Oktober 2010 - Deutsch-Polnische Gesellschaft der BRD eV
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Polens neuer Präsident: Bronisław Komorowski besuchte begleitet von Bundespräsident Wulff das<br />
ehemalige KZ Sachsenhausen. Im Hintergrund Gedenkstättenleiter Günter Morsch.<br />
Foto: Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten/Archiv Sachsenhausen<br />
Komorowskis Antrittsbesuch<br />
Polens Präsident besucht<br />
Gedenkstätte Sachsenhausen<br />
Er ist nicht zum ersten Mal gekommen<br />
Von Karl Forster<br />
Polens neuer Präsident Bronisław Komorowski<br />
besuchte bei seinem Antrittsbesuch<br />
in <strong>Deutsch</strong>land begleitet von Bundespräsident<br />
Wulff das ehemalige Konzentrationslager<br />
Sachsenhausen in Oranienburg bei<br />
Berlin.<br />
Es war nicht sein erster Besuch hier,<br />
schon als Sejm-Marschall (Parlamentspräsident)<br />
hatte er Sachsenhausen aufgesucht.<br />
Im Herbst 1939 wurden 169 polnische<br />
Wissenschaftler und über 1000 tschechische<br />
Studenten in das KZ Sachsenhausen<br />
verschleppt. Insgesamt waren zwischen<br />
1936 und 1945 zehntausende Polen in<br />
Sachsenhausen eingesperrt. Im August<br />
1944 war hier <strong>der</strong> Kommandeur <strong>der</strong> polnischen<br />
Untergrundarmee, General Stefan<br />
Grot-Rowecki hingerichtet worden.<br />
Komorowski weiß genau, welche Qualen<br />
und Leiden die Häftlinge erdulden mussten.<br />
Kurz bleibt er an einem Ort stehen,<br />
<strong>der</strong> als „Sohlenprüfstrecke“ von den Nazis<br />
genutzt wurde. Er weiß, dass die Häftlinge<br />
eines Strafkommandos dort 30 bis 40 Kilometer<br />
am Tag laufen mussten. Als er er-<br />
fährt, dass die Opfer noch zusätzlich einen<br />
25 Kilogramm schweren Rucksack tragen<br />
mussten, ist er zutiefst ergriffen.<br />
Die beiden Präsidenten besuchten auch<br />
die inzwischen nach zehnmonatiger Dauer<br />
beendete Son<strong>der</strong>ausstellung „Vergessene<br />
Vernichtung“ die an die Verfolgung <strong>der</strong> von<br />
den Nationalsozialisten so bezeichneten<br />
„Intelligenz“ in Polen und in <strong>der</strong> Tschechoslowakei<br />
zu Beginn des 2. Weltkrieges und<br />
ihre Deportation in die Konzentrationslager<br />
Sachsenhausen und Ravensbrück erinnert.<br />
Die Ausstellung „Vergessene Vernichtung?“<br />
entstand in Kooperation mit <strong>der</strong><br />
Karls-Universität Prag und <strong>der</strong> Jagiellonen<br />
Universität Krakau, wo die Ausstellung ab<br />
dem 6. November <strong>2010</strong> zu sehen sein wird.<br />
Viele <strong>der</strong> auf den Fotos abgebildeten polnischen<br />
Intellektuellen waren Komorowski<br />
mit Namen bekannt“, sagt <strong>der</strong> Leiter Mahn-<br />
und Gedenkstätte, Günter Morsch. „Wir<br />
brauchen das Gedenken“, sagte Komorowski<br />
nach dem Rundgang. „Ich denke, das ist<br />
eine wichtige Ausstellung. Es sollte Brauch<br />
werden, sie regelmäßig in <strong>Deutsch</strong>land und<br />
Polen zu zeigen“, sagt <strong>der</strong> Staatsgast. ��<br />
POLEN und wir 4/<strong>2010</strong><br />
POLITIK<br />
Ministerin:<br />
Schulen in Polen dürfen<br />
Homosexuellen<br />
Beschäftigung verweigern<br />
Warschau - Ausgerechnet die polnische<br />
Ministerin für Gleichberechtigung,<br />
Elzbieta Radziszewska, sorgte mit <strong>der</strong><br />
Einschätzung, dass eine katholische<br />
Schule in Polen einer lesbischen Frau<br />
die Beschäftigung verweigern darf,<br />
für Aufregung. Radziszewska sagte in<br />
einem Interview mit <strong>der</strong> katholischen<br />
Wochenzeitung „Gosc Niedzielny“, dass<br />
eine deklarierte Lesbe eine katholische<br />
Schule nicht vor Gericht bringen könnte,<br />
wenn diese sie nicht beschäftigen<br />
wolle. „Das neue Gesetz präzisiert solche<br />
Situationen. Katholische o<strong>der</strong> konfessionelle<br />
Schulen können sich nach<br />
eigenen Werten und Prinzipien richten“,<br />
erklärte die Ministerin.<br />
Scharfe Kriktik<br />
Radziszewskas Aussagen stießen bei<br />
Menschenrechtsorganisationen auf<br />
scharfe Kritik. „Die Ministerin hat das<br />
Prinzip <strong>der</strong> Nichtdiskriminierung gebrochen“,<br />
sagte Elzbieta Czyz von <strong>der</strong><br />
Helsinki-Stiftung für Menschenrechte<br />
gegenüber dem Internetportal des Fernsehsen<strong>der</strong>s<br />
TVP Info. „Es ist schmerzlich,<br />
dass die für Toleranz verantwortliche<br />
Ministerin für Intoleranz wirbt.<br />
Darüber hinaus kennt sie sich im Recht<br />
nicht aus. Das polnische Arbeitsgesetzbuch<br />
und EU-Vorschriften verbieten die<br />
Diskriminierung wegen sexueller Orientierung.<br />
In <strong>der</strong> Europäischen Union sind<br />
Gerichte mehrmals auf <strong>der</strong> Seite von<br />
Personen gestanden, die wegen ihrer<br />
Orientierung entlassen worden sind“,<br />
kommentierte Robert Biedron von <strong>der</strong><br />
„Kampagne gegen Homophobie“ gegenüber<br />
dem Internetportal die Aussagen<br />
<strong>der</strong> Ministerin.<br />
Bezug auf EU-Vorschriften<br />
Radziszewska bestätigte ihre Aussage<br />
gegenüber Journalistn. Ihrer Meinung<br />
nach gehe das Recht <strong>der</strong> katholischen<br />
Schulen auf Nichtbeschäftigung von<br />
Homosexuellen direkt aus EU-Vorschriften<br />
hervor, so die Ministerin gegenüber<br />
tvp.info. „Wenn jemand damit nicht einverstanden<br />
ist, soll er bei <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union protestieren.“ ��<br />
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