Büros:<br />

« Musikalische Waldbäder »: 40 €.<br />

A6/E15<br />

N12/E50Montag bis Freitag 9.00 bis 12.30 Uhr Der Preis beinhaltet einen Café oder<br />

A84<br />

und 13.30 bis 17.00 Uhr.<br />

Begrüßungsdrink, einen Spaziergang<br />

A5/E54<br />

A26/E17<br />

Alençon<br />

Chartres<br />

(5 - 6 km) « mit Zeit zum Beobachten,<br />

Troyes<br />

www.festivaldesforets.com<br />

Zuhören, Atmen und Meditieren A11/E50unter<br />

Bei den Bains de Forêts musicaux sind<br />

Anleitung eines Mentors, mit Übungen, Tiere nicht zugelassen.<br />

Das Festival des Forêts Rennes passt<br />

um eine Verbindung mit der Natur A10/E5<br />

Sens<br />

Es ist ratsam, passende Kleidung,<br />

N24 sein Programm (vor allem die<br />

herzustellen, vor allem mit Bäumen<br />

bequeme Schuhe sowie eine Decke<br />

Konzerttermine) kontinuierlich an die (unter Le Mans anderem das berühmte Tree Orléans oder Matte (für einige Übungen am<br />

aktuelle Situation und die geltenden A11/E501 hugging*), mit Musik inmitten der<br />

Boden) mitzunehmen.<br />

A28/E502<br />

Châtillon-sur-S<br />

Auflagen für Veranstalten an, um<br />

Natur, als Begleitung einiger Übungen, Die Teilnehmer müssen zwingend Auxerre eine<br />

Publikum, Künstler und ehrenamtliche mit musikalischen Einlagen im Blois Wald, Maske tragen und Hände desinfektionsmittel<br />

sowie einen kleinen Beutel für A6/E15<br />

Helfer zu schützen. Alle Informationen am Ausgangs- und Endpunkt ». (*Anm. Chambord<br />

A10/E5-E60<br />

Angers<br />

über das Festival <strong>2021</strong> werden A11/E60 auf der d. Red.: das Umarmen von Bäumen) Cheverny Abfälle mitbringen.<br />

La Baule<br />

Vézelay Avallon F<br />

A86/E60<br />

Tours Chenonceau<br />

A71/E9<br />

St. Nazaire<br />

A85<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. Nantes 50<br />

« Sozialpalast » wurde zwischen 1859 und 1884 in der Nähe einer<br />

Ecouen, ein Museum A87 für die Renaissance Monts A10/E5florierenden Fabrik erbaut und bot Wohnraum für knapp 2000<br />

Bourges<br />

(63 km entfernt) Clisson<br />

Arbeiter. Er war damit eines der ambitioniertesten sozialen<br />

Das Schloss von Ecouen Choletim nördlichen Pariser<br />

Experimente der industrialisierten Welt. Heute ist dieses<br />

Ballungsraum A83 beherbergt seit 1969 das sogenannte Versailles du peuple ein bewohntes Museum, das<br />

A20/E9<br />

Nationale Museum der Renaissance<br />

offenbart, wie erstaunlich und neuartig A71/E11 der Bau zu seiner Zeit<br />

Les Sablesd’Olonne<br />

und ist eines der schönsten Museen des gewesen sein muss. Ein Besuch anlässlich des 200. Geburtstages<br />

Landes. Nicht nur das Schloss selbst<br />

des Erbauers Jean-Baptiste André Godin.<br />

ist ein Musterbeispiel A83<br />

der Renaissance, Poitiers<br />

auch die gezeigten Exponate nehmen<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 47<br />

Saint-Sigismond<br />

C<br />

Bezug auf diese Epoche europäischer<br />

Musée Matisse, Kunstgenuss auf dem platten Land<br />

Hochkultur. N11/E601 Doch trotz Niort dieser<br />

(105 km entfernt) Montluçon<br />

Verlockungen zieht es nur relativ La Rochelle wenige Touristen in den Ort.<br />

Völlig unerwartet befindet sich im Departement Nord<br />

Dabei ist der Abstecher nach Ecouen ein E5/A10 empfehlenswertes<br />

eine Autostunde südöstlich von Lille in einem<br />

A71/E11<br />

Erlebnis und eine gute Ergänzung für jeden<br />

nur 7000 Einwohner zählenden Dorf ein<br />

Parisbesuch. E602/A837<br />

Kunstmuseum von internationalem Rang:<br />

das Musée Matisse in Le Clermont- Cateau-Cambrésis. A72/E70<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 64<br />

Limoges Jedes Jahr zieht es zehnmal Ferrandmehr Besucher<br />

Familistère de Guise, vom « Versailles für<br />

an, als der Ort Einwohner A89/E70 hat. Gezeigt Puy de Dôme werden<br />

Angoulême<br />

Arbeiter » zum bewohnten Museum<br />

zahlreiche Werke von zwei bekannten A75/E11<br />

(94 km entfernt)<br />

Söhnen der Kommune, le Henri Mont-Dore Matisse und<br />

Montalivet Im Departement Aisne, ein paar Kilometer Auguste Herbin, sowie das Vermächtnis des Kunstkritikers,<br />

östlich von Saint-Quentin, befindet sich<br />

Kunstsammlers und Verlegers Stratis Eleftheriadis, bekannt<br />

ein außergewöhnliches Gebäude: das<br />

unter dem Namen Tériade. Tulle Dieses Museum allein rechtfertigt<br />

Périgueux<br />

Familistère de Guise. Dieser imposante<br />

jede Reise in den Brive-la-Gaillarde<br />

Norden Frankreichs.<br />

A89/E70 Le Pescher<br />

E5/A10<br />

Souillac sur Saillac<br />

INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND Dordogne<br />

ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF<br />

Le Porge<br />

Aurillac SEITE 88.<br />

Bordeaux<br />

Sarlat-le-Canéda<br />

Payrac Rocamadour<br />

Cap-Ferret<br />

Der nächstgelegene Flughafen, der aus<br />

dem deutschsprachigen Cherbourg- Raum direkt<br />

Octeville<br />

angeflogen wird, ist Paris-Charles-de-<br />

Gaulle (59 km).<br />

Der nächstgelegene TGV-Bahnhof be findet<br />

sich in Estrées-Deniécourt (59 km).<br />

Website regelmäßig aktualisiert. Wir<br />

empfehlen Ihnen daher, sich vor einem<br />

Besuch dort zu informieren.<br />

Auf der Website sind zudem die Daten,<br />

Orte und Programme der Bains de<br />

forêts musicaux aufgeführt; Tickets<br />

dafür können bereits reserviert<br />

werden. Die Informationen über die<br />

Konzerte des eigentlichen Festivals<br />

– und die Möglichkeiten für die<br />

Le A29/E44 Havre<br />

Reservierung<br />

A131der Jumièges Tickets – werden so<br />

bald Honfleur wie möglich ergänzt. Rouen<br />

N165/E60<br />

N13<br />

A52/E72<br />

A20/E9<br />

Amiens<br />

Arras<br />

A1/E15-E19<br />

Lille<br />

Roubaix<br />

Compiègne<br />

A26/E17<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 33<br />

Bruxel<br />

Charlroi<br />

A34/E46


ADVERTORIAL<br />

Denkt man an Schlösser in Frankreich,<br />

dann kommt einem natürlich die Loire<br />

oder Paris in den Sinn, aber sicherlich<br />

nicht Nordfrankreich. Dabei gehört<br />

das Schloss Compiègne mit Versailles<br />

und Fontainebleau zu den wichtigsten<br />

Herrschersitzen in Frankreich. Und das<br />

Schloss Pierrefonds, nur wenige Kilometer<br />

weiter im tiefen Wald von Compiègne<br />

versteckt, ist ein Traum von Märchenschloss,<br />

das sogar König Ludwig II. von<br />

Bayern für den Bau von Neuschwanstein<br />

inspirierte.<br />

A<br />

m Rande eines großen Waldgebietes und am<br />

Ufer der Oise gelegen war Compiègne schon<br />

zu Zeiten der Merowinger eine wichtige Königsresidenz.<br />

In Folge der Jahrhunderte wurde<br />

das Schloss immer wieder erweitert oder<br />

umgebaut, aber mit den von Ludwig XV. in Auftrag gegeben<br />

umfassenden Veränderungen wurde das Gebäude zu der<br />

heutigen klassizistischen Schlossanlage und zu einem der bedeutendsten<br />

königlichen Bauwerke der zweiten Hälfte des 18.<br />

Jahrhunderts. Vor allem währen des Zweiten Kaiserreiches<br />

(1852 – 1870) erlebte Schloss Compiègne eine neue Blütezeit.<br />

Napoleon III. und Eugenie nutzten Compiègne als Herbstresidenz,<br />

in der das Hofzeremoniell nicht so steif wie im Tuilerien<br />

Palast oder in Saint Cloud war. Sie organisierten in Compiègne<br />

die berühmten „Séries de Compiègne“ und empfingen<br />

für eineinhalb Monate die gekrönten Häupter und die Elite<br />

der Gesellschaft des Zweiten Kaiserreichs. Jede Woche wurden<br />

etwa hundert Gäste mit Sonderzügen vom Bahnhof Gare<br />

du Nord nach Compiègne transportiert und verbrachten dort<br />

einen prächtigen Aufenthalt. Kaiserin Eugénies Herz hing<br />

derart stark an diesem Schloss, dass sie später im englischen<br />

Exil einen Teil ihrer dortigen Residenz Farnborough Hill in<br />

Compiègne umtaufte. Zeugnisse dieser glanzvollen Zeit sind<br />

das im Palast eingerichtete Second Empire Museum und die<br />

kaiserlichen Appartements, deren einzigartige Sammlung die<br />

Welt des Paares und ihre Pracht wiederaufleben lässt.<br />

Der 20 Hektar große, englische Garten des Schlosses geht<br />

in einen 700 Hektar großen Landschaftsgarten über, an den<br />

sich direkt dahinter der Wald von Compiègne anschließt.<br />

Die 5 Kilometer lange, königliche Flaniermeile „Allée des<br />

Beaux-Monts“ führt vom Schloss in den Wald in Richtung<br />

Pierrefonds. Die Legende besagt, dass der Durchbruch im<br />

Frühjahr 1811 von Napoleon I. in Auftrag gegeben und in<br />

einer Nacht gerodet wurde, so dass Kaiserin Marie-Louise<br />

am Morgen beim Öffnen ihrer Vorhänge die neue Aussicht<br />

entdecken konnte! Eine liebenswerte Aufmerksamkeit, denn<br />

die Idee war, sie an die Perspektive des Schlosses Schönbrunn<br />

zu erinnern. In Wirklichkeit war es Kaiserin Eugénie, die diese<br />

außergewöhnliche Aussicht nutzte, denn das Werk wurde erst<br />

1823, lange nach der Herrschaft von Napoleon I. und Marie-


ADVERTORIAL<br />

Louise auf Schloss Compiègne, endgültig fertiggestellt.<br />

Der Wald von Compiègne ist mit einer Fläche von 15.000<br />

Hektar eines der größten Waldgebiete und der drittgrößte<br />

Staatswald in Frankreich mit seltenen oft Jahrhunderte alten<br />

Baumarten. Ein Ort von außergewöhnlicher Artenvielfalt, in<br />

dem 5.600 Pflanzenarten und 6.600 Tierarten leben. In seinen<br />

von Tälern und Schluchten durchzogenen Hochebenen,<br />

seinen kleinen Hügeln, Bächen und Teichen bietet der Wald<br />

von Compiègne noch heute über 1000 km Wege für Wanderungen<br />

oder Radtouren. Schon im 16. Jahrhundert legten die<br />

Könige hier Wege an und stellten an jeder Kreuzung sternförmige<br />

Pfosten auf. Es gibt noch 310 von ihnen, alle benannt<br />

nach lokalen Ortsbezeichnungen, Tieren, Mythen und Prinzen.<br />

Aber erst als sich Kaiserin Eugenie in diesem dichten,<br />

dunklen und wilden Wald verirrte, ließ Napoleon III. eine<br />

rote Markierung auf jeden Pfosten zeichnen. Mit dem Rücken<br />

zu ihr wusste die Kaiserin stets, dass das Schloss direkt vor<br />

ihr lag. Bekannt wurde der Wald von Compiègne auch durch<br />

die hier unterzeichneten Waffenstillstandsverträge von 1918<br />

und 1940. Auf der Lichtung kann man heute im Musée de<br />

l’Armistice den Wagon mit der originalen Ausstattung besichtigen.<br />

Schon zu Zeiten Napoleons III. waren die Ruinen des tief<br />

im Wald versteckten Schlosses Pierrefonds eines der beliebtesten<br />

Ausflugsziele. Mit dem Aufkommen der Romantik und<br />

den Romanen Walter Scotts im 19. Jahrhundert kamen das<br />

Mittelalter und seine Ruinen in Mode. Beeindruckt von der<br />

halbverfallenen, aber nicht weniger stolzen Burg kaufte Napoleon<br />

I. Pierrefonds. Aber erst unter Napoleon III. erlangte das<br />

Schloss wieder seine alte Pracht. Im Jahr 1857 beauftragte er<br />

den Architekten Eugène Viollet-le-Duc mit der Restaurierung<br />

des Schlosses und dem Ziel, es zu einem Beispiel für französisches<br />

Baukunst zu machen. Eugène Viollet-Le-Duc war<br />

der wahrscheinlich wichtigste Architekt und Kunsthistoriker<br />

Frankreichs des 19. Jahrhunderts. Er erlangte Berühmtheit<br />

durch die Restaurierung mittelalterlicher Bauwerke, wie z. B.<br />

Notre-Dame de Paris oder die Befestigungsanlage von Carcassonne.<br />

Insbesondere bei Pierrefonds ging es ihm nicht darum,<br />

es instand zu halten, zu reparieren oder wiederaufzubauen,<br />

sondern es in einen Gesamtzustand zu versetzen, den es so<br />

vielleicht nie gegeben hat. Und so ignorierte Viollet-Le-Duc<br />

oftmals historische Dokumente und zögerte nicht, Elemente<br />

aus seiner Fantasie neu zu erschaffen, um diesen „Gesamtzustand“<br />

zu erreichen. Er vermischte beim Nachbau der Räume<br />

verschiedene Stile. Gotik, Renaissance und sogar Jugendstil<br />

sind in den verschiedenen Teilen der Burg kombiniert. Das<br />

Ergebnis ist ein grandioses Märchenschloss, das selbst König<br />

Ludwig II. von Bayern 1867 so beeindruckte, dass er es als<br />

Vorlage für Neuschwanstein übernahm. Heute dienen das<br />

Schloss und seine 8 Türme, 4500 Stufen, doppelten Wälle,<br />

Wachtürme und Schießscharten als Filmkulisse für berühmte<br />

mittelalterliche Filme wie z. B. die BBC-Serie Merlin. Und bei<br />

einem Besuch träumt man unweigerlich von Rittern, Drachen<br />

und Prinzessinnen.<br />

Linke Seite: Das märchenhafte Schloss von Pierrefonds (Foto: Laurent Destrebecq - Allures photos). Oben links: Das Schloss von<br />

Compiègne (Foto: M. Poirier), darunter Der Ausblick auf die fünf Kilometer lange königliche Flaniermeile nach Pierrefonds (Foto:<br />

Valeur Image Production - Oise Tourisme). Rechts ein Beispiel für die prunkvolle Ausstattung Compiègnes (Foto: Bruno Beucher).<br />

Weitere Infos unter:<br />

www.nordfrankreich-reiseideen.com/schloesser/


UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />

36 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Im Reich der Blumenkönigin<br />

Das Loire-Tal gilt aufgrund seiner renommierten Schlösser als eine der bekanntesten<br />

Tourismusregionen Frankreichs. Manchen erscheint diese Gegend genau aus diesem<br />

Grund « zu klassisch ». Verlässt man jedoch einmal die ausgetretenen Pfade, hat sie<br />

durchaus einige Überraschungen zu bieten. So haben wir Ihnen beispielsweise im<br />

Herbst 2018 (Frankreich erleben <strong>Nr</strong>. 68) das Dorf Doué-en-Anjou vorgestellt. Es liegt<br />

zwischen Saumur und Angers und besitzt ein erstaunliches, 1500 Kilometer langes<br />

Labyrinth mit Stollen und Höhlen. Diese unglaubliche unterirdische Welt, von der wir<br />

Ihnen damals berichtet haben, ist in Frankreich einzigartig, sie ist jedoch nicht die einzige<br />

Sehenswürdigkeit dort. Heute laden wir Sie noch einmal ein, mit uns Doué-en-<br />

Anjou zu besuchen, ein Dorf, das – obwohl dies relativ unbekannt ist – die französische<br />

Hauptstadt der « Königin des Gartens » ist: die Hauptstadt der Rose.<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 37


UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />

38 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Fast vier Millionen Rosenstöcke! Sie haben sicher die<br />

unendlichen Tulpenfelder in Holland vor Augen.<br />

Nun stellen Sie sich Rosenbeete vor, so weit das<br />

Auge reicht. Mit jährlich vier Millionen Rosenstöcken<br />

kann sich die kleine Gemeinde Doué-en-Anjou, die rund<br />

eine halbe Stunde von Angers entfernt liegt, zu Recht mit<br />

Stolz als größtes Anbaugebiet von Rosenstöcken in Frankreich<br />

bezeichnen. Und dabei wissen das die meisten Franzosen<br />

nicht einmal. Ist das aber so erstaunlich? Die Rose<br />

gehört zwar zu den meistverkauften Blumen des Hexagons,<br />

allerdings handelt es sich dabei in den meisten Fällen um<br />

Schnittblumen: Ob traditionell zum Valentinstag oder<br />

ganz einfach aus Freude am Schenken, pro Jahr werden<br />

600 Millionen Schnittrosen verkauft, wobei drei Viertel<br />

davon aus dem Ausland (vor allem aus Kenia, Äthiopien<br />

und Ecuador) stammen und den langen Weg ins Hexagon<br />

auf dem Luftweg zurücklegen müssen. Erwähnt man also<br />

diese berühmte Blume, dann denken die Franzosen meist<br />

an solche Schnittrosen. Dabei haben nicht wenige von ihnen<br />

Rosen im eigenen Garten. Pflanzenzüchter sind sich<br />

darin einig, dass Rosenstöcke zu den Pflanzen gehören, die<br />

sich das ganze Jahr über am besten verkaufen. Man könnte<br />

sogar sagen, dass die Franzosen ganz verrückt danach sind.<br />

Egal ob im Norden oder Süden, im Westen oder Osten, es<br />

gibt nur wenige Gärten, in denen sich nicht mindestens<br />

eine Rosenpflanze befindet, wobei das Spektrum von alten<br />

Rosensorten bis hin zu ganz neuen und immer erstaunlicheren<br />

Züchtungen reicht.<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 39


UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />

Das tragische Schicksal eines Barons<br />

Die meisten dieser Rosenpflanzen wurden, sofern sie<br />

überhaupt aus Frankreich stammen, mit großer Wahrscheinlichkeit<br />

in Doué-en-Anjou gezüchtet, denn dort<br />

gibt es heute rund 50 Produzenten, die auf einer Fläche<br />

von mehr als 500 Hektar Rosen kultivieren. Der Ursprung<br />

dieser unglaublichen « Rosenindustrie » geht dabei auf<br />

einen etwas speziellen Baron zurück, auf Joseph François<br />

Foullon (1715-1<strong>78</strong>9). Er wurde in der 17 Kilometer entfernten<br />

Stadt Saumur geboren und gehörte einer altehrwürdigen<br />

Familie aus Doué-la-Fontaine an, wie Doué-en-<br />

Anjou damals noch hieß. Man kann guten Gewissens behaupten,<br />

dass dieser Joseph François Foullon ein – gelinde<br />

gesagt – eigenartiges Schicksal hatte. Der Mann ging vor<br />

allem aufgrund seines tragischen Endes in die französische<br />

Geschichte ein, er war nämlich eines der ersten Opfer der<br />

Französischen Revolution. Man warf ihm vor, als Contrôleur<br />

général des finances aus Habgier und mit der Absicht<br />

der persönlichen Bereicherung mit Weizen spekuliert zu<br />

haben. Am 21. Juli 1<strong>78</strong>9 wurde er in der Nähe von Paris<br />

verhaftet. Man erzählt sich, er sei gezwungen worden,<br />

die Strecke nach Paris zu Fuß und mit Heu im Mund zurückzulegen,<br />

da er angeblich zu Bauern, die darüber klagten,<br />

kein Brot mehr zu haben, gesagt haben soll: « Dann<br />

esst doch Gras, meine Pferde fressen das auch! » In der<br />

Hauptstadt soll sich dann<br />

eine aufgebrachte Menge<br />

seiner bemächtigt und<br />

ihn ohne Urteil an einer<br />

Straßenlaterne aufgehängt<br />

haben. Unter seinem Gewicht sei das Seil jedoch<br />

gerissen, worauf man Joseph François Foullon<br />

mit einem neuen Seil ein zweites Mal aufgehängt<br />

habe. Schriftlichen Überlieferungen zufolge wurde<br />

er dann enthauptet und sein Kopf an einem Spieß<br />

durch Paris getragen. Ein sehr tragisches Ende also …<br />

Das Erbe, das Joseph François Foullon in Doué-en-Anjou<br />

hinterließ, ist dagegen viel angenehmer und ansprechender.<br />

Der Baron lebte dort in einem Schloss, das er vollständig<br />

renoviert hatte, und wo er zunächst ein lebhaftes<br />

Interesse, in der Folge dann eine regelrechte Passion, für<br />

Pflanzen und Gärten entwickelte. Von seinem unternehmerischen<br />

Geist – und vermutlich auch einem finanziellen<br />

Interesse an dem Geschäft – getrieben, beschloss er, auf<br />

seinem Grund und Boden eine königliche Baumschule zu<br />

gründen. Unterstützt wurde er dabei von seinem Gärtner<br />

Edme-Crespin Chatenay, einem Enkel des Gärtners von<br />

Ludwig XIV. Zunächst bot der Betrieb nur Bäume an.<br />

Edme-Crespin Chatenay gründete später sein eigenes Unternehmen<br />

und begann mit der Aufzucht von Obst- und<br />

Zierbäumen, vor allem aber von Rosen. Damit nahm die<br />

Rosenzucht in Doué-en-Anjou ihren Anfang.<br />

40 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Vorherige Doppelseite und linke Seite: in der Roseraie Foullon. Oben: Die im 12.<br />

Jh. errichtete Markthalle im Stadtzentrum von Doué-en-Anjou besteht aus einer<br />

Holzkonstruktion. Im Hintergrund sieht man den Eingang in eine der Höhlenwohnungen,<br />

in denen unter anderem der jährliche Internationale Floristikwettbewerb stattfindet.<br />

Eine revolutionäre Entwicklung<br />

Die lokale Rosenproduktion war lange Zeit allerdings<br />

eher eine Angelegenheit von Botanikliebhabern und ihr<br />

Ausmaß relativ bescheiden. Die Betriebe in Doué-en-<br />

Anjou konzentrierten sich nach wie vor im Wesentlichen<br />

auf die Produktion von Bäumen und Büschen, da dieses<br />

Geschäft rentabler war. Erst in den 1930er-Jahren ermöglichten<br />

der technische Fortschritt und die damit verbundene<br />

Ausweitung des Eisenbahnnetzes die Erschließung<br />

neuer Absatzkanäle. Damit kam Bewegung in die Sache.<br />

Vor allem eine kleine Revolution im Bereich der Rosenzucht<br />

führte dann zu einer maßgeblichen Veränderung:<br />

Die Unterlage « Rosa Multiflora », eine absolute Neuheit,<br />

machte das Pfropfen von Rosenpflanzen im großen Stil<br />

möglich und löste die altüberlieferte Technik der Vermehrung<br />

durch Stecklinge ab, die sehr langwierig, arbeitsintensiv<br />

und damit teuer war. Dies gab der Rosenzucht<br />

in Doué-en-Anjou den entscheidenden Auftrieb. 1959<br />

wurden auf dem Gebiet der Gemeinde bereits knapp zwei<br />

Millionen Rosenpflanzen produziert. Zehn Jahre später<br />

waren es dreieinhalb Millionen, heute sind es knapp vier<br />

Millionen. So hat sich die Rose de facto zum unbestrittenen<br />

Star des kleinen Dorfes entwickelt.<br />

Rosentage und ein<br />

internationaler Wettbewerb<br />

Die Rose war und ist ein wichtiger Motor für die<br />

wirtschaftliche Entwicklung von Doué-en-Anjou und die<br />

Einwohner verstehen es, die « Königin der Blumen » als<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 41


UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />

Trumpf für ihr Dorf zu nutzen. Seit 1959 finden Mitte<br />

Juli in den Stollen und Höhlenwohnungen die Journées de<br />

la Rose statt, an denen die unglaubliche Vielfalt der dort<br />

produzierten Rosen präsentiert wird und die Tausende<br />

von Besuchern anziehen. Seit 1990 wird gleichzeitig ein<br />

Concours international d’art floral organisiert, in dessen<br />

Rahmen die Teilnehmer im Inneren der Höhlenwohnungen<br />

riesige Dekorationen aus echten Rosen kreieren.<br />

Das Prinzip ist einfach: Jeder Teilnehmer erhält für seine<br />

Kreation 1000 Rosen, mit denen er ein von der Jury<br />

bestimmtes Thema umsetzen muss. 2020 fanden diese<br />

beiden Veranstaltungen aufgrund der Pandemie leider<br />

nicht statt, und zurzeit steht noch nicht fest, ob sie <strong>2021</strong><br />

durchgeführt werden können.<br />

Das beste aller Schaufenster<br />

Abgesehen von diesen spektakulären Veranstaltungen<br />

sollte man bei einem Besuch in Doué-en-Anjou unbedingt<br />

den herrlichen Rosengarten Roseraie Foullon besichtigen.<br />

Er wurde zu Beginn der 1970er-Jahre angelegt und<br />

beherbergt mehr als 300 vor Ort produzierte Rosensorten.<br />

42 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Der Rosenverkauf (diese Doppelseite), wo man einen Teil der<br />

rund 1000 Rosensorten des Rosengartens Les Chemins de la Rose<br />

erstehen kann, und die rote Ente (nächste Seite), mit der Floriane und<br />

Guillaume Dittière Entdeckungsfahrten in die Umgebung anbieten,<br />

bevor man dann als Aperitif einen Kir à la rose probiert.<br />

Die prächtige Anlage ist das ganze Jahr über kostenlos<br />

zugänglich, Rosenliebhaber können dort problemlos<br />

Stunden verbringen, so erstaunlich ist die Vielfalt an<br />

Spezies, die dort zu sehen sind. 2014 schloss die Gemeindeverwaltung<br />

von Doué-en-Anjou eine nicht alltägliche<br />

Vereinbarung mit der « Vereinigung der Rosenzüchter und<br />

Baumschulen » vor Ort, die nun der Gemeinde die Rosenstöcke<br />

kostenlos zur Verfügung stellen, sodass dieser<br />

Garten im Grunde genommen ein riesiges, kontinuierlich<br />

aktualisiertes Schaufenster ihrer Produktion ist, wie es<br />

besser nicht geht.<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 43


UNTERWEGS IN FRANKREICH Pays de la Loire / Maine-et-Loire<br />

Wo man<br />

einen Kir<br />

mit<br />

Rosen sirup<br />

kosten kann<br />

Seit 1999 gibt es<br />

etwas außerhalb des<br />

Dorfes noch einen<br />

weiteren Rosengarten,<br />

der ebenfalls sehenswert<br />

ist: Les Chemins de la<br />

Rose. Er befindet sich zwar in<br />

Privatbesitz, wird aber deswegen<br />

von den Einwohnern nicht weniger geschätzt.<br />

Der Garten wurde durch das junge Unternehmerpaar<br />

Floriane und Guillaume kreiert, die beide aus einer<br />

Rosenzüchterfamilie stammen. Er befindet sich in einem<br />

riesigen Park und erstreckt sich über eine Fläche von vier<br />

Hektar, wo man im Verlauf von fünf Themenparcours<br />

mehr als 10 000 Rosenstöcke entdecken kann. Hier hat<br />

der Besucher die außergewöhnliche Gelegenheit quasi ein<br />

Konservatorium für alte Rosen und Wildrosen zu sehen,<br />

vermutlich eines der schönsten in Frankreich. Jahr für<br />

Jahr wird diese perfekt unterhaltene Anlage durch neueste<br />

Züchtungen ergänzt, allen voran diejenigen, die durch<br />

den Einfallsreichtum und das Know-how von Floriane<br />

und Guillaume entstehen. Über viele dieser Kreationen<br />

kann man im wahrsten Sinne des Wortes nur staunen:<br />

Manche schlängeln sich wie Lianen an Bäumen hoch,<br />

andere verblüffen durch ihre Farben und wieder andere<br />

durch einen besonders subtilen Duft. Bummelt man über<br />

die gepflegten Wege, wird einem klar, dass dieser Ort<br />

ganz dem Vorbild seiner « Blumenkönigin » entspricht: Er<br />

ist ausdrucksstark und besänftigend. « Umherschlendern,<br />

riechen, weitersagen » … ist im Übrigen der Ratschlag,<br />

den man den Besuchern mit auf den Weg gibt. Es ist<br />

die Aufforderung, sich treiben und dabei überraschen zu<br />

lassen. Immer wieder stehen kleine Hinweisschilder, auf<br />

denen die Namen und Merkmale der verschiedenen Rosenpflanzen<br />

angegeben sind. Einige von ihnen kann man<br />

am Ausgang in einer kleinen Gärtnerei kaufen. Gleich<br />

daneben befindet sich eine nette Boutique, in der diverse<br />

lokale und handwerklich gefertigte Produkte angeboten<br />

werden, die einen Bezug zu Rosen haben. Ist die Zeit des<br />

Aperitifs gekommen, ist es nahezu ein Muss, sich auf der<br />

Terrasse oberhalb des Rosengartens niederzulassen und<br />

einen Kir mit hausgemachtem Rosensirup zu kosten. Floriane<br />

und Guillaume bereitet es immer eine Freude, wenn<br />

sie Besucher mit diesem Getränk überraschen können.<br />

Und in diesem Augenblick sagt man sich, dass die französische<br />

Hauptstadt der Rosen ganz eindeutig ein sehr<br />

angenehmer Ort ist!<br />

44 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Les Sablesd’Olonne<br />

Cherbourg-<br />

Octeville<br />

A84/E401<br />

Saint-Lô<br />

N13<br />

Le A29/E44 Havre<br />

A131<br />

Honfleur<br />

Caen A13/E46<br />

Jumièges<br />

R<br />

A1<br />

Evre<br />

Brest<br />

Lesetipps & Reiseinfos<br />

Ile de Sein<br />

Doué-en-Anjou …<br />

Quimper<br />

… Berlin 1381 Pointe km … Hamburg 1230 km<br />

… Köln 816 du km Raz … Frankfurt 920 km<br />

… München 1155 km … Wien 1562 km<br />

… Zürich 860 km … Paris 333 km<br />

… Angers 41 km … Saumur 17 km<br />

Der nächstgelegene Flughafen, der aus<br />

dem deutschsprachigen Raum direkt<br />

angeflogen wird, ist Nantes-Atlantique<br />

(129 km).<br />

Der nächstgelegene TGV-Bahnhof<br />

befindet sich in Angers (41 km).<br />

N165/E60<br />

Lannion<br />

N12/E50<br />

Saint-Brieuc<br />

N164<br />

Roseraie Foullon<br />

Rue de Soulanger D768<br />

49700 Doué-en-Anjou<br />

Eintritt Lorient frei.<br />

N12/E50<br />

N24<br />

Saint-Malo<br />

Dinard<br />

Vannes<br />

9.00 bis 18.30 Uhr N165/E60 (Sommer) bzw.<br />

Quiberon 9.00 bis 17.00 Uhr (Winter).<br />

N176/E401<br />

Rennes<br />

Les Chemins de la La Rose Baule<br />

Parc de courcilpleu St. Nazaire<br />

49700 Doué-en-Anjou<br />

Nantes<br />

Telefon: + 33 (0)2 41 59 95 95<br />

Mont-Saint-Michel<br />

A84<br />

Avranches<br />

A11/E60<br />

A87<br />

A28/E402<br />

Dre<br />

Alençon<br />

Ch<br />

A11/E50<br />

Le Mans<br />

A11/E501<br />

A28/E502<br />

A10/E5-E60<br />

Angers<br />

A86/E60<br />

Tours<br />

Saumur<br />

Doué-en-Anjou<br />

A10/E5<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 68<br />

Doué-en-Anjou, eine faszinierende Reise ins Land der<br />

Troglodyten<br />

Das Tal der Loire ist weltweit für seine zahlreichen Schlösser<br />

bekannt. Doch zwischen Angers und Saumur<br />

besitzt es noch andere charakteristische<br />

Sehenswürdigkeiten, die zwar weniger bekannt,<br />

aber mindestens genauso faszinierend sind:<br />

ein unglaubliches, mehr als 1500 Kilometer<br />

langes, unterirdisches Tunnelsystem mit Höhlen,<br />

Grotten und Stollen.<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 55<br />

Saumur, Stall, Schloss, Fluss<br />

(17 km entfernt)<br />

Das Loire-Tal ist berühmt für seine majestätischen<br />

Schlösser, mundenden Weine, sehenswerten Orte und<br />

liebliche Landschaft. Die Kleinstadt Saumur auf halbem<br />

Wege zwischen Tours und Angers erfüllt perfekt die<br />

Vorstellungen, die Besucher von dieser Region haben.<br />

Zu ihren Attraktionen gehören aber nicht nur bauliche<br />

Meisterwerke, sondern auch Pferde. Ein Besuch in der<br />

Stadt des Cadre Noir.<br />

A83<br />

A83<br />

Saint-Sigismond<br />

Poitiers<br />

N11/E601<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. Niort 70<br />

La Die Rochelle schöne Geschichte des<br />

größten E5/A10 japanischen Gartens in<br />

Europa<br />

E602/A837 (44 km entfernt)<br />

Der Parc Oriental de<br />

Maulévrier wurde Ende<br />

des Angoulême 19. Jahrhunderts<br />

durch einen Architekten<br />

mit verrücktkreativen<br />

Montalivet<br />

Ideen und einer<br />

Vorliebe für Japan<br />

konzipiert. Mitte des 20.<br />

Périgueux<br />

Jahrhunderts geriet der<br />

Garten in Vergessenheit<br />

A89/E70<br />

E5/A10 und wurde von der<br />

ursprünglichen Vegetation überwuchert,<br />

Le Porgebis er von engagierten Menschen wieder<br />

Bordeaux<br />

aus seinem Dornröschenschlaf Sarlat-le-Canéda<br />

geweckt<br />

Cap-Ferret wurde.<br />

A52/E72<br />

INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN<br />

FINDEN SIE AUF SEITE 88.<br />

L<br />

Le<br />

Souillac sur<br />

Dordogne<br />

Pay<br />

Mimizan<br />

E5-E70/A63<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 45


COUP DE COEUR Nouvelle Aquitaine / Deux-Sèvres<br />

46 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 47


COUP DE COEUR Nouvelle Aquitaine / Deux-Sèvres<br />

Pougne-Hérisson ist ein einzigartiges französisches<br />

Dorf. Ein humorvoll selbst ernannter<br />

« Nabel der Welt », ein Ort mit Lebenskünstlern,<br />

die gerne träumen und<br />

manchmal auch ein bisschen verrückt<br />

sind. Die kleine Gemeinde mit knapp 400<br />

Einwohnern, die aus der Zusammenlegung<br />

der beiden noch kleineren Dörfer<br />

Pougne und Hérisson entstanden ist, liegt<br />

zwischen Poitiers und La Roche-sur-Yon im<br />

Departement Deux-Sèvres. Dort ist es gelungen,<br />

Installationen und Aktivitäten zu<br />

kreieren, die in diesem so besonderen<br />

Frühjahr <strong>2021</strong> unser ganz spezieller Coup<br />

de cœur sind. Fast alles in diesem Ort ist<br />

unerwartet und unkonventionell, mysteriös<br />

und voller Poesie. Ob Groß,<br />

ob Klein, Fröhlichkeit und<br />

Lachen sind an der Tagesordnung,<br />

man lässt seiner<br />

Vorstellungskraft freien Lauf<br />

– das gilt auch für Besucher.<br />

Pougne-Hérisson ist also ein<br />

Ort, der enorm guttut!<br />

Auf dem Parkplatz am Eingang des Dorfes befindet<br />

sich ein roter Metallschrank, der den Besucher<br />

zu begrüßen scheint. Er steht einfach da,<br />

mitten in der Natur, unerwartet. Kaum ist man aus dem<br />

Auto ausgestiegen, wird man unweigerlich neugierig von<br />

ihm angezogen. Man nähert sich ihm also, bis man auf<br />

den Türen einen handgeschriebenen Text lesen kann:<br />

« Guten Tag. Folgen Sie den Boîtes rouges vom Parkplatz<br />

zum Jardin des Histoires. Sie führen Sie an die Märchenquelle.<br />

Gehen Sie durch die Gassen von Hérisson,<br />

schauen Sie sich um, und seien Sie vor allem bereit, Ihre<br />

Löffel zu spitzen. Und vergessen Sie nicht: Man muss es<br />

glauben, um es zu sehen! Gute Reise … » Der Text verfehlt<br />

nicht die Wirkung auf den Besucher, der sofort<br />

Lust bekommen, mehr darüber zu wissen. Unweigerlich<br />

geht er aufs Geratewohl los, um Pougne-Hérisson zu<br />

erkunden!<br />

Von der Rue des merveilles in die<br />

Rue des potins du lundi bummeln<br />

Zunächst entdeckt er die Gassen des Dorfes.<br />

Dabei stellt er erstaunt fest, dass die Straßennamen,<br />

die auf den Schildern zu lesen sind,<br />

nichts mit den klassischen Straßennamen zu<br />

tun haben, denen man üblicherweise in französischen<br />

Dörfern begegnet (Grande rue, Rue<br />

principale, Rue de l’église …). Hier sind diese<br />

Bezeichnungen nämlich sowohl inhaltlich als<br />

auch formal wesentlich origineller. Zum einen sind sie<br />

illustriert, stellen also an sich schon einzigartige Werke<br />

dar, und zum anderen lassen die Namen unweigerlich<br />

schmunzeln: Rue des deux mondes (Straße der zwei<br />

Welten), Rue des merveilles (Straße der Wunder), Rue<br />

de l’étoile polaire (Straße des Polarsterns) oder – unser<br />

Lieblingsname – Rue des potins du lundi (Straße des<br />

Montagsklatsches). Beim Lesen dieses Namens stellt<br />

man sich unweigerlich vor, wie die Dorfbewohner sich<br />

montags dort treffen und ihre Klatschgeschichten vom<br />

Wochenende austauschen …<br />

Der Besucher setzt nun seinen Weg fort, um etwas<br />

mehr von diesem seltsamen Dorf zu sehen. Etwas weiter<br />

wird er erneut auf eine Boîte rouge, einen roten Kasten,<br />

aufmerksam. Diesmal steht dieser ganz einfach im<br />

Gras, gegen eine Mauer gelehnt. Zwangsläufig nähert<br />

sich der Besucher ihm wieder, auch wenn er nicht genau<br />

weiß, ob er es wagen soll, ihn zu öffnen. Doch die<br />

Lust überwiegt: Er öffnet den Deckel und entdeckt im<br />

Inneren einen weiteren Text. « Gehen Sie 29 Schritte<br />

nach links. Sie schaffen es nicht? Bitten Sie jemanden<br />

um Hilfe! » Der Besucher sieht sich daraufhin<br />

um. Niemand. Doch eines<br />

ist sicher: Links von ihm<br />

ist nichts Besonderes zu<br />

sehen. Er beschließt also,<br />

geradeaus weiterzugehen.<br />

48 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Die Bewohner von Pougne-Hérisson erzählen sich, dass Robert Jarry der Urheber vieler Geschichten sei. Bei der Besichtigung<br />

seines Appartements, das « repräsentativ für das durchschnittliche Studio eines Junggesellen in den Fünfzigerjahren ist » entdeckt<br />

man unzählige Souvenirs und seltsame Maschinen und taucht genüsslich in ein unkonventionelles und verrücktes Universum ein.<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 49


COUP DE COEUR Nouvelle Aquitaine / Deux-Sèvres<br />

Die Boîtes rouges in Pougne-Hérisson sind im Wesentlichen recycelte Büromöbel.<br />

Sie leiten den Besucher auf unterhaltsame Weise durch den Ort. Gegenüber<br />

der Kapelle befindet sich ein seltsamer Stein. Ist das « der Nabel der Welt »?<br />

50 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Er weiß, dass es absurd ist. Doch er beginnt, Spaß an dem unerwarteten<br />

und geheimnisvollen Erlebnis zu finden.<br />

Der dritte « rote Kasten » – und im Geiste das dritte Fragezeichen.<br />

Diesmal handelt es sich um einen Container mit Schubladen, wie man<br />

ihn in einem Büro erwartet. Bereits mit etwas mehr Selbstsicherheit<br />

öffnet der Besucher die erste Schublade. « Spitzen Sie gut Ihre Löffel<br />

… », steht im Inneren. In der Hoffnung, mehr zu erfahren, zieht er die<br />

zweite heraus. « Drehen Sie sich einmal um Ihre eigene Achse », liest er.<br />

Dann die dritte: « Suchen Sie Christiane. Seien Sie versichert, Sie sind<br />

am richtigen Ort. » Ein schneller Blick bestätigt dem Besucher, dass in<br />

der Umgebung keine Christiane zu sehen ist. Doch egal, er beschließt,<br />

sich diesen Vornamen zu merken, für den Fall, dass er ihr begegnen<br />

sollte … Dann setzt er seinen Weg fort.<br />

Sich im Jardin des Histoires gehen lassen<br />

Der Besucher betritt nun ungehindert einen Garten. Sofort spürt<br />

er, dass dieser Garten anders ist, irgendwie erstaunlich, vielleicht sogar<br />

« außergewöhnlich » im wahrsten Sinne des Wortes. Einem Schild ist<br />

zu entnehmen, dass es sich um den Jardin des Histoires handelt. Es ist<br />

ein Ort, um « zu hören, zu vernehmen, zu horchen, um besser zu verstehen<br />

». Vor allem, um zu träumen, wie dem Besucher schnell klar wird.<br />

Beim Betreten des Gartens muss man jede Logik vergessen. Sich von<br />

seiner Vorstellungswelt leiten lassen. Vermutlich wieder ein wenig zum<br />

Kind werden. Die Augen und Ohren öffnen. Und riechen. Hier gibt es<br />

zahlreiche duftende Blumen. Egal ob Groß oder Klein, die Wirkung<br />

setzt sofort ein. Man wird « in eine andere Welt » versetzt, jenseits jeder<br />

Logik. Der Besucher spürt, dass dieser Garten eine Art Schatzkammer<br />

unter freiem Himmel ist. Ein Ort, der die verrücktesten<br />

Träume und Gedanken der Dorfbewohner zu enthalten<br />

scheint. Als ob jeder hier, ohne sich dafür rechtfertigen zu<br />

müssen, seine Vorstellungen, seine Geschichte deponiert<br />

hätte.<br />

Überall wird der Blick des Besuchers angezogen: von<br />

einem Schild, auf dem einige – oft poetische – Worte geschrieben<br />

stehen, von einem gut gefüllten Bücherschrank,<br />

der geradezu zum Stöbern einlädt, von einer Roseraie Tubulente, wo<br />

« ein Mund Worte in das Ende eines Rohres spricht, welches es am<br />

anderen Ende an ein Ohr weitergibt », von einem seltsamen Forêt sans<br />

Tête, einem « kopflosen Wald », oder auch von einer Schranke aus Holz<br />

mit einem Herz, die in ein mysteriöses Chambre d’Amour, ein « Liebeszimmer<br />

», inmitten eines hübschen Laubenganges führt. Da und<br />

dort stehen in diesem erstaunlichen Garten großformatige Skulpturen<br />

und Kunstwerke, zum Beispiel die eigenartige Rakete Spoutnik, die<br />

in ein « Forschungslabor » umgewandelt wurde. Dem Besucher wird<br />

schnell klar, dass er hier « in einer anderen Welt » ist, die entschieden<br />

geheimnisvoll erscheint. In einer Welt, in der man seine Rationalität<br />

problemlos im geparkten Auto zurücklassen kann. Und je mehr man<br />

von diesem Garten erkundet, desto mehr vergisst man sie und lässt sich<br />

treiben …<br />

Sich wieder auf seine kindliche Seele besinnen<br />

Da es in diesem Garten keinen organisierten Rundgang gibt – was<br />

vielleicht gerade seine Poesie ausmacht –, streift der Besucher aufs<br />

Geratewohl herum und merkt mit der Zeit, dass er auch die Gebäu-<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 51


COUP DE COEUR Nouvelle Aquitaine / Deux-Sèvres<br />

Mitten im Dorf lassen sich Klein und Groß im Jardin des Histoires verzaubern. Man sagt,<br />

dass alle Märchen, alle Geschichten und die schönsten Unwahrheiten hier entstanden sind.<br />

Mithilfe der zahlreichen poetischen Installationen können die Besucher diese entdecken.<br />

52 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


de betreten kann. Zum Beispiel das Appartement de Robert<br />

Jarry, das, so gibt ein kleines Hinweisschild Auskunft, eine<br />

« Unterkunft ist, die repräsentativ für das durchschnittliche<br />

Studio eines Junggesellen in den Fünfzigerjahren ist ». Im<br />

Grunde genommen ist es ein unglaubliches Sammelsurium,<br />

das geradewegs aus einem Film zu stammen scheint, eine<br />

Mischung aus einem Dachboden voller Familienerinnerungen<br />

und einer Hütte, vollgestopft mit Souvenirs eines ganzen Lebens. Dort<br />

gibt es neben einer Schreibmaschine, alten Lampen, Skulpturen, Manuskripten und Büchern<br />

mit dicken Einbänden auch eine poetische Caillouthèque, « eine Sammlung von Märchensteinen,<br />

die bei zahlreichen Studienreisen auf der ganzen Welt gesammelt wurden »,<br />

oder auch eine ganz seltsame Maschine namens Tarabustine, mit der man « versuchen kann,<br />

die Märchen aus den Märchensteinen zu extrahieren » …<br />

Zu diesem Zeitpunkt fragt sich der Besucher zwangsläufig, was das denn für ein verschrobener<br />

Ort ist. Ist das alles ernst gemeint? Was ist wahr, was ist nicht wahr? Wo bleibt<br />

hier die Vernunft? Wozu soll das alles gut sein? Und dann<br />

fällt sein Blick erneut auf eines der zahlreichen « Wahnsinnsdinger<br />

», die die Dorfbewohner hier geschaffen haben.<br />

Vielleicht fällt sein Blick aber auch auf ein Objekt, das ihn<br />

an seine Kindheit erinnert oder das ihm ein schönes Erlebnis<br />

aus seiner Vergangenheit ins Gedächtnis ruft. Denn all<br />

das kann Pougne-Hérisson. Vor allem ist das Dorf eine riesige<br />

Erinnerungs- und Geschichtenmaschine. Auch eine Märchenund<br />

Traummaschine. Ein Ort, an dem man es zulässt, vorgefasste<br />

Meinungen, Ernsthaftigkeit und Rationalität beiseitezuschieben. Ein<br />

Ort, an dem man wieder zum Kind wird, wo man sich treiben lässt. Und<br />

dafür die unglaublichsten Geschichten glaubt, wie die, dass man sich hier am<br />

« Nabel der Welt befindet » …<br />

Am « Nabel der Welt »<br />

Und wenn es im Endeffekt wahr wäre, was die Bewohner des Dorfes uns enthusiastisch<br />

und leidenschaftlich vermitteln wollen? Wenn alle Geschichten, alle Märchen<br />

der ganzen Welt wie durch Zauber aus einem der Steine dieses Dorfes stammen<br />

würden? Wäre das nicht erst recht ein großartiges Märchen, das die Einwohner hier<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 53


COUP DE COEUR Nouvelle Aquitaine / Deux-Sèvres<br />

liebenswürdigerweise mit uns teilen? Bei längerem Nachdenken<br />

sagt sich der Besucher, dass es im Grunde genommen<br />

schon wahr sein kann. Denn beim Verlassen des Gartens, auf<br />

dem Weg von der Schlossruine zur Kapelle, ist er auf einen<br />

enormen Gesteinsblock gestoßen. Form und Größe haben<br />

ihn sofort neugierig gemacht. Ist vielleicht genau das hier<br />

« der Nabel der Welt »? Vielleicht ist es aber auch Merveille,<br />

dem er etwas weiter begegnet ist. Ein noch imposanterer<br />

Felsbrocken, der, könnte er sprechen, zweifellos einiges zu<br />

erzählen hätte. Im Übrigen muss sich der Besucher schmunzelnd<br />

eingestehen, dass er bei dessen Anblick ganz spontan<br />

Lust bekommen hat, hinaufzuklettern, sich oben hinzusetzen,<br />

ihn zu berühren. Als ob ihm der Stein alleine durch den<br />

Kontakt, wie von Zauberhand, sein ganzes Wissen, all seine<br />

Geschichten und Märchen vermitteln könnte, damit er diese<br />

dann selbst freudig an seine Nächsten weitergibt …<br />

Es akzeptieren, loszulassen<br />

Auf dem Rückweg zum Auto realisiert der Besucher,<br />

dass er den ganzen Nachmittag in Pougne-Hérisson verbracht<br />

hat. Die Zeit ist wie im Fluge vergangen. Bevor er<br />

ins Auto steigt, bückt er sich und hebt einen kleinen Kieselstein<br />

von der Erde auf. Er steckt ihn in<br />

die Tasche. Es ist vermutlich seine Art,<br />

ein wenig vom Zauber dieses atypischen<br />

Dorfes mit nach Hause zu nehmen. Als<br />

er den Zündschlüssel herumdreht, wird<br />

im bewusst, dass noch viele Fragen offen<br />

sind. Gerne würde er mehr darüber<br />

54 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


erfahren: Wer organisiert das alles? Die Gemeindeverwaltung?<br />

Ein Verein? Wie viel kostet das alles? Wie wird<br />

das finanziert? Dann denkt der Besucher plötzlich an den<br />

Stein in seiner Tasche. Dieser scheint ihn aufzufordern,<br />

diese Fragen beiseitezuschieben. Denn letzten Endes<br />

sind sie nicht wesentlich. In Zeiten, in denen die kleinste<br />

touristische Sehenswürdigkeit zu Geld gemacht und N12/E50 mit<br />

N164<br />

Reiseinfos & Lesetipps für Ausflüge in die Umgebung<br />

Pointe<br />

Pougne-Hérisson … du Raz<br />

… Berlin 1427 km … Hamburg 1239 km<br />

… Köln 855 km … Frankfurt 908 km<br />

… München 1132 km … Wien 1635 km<br />

… Zürich 842 km … Paris 368 km<br />

… Nantes 124 km … Poitiers 64 km<br />

Der nächstgelegene Flughafen, der aus<br />

dem deutschsprachigen Raum direkt<br />

angeflogen wird, ist Nantes-Atlantique<br />

(126 km).<br />

Der nächstgelegene TGV-Bahnhof liegt<br />

in Poitiers (64 km).<br />

Le nombril du monde<br />

7, rue des merveilles<br />

79130 Pougne-Hérisson<br />

Telefon: +33 (0)5 49 64 19 19<br />

www.nombril.com<br />

Ile de Sein<br />

Brest<br />

Durch die Straßen von Pougne-<br />

Hérisson kann man selbstverständlich<br />

das ganze Jahr über schlendern.<br />

Der Jardin des Histoires, in dem die<br />

« verrücktesten » Installationen und<br />

Dinge zu sehen sind, ist dagegen<br />

nur in der wärmeren Jahreszeit (ab<br />

April <strong>2021</strong>) geöffnet. Humorvoll und<br />

präzise (!) informiert die Website der<br />

Vereinigung, die Le nombril du monde<br />

Lannion<br />

Saint-Brieuc<br />

Quimper<br />

verwaltet, dass « das D768 Büro von Montag<br />

bis Freitag, von 9.03 bis 12.33 Uhr und<br />

N165/E60<br />

N24<br />

von 13.33 bis 17.03 Uhr geöffnet ist. »<br />

Während der Lorient Saison verlängern sich die<br />

Öffnungszeiten. Vannes<br />

Der Eintritt in den Jardin des Histoires<br />

Quiberon<br />

ist kostenlos.<br />

Das ganze Jahr über werden La Baule<br />

Führungen durch das Dorf angeboten,<br />

St. Nazaire<br />

die mit Lesungen von Märchen<br />

abgerundet werden. Daneben<br />

gibt es beispielsweise Nocturnes<br />

spectaculaires, mit einer Licht- und<br />

Tonschau. Auf der Website kann<br />

man sich über das Programm für alle<br />

Veranstaltungen informieren und auch<br />

direkt ein Ticket reservieren. Das Ticket<br />

kostet für die meisten Veranstaltungen<br />

8 € (ermäßigt 6 €).<br />

In der Nähe des Jardin des Histoires<br />

gibt es den Empfangsbereich Cordon,<br />

mit Bar und einem Shop, wo man auch<br />

etwas Trinken und eine Kleinigkeit<br />

essen kann (vor allem hausgemachte<br />

Crêpes). Nutzen Sie auch die<br />

zahlreichen Coins sieste et bronzette<br />

im Jardin des Histoires, wo Sie sich<br />

gemütlich niederlassen und ausruhen<br />

– und vielleicht ein bisschen träumen –<br />

können.<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 38<br />

Marais Poitevin, die grünen Kanäle<br />

(38 km entfernt)<br />

An der Schnittstelle der drei Departements Vendée,<br />

Deux-Sèvres und Charente-Maritime befindet<br />

sich eine der beeindruckendsten Landschaften<br />

Frankreichs, der Marais Poitevin. In diesem<br />

riesigen grünen Sumpfgebiet westlich der<br />

Stadt Niort fungieren Kanäle als Straßen<br />

und gibt es Boote anstatt Autos. Selbst das<br />

präziseste GPS-System schafft es nicht, einem<br />

Ruderer, der sich in den über 100 mehr oder<br />

weniger schiffbaren Wasserläufen verfahren hat, den Weg zu weisen.<br />

Mehr als anderswo kommt es einem im Marais Poitevin so vor, als wäre<br />

die Zeit stehen geblieben.<br />

raffinierten Einrichtungen ausgestattet wird, N13 tun<br />

Caen<br />

ein Besuch<br />

in Pougne-Hérisson und die Botschaft, Saint-Lô die mit dem<br />

Besuch vermittelt wird, einfach gut. Bei diesem Gedanken<br />

sagt sich der Besucher, dass A84/E401 es besser ist, loszulassen<br />

und ein wenig zu träumen. Sicher ist er sich in diesem<br />

DinardSaint-Malo<br />

Augenblick nur, dass man es gesehen<br />

Avrancheshaben muss, um es<br />

zu glauben.<br />

N12/E50<br />

N165/E60<br />

N176/E401<br />

Rennes<br />

Montalivet<br />

La Rochelle<br />

E5/A10<br />

E602/A837<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 72<br />

E5/A10<br />

Richelieu, « das schönste Dorf<br />

Le Porge<br />

des Universums! Bordeaux »<br />

(80 km entfernt)<br />

Cap-Ferret Kardinal Richelieu A52/E72 (1585-1642)<br />

wollte mit einer « idealen<br />

Stadt », die « grandios und<br />

unvergleichlich » sein und<br />

nach ihm benannt werden<br />

Mimizan<br />

sollte, seine Macht stärken.<br />

Die Stadt Richelieu ist in ihrer<br />

Art<br />

E5-E70/A63<br />

tatsächlich einzigartig<br />

und offenbart eine für das 17. Jahrhundert äußerst<br />

neuartige urbane Struktur.<br />

Hossegor<br />

Mont-Saint-Michel<br />

France<br />

INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN Biarritz FINDEN Bayonne SIE AUF SEITE 88.<br />

Hendaye<br />

A64/E80<br />

Donostia-<br />

S. Sebastian<br />

Les Sablesd’Olonne<br />

Cherbourg-<br />

Octeville<br />

Sare<br />

A84<br />

Nantes<br />

A83<br />

A11/E60<br />

Clisson<br />

A83<br />

N11/E601<br />

A87<br />

Cholet<br />

Angers<br />

Niort<br />

Le A29/E44 Havre<br />

A131<br />

Honfleur<br />

Alençon<br />

A13/E46<br />

Le Mans<br />

A28/E402<br />

A11/E501<br />

A28/E502<br />

Angoulême<br />

A86/E60<br />

Monts<br />

Pougne-Hérisson<br />

Poitiers<br />

Pau<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 55<br />

Tours<br />

A89/E70<br />

A10/E5<br />

Périgueux<br />

Ju<br />

Sarlat-le-Canéda<br />

Sou<br />

Do


UNTERWEGS IN FRANKREICH Burgund / Saône-et-Loire<br />

56 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Ein « essbarer » Wald<br />

Fabrice Desjours ist von Beruf Krankenpfleger,<br />

begeistert sich aber darüber hinaus für Botanik<br />

und Ökologie. 2010 beschloss er, in der kleinen<br />

Gemeinde Diconne (Saône-et-Loire), zwischen<br />

Chalon-sur-Saône und Lons-le-Saunier, ein Konzept<br />

zu testen, das ihn bei Reisen in tropische<br />

Länder fasziniert hatte: einen « Waldgarten »,<br />

auch « essbarer Wald » genannt. Elf Jahre später<br />

ist die 2,5 Hektar große Parzelle, die er damals<br />

bepflanzte, üppig bewachsen und enthält mehr<br />

als tausend Arten essbarer Pflanzen. Sie bietet<br />

damit die ersten umfassenden Erfahrungswerte<br />

in Frankreich für einen derartigen erstaunlichen<br />

Ansatz, der jedoch mehr und mehr von sich reden<br />

macht. Wir haben diesen ungewöhnlichen<br />

Ort besucht und uns mit seinem Gründer unterhalten.<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 57


UNTERWEGS IN FRANKREICH Burgund / Saône-et-Loire<br />

Stellen Sie sich vor, man würde Ihnen sagen, Sie<br />

müssten sich ab sofort ausschließlich von dem ernähren,<br />

was ein einziges Stück Wald hergibt. Ganz<br />

ohne Zweifel würden Sie sofort protestieren, anführen,<br />

dass Sie keinerlei Absicht hätten, ab sofort auf die Jagd zu<br />

gehen, und noch weniger, sich von Eicheln, Kastanien,<br />

Beeren, Champignons und Wurzeln zu ernähren, selbst<br />

wenn Sie diese selbst aussuchen könnten! Sie würden sicherlich<br />

ergänzen, dass wir es seit Jahrtausenden gewohnt<br />

sind, unsere Nahrung auf Feldern anzubauen und zu ernten<br />

– und nicht in Wäldern! Schließlich haben unsere Vorfahren<br />

dafür im Laufe der Jahrhunderte große Teile der ursprünglichen<br />

Wälder in schwerer körperlicher Arbeit in<br />

riesige Getreidefelder verwandelt, auf denen nun die vielen<br />

einjährigen Pflanzen wachsen, mit denen wir unseren Bedarf<br />

decken. Warum sollten wir das jetzt ändern? Ganz<br />

eindeutig würden Sie also bereits<br />

die Vorstellung, sich von nun an<br />

ausschließlich von einem Wald zu<br />

ernähren, als wenig appetitanregend<br />

weit von sich weisen. Denn<br />

Sie sind überzeugt davon, dass es<br />

in einem Wald nichts – oder zumindest<br />

fast nichts – gibt, was für<br />

die Ernährung eines Menschen<br />

geeignet ist. Diese Vorstellung<br />

sagt einiges über unser Wissen<br />

und unsere Gewohnheiten in Sachen<br />

Landwirtschaft aus.<br />

Und doch gibt es in Burgund heute einen etwas mehr<br />

als zwei Hektar großen Wald, in dem Sie nur den Arm<br />

ausstrecken oder sich bücken müssen, um mehr als 1000<br />

Arten essbarer Pflanzen zu entdecken! Körner, Früchte,<br />

Blätter, Blumen, Beeren, Gewürze, Kräuter und Lianen<br />

wachsen hier in einer unglaublichen Hülle und Fülle und<br />

stellen eine Vielzahl an Nahrungsmitteln dar, deren Geruch,<br />

Konsistenz und Geschmack wir zugegebenermaßen<br />

oft nicht kennen, die aber wirklich wohlschmeckend sind<br />

und anerkannte Nährwerteigenschaften besitzen. Dieser<br />

Wald existierte lange Zeit im Verborgenen, er war sozusagen<br />

das « kleine Geheimnis » des ehemaligen Krankenpflegers,<br />

Fabrice Desjours, der eine Leidenschaft für Reisen<br />

und Botanik hegt. Vor einigen Jahren beschloss er, hier in<br />

Burgund, wo er als Kind seine Ferien verbracht hatte, auf<br />

einer kleinen Parzelle eine nicht alltägliche Anbaumethode<br />

zu testen: den « Waldgarten », auch « essbarer Garten »<br />

genannt. Dieses Konzept hatte ihn auf seinen Reisen im<br />

Ausland, vor allem in tropischen Ländern, fasziniert.<br />

Doch in Frankreich zeigte zu dem Zeitpunkt – außer ein<br />

paar passionierten Botanikern – niemand Interesse für<br />

solche Waldgärten, die demzufolge nahezu unbekannt<br />

waren.<br />

Fabrice Desjours war von dem Prinzip auch deshalb so<br />

angetan, weil es ganz simpel ist: Es geht darum, Bäume<br />

in die Anbaumethoden zu integrieren, mit ihnen – und<br />

nicht ohne sie – zu produzieren und zu leben. Der scheinbar<br />

einfache Ansatz ist jedoch beim näheren Nachdenken<br />

ziemlich revolutionär. Fabrice Desjours wusste, dass unsere<br />

landwirtschaftlichen Methoden auf der entgegengesetzten<br />

Vorgehensweise basieren: Seit Generationen<br />

werden Felder bestellt und nicht Wälder. Den Ansatz des<br />

Waldgartens umzusetzen, bedeutet also, die Grundlagen<br />

unserer heutigen Landwirtschaft infrage zu stellen, die<br />

« Trennung zwischen Wald und Landwirtschaft » rückgängig<br />

zu machen, wie die Forscherin und Ethnobotanikerin<br />

Geneviève Michon im Vorwort des Buches von Fabrice<br />

Desjours (siehe S. 65) schreibt. Denn diese Trennung<br />

hat dazu beigetragen, das Landschaftsbild zu verändern:<br />

« Bis Ende der Sechzigerjahre », so schreibt sie, « gab es in<br />

den ländlichen Gebieten Frankreichs Bäume und Wälder<br />

im Überfluss: Gehölze und Wäldchen, Obstgärten<br />

und hochwachsende Reben, Hecken, Strauchheiden und<br />

Buschwälder, die dem Vieh<br />

offenstanden. Der Baum war<br />

ein unentbehrlicher Verbündeter<br />

der landwirtschaftlichen<br />

Produktion. » Doch die Forscherin<br />

präzisiert, dass dieser<br />

Zustand nicht andauerte: « Der<br />

Politik zur Modernisierung<br />

der Landwirtschaft ist durch<br />

eine Vielzahl von Beihilfen zur<br />

Flurbereinigung, zur Mechanisierung<br />

und zum Einsatz chemischer<br />

Pflanzenschutzmittel<br />

das scheinbar Unmögliche gelungen: den Baum aus der<br />

Agrarlandschaft zu eliminieren. »<br />

Fabrice Desjours war überzeugt davon, dass das Konzept<br />

eines Waldgartens, wie er es in den Tropen kennengelernt<br />

hatte, auch auf europäische Verhältnisse übertragbar<br />

ist. 2010 erwarb er daher eine kahle Wiese mit<br />

einem verdichteten Boden, wie es heute durch maschinelle<br />

Bearbeitung meist der Fall ist. Dort verbrachte er nun<br />

seine ganze Freizeit, pflanzte unermüdlich Tausende von<br />

Bäumen und Büschen sowie unzählige andere Pflanzenarten.<br />

Für die Auswahl der Spezies zog er Kriterien heran,<br />

wie die Eignung für die klimatischen Bedingungen und<br />

die Fähigkeit, sich in ein Ökosystem zu integrieren, das<br />

am Ende quasi ohne Eingriffe existieren sollte. Im Laufe<br />

der Jahre wuchs und gedieh sein Waldgarten, wurde von<br />

Weitem sichtbar. Wie vorgesehen musste Fabrice Desjours<br />

von Jahr zu Jahr weniger bewässern.<br />

Im Waldgarten schützen große Bäume die essbaren<br />

Pflanzen zu ihren Füßen, sorgen für Feuchtigkeit und<br />

Kühle, dienen beispielsweise als Untergrund für Lianen.<br />

Reben, die nicht geschnitten werden, wachsen im Wald<br />

Dutzende Meter in die Höhe und stützen sich dabei an<br />

allen möglichen Büschen und Bäumen ab. Offensichtlich<br />

lieben sie diese neu entdeckte Freiheit, denn sie produzieren<br />

außerordentlich viele Trauben in einer ausgezeichneten<br />

Qualität. Je mehr sich der Wald entwickelt, desto<br />

mehr schützen die Pflanzen sich gegenseitig. Es entsteht<br />

58 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 59


UNTERWEGS IN FRANKREICH Burgund / Saône-et-Loire<br />

Fabrice Desjours hat bewiesen, dass der Waldgarten kein « Urwald » ist. Wenn man möchte, dass er Nahrungsmittel<br />

im Überfluss produziert (siehe vorhergehende Doppelseite und oben), dann sind dafür unter anderem eine<br />

eingehende Analyse von Boden und Umwelt sowie eine präzise Planung der Anpflanzung notwendig.<br />

ein eigenes Ökosystem. Heute profitieren Fabrice und<br />

seine Familie von lokal produzierten Nahrungsmitteln<br />

im Überfluss. Dabei sind es Nahrungsmittel, die absolut<br />

umweltverträglich erzeugt werden und gleichzeitig einen<br />

Beitrag zur Aufforstung des Waldes leisten. Insofern hat<br />

Fabrice Desjours bewiesen,<br />

dass der Wald nicht<br />

der Feind des Landwirtes<br />

ist, sondern ein<br />

Verbündeter sein kann.<br />

Hinzu kommt, dass sein<br />

Waldgarten viel ertragreicher<br />

ist, als manche<br />

traditionell kultivierten<br />

Felder. Ein Wald, wie ein<br />

« immer gut bestückter<br />

Vorratsschrank », voller<br />

Genuss und Leben, der<br />

letztendlich nur sehr wenig<br />

Unterhalt erfordert,<br />

der auf kleine Flächen<br />

übertragbar ist – das<br />

funktioniert sogar in der<br />

Stadt – und der gleichzeitig<br />

der Klimaerwärmung entgegenwirkt. Was will man<br />

mehr?<br />

Der Erfolg des Waldgarten-Experiments von Fabrice<br />

Desjours hat sich herumgesprochen und ist inzwischen so<br />

Verein Forêt gourmande<br />

Alle, die sich für das Waldgarten-Konzept und das<br />

Experiment interessieren, das Fabrice Desjours seit 2010<br />

in Diconne durchführt, sollten diesen Verein kennen. Die<br />

ehrenamtlichen Helfer setzen sich für die Förderung von<br />

Ökosystemen mit essbaren Pflanzen ein und tun alles<br />

dafür, um ihren Erfahrungsschatz und ihr Wissen über<br />

dieses Thema an Interessierte weiterzugeben. Der Verein<br />

hält Vorträge und veranstaltet pädagogische Workshops,<br />

führt Forschungen, Experimente, Fortbildungen und<br />

Praktika durch und kümmert sich um die Baumschule.<br />

Alle Informationen sind auf der Website verfügbar.<br />

Darüber hinaus gibt es Links zu lehrreichen Videos auf<br />

YouTube, in denen man zum Beispiel von Fabrice Desjours<br />

virtuell durch den Waldgarten in Diconne geführt wird<br />

oder die Grundlagen zum Anlegen eines Waldgartens<br />

erfährt.<br />

www.foretgourmande.fr<br />

groß, dass es heute leider nicht mehr möglich ist, den Ort<br />

zu besichtigen. Die Anfragen waren zu zahlreich und der<br />

Zeitaufwand zu hoch. Der ehemalige Krankenpfleger und<br />

heutige Vollzeit-Botaniker will jedoch sein Wissen mithilfe<br />

eines eigens dafür gegründeten Vereins mit so vielen<br />

Menschen wie möglich<br />

teilen. Dafür hält er Vorträge,<br />

macht Schulungen<br />

und unternimmt alles, um<br />

Ratschläge für die Umsetzung<br />

eines Waldgartens<br />

weiterzugeben. Für<br />

alle, die sich gerne vor<br />

Ort von diesem Konzept<br />

überzeugen möchten,<br />

gibt es eine gute Nachricht:<br />

Wenige Kilometer<br />

von der ursprünglichen<br />

Parzelle entfernt wurde<br />

eine Fläche von 5000 m²<br />

für einen zweiten Waldgarten<br />

bepflanzt, der ab<br />

Herbst <strong>2021</strong> besichtigt<br />

werden kann. Dort erhält<br />

man dann alle Informationen, um selbst einen solchen<br />

Garten anzulegen. Dies wird zweifellos dazu beitragen,<br />

dass sich der Kreis der Anhänger von Waldgärten weiterhin<br />

vergrößert!<br />

60 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 61


Interview:<br />

Fabrice Desjours<br />

Ein Vorreiter im Bereich von Ökosystemen mit essbaren Pflanzen,<br />

Gründer des Waldgartens in Diconne (Saône-et-Loire)<br />

Fabrice Desjours, Sie sind heute einer der wichtigsten<br />

Experten in Sachen Waldgarten im Hexagon. Dank ihres<br />

eigenen Waldgartens, den sie 2010 in Burgund anlegten,<br />

besitzen Sie einzigartige Erfahrungswerte. Wie ist es dazu<br />

gekommen?<br />

Ich glaube, dass viele Passionen, die einen Menschen<br />

sein ganzes Leben begleiten, auf die Kindheit zurückgehen.<br />

So auch bei mir. Aber Frustration spielte vermutlich<br />

ebenfalls eine Rolle. Ich lebte bis zum Alter von acht Jahren<br />

in einer Wohnung in der Stadt, und mir wurde schon früh<br />

klar, dass dies wahrlich nicht meine Welt war. Die Schule<br />

im Übrigen auch nicht. Dort fühlte ich mich nicht wohl.<br />

Sie sagte mir überhaupt nichts. Ich hatte permanent das<br />

Gefühl, eingeschlossen zu sein, egal ob im Klassenzimmer,<br />

in der Wohnung oder auf der Straße. Zum Glück konnte<br />

ich mit meiner Familie die Ferien in Burgund auf dem<br />

Land verbringen. Da erlebte ich dann echte Momente der<br />

Freiheit. Ich erinnere mich noch daran, wie ich – kaum,<br />

dass wir angekommen waren – aufs Fahrrad stieg und mit<br />

meinen Kumpels übers Land und durch die Wälder streifte<br />

oder an den Bächen entlang spazierte. Alles, was wir sahen,<br />

versetzte uns in Erstaunen. Das war so viel angenehmer<br />

als die Stadt! Das Leben auf dem Land war für mich eine<br />

Offenbarung. Bestimmt war es<br />

in gewisser Weise ein Schwarz-<br />

Weiß-Denken: das Eingesperrtsein<br />

in der Stadt, die totale<br />

Freiheit auf dem Land. Das hat mich zwangsläufig geprägt.<br />

Die Landschaft in Burgund hat in mir einen riesigen Durst<br />

nach Natur und dem Verständnis für sie geweckt.<br />

Sie sprechen von der Schule. Fördert diese Ihrer Meinung nach<br />

in Frankreich die Annäherung der Kinder an die Natur?<br />

Nicht wirklich, leider ist es eher das Gegenteil. Auch<br />

wenn sich das allmählich ändert. Ich gehöre zur Generation<br />

der 80er-Jahre. Es lässt sich nicht verleugnen, dass<br />

zu dieser Zeit in der Schule nichts, oder fast nichts unternommen<br />

wurde, um Kinder für Natur zu sensibilisieren.<br />

Egal wie alt man war, man hatte den ganzen Tag auf<br />

seinem Stuhl im Klassenzimmer zu sitzen und seine Nase<br />

in die Bücher zu stecken. Der Lehrer war ein Symbol für<br />

Wissen, man musste ihm zuhören, durfte nicht allzu viele<br />

Fragen stellen. Das erschien mir unglaublich weit vom Leben<br />

auf dem Land entfernt, das ich aus den Ferien kannte.<br />

Dort, inmitten der Felder und Bäume, fühlte ich mich<br />

energiegeladen, voller Ideen. Ich hatte Lust, unzählige<br />

62 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Luftbild des Waldgartens, den Fabrice Desjours ganz alleine gepflanzt hat.<br />

Dinge zu unternehmen. Im Gegensatz zum Schulsystem<br />

weckte diese Natur eine Kreativität in mir, dazu musste<br />

ich sie nur beobachten. Mir war schnell klar, dass sie mir<br />

nicht nur Raum für Freiheit bot, sondern dass sie am Ende<br />

mein Arbeitsplatz werden würde …<br />

Die ländliche Gegend in Burgund hat Sie zwar sofort fasziniert,<br />

auf der anderen Seite war Ihnen aber auch schnell klar,<br />

dass diese Landschaft in gewisser Weise « dominiert » wird …<br />

Ja, die Landschaft ist zwar in der Tat sehr schön,<br />

aber, wie fast überall, ist die Handschrift des Menschen<br />

allgegenwärtig. Man sieht Felder, Weinberge, Wälder …<br />

alles ist sehr schön. Aber alles ist auch sehr strukturiert,<br />

vermutlich zu strukturiert. Der kleinste Raum wird vom<br />

Menschen beherrscht, und dahinter stehen vor allem<br />

kommerzielle Ziele. Als mir das klar wurde, war es wie<br />

ein Schock für mich. Probieren Sie es aus, betrachten Sie<br />

eine Landschaft: Meistens reicht ein einziger Blick, um zu<br />

erfassen, in welchem Maße der Mensch sie bändigt, sie<br />

beherrscht. In Frankreich sind echte « freie » natürliche<br />

Zonen heutzutage quasi inexistent, da ist Burgund keine<br />

Ausnahme. Und da in Frankreich die Kinder im Rahmen<br />

ihrer Erziehung nicht dazu ermutigt werden, sich mit der<br />

Natur auseinanderzusetzen, sich ihr anzunähern, wird das<br />

Bewusstsein dafür nicht gerade gefördert. Dabei sind sie<br />

es, die den Landschaftsraum von morgen gestalten …<br />

Die Erziehung spielt also für die Zukunft des Landschaftsbildes<br />

eine wichtige Rolle?<br />

Davon bin ich überzeugt. Frankreich hat in dieser<br />

Beziehung Aufholbedarf, denn innerhalb von Europa<br />

gibt es große Unterschiede. Nehmen Sie beispielsweise<br />

die Kindergärten in Deutschland. Sie sind Aktivitäten in<br />

der Natur gegenüber viel offener als in Frankreich. Man<br />

fordert die Kinder auf, in den Garten zu gehen, draußen<br />

zu spielen, Erde anzufassen, an ihr zu riechen, etwas zu<br />

pflanzen. Es gibt sogar Waldkindergärten. In Frankreich<br />

ist so etwas noch sehr selten.<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 63


UNTERWEGS IN FRANKREICH Burgund/ Saône-et-Loire<br />

Sie möchten vor allem « die Bäume wieder in den absoluten<br />

Mittelpunkt stellen », was meinen Sie damit?<br />

Die Gewohnheit, die Natur wirklich zu hinterfragen,<br />

sie wirklich zu betrachten, ist meines Erachtens in Frankreich<br />

verloren gegangen, selbst wenn sie vielleicht so langsam<br />

wieder zurückkehrt. Nehmen Sie den Baum als Beispiel:<br />

In den meisten Fällen betrachtet man ihn als dekoratives<br />

Element. Viele französische Gartengestalter setzen<br />

ihn als Accessoire ein. Ich bin jedoch der Meinung, dass<br />

Bäume etwas Wesentliches sind, dass wir ihnen nicht nur<br />

Beachtung schenken, sondern ihnen helfen müssen, ihren<br />

Platz in unserer Gesellschaft wieder zurückzuerobern.<br />

Denken Sie daran, dass alle Ökosysteme, in die man nicht<br />

eingreift, sich hin zum Wald entwickeln. Bäume steuern<br />

ihren Ertrag selbst, lagern Kohlenstoff und Wasser ein,<br />

beeinflussen das Klima … Wir sollten ihnen mehr Präsenz<br />

einräumen und uns vor allem die Zeit nehmen, sie zu<br />

beobachten. Sie können uns viele Dinge lehren.<br />

Inwiefern ist das Konzept des Waldgartens eine andere Produktionsmethode?<br />

In unseren traditionellen Kulturen wiederholen sich<br />

jedes Jahr dieselben Arbeiten: Man pflügt, sät, erntet.<br />

Entstanden sind ausgedehnte Monokulturen: Weizen,<br />

Mais, Gerste … Für den Landwirt ist das langweilig, in<br />

gewisser Weise trostlos. Er vergisst am Ende die langfristige<br />

Perspektive, es geht nur um Schnelligkeit und<br />

Rentabilität. Im Waldgarten arbeitet man dagegen auf<br />

Jahrzehnte hin, man versucht nicht, alles zu kontrollieren.<br />

Mithilfe eines langlebigen Pflanzensystems schafft man<br />

« essbare Landschaftsräume ». Man verlässt eingefahrene<br />

Gleise. Im Grunde bewegt man sich am Schnittpunkt der<br />

Nahrungsmittelproduktion unter Einbeziehung der Natur<br />

und den großen Umweltherausforderungen, denen wir uns<br />

stellen müssen.<br />

neugierig, es entspricht einem echten Bedürfnis nach einer<br />

stärkeren Einbindung der Natur, in der wir leben.<br />

Ist die französische Gesellschaft Ihrer Ansicht nach in der Lage,<br />

das Waldgarten-Konzept stärker in ihre landwirtschaftlichen<br />

und urbanen Entwicklungskonzepte einzubeziehen?<br />

Ich glaube schon. Wir stehen noch am Anfang, doch<br />

es ist offensichtlich, dass bereits jetzt ein großes Interesse<br />

für dieses Konzept besteht. Lange Zeit dachte ich, dass<br />

das politische Entscheidungssystem in Frankreich zu<br />

schwerfällig sei, um derartige Initiativen zu berücksichtigen.<br />

Doch ich glaube, dass uns gerade die heutige Zeit<br />

bewusst macht, dass sich unsere Denkmuster durch intelligente<br />

Ansätze sehr schnell ändern können. Nehmen<br />

Beispiele für Nahrungsmittel,<br />

die der Waldgarten in<br />

Burgund produziert.<br />

Glauben Sie, dass sich dieses Konzept durchsetzen kann?<br />

Wenn ich mich auf meine eigenen Erfahrungswerte<br />

stütze, kann ich diese Frage nur mit « ja » beantworten.<br />

Als ich 2010 damit begann, den Waldgarten zu pflanzen,<br />

habe ich mit niemandem darüber gesprochen. Ich wusste,<br />

dass man mich für verrückt halten würde. Seitdem haben<br />

sich die Dinge verändert. 2018, als der Wald sich gut entwickelt<br />

hatte, entstand bei mir das Bedürfnis, mich mit<br />

anderen über meine Erfahrung auszutauschen. Ich habe<br />

also begonnen, darüber zu kommunizieren, zunächst über<br />

die sozialen Netzwerke. Umgehend erhielt ich viele Nachrichten,<br />

dann Besuche vor Ort und schließlich Anfragen<br />

für Schulungen. Um all diesen Wünschen nachzukommen,<br />

musste ich sogar meine Arbeit als Krankenpfleger<br />

aufgeben. Wir haben einen Verein gegründet und zurzeit<br />

bin ich dabei, zehn Ausbilder zu schulen. Wir werden<br />

von Anfragen nur so überrannt. Parallel dazu arbeiten<br />

wir an mehreren Projekten für urbane Waldgärten in der<br />

Umgebung, zum Beispiel in Chalon-sur-Saône, Cluny, in<br />

der Nähe von Dijon … Das Konzept macht die Menschen<br />

64 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Sie das Tragen der Maske: Bis vor einem<br />

guten Jahr war dies in unserer Kultur eine<br />

absolut fremde Praxis. Und doch mussten<br />

wir uns daran gewöhnen. Das zeigt, wie<br />

schnell man seine Gewohnheiten ändern<br />

kann. Wenn es dann noch um einen Ansatz<br />

geht, der darauf abzielt, mehr Bäume<br />

zu pflanzen, auf eine gesunde Ernährung<br />

und Umwelt zu achten, dann sehe ich keinen<br />

Grund, warum wir das nicht schaffen<br />

sollten. Da bin ich zuversichtlich.<br />

Fabrice Desjours, wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />

Fabrice Desjours: Jardins-Forêts, un nouvel<br />

art de vivre et de produire, Éditions Terran, 370<br />

Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>2359811308.<br />

Das im September 2020 erschienene Buch<br />

ist eine regelrechte Bibel für alle, die sich für<br />

Waldgärten interessieren und gerne einen<br />

eigenen anlegen möchten. Es gibt Auskunft<br />

über die Entstehung und das Anlegen solcher<br />

Gärten. Darüber hinaus profitiert man von<br />

den Erfahrungen von Fabrice Desjours,<br />

der rund hundert Bäume, Büsche, Lianen<br />

und krautartige Pflanzen vorstellt, die<br />

zwar unbekannt, jedoch komplementär zu<br />

klassischen Obstbäumen und Gemüsearten<br />

sind und sich in unseren Breiten optimal in einem<br />

Waldgarten akklimatisieren.<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 65


FRANKREICH HEUTE Wirtschaft<br />

Discounter: Wenn Deutschland<br />

Es ist eines der Paradoxe in Frankreich: Man malt sich oft aus,<br />

dass Franzosen gemütlich zum kleinen lokalen Händler um die<br />

Ecke schlendern, plaudernd ihre Einkaufstasche mit frischem<br />

Gemüse füllen und auf dem Weg nach Hause noch ein knuspriges<br />

Baguette hineinstecken. Doch wie sieht die Realität aus?<br />

Zwei Drittel kaufen ihre Lebensmittel in Super- oder Verbrauchermärkten.<br />

Diese Konsumtempel entstanden in Frankreich in<br />

den 60er-Jahren nach amerikanischem Vorbild; inzwischen werden<br />

dort Jahr für Jahr rund 110 Milliarden Euro umgesetzt. Der<br />

lukrative Markt wird heute von den beiden Handelsriesen Carrefour<br />

und Leclerc angeführt, die einen Anteil von knapp 40 % des<br />

Supermarktumsatzes auf sich vereinen, gefolgt von Unternehmen<br />

wie Intermarché, Casino, Système U und Auchan. Daneben<br />

breiten sich jedoch auch ausländische Handelsketten immer<br />

mehr auf dem französischen Markt aus, vor allem die deutschen<br />

Discounter Lidl und Aldi sind inzwischen zu bedeutenden Akteuren<br />

der Branche aufgestiegen.<br />

Das geruhsame Leben der französischen<br />

Einzelhandelsunternehmen<br />

Was die Einkäufe anging, machten sich die Franzosen<br />

lange Zeit keine großen Gedanken. Jeder<br />

hatte seine Gewohnheiten und ging zum Einkaufen<br />

zu Carrefour, Leclerc oder Intermarché. Den Ausschlag<br />

für die Wahl gab vorwiegend ein praktischer und<br />

daher gut nachvollziehbarer Aspekt: die Erreichbarkeit.<br />

Selbstverständlich spielte auch der Preis eine Rolle, aber<br />

nicht ausschließlich. Im Grunde genommen unterschieden<br />

sich die Supermärkte nicht sehr stark: Mithilfe von « Promotionen<br />

» und anderen « Sonderaktionen », die in den<br />

Medien und Briefkästen breit gestreut wurden, war abwechselnd<br />

immer eines dieser Unternehmen « dasjenige<br />

mit den günstigsten Preisen », sodass am Ende niemand<br />

mehr wusste, welcher Supermarkt das Budget tatsächlich<br />

am meisten schonte. Es war also meist weniger eine bewusste<br />

Entscheidung, sondern eher die Gewohnheit, die<br />

die Franzosen dazu bewog, « ihrem » Supermarkt die Treue<br />

zu halten. Letztendlich kam diese Situation allen entgegen.<br />

Auf diese Weise konnten die französischen Einzelhandelsketten<br />

ohne viel Aufwand und durchaus einträglich wachsen.<br />

Lediglich Fusionen zwischen den verschiedenen Konzernen<br />

oder Übernahmen sorgten ab und zu für Unruhe in<br />

der Branche. Dass irgendwann Schluss<br />

mit diesem geruhsamen Leben war, lag<br />

daran, dass europäische Konkurrenten<br />

auf den Markt drängten und die Konsumgewohnheiten<br />

veränderten. Vor<br />

allem deutsche Mitbewerber standen in<br />

den Startlöchern …<br />

Frischer Wind aus Osten<br />

Vor rund dreißig Jahren bereitete<br />

sich aus Osten kommend eine neue<br />

Handelsform, die Discounter, in Frankreich<br />

aus, was zu einer regelrechten<br />

Umwälzung in diesem Sektor führte.<br />

Mit der Ankunft der beiden deutschen<br />

Handelsketten Aldi und Lidl änderten<br />

sich die Einkaufsgepflogenheiten vieler<br />

Franzosen, die sich von den neuen und<br />

viel aggressiveren Verkaufspraktiken<br />

in Bann ziehen ließen. Französische<br />

Konsumenten entdeckten den Preis als echtes Verkaufsargument<br />

und hinterfragten plötzlich, ob die bequemeren<br />

Einkaufsbedingungen in den gewohnten Geschäften den<br />

höheren Preis für die Produkte rechtfertigten oder nicht.<br />

Die Warenpräsentation war zwar aufs Notwendigste<br />

reduziert und daher ungewohnt – oft bediente man sich<br />

direkt aus den Kartons –, die Geschäfte sahen eher wie<br />

Lager aus und die Marken waren oft unbekannt, doch<br />

konnte man dies nicht in Kauf nehmen, wo doch die Preise<br />

viel günstiger waren? Innerhalb weniger Jahre machten<br />

sich die Discounter in Frankreich einen Namen, die Firmenschilder<br />

von Aldi und Lidl waren bald ein gewohnter<br />

Anblick in der Einzelhandelslandschaft, die bestehenden<br />

Marktplayer verstanden die Welt nicht mehr.<br />

Das Ziel von Aldi: « Jeder Franzose soll<br />

in 15 Minuten eine Filiale erreichen »<br />

Auch wenn im Hexagon der Anteil der Discounter am<br />

Branchenumsatz mit knapp 15 % noch relativ überschaubar<br />

ist, darf man nicht darüber hinwegsehen, dass dieses<br />

Segment stark wächst. Das wurde auch den französischen<br />

Handelsunternehmen klar, und sie eröffneten Filialnetze<br />

mit einem günstigeren Preisniveau unter neuen Marken.<br />

66 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Frankreich erobert<br />

Und das im Übrigen nicht ohne Erfolg. Die Konsumenten<br />

nahmen diese Absatzschiene an, sodass Discounter heute<br />

zum Bild in den Einkaufszonen am Rande der Städte<br />

gehören. Die beiden deutschen Branchengiganten arbeiten<br />

ihrerseits weiter daran, die Konsumgewohnheiten in<br />

Frankreich zu verändern, teilweise sogar mit schweren<br />

Geschützen. Vor allem Aldi. Der Einzelhandelsriese legte<br />

im letzten Jahr für 545 französische Filialen des 1990<br />

gegründeten Discounters Leader Price, zwei Casino-<br />

Supermärkte und drei Zentrallager 717 Millionen Euro<br />

auf den Tisch. Damit sind die Expansionsabsichten von<br />

Aldi in Frankreich klar, denn mit dem Deal verdoppelt<br />

der Discounter sein Filialnetz (bisher 862 Läden) nahezu,<br />

und sein Marktanteil dürfte von 2,4 % auf 4 % steigen.<br />

Die Konzernleitung hält mit ihren Ambitionen nicht<br />

hinter dem Berg: « Wir wollen, dass jeder Franzose in 15<br />

Minuten eine unserer Filialen erreichen kann », kommunizierte<br />

man im Rahmen dieses kolossalen Abschlusses.<br />

Wenn das nichts ist! Dies wird zweifellos die französischen<br />

Konkurrenten in diesem Sektor noch etwas mehr<br />

in Unruhe versetzen. Vor allem, wenn man weiß, dass der<br />

zweite deutsche Discounter, Lidl, seine Marktposition<br />

ebenfalls von Monat zu Monat verbessert. Und das seit<br />

Jahren. Laut einer Untersuchung des Instituts Kantar,<br />

das die Ausgaben der Franzosen im Zeitraum vom 15.<br />

Juni bis 12. Juli 2020 analysierte, hat das Unternehmen<br />

inzwischen einen Marktanteil von 6,5 % erreicht und liegt<br />

damit hinter dem traditionsträchtigen Konzern Casino,<br />

zu dem die Handelsketten Casino, Monoprix, Franprix<br />

und Géant gehören und der einen Marktanteil von 9,4 %<br />

auf sich vereint. Die Plätze eins und zwei der Branche sind<br />

mit Leclerc (Marktanteil 22,6 %) und Carrefour (19,8 %)<br />

zwar ebenfalls in französischer Hand, doch den Akteuren<br />

des Landes ist mittlerweile klar geworden, dass sie<br />

die Ambitionen ihrer deutschen Konkurrenten genau im<br />

Auge behalten müssen.<br />

Und wenn die Franzosen noch nicht ihr<br />

letztes Wort gesprochen haben?<br />

Die Branchenspezialisten in Frankreich sind sich<br />

darüber bewusst, dass ein Konzern wie Aldi den Einzelhandelsmarkt<br />

in ihrem Land innerhalb weniger Jahre<br />

ziemlich durcheinandergebracht, wenn nicht sogar revolutioniert<br />

hat. Es ist ihm gelungen, einem Sektor, in dem<br />

die Franzosen scheinbar eingefahrene und nur schwer<br />

veränderbare Gewohnheiten hatten, seine Spielregeln<br />

aufzuzwingen. Dennoch ist man weit davon entfernt,<br />

sich mit den kontinuierlich steigenden Marktanteilen<br />

von Aldi & Co. abzufinden. Offensichtlich ist das letzte<br />

Wort noch nicht gesprochen. Es könnte gut sein, dass<br />

die deutschen Konkurrenten in absehbarer Zeit einer<br />

französischen Initiative die Stirn bieten müssen, die die<br />

Karten neu verteilt. Vor Kurzem haben drei einflussreiche<br />

französische Unternehmer und Investoren angekündigt,<br />

gemeinsam einen « europäischen Leader des nachhaltigen<br />

Konsums » zu gründen. Bei den drei Managern handelt<br />

es sich um Xavier Niel (den Gründer und Hauptaktionär<br />

von Illiad, neben Free einer der Marktführer im Bereich<br />

Telekommunikation in Frankreich), Moez-Alexandre<br />

Zouari (der mit Casino und Picard eines der bedeutendsten<br />

Lebensmittelhandelsimperien des Hexagons aufbaute)<br />

und Matthieu Pigasse (der lange Zeit als einer der führenden<br />

Investmentbanker Frankreichs angesehen wurde<br />

und heute ein bedeutender Investor im Medienbereich<br />

ist). Ihr Projekt wird zwar derzeit noch geheim gehalten,<br />

bekannt ist jedoch mittlerweile, dass die drei von den anvisierten<br />

Investitionskosten in Höhe von zwei Milliarden<br />

Euro bereits rund 300 Millionen Euro beschafft haben.<br />

« Wir möchten einen Champion für Dauerhaftigkeit und<br />

Nachhaltigkeit schaffen, wir können dafür aber ein ‚Allroundunternehmen‘<br />

kaufen und es in der Folge umwandeln<br />

», haben die drei Investoren bestätigt. Auch wenn die<br />

Transaktion – die, so scheint es, im ersten Halbjahr <strong>2021</strong><br />

abgewickelt werden soll – nicht direkt die Einzelhandelsketten<br />

anvisiert, kann dies auch nicht ausgeschlossen werden.<br />

Zumindest könnte ein derartiges Projekt gravierende<br />

Auswirkungen auf diese Branche in Frankreich haben<br />

… Wird es den Franzosen gelingen, diesem wichtigen<br />

Wirtschaftssektor wieder ihre eigenen Spielregeln aufzuzwingen?<br />

Vor allem gegenüber dem deutschen Riesen<br />

Aldi? Es ist noch zu früh, um diese Frage zu beantworten,<br />

die Zukunft wird es zweifellos zeigen. In den kommenden<br />

Monaten könnte es also zu einigen Ankündigungen und<br />

tiefgreifenden Veränderungen kommen …<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 67


FRANKREICH HEUTE Kulturerbe / Provence<br />

68 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Grotte<br />

Cosquer<br />

Unglaubliche<br />

Höhlenmalereien<br />

in den Calanques<br />

von Marseille<br />

Das geheimnisvolle Schild befindet sich an einem ganz unerwarteten<br />

Ort. Am Cap Morgiou nahe Marseille, 37 Meter unter<br />

dem Meeresspiegel. Die zahlreichen Touristen, die die Calanques<br />

per Boot besichtigen, sind ahnungslos, dass unter ihnen<br />

eine Tafel mit einer merkwürdigen, nahezu surrealen Aufschrift<br />

angebracht ist: Ministère de la culture. Plongée interdite.<br />

Sie hängt in der Tiefe des Meeres neben beeindruckend großen<br />

Betonklötzen mit einem Gitter, das Tauchern mysteriöserweise<br />

den Zugang zu einem 175 Meter langen Tunnel unter Wasser<br />

versperrt. Ein seltsames, submarines Rätsel, von dem bis heute<br />

nur wenige Eingeweihte wissen, über das aber vermutlich bald<br />

die ganze Welt sprechen wird …<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 69


FRANKREICH HEUTE Kulturerbe / Provence<br />

Henri Cosquer liebt das Mittelmeer. Er erforscht seit seiner<br />

Jugend den Meeresgrund, leitete lange Zeit das Tauchzentrum<br />

in Cassis und ist unbestritten einer der besten Kenner<br />

der berühmten Calanques zwischen Cassis und Marseille.<br />

Eines schönen Tages, im Jahr 1985, entdeckte Henri Cosquer bei<br />

einem seiner unzähligen Tauchgänge dort in 40 Metern Tiefe den<br />

Eingang zu einer Art Tunnel. Darin war es sehr dunkel, sodass er<br />

zunächst nicht vorzudringen wagte. Doch schließlich siegte seine<br />

Neugier. Ohne jemandem davon zu erzählen, kam er im Laufe der<br />

Wochen immer wieder an diesen Ort zurück, tauchte jedes Mal<br />

etwas weiter in den Hohlraum hinein, der offensichtlich eine tiefe<br />

Höhle war. Cosquer war sich darüber bewusst, dass dieses Abenteuer<br />

mit einem hohen Risiko verbunden war, und beschloss daher<br />

im Oktober 1985, jedes Mal einen « Lebensfaden » mitzunehmen,<br />

den er beim Eindringen in den langen und dunklen Tunnel abrollte,<br />

um mit seiner Hilfe wieder sicher zurück zum Ausgang zu<br />

gelangen. Er wusste noch nicht, was er finden würde, aber er war<br />

davon überzeugt, dass es am Ende des Tunnels etwas geben musste.<br />

Was auch immer das sein würde … Nach mehr als 150 Metern<br />

gelangte der Taucher schließlich in eine, wie er vermutete, ausgedehnte<br />

Höhle. Er stieg langsam höher und erreichte die Wasseroberfläche,<br />

wo er im Schein seiner kleinen Lampe einen überfluteten<br />

Saal entdeckte. Henri Cosquer beschloss, etwas nahezu Unglaubliches<br />

zu wagen, nämlich das Druckminderungsventil abzunehmen,<br />

das ihn mit dem Sauerstoff aus seinen Flaschen versorgte.<br />

Ihm war durchaus klar, dass die seit Jahrtausenden in der Höhle<br />

eingeschlossene Luft möglicherweise verbraucht oder verschmutzt<br />

sein könnte. Dennoch ging er das Risiko ein. Und das Wagnis<br />

zahlte sich aus, denn er konnte normal atmen. Durch diese Tatsache<br />

bestärkt, suchte er die Unterwasserhöhle in der Folge immer<br />

wieder auf.<br />

Zu dem Zeitpunkt wusste Henri Cosquer noch nicht, dass<br />

seine Entdeckung sein Leben auf den Kopf stellen würde und er<br />

damit Wissenschaftlern aus der ganzen Welt eines der schönsten<br />

Kleinode der Höhlenmalerei und gleichzeitig eine Goldgrube an<br />

Erkenntnissen über die Urgeschichte unserer Vorfahren schenken<br />

würde. Er konnte zu dem Zeitpunkt ebenfalls noch nicht<br />

absehen, dass damit eine der grandiosesten submarinen Entdeckungen<br />

seinen Namen tragen würde. Ein Name, der in den<br />

kommenden Jahren vermutlich ebenso berühmt werden wird,<br />

wie Lascaux …<br />

Plötzlich tauchte im Lichtstrahl eine Hand auf<br />

Nach den ersten Erkundungen musste Henri Cosquer die<br />

Erforschung der Höhle aufgrund beruflicher Verpflichtungen<br />

einige Jahre unterbrechen. Erst im Juli 1990 kehrte er – nach<br />

wie vor alleine – an den Ort zurück und stieß erneut mit einer<br />

Mischung aus Aufregung und Furcht vorsichtig in die Höhle vor,<br />

die für ihn noch immer ein Buch mit sieben Siegeln war. Cosquer<br />

ist Autodidakt, weder Forscher noch Wissenschaftler. Dennoch<br />

hatte er schon immer ein Gespür für manche Dinge, ließ sich oft<br />

von seiner Intuition leiten. Und auch 1990 spürte er, dass diese<br />

Höhle etwas zu enthüllen hatte. Im Bewusstsein des Risikos,<br />

das er bei seinen regelmäßigen Tauchgängen dorthin einging,<br />

installierte er entlang der Strecke nun dauerhaft einen Lebens-<br />

70 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Die Grotte Cosquer ist ein versunkener archäologischer Schatz, der mehr als 500 Höhlenmalereien – darunter<br />

zahlreiche Pferde, Bisons und Pinguine – sowie 65 bemerkenswerte Abdrücke von Händen umfasst.<br />

faden, eine zwar dünne, aber unentbehrliche Verbindung<br />

zur Außenwelt. Der Taucher erforschte den einige Jahre<br />

zuvor entdeckten Hohlraum, den er in seinem Buch (siehe<br />

Seite …76) als « unglaublich schön » bezeichnete, obwohl<br />

er genau wusste, dass es im kalkhaltigen Felsgestein der<br />

Calanques zahlreiche solcher Grotten gibt, die im Laufe<br />

der Jahrtausende durch Erosion entstanden sind. Henri<br />

Cosquer glaubte zunächst, eine von vielen anderen entdeckt<br />

zu haben. Dennoch freute er sich darüber. Zumal<br />

ihm seine Intuition immer noch sagte, dass er noch nicht<br />

am Ende seines Abenteuers angekommen war, dass noch<br />

eine Überraschung auf ihn wartete. Er machte also weiter<br />

und nahm die Höhle so gut es ging unter die Lupe. Bis<br />

dann der unglaubliche Augenblick gekommen war, der<br />

ihm bis in alle Ewigkeit im Gedächtnis bleiben wird. Der<br />

Augenblick, als er im Lichtstrahl seiner Lampe verblüfft<br />

eine auf den Fels gemalte Hand entdeckte. Und dann<br />

Pferde, Vögel, Bisons … Ein unglaubliches Bestiarium.<br />

Henri Cosquer wurde schnell klar, dass dies das Werk<br />

von entfernten, ganz entfernten Vorfahren sein musste.<br />

Er hatte viel mehr als « nur » eine Höhle aufgespürt: ein<br />

regelrechtes Heiligtum, ein Juwel der prähistorischen<br />

Kunst, das hier seit Jahrtausenden geschützt war! Angesichts<br />

der Bedeutung dieses Fundes und der Notwendigkeit,<br />

den Ort schnellstmöglich unter Schutz zu stellen,<br />

meldete er am 3. September 1991 seine Entdeckung umgehend<br />

den zuständigen Behörden, wie es im Übrigen das<br />

französische Gesetz verlangt. Sowohl die für maritime<br />

Angelegenheiten als auch die für Unterwasserarchäologie<br />

zuständigen Institutionen äußerten zunächst jedoch große<br />

Zweifel. Und sie waren nicht die Einzigen.<br />

Spott über einen « provenzalischen Pinguin »<br />

Die Entdeckung war derart weitreichend, dass sie in<br />

Fachkreisen sofort von sich reden machte. Doch in der<br />

kleinen Welt der Spezialisten für die Altsteinzeit schätzte<br />

man es nicht sehr, dass ein Autodidakt ihr Leben auf den<br />

Kopf stellen wollte, und zeigte sich daher äußerst skeptisch.<br />

Da man ein sehr guter Taucher sein muss, um in die<br />

Höhle zu gelangen, war logischerweise die Erstellung von<br />

Expertisen vor Ort stark eingeschränkt. Glücklicherweise<br />

fand sich unter den Forschern mit Jean Courtin ein Spezialist<br />

für Unterwasserarchäologie und die prähistorische<br />

Zeit, der zugleich ein erfahrener Taucher war und keine<br />

Angst hatte, durch den Tunnel bis in die Grotte Cosquer<br />

vorzudringen. Was Henri Cosquer ihm von der Höhle<br />

erzählt hatte, genügte, um von der Notwendigkeit – oder<br />

gar der Dringlichkeit – einer Besichtigung überzeugt zu<br />

sein. Dabei spielte es für ihn keine Rolle, dass Cosquer<br />

selbst kein Fachmann auf diesem Gebiet war. Courtin<br />

ahnte intuitiv, dass er es mit einem potenziellen archäologischen<br />

Schatz zu tun hatte, wie man ihn nur selten zu<br />

sehen bekommt. Deshalb wollte er alles daransetzen, diesen<br />

« ans Tageslicht zu bringen ».<br />

Jean Courtin war also der erste Prähistoriker, der die<br />

Unterwasserhöhle besuchte. Als er zurückkam, stand ihm<br />

die Begeisterung im Gesicht geschrieben. Was er gesehen<br />

hatte, überstieg alle seine Vorstellungen. Er sprach sogar<br />

über Darstellungen von Meerestieren, wie Robben und<br />

Pinguinen. Eine Weltpremiere! Insofern bestätigte Courtin<br />

nach diesem ersten Tauchgang sofort die Tragweite von<br />

Cosquers Entdeckung. Doch Courtins illustre Kollegen<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 71


FRANKREICH HEUTE Kulturerbe / Provence<br />

Um die Grotte Cosquer bis ins kleinste Detail zu kopieren, arbeiten<br />

unzählige Teams seit Jahren daran, die Höhle zu scannen und zu<br />

digitalisieren, die Wandreliefs exakt nachzubilden und darauf die<br />

prähistorischen Malereien detailgenau zu reproduzieren, so wie<br />

das bereits für die Höhlen Lascaux und Chauvet geschehen ist.<br />

gaben sich nach wie vor missmutig und nicht von der Bedeutung<br />

des Fundes überzeugt. « Eine Unterwasserhöhle<br />

mit Abbildungen von Pinguinen », das könne nicht seriös<br />

sein, verkündeten sie mehr oder weniger einhellig. Verächtlich<br />

schreckten sie auch nicht davor zurück, die Authentizität<br />

der Informationen in Zweifel zu ziehen. Courtin<br />

erinnerte sich beispielsweise 1994 in einem Interview in<br />

der französischen Zeitung L‘Express daran: « Forscher haben<br />

behauptet, dass ein Fälscher einige Tiere kopiert […],<br />

die Patina, die im Laufe der Zeit entstanden ist, imitiert<br />

(und das über Dutzende Quadratmeter an der Decke!),<br />

prähistorische Holzkohle mitgebracht habe, um die Illusion<br />

perfekt zu machen. Und über unseren ‹ provenzalischen<br />

Pinguin › hat man sich ausgiebig lustig gemacht. » Doch<br />

Courtin ließ sich von den Angriffen nicht beirren, denn<br />

schließlich wusste er genau, dass die Entdeckung von Lascaux<br />

anfangs dieselbe Skepsis hervorgerufen hatte. Und vor<br />

allem war er davon überzeugt, dass die gut hundert Tierdarstellungen,<br />

die rund fünfzig Abbildungen von Händen<br />

und mehrere Dutzend von geometrischen Zeichen, die er<br />

im Laufe seiner Tauchgänge in die Höhle erfasst hatte,<br />

eine außerordentliche wissenschaftliche Bedeutung haben.<br />

Die 27 100 Jahre alte Hand eines Künstlers<br />

Glücklicherweise war Courtin nicht der Einzige, der<br />

an die Authentizität der Grotte Cosquer glaubte. Neben<br />

Cosquer selbst, fand Courtin in der Person von Jean Clottes<br />

einen wichtigen und treuen Verbündeten, um weitergehende<br />

Forschungen einzuleiten und die Fachwelt von<br />

der Glaubwürdigkeit des einmaligen Fundes zu überzeugen.<br />

Mit Jean Clottes hatte er einen der anerkanntesten<br />

französischen Prähistoriker und zugleich einen Spezialisten<br />

für Höhlenmalereien auf seiner Seite. Diesem war die<br />

Bedeutung der Entdeckung ebenfalls schnell klar, sodass<br />

er nicht zögerte, sie öffentlich zu verteidigen. Angesichts<br />

der Tatsache, dass er damit – neben Courtin und Cosquer<br />

– quasi allein auf weiter Flur stand, war dies ein mutiges<br />

Unterfangen, mit dem er letztlich sogar seine Karriere<br />

aufs Spiel setzte.<br />

Gemeinsam gelang es Courtin und Clottes, nach und<br />

nach ihr Umfeld zu überzeugen. Per Dekret vom 2. September<br />

1992 klassifizierte der Staat schließlich die Höhle<br />

als Monument historique, um zu verhindern, dass Taucher<br />

sie besuchen und um sie auf diese Weise zu schützen. Die<br />

72 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


eiden entschlossenen Forscher wurden im Laufe ihrer<br />

mühevollen Arbeit zu Freunden. Sie gehörten zu den<br />

Ersten, die ihren Wissenschaftsbereich popularisierten,<br />

indem sie auf das öffentliche Interesse der Grotte Cosquer<br />

pochten. Glücklicherweise erhielten sie mit der Zeit Unterstützung<br />

und ihre ersten Eindrücke wurden durch allerneueste<br />

wissenschaftliche Techniken, zum Beispiel aus<br />

der Atomphysik, bestätigt. Es wurden außergewöhnliche<br />

Mittel aufgefahren, darunter ein Gerät namens Tandetron,<br />

mit dem kleinste Materialfragmente mit größter Präzision<br />

analysiert werden können. Mit dieser Hilfe gelang<br />

es, minimalste Pigmententnahmen aus der Grotte zeitlich<br />

einzuordnen. Und man kann sagen, dass die Ergebnisse<br />

überzeugend waren und die Erwartungen der beiden<br />

Forscher nahezu übertrafen. « Wir konnten nachweisen,<br />

dass eine der ‹ negativen Hände › – die Abdrücke, die der<br />

Künstler hinterließ, indem er Farbpigmente auf eine auf<br />

die Felswand gedrückte Hand blies – vor 27 100 Jahren<br />

erstellt wurde. Damit ist dies die älteste Malerei der Welt,<br />

die so präzise datiert werden kann », erläuterten Courtin<br />

und Clottes bewegt. Dank dieser eingesetzten Mittel und<br />

der aufwendigen Untersuchungen ist die Grotte Cosquer<br />

de facto heute die am besten datierte Stätte für prähistorische<br />

Kunst auf der Welt. Das brachte auch die größten<br />

Skeptiker an der Authentizität dieser Entdeckung zum<br />

Schweigen …<br />

Der unerbittliche Anstieg des Wassers<br />

Mithilfe der zahlreichen präzisen Datierungen und einer<br />

Vielzahl von Entnahmen, die im Laufe der Tauchgänge<br />

und der Jahre gemacht wurden, konnten die Forscher<br />

die unglaubliche Höhle mit ihren Malereien – die Einzige<br />

in dieser Art, die bislang unterhalb des Meeresspiegels<br />

entdeckt wurde – besser einordnen. Zum Beispiel aus<br />

geografischer und geologischer Sicht: Der Eingang in die<br />

Höhle befindet sich heute in einer Tiefe von 37 Metern<br />

unter dem derzeitigen Meeresspiegel. Als die Urmenschen<br />

jedoch die Höhle besuchten, befand sich dieser Meeresspiegel<br />

schätzungsweise 120 Meter tiefer. Der Zugang zur<br />

Grotte war also « trockenen Fußes » möglich und lag mehrere<br />

Kilometer vom Meer entfernt. Man muss sich vorstellen,<br />

dass die Bucht von Marseille im damaligen Zeitalter<br />

eine ausgedehnte Grassteppe war, in der ein kaltes Klima<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 73


FRANKREICH HEUTE Kulturerbe / Provence<br />

herrschte. Sehr wahrscheinlich jagte man hier zahlreiche wilde<br />

Tiere, wie sie auch in der Grotte abgebildet sind. Mit der allmählichen<br />

Klimaerwärmung stieg das Wasser, drang in den von<br />

Cosquer entdeckten Zugangstunnel ein und überschwemmte<br />

allmählich die Höhle. Heute ragt nur ein circa 60 mal 60 Meter<br />

großer Teil aus dem Wasser, was schätzungsweise einem Viertel<br />

des ursprünglichen Hohlraums entspricht. Auf diesem Teil<br />

wurden die beeindruckenden Malereien, Zeichen und Gravuren<br />

gefunden, die unsere fernen Ahnen dort hinterließen.<br />

Ein rettender, aber ungenügender Überdruck<br />

Die Frage, wie diese Gravuren und Malereien der Klimaerwärmung<br />

und dem Anstieg des Meeresspiegels standhalten<br />

konnten, interessierte logischerweise viele Wissenschaftler, darunter<br />

auch die des Centre Européen de Recherche et d’Enseignement<br />

des Géosciences de l’Environnement (CEREGE), dessen Sitz sich<br />

in der nicht weit entfernten Stadt Aix-en-Provence befindet.<br />

Diese führten zahlreiche Analysen durch, bei denen sich unter<br />

anderem herausstellte, dass die klimatischen Bedingungen in<br />

der Höhle von denen außerhalb stark abweichen. Vor allem der<br />

Luftdruck ist im Inneren konstant höher. Dies lässt sich laut den<br />

Spezialisten des CEREGE folgendermaßen erklären: Wenn die<br />

Wellen gegen die Felsen schmettern und in den Zugangstunnel<br />

der Grotte eindringen, führen sie eine gewisse Menge an Luft<br />

mit, sodass sich der Luftdruck im Inneren erhöht. Dieser Überdruck<br />

verhindert letztendlich einen Anstieg des Meerwassers<br />

im Hohlraum. Auf diese Weise war die Grotte jahrtausendelang<br />

eine schützende Hülle für die Schätze in ihrem Inneren.<br />

Dennoch sind die Wissenschaftler sich einig: Dieser Luftdruck<br />

wird angesichts der Klimaerwärmung und des raschen Anstiegs<br />

des Meeresspiegels in den letzten Jahrzehnten nicht ausreichen,<br />

um mittelfristig die vollständige Überschwemmung der Grotte<br />

Cosquer zu verhindern. Daher stellte sich schnell die entscheidende<br />

Frage, auf welche Weise die herausragenden Malereien<br />

und Gravuren dort langfristig zu retten sind.<br />

Kopieren, was nicht zu retten ist<br />

Den Unterwassertunnel zuschütten, das Wasser im Inneren<br />

der Höhle « abpumpen » und gleichzeitig einen bequemeren Zugang<br />

von außen bohren, ist keine brauchbare Lösung. Abgesehen<br />

davon, dass dies technisch aufwendig und gefährlich wäre, könnte<br />

es möglicherweise zum Einsturz des Hohlraums führen. Dieses<br />

Risiko ist zu hoch und das Vorgehen demnach unmöglich.<br />

Da man bereits die Grotte de Lascaux schließen musste, um sie<br />

zu erhalten, weiß man heute nur zu gut, dass sich die Atmosphäre<br />

in einer Höhle sehr leicht stören lässt und man deshalb sehr<br />

vorsichtig sein muss: Jeder Besucher verändert alleine durch seine<br />

Anwesenheit – vor allem durch das Atmen – das dort bestehende<br />

Ökosystem und stellt somit eine Gefahr für die wertvollen Malereien<br />

dar. Die Grotte Cosquer beherbergt laut der letzten « Zählung<br />

» mehr als 500 bemerkenswerte Höhlenmalereien, darunter<br />

– abgesehen von den Händen – einzigartige Darstellungen von<br />

Meerestieren wie Pinguinen, Robben und sogar Quallen. Wenn<br />

man dieses in seiner Art einzigartige Kulturerbe mit seinem<br />

Die Villa Méditerranée ist ein auffallendes Gebäude mit einer<br />

spektakulären nutzbare Auskragung (der längsten der Welt). Sie<br />

liegt direkt neben dem MuCEM und wird die Nachbildung der<br />

Grotte Cosquer beherbergen, die man ab 2022 besichtigen kann.<br />

74 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


unschätzbaren Wert faktisch nicht vor dem Anstieg des<br />

Wassers retten kann, muss man es in einer anderen Form<br />

für die Nachwelt erhalten. Dies ist die Herausforderung<br />

des Projekts Cosquer 2, das 2022 in der Einweihung einer<br />

exakten Nachbildung der Höhle in Marseille münden soll.<br />

Cosquer 2, die ersehnte Nachbildung<br />

Der Gedanke, eine Nachbildung der Grotte Cosquer<br />

nach den in Frankreich gut bekannten und erfolgreichen<br />

Vorbildern der Höhlen von Lascaux und Chauvet zu realisieren,<br />

drängte sich daher letztlich auf. Die Region Provence-Alpes-Côte<br />

d’Azur, die ein wichtiger Akteur dieser<br />

Operation ist, sieht darin gleich drei bedeutende Vorteile:<br />

ein dem Untergang geweihtes Kulturgut schützen, das<br />

Kulturgut der Öffentlichkeit an einem gut zugänglichen<br />

Ort präsentieren und – der politisch bedeutendste Aspekt<br />

– « es in gewisser Weise ermöglichen, sich über die Klimaerwärmung<br />

bewusst zu werden ». Nicht zu vernachlässigen<br />

ist zudem laut Renaud Muselier, dem Präsidenten der<br />

Region, dass dadurch 2022 eine neue Sehenswürdigkeit<br />

eröffnen wird, die « bereits im ersten Jahr 500 000 Besucher<br />

verspricht ». Ein Segen also für den Tourismus und<br />

die lokale Wirtschaft.<br />

Für die Umsetzung des Projekts wurden zunächst<br />

verschiedenste Orte ins Auge gefasst, darunter eine<br />

künstliche Insel in der Bucht von Cassis, Steinbrüche in<br />

der Calanque de Port-Miou sowie unterirdische Stollen<br />

im Alten Hafen von Marseille. 2018 wurde letztendlich<br />

die Villa Méditerranée dazu bestimmt, die 2013, als<br />

Marseille europäische Kulturhauptstadt war, am Alten<br />

Hafen, ganz in der Nähe des MuCEM, eingeweiht worden<br />

war. Man muss dazu wissen, dass dieses Gebäude<br />

ohne schlüssiges Nutzungskonzept konstruiert wurde,<br />

leer stand und laut Rechnungshof der Region PACA<br />

die Steuerzahler pro Jahr knapp 5 Millionen Euro kostet<br />

… Ein Verwendungszweck für diesen Ort war also<br />

willkommen! Laut den Initiatoren des Projektes soll der<br />

bestehende Bau auf spektakuläre Art verändert werden:<br />

« Ein gewundener Steg, der auf dem Wasser schwimmt,<br />

wird eine Verbindung zwischen dem Gebäude und dem<br />

Meer herstellen und die Ankunft der Besucher in Szene<br />

setzen », während « die Nachbildung der Grotte Cosquer<br />

im Untergeschoss realisiert wird, wo sie das ruhige und<br />

ausgeglichene Ambiente rekonstruiert, das ihre Erforscher<br />

beschrieben haben ». Laut den Projektverantwortlichen<br />

betritt das Publikum im Rahmen der Besichtigung<br />

« mit allerneuesten Technologien ausgestattete<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 75


FRANKREICH HEUTE Kulturerbe / Provence<br />

Modules d’exploration » und setzt nach dem Besuch der<br />

Grotte « den Rundgang auf dem weit auskragenden<br />

Gebäudeteil, der das Meer überragt, fort. Die Besucher<br />

werden zunächst in eine frühere Zeit zurückversetzt und<br />

entdecken den Abschnitt der Calanque von der Triperie<br />

bis Cap Morgiou während der Eiszeit. In Bereichen,<br />

die sich mit ausgestorbenen Arten, mit dem Menschen<br />

und der Höhlenmalerei beschäftigen, können sie dann<br />

ihr Wissen über die Urgeschichte vertiefen. In der Folge<br />

werden Themen wie das Klima und der Anstieg des Meeresspiegels<br />

behandelt, um dieses Phänomen und seine<br />

Konsequenzen zu verstehen und sich so ein Urteil über<br />

die Mittel zu ihrer Abschwächung zu bilden. » Das kann<br />

spannend werden! Man kann davon ausgehen, dass die<br />

Verantwortlichen in Marseille und der Region vorhaben,<br />

Cosquer 2 zu einem Tourismusmagneten zu machen, wie<br />

Lascaux 2 und Chauvet 2 es sind. Die Eröffnung ist im<br />

Juni 2022 vorgesehen. Selbstverständlich werden wir die<br />

Entwicklung dieser außergewöhnlichen Arbeiten verfolgen<br />

und Sie auf dem Laufenden halten. Bis dahin werden<br />

auch wir, wie viele andere, unseren Träumen nachhängen<br />

und uns ausmalen, warum unsere fernen Vorfahren wohl<br />

diese Zeugnisse hinterlassen haben. Das Wissen über die<br />

Urgeschichte wird immer umfangreicher. Und die Realität<br />

zeigt auf jeden Fall, dass man auf einem Planeten,<br />

der als zugrunde gerichtet bezeichnet wird, immer noch<br />

erstaunliche Entdeckungen machen kann. Eine schöne<br />

Hoffnungsbotschaft …<br />

Empfehlungen für alle, die noch tiefer einsteigen möchten:<br />

La Grotte Cosquer, Plongée dans la préhistoire,<br />

Henri Cosquer, 119 Seiten, Éditions Solar, 1993,<br />

ISBN 9<strong>78</strong>-2263019432.<br />

Dieses Werk wurde durch den Entdecker der<br />

Höhle selbst verfasst. Damit kann man die<br />

Emotionen während seiner Tauchgänge und<br />

die zahlreichen Fragen, die sich daraus ergeben<br />

haben, hautnah miterleben. Beim Verlag ist<br />

das Buch leider vergriffen, im Internet sind<br />

jedoch relativ einfach gebrauchte Exemplare erhältlich,<br />

beispielsweise bei unabhängigen Verkäufern auf<br />

Internetplattformen.<br />

Cosquer redécouvert, Jean Clottes, Jean Courtin<br />

und Luc Vanrell, 256 Seiten, Éditions du Seuil, 2015,<br />

ISBN 9<strong>78</strong>-<strong>2021</strong>229547.<br />

Die Erstausgabe dieses Buches erschien 2005.<br />

Anlässlich der Neuauflage zehn Jahre später<br />

wurde es sinnvoll ergänzt und aktualisiert,<br />

sodass die in der Zwischenzeit durchgeführten Recherchen<br />

und Funde enthalten sind. Das Werk ist umfassend illustriert<br />

und trotz der erschöpfenden Ausführungen auch für Laien im<br />

Bereich Paläontologie verständlich. Spannend!<br />

Die Journalistin Barbara Lohr des<br />

ARTE Journals hat kürzlich eine<br />

Reportage über einen Betrieb in<br />

der Dordogne realisiert, in dem die<br />

Wandelemente für die Nachbildung<br />

der Grotte Cosquer in Marseille<br />

auf peinlich genaue Art und Weise<br />

gefertigt werden. Eine einzigartige Gelegenheit, hinter die<br />

Kulissen dieser Präzisionsarbeit zu blicken. Die Reportage<br />

kann unter dem folgenden Link angesehen werden: https://<br />

www.arte.tv/fr/videos/101648-000-A/les-travaux-dereproduction-de-la-grotte-cosquer/<br />

Aktuelle Informationen über die Nachbildung der Grotte<br />

Cosquer erhalten Sie unter www.grotte-cosquer.com<br />

76 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


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ART DE VIVRE Kultur<br />

Der Comic: ein eigenständiges Medium in Frankreich ( 4 )<br />

Cent mille ans<br />

Bure ou le scandale enfoui des déchets nucléaires<br />

Ich kann gut nachvollziehen,<br />

dass es in Bure einen Bürgeraufstand<br />

gibt, denn niemand will so etwas<br />

unter seinen Füßen haben!<br />

<strong>78</strong> · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Es ist unbestritten, dass der Comic sich in<br />

Frankreich zu einem eigenständigen Medium<br />

entwickelt hat. Immer mehr engagierte Alben<br />

entstehen durch die Zusammenarbeit von<br />

Zeichnern und Journalisten, die nicht zögern,<br />

heikle Themen anzusprechen, die von den<br />

klassischen Medien nur selten aufgegriffen<br />

werden. Nach dem Skandal der Grünalgen in<br />

der Bretagne, der in Algues vertes l’histoire<br />

interdite (siehe Frankreich erleben <strong>Nr</strong>. 72)<br />

angeprangert wurde, stellen wir Ihnen nun<br />

Cent mille ans: Bure ou le scandale enfoui des<br />

déchets nucléaires vor. Auch dieser Comic<br />

basiert auf gut belegten Tatsachen. Er fordert<br />

zum Nachdenken über eines der größten<br />

Industrieprojekte Europas auf: Der französische<br />

Staat will nämlich ein riesiges unterirdisches<br />

Endlager in Form von 265 Kilometer langen<br />

unterirdischen Stollen bauen, in denen<br />

radio aktive Abfälle des Hexagons für die<br />

nächsten 100 000 Jahre gelagert werden<br />

sollen. Der Comic hinterfragt auf sehr lehrreiche<br />

Art die Maßlosigkeit, die sowohl hinter dem<br />

gigantischen Bauvorhaben als auch hinter dem<br />

politischen Entscheidungsprozess steht.<br />

Bis zur Stunde wird dort noch kein<br />

Atommüll gelagert, es gibt lediglich ein Forschungslabor,<br />

das in den 2000-er Jahren gebaut wurde.<br />

Doch dieses gigantische Projekt erschüttert<br />

bereits das Departement Meuse.<br />

Französische Journalisten wissen nur zu gut, dass alle<br />

Themen rund um Atomstrom und Atomindustrie zu<br />

den heikelsten und komplexesten gehören. Das liegt<br />

unter anderem daran, dass dieser Sektor sich – wie in vielen<br />

anderen Ländern auch – jahrzehntelang in einen Mantel<br />

des Schweigens hüllte. Unter dem Vorwand « nationaler<br />

strategischer Interessen », der « Landesverteidigung » oder<br />

auch von « Betriebsgeheimnissen » war der Zugang zu Informationen<br />

durch die diversen Akteure der Branche –<br />

vorneweg der Staat – genau geregelt – wenn nicht sogar<br />

unterbunden. Heute hat sich die Situation glücklicherweise<br />

verbessert. Die öffentliche Meinung lässt sich immer<br />

weniger mit diesem Schweigen abspeisen, sondern fordert<br />

mehr und mehr Aufklärung über die strategischen Entscheidungen,<br />

vor allem, wenn diese Weichen für die Zukunft<br />

stellen. Unter ihrem Druck halten sich die Medien in<br />

Frankreich heute gegenüber Staat und Akteuren der Branche<br />

auch mit unangenehmen Fragen nicht mehr zurück.<br />

Obwohl es also inzwischen möglich ist, über das Thema zu<br />

schreiben, so ist der Zugang zu bestimmten Informationen<br />

bei Weitem noch nicht einfach. Eingefahrene Gewohnheiten<br />

und ein gewisser « Geheimniskult » halten sich offenbar<br />

hartnäckig …<br />

In diesem Kontext leistet der Comic Cent mille ans:<br />

Bure ou le scandale enfoui des déchets nucléaires einen sehr<br />

interessanten Beitrag, denn es handelt sich dabei um<br />

echte journalistische Arbeit. Gaspard d’Allens und Pierre<br />

Bonneau sind nämlich Journalisten. Für ihre Recherchen<br />

verbrachten sie zwischen 2016 und 2018 zwei Jahre<br />

in Bure (Meuse), genau dort, wo der Staat das Endlager<br />

baut. Ein solcher Zeitaufwand, den traditionelle Medien<br />

ihren Reportern kaum ermöglichen können, scheint für<br />

einen Comic offensichtlich realisierbar zu sein. Derartig<br />

lange Recherchen sind zwar selten, in diesem Fall aber<br />

unerlässlich. Und offensichtlich ermöglicht das Medium<br />

« Comic » Autoren auch eine wohltuende Freiheit in ihren<br />

Äußerungen, das spürt man beim Lesen sofort. Während<br />

klassische Medien meist von Aktionären oder öffentlichen<br />

Unterstützungen abhängig sind, ist der Comicverleger<br />

– in diesem Fall La Revue dessinée gemeinsam mit Seuil<br />

– unabhängig. Nichts hindert einen solchen Verlag also<br />

daran, eine engagierte Arbeit zu veröffentlichen. Gleich<br />

am Anfang erfährt der Leser, dass die Autoren « auf der<br />

Seite der Gegner gekämpft haben und demnach für einen<br />

immersiven und engagierten Journalismus stehen » und<br />

dass « ihre Informationen daher nicht weniger verlässlich,<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 79


ART DE VIVRE Kultur<br />

Als ich begann, das Projekt<br />

zu studieren, dachte ich,<br />

alles sei unter Kontrolle.<br />

In Wirklichkeit ist<br />

es ein extrem störanfälliges<br />

Kartenhaus!<br />

Cigéo beinhaltet ein hohes<br />

Risiko an Betriebsunfällen,<br />

Bränden und Explosionen.<br />

Bertrand Thuillier<br />

Aber man will Hunderte<br />

Stollen hineingraben, wie<br />

in einen Emmentaler.<br />

Ton ist ein brüchiges<br />

und mit Wasser<br />

gesättigtes Gestein.<br />

Durch Korrosion<br />

setzen die Materialien<br />

Wasserstoff frei, in<br />

konzentrierter Form ein<br />

sehr explosives Gas.<br />

Der kleinste Funke kann<br />

zur Explosion führen!<br />

RISIKO 1<br />

EINE WASSERSTOFF-<br />

FABRIK<br />

Um diesem Risiko<br />

vorzubeugen, wird man die<br />

Stollen belüften.<br />

Was aber macht man<br />

bei einer Panne oder<br />

einem Brand?<br />

RISIKO 2<br />

EINE ANFÄLLIGE BELÜFTUNG<br />

RISIKO 3<br />

BRENNBARE BITUMENHALTIGE<br />

GEBINDE<br />

18 % der Abfälle, die die<br />

ANDRA* einlagern will,<br />

sind mit Bitumen verfestigt.<br />

Sie strahlen eine wahnsinnige<br />

Hitze aus und sind<br />

leicht entflammbar.<br />

Die hier aufgeführten Risiken wurden durch Bertrand Thuillier festgestellt.<br />

* Agence Nationale pour la Gestion des Déchets Radioactifs (Nationale Behörde für das Management radioaktiver Abfälle)<br />

** Dies entspricht 300 Eiffeltürmen und 6 Millionen m 3 Beton.<br />

80 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Die Tongesteinsschicht, « der Schiefer<br />

des Callovium-Oxfordium », in der<br />

die Abfälle gelagert werden sollen,<br />

ist seit Millionen von Jahren stabil.<br />

Um das Einstürzen zu verhindern,<br />

muss man die Stollen mit Millionen<br />

Tonnen Stahl und Beton abstützen.**<br />

Wird ein Brand innerhalb<br />

von zwei Stunden entdeckt,<br />

bleibt er unter Kontrolle.<br />

Dauert es länger, führt das<br />

zu einem Dominoeffekt. Die<br />

Struktur ist gefährdet und<br />

der Stollen ist verseucht.<br />

RISIKO 4 KEIN ZURÜCKHOLEN DER GEBINDE<br />

Oder man stellt die<br />

Belüftung nicht ein,<br />

dann hat die Installation<br />

keine Chance mehr.<br />

Abgesehen davon, dass die ANDRA<br />

im derzeitigen Stadium absolut nicht weiß,<br />

wie man beschädigte Gebinde zurückholt. Für<br />

einen Brand, der sehr wahrscheinlich eintritt,<br />

hat man keine Lösung: Entweder stellt man<br />

die Belüftung ein, dann breitet sich das<br />

Feuer weiterhin aus und der<br />

Wasserstoff droht zu explodieren.<br />

Der Schadstoffausstoß in<br />

Luft und Wasser droht dann<br />

in Richtung Pariser Becken<br />

zu driften. Das ist ein<br />

unterirdisches Tschernobyl.<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 81


ART DE VIVRE Kultur<br />

16. Juni 2018 Bar-Le-Duc.<br />

Wir sind gefährlicher!<br />

Gefährlicher!<br />

Gefährlicher<br />

als Cigéo!<br />

In Bure hat es schon immer<br />

eine Opposition gegeben.<br />

Die Umweltschutzbewegung dort<br />

ist eine der ältesten Frankreichs.<br />

82 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


sondern verifiziert sind und die Handlung untermauert<br />

ist ». Es ist eine ehrliche Art, die Dinge zu präsentieren,<br />

die es dem Leser erlaubt, sich in der Folge ein objektives<br />

Urteil zu bilden.<br />

Der Comic nimmt den Leser in eine maßlose politische<br />

Entscheidung und in ein Bauvorhaben mit, das<br />

in kein Schema passt. Er erzählt vom unglaublichen<br />

Schicksal von Bure, einem sehr kleinen Dorf mit weniger<br />

als 100 Einwohnern, das im Departement Meuse, in der<br />

Region Grand-Est liegt. In den 1990er-Jahren beschloss<br />

der französische Staat, dort ein gigantisches Projekt umzusetzen,<br />

das die Region erschüttern sollte: den Bau eines<br />

der größten Industriestandorte Europas mit dem Namen<br />

Cigéo (Centre Industriel de Stockage Géologique). Das Ziel:<br />

500 Meter unter der Erde Stollen in einer Länge von 265<br />

Kilometern in das Tongestein zu hauen, um dort 85 000<br />

Kubikmeter « Atommüll » aus der französischen Nuklearindustrie<br />

zu lagern. Stollen, länger als die Pariser Metro<br />

… Dieses Gestein, so erfährt man im Comic, soll nach<br />

Expertenmeinung « die Radioaktivität mehr als 100 000<br />

Jahre lang abschirmen ». Die Inbetriebnahme des Endlagers,<br />

dessen Kosten auf 25 bis 35 Milliarden Euro geschätzt<br />

werden, ist für 2035 geplant. Die Gesamtbauzeit<br />

soll nach Hochrechnungen insgesamt 130 Jahre dauern.<br />

So lange dauert es also, um eine Art « Sarkophag für die<br />

Ewigkeit » fertigzustellen …<br />

Die Stärke und Besonderheit dieses Comics liegen<br />

darin, dass er sich nicht darauf beschränkt, das Projekt<br />

und die Bauarbeiten vorzustellen, das haben andere Medien<br />

bereits getan. Er beschäftigt sich<br />

vor allem mit den Menschen vor<br />

Ort und der Art und Weise,<br />

wie ihnen das Vorhaben letzten<br />

Endes aufgezwungen wurde.<br />

Anfänglich durch die komplexe<br />

Thematik überfordert, lernte die<br />

Bevölkerung nach und nach,<br />

sich zu organisieren und Gehör<br />

zu verschaffen. Mithilfe der<br />

präzisen zeichnerischen Umsetzung<br />

durch Cécile Guillard gehen<br />

die Autoren auf die – meist<br />

sogar in Frankreich nicht sehr<br />

bekannten – Informationsveranstaltungen,<br />

Demonstrationen<br />

und Auseinandersetzungen<br />

ein, die vor Ort stattgefunden<br />

haben. Und auf die Praktiken<br />

der Atomindustrie und einiger<br />

Politiker, die nicht davor<br />

zurückschreckten, lokale Investitionsvorhaben<br />

massiv zu<br />

subventionieren oder die Schaffung von Arbeitsplätzen zu<br />

versprechen, um sich die Unterstützung der Bewohner zu<br />

sichern … Man erfährt beispielsweise, dass bereits 2022<br />

im rund 20 Kilometer von Bure entfernten Joinville eine<br />

« besondere » Reinigung eröffnen soll. Diese ist dazu bestimmt,<br />

die Kleidung aus Nuklearanlagen aufzubereiten.<br />

Damit zeichnet sich letzten Endes die Spezialisierung einer<br />

Region ab. Der örtliche Senator macht sich offen zum<br />

Sprachrohr eines noch ambitionierteren Projektes: Die<br />

Departements Meuse und Haute-Marne sollen nach dem<br />

Rhônetal und der Pointe du Cotentin in der Normandie<br />

eine Gegend werden, die sich auf die der Produktion von<br />

Atomstrom nachgelagerten Prozesse spezialisiert. Der<br />

Comic enthüllt damit eine Reihe an Informationen, die<br />

bisher in den traditionellen Medien des Landes niemals<br />

aufgegriffen wurden.<br />

In der Zwischenzeit gehen die Arbeiten in Bure weiter.<br />

Bis zur Stunde wird dort zwar noch kein Atommüll<br />

gelagert, das Bohren der unterirdischen Stollen schreitet<br />

jedoch voran und ein Forschungslabor ist bereits voll einsatzbereit.<br />

Vor Ort finden regelmäßig Demonstrationen<br />

gegen das Projekt statt. Der Staat jedoch scheint bislang<br />

unerschütterlich an dem Projekt festzuhalten. Die Autoren<br />

verhehlen nicht, dass sich die Frage stellt, ob wirklich<br />

eine Wahl besteht. Die französische Atomindustrie<br />

häuft Abfälle an und die Wiederaufbereitungsanlage in<br />

La Hague kann bald keine neuen mehr aufnehmen. Das<br />

Projekt Cigéo scheint also als Lösungsansatz für die Entsorgung<br />

dieser Abfälle unverzichtbar. Dennoch handelt<br />

es sich dabei um eine echte gesellschaftliche,<br />

wenn nicht sogar zivilisatorische<br />

Entscheidung: « Welche<br />

Erde wollen wir den zukünftigen<br />

Generationen hinterlassen? In welcher<br />

Welt wollen wir in 20, in 100<br />

Jahren leben? In 100 000 Jahren? »<br />

Mit diesen Worten endet dieser<br />

wahrhaftig nützliche und mutige<br />

Comic.<br />

Gaspard d’Allens,<br />

Pierre Bonneau und<br />

Cécile Guillard:<br />

Cent mille ans:<br />

Bure ou le scandale enfoui des<br />

déchets nucléaires, La Revue<br />

Dessinée - Seuil, 152 Seiten,<br />

ISBN 9<strong>78</strong>-<strong>2021</strong>458921<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 83


UNGEWÖHNLICHE GESCHICHTEN AUS FRANKREICH<br />

Alexandre Dumas<br />

Wie der Vater, so der Sohn<br />

Links der Vater, rechts der Sohn: die beiden<br />

Schriftsteller Alexandre Dumas.<br />

Alexandre Dumas (1802-1870) ist einer der meistgelesenen<br />

französischen Schriftsteller. Sein Roman<br />

Die drei Musketiere wurde in unzählige Sprachen übersetzt<br />

und machte den Namen des Autors auf der<br />

ganzen Welt bekannt. Weniger bekannt ist dagegen,<br />

dass es nicht nur einen, sondern gleich zwei Alexandre<br />

Dumas gibt. Der talentierte Autor hatte nämlich<br />

einen Sohn, der ebenfalls Alexandre Dumas (1824-<br />

1895) hieß und – neben vielen anderen Veröffentlichungen<br />

– das legendäre literarische Werk Die Kameliendame<br />

schrieb, von dem sich Guiseppe Verdi zu<br />

seiner Oper La Traviata inspirieren ließ. Lesen Sie die<br />

Geschichte einer ungewöhnlichen Vater-Sohn-Beziehung<br />

mit vielen Verwicklungen …<br />

Alain Decaux (1925-2016) war nicht nur ein anerkannter<br />

französischer Geschichtsforscher, sondern<br />

auch ein herausragender Autor, der die französische<br />

Geschichte den Menschen nahebrachte. 2010 widmete<br />

er Alexandre Dumas ein Dictionnaire amoureux, wo<br />

er für den Buchstaben « P » mit Palier pour aimer (Ein<br />

Treppenabsatz für die Liebe) einen sehr poetischen Einstieg<br />

wählte. In dieser pikanten Geschichte erzählt Decaux<br />

von einer Begegnung – und ihren Folgen – auf dem Treppenabsatz<br />

eines Pariser Gebäudes im II. Arrondissement,<br />

am Place des Italiens (heute Place de Boiëldieu) im Jahr<br />

1823. Genau dort trifft nämlich der aus einfachen Verhältnissen<br />

stammende 21-jährige Büroangestellte Alexandre<br />

Dumas, der gerade ohne einen Pfennig in der Tasche aus<br />

seiner Heimatstadt Villers-Cotterêts (Aisne) in die Hauptstadt<br />

gekommen ist, auf die ebenso mittellose 29-jährige<br />

Schneiderin Laure Labay. Decaux erzählt, dass « Dumas,<br />

der in seinem Zimmer kein fließendes Wasser hat, zum<br />

Treppenabsatz geht, wo sich alle Bewohner der Etage mit<br />

Wasser versorgen. Dort begegnet er einer jungen Frau, die<br />

ihm sehr liebenswürdig erscheint. Ab sofort treffen sie sich<br />

dort jeden Tag, jeder mit seinem Krug in der Hand […]<br />

Niemand weiß, wann genau die beiden jungen Menschen<br />

ihre Beziehung vertieft haben. Wenn man die Gewohnheiten<br />

von Dumas kennt, die dieser zeitlebens in Sachen<br />

Liebe pflegt, dann kann man aber zu Recht annehmen,<br />

dass dies nicht lange gedauert hat. » Und in der Tat ist Laure<br />

Labay nur einige Monate später schwanger. Am 27. Juli<br />

1824 bringt sie einen Jungen zu Welt, der mit seinem Vater<br />

nicht nur den Geburtsmonat, sondern auch den Vornamen<br />

gemeinsam hat …<br />

Ein Vorname, aber kein Nachname<br />

Das heißt zu dem Zeitpunkt aber noch nicht, dass<br />

dieses Kind auch den Nachnamen Dumas trägt, denn Alexandre<br />

erkennt den Neugeborenen nicht an … und Laure<br />

tut dies im Übrigen auch nicht. Alexandre Dumas freut<br />

sich zwar über die Ankunft des Kindes, weiß aber nur zu<br />

gut, dass die Heirat mit einer einfachen Schneiderin in der<br />

damaligen Zeit gesellschaftlich nicht mit seinem Wunsch<br />

vereinbar ist, durch literarischen Ruhm den bescheidenen<br />

Verhältnissen zu entkommen. Alexandre Dumas<br />

verschweigt die Existenz seines Sohnes sogar gegenüber<br />

seiner Mutter, mit der er eine Wohnung im Viertel Faubourg<br />

Saint-Denis teilt. Und doch verbringt er viel Zeit<br />

mit Laure Labay und dem Kind und besucht die beiden<br />

regelmäßig. Aufgrund erster Erfolge – sein Stück Heinrich<br />

III. und sein Hof wurde ein Jahr zuvor sehr erfolgreich an<br />

der Comédie-Française gespielt – ist Dumas im Jahr 1830<br />

84 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


finanziell in der Lage, für Laure und den gemeinsamen Sohn eine Wohnung im<br />

ruhigen Pariser Viertel Passy (derzeitiges XVI. Arrondissement) zu mieten. Am<br />

17. März 1831 erkennt er den kleinen Alexandre schließlich offiziell als seinen<br />

Sohn an.<br />

Die Leiden eines Sohnes<br />

Laure Labay kann sich allerdings nicht damit abfinden, dass sie den Vater<br />

ihres Kindes regelmäßig in den Armen anderer Frauen weiß. Zudem befürchtet<br />

sie, dass Dumas mit der späten Anerkennung des Kindes beabsichtigt, ihr das<br />

Sorgerecht zu entziehen. Sie erkennt nun ihrerseits Alexandre als Sohn an, was<br />

zwischen den Eltern zu juristischen Auseinandersetzungen führt. Es ist keine<br />

Überraschung, dass Dumas’ Ruf und das inzwischen angehäufte Vermögen für<br />

ihn sprechen und er den Prozess gewinnt. Im Alter von sieben Jahren entreißt<br />

also ein Polizeikommissar den jungen Alexandre seiner Mutter und bringt ihn<br />

in eine vom Gericht bestimmte Einrichtung, denn das Leben des Vaters wird als<br />

zu unstet eingestuft, als dass dieser sich ernsthaft um die Erziehung des Kindes<br />

kümmern könnte. Alexandre Dumas jr. ist zwar kein namenloses Kind mehr,<br />

doch die Verletzung, die man ihm zufügt, sitzt tief. Zumal es nicht die einzige<br />

bleibt. In der Einrichtung, in der er untergebracht ist, wird er zur Zielscheibe<br />

von Spott und Demütigungen. Seine « Kameraden » erinnern Alexandre nur<br />

zu gerne daran, dass seine Eltern nicht verheiratet sind und dass seine Mutter<br />

nur eine einfache Schneiderin ist. Der junge Dumas versucht zwar beherzt, die<br />

Angriffe zu ignorieren, schreibt jedoch später über diese schwierige Zeit, dass<br />

« [seine] Seele sich niemals ganz davon erholt hat, [sein] Groll niemals ganz verschwunden<br />

ist, nicht einmal an den schönsten Tagen [seines] Lebens ».<br />

Besichtigungstipp:<br />

Alexandre Dumas senior wollte<br />

auf dem Höhepunkt seines<br />

Ruhmes und seines Reichtums<br />

dem Trubel der Stadt entfliehen<br />

und ließ rund 20 Kilometer<br />

westlich von Paris, oberhalb der<br />

Gemeinde Port-Marly (Yvelines),<br />

das Château de Monte-Christo<br />

errichten. Es ist die einzige<br />

Immobilie, die der Schriftsteller<br />

jemals besaß. Aufgrund<br />

fehlender finanzieller Mittel war<br />

das Gebäude nach dem Tod<br />

des Schriftstellers vom Abriss<br />

bedroht. Durch das Einschreiten<br />

von drei Gemeinden zusammen<br />

mit der Société des amis<br />

d’Alexandre Dumas konnte es<br />

jedoch erhalten und restauriert<br />

werden. Heute befindet sich<br />

dort ein schönes Museum, das<br />

dem Leben und Werk von Dumas<br />

gewidmet ist.<br />

Château de Monte-Cristo<br />

<strong>78</strong>560 Le Port-Marly<br />

Telefon: +33 (0)1 39 16 49 49<br />

www.chateau-monte-cristo.com<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 85


UNGEWÖHNLICHE GESCHICHTEN AUS FRANKREICH<br />

Der Beginn eines normalen Lebens<br />

Alexandre Dumas senior wird in der Zwischenzeit<br />

immer erfolgreicher und bekannter: zunächst durch seine<br />

Theaterstücke, später durch seine Fortsetzungsromane in<br />

französischen Zeitungen, die zwischen 1840 und 1850<br />

die Leser in Atem halten. Mit ihnen beginnt für ihn der<br />

wahre Erfolg, sie legen den Grundstein für seinen Reichtum.<br />

Trotz eines ausschweifenden Lebens und zahlreicher<br />

Liebschaften vergisst Dumas seinen Sohn nicht. Er<br />

besucht diesen regelmäßig und lädt ihn zu Vorstellungen<br />

seiner Stücke ein. Auch die Beziehung zu seiner ehemaligen<br />

« Geliebten vom Treppenabsatz », Laure Labay,<br />

verbessert sich. Mit seiner Reputation als mittlerweile<br />

bekannter Autor unterstützt er sogar deren Bemühungen,<br />

eine Genehmigung für die Eröffnung einer Buchhandlung<br />

zu erhalten, und finanziert diese. Damit kommen die<br />

Dinge allmählich zur Ruhe.<br />

Eine schlüpfrige Kameradschaft<br />

Als Dumas senior jedoch 1840 Ida Ferrier heiratet,<br />

kommt es erneut zum Bruch. Für seinen Sohn, der inzwischen<br />

16 Jahre alt ist, bringt dies das Fass zum Überlaufen:<br />

Abgesehen von den unzähligen Liebschaften seines<br />

Vaters, die er als « vorübergehend » betrachtet und akzeptiert<br />

hat, ist dies nun die dritte Frau, die sich in dessen<br />

Armen « einnistet ». Zudem mag er Ida nicht besonders.<br />

Er greift also zur Feder und schreibt seinem Erzeuger<br />

einen Brief, in dem er diesem die Heirat untersagt. Immerhin!<br />

Obwohl Dumas senior sich dadurch nicht von<br />

seinem Vorhaben abbringen lässt, nimmt er sich die Zeit<br />

für eine eingehende Unterhaltung mit seinem Sohn über<br />

dieses Thema – und über Frauen ganz allgemein. Das geht<br />

so weit, dass sich zwischen den beiden im Laufe der Jahre<br />

etwas entwickelt, was der Literaturkritiker und Journalist<br />

Maurice Spronk (1861-1921) als « eine ziemlich schlüpfrige<br />

Kameradschaft zwischen einem Vater und seinem<br />

Sohn » bezeichnet, « die beide den Abenteuern hinterherlaufen<br />

[…] sich gegenseitig ihre Liebschaften anvertrauen,<br />

eine gemeinsame Kasse führen und<br />

das Geld mit vollen Händen ausgeben<br />

».<br />

Lesetipps:<br />

auf großem Fuß und gehen verschwenderisch mit ihrem<br />

Geld um. Während dieser Zeit macht Dumas junior die<br />

Bekanntschaft von Marie Duplessis (1824-1847), einer in<br />

Paris gut bekannten Kurtisane. Die beiden verlieben sich<br />

unsterblich ineinander, und nach Maries Tod im Jahr 1847<br />

beschließt Alexandre, sie unter dem Namen Marguerite<br />

Gautier zur Heldin seines Romanes Die Kameliendame zu<br />

machen. Das Werk, das 1848 erscheint, hat einen riesigen<br />

Erfolg und stellt den jüngeren Dumas auf dieselbe Stufe<br />

mit seinem Vater. Alexandre Dumas senior wird sich bei<br />

dieser Gelegenheit des schriftstellerischen Talents seines<br />

Sohnes bewusst und schätzt dieses. Die beiden Männer,<br />

die sich sowieso schon nahestehen, sind nun auch durch<br />

ihre literarische Arbeit verbunden.<br />

Die Anerkennung zweier Talente<br />

Nach dem Tod von Alexandre Dumas senior schreibt<br />

Victor Hugo (1802-1885) einen Brief an den Sohn, in dem<br />

er der schriftstellerischen Begabung seines Freundes, dem<br />

älteren der beiden Alexandres, in aufrüttelnder Weise Bewunderung<br />

zollt: « Seine Erfolge sind mehr als Erfolge, es<br />

sind Triumphe […] Der Name Alexandre Dumas ist nicht<br />

nur französisch, er ist europäisch; er ist nicht nur europäisch,<br />

er ist universell […] Alexandre Dumas gehört zu den<br />

Menschen, die man […] einen kulturellen Sämann nennen<br />

kann […] Er befruchtet die Seelen, das Denken, die<br />

Intelligenz; er macht Durst auf Lesen; er befasst sich mit<br />

der menschlichen Genialität und sät sie aus. Was er sät,<br />

ist der französische Gedanke. » Eine solche Lobrede von<br />

diesem großen Dichter ist gewaltig. Zumal Hugo seine<br />

Botschaft mit den Worten « Lieber Kollege, mein Freund,<br />

ich umarme Sie » beendet, und auf diese Weise dem jüngeren<br />

Dumas ebenfalls seine unendliche Anerkennung<br />

ausdrückt. Damit betrachtet der große Victor Hugo den<br />

Sohn seines guten Freundes also ebenfalls als « Kollegen »<br />

und « Freund ». Welch schöne Bestätigung für den « anderen<br />

» Alexandre Dumas, der in seinen jungen Jahren<br />

durchaus dazu verleitet war, seinen Vater zu hassen …<br />

Verbundenheit sogar<br />

beim Schreiben<br />

Einige Jahre später, nach der<br />

Trennung von Ida, wird die Beziehung<br />

zwischen den beiden Alexandres<br />

nahezu idyllisch. Vater und Sohn<br />

beschließen, sich eine gemeinsame<br />

Wohnung in Saint-Germain-en-<br />

Laye (Yvelines), in der Nähe von<br />

Paris, zu nehmen. Sie leben dort<br />

Dumas fils ou l’anti-Œdipe, Marianne und Claude Schopp,<br />

Éditions Phébus, 342 Seiten, ISBN 9<strong>78</strong>-2752911193<br />

Dictionnaire amoureux de Alexandre Dumas, Alain<br />

Decaux, Éditions Plon, 652 Seiten,<br />

ISBN 9<strong>78</strong>-2259211055<br />

Dumas, Textsammlung,<br />

zusammengestellt von<br />

Sylvain Ledda unter Mitarbeit<br />

von Claude Schopp, Éditions<br />

L’Herne, 288 Seiten,<br />

ISBN 979-1031903972<br />

86 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Leserbriefe<br />

Sehr geehrtes Team von Frankreich erleben,<br />

seit vielen Jahren bin ich nun schon Abonnentin Ihrer Zeitschrift.<br />

Früher hatte ich in Ihren Heften viele tolle Anregungen für meine<br />

Aufenthalte in Frankreich gefunden. Seit ich jedoch Kinder<br />

habe (Alter 2 und 4 Jahre), ist es mir nicht mehr möglich, nach<br />

Frankreich zu fahren, unter anderem deshalb, weil ich nicht weiß,<br />

welche Ziele sich für Kleinkinder eignen. Ich wäre Ihnen dankbar,<br />

wenn Sie über entsprechende Touren berichten könnten. Ideal<br />

wäre es zudem, wenn diese eher im Osten des Landes, also in<br />

Grenznähe lägen. Herzlichen Dank!<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Sandra Obermeier<br />

Redaktion:<br />

Liebe Frau Obermeier,<br />

Sie haben absolut recht, dass wir uns mehr mit touristischen<br />

Angeboten in Frankreich für Familien mit Kindern beschäftigen<br />

sollten: Den letzten Artikel zu diesem Thema haben wir in der<br />

Ausgabe 42 veröffentlicht (« Paris mit Kindern »). Das könnte in<br />

der Tat besser sein! Zumal es in Frankreich zahlreiche Orte und<br />

Aktivitäten gibt, die Kindern gefallen. In diesem Zusammenhang<br />

können Sie auf die nächste Ausgabe gespannt sein, denn Sie<br />

werden einen Artikel über einen der beliebtesten Freizeitparks<br />

der Franzosen entdecken. Und dieser Park liegt mitten im Elsass,<br />

zwischen Colmar und Mühlhausen. Freuen Sie sich also auf die<br />

Sommerausgabe von Frankreich erleben!<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

ich lese ihre Zeitschrift Frankreich erleben jetzt schon seit einiger<br />

Zeit regelmäßig im Abonnement und kann Sie nur ermutigen,<br />

weiterzumachen! Gerade in dieser Zeit, in der eine sorgenfreie<br />

Frankreichreise in weite Ferne rückt, ist Ihre facettenreiche<br />

Zeitschrift ein Glücksfall. Man hat nie das Gefühl, bereits alles über<br />

Frankreich zu wissen, und das wird wohl so bleiben. Es gibt immer<br />

etwas zu entdecken. Ich habe noch ein paar Anregungen für Sie,<br />

da ich darüber noch nichts in ihrer Zeitschrift gefunden habe:<br />

Zum einen wäre das Angers, die ehemalige Hauptstadt des Anjou,<br />

die neben ihrem berühmten « Teppich der Apokalypse » aber noch<br />

viel mehr zu bieten hat. Zum Beispiel das jährlich stattfindende<br />

Künstler-Straßenfest « Accroches Cœurs », bei dem sich die<br />

Stadt in eine Art Freilufttheater verwandelt. Ebenso berühmt ist<br />

sicherlich die Marke « Cointreau ».<br />

Nach meinem Empfinden in<br />

Deutschland weitgehend unbekannt,<br />

aber lecker, sind<br />

die « Quernons<br />

d’Ardoise ». Zum<br />

anderen findet<br />

im Château de<br />

Brissac in Brissac-<br />

Quincé einmal<br />

im Jahr eine Art Weihnachtsmarkt zu einem bestimmten Thema<br />

statt. Sehr sehenswert und mitunter skurril! Da kommt der Père<br />

Noel schon mal mit dem Helikopter eingeflogen.<br />

Weiterhin alles Gute, und bleiben Sie gesund!<br />

Andreas Ritter<br />

Redaktion:<br />

Lieber Herr Ritter,<br />

Vielen Dank für Ihre nette Nachricht und Ihre Anregungen. Wir<br />

werden uns diese merken. Wir schätzen Cointreau und Quernons<br />

d’Ardoise ebenfalls sehr. Diese Süßigkeit aus Krokant, umhüllt mit<br />

blauer Schokolade, erinnert an die Schieferschindeln, mit denen<br />

in der Gegend die Dächer gedeckt sind. Sie können sicher sein,<br />

dass wir demnächst in die Region von Angers reisen und unsere<br />

Entdeckungen dort mit unseren Lesern teilen werden!<br />

Liebe Redaktion!<br />

Vielen Dank für die stets sehr interessanten Hefte. Egal ob Alltag,<br />

Politik, Reisetipps oder Rezepte, Ihre Hefte werden immer mit<br />

großer Neugierde erwartet. Einen kleinen Makel gibt es aber<br />

trotzdem: Mir fehlt der « Kulturschock ». Es war immer köstlich, wie<br />

man über so mancherlei den Spiegel vorgehalten bekam. Mein<br />

Lieblingsbeitrag ist heute noch der über die Baustellen. Es wäre<br />

schön, wenn Sie die Reihe wieder aufleben lassen könnten.<br />

Viele Grüße<br />

Ramona Wickert<br />

Redaktion:<br />

Liebe Frau Wickert,<br />

wir stimmen Ihnen zu, auch uns fehlt der « Kulturschock », der von<br />

Beginn an in Frankreich erleben erschien. Zumal gerade in den<br />

aktuell schwierigen Zeiten ein wenig Humor allen guttut. Allerdings<br />

haben wir inzwischen andere Kolumnen eingeführt, die ebenfalls<br />

viele Leser erfreuen. Aber vielleicht überdenken wir das noch einmal<br />

und der « Kulturschock » kehrt demnächst in unser Magazin zurück.<br />

Bleiben Sie am Ball …<br />

Hat Ihnen unser Magazin gefallen? Haben Sie Verbesserungsvorschläge oder Anregungen?<br />

Schreiben Sie uns. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung!<br />

Per E-Mail: leserbriefe@frankreicherleben.de ·<br />

Per Brief: Frankreich erleben – Leserbriefe · Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux · Frankreich<br />

Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Fassung zu veröffentlichen.


Haben Sie eine Ausgabe verpasst?<br />

Stöbern Sie in den Themen der noch erhältlichen Ausgaben!<br />

8<br />

9<br />

7<br />

12<br />

Reisethemen,<br />

nach Regionen<br />

geordnet:<br />

Landesweite Themen<br />

6<br />

11<br />

1 2<br />

3<br />

10<br />

13<br />

5<br />

14<br />

16<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Radtourismus – von der Bretagne 77<br />

bis an die belgische Grenze<br />

Die schönsten Küstenwege 67<br />

Fahrradrouten – Die schönsten 59<br />

Strecken entlang der Küsten<br />

Weihnachtsmärkte – Wo geht es 57<br />

noch authentisch zu?<br />

Winterurlaub – Romantische<br />

Skistationen anstatt Bettenburgen 57<br />

Brücken – Frankreichs<br />

53<br />

bemerkenswerteste Brücken<br />

Wellness in den Bergen – Nach 43<br />

dem Sport die Erholung<br />

10 Ideen… – …für Ferien am Meer 40<br />

1 Paris <strong>Nr</strong>.<br />

Delacroix in Saint-Sulpice – Das 76<br />

Werk eines ganzen Lebens<br />

Städteplanung – Champs-<br />

75<br />

Élysées: eine Aufforderung zum<br />

Träumen?<br />

Coup de cœur – Die<br />

65<br />

Straßenbuchhändler an den<br />

Seine-Quais in Paris<br />

Saint-Germain-des-Prés: Mehr 60<br />

als ein Viertel, die Seele von Paris?<br />

Le Train Bleu – Ist das legendäre 58<br />

Restaurant noch immer einen<br />

Besuch wert ?<br />

Musée d‘Histoire de la Médecine 57<br />

– ein ungewöhnliches Museum im<br />

Herzen der Hauptstadt<br />

Pariser Rathaus – Ein Palast für 53<br />

die Hauptstädter<br />

Le Bon Marché – Eine Pariser 41<br />

Institution feiert ihren 160.<br />

Geburtstag<br />

Hôtel des Invalides – Ein kleines 38<br />

Militär-Versailles mitten in Paris<br />

Avenue des Champs-Elysées 36<br />

– Wie steht es um den Glanz des<br />

Prachtboulevards?<br />

HOTELS<br />

La Lanterne – Paris 76<br />

Le Narcisse Blanc – Paris 62<br />

4<br />

15<br />

17<br />

18<br />

2 Pariser Umland <strong>Nr</strong>.<br />

Ecouen – Ein Museum für die<br />

Renaissance<br />

50<br />

3 Norden & Champagne <strong>Nr</strong>.<br />

Hauts-de-France – La Coupole: 77<br />

von der Vergangenheit in die<br />

Zukunft<br />

Hauts-de-France – Familistère de 64<br />

Guise,von «Versailles für Arbeiter»<br />

zum bewohnten Museum<br />

Baie de Somme – Eine<br />

63<br />

beeindruckende Reise (Teil 2):<br />

Le parc du Marquenterre<br />

Baie de Somme – Eine<br />

62<br />

beeindruckende Reise (Teil 1): die<br />

Abbaye de Saint-Riquier<br />

Nordfrankreich – Auf den Spuren 59<br />

eines großen französischen<br />

Architekten<br />

Marais Audomarois – Ein<br />

58<br />

Sumpfgebiet für Kenner<br />

Musée Matisse – Kunstgenuss auf 47<br />

dem platten Land<br />

Pays de Condé – Eine<br />

43<br />

Bergbaugegend erfindet sich neu<br />

Marne – In der Heimat des<br />

40<br />

Champagners<br />

10 Ideen… für Nord-Pas-de-Calais 38<br />

Arras & Douai – Riesen für den 36<br />

Kleinen<br />

HOTELS<br />

Le Domaine de la Chartreuse – 57<br />

Gosnay<br />

Pasino – Saint-Amand-les-Eaux 43<br />

4 Elsass & Lothringen <strong>Nr</strong>.<br />

Elsass / Grand Est – Das<br />

Geheimnis des fehlenden Turms<br />

der Kathedrale von Straßburg<br />

Elsass / Grand Est – Mit dem<br />

Hausboot 100% elektrisch durchs<br />

Elsass<br />

Meuse – Wandern mal anders – Die<br />

Begegnung von zeitgenössischer<br />

Kunst und ländlichem Raum<br />

Elsass – Kaysersberg,eines der<br />

Lieblingsdörfer der Franzosen<br />

Vogesen – Eine Fotoausstellung<br />

unter freiem Himmel im Herzen<br />

der Vogesen<br />

Grand-Est – Mondial Air Ballons,<br />

der poetische Aufstieg von 456<br />

Heißluftballons<br />

Grand-Est – Graufthal,das Elsass<br />

zur Zeit der Streichhölzer<br />

Kirrwiller – 520 Einwohner<br />

und die drittgrößte Music Hall<br />

Frankreichs<br />

Weihnachtskugeln aus<br />

Meisenthal – nicht nur Kugeln,<br />

sondern Objekte voller Sinn<br />

Château de Lunéville – Wie<br />

Phoenix aus der Asche<br />

Abbaye de Murbach – Es steht ein<br />

Kloster im Walde<br />

76<br />

74<br />

70<br />

69<br />

68<br />

65<br />

64<br />

62<br />

61<br />

52<br />

47<br />

Musée Lalique – Eine Hommage 43<br />

an die Glasmacherkunst<br />

10 Ideen… für ein Wochenende 41<br />

im Elsass<br />

Haut-Koenigsbourg – Ein<br />

40<br />

wahrhaft deutsch-französisches<br />

Kulturerbe<br />

Bitche – Das zweite Leben einer 38<br />

Zitadelle<br />

Neufchef & Aumetz – Das stolze 36<br />

Erbe der lothringischen Kumpel<br />

HOTELS<br />

Le Chambard – Kaysersberg 69<br />

Grand Hôtel & Spa Gérardmer – 68<br />

Gérardmer<br />

La Cheneaudière – Colroy-la- 61<br />

Roche<br />

La Clairière Bio- & Spa-Hotel – 38<br />

La Petite-Pierre<br />

5 Burgund & Jura <strong>Nr</strong>.<br />

Aufbruchstimmung in den<br />

77<br />

französischen Thermalbädern<br />

Kirschen – das rote Gold einer 76<br />

Region<br />

Burgund – Eine Rundfahrt zum 75<br />

Auftanken!<br />

Châteauneuf-en-Auxois: Die 74<br />

Verbindung von Kulturerbe,<br />

Modernität und Lebendigkeit<br />

«Unsere Vorfahren, die Gallier»: 73<br />

Eine Reise ins Land von Asterix<br />

Morvan – Eine Geschichte von 71<br />

Ammen und Pflegekindern<br />

Jura – Weihnachten im Jura: vom 69<br />

Rosenkranz zum Spielzeugland<br />

Haute-Saône – Notre-Damedu-Haut<br />

in Ronchamp: eine<br />

69<br />

Rechenaufgabe für Le Corbusier<br />

Ostfrankreich – Vorreiter bei der 68<br />

Abschaffung der Sklaverei<br />

Jura – Salins-les-Bains: Salz, 67<br />

das weiße Gold prägt eine ganze<br />

Region<br />

Saône-et-Loire – Tournus, ein 66<br />

Zwischenstopp für Neugierige auf<br />

dem Weg in den Süden<br />

Côte d’Or – Vill’Art, das zweite 66<br />

Leben eines Steinbruchs<br />

Belfort – Die wiederentdeckte 64<br />

Genialität eines Künstlers<br />

Bourgogne-Franche-Comté – 63<br />

Alésia, Auf den Spuren der Gallier<br />

Route des Grands Crus – Die 61<br />

Champs-Elysées von Burgund<br />

Montbéliard – 30 Jahre<br />

61<br />

Lumières de Noël<br />

Dijon – Mehr als nur Senf 53<br />

Genuss – Die AOC der Franche- 47<br />

Comté<br />

Maison de Louis Pasteur – Ein 43<br />

Dorf im Fokus der Wissenschaft<br />

Peugeot-Museum – Mehr als ein 39<br />

Automobilmuseum<br />

HOTELS<br />

Château Sainte-Sabine – Sainte- 74<br />

Sabine<br />

Relais Bernard Loiseau –<br />

71<br />

Seaulieu<br />

6 Loire-Tal <strong>Nr</strong>.<br />

Pays de la Loire – La Chartresur-le-Loir:<br />

das Dorf der<br />

77<br />

Antiquitätenhändler<br />

Centre - Val de Loire – Chaumontsur-Loire:<br />

die positive Dynamik<br />

76<br />

der Gärten<br />

Pays de la Loire – Saint-Florentle-Vieil:<br />

Die kulturelle Revanche<br />

74<br />

eines kleinen Dorfes an der Loire<br />

Centre - Val de Loire – Richelieu: 73<br />

«das schönste Dorf des<br />

Universums!»<br />

Pays de la Loire – Die schöne 70<br />

Geschichte des größten<br />

japanischen Gartens Europas<br />

Loire-Tal – Eine faszinierende 68<br />

Reise ins Land der Troglodyten<br />

Mayenne – Mit dem Hausboot auf 66<br />

der Mayenne<br />

Chédigny – ein Dorf wird zum 65<br />

Garten<br />

La grange de Meslay: Von der 60<br />

Holzkathedrale zum Musiktempel<br />

Tours – Frischer Wind im Loiretal 59<br />

Chambord – Mehr als nur ein 58<br />

beeindruckendes Schloss<br />

Cheverny – Das Schloss von Tim 43<br />

und Struppi<br />

Ballonfahrt übers Loire-Tal – 38<br />

Bitte zeichne mir ein Schloss<br />

Blois – Ein Schloss der<br />

36<br />

Geheimnisse und Intrigen<br />

HOTELS<br />

7 Normandie <strong>Nr</strong>.<br />

Normandie – Biennale La Forêt 74<br />

Monumentale: Wenn Kunst den<br />

Wald verschönert<br />

Normandie – Villa «Les Rhumbs» 73<br />

in Granville: Wo für Christian Dior<br />

alles gegann<br />

Normandie – An Bord der Marité 71<br />

von Granville zu den Chausey-<br />

Inseln<br />

Le Havre – 500 Jahre, das will 62<br />

gefeiert werden !<br />

Cherbourg – Dem Meer<br />

53<br />

zugewandt<br />

Genuss – Die AOC der Normandie 39<br />

HOTELS<br />

Domaine de la Corniche –<br />

36<br />

Rolleboise<br />

8 Bretagne <strong>Nr</strong>.<br />

Leuchtürme und Leuchtfeuer –<br />

im Westen etwas neues!<br />

Finistère – Eine Reise zu Pflanzen<br />

aus aller Welt<br />

Morbihan – Am Tag als… 26 August<br />

1934… die Kinder aus dem Bagno<br />

auf Belle-Île-en-Mer Flüchten<br />

Finistère – Pont-Aven:<br />

inspirierende Bretagne!<br />

77<br />

76<br />

76<br />

75


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Pays bigouden: die Bretagne in 73<br />

konzentrierter Form<br />

Belle-île-en-Mer – Unsere Coups 70<br />

de cœur für die größte bretonische<br />

Insel<br />

Finistère – Locronan, die<br />

66<br />

bretonische Seele par excellence<br />

Côtes d’Armor – La Vallée des 63<br />

Saints, die bretonische Osterinsel<br />

Brest und Roscoff – Mehr als nur 62<br />

zwei Gärten<br />

Bretagne – Umfriedete<br />

61<br />

Pfarrbezirke<br />

Ile d’Ouessant – Eine Insel voller 58<br />

Leben<br />

Vitré, Fougères, Combourg, 47<br />

Château des Rochers-Sévigné<br />

– Mittelalterliche Festungen und<br />

literarische Vermächtnisse<br />

Genuss – Die AOC der Bretagne 40<br />

Abbaye de Daoulas – Kloster der 39<br />

Kultur und der Heilpflanzen<br />

HOTELS<br />

Castel Clara – Port Goulphar, 70<br />

Belle-Île-en-Mer<br />

Château de Sable – Porspoder 58<br />

9 Atlantikküste <strong>Nr</strong>.<br />

Nouvelle-Aquitaine – Talmontsur-Gironde:<br />

zwischen Himmel<br />

75<br />

und Fluss am Ende der Welt<br />

Coup de cœur – Carrelets:<br />

74<br />

poetische Fischerhütten aus einer<br />

anderen Zeit<br />

Baskenland – Château d’Abbadia, 71<br />

eine Inspiration für den<br />

Wiederaufbau von Notre-Dame ?<br />

Atlantiküste – Ein Paradies für 67<br />

Naturismus<br />

Nouvelle-Aquitaine – Coup de 66<br />

cœur: Parc de Majolan<br />

Nouvelle-Aquitaine – Die<br />

64<br />

Metamorphose von Bordeaux,<br />

Eine Zwischenbilanz<br />

Coup de cœur – Die Eiche im 63<br />

Taubenschlag von Pouzay<br />

Bordeaux 60<br />

Wein – Jurade de Saint-Emilion 47<br />

Bordeaux – Bordeaux 2.0 46<br />

Ile d’Oléron, Ile de Ré, Ile<br />

46<br />

Madame, Ile d’Aix, Fort Boyard –<br />

Reif für die Insel(n)<br />

Wein – Ein asiatischer Winzer im 46<br />

Bordelais<br />

Klöster – Abteien, die sogar 40<br />

Kinder begeistern<br />

Marais Poitevin – Die grünen 38<br />

Kanäle des Marais Poitevin<br />

Likör – Angélique de Niort, Likor 38<br />

aus einer Heilpflanze<br />

Gironde – Wie Vauban eine<br />

36<br />

Flussmündung abriegelte<br />

HOTELS<br />

Hôtel de Sèze – Bordeaux 64<br />

Hôtel Napoléon – Ile d’Aix 46<br />

10 Auvergne & Limousin <strong>Nr</strong>.<br />

Corrèze – Das Gefühl, in der 68<br />

Inkastadt Machu Micchu zu sein<br />

Nouvelle-Aquitaine – Les Pans 63<br />

de Travassac, eine Spektakuläre<br />

Reise in das Land des Schiefers<br />

Clermont-Ferrand – Aufbruch 47<br />

aus schwieriger Position<br />

Genuss – Die AOC der Auvergne 38<br />

HOTELS<br />

Domaine Saint Estève – Millau 53<br />

11 Périgord & Midi-<br />

Pyrénées<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Vallée de la Dordogne: Wo man 60<br />

« wie Gott in Frankreich lebt »<br />

Tradition – Toulouse im Zeichen 47<br />

des Veilchens<br />

Airbus-Fabrik – Zu Besuch bei 46<br />

Airbus in Toulouse<br />

Gouffre de Padirac – Der<br />

44<br />

Erdmitte ein Stückchen<br />

näherkommen<br />

Pastell – Das blaue Gold 43<br />

HOTELS<br />

Chateau de la Treyne – Lacave, 60<br />

Vallée de la Dordogne<br />

Grand Hôtel Le Turenne –<br />

47<br />

Beaulieu-sur-Dordogne<br />

12 Pyrenäen <strong>Nr</strong>.<br />

Le Train Jaune – Ein Zug als<br />

Wahrzeichen<br />

13 Languedoc-<br />

Roussillon<br />

Aude – Die große Höhle von<br />

Cabrespine, ein unterirdisches<br />

Abenteuer<br />

Occitanie – Assignan,Das<br />

unglaubliche Schicksal eines<br />

französischen Dorfes<br />

Sigean: das Reservat der<br />

glücklichen Tiere<br />

Languedoc-Roussillon –<br />

Überraschende Mittelmeerregion<br />

Carcassonne – Imponierende<br />

Festungsstadt des Mittelalters<br />

Côte Vermeille – Paulilles, wenn<br />

die Hölle zum Paradies wird<br />

Saint-Guilhem-le-Désert – Wenn<br />

ein Krieger zum Klosterbruder<br />

wird<br />

Stadtentwicklung – Montpellier,<br />

ein Synonym für Dynamik<br />

45<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

65<br />

64<br />

60<br />

59<br />

57<br />

57<br />

47<br />

47<br />

14 Rhône-Tal <strong>Nr</strong>.<br />

Lyon – Rendezvous in der Rue du 64<br />

Premier-Film<br />

Drôme – Wandern auf den Spuren 62<br />

der Hugenotten<br />

Lyon – Die Metamorphose<br />

61<br />

eines Arbeiterviertels in ein<br />

Freilichtmuseum<br />

Lyon – Eine Stadt gewinnt ihre 59<br />

Flussufer zurück<br />

Montélimar & Umgebung – Eine 46<br />

Reise zwischen gestern und<br />

morgen<br />

Tradition – Guignol, kleine Helden 43<br />

aus Lyon<br />

Wein – Clairette de Die 42<br />

Grignan – Im Land der schönen 40<br />

Briefe: eine Reise nach Grignan<br />

Wein – Lirac, das « mediterranste » 40<br />

Weinanbaugebiet im Rhône-Tal<br />

Jardin Zen d’Erik Borja – Auf 39<br />

der Suche nach dem verlorenen<br />

Garten<br />

Gastronomie – Michel Chabran, 39<br />

der Luxus der Simplizität<br />

Genuss – L’O Provençale: Olivenöl 36<br />

aus Nyons<br />

HOTELS<br />

Manoir de la Roseraie – Grignan 40<br />

15 Alpen <strong>Nr</strong>.<br />

Auvergne-Rhône-Alpes – La<br />

Grange au Lac: wie im inneren<br />

eines Cellos<br />

Auvergne-Rhône-Alpes: Evian:<br />

das Gedächtnis des Wassers<br />

77<br />

71<br />

16 Provence <strong>Nr</strong>.<br />

Provence-Alpes-Côte d’Azur – 75<br />

Château La Coste: ein Hauch<br />

von Verrücktheit zwischen<br />

provenzalischen Reben<br />

Porquerolles – Villa Carmignac: 73<br />

Große Kunst auf einer kleinen Insel<br />

Provence – Coup de cœur: le 71<br />

Moulin de Daudet, Fontvieille<br />

Marseille – Eine fast<br />

70<br />

hundertjährige Liebeserklärung ist<br />

noch immer atuell<br />

Camargue – Tanzende Flamingos 69<br />

in der Camargue<br />

Provence – Lavendel: eine<br />

67<br />

überraschende deutschfranzösische<br />

Geschichte.<br />

Provence – Mit Giono auf dem 67<br />

Berg der Schäfer<br />

Alpes-de-Haute-Provence – 66<br />

Salagon, ein einzigartiger Ort, um<br />

die Hochprovence zu verstehen<br />

Fontaine-de-Vaucluse – Die 58<br />

berühmteste Quelle Frankreichs<br />

Arles – Römische Pracht und 53<br />

prachtvolle Kunstvorlage<br />

Umwelt – Lavendel der Provence 46<br />

in Gefahr<br />

10 Ideen… für die Provence 39<br />

HOTELS<br />

B Design & Spa – Le Paradou 39<br />

Attrap’Rêves – Allauch 33<br />

17 Côte d’Azur <strong>Nr</strong>.<br />

Paul Ricard – zwei Inseln, ein<br />

Schicksal<br />

Iles de Lérins, jenseits des «roten<br />

Teppichs» von Cannes<br />

Provence-Alpes-Côte-d’Azur<br />

– Géoparc de Haute-Provence,<br />

eine erstaunliche Reise in die<br />

Vergangenheit der Erde<br />

Hyères – eine authentische Ecke<br />

am Mittelmeer<br />

Monaco – Internationales<br />

Zirkusfestival von Monte Carlo<br />

Monaco – Die unglaubliche Saga<br />

eines kleines Fürstentums<br />

Bormes-les-Mimosas – Wo<br />

Blumen wie Königinnen verehrt<br />

werden<br />

Ile de Port-Cros – Kleine<br />

Trauminsel im Mittelmeer<br />

Domaine du Rayol – Die<br />

Geschichte eines ungewöhnlichen<br />

Parks<br />

Nizza – <strong>Frühling</strong>sgefühle einer<br />

Diva<br />

HOTELS<br />

La Bonne Etape – Château-<br />

Arnoux-Saint-Auban<br />

75<br />

74<br />

65<br />

63<br />

53<br />

47<br />

39<br />

38<br />

36<br />

32<br />

65<br />

18 Korsika <strong>Nr</strong>.<br />

Genuss – Die AOC Korsikas 43<br />

Überseegebiete<br />

(DOM/TOM)<br />

Französisch-Guayana – Natur,<br />

Geschichte, Raumfahrt<br />

Weitere Themen<br />

Chantals Rezepte<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

37<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

APPETITANREGER<br />

Gratin de légumes du jardin 47<br />

SUPPEN<br />

Gaspacho de tomates et fraises 46<br />

Gaspacho de tomate 40<br />

Velouté de laitue 38<br />

SALATE<br />

Spinatsalat mit harten Eiern und 66<br />

knusprigen Hähnchenflügeln<br />

QUICHES & TARTES<br />

Tarte Tatin aux pommes et au 74<br />

camembert<br />

Tourte Printanière aux<br />

70<br />

champignons de Paris<br />

Tarte d’automne aux champignons 60<br />

et à la farine de châtaignes<br />

Quiche Lorraine 33<br />

GRATINS, AUFLÄUFE & TOASTS<br />

Camembert rôti au four 57<br />

FLEISCHGERICHTE<br />

Poulet fermier basse température 62<br />

à l’ail<br />

Rôti de porc aux pruneaux 59<br />

Coq au vin 43<br />

FISCHGERICHTE<br />

Poêlée de Saint-Jacques au cidre 73<br />

Encornets à la Sétoise 69<br />

Blanquette de saumon 65<br />

Millefeuille de crabe au saumon 63<br />

fumé<br />

Sole meunière 61<br />

FONDUES UND SAUCEN<br />

Die echte hausgemachte<br />

68<br />

Mayonnaise<br />

DESSERTS<br />

La tarte au chocolat 77<br />

Le Mont-blanc 76<br />

Le Gâteau basque 71<br />

Le Far Breton 64<br />

Profiteroles au chocolat chaud 58<br />

Crème brûlée à la fleur d’oranger 39<br />

GEBÄCK<br />

La Tarte Bourdaloue 67<br />

Les petits sablés de Noël 53<br />

GETRÄNKE<br />

Liqueur d’estragon 36<br />

Weine & Alkoholika<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Wein – Château La Coste: ein 76<br />

Versuchslabor für den Weinau von<br />

morgen ?<br />

Spirituosen – Sapinette: ein Likör 74<br />

aus Tannennadeln<br />

Wein – Das Weinbaugebiet Bandol 73<br />

Spirituosen – Roderich Dühr, ein 65<br />

Deutscher, der Cognac im Blut hat<br />

Wein/Portrait – Glucklich wie 64<br />

Sabine und Jörg in Frankreich<br />

Wein – Crémant, ein kleiner<br />

63<br />

Schaumwein mausert sich<br />

Wein – Der elsässische Winzer 61<br />

Jean-Paul Schmitt ist seinen<br />

Reben näher denn je


Alkoholische Getränke –<br />

Frankreich, das neue Eldorado für<br />

Bierliebhaber<br />

Wein – Der neue Trend beim<br />

Aperitif à la française<br />

Wein – Warum wird Wein nicht<br />

grundsätzlich im Holzfass<br />

gelagert?<br />

Champagner – Was Sie schon<br />

immer über Champagner wissen<br />

wollten<br />

Weltkulturerbe – Frankreichs<br />

Winzer greifen zum Welterbe titel:<br />

Les coteaux, maisons et caves de<br />

Champagne (Teil 2)<br />

Jurade de Saint-Emilion – Mehr<br />

als Folklore: eine Tradition, die<br />

lebt!<br />

Peter Kwok – Ein asiatischer<br />

Winzer im Bordelais<br />

Picon – « Un Picon-Bière, s’il vous<br />

plaît »<br />

Bier – Schattendasein oder<br />

Geheimtipp?<br />

Lirac – Das « mediterranste »<br />

Weinanbaugebiet im Rhône-Tal<br />

Wein & Gesundheit – Vive le vin!<br />

Vive la santé!<br />

Angélique de Niort – Likor aus<br />

einer Heilpflanze<br />

Cognac – Eine ungewöhnliche<br />

Erfolgsgeschichte<br />

Genuss<br />

60<br />

59<br />

58<br />

57<br />

53<br />

47<br />

46<br />

43<br />

40<br />

40<br />

39<br />

38<br />

36<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Gastronomie – Jacques Bockel: 77<br />

ein Elsässer «provoziert» die Welt<br />

der Schokolade<br />

Gastronomie – Champignons: 70<br />

Jacky Roulleau, der Gärtner der<br />

Nacht<br />

Genuss – Bouchot-Muscheln: 69<br />

der Rolls-Royce unter den<br />

französischen Muscheln<br />

Gastronomie – Das beste aller 66<br />

Baguettes<br />

Gastronomie – Kaviar von der 65<br />

französischen Atlantikküste,<br />

der neue Star<br />

Gilles Choukroun – Ein<br />

62<br />

Sternekoch, der die Pariser an den<br />

Flughafen zieht<br />

Gastronomie – Wenn ein junger 61<br />

Koch einen Michelin-Stern erhält<br />

Spitzengastronomie – Fabian 53<br />

Feldmann, ein deutscher<br />

Sternekoch im Land der<br />

Feinschmecker<br />

Produkte – Orangina 53<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 49<br />

Aquitaniens<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 47<br />

der Franche-Comté<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 46<br />

Burgunds<br />

Trüffel – Schwarze Diamanten 44<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 43<br />

Korsikas<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 40<br />

der Bretagne<br />

Gastronomie – Michel Chabran, 39<br />

der Luxus der Simplizität<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 39<br />

der Normandie<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 38<br />

der Auvergne<br />

L’O Provençale – Olivenöl aus 36<br />

Nyons<br />

Politik & Wirtschaft<br />

Wirtschaft – Die Revision<br />

der Gebietsgrenzen der<br />

AOC Champagne: ein neuer<br />

Goldrausch?<br />

Politik – Sind die Regionen das<br />

Erfolgsrezept für den Tourismus ?<br />

Wirtschaft – Frankreich-<br />

Deutschland: der Krieg der<br />

Gummibärchen ist erklärt!<br />

Initiative – Die deutschfranzösische<br />

Freundschaft: welch<br />

eine Energie!<br />

Politik – Präsidentschaftswahlen<br />

2017, Präsidiale Orte<br />

Wirtschaft – Atomkraft in<br />

Frankreich: der Niedergang eines<br />

Systems, das sich zu sicher fühlte<br />

Kindergeld – Ist eine Reform<br />

überhaupt möglich?<br />

Pestizide – Marie-Lys Bibeyran,<br />

eine Frau kämpft gegen Pestizide<br />

Verkehrspolitik – Die<br />

Wiederentdeckung der<br />

Langsamkeit<br />

Monnaie de Paris – Pessac,<br />

hinter den Kulissen der Euro-<br />

Münzprägung<br />

Hochschulpolitik – Teaching in<br />

English? Oh mon Dieu!<br />

Umwelt – Lavendel der Provence<br />

in Gefahr<br />

Gregor Gysi – Der Linken-Politiker<br />

und Frankreich<br />

Medien – Die politische<br />

Ausrichtung französischer Medien<br />

Tourismus – Hauptsache<br />

außergewöhnlich<br />

Volksabstimmungen –<br />

Modethema im Wahlkampf<br />

Fünf Jahre Sarkozy – Zeit für eine<br />

Bilanz<br />

Umweltschutz –<br />

Kettensägenmassaker am<br />

Welterbe Canal du Midi<br />

Gesellschaft & Alltag<br />

Am Tag als… der Leichnam des<br />

Unbekannten Soldaten am Arc de<br />

Triomphe bestattet wurde<br />

Gesellschaft – Wo ist eigentlich<br />

das gute französische Brot<br />

geblieben?<br />

Gesellschaft – Lotto: Glücksspiel<br />

in Frankreich zur Rettung des<br />

Kulturerbes<br />

Geschichte – Koch und Pasteur:<br />

eine konstruktive Rivalität als<br />

Hoffnungsträger<br />

Kulturschock – Die Königin von<br />

Arles<br />

Geschichte – Montaigne: Ist die<br />

«Grabgeschichte» bald gelöst?<br />

Gesellschaft – Literaturszene: das<br />

Ende eines zu langen Schweigens<br />

Geschichte – Heinz Stahlschmidt,<br />

der Deutsche, der den Hafen von<br />

Bordeaux rettete<br />

Gesellschaft – Demografie: mehr<br />

Franzosen, aber nicht überall …<br />

Gesellschaft – Der unglaubliche<br />

Streit im das Erbe von Saint-<br />

Exupéry<br />

Interview – Serie «Quand on aime<br />

la France» (2)<br />

René Martin, der französische<br />

Steve Jobs der Musik<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

73<br />

70<br />

69<br />

65<br />

63<br />

59<br />

53<br />

53<br />

47<br />

47<br />

46<br />

46<br />

43<br />

40<br />

40<br />

39<br />

38<br />

36<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

77<br />

76<br />

76<br />

75<br />

74<br />

74<br />

74<br />

71<br />

70<br />

69<br />

69<br />

Interview – Serie «Quand on aime<br />

la France»<br />

Roger Diederen, Direktor der<br />

Kunsthalle München<br />

Ernährung – Vorsicht vor<br />

triploiden Austern!<br />

Gesellschaft – Le Mondial la<br />

Marseillaise à pétanque, der<br />

größte Boule-Wettkampf der Welt<br />

Geschichte – Tromelin, Die Insel<br />

der vergessenen Sklaven<br />

Yacine Aït Kaci – Der Vater von<br />

Elyx, des Botschafters der guten<br />

Laune<br />

David Ken – Der Fotograf, der das<br />

Glück fotografiert<br />

Verkehr – Paris: das Tauziehen um<br />

die Umwandlung des Seine-Ufers<br />

in eine Fußgängerzone geht weiter<br />

Geschichte: Die Johnnies, die<br />

Lieblingsfranzosen der Engländer<br />

Frauen und Männer, die sich<br />

für die deutsch-französische<br />

Freundschaft einsetzen:<br />

Barbara Barberon-Zimmermann,<br />

Mitbegründerin des deutschfranzösischen<br />

Kulturfestivals<br />

arabesques<br />

Brexit: Wie denken Briten, die in<br />

Frankreich leben, darüber?<br />

Fußball – Euro 2016: 10 Stadien<br />

warten auf die Fussballfans<br />

Integration – die Schwächen des<br />

französischen Systems<br />

Erfolgsgeschichten aus<br />

Frankreich –<br />

Denis Mollat, der Buchhändler 2.0<br />

Geschichte – 300. Todestag<br />

von Ludwig XIV. in Versailles:<br />

Begräbnisrituale leben länger als<br />

Könige<br />

Gesellschaft – Hinter den<br />

Kulissen des CROSS Corsen.<br />

Erinnerungskultur – Passen<br />

Gedenken und Tourismus<br />

zusammen?<br />

EU-Hauptstadtjahre: 2013 –<br />

Nantes und Marseille werden<br />

europäische Hauptstädte<br />

Winterschlussverkauf – Der<br />

andere Wintersport<br />

Simone Hérault – Die Stimme<br />

Frankreichs<br />

Berühmtheiten – Die 100<br />

bekanntesten Franzosen<br />

Frankreichbild – Frankreichs<br />

Image in der Welt<br />

Académie Française – Die<br />

Unsterblichen, die 40 Wächter der<br />

französischen Sprache<br />

Der Präfekt – Lebendes Symbol<br />

des Zentralismus<br />

Tourismus – Trends für den<br />

Winterurlaub 2011/12<br />

Gardienne – Félisa, Gardienne<br />

in Paris<br />

Kunst & Kultur<br />

Portrait - Jean-Yves de Groote,<br />

Herausgeber von Ecoute<br />

Enthüllung –Das Geheimnis um<br />

Van Goghs letztes Bild gelüftet<br />

Preise – Tyll Peters: ein junger<br />

Deutscher erhält Preis von Charlie<br />

Hebdo<br />

68<br />

67<br />

63<br />

63<br />

62<br />

62<br />

61<br />

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60<br />

60<br />

59<br />

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57<br />

52<br />

43<br />

43<br />

40<br />

39<br />

39<br />

39<br />

38<br />

36<br />

36<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

77<br />

77<br />

76<br />

Kultur / Comic (3/3) – Marco Rizzo<br />

und Lelio Bonaccorso – À bord de<br />

l’Aquarius<br />

Kultur / Comic (2/3) – Inès Léraud<br />

und Pierre Van Hove: Algues<br />

vertes, l’histoire interdite<br />

Kultur / Comic (1/3) – Nora<br />

Krug: Heimat, ein deutsches<br />

Familienalbum<br />

Kultur – Amüsante Geschichten<br />

rund um die französische<br />

Nationalhymne «La Marseillaise»<br />

Kultur – Festival de Piano de La<br />

Roque d’Anthéron<br />

Geschichte – Der Neandertaler:<br />

Unser Urahn erhält ein neues<br />

Image<br />

Portrait – Auf den Spuren von<br />

Jacques Prévert<br />

Sprache – Aussprache,<br />

Kartografie eines Systems à la<br />

française<br />

Kultur – 1977-2017: Centre<br />

Pompidou, 40 Jahre und immer<br />

noch überraschend<br />

Musik: Das unglaubliche<br />

Vermächtnis von Maurice Ravel<br />

Musée Matisse – Kunstgenuss auf<br />

dem platten Land<br />

Götz Alsmann – Götz Alsmann<br />

in Paris<br />

Museen – Frankreichs Museen auf<br />

der Überholspur<br />

ST-ART – Eine Kunstmesse<br />

zwischen den Welten<br />

Lebensart<br />

73<br />

72<br />

71<br />

68<br />

67<br />

67<br />

64<br />

64<br />

61<br />

60<br />

47<br />

46<br />

45<br />

38<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Produkte – Die Künstlerfarben 77<br />

Lefranc Bourgeois<br />

Produkte – Das gelbe Oelzeug von 76<br />

Guy Cotten<br />

Produkte – La Hulotte, «das 74<br />

meistgelesene Magazin im<br />

Tierbau»<br />

Produkte – Les Herbes de<br />

71<br />

Provence<br />

Produkte – Das<br />

70<br />

Gemüsepassiergerät aus Edelstahl<br />

namens Moulinex<br />

Produkte – Le Livre de Poche: 69<br />

eine kulturelle Revolution<br />

Produkte – Châteldon:<br />

68<br />

der Champagner unter den<br />

französischen Mineralwässern<br />

Produkte – Revolution in Sachen 67<br />

Aperitif!<br />

Produkte – Les boules Quies 66<br />

Produkte – Die Zitronenpresse 65<br />

aus Glas von Luminarc<br />

Produkte – La Pléiade 64<br />

Produkte – Das Salz La Baleine 63<br />

Produkte – Das Papier d’Arménie 62<br />

Produkte – Der gelbe Briefkasten 61<br />

der Post<br />

Produkte – Der Bistrostuhl<br />

60<br />

« Drucker »: zeitlos und pariserisch<br />

Produkte – Bol à prénom 59<br />

Produkte – Eau de Javel 58<br />

Produkte – Sophie la girafe 57<br />

Produkte – Duralex-Gläser 53<br />

Tradition – Toulouse im Zeichen 47<br />

des Veilchens<br />

Guignol – Kleine Helden aus Lyon 43


ART DE VIVRE Rezept<br />

Die Crème catalane ist ein einfach zuzubereitendes Dessert. Es<br />

stammt ursprünglich aus Spanien, ist aber mit der französischen<br />

Crème brûlée – deren Rezept ich Ihnen bereits vorgestellt habe<br />

(Frankreich erleben <strong>Nr</strong>. 39) – verwandt. Aus dem Südwesten<br />

des Landes – wo die Crème catalane schon seit Langem bekannt<br />

ist – hat sich diese Süßspeise in ganz Frankreich ausgebreitet<br />

und gehört inzwischen zu den Klassikern. Ein sehr leckeres<br />

Dessert, das die Franzosen voll und ganz adoptiert haben!<br />

Crème<br />

catalane<br />

Für 4 Personen • Zubereitungszeit: 20 Minuten + Zeit für das Abkühlen der Milch • Kochzeit: 15 Minuten • Ruhezeit im Kühlschrank: 1 Stunde<br />

92 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Zutaten:<br />

75 cl Milch<br />

1 Zimtstange<br />

6 Eigelb<br />

75 g brauner Rohrzucker (Cassonade)<br />

25 g Stärkemehl<br />

• Abgeriebene Schale einer grünen Biozitrone<br />

• Zesten aus der Schale einer grünen Biozitrone<br />

4 EL Zucker<br />

Zubereitung:<br />

• Milch mit der Zimtstange in einem Topf erhitzen,<br />

bis sie anfängt zu köcheln. Vom Herd<br />

nehmen, zudecken und bis zum Abkühlen ziehen<br />

lassen. Milch durch ein feines Sieb filtern.<br />

• Eigelbe mit dem braunen Rohrzucker schaumig<br />

schlagen, Stärkemehl einrühren, abgeriebene Zitronenschale<br />

hinzufügen. Diese Mischung mit einer kleinen<br />

Menge der aromatisierten Milch anrühren, dann unter<br />

kräftigem Schlagen den Rest der Milch zugeben.<br />

• Masse in einem Topf bei mittlerer Hitze kochen, bis<br />

sie eindickt; dabei kontinuierlich weiterschlagen.<br />

• Crème in vier kleine Auflaufformen verteilen, abkühlen<br />

lassen und eine Stunde in den Kühlschrank stellen.<br />

• Grill des Backofens vorheizen. Jeweils einen EL<br />

Zucker auf der Oberfläche einer Form verteilen<br />

und unter dem Grill karamellisieren lassen, bis<br />

sich eine goldfarbene Kruste gebildet hat.<br />

• Vor dem Servieren mit den Zitronenzesten dekorieren.<br />

Bon appétit!<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 93


ART DE VIVRE Produkt<br />

Serie: Typisch französische Produkte (28)<br />

Parapluie de Cherbourg<br />

Im Gegensatz zu den meisten « legendären » Produkten,<br />

die wir in dieser Rubrik bereits vorgestellt haben (siehe<br />

Auflistung unten), ist der Parapluie de Cherbourg mit<br />

Sicherheit nicht in allen französischen Haushalten präsent.<br />

Und das aus gutem Grund: Für einen echten Regenschirm<br />

der Marke Cherbourg muss man mindestens 125 Euro<br />

ausgeben. Das teuerste Modell « D-Day 50e », das aus Anlass<br />

des 50. Jahrestages der Landung der Alliierten in der<br />

Normandie hergestellt wurde, kostet sogar 650 Euro. Für<br />

einen Regenschirm sind das unbestritten stolze Preise …<br />

Dennoch hat der Parapluie de Cherbourg zweifellos einen<br />

Platz im Herzen der Franzosen.<br />

Diese nationale Ikone ist zwar, wie jeder gemeine<br />

Regenschirm auch, « nur » ein Bekleidungsaccessoire, allerdings<br />

ein Accessoire, das sich sogar auf internationaler<br />

Ebene einen Namen machen konnte. Ein Parapluie de<br />

Cherbourg ist mehr als ein Regenschirm, er ist eine langfristige<br />

Investition, ein Objekt, das man als raffiniertes<br />

Zubehör, manchmal vielleicht sogar als Markenzeichen<br />

einsetzt. Wie Schuhe oder Socken ist er das « gewisse Etwas<br />

», das den Unterschied ausmacht, ein diskretes Zeugnis<br />

von Raffinement à la française.<br />

Kreiert wurde dieser Regenschirm, wie nicht schwer<br />

zu erraten ist, in Cherbourg, im Norden der Halbinsel<br />

Cotentin. Dort ist ein zuverlässiger Schutz vor Regen und<br />

Wind kein Luxus, sondern oft eine Notwendigkeit. Der<br />

Regenschirm ist also sehr robust, denn rüden Angriffen<br />

von Wind und Wetter standzuhalten, ist quasi seine<br />

Existenzberechtigung. Das Modell Antibourasque (ab 125<br />

Euro) wird sogar als der widerstandsfähigste Regenschirm<br />

der Welt angesehen: Er besteht aus einem Glasfasermaterial<br />

und kann weder abknicken noch brechen. Aber es<br />

geht noch besser: Der Schirm ParaPactum ist ein regelrechtes<br />

Schutzschild, das selbst Wurfgeschosse stoppt.<br />

Überflüssig anzumerken, dass er für eine spezifische<br />

Zielgruppe gedacht ist. ParaPactum gilt weltweit als einer<br />

der wirksamsten Sicherheitsregenschirme zum Schutz<br />

hochstehender Persönlichkeiten – allen voran natürlich<br />

Präsident Macron –, zu dem es auf der ganzen Welt kein<br />

Pendant gibt.<br />

Doch zurück zum Parapluie de Cherbourg für<br />

« Menschen wie du und ich »: Der Schirm, der von der Bekanntheit<br />

des Musicals von Jacques Demy, Les Parapluies<br />

de Cherbourg (1963), profitierte, hebt sich durch kleine Details<br />

ab, die das Herz vieler Insider höherschlagen lassen:<br />

ein Griff aus Edelhölzern oder Leder, ein gesticktes Wappen,<br />

ähnlich dem der Stadt Cherbourg, vor allem aber im<br />

geöffneten Zustand eine unvergleichliche Wölbung, die<br />

ihm ein einzigartiges Aussehen verleiht und ein charakteristisches<br />

Erkennungszeichen ist. Kenner behaupten, dass<br />

selbst das Geräusch, das beim Öffnen dieses Regenschirmes<br />

entsteht, unverwechselbar sei! Es handelt sich also<br />

offensichtlich um ein « besonderes Objekt », das Liebhaber<br />

von authentischen Produkten nicht mehr missen wollen,<br />

sobald sie es einmal in der Hand gehalten haben. Der<br />

Parapluie de Cherbourg wird nach wie vor handwerklich<br />

im wunderschönen ehemaligen Gebäude der Banque de<br />

France (das man im Übrigen besichtigen kann) im Stadtzentrum<br />

von Cherbourg nach der Devise « keine Fehler,<br />

keine Mängel » hergestellt.<br />

www.parapluiedecherbourg.com<br />

In dieser Serie werden Produkte vorgestellt, die sich in fast jedem französischen Haushalt befinden oder die für viele Franzosen kleine Nationalheiligtümer<br />

sind. In den letzten Ausgaben sind erschienen: Hollywood- und Malabar-Kaugummis (<strong>Nr</strong>. 51), Petit Suisse (<strong>Nr</strong>. 52), Orangina (<strong>Nr</strong>. 53), Duralex-Gläser<br />

(<strong>Nr</strong>. 54), Messer (<strong>Nr</strong>. 55), L’école des loisirs (<strong>Nr</strong>. 56), Sophie la girafe (<strong>Nr</strong>. 57), Eau de Javel (<strong>Nr</strong>. 58), Bol à prénom (<strong>Nr</strong>. 59), Bistrostuhl « Drucker » (<strong>Nr</strong>. 60),<br />

der gelbe Briefkasten der Post (<strong>Nr</strong>. 61), Papier d’Arménie (<strong>Nr</strong>. 62), Salz La Baleine (<strong>Nr</strong>. 63), Literatursammlung La Pléiade (<strong>Nr</strong>. 64), Zitronenpresse<br />

aus Glas von Luminarc (<strong>Nr</strong>. 65), Boules Quies (<strong>Nr</strong>. 66), Ricard aux plantes fraîches (<strong>Nr</strong>. 67), Eau de Châteldon (<strong>Nr</strong>. 68), Le Livre de Poche (<strong>Nr</strong>. 69),<br />

Gemüsepassiergerät Moulinex (<strong>Nr</strong>. 70), Herbes de Provence (<strong>Nr</strong>. 71), Cacolac (<strong>Nr</strong>. 72), L’Image d’Épinal (<strong>Nr</strong>. 73), La Hulotte, « das meistgelesene Magazin<br />

im Tierbau » (<strong>Nr</strong>. 74), Savon de Marseille (<strong>Nr</strong>. 75), das gelbe Ölzeug von Guy Cotten (<strong>Nr</strong>. 76) und die Künstlerfarben Lefranc Bourgeois (<strong>Nr</strong>. 77).<br />

94 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 95


GUÉWEN A TESTÉ<br />

… den offiziellen<br />

Onlineshop des<br />

Élysée-Palastes<br />

Der Élysée-Palast – von den Franzosen kurz<br />

Élysée genannt – liegt in der Nähe der Pariser<br />

Prachtstraße Champs-Élysées, in der Rue du<br />

Faubourg-Saint-Honoré <strong>Nr</strong>. 55. 1753 schenkte<br />

König Ludwig XV. (1710-1774) dieses besondere<br />

Hôtel particulier seiner « Favoritin » und<br />

offiziellen Mätresse, der Marquise de Pompadour<br />

(1721-1764). Seit 1848 befindet sich dort<br />

der Amts- und offizielle Wohnsitz des französischen Staatspräsidenten. Emmanuel Macron,<br />

der jüngste Präsident den Frankreich bisher hatte, unternimmt seit 2017 einiges, um den Ort<br />

zu modernisieren. Mit ihm hielt nicht nur die zeitgenössische Kunst Einzug in den Élysée-Palast,<br />

er kümmert sich vor allem um Dinge, die seine Vorgänger jahrzehntelang vernachlässigt<br />

haben, nämlich um den Unterhalt und die Renovierung des Gebäudes. Um die Arbeiten zu<br />

finanzieren, wurde ein neuartiger Webshop kreiert: Élysée Boutique Offizielle. Dort findet man<br />

eine Reihe von teils unerwarteten Produkten, die einen Bezug zum Amtssitz haben und<br />

manchmal auch eine humorvolle Seite offenbaren. Artikel, die vielen Frankreichliebhabern<br />

Freude bereiten, mit deren Kauf man einen Beitrag zur Erhaltung des Kulturerbes leistet!<br />

96 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong>


Welche Produkte<br />

kann man kaufen?<br />

Zunächst gibt es<br />

natürlich die « klassischen<br />

» Produkte, die<br />

man im Shop einer<br />

derartigen Institution<br />

erwartet: Schlüsselanhänger<br />

mit der<br />

französischen Nationalflagge<br />

(9,90 €)<br />

oder dem Emblem<br />

des Élysée-Palastes<br />

(8,90 €), Bleistifte<br />

und Kugelschreiber in den Landesfarben (3 bzw. 4 €),<br />

Passhüllen aus rotem oder blauem Leder (35 €), Kaffeebecher<br />

mit dem Logo des Élysée-Palastes oder sogar<br />

mit dem Foto des Präsidenten (24,90 €) oder ein Set<br />

mit acht Postkarten, auf denen die « acht Präsidenten<br />

der V. Republik » abgebildet sind (14 €). Doch über<br />

solche « Klassiker » hinaus, gibt es auch Artikel, die man<br />

nicht unbedingt erwartet und von denen manche ein<br />

Schmunzeln hervorrufen. Einige willkürlich ausgewählte<br />

Beispiele aus dem Katalog, der in die Rubriken Haushalt,<br />

Kleidung, Accessoires, Schreibwaren, Souvenirs, Kind<br />

und Marken eingeteilt ist: eine Schneekugel mit dem<br />

Élysée-Palast (10 €), ein Set mit sechs Kerzen in den<br />

Landesfarben (15 €), ein Stück echter Seife aus Marseille<br />

mit der Prägung République française (3,90 €), großartige<br />

Boulekugeln der Marke Obut, mit den Initialen RF<br />

(République française) oder dem Symbol des Élysée-Palastes,<br />

inklusive eines blau-weiß-roten Cochonnets (59 €), eine<br />

schicke Dose Kusmi Tea Petit-déjeuner à l’Élysée (16,90 €),<br />

ein herziger Plüschhund Némo, nach dem Vorbild des<br />

Hundes von Brigitte und Emmanuel Macron (99 €),<br />

eine Armbanduhr der Marke Lip mit einem blau-weißroten<br />

Armband, wie man sie manchmal am Handgelenk<br />

des Präsidenten sehen kann (169 €), T-Shirts mit dem<br />

Emblem der République française oder mit Aufdrucken<br />

Croquignolesque (komisch) oder Poudre de Perlimpinpin<br />

(Allheilmittel) (55 €). Bei Letzteren handelt es sich<br />

um sehr ungebräuchliche Begriffe, die jedoch für den<br />

rhetorischen Einfallsreichtum von<br />

Emmanuel Macron stehen, über den<br />

sich die Franzosen oft amüsieren …<br />

Woher kommen diese Produkte?<br />

In dieser Beziehung gibt die Website des Shops klar<br />

Auskunft: Alle Produkte, die dort verkauft werden,<br />

sind ausschließlich Made in France und sollen ein « anspruchsvolles<br />

Schaufenster für französische Unternehmen<br />

und französisches Know-hows darstellen ». Dafür ging<br />

der Élysée-Palast Partnerschaften mit renommierten<br />

französischen Unternehmen aus dem ganzen Hexagon<br />

ein: Bic, Degrenne, Duralex, Kusmi Tea, Le Jacquard<br />

Français, Le Slip Français, Le Véritable Cherbourg,<br />

Lip, Marius Fabre, Obut, Saint James, Tissage de<br />

Luz … Marken, die als französische Kulturgüter<br />

gelten. Um das Logo der Französischen Republik<br />

oder des Élysée-Palastes benutzen zu dürfen, müssen<br />

strenge Qualitätskriterien eingehalten werden.<br />

Wozu dienen die Erträge des Onlineshops?<br />

Die Erträge aus dem Verkauf der Produkte tragen<br />

dazu bei, die Kosten für die Renovierung des Élysée-<br />

Palastes zu finanzieren. Im Sommer 2018 begannen<br />

die ersten Arbeiten, in deren Rahmen vor allem<br />

der bemerkenswerte, riesige (600 m²) Salle des fêtes<br />

renoviert wurde, in dem offizielle Veranstaltungen<br />

wie Staatsdinner, Amtseinsetzungsfeierlichkeiten,<br />

Verleihungen von Auszeichnen usw. stattfinden.<br />

Erfolgt die Lieferung auch ins Ausland?<br />

Ja. Die angebotenen Artikel werden nicht nur nach<br />

Frankreich, sondern auch ins Ausland geliefert. Die<br />

Lieferung erfolgt mit dem Dienst Colissimo international<br />

der französischen Post. Bezahlt wird per<br />

Kreditkarte (Visa, Mastercard, Amex) oder PayPal.<br />

Soweit ich feststellen konnte, fällt für die Lieferung<br />

nach Deutschland eine Mindestpauschale von 17 €<br />

an. Die Pauschale ist jedoch gewichtsabhängig.<br />

https://boutique.elysee.fr (Die Website gibt es in französischer<br />

und englischer Sprache.)<br />

Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong> · 97


IMPRESSUM/VORSCHAU<br />

Impressum<br />

Frankreich erleben ist das Ergebnis von Teamarbeit. Neben den Autoren und<br />

Fotografen tragen auch die Lektoren, Grafiker und alle anderen Mitarbeiter<br />

zur Qualität der einzelnen Artikel bei. Daher sind keine einzelnen Personen<br />

am Ende eines Artikels hervorgehoben, sondern findet die Nennung im<br />

Impressum statt.<br />

Frankreich erleben erscheint im Verlag<br />

Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux<br />

Telefon: +33 (0)1 75 439 440 · Fax: +33 (0)1 75 434 549<br />

info@frankreicherleben.de · www.frankreicherleben.de<br />

Abonnentenbetreuung & Heftbestellungen:<br />

AVZ GmbH<br />

Storkower Straße 127a · 10407 Berlin<br />

Telefon: +49 (0)30 / 42 80 40 40<br />

Fax: +49 (0)30 / 42 80 40 42<br />

abo@frankreicherleben.de<br />

ISSN: 1861-4256<br />

Gründer des Magazins: Jean-Charles Albert und Markus Harnau<br />

Herausgeber: Jean-Charles Albert<br />

Chefredakteur (V.i.S.d.P.): Jean-Charles Albert<br />

Redaktionsbüro:<br />

Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux<br />

Telefon: +33 (0)1 75 439 440 · Fax: +33 (0)1 75 434 549<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />

Jean-Julien Bault, Sabine Beck, Guéwen Brown, Chantal Cobac, Martine Doucet,<br />

Laurent Fournerie, Alain Lardière, Ina Muñoz, Annaïs Quetsub, Gérard Rival,<br />

Serge Robin, Sabine Schmitt<br />

Layout: Zauberhaus.eu<br />

Anzeigen:<br />

Isabelle Schmidt<br />

Telefon Frankreich: +33 (0)1 75 439 441<br />

Telefon Deutschland: +49 (0)921 44710<br />

ischmidt@frankreicherleben.com<br />

Gültige Anzeigenpreisliste: 19/<strong>2021</strong><br />

Druck: westermann DRUCK | pva,<br />

Georg-Westermann-Allee 66, 38104 Braunschweig<br />

Vetrieb:<br />

DMV DER MEDIENVERTIEB GmbH & Co. KG. · Meßberg 1 · 20086 Hamburg<br />

Tel: +49 (0)40 3019 1800<br />

Sämtliche Informationen sind nach bestem Wissen und mit Sorgfalt zusammengestellt.<br />

Eine Gewährleistung für die Rich tig keit und Vollständigkeit kann jedoch<br />

nicht über nom men wer den. Der Verlag übernimmt keine Haftung für un ver langte<br />

Ein sen dun gen. Die Redaktion behält sich die Kür zung und Bearbeitung von<br />

Leserbriefen vor. Es gelten die Geschäfts bedingungen des Verlags. Beiträge,<br />

Fotos und gra fische Dar stel lungen sind ur he ber rechtlich geschützt. Nach druck,<br />

auch aus zugs weise, Ver viel fäl ti gung auf foto mecha nischen und anderen Wegen<br />

sowie Nutz ung auf Da ten trägern bedürfen der schrift lichen Zustimmung des<br />

Verlags.<br />

Frankreich erleben erscheint alle drei Monate und ist im gut sortierten<br />

Zeitschriftenhandel in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Luxemburg und<br />

Südtirol sowie per Abonnement erhältlich.<br />

Einzelpreise im Handel: 5,90 E (D), 6,50 E (A),<br />

10,90 CHF (CH), 7,00 E (F/L/B/NL), 7,00 E (I)<br />

Abonnement (Preise pro Jahr): 19,90 E (D), 21,90 E (A),<br />

37,00 CHF (CH), alle anderen Länder: 26,90 E<br />

Bezugspreise beinhalten, wo erforderlich,<br />

die gesetzliche Mehrwertsteuer.<br />

© <strong>2021</strong> Ajc Presse, Bordeaux<br />

Bildnachweise (nach Seiten, Anordnung von links nach rechts, oben nach<br />

unten): Titel: Serge Robin, Ajc Presse • S.3: Serge Robin, Ajc Presse •<br />

S.4: J. Collina-Girard, Mission s92-94 Ministère de la culture; DP, Nadar;<br />

Alain Lardière, Ajc Presse; La Revue Dessinée / Seuil; Fabrice Desjours;<br />

Serge Robin, Ajc Presse • S.6-7: CC BY-SA 3.0; Pixabay; Amaury Sport<br />

Organisation Tour de France, DR • S.8: Vile d’Ajaccio; Oniria; DR; Pixabay;<br />

Serge Robin, Ajc Presse; Serge ROBIN, Ajc Presse • S.10-11: Museon Arlaten,<br />

DR; Air France • S.12-18: DR • S.19: Arte, DR • S.22: DR • S.24-25: Com des<br />

Images, CRT Hauts-de-France • S.26: DR • S.28-29: Emmanuel-Berthier,<br />

Comité Régional du Tourisme des Hauts-de-France • S.26-27: B. Teissedre,<br />

Festival des Forêts • S.28: Richard Dugovic, Festival des Forêts • S.29:<br />

Ludovic Leleu, Festival des Forêts • S.30: Anne-Sophie Flament, Festival des<br />

Forêts • S.31-32: Ludovic Leleu, Festival des Forêts • S.36-45: Serge Robin,<br />

Ajc Presse • S.46-55: Serge ROBIN, Ajc Presse • S.56-57: Fabrice Desjours<br />

• S.58: Seston Chine • S.59-60: Fabrice Desjours • S.61: Marie Protet,<br />

La Forêt Groumande • S.62: Leslie Lacour, La Forêt Gourmande • S.63 et<br />

S.65: Fabrice Desjours • S.68-69: Arc-Os, DR • S.70: J. Collina-Girard,<br />

Mission s92-94 Ministère de la culture • S.71-72: Arc-Os, DR • S.73: J.<br />

Collina-Girard, Mission s92-94 Ministère de la culture DR • S.74-75: Kléber<br />

Rossillon, DR Michele Clavel • S.76: DR • S.<strong>78</strong>-83: La Revue Dessinée /<br />

Seuil • S.84: Nadar • S.85: Pixabay • S.86: DR • S. 87: Pixabay • S.92-<br />

93: Guéwen Brown, Ajc Presse • S.94-95: Le Parapluie de Cherbourg, DR<br />

• S.96-97: Boutique Elysée. fr, DR • S.98: Cédric Brown et Serge Robin,<br />

Ajc Presse<br />

98 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2021</strong><br />

Die nächste Ausgabe (bereits Heft <strong>Nr</strong>. 79!) ist wie immer um diese<br />

Jahreszeit ein Vorbote des Sommers. Ein Sommer, den wir alle<br />

mehr denn je ungeduldig erwarten! Das Magazin Frankreich erleben<br />

erwartet seine Leser ab dem 18. Mai am Kiosk, sofern diese nicht zu<br />

den Abonnenten gehören, die es bereits eine Woche früher in ihrem<br />

Briefkasten vorfinden.<br />

Bis dahin geben wir Ihnen im Rahmen unseres kleinen Spiels auf<br />

dieser letzten Seite bereits einige Hinweise auf den Inhalt.<br />

Zunächst einige Fotos:<br />

Und dann drei Hinweise, von denen<br />

jeder eine Verbindung zu einem der<br />

Fotos hat:<br />

• Ich liege in der elsässischen Ebene und bin im Vergleich zu<br />

Disneyland Paris ein ganz anderer und verdammt mutiger<br />

Freizeitpark. Man sagt von mir, ich sei « schrecklich französisch ».<br />

Vielleicht weil ich den Namen einer bekannten und in der ganzen<br />

Welt beliebten Persönlichkeit der französischen Literatur trage?<br />

Eines ist auf jeden Fall sicher: Kleine und große Menschen haben<br />

ihre Freude an mir.<br />

• Ich wurde 948 vor den Toren der Camargue auf einem<br />

Felsvorsprung oberhalb der Ebene um die Stadt Arles errichtet.<br />

Meine Silhouette ist schon von Weitem sichtbar und erinnert an<br />

eine riesige Theaterkulisse. Während der Französischen Revolution<br />

wurde ich zu einer Ruine, und im 19. Jahrhundert bediente man<br />

sich sogar an meinen Steinen wie in einem Steinbruch. Dennoch<br />

gehöre ich heute zu den schönsten historischen Stätten der<br />

Region.<br />

• Ich bin eine Insel, liege 8,3 Kilometer vom Festland entfernt und<br />

gehöre zur Gemeinde Hyères (Var). Ab den 1920er-Jahren zog ich<br />

viele Intellektuelle an, die auf der Suche nach Einsamkeit und Natur<br />

waren. Heute betrachtet man mich als die « literarischste » unter<br />

den französischen Inseln. Daher lade ich Sie ein, meinen Sentier des<br />

Écrivains zu entdecken, der noch dazu ein Paradies für Wanderer<br />

ist.<br />

Haben Sie alles erraten? Dann können Sie die Antworten überprüfen,<br />

indem Sie die folgenden Begriffe vervollständigen:<br />

L _ P _ R C _U P _ _ I _ _ R _ _ C_<br />

L’A _ _ A _ E D_ _ _ N _ M _ _ O _ R<br />

L’ Î _ _ _E P _ R _ - _ _ _ S<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 79 – Sommer <strong>2021</strong><br />

Erscheint am 18. Mai <strong>2021</strong>


Großzügige Unterkünfte im modernen Design, eine Wellnesslandschaft<br />

mit 5 Saunen, Sonnenterrasse und Boddenblick, ein Fitnessstudio mit<br />

professionellen Geräten, ein Hobbyraum mit Billardtisch, Tischtennisplatte<br />

und Tischfußball sowie eine Lounge mit Kamin und Panoramablick,<br />

mönchgut living & spa bietet Ihnen alles, um einen perfekten Urlaub auf<br />

Rügen zu verleben. Die Lage im Herzen des romantischen Fischerdorfes<br />

Gager im UNESCO-Biosphärenreservat Südost-Rügen verspricht zudem<br />

Entspannung und Erholung inmitten unberührter Natur, nur wenige Minuten<br />

vom Ostseestrand und den berühmten Seebädern der Insel entfernt.<br />

www.moenchgut-living.de


Es gibt viele Villen in der Provence, die Sie mieten können.<br />

Doch in diese Villa werden Sie sich verlieben!<br />

Sie genießen eine atemberaubende Aussicht über das weite Tal des Naturparks Lubéron,<br />

nach Gordes, auf die Monts de Vaucluse und den Mont Ventoux. Allein dieser atemberaubende<br />

Panoramablick ist unbezahlbar! Außerdem erreichen Sie in nur wenigen<br />

Minuten zu Fuß den Dorfkern von Roussillon mit seinen Geschäften und Restaurants<br />

und bekommen trotzdem wegen der geschützten Lage der Villa nichts vom Trubel im<br />

Ort mit. Die provenzalische Architektur und die Einrichtung im modernen Design bilden<br />

eine gekonnte Symbiose, die Sie so schnell nicht ein zweites Mal in der Provence finden<br />

werden. Der beheizte Infinity-Pool und 2.600 qm große Garten sind Garant für einen<br />

erholsamen Urlaub. Die Villa verfügt über Platz für bis zu zehn Personen, doch durch<br />

den modularen Grundriss fühlt man sich aber auch zu zweit oder viert nicht zu einsam.<br />

www.provence-living.fr

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