BSM 07/2021
Stressmanagement – Geheimtipp für eine höhere Lebens- und Arbeitsqualität?
Stressmanagement – Geheimtipp für eine höhere Lebens- und Arbeitsqualität?
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Beitrag<br />
BECK Stellenmarkt<br />
Stressmanagement – Geheimtipp für eine höhere<br />
Lebens- und Arbeitsqualität?<br />
Beitrag<br />
Die Bedeutung psychischer Erkrankungen und stressbedingter körperlicher<br />
und psychischer Beschwerden hat in den letzten Jahren eine Besorgnis<br />
erregende Steigerung erfahren. Laut aktueller Studien der Krankenkassen<br />
fühlen sich neun von zehn Personen von ihrer Arbeit gestresst. Fast die<br />
Hälfte klagt darüber, dass Stress ihre Leistungsfähigkeit einschränkt. Mehr<br />
als die Hälfte leidet zumindest hin und wieder unter Rückenschmerzen,<br />
anhaltender Müdigkeit, innerer Anspannung, Lustlosigkeit oder Schlafstörungen.<br />
Der klassische Burnout galt ursprünglich als eine spezifische Problematik<br />
helfender Berufe. Demnach waren nur die bedroht, die sich in ihrem Job<br />
für Ihre Mitmenschen verausgabten, also z.B. Pflege- oder Lehrkräfte.<br />
Mittlerweile zeigt sich, dass es jede Berufsgruppe treffen kann – auch die<br />
juristische Profession. Aber egal ob es sich nur um „einfache“ Stresssymptome,<br />
wie z.B. Schlaflosigkeit, Konzentrationsschwäche, zirkulierende negative<br />
Gedanken und Erschöpfung handelt, oder um „offizielle“ psychische<br />
Erkrankungen wie Depression oder Angststörungen – vermeintliche<br />
Schwäche passt nicht zum Image des unbesiegbaren und schmerzfreien<br />
Anwalts. Das ist sicherlich ein Grund dafür, dass sich viele Angehörige der<br />
juristischen Berufsgruppe bereits mit dem Begriff „Stressmanagement“<br />
schwertun. In der Anwaltstätigkeit sind lange Arbeitszeiten, die Erwartung<br />
der ständigen Verfügbarkeit, hohe Ansprüche der Mandanten, Termindruck<br />
und der ständige Blick auf die abrechenbaren Stunden ganz normal.<br />
Der Beruf ist stressig und anspruchsvoll, daran kann man nichts ändern.<br />
Wer Stressmanagement braucht, gesteht praktisch ein, dass Schwächen und<br />
Probleme existieren.<br />
Und genau hier ist der springende Punkt: Es geht nicht zwingend darum,<br />
weniger zu arbeiten bzw. weniger Leistung zu bringen oder spannende<br />
Herausforderungen und Chancen auszuschlagen, geschweige denn sich nur<br />
mit vermeintlich esoterischen Entspannungsverfahren und sonstigem<br />
„Psychokram“ zu beschäftigen. Es geht darum, Kompetenzen aufzubauen,<br />
die die Person befähigen, mit stressigen Gegebenheiten so umzugehen, dass<br />
diese die eigene Lebensqualität nicht beeinträchtigen oder krank machen.<br />
Der Aufbau von Stresskompetenz sollte damit lange bevor es richtig stressig<br />
wird beginnen. Dadurch wird auch deutlich, dass die Auseinandersetzung<br />
mit Möglichkeiten zum Umgang mit Stress kein Zeichen von Schwäche ist,<br />
sondern ein durchaus vorausschauender und verantwortungsbewusster<br />
Ansatz, mit möglichen Herausforderungen umzugehen. Wer lernt, früh sein<br />
Portfolio an Bewältigungsstrategien auszubauen, kann Stress-Stolpersteinen<br />
gelassen begegnen und später als Führungskraft das eigene Team gesund<br />
führen und erfolgreich machen.<br />
Was sind nun die Kompetenzen, die man braucht? Die Möglichkeiten sind<br />
ebenso vielfältig wie die Bandbreite der Stressoren. Was bei dem Einen<br />
unerträglichen Stress auslöst, berührt den Anderen gar nicht. Die gleiche<br />
Situation kann für mehrere Personen einen ähnlich hohen Stressfaktor<br />
haben, der aber unter Umständen unterschiedlich begründet ist und so<br />
auch unterschiedlicher Bewältigungsstrategien bedarf. Diese lassen sich<br />
grob in folgende Bereiche einteilen:<br />
1) Kompetenzen zur Reduktion oder Eliminierung von<br />
Stressoren<br />
Hierzu zählen gute kommunikative Fähigkeiten, realistisches Erwartungsund<br />
Zeitmanagement, Delegieren können sowie das Vorhandensein klarer<br />
eigener Zielvorstellungen und entsprechender Prioritätensetzung. So kann<br />
zum Beispiel Unzufriedenheit mit dem eigenen Aufgabenbereich durchaus<br />
ein anhaltender Stressfaktor sein. Je klarer und selbstbewusster Sie hier Ihre<br />
Wünsche und Ziele von Anfang an kommunizieren können, desto unwahrscheinlicher<br />
werden Sie in eine solche Situation gelangen.<br />
2) Kompetenzen zur Gewinnung förderlicher Denkmuster und<br />
Einstellungen<br />
Je ausgeprägter Ihre Problemlösekompetenzen sind, desto optimistischer<br />
können Sie an Herausforderungen herangehen. Hinderliche Denkmuster<br />
wie z.B. „Ich muss immer perfekt sein“ oder „Ich muss es immer allen recht<br />
machen“ können hinterfragt und aufgelöst werden. Konzentration auf<br />
das Positive und das Empfinden von Dankbarkeit unterstützen dabei das<br />
generelle Wohlbefinden und die Widerstandskraft.<br />
3) Kompetenzen zur Stärkung der eigenen Energieressourcen<br />
Dazu zählen Entspannungsmethoden, wie z.B. die Progressive Muskelentspannung<br />
oder Yoga, und natürlich spielt hier Bewegung eine zentrale<br />
Rolle, ebenso erholsamer Schlaf, ausgewogene Ernährung und frische Luft.<br />
Der Genuss schöner Dinge, eine erfüllende Freizeitbeschäftigung sowie ein<br />
unterstützendes soziales Netzwerk sind Teil eines stabilen Ausgleichs.<br />
Je mehr wir hiervon in unserem Werkzeugkasten haben, desto umfassender<br />
können wir herausfordernden Situationen auf Augenhöhe begegnen und<br />
desto geringer die Gefahr, in einen stressgeladenen Dauerzustand zu geraten,<br />
der die eigene Gesundheit und die Qualität unseres Arbeits- und Privatlebens<br />
anhaltend negativ beeinflusst.<br />
Über die Autorin:<br />
www.beck-stellenmarkt.de/ratgeber<br />
Diane Manz<br />
ist Dipl.-Psychologin und systemischer<br />
Business Coach. Als Inhaberin von<br />
brandung | coaching & consulting liegt ihr<br />
Fokus der Beratung auf den Bereichen<br />
Kommunikation, Karriereentwicklung, Führung und<br />
Selbstmanagement, insbesondere im Hinblick auf Umgang<br />
mit Stress. Mit 17 Jahren Erfahrung im Personalbereich, davon<br />
13 Jahre als Personalleiterin einer internationalen Großkanzlei,<br />
ist die Beratung von JuristInnen ein branchenspezifischer<br />
Schwerpunkt ihrer Arbeit.<br />
www.brandung-consult.com