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Erwin Ringel und das «Präsuizidale Syndrom».<br />

Am 28. Juli dieses Jahres jährt sich<br />

zum 10. Mal der Todestag des österreichischen Psychiaters Erwin Ringel<br />

(27.4.1921 bis 28.7.1994).<br />

6<br />

Erwin Ringel war unter anderem Präsident<br />

der österreichischen Vereinigung für Individualpsychologie<br />

und von 1981 bis 1991 Professor für<br />

medizinische Psychologie an der Universität<br />

Wien. Seine grösste Leistung liegt aber im Bereich<br />

der Suizidforschung.<br />

Überhaupt kann Ringel als der Begründer der<br />

modernen Suizidforschung betrachtet werden.<br />

1949 hat Ringel alle 745 Personen untersucht,<br />

die nach einem Selbstmordversuch in die Neuropsychiatrische<br />

Klinik der Universität Wien<br />

eingewiesen worden waren. Aus der Bearbeitung<br />

dieses Materials ist das Buch «Der Selbstmord.<br />

Abschluss einer krankhaft psychischen Entwicklung,<br />

eine Untersuchung an 745 geretteten<br />

Selbstmördern» entstanden, welches 1953 veröffentlicht<br />

wurde.<br />

Zwei Thesen dieser Arbeit erscheinen mir besonders<br />

erwähnenswert:<br />

Dass der Zustand vor einem Suizidversuch<br />

von einer Gruppe von Symptomen charakterisiert<br />

wird, die Ringel als präsuizidales Syndrom<br />

bezeichnet hat, sowie die These, die bereits im<br />

Titel formuliert wurde, dass der Suizid der Abschluss<br />

einer krankhaften psychischen Entwicklung<br />

darstellt.<br />

Das präsuizidale Syndrom<br />

In der Situation suizidaler Menschen lassen<br />

sich drei Symptome erkennen:<br />

Die Einengung, die gehemmte, gegen die eigene<br />

Person gerichtete Aggression und die Beschäftigung<br />

mit Selbstmordfantasien.<br />

Ringel: «Normalerweise ist die menschliche<br />

Existenz durch eine Fülle gegebener Gestaltungs-<br />

und Entfaltungsmöglichkeiten gekennzeichnet.<br />

Im präsuizidalen Status hingegen ist<br />

dieses Gefühl weit gehend oder völlig verloren<br />

gegangen. Die Umstände werden als bedrohlich,<br />

unveränderbar, unüberwindbar, also als übermächtig<br />

erlebt. Die eigene Person wird als klein,<br />

hilflos, ausgeliefert und ohnmächtig empfunden.<br />

Auf diese Weise herrscht der Eindruck gleichsam,<br />

von allen Seiten behindert und umziegelt<br />

zu sein, als wäre man in einem Raum, dessen<br />

Wände immer enger zusammenrücken und<br />

kaum einen Ausweg übrig lassen, es sei denn im<br />

Selbstmord.»<br />

Diese Situation kann im Menschen Aggressionen<br />

auslösen, die bei vielen nach aussen gerichtet<br />

werden zur Veränderung der Situation,<br />

zum Kampf. Aber gerade wenn die Situation<br />

übermächtig und unveränderbar ist, erscheint<br />

ein solcher Kampf völlig aussichtslos und, unter<br />

Umständen, können Wut und Aggression gegen<br />

sich selbst gerichtet werden.<br />

Vermutlich nur in seltenen Fällen ist der<br />

Selbstmordversuch nicht geplant worden, sondern<br />

aus einem raptusartigen Drang entstanden.<br />

Meist ist aber ein solcher Versuch der Endpunkt<br />

einer tage- oder sogar wochenlangen Beschäftigung<br />

mit den Selbstmordfantasien.<br />

Das präsuizidale Syndrom bietet einen nützlichen<br />

Ansatz, sowohl für die theoretische Beschäftigung<br />

mit dem Suizidproblem, wie für die<br />

praktische Arbeit.<br />

Verschiedene Ursachen können für die Einengung<br />

verantwortlich sein, wie ein schizophrener<br />

Verfolgungswahn, eine schwere Depression, ein<br />

Verlust, der das Leben nicht mehr lebenswert<br />

erscheinen lässt, wie bei einer Liebesenttäuschung,<br />

bei schweren und invalidisierenden körperlichen<br />

Erkrankungen, nach einer Verhaftung<br />

usw.<br />

Bei der Beurteilung der Suizidalität kommt<br />

der Schwere der Einengung grosse Bedeutung<br />

zu und ein Anliegen des Therapeuten kann es<br />

gerade sein, die Einengung durch geeignete<br />

Massnahmen zu brechen.<br />

Dem Auftreten von Selbstmordfantasien geht<br />

meist eine Änderung der persönlichen Einstellung<br />

zum Tode voraus. Man beginnt den Tod

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