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Oktober 2010 - Deutsch-Polnische Gesellschaft der BRD eV

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INTERVIEW<br />

Ich bin Roma und ich habe<br />

dieses Land verteidigt<br />

Edward Paczkowski, Jahrgang 1930, schloss sich als Kind dem<br />

polnischen Wi<strong>der</strong>stand an, überlebte Gestapo-Folter und fünf<br />

Konzentrationslager. Seine gesamte Familie wurde im NS-Völkermord<br />

an den Roma getötet.<br />

Edward Paczkowski, geboren am 20. März<br />

1930 in <strong>der</strong> polnischen Kleinstadt Grabow,<br />

überlebte als einziger seiner Familie den<br />

nationalsozialistischen Völkermord an den<br />

Roma. Seine Eltern, die beiden zwei älteren<br />

Brü<strong>der</strong>, seine drei jüngeren Schwestern<br />

und die Familie des ältesten Bru<strong>der</strong>s wurden<br />

im Konzentrations- und Vernichtungslager<br />

Auschwitz-Birkenau inhaftiert und bei<br />

<strong>der</strong> Auflösung des so genannten „Familienlagers“<br />

am 2. April 1944 ermordet.<br />

Im Gespräch mit Anna Meier, <strong>der</strong> stellvertretenden<br />

Leiterin <strong>der</strong> pädagogischen<br />

Abteilung <strong>der</strong> Internationalen Jugendbegegnungsstätte<br />

Oświącim/Auschwitz, berichtet<br />

Edward Paczkowski über sein Leben<br />

als 12-jähriger Roma-Jugendlicher im<br />

polnischen Wi<strong>der</strong>stand gegen die deutsche<br />

14 POLEN und wir 4/<strong>2010</strong><br />

Besatzung und die dreijährige Gefangenschaft<br />

in fünf NS-Konzentrationslagern.<br />

Mit den Pfandfin<strong>der</strong>n in den<br />

Wi<strong>der</strong>stand: 20 zerstörte<br />

Panzer in 12 Monaten<br />

In den 1930er Jahren führten wir ein<br />

Nomadenleben: meine Familie wan<strong>der</strong>te<br />

durch ganz Polen, vor allem im Gebiet von<br />

Łódź und <strong>der</strong> Wojewodschaft Kieleckie. Für<br />

die Winterzeit suchten meine Eltern dann<br />

Mietwohnungen in kleinen Städtchen. Neben<br />

<strong>der</strong> Wohnung hatten wir auch immer<br />

einen Pferdestall für unsere Pferde. Ab<br />

März gingen wir dann wie<strong>der</strong> auf Wan<strong>der</strong>schaft.<br />

Im Jahr 1938 wurde mein Vater in<br />

Tomaszów Mazowiecki sesshaft. Er hatte<br />

als Kind die Schule besucht und wie mein<br />

Großvater eine Ausbildung zum Schmied<br />

gemacht.<br />

Als mein Vater sich nie<strong>der</strong>ließ, richtete<br />

er eine Werkstatt ein und stellte acht Polen<br />

ein. Meine Mutter kümmerte sich um<br />

den Haushalt. Insgesamt waren wir sechs<br />

Geschwister, drei Schwestern und drei Brü<strong>der</strong>.<br />

Von den Jungen war ich <strong>der</strong> jüngste im<br />

Haus. Bis <strong>der</strong> Krieg ausbrach, besuchten<br />

wir in Tomaszów Mazowiecki die Schule.<br />

Mein Bru<strong>der</strong> Jozef Benek, den alle nur Benek<br />

nannten, war drei Jahre älter als ich<br />

und bei den Pfadfin<strong>der</strong>n. Er schlug mir vor,<br />

mich ebenfalls den Pfadfin<strong>der</strong>n anzuschließen.<br />

Ab 1940 wurde ich Pfadfin<strong>der</strong>. Benek<br />

gehörte <strong>der</strong> Armia Krajowa, <strong>der</strong> polnischen<br />

Heimatarmee an. Zuerst wollte er mir nicht<br />

sagen, was es damit auf sich hatte. Aber<br />

dann erklärte er mir, dass ich Waffen tragen<br />

würde: Granaten und Benzinflaschen.<br />

Damit würden wir die deutschen Panzer<br />

zerstören. „Wir zünden sie an und die Panzer<br />

werden brennen. Wenn sie brennen,<br />

müssen wir wegrennen“, sagte Benek. Ich<br />

zögerte zwei Wochen lang, aber dann gab<br />

ich nach. In dieser konspirativen Gruppe<br />

waren noch drei Polen. Ich musste einen

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