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LOOK ME OVER - LIBERACE

SALZGEBER PRESSER DOSSIER 2021

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seit Kindesbeinen auf, wie er rackert sie sich auf der Bühne für

ihr Publikum ab und nimmt ihren Kritikern mit entwaffnender

Offenheit den Wind aus den Segeln: „Sie wären erstaunt, wie

teuer es ist, so billig auszusehen!“ Und auch ihr Credo könnte

von Liberace stammen: „Nichts an mir ist echt, aber alles

kommt von Herzen.“ Zwei Menschen mit großem Arbeitsethos

– Liberace absolvierte fünftausend Auftritte in Las Vegas und

verpasste davon nur einen einzigen –, die sich nicht dafür entschuldigen,

für „einfache Menschen“ zu spielen.

Wladziu Valentino Liberace wurde 1919 in West Allis, Wisconsin

als Sohn einer polnischen Mutter und eines italienischen

Vaters geboren. Seinen Werdegang begann er als Wunderkind

mit klassischer Ausbildung auf dem Konservatorium.

Selbst naserümpfende Kritiker mussten stets zugeben, dass er

ein exzellenter Pianist war. Jahrelang trat er als Solist unter

anderem mit dem Chicago Symphony Orchestra auf. Die Tatsache,

dass er in dieser Zeit siebenmal in Folge den Preis als

schnellster Pianist gewann, deutet schon die Richtung an, die

seine Karriere später nahm.

Liberace, der sich auf Anraten seines Komponistenfreundes

Paderewski dazu entschließt, nur noch seinen Nachnamen

zu verwenden, liebt die Bühne, den Applaus und das Publikum.

Und das Publikum liebt ihn. Besonders die Frauen. Erst

mischt er populäre Volkslieder unter seine Soloprogramme,

später spielt er bevorzugt Evergreens der Klassik mit Pop-

Touch. Mit dem Siegeszug des Fernsehens in den fünfziger

Jahren wird Liberace, der Entertainer geboren. Er fällt auf,

weil er im Gewimmel der üblichen bunten Variety Shows ein

Soloakt ist, einer mit Pep, Humor und Charme. Er ist sich für

keine Sause zu schade, spielt Cowboylieder ebenso wie Chopin,

Filmmusik und Weihnachtlieder. Er spielt auch Banjo und

tanzt in kurzen Hosen als Cheerleader, wenn es sein muss.

Dazu kecke Sprüche – frivole Ablenkungen im Bravheitsmief

der Fünfziger Jahre. Die Klassik jedoch bleibt sein Markenzeichen,

dazu stets ein Kandelaber auf dem Flügel. Diese Anmutung

gibt seinem Publikum das Gefühl, ein wenig Hochkultur

zu inhalieren – und bringt nicht wenige dazu, sich zum ersten

Mal mit klassischer Musik zu beschäftigen.

So süßstoffreich er auf der Bühne auch wirkte, so sehr

schätzten seine Freunde Liberaces echte Fröhlichkeit, seine

Offenheit und Neugier. Ebenso gutgläubig wie furchtlos ließ

er sich etwa von seinem „Chauffeur“ in eine echte Cowboykaschemme

fahren – beide im bodenlangen Zobel. Drinnen ging

er zur Bar, streckte die Hand aus und sagte: „Guten Abend, ich

bin Liberace.“ Endergebnis: Die harten Kerle liebten ihn, durften

einer nach dem anderen seinen Pelz anprobieren und er

dafür ihre Cowboyhüte. Im Gegensatz zu manchem Multimillionär

war Liberace äußerst vertrauensselig und großzügig.

Mutter und Schwester lebten mitsamt Anhang bei ihm und auf

seine Kosten. Er war loyal, stellte selbst seinen alkoholkranken

Schwager als Bandleader ein und richtete der Frau Mama,

die schrecklich gern an einarmigen Banditen spielte, ein kleines

privates Casino ein. (Er musste dafür extra eine Lizenz

beantragen, und wenn sie einen Royal Flush hatte, scheute sie

sich nicht, den Gewinn bei ihm persönlich abzukassieren.)

Liberace war der erste Mann im Popbusiness, der den Weg

dafür ebnete, dass auch Männer mit ganz großem Bling-Bling

auftreten konnten. (Elton John und Prince sind offensichtlich

bei ihm in die Schule gegangen.) Er trat nicht einfach auf, er

wurde in einem strassbesetzten Rolls-Royce auf die Bühne

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