Gemeindebrief November 2020-Februar 2021
Gemeindebrief der Ev. Kirchengemeinde Tegernsee, Rottach-Egern und Kreuth
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Gruppen und Kreise
Gruppen und Kreise
Das zusätzliches Gedeck…
David Steindl-Rast: „99 Namen Gottes“
Ein Platz ist für Jesus! In einigen Familien
gibt es diese Tradition. In Polen beispielsweise
ist sie ein fester Bestandteil des Weihnachtsessens:
Auf dem festlich gedeckten
Tisch steht ein zusätzliches Gedeck. Dieser
Brauch erinnert an die Weihnachtsgeschichte,
als Maria und Josef in Bethlehem
keine Herberge fanden. Der Platz für Jesus
am Esstisch drückt aus: Er ist präsent und
mitten unter uns. An Weihnachten feiern
wir sein Kommen in die Welt.
Das zusätzliche Gedeck hat noch eine
Funktion – es steht für einen unerwarteten
Gast bereit. Das kann ein verspätetes
Familienmitglied sein, ein Freund oder
Nachbar, der allein ist. Vielleicht aber
auch ein Reisen der oder Fremder. „Ist ein
Gast im Haus, so ist Gott im Haus“, lautet
ein altes polnisches Sprichwort. Das hohe
Gebot der Gastfreund schaft war schon in
biblischen Zeiten eine gesellschaftliche
Verpflichtung. Mit seiner Einhaltung steht
Gottes Segen in Verbindung. Damit waren
insbesondere die Versorgung und die Beherbergung
von Reisenden gemeint.
Die Fürsorge, besonders für Schwache
und Bedürftige, bezieht Jesus im Matthäusevangelium
auf sich selbst: „Ich bin
hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen
gegeben. Ich bin durstig gewesen und
ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin
ein Fremder gewesen und ihr habt mich
aufgenommen.“ Auf die Nachfrage, wann
das gewesen sein soll, antwortet Jesus:
„Was ihr getan habt einem von diesen meinen
geringsten Brüdern, das habt ihr mir
getan.“
David Steindl-Rast wurde 1926 in Wien
geboren. Nach Studium an der Akademie
der Bildenden Künste an der Universität
Wien mit Promotion in Psychologie und
Anthropologie, übersiedelte er in die USA
und gehört seit 1953 dem Benediktinerkloster
Mount Saviour im Staate New York
an. Er lebt seit Jahrzehnten als Mönch und
immer wieder Eremit in Amerika, heute
lebt er im Europa Kloster Gut Aich in St.
Gilgen in Salzburg. Über Lebenswege berichtet
sein Buch „Ich bin durch dich so Ich“
(216) in Kapiteln - jeweils über ein Jahrzehnt
– es ist Spiegel erfüllten Daseins.
David Steindl-Rast ist weltweit geschätzt
und bahnbrechend inspirierend im Dialog
der Religionen – er gilt als Brückenbauer
zwischen den Weltreligionen, ist spiritueller
Lehrer und aktiv wirkend bis heute. …
Regenbogen…
Bruder David ist zutiefst Christ und hat in
seinem Buch „Credo“ (2010) das Glaubensbekenntnis
geöffnet für die Ur-Gläubigkeit,
die alle Menschen verbindet.
In seinem 94. Lebensjahr hat er 2019 sein
Buch „99 Namen Gottes“ veröffentlicht.
Diese 99 Namen finden sich in einer traditionellen
Liste des Islam. Der Benediktinermönch
hat in meditativer Schau in 10
Jahren diese Namen durchlebt, sie wurden
herausgelöst aus unzähligen Bezeichnungen
von 999 Namen …
Welche Namen wir suchen und finden: Alle
Namen sind auch Geistesgut christlicher
Theologie.
David Steindl-Rast erwägt die Namen
nicht zum Verstehbar machen über Philosophie
und Theologie – er sucht den Weg
der Begegnung zwischen dem Urgrund
des Lebens bis zum jetzigen Augenblick.
Er ist ein Meister der Sprache und findet
über Wortwurzeln zur Urbedeutung eines
Wortes und damit Zugang zum Unsagbaren.
Dabei bleibt er aber immer ganz nah
bei unserem Alltags-Leben – immer wieder
durchwirkt er seine Betrachtungen mit
Worten aus Gedichten – Matthias Claudius
, Joseph von Eichendorff, vor allem Rainer
Maria Rilke… , auch mit Liedstrophen aus
dem Gesangbuch.
Feinsinnig führt er den Leser nach jedem
bedachten Gottesnamen zu seiner
Wahrnehmung über kurze Fragen und Gedankenhilfen.
Um bildhafte Gestaltung der Namen hat
er seinen höchstbegabten und wissenden
Freund, den berühmten Kalligraphen
Shams Anwari-Alhosseyni gebeten, er hat
„mit großer Freude spontan ja gesagt“.
Kalligraphie hat den höchsten Stellenwert
innerhalb der islamischen Kunst. Sie ent-
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