Notensystem Ein für Tango Argentino - Lix
Notensystem Ein für Tango Argentino - Lix
Notensystem Ein für Tango Argentino - Lix
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19 Form F 67-82 neu 16.06.2004 20:58 Uhr Seite 1<br />
17. + 18. September Ricardo „El holandés“ & Rotraut Rumbaum<br />
● Workshops <strong>für</strong> Mittelstufe und Fortgeschrittene<br />
Erfurt 2 Esquina del <strong>Tango</strong> ● Schlösserstr. 5<br />
x Info-Line 0361 - 212 500 04 ● www.tango-argentino.info<br />
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17. - 19. September Nicole Nau & Luis Pereyra<br />
● Programm bitte erfragen!<br />
Mainz 2 “El Tesoro” ● Ludwigsburgerstr. 10, Mainz-Hartenberg<br />
x Details unter: www.tangomainz.de/Veranstaltungen<br />
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18 + 19. September Ulrich Böhme<br />
● <strong>Ein</strong>führungsworkshop <strong>Tango</strong><strong>Argentino</strong> ● 11 - 13 Uhr<br />
● Verzierungen (Firuletés) <strong>für</strong> Frauen und Männer ● 13.45 - 15.45 Uhr<br />
● Milonga - Spezial: Richtungswechsel in der Milonga ● 16 - 18 Uhr<br />
Darmstadt 2 Tanzwerkstatt ● Marktplatz 13<br />
x Info-Line www.tanguisimo.info ● 06151 - 42 886 42 ● info@tanzwerkstatt.de<br />
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24. - 26. September Martín la Bruna & Andrea Bestvater<br />
● Vals ● Caminadas ● Sacadas<br />
● Paradas/Pausas/Adornos ● Giros<br />
Tübingen 2 <strong>Tango</strong> emoción TRZ ● Lilli-Zapf-Str. 14-16 u. “Weilheimer Kneiple”<br />
x Info-Line und Programm www.tango-tuebingen.de ● 07071 - 76 05 75<br />
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25. + 26. September El Pájaro & Mecha<br />
● Programm unter www.tango-aachen.de<br />
Aachen 2 Rehmannstr. 20a<br />
x Info-Line infoball@tango-aachen.de<br />
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25. + 26. September Amira Campora<br />
● Frauenworkshop ● alle Niveaus 12 - 14.30 Uhr<br />
● Für Fortgeschrittene (3 JahreTanzerfahrung) 15 - 17.30 Uhr<br />
● Milonga Workshop <strong>für</strong> Paare ● Tanzerfahrung wird vorausgesetzt<br />
● 18 - 20.30 Uhr<br />
Hannover 2 <strong>Tango</strong> Mio ● Plathnerstr. 5b<br />
x Info-Line 0511 - 28 33 200 (fon und fax)<br />
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8. - 10. Oktober Ricardo & Rotraut<br />
● Drehungen im Vals (M) ● Ochos und Voleos (M) ● Arbeit mit Dynamik (F)<br />
● Verhakelte Figuren (F) ● <strong>Ein</strong>zelstunden (A-FF)<br />
Wolfratshausen 2 Ort bitte erfragen!<br />
x Info-Line 08856 - 919 70 ● info@tangoevents.de<br />
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8. - 10. Oktober Mecha & Diego “El Pájaro”, Catalina & Tomás<br />
Patricia & Matteo, Amira Cámpora<br />
● Im Rahmen des “VII Ball <strong>Tango</strong> <strong>Argentino</strong>”<br />
Wuppertal 2 Ort bitte erfragen!<br />
x Info-Line 0202 - 30 58 57 ● Carsten-Heveling@tango-tango.de<br />
● www.tango-tango.de<br />
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27. - 30. Dezember “seminario Berlin” mit Ulrich Demmel<br />
● 9 h Kurs + 1 <strong>Ein</strong>zelstunde an den Nachmittagen in Berlin-Friedenau<br />
● Gemeinsam Berliner Milongas besuchen<br />
● Wir vermitteln Privatzimmer bei Berliner Milongueros<br />
x Info-Line www.tangotanzen.de ● 030 - 873 65 83<br />
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Workshop-<strong>Ein</strong>träge sind kostenpflichtig. Wir treffen keine redaktionelle Auswahl und<br />
übernehmen keine Gewähr <strong>für</strong> die Richtigkeit der Angaben!<br />
<strong>Ein</strong> <strong>Ein</strong>trag hat max. 5 Zeilen und kostet 17 € (+ 3,50 € je weitere Zeile).<br />
<strong>Tango</strong> danza|Nr. 3 · 2004<br />
Especial!<br />
<strong>Ein</strong> <strong>Notensystem</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Tango</strong> <strong>Argentino</strong><br />
von Manuel Bodirsky<br />
Es gibt verschiedene <strong>Notensystem</strong>e, mit deren Hilfe man<br />
menschliche Bewegung und Tanz beschreiben kann, z. B. die<br />
Benesh Movement Notation oder die Labanotation. Diese<br />
Systeme haben Schwächen bei der Beschreibung von Figuren<br />
eines tanzenden Paares, wenn ein Partner improvisiert und den<br />
anderen Partner führt. Dieser Artikel beschäftigt sich damit,<br />
was ein <strong>Notensystem</strong> in diesem Fall leisten können sollte.<br />
Die vorgestellten Ideen werden anhand eines konkreten <strong>Notensystem</strong>s<br />
<strong>für</strong> <strong>Tango</strong> <strong>Argentino</strong> illustriert, das auch zeigt,<br />
daß mit überraschend wenigen Parametern eine Vielzahl<br />
an <strong>Tango</strong>figuren unterschieden werden kann.<br />
2 Die Nützlichkeit des <strong>Notensystem</strong>s in der Musik<br />
ist unbestritten. Was wäre die Arbeit von Komponisten,<br />
oder etwa die von Dirigenten, ohne Noten!<br />
Das <strong>Notensystem</strong> erlaubt eine kompakte Beschreibung<br />
eines Musikstückes; gleichzeitig lassen die<br />
Noten dem Interpreten und dem Musiker einen<br />
gewissen kreativen und künstlerischen Freiraum.<br />
Noten beschreiben Musik auf einer abstrakten<br />
Ebene, auf der musikalische Ideen entstehen können,<br />
und auf der Komponisten, Dirigenten und<br />
Musiker kommunizieren können.<br />
Auch <strong>für</strong> menschliche Bewegung gibt es <strong>Notensystem</strong>e,<br />
beispielsweise die Benesh Movement<br />
Notation [7] , oder die ältere Labanotation [6] . Diese<br />
erlauben unter anderem die Beschreibung von klassischem<br />
und zeitgenössischem Tanz, finden aber<br />
auch klinische und anthropologische Anwendungen.<br />
Allerdings ist die Beschreibung von Bewegungen<br />
des menschlichen Körpers im Raum eine extrem<br />
komplexe Angelegenheit. Und so verwundert es<br />
nicht, daß es zum flüssigen Umgang mit den obengenannten<br />
<strong>Notensystem</strong>en einiger Übung bedarf.<br />
Rudolf Benesh schreibt in Birth of a language [1]<br />
rückblickend: „Designing a practical notation is<br />
perhaps like designing a piece of equipment that<br />
will do the work of a steam hammer but must pass<br />
through a key-hole.’’<br />
Wozu ein <strong>Notensystem</strong> <strong>für</strong> Tanz?<br />
Videoaufzeichnungen sind der einfachste Weg, um<br />
Choreographien festzuhalten, und liefern in der Regel eine<br />
detailierte Beschreibung einer Bewegungsfolge. Falls sich die<br />
Choreographie auf ein bestimmtes Musikstück bezieht, läßt sich<br />
so auch die Information über die Synchronisierung von Tanz und<br />
Musik festhalten. Video ist so effektiv, daß zum Beispiel viele<br />
<strong>Tango</strong>lehrer nicht wünschen, beim Tanzen gefilmt zu werden. Wozu<br />
braucht man also ein <strong>Notensystem</strong> <strong>für</strong> Tanz?<br />
Es gelten hier die gleichen Gründe wie auch <strong>für</strong> das <strong>Notensystem</strong><br />
der Musik. Tonbandaufzeichnungen halten Musik viel genauer<br />
Workshops/Especial 71
19 Form F 67-82 neu 16.06.2004 20:58 Uhr Seite 2<br />
fest als Noten. Trotzdem, oder vielleicht<br />
gerade deswegen, ist die Arbeit mit dem<br />
<strong>Notensystem</strong> <strong>für</strong> Musiker, Dirigenten und<br />
Komponisten unverzichtbar. Die meisten<br />
Musiker üben mit Noten, und versuchen<br />
nicht etwa eine bestimmte Tonbandaufzeichnung<br />
‘nachzuspielen’. Die musikalische<br />
Interpretation von notierter Musik gibt dem<br />
Musiker einen kreativen Spielraum. Komponisten<br />
versuchen in der Regel auch nicht,<br />
eine konkrete Interpretation vorzugeben.<br />
Diese Gründe <strong>für</strong> ein <strong>Notensystem</strong> in der<br />
Musik lassen sich auch auf Tanz übertragen.<br />
Der Abstraktionsprozess von einer Tanzfigur<br />
zur Notation scheint sogar noch bedeutender<br />
zu sein: die bloße Anotation einer Figur ist eine<br />
aufwendige Tätigkeit, die oft zu einem tieferen<br />
Verständnis der Abläufe führt. Auch<br />
hier macht es Sinn, zwischen abstrakter Choreographie<br />
und konkreter Interpretation des<br />
Tänzers zu unterscheiden. Julia McGuinness-<br />
Scott schreibt hierzu in [7], Seite 102: „... the<br />
recording of a dancer’s interpretation of a<br />
role does not generally have a place in the<br />
choreographic score written for the preservation<br />
of a choreographic work. Just as a<br />
music score is written as the inspiration of<br />
the composer, allowing for interpretation, so<br />
is the choreographic score. The notator,<br />
working in the recording situation, is responsible<br />
for separating the choreographer’s<br />
intent from the dancer’s interpretation.’’<br />
Wozu ein <strong>Notensystem</strong> <strong>für</strong> <strong>Tango</strong>?<br />
Bei Tänzen ohne feste Choreographie, in denen<br />
ein Partner frei improvisiert und der andere<br />
Partner folgt, wie etwa im <strong>Tango</strong> und<br />
Salsa, kann ein <strong>Notensystem</strong> dem Führenden<br />
helfen, die Vielfalt an gelernten Figuren zu<br />
strukturieren, und neue Figuren schneller<br />
und einfacher zu behalten. Es kann Anregungen<br />
<strong>für</strong> neuartige Kombinationen kleinerer<br />
Elemente des Tanzes geben, und den gedanklichen<br />
Austausch zwischen Tänzern<br />
durch eine gemeinsame Sprache erleichtern.<br />
Die Logik des Führens und Folgens birgt eine<br />
ganz eigene Komplexität, und wurde in Benesh<br />
Movement Notation und Labanotation<br />
bisher noch nicht behandelt. Die Beschäftigung<br />
mit <strong>Notensystem</strong>en erfordert, sich damit<br />
auseinanderzusetzen, was Führung genau<br />
bedeutet. <strong>Ein</strong> <strong>Notensystem</strong> kann dabei<br />
ein Hilfsmittel sein, um auch abstrakt zu verstehen,<br />
was man gewöhnlicherweise intuitiv<br />
beherrscht.<br />
Benesh Movement Notation<br />
Bevor ich auf die besonderen Anforderungen<br />
an ein Notationssystem <strong>für</strong> <strong>Tango</strong> eingehe,<br />
möchte ich das am systematischsten entwickelte<br />
universelle Notationssystem <strong>für</strong><br />
menschliche Bewegung erwähnen. Die<br />
72 Especial<br />
Benesh Movement Notation (BMN) wurde<br />
Ende der vierziger Jahre von Joan und Rudolf<br />
Benesh entwickelt, und 1955 veröffentlicht.<br />
Es wurde bald vom Royal Ballet und zahlreichen<br />
anderen führenden Tanzschulen<br />
übernommen. Es gibt ein Benesh Institute,<br />
das die Weiterentwicklung der Notation<br />
koordiniert.<br />
Abbildung 1:<br />
Benesh Movement Notation <strong>für</strong> eine häufige Sequenz<br />
in der Choreographie von „Fünf <strong>Tango</strong>s“ - sie steht <strong>für</strong><br />
einen Schritt nach vorne.<br />
Das Sprachdesign der BMN basiert auf zwei<br />
Grundprinzipien [1] . Das erste besagt, daß die<br />
Bewegungsnotation visuell sein muß. Da Bewegung<br />
mit dem Auge wahrgenommen<br />
wird, soll die Notation auf der logischen<br />
Struktur visueller Wahrnehmung aufbauen.<br />
Das zweite Prinzip geht noch einen Schritt<br />
weiter, und besagt, daß die Notation die Perspektive<br />
eines Betrachters einnehmen soll,<br />
der dreidimensionale Bewegungsabläufe auf<br />
zwei Dimensionen projiziert wahrnimmt.<br />
Mit den Symbolen der Sprache wird dann die<br />
Projektion menschlicher Körper auf die<br />
‘Bildfläche’ des Betrachters beschrieben.<br />
Um diese Prinzipien umzusetzen, verwendet<br />
BMN fünf fortlaufende Linien, wie auch das<br />
<strong>Notensystem</strong> der Musik. Symbole auf der ersten<br />
Linie stehen <strong>für</strong> Informationen die den<br />
Fuß betreffen, und die weiteren Linien werden<br />
entsprechend <strong>für</strong> Knie, Hüfte, Schultern<br />
und Kopf verwendet. Illustration 1 zeigt die<br />
Notation eines einzelnen bestimmten Schrittes<br />
im <strong>Ein</strong>akter „Fünf <strong>Tango</strong>s“ des Choreographs<br />
Hans van Manen.<br />
Notation von Führung im Paartanz<br />
Was genau meinen wir, wenn wir sagen, daß<br />
ein Tanzpartner eine Figur führt? Der Führende<br />
möchte eine gewisse Figur mit seinem<br />
Partner tanzen, obwohl der nicht weiß,<br />
welche Figur getanzt werden soll. Bei einem<br />
überschaubaren Repertoire an bekannten<br />
Figuren läßt sich dieses Problem noch<br />
durch bestimmte Absprachen zwischen den<br />
Partnern lösen. Im <strong>Tango</strong> <strong>Argentino</strong> und im<br />
Salsa dagegen ist es möglich, nahezu jede<br />
Choreographie zu führen, und das oft<br />
sogar, wenn der Folgende einzelne Figuren<br />
daraus noch nie zuvor getanzt hat. Der<br />
Schlüssel dazu sind ein paar wenige<br />
Prinzipien der Kommunikation zwischen<br />
Führendem und Folgendem, die sich in diesen<br />
Tänzen herausgebildet haben. Und so ist<br />
es möglich, daß zwei fremde Menschen<br />
schon von den ersten Schritten eines gemeinsamen<br />
Tanzes an harmonieren.<br />
f<br />
Abstraktion<br />
Die Details dieser nonverbalen Führung sind<br />
extrem schwierig zu annotieren. Manche Impulse,<br />
die eine Bewegung beim Partner auslösen<br />
sollen, kündigen sich oft über leichte Gegenbewegungen<br />
an. Die Reaktion des Folgenden<br />
zeigt dem Führenden an, ob die Information<br />
angekommen ist. Der Versuch, den gesamten<br />
möglichen Informationsaustausch erfolgreicher<br />
Führung in BMN festzuhalten,<br />
scheint daher nicht nur mühselig (siehe<br />
Abbildung 1), sondern aufgrund der interaktiven<br />
Elemente prinzipiell problematisch zu<br />
sein. Viele Faktoren hängen von der jeweiligen<br />
Situation und den Partnern ab. Wie Führung<br />
im Detail aussieht und ablaufen sollte,<br />
wird zudem selbst innerhalb der Tanzrichtungen<br />
kontrovers gesehen. Auf der anderen<br />
Seite sind die wichtigsten Prinzipien von<br />
Führung meist unverändert. Beispielsweise<br />
weiß der führende <strong>Tango</strong>tänzer, wie er dem<br />
Partner mitteilt, daß der sein Gewicht auf<br />
das andere Bein verlagert; ein Folgender<br />
im Salsa weiß, welche Signale eine Drehung<br />
auslösen sollen etc. Es wird also in einer<br />
praktikablen Notation unumgänglich sein,<br />
<strong>für</strong> Führungsimpulse gewisse Abstraktionen<br />
vorzunehmen.<br />
Anforderungen an ein <strong>Notensystem</strong><br />
In Abschnitt 2 wurden die zwei Grundanforderungen<br />
genannt, die Rudolf Benesh an das<br />
Design seiner Notation gestellt hat. Was sind<br />
die Grundanforderungen an ein <strong>Notensystem</strong><br />
<strong>für</strong> Tänze mit führendem und folgendem<br />
Partner? Die Notation sollte visuell sein - dieser<br />
ersten Anforderung der BMN schließe ich<br />
mich hier an. Allerdings scheint bereits die<br />
zweite Anforderung von Benesh einer praktikablen<br />
Notation <strong>für</strong> unsere Zwecke im Wege<br />
zu stehen: Sie besagte, daß bei der Beschreibung<br />
von Bewegung von einer Betrachterposition<br />
auszugehen ist. Das mag <strong>für</strong> klassischen<br />
Tanz Sinn machen. Im <strong>Tango</strong> <strong>Argentino</strong><br />
allerdings (wie auch im Salsa) ist der erste<br />
und wichtigste Bezugspunkt eines Tänzers<br />
der eigene Partner. Weiterer Bezugspunkt ist<br />
speziell im <strong>Tango</strong> die Tanzrichtung, während<br />
die absolute Richtung im Saal beziehungsweise<br />
die Ausrichtung auf eventuelle Zuschauer<br />
eine untergeordnete Rolle spielen.<br />
Ich möchte im folgenden zwei zusätzliche<br />
Anforderungen formulieren. Die erste: Bei<br />
einer geführten Figur sollten sich die<br />
entsprechenden Noten <strong>für</strong> den Folgenden<br />
aus den Noten <strong>für</strong> den Führenden und<br />
den letzten bisherigen Noten <strong>für</strong> den<br />
Folgenden erschließen. Das heißt, daß die<br />
Notation der Bewegungen beider Partner<br />
im Falle erfolgreicher Führung Redundanz<br />
enthält: Wenn eine Figur geführt wird,<br />
liefern die Noten <strong>für</strong> den Folgenden keine<br />
neue Information. Ich glaube, daß diese Form<br />
der Redundanz im <strong>Notensystem</strong> förderlich<br />
Nr. 3 · 2004|<strong>Tango</strong> danza
19 Form F 67-82 neu 16.06.2004 20:58 Uhr Seite 3<br />
ist. Zum einen fallen so Annotationsfehler<br />
einfacher auf: Inkonsistenzen zwischen den<br />
Noten <strong>für</strong> den Führenden und den Folgenden<br />
deuten auf Stellen hin, an denen sich der<br />
Notierende geirrt haben könnte. Des weiteren<br />
ist das Ableiten der Noten <strong>für</strong> den Folgenden<br />
aus den Noten <strong>für</strong> den Führenden eine<br />
mühselige Aufgabe. Das Lesen der Noten<br />
wird deutlich erleichtert, wenn man direkt<br />
die Bewegungen des Folgenden mitlesen<br />
kann. Und schließlich fördert die gleichzeitige<br />
Notation von Führungsimpuls und resultierenden<br />
Bewegungen die Reflektion und<br />
das Verständnis von Führung.<br />
Die zweite zusätzliche<br />
Anforderung betrifft<br />
einen Punkt,<br />
den ich bisher in der<br />
Diskussion ausgeklammert<br />
habe: die<br />
Musik. Sie ist ein wesentlicher<br />
Faktor bei<br />
der Synchronisierung<br />
der gemeinsamen Bewegung<br />
und damit<br />
Teil der Führung.<br />
Eduardo Arquimbau<br />
schreibt in [2]: „Die<br />
Musik fordert Bewe-<br />
o<br />
gungen, der <strong>Tango</strong><br />
geht seinen Weg<br />
durch den Kopf über<br />
x<br />
das Gefühl in die<br />
Beine’’. Choreographien<br />
sind in ihrer<br />
Ausdruckskraft und<br />
Wirkung stark von den Bezügen zur Musik<br />
abhängig. Es wäre also wünschenswert, die<br />
Notation zusammen mit den Noten <strong>für</strong> die<br />
Musik aufschreiben zu können, so daß daraus<br />
hervorgeht, an welcher Stelle der Musik<br />
welche Figur getanzt wird. Auf diese Weise<br />
läßt sich auch gegebenenfalls ein spezielleres<br />
<strong>Notensystem</strong> <strong>für</strong> Tanz mit der universellen<br />
Benesh Movement Notation ergänzen.<br />
Andere Systeme<br />
zum Argentinischen <strong>Tango</strong><br />
Es gibt bereits Ansätze zur systematischen<br />
Beschreibung des Argentinischen <strong>Tango</strong>. Das<br />
System von Rodolfo Dinzel ist strenggenommen<br />
kein Notationssystem, sondern<br />
ein Katalogisierungsprojekt. Er unterscheidet<br />
3060 Figuren (siehe auch [2], Seite 34f). In<br />
[5] entwickelt er Diagramme, in denen Pfeile<br />
zwischen Bezeichnungen <strong>für</strong> die Figuren die<br />
Kombinationsmöglichkeiten und Beziehungen<br />
zwischen den verschiedenen Figuren im<br />
<strong>Tango</strong> andeuten.<br />
Mauricio Castro [3, 4] hat ein System mit eher<br />
didaktischen Zielen entwickelt. Es fügt<br />
sich in eine lange Tradition ein, Tanzfiguren<br />
über eine grafische Darstellung der<br />
<strong>Tango</strong> danza|Nr. 3 · 2004<br />
Schrittfolgen <strong>für</strong> beide Partner anzugeben.<br />
Die Bildfläche steht <strong>für</strong> den Tanzboden, und<br />
auf ihr finden sich mit Nummern versehene<br />
und durch Pfeile verbundene Abbildungen<br />
der Füße der Tanzenden. Damit erfüllt das<br />
System sicherlich Beneshs Forderung nach<br />
visueller Notation. Die übrigen Anforderungen<br />
des letzten Abschnitts werden<br />
allerdings nicht erfüllt. Zum einen wird<br />
durch die grafischen Beschreibungen automatisch<br />
der Grad von Richtungsänderungen<br />
vorgegeben. Da der wichtigste Bezugspunkt<br />
im <strong>Tango</strong> der Partner ist, spielt aber bei<br />
einer Drehung der exakte Drehwinkel im<br />
x<br />
o<br />
Abb. 2: Pablo Villarraza und Dana Jazmin Frigoli tanzen<br />
verschiedene Sacadavarianten. Darunter sind<br />
die Noten <strong>für</strong> die ensprechenden Momente<br />
vom führenden Pablo angegeben, und weiter<br />
darunter die <strong>für</strong> die folgende Dana.<br />
Raum keine bedeutende Rolle. Geübte<br />
Tänzer sind ohnehin in der Lage, Figuren so<br />
anzupassen, daß man dabei nahezu jede<br />
beliebige Richtungsänderung tanzen kann.<br />
<strong>Ein</strong> damit zusammenhängendes Problem<br />
ist die Schwierigkeit, im System von Castro<br />
eine Figur parallel zu den Noten eines<br />
Musikstückes zu notieren. Und schließlich<br />
können die Noten <strong>für</strong> eine erfolgreich<br />
geführte Figur sicherlich nicht aus den Noten<br />
des Führenden erschlossen werden, da in<br />
den Beschreibungen die Informationen über<br />
den Oberkörper und essentielle Führungsimpulse<br />
fehlen.<br />
Beide hier erwähnten Systeme werden im<br />
Kontext von bestimmten <strong>Tango</strong>schulen eingeführt,<br />
die beispielsweise Details der Haltung<br />
vorgeben, welche von anderen Lehrern<br />
auch anders unterrichtet werden. Die in den<br />
folgenden Abschnitten vorgestellte Tanznotation<br />
versucht Figuren möglichst losgelöst von<br />
bestimmten Stilrichtungen und <strong>Tango</strong>schulen<br />
zu beschreiben.<br />
<strong>Ein</strong> <strong>Notensystem</strong> <strong>für</strong> <strong>Tango</strong><br />
Dieser Abschnitt enthält eine Skizze einer Beschreibungssprache<br />
<strong>für</strong> Argentinischen <strong>Tango</strong>.<br />
Das Ziel soll nicht sein, <strong>Tango</strong> zu formalisieren<br />
oder zu definieren, denn das ist unmöglich;<br />
ebensowenig ist es möglich, mit einem<br />
solchen <strong>Notensystem</strong><br />
<strong>Tango</strong> zu lernen.<br />
Es handelt sich vielmehr<br />
um ein Gedankenexperiment,inwieweit<br />
man mit einem<br />
möglichst einfachen<br />
<strong>Notensystem</strong> die in Abschnitt<br />
3 formulierten<br />
vier Prinzipien erfüllen<br />
kann, und möglichst<br />
viele verschiedene Figuren<br />
damit unterscheiden<br />
kann.<br />
Wenn ich im folgenden<br />
wir schreibe, meine ich<br />
o<br />
das im Sinn von der<br />
x<br />
Leser und ich. Außerdem<br />
will ich im folgenden<br />
den Reichtum der<br />
deutschen Sprache ausnutzen,<br />
die sich ein<br />
grammatisches Geschlecht leistet, und vereinbare<br />
aus Bequemlichkeit, daß der<br />
führende Partner männlich und der folgende<br />
Partner weiblich ist.<br />
Das <strong>Notensystem</strong> beschränkt sich auf die<br />
Beschreibung von fünf führungsrelevanten<br />
Faktoren beim <strong>Tango</strong>. Diese sind hier kurz erwähnt<br />
und werden später genauer behandelt.<br />
w Gewicht. Steht der Tänzer auf dem linken<br />
oder auf dem rechten Bein.<br />
w Ausrichtung des Oberkörpers. Ist der<br />
Tänzer relativ zu seiner Laufrichtung<br />
mit dem Oberkörper nach links,<br />
geradeaus, oder nach rechts gewandt.<br />
w Impulse des Oberkörpers. Beispielsweise<br />
Impulse, die eine Drehung beim Partner<br />
auslösen.<br />
w Zustand der Beine relativ zum Partner.<br />
Gekreuzt oder offen.<br />
w Schritte. Von wo nach wo geht das<br />
unbelastete Bein.<br />
Especial 73
19 Form F 67-82 neu 16.06.2004 20:58 Uhr Seite 4<br />
4<br />
Das Alphabet der Sprache besteht aus Symbolen,<br />
mit denen wir die Informationen über<br />
diese fünf Faktoren zu bestimmten Zeitpunkten<br />
festhalten. Es gibt drei Symbole <strong>für</strong> die<br />
Ausrichtung des Oberkörpers relativ zur<br />
Laufrichtung des Tänzers. In der Notation<br />
entspricht die Laufrichtung eines Tänzers<br />
immer der Leserichtung ‘von Links nach<br />
Rechts’. Der senkrechte Strich | bedeutet<br />
also, daß der Tänzer seinen Oberkörper<br />
frontal in Laufrichtung ausgerichtet hat,<br />
bei und ist er nach rechts bzw. nach links<br />
gewandt. Üblicherweise stehen sich die<br />
Partner im <strong>Tango</strong> mit dem Oberkörper in<br />
Laufrichtung ausgerichtet einander zugewandt<br />
gegenüber. Bisweilen kommt es aber<br />
vor, daß sich die Oberkörper auf einer Seite<br />
stärker als gewöhnlich auseinanderbewegen -<br />
sich das Paar zu einer Seite hin öffnet.<br />
Geführt werden kann das durch einen<br />
Drehimpuls, und wir notieren diesen Impuls,<br />
indem wir einen Haken an die Oberkörperlinie<br />
des Führenden in Richtung des Drehimpulses<br />
anfügen. Beispielsweise bedeutet<br />
das Symbol , daß die Oberkörper von ihm<br />
aus gesehen nach rechts öffnen (wie dies beispielsweise<br />
im <strong>Tango</strong> der Fall ist, wenn er sie<br />
in den Anfang einer ‘Rückwärtsacht’ nach<br />
links führen will, während er selbst einen<br />
Seitschritt nach links macht).<br />
Beim Zustand der Beine relativ zum Partner<br />
unterscheiden wir zwischen offenem und gekreuztem<br />
Zustand. Ensprechend verwenden<br />
wir die beiden Symbole o und x. Um dieses<br />
Konzept zu begreifen, stellen wir uns eine Linie<br />
zwischen den Zentren der beiden Partner<br />
74 Especial<br />
: 1 nach 2, 4 nach 1, 6 nach 2<br />
: 1 nach 3, 6 nach 1, 5 nach 1<br />
: 1 nach 4, 2 nach 1, 5 nach 4<br />
: 3 nach 1, 1 nach 6, 1 nach 5<br />
: 3 via 1 nach 2<br />
: 4 via 1 nach 3<br />
: 2 via 1 nach 3<br />
: 3 via 1 nach 4<br />
: 4 via 1 nach 2<br />
: 2 via 1 nach 4<br />
5 6<br />
1<br />
3<br />
Abb.3: Schema <strong>für</strong> verschiedene Positionen<br />
des rechten Beins eines Tänzers, der<br />
mit Laufrichtung nach rechts auf dem<br />
linken Bein im grauen Feld steht. Die<br />
Pfeile sind Noten <strong>für</strong> Wechsel zwischen<br />
diesen Positionen.<br />
2<br />
vor. Wenn das rechte Bein eines Partners bezüglich<br />
seiner Laufrichtung auf der linken<br />
Seite dieser Linie ist, oder das linke Bein auf<br />
der rechten Seite, dann sagen wir, daß der<br />
Tänzer im gekreuzten Zustand ist. Je nachdem,<br />
ob der Tänzer auf dem rechten oder auf<br />
dem linken Bein steht, zeichnen wir die Symbole<br />
x und o jeweils unter oder über die<br />
Oberkörperlinie. Mit den bisher eingeführten<br />
Symbolen können wir bereits die Noten <strong>für</strong><br />
die Situationen in Abbildung 2 verstehen.<br />
Und schließlich gibt es noch vier Symbole <strong>für</strong><br />
halbe Schritte:<br />
Hinzu kommen Symbole <strong>für</strong> ganze Schritte:<br />
Abbildung 3 versucht die Bedeutung dieser<br />
Symbole zu illustrieren. Das Symbol bezieht<br />
sich dabei immer auf das Spielbein, das heißt,<br />
das unbelastete Bein des Tänzers. Die<br />
Symbole , , gibt es <strong>für</strong> den Fall, daß<br />
kein Schritt gesetzt wird. Hierbei bedeutet<br />
der Punkt, daß der Tänzer mit geschlossenen<br />
Beinen stehenbleibt (Position 1 in Abbildung<br />
3), während er sich bei in einem Vorwärts-<br />
oder Rückschritt (Position 2 oder 4)<br />
und bei in einem Seitschritt (Position 3)<br />
befindet.<br />
Die Notation wird <strong>für</strong> beide Partner bis auf<br />
wenige Ausnahmen in der selben Sprache abgefaßt,<br />
und in zwei fortlaufenden Folgen untereinander<br />
geschrieben. Wir beschreiben<br />
den Moment im Tanz, wo ein Tänzer sein<br />
Gewicht ganz auf ein Bein verlagert hat. In<br />
der Regel - aber nicht notwendigerweise -<br />
erfolgt das auf die betonten Schläge im Zwei-<br />
Viertel Takt des <strong>Tango</strong>. Die Symbole <strong>für</strong><br />
Schritte kommen dazwischen. Hier sind die<br />
Noten <strong>für</strong> beide Partner in der sogenannten<br />
Base im <strong>Tango</strong> <strong>Argentino</strong>.<br />
(1)<br />
o o o o o<br />
o x<br />
o x x<br />
o o<br />
o o o o o<br />
Es fällt eine Regelmäßigkeit auf: Das Symbol<br />
<strong>für</strong> das Gewicht taucht abwechselnd oben<br />
und unten auf. Hierbei handelt es sich allerdings<br />
nicht um eine strikte Regel. Vielmehr<br />
ergibt sich das aus dem Gebrauch der Symbole<br />
<strong>für</strong> halben und ganzen Schritt. Das Symbol<br />
<strong>für</strong> einen ganzen Schritt kann als Abkürzung<br />
<strong>für</strong> eine Folge zweier Halbschritte verstanden<br />
werden. Beispielsweise verwenden wir <strong>für</strong><br />
o<br />
die ersten zwei Schritte des Führenden in der<br />
Base anstatt der linken längeren unten abgebildeten<br />
Sequenz die kürzere rechte.<br />
(2)<br />
Weil nach dem zweiten Schritt sein Oberkörper<br />
nach rechts ausgerichtet ist, mußte sein<br />
Seitschritt ein wenig größer gewesen sein als<br />
ihr Seitschritt: Im folgenden laufen die Partner<br />
‘in drei Spuren’. Die nächste interessante<br />
Stelle ist Schritt fünf: Während das Paar ‘in<br />
drei Spuren’ läuft verursacht eine leichte<br />
Reorientierung seines Oberkörpers, daß ihr<br />
linkes Bein mit in die neue Richtung läuft,<br />
und vor ihrem anderen Bein landet (Position<br />
6 in Abbildung 3, gespiegelt). Dadurch<br />
wurde sie ‘ins Kreuz’ geführt.<br />
Die gesamte Sequenz über hatte sie ihr Gewicht<br />
auf ihrem linken Bein genau dann,<br />
wenn er es auf dem rechten hatte, und wenn<br />
sie auf dem rechten Bein stand, so stand er<br />
auf dem linken. In diesem Fall tanzen die<br />
Partner im sogenannten Parallelsystem. Falls<br />
die Partner das Gewicht beide auf rechts oder<br />
beide auf links haben, und sich gegenüberstehen,<br />
dann bildet die Linie zwischen den<br />
Spielbeinen und den Standbeinen der Tänzer<br />
ein Kreuz. In diesem Fall sind die Tänzer<br />
im Kreuzsystem (cruzado) - das wir auch<br />
Anticodico nennen, um Verwechslungen mit<br />
dem gekreuzten Zustand zu vermeiden, den<br />
wir weiter oben beschrieben hatten. Unten<br />
finden sich die Noten einer häufig getanzten<br />
Spielart der Base im Anticodico, der sogenannten<br />
Base cruzado.<br />
Zuerst führen wir allerdings das letzte<br />
Symbol der Notation ein. Wir benötigen es<br />
nur <strong>für</strong> den führenden Partner. Normalerweise<br />
registriert die Folgende, wenn der<br />
Führende das Gewicht von einem Fuß auf<br />
den anderen verlagert, und falls die<br />
Partner sich im Parallelsystem befinden, verlagert<br />
sie das Gewicht entsprechend. Der<br />
Führende kann das aber über Führungsimpulse<br />
bei den Kontaktpunkten der Oberkörper<br />
verhindern. Um diesen Führungsimpuls<br />
zu notieren, verwenden wir das<br />
Symbol . Es wird auf die Seite seiner Oberkörperlinie<br />
gesetzt, auf der sich, von ihm aus<br />
gesehen, ihr Standbein befindet.<br />
(3)<br />
o<br />
o<br />
o o<br />
o o o o<br />
o<br />
o o<br />
x<br />
o x x<br />
o<br />
o<br />
o o<br />
o<br />
o<br />
o o<br />
o<br />
o<br />
o o<br />
Nr. 3 · 2004|<strong>Tango</strong> danza
19 Form F 67-82 neu 16.06.2004 20:58 Uhr Seite 5<br />
In dieser Figur (3) markiert das Symbol<br />
den Wechsel von Parallelsystem nach Anticodico.<br />
Drei Schritte später kehren die Partner<br />
ins Parallelsystem zurück, wenn sie im<br />
gekreuzten Zustand das Gewicht aufs linke<br />
Bein verlagert, um weiter nach hinten laufen<br />
zu können.<br />
Um einen bestimmten Ausschnitt einer<br />
Choreographie zu lesen, ist es nicht notwendig,<br />
die Noten von Anfang an zu lesen,<br />
sondern es genügen immer die Symbole <strong>für</strong><br />
die letzte Bewegung und den letzten Zustand,<br />
um einen weiteren Schritt zu verstehen. <strong>Ein</strong>e<br />
ausführlichere <strong>Ein</strong>führung in das hier skizzierte<br />
<strong>Notensystem</strong> findet sich im Netz unter<br />
www.bodirsky.de/tango (auf Englisch).<br />
Sacadas<br />
Wir demonstrieren die Möglichkeiten des<br />
<strong>Notensystem</strong>s anhand einer Gruppe von<br />
Figuren, sogenannter Sacadas. Die zugrundeliegende<br />
Idee der Figuren ist, bei einem<br />
Schritt den Raum einzunehmen, den der andere<br />
Partner eben freigegeben hat. Das erste<br />
Beispiel, das wir hierzu vorstellen, taucht beispielsweise<br />
häufig in Linksdrehungen auf:<br />
Sein rechtes Bein dringt bei einem Vorwärtsschritt<br />
in den Raum ein, den sie durch einen<br />
Vorwärtsschritt mit Links freigibt. Siehe das<br />
erste Bild in Abb. 2. Alle Bilder zeigen die<br />
Situation in der Sacada kurz vor der Gewichtsverlagerung<br />
desjenigen, der die Sacada<br />
tanzt. Weiter oben auf der linken Seite in (4)<br />
stehen Noten einer Sequenz, in der eine<br />
solche Sacada getanzt werden kann. Da die<br />
Noten immer die Situation beschreiben, in<br />
der das Gewicht schon verlagert wurde, finden<br />
sich die Noten, die <strong>für</strong> die drei Bilder<br />
angegeben wurden, nicht in den Noten der<br />
entsprechenden Figuren.<br />
Abb. 4<br />
<strong>Tango</strong> danza|Nr. 3 · 2004<br />
o o o o o o o<br />
(4)<br />
o<br />
o<br />
o<br />
x x<br />
o o<br />
o o<br />
o x o<br />
x x<br />
o o o o<br />
In einem weiteren Beispiel nimmt der Führende<br />
durch einen Rückwärtsschritt mit<br />
Links den Raum der Folgenden ein, den sie<br />
durch einen Rückwärtsschritt mit Rechts freigibt<br />
- die Noten hierzu finden sich auf der<br />
rechten Seite in (4). Das zweite Bild in Abb. 2<br />
zeigt die Situation zwischen Oberkörperlinie<br />
drei und vier, also nachdem er mit dem linken<br />
Bein die Sacada tanzt, aber bevor er das<br />
Gewicht ganz auf links verlagert hat. Das<br />
letzte Beispiel aus Abb. 2 ist eine Rückwärtssacada,<br />
die sie tanzt, die aber weiterhin<br />
von ihm in seinen Vorwärtsschritt hinein<br />
geführt wird.<br />
Beispiel einer annotierten<br />
Choreographie<br />
In Abbildung 4 finden sich die Noten <strong>für</strong> die<br />
circa 30 ersten Sekunden einer Choreographie<br />
von Juan Carlos Copes, wie er sie im<br />
Film „<strong>Tango</strong>“ tanzt (Regie: Carlos Saura [8] ).<br />
Das Musikstück dazu heißt Recuerdo und ist<br />
von Osvaldo Pugliese.<br />
o o<br />
o o o o o o o o<br />
o o<br />
o x<br />
o<br />
x x<br />
x x<br />
Ausblick<br />
Selbst wenn wir an den hier gemachten vereinfachenden<br />
Annahmen und Abstraktionen<br />
bei der Beschreibung von Figuren im <strong>Tango</strong><br />
<strong>Argentino</strong> festhalten, bleiben viele unbehandelte<br />
und viele offene Fragen. Welche Zeichenketten<br />
der vorgestellten Notation sind<br />
wirklich tanzbare Figuren im <strong>Tango</strong>? In welchen<br />
Situationen lassen sich die Noten <strong>für</strong><br />
die Folgende, falls die ensprechende Figur geführt<br />
wurde, tatsächlich aus den Noten <strong>für</strong><br />
den Führenden erschließen?<br />
Literatur<br />
o o o x x<br />
o o<br />
[1] Rudolf Benesh, Birth of a Language,<br />
Theoria to Theory, 2, 1978<br />
[2] Jörg Buntenbach und Jörg Hesse,<br />
<strong>Tango</strong> Metropole Berlin, Kastell, 2001<br />
[3] Mauricio Castro, <strong>Tango</strong>: Die Struktur des Tanzes.<br />
Der Schlüssel zur Enthüllung seiner Geheimnisse I,<br />
Abrazos, 2000<br />
[4] Mauricio Castro, <strong>Tango</strong>: Die Struktur des Tanzes II.<br />
Die Matrix, Abrazos, 2003<br />
[5] Rodolfo Dinzel, Sistema Dinzel de Notación<br />
Coreográfica, Corregidor, 1997<br />
[6] A. Kipling-Brown and M. Parker, Dance Notation for<br />
Beginners: Introduction to Labanotation/Benesh<br />
Movement Notation, Dance Books, 1984<br />
[7] Julia McGuiness-Scott, Movement Study and Benesh<br />
Movement Notation, Oxford University Press, 1983<br />
[8] Carlos Saura, <strong>Tango</strong>. Actors: Miguel Angel Solá,<br />
Cecilia Narova, Music: Lalo Schifrin, 105 min., 1997<br />
Dank: Für die Photos bedanke ich mich bei den <strong>Tango</strong>lehrern<br />
Pablo Villarraza und Dana Jazmin Frigoli<br />
(www.pabloydanatango.com.ar), und der Photographin<br />
Ingrid Sinzinger (isinzinger@gmx.net). Ich danke Judith<br />
Preuss (www.judith-tango.de), von der ich viel über<br />
<strong>Tango</strong> gelernt habe, und Maria-Luise, Katharina und<br />
Sebastian Bodirsky, Julia Böttcher, Daniel Johannsen und<br />
Michael Sattler <strong>für</strong> Diskussionen und Anregungen.<br />
o<br />
o o<br />
o o o o<br />
o o o o o o o o o<br />
o<br />
x o o x o o x o<br />
o o<br />
x<br />
x x o x o o<br />
x o<br />
o o<br />
x<br />
o o o o o o o o o<br />
o<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
Especial 75